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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.12.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911205024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891120502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891120502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-12
- Tag1891-12-05
- Monat1891-12
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ÄövnneuiettlAHVtlA A» der Haupt leditton oder den in, Ttadt- beiirk und 1 Bororten errichteten AuS- and,stelle» ab geholt: vierIelI<ihrItch.Al«.üO, bei zivemialii r täglicher Zustellung in» Hau» ,e» ü.ül Durch die Post bezogen sür Deutschland Lesterreich: vierteljährlich -4l 6.—. Tigerte tägliche Lreiiidoiidieudung ins Au a»L: -.nouatlich .« 0.—. DieMorgen-S'.^gabe rrlcheiiitlöqlich '^.7 Uhr, di« Abend-eluSgab» Wochentug» L Ilhr. Rrdarl >n und Lrpeditio«: I«ha»nc»gaff« 8. Ti« Expedition in ununterbrochen g«. öffnet von früh ö bi« Abend« 7 Uhr. /Male«: vtt« »l««»e e s»rii». <«kfv»h Hatz«), UninersiiLttstrobe 1» L«ilS Lösche. Lath«ri»«s< 11, pau. und KünigSplotz 7. Abend, Ausgabe. Tr»ti und ve.cag von E. Polj tu Leipzig. KWMr.Tagchlalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- vnd Geschäftsverkehr. Insertioirsprei- M argen-Ausgabe: dt« Sgespaltru» jeile N» c lau, en unter dem NrbactioaS- strich i« gespolteui 50^, vor den Familien- nuchrichtrn (6 gespalten) 40-L. Abend-Ausgabe: die llgelpaltene Petilzeike 40 Neclainen u»ter dem 'XedadionEstrich lge-palteni l Familiennachrtchtev uud Anzeige» verlorener Gegenstände <6gc spalten) 20 «Nröhere Sct>rss!c» laut unserem Preis- verzeichnib. Tabellarischer und Ziffernsatz nach hühcrnn Taris. 4tzr»r«-Vetlagen (grfalzt), nur mit der M orgen-Ausgabe, ohne Poitbesörderung ^4 60.—, mit Postbesordrrung >l 70.—. Annahmtschluß für Inserate: Abend-AuSgabe: Bormkttag« lv Udr. Morgeu-Au-gabe: Nachmittag« 4 Udr. Sonn- und Festtag« früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Annadmrstrllen je eine dalbe Stunde srührr. Inserate sind stet« an dle itrt>etziti«o zu richten. Tonnerbend den 5. December 1891. 85. Jahrgang. Ätr MUlgen Ücachtung. Unsclo Expedition ist morgen Lon .ag, den 9 December, Vormittags nur dis 9 Uhr .eöstnct. I^xpetlitlon de« I.eip/.ifisei' I'r»^ei)Ik»tte.8. Io parlamentarischen Lage. ** Na in vier Tagen die erste Beratbung deS EtatS erledigt wo. cu, bat inan gcstcni endlich auch die zweite Lesung de Novelle zum Krankencassengcsey zum Ab schluß geb CS waren zeitweise während der Verband- lungen üb>. iscS wichtige Gesetz kaum 20 Abgeordnete im Saale ann lend, gleichwohl schienen die Herren, welche sich regelmäßig, von Paragraph zu Paragraph, an der Debatte betdriligle.i, mit ihren Reden nicht zu Ende kommen zu tönuen — und wie sic schließlich versicherten, sind sie auch noch nicht zu Ende, dcun sie haben die Absicht kuntgcgeben, ,bre jetzt abgelehiiten Anträge zumeist in der dritte» Lesung wieder aufzuiiebmcn. Allerdings soll diese dritte Beratbung erst nach Neujahr beginne», da man in der Zeit bis zu den Wcibnachlsfcrie» außer de» Handelsverträgen und den Börscnanträgen noch einen Thcil des EtalS tiScutiren möchte. TaS VorwärlSkonimcn der parlamentarischen Arbeiten nach Ncnjabr wird aber durchaus davon abhangcn, ob der RcickSl-.^ beschlußsäbig wird oder nicht. In letzterem Falle ist cS nämlich unmöglich, die Rcdesluth rinzudämmcu, Va jedem Schlußantrag unweigerlich von der Gegenseite der Zweifel an der B schlußsähiglcit entgegengesetzt wird — und jede Auszahlung ergeben würde, daß dieser Zweiscl nur allzu sehr begründet isi. Es ist eben noch gar „kein rechter Zug" in die parlamentarischen Arbeiten gekommen, und nicht nur das Plenum, sondern g sogar die Commissionen t"aaen öfter nicht ihre Aufgabe erfüllen, weil auch in den Eoini»issir„ösitz:ingen nicht die zur Beschluß fähigkeit erforderliche Z von Mitgliedern erscheint. So herrscht denn das still,ch neigende Ucbcreinkommcu, überhaupt keinen Schliß-»trag zu sie -n — und cs wird svciter geredet. Allerdings ha. n ,oir . "kirn v. Levctzow einen ge und »,nr .rteiischc > ' äsideuten, und er ist con- Äbcr thatsächlichsüh :n in dem gegenwärtigen -uze doch die Än.ica'-'elpalleien das Regiment; st. ibcn nicht nur zwei <S. n Präsidium, sic haben auch in il alle» Commissionen den Vorsitz. Beispielsweise ist in der sehr wichtigen Budgetcvmmission Herr v. Huenc (Ccntr.) I. uud der „j.-eisinn igc" H rr yernies 2. Vorsitzender. Und Centrum, Freisinn und Socialdcmokrrten führe» zur Zeit im ReickStmz das grc' e Wort, sic „süblcn sich", sie erklären in der Presse >» " " Haus- i re Zpsrird«ui>eit mit der allgenicinenLage, sie merke». .. tö v> n - genv einer Bcrstimmung im Lande, sie bewundern Herrn .en Caprivi und erklären Fürst Biömarck sür euren Stümper aus slaatSmämnschcm Gebiete, von den: da« Rei' „erlöst" sei. Das ui und die Polen haben in kaum zwei Jahren reckt >»«' er» >cht — doch sie erhoffen noch viel mehr und sind n »radc bescheiden in ihren Forderungen, ^a fangen auch die > -nschrittler an zr bosscn, und sie ersi. neu recht zahlreich HZ dcui parlamentarischen Mable des Herrn ron Cas rivi, sic sind mit de» Polen und Ultramontanen auch hier in der Mehrheit, und Baumback, Riikcrt, Hermes, Al, Mever, Bambcrgcr. Schmidt-Clberseld geben in dieser Daiclriinde den Ton an. Wie lange wird's noch dauern und Herr Richert siebt den Trs. m seines Lebens sich verwirklichen, Herr Richert wird regier»»gSsäbigl Ein''ve-'k» freilich stimmt die „freisinnige" Partei noch gegen dci epentwun auf Abänderung der Verfassung, zur „Vcschränkuiig o«. Imi..unilät" der ReichStagSabgeordneten, wie Herr Richter sa, t, während es sich, wie alle anderen Pancicn - von den biederen Socialdemvkraten abgesehen — ziigeben, in Wirklichkeit um Aushebung eines schreienden Aininnnilät Mißbrauchs handelt, welcher sicher bei Erlaß der Pcriassung von keiner Seite beabsichtigt war. vorläufig opponiren also die „Freisinnigen" weiter, aber sic zeigen sich zahmer in der Form, und in der Sache wider- snccken sic Herrn von Caprivi nur, wenn sic sicher sind, daß ihr Widerspruch nickts schadet. Doch die Zeit, da Herrn r. Caprivi „unheimlich" wurde beim Lobe des Herrn Richter — sic ist längst vorüber. Gestern Abend haben die „Freisinnigen" im Anschluß an die Clatsbcratbung noch zwei Resolutionen beantragt. Ter VunkeSrath soll ersucht werden, Artikel -t2 der Vcr- s. '.is»ng tabin abzuäntern, daß die Mitglieder des Reichstags Tiälen und Reisekosten erhalten, und ferner ein Gesetz rerzulcgcn zur Regelung der Vorbedingungen, welche zuin cin- stl iig freiwilligen Dienst berechtigen. Man darf gewannt imi, wie sich das Ccntrum zu den Anträgen stellen wirk, da keck bekannt ist, daß der BuntcSratb in der Frage der Tiäicn seine frühere ablehnende Haltung nicht geändert bat. Am Montag und Dienstag fallen die Plenarsitzungen aus, doch wird die Butgetcoiiimission 'leißig ihre Ardcrten sortsctzen. Am Donnerstag iollcii die < andelsverträge zur erlien Lesung gestellt werten. Die Conservativen werden commissarische Beratbung beantragen und, wie wir bereu, wirk diesem Wunsche von der Mebrheil statt gegeben werden, da man in parlamentarischen Kreisen aninmmt. daß die Conservativen nur nach einer „Brücke" suchen, um schließlich die Verträge auch gut zu beißen So stebt nichts im Wege, Laß die Handelsverträge doch noch vor Weihnachten in Berlin ratiftcirt werde». Denn die „Bcralhungen" der neu zu wählenden Commission dürften nicht von langer Tauer sein, vielmehr lediglich ..Erklärungen" und Cr läutcrunacn ans Anfragen einzelner Abgeordneter zum Inhalt baden. Die Weihnachtsserieu aber sollen erst am 18. be grünen, die Co««sision kann schon am 10. oder 11. December zusammentrrlen und im Plenum wirb in zweiter und dritter Beratbung der Verträge schwerlich »och Jemand daS Wort nehmen. * Hur geschäftlichen Behandlung der Handels verträge schreibt die „Nationallibcrale Corresponbenz", die vorstehenden Ausführungen ergänzend: Die Handetsvenrägc werde» nm nächste» Montag lm Reichstag eingkbracht werde» und vorauSsiithlich am Donnerstag zur erste» Leliuig komme». A» der Annahme mit großer Mehrheit ist, namentlich nachdem da« Centn»» l» der EtatSberathung deutlich genug seine Zustimmung erklärt bat, nicht zu ziveisel» Doch wird e« dabei jedensall» »och zu gründtiche» AuSeüioiidersetzunge» über die gekämmte wirtbichasttiche und vielleichi auch kvnsiige Politik kominen, zumal wenn, wao nicht sür ganz auSgcichlossen gilt, Fürst Bismarck sich zu de» Verhandlungen einsindeii sollte. Lebbasier Kampf wird voraussichtlich auch über die gejchaiilrche Behandlung dieser Vor lagen entstehen. Aus inanchcn Seile» des Reichstag», namentlich bei Le» Deulichsreisinnigen und auch denn Ceniruni, icheini die Neigung zu bestehen, de» Verhandlungen einen möglichst ralchen Verla ui zu geben, die Vorlage» noch vor Weihnachten zu erledigen, also eine läo,ni»isstonSberathu»g auszuschliesten, und es wird hierfür haupt sächlich der Gesichispunct gellend gemacht, daß Abänderungen im Einzelnen bei Verträge» ja doch n chi möglich seien und da» man durch eine längere Dauer der Verdandlungkii »ur die Unruhe und Ausregung der inieressirten tlreii» vermehre. Von anderer Seile wird aber gegen dieses Vorhaben eingewente», daß ma» über Vorlagen von so grundlegender Bedeulung sür unser geiammles wirlkichasiliches Lebe», di» uns aus lauge Jahre hinaus binden, doch nicht kurzer Hand himveggehcu dürre. Die gründltche Beratbung in einer Eoiiiinijsion, wenn sie auch vielleicht praktisch keine» Nutzen habe, sei doch an- aezcigt, schon um der Regierung Gelegenheit zu mancherlei Auf klärungen zu geben, dir i» einer hastigen Plenarbrratbung nicht gut erfolgen konnten. Eine Uebrrstürzung sei um so weniger noth- wendig, als die Verträge doch nicht vor 1. Februar n, I. in lldratt treten, eS sei auch mit Sicherheit z» erwarte», daß die andern br- thritigteil Parlamente sich volle Muße zu ihren Beralhungc» lassen werden, Hauptsächlich aber wird sür ei» langsameres Tempo der Erledigung geltend geniachr, daß man noch gar keine Gelegenheit gehabt habe, daS Unheil sachverständiger Kreise und auch der Wähler rinzuholcn in einer Angelegenheit, die da? wirlhschaitliche Leben der Gesammtheit und jedes Ernzelnen ausS Tiesste berührt. Dir Handelsverträge sind mit äußerster, vielleicht zu weitgehender Heimlichkeit behandelt worden: noch heute, zwei oder drei Lage vor der Veröffentlichung, ist über den Inhalt in weiteren Kreisen so gut wie nichts bekannt, höchste»-, und auch das nicht einmal vollkommen verbürgt, die hrrabgeietzlen Getreldezollsätze. lieber die küustigc Zollbehandlung des Weines, eine Frage, die in Süd- und West deutschland breite BevölkerungSschichten aus» Tiesste beschasligt und beunruhigt, gehe» die widersprechendsten Nachrichten um. lieber die errungenen Vortbeile für unsere Industrie ist nichts Zuverlässiges bekannt, ES war die Befragung des HandelStageS und großer tndustrirller Vrrrinigungen in Aussicht genommen; die Ein holung sachverständiger Uriheile auS gewerblichen wie aus land- wlrtbichastlicheii Kreisen brr Bevölkerung fällt aber natürlich weg, wen» die ganze Angelegenheit in wenige» Tagen erledigt wird. Es ist durch die Regelung der wichtigsten wtrthichostlichen Fragen auf dem VerlraaSwege ohnehin eine Zwangslage geschossen, die man nicht durch Abschneidung jedes sachverständigen Unheil» »och zu ver schärfen braucht. Im Volk wird die vielfach verbreitete Uiizusriedenheci mit den eingcräuinten Zugeständnissen »och verschärft werde», wen» man daS Gefühl bat, über eine solche Frage nicht einmal zum Wort zugclassen zu werden. Derartige Stimmen hört inan vielfach im Reichstag, auch in Kreisen, die den Verträgen keineswegs entgegn, sind und denen gegenüber der Vorwurf der „Brrschieppnng" gänzlich unangebracht ist. ES war auch bieder parlaineulariiche Stile, Commissionsberathung nicht zu verweigern, wenn eine große Anzahl von Abgeordneten sie wünschte. Man darf aus den wcilercn Ver- laus dieser Frage gespannt sein. Leipzig, 5. December. * Wie verlautet, bat Kaiser Wilhelm die Einladung deS Königs von Dänemark zur goldenen Hochzeit des dänischen ÄönigspäarcS am 26. Mai nächsten IakrcS angenommen. Gleichzeitig mit dem deutschen Kaiser würden der „Har und die Zarewna, sowie Königin Victoria von England nach Kopenhagen kommen. . * Der DundeSratl, ertßeilte in der am 2. d. M, unter dem Zarsiy des königl. bayerischen Bevollmächtigten, Gesand.en :c. Grafen von Lcrchcnseld-Kocsering abgchallcncn Plenarsitzung dem Entwurf von Vorschriften über die In- valibitätS und Altersversicherung bei Hausgewerbetreibenden der Tabaksabrikation die Zustimmung. Hierauf wurde über den Tr. Majestät dem Kaiser wegen Wiedcrbesctzung einer Rathsstellc beim Reichsgericht zu unterbreitenden Vorschlag sowie über mehrere Eingaben in Zoll- und Steuer-Angelegen heilen Beschluß gefaßt. Der Aciiengescllschaft „Union" zu Dortmund wurde auf ihre an den Reichstag gerichtete, von diesem dein Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesene Petition aus BilligkeitSrücksichten eine weitere Rückerstattung von Robeiscn^vll bewilligt. Von der durch den Reichskanzler vorgcleaten cLanimlung von Actcnftückcn, die Vorgänge in Chile betreffend, und der durch denselben »litgrtbciltcn Zu sammensetzung der Commission sür die Bearbeitung bcS deutsche» Arzneibuchs nahm die Versammlung kcnntnig. Die VertragSurkuntcn, welche aus den Bcratbungcn des in diesem Jahr zu Wien slattgebabtcn PostcongrcsscS hcrvorgegangcn unk von den deutschen Bevollmächtigten vorbehaltlich der Ratification mit unterzeichnet worden sind, wurden dem Ausschuß für Eisenbahnen, Post und Telegraphen zur Vor bcratlmng übergeben. * Die Deutsch Freisinnigen brachten im Reichstage die Resolution zur zweiten Beratbung deS RcichshausdalisetatS, betreffend die Bewilligung von Diäten und Reisekosten an RcichStagSmitglieder und betreffend die Regelung der Vorbedingungen zur Berechtigung des Einjährig Freiwilligen dicnslcS ein. * Innerhalb der deutschconservativen Partei treten mehrfach Bestrebungen bervor, welche auf eine den Betllrs nissen der Zeit entsprechende Äcnderung des Programms von l876 abziclcn. Nach den darüber grpslogenen Verhandlungen, bei denen die Stellung zur Iudensragc eine bedeutend« Rolle spielt, ist vom allgemeinen Standpuncte eine Programmrede besonders bemerkenswertb, welche der aus den Verhandlungen über die Landgemcintrordnung bekannte Abgeordnete v. Hevde brandt und der Lasa in der Versammlung des konser vativen ProvinzialvcreinS zu Breslau gehalten bat In dieser Rede, deren gemäßigter Charakter auch in der links liberalen Presse anerkannt ist, hat Herr von Heydebrandt insbesondere nachdrücklich die Nothwendigkeit betont, sich öwobl in, Reiche wie in Preußen voll und ausricklig auf den Boden des VerfassungSstaaleS zu stellen und aus der ganzen Linie auch praktisch die Conscaucnzen des con- tituIioncUen Systems zu ziehen. Diese Forderung steht in direktem Widerspruch mit dem bekannten Satze „und der König absolui, wenn er unfern Wille» ibnl", und ist um so benicrkcnSwerlber. als sic von emcin Manne ansgcbl, welcher scher eher zu dem rechte» Flügel der conservativen Partei gehört. Denn dieselbe beschränkt sich keineswegs auf die Befürwortung einer gelegentlichen Fronde gegen die Regierung, wenn diese andere Wege geht, als man wünsch!, sondern schließt vor Allen auch die volle Anerkennung und Würdigung der verfassungsmäßigen Stellung und Rechte der Volks vertretung in sich. * Tie „Hamburger Nachrichten" schreiben: WaS die Schilderung der auswärtigen Situativ» durch Herrn von Caprivi betrifft, so bat cm Tbecl der Presse seine Verwunderung darüber bekundet, daß die „Hamburger Nach richten" Stillschweigen darüber bewahrt batten. Wenn Letzteres bcSbcr geschehen ist, so ist daraus nicht zu schließen, daß wir nichts darüber zu sagen gehabt hätten, wir haben nur sorgsällig mit einer Kritik zurnckgebalten, welcher »ach Lage der Dinge eine anderweitige Bezugnahme als die aus de» verantwortlichcnMinitter selbst dann Halle untergclcgt werden können, wenn der bclbciligte Minister eine wcitergchcndc Kriiik durch seine Aenßcrung prvvocirt hätte. — Dasselbe Blalt sagt zu den Auslassungen der „Bert. Reuest. Rachr." bezüg lick einer Wicdcranstcllung de-Grasen Herbert Bismarck auf dem Londoner Bvlschaflcrpostcn: „Es könne kein Ziel sür den Ehrgeiz deS Grasen sein, einen Botschaftcrpostcn zu übernehmen, auf dem er Instructionen in der Richtung der heutigen Politik zu empfangen hätte." Das Blatt sagt wört lich: „ES mag Beamte genug in Reick und Land geben, welche Ebrc und politische Ueberzeugung sür die Verleihung einer gut bezahlten Stelle opfern. Aber wir glauben nickt, daß dergleichen bei einem Manne wie dem Grasen Herbert Bis marck vcrmuthet werben darf." * Gegen den von dem Abgeordneten Ur. Hösscl mit Unterstützung von Mitgliedern der Reichspartei und der nalionalliberalen Partei eingcbrachtcn Antrag ans Einführung deS Reichspreß-Gesetze« in Elsaß-Lothringen werden in anscheinend inspirirten Cvrrrspvndenzen ans Straßdurg zwei Bedenken von Gewicht erhoben. Cs werde damit die in der bisherigen Gesetzgebung liegende Vollmacht beseitigt, das Eindringen anSländischcr hetzerischer Preßorgane, ins besondere der französischen chanvmislischcn Presse zu ver hindern, und cs werde durch Abschwäcknng der der Ver waltung gegenüber der Presse zuftchcndcn Bcsugniß zugleich erschwert, wen» nicht nniuöglich gemacht, die Verbreitung inländischer Erzeugnisse gleicher Tendenz zu bindern. Der crstgcdachtc Einwanb ist, wie die „Post" bervorhcl't, auS dem Grunde binsälllg, weil daS RcickSprcßgesetz sich wcseiillich mit der Regelung der Rechtsverhältnisse der inländischen Presse befasst, cs mithin sehr wohl angängig erscheint, die bestehenden Bestimmungen bezüglich der ausländischen Presse wenigstens bis auf Weiteres in dem EinsühruiigSgesetze aufrecht zu ervaltcn. Schwerwiegender ist der zweite Einwand. Ist von der Einführung des RcichsprcßgcsctzcS in der Dliat eine mehr als vorübergehende Rückwirkung auf die Verbreitung hetzerischer Prcßerzcugnissc in Elsas; Lothringen zu befürchten, so würde die nnvcräudcrte Einführung desselben allerdings nock erheblichen Bedenken unterliegen, Lb dies der Fall, ist eine guas-ai» facti, welche der ernstlichen Prüfung bedars. Selbst aber, wenn diese Prüfung die Annahme der Gefahr einer solchen sür Elsaß - Lothringen sicher bedenklichen Eni Wickelung einer inländischen Hetzpressc bestätigen sollte. Würde somit »och nickt da« Aufgcbcn des ganzen Planes nothwcndig werden. Es würde genüge», bei Ucbernabinc des Restes des Rcichsprcßgcscvcö der Regierung bezüglich dieses einen PunctcS bis aus Weiteres besondere Vollmachten beizulegen. Eine solche gesetzgeberische Construclion würde allerdings nach verschiedenen Richtungen hin erhebliche Schwierigkeiten veranlassen, diese aber würden sicher nicht niiübcrivmdbar sein. Man wirb daher von der skizzirtcn Grundlage aus dem Anträge I)r. Hoffet keinen grundsätzlichen Widerspruch entgegensetzen können, vielmehr nur zeitlich be grenzte Modifikationen desselben in Erwägung zu ziehen haben. * Nack der dem Reichstage zugcgangcncn R'achwcisnng der RcchnungSergcbnissc der Berusügenoffenschaften auf das Iabr I8'.x> betragen die im Berichtsjahre für die Unfall Versicherung insgesammt gemachten Aufwendungen nicht weniger als 1«>,7 Millionen. Davon entfallen auf die Berusögcnvffcnschasten 26,7, aus die AuSsükrungShcbvrdcii der Reichs-, StaalS, Cominunal- und Provinzialbelrichc 1,0 und auf die Versicherungsanstalten der BangewcrkS BcrnsSgenosscn schäften 2,l Millionen. Tic 6t gewerblichen Bcrufügcnosscn schäften Hallen cincAuSgabcvon 22,2, die l8lanbwirthschastlichcii von 2,1 Millionen zu verzeichne». Die EnlschädigungSdcträgc beliefen sich bei den erstcren auf 16,2, bei den letzteren aus 1.0 Millionen. Davon wurden 72 072 bczw. l8 2.',2 Unfälle entschädigt Die Gcsaniintsuiniile der gczabltcn Enlschäki gungSbeträgc belief sich ans 2»,2 Millionen gegen >1. l im stabre 1880, 0,6 im Jahre 1888, 2,0 „n Jahre 1887 und 1,0 im Jahre I88K. Innerhalb eines Zeitraumes von ssins Iabren ist somit die Entschädigungssumme, welche den ver sicherten Personen oder ihren Hinterbliebenen unmittelbar zu fließt, aus mehr als baS Zcknsache gestiegen. * Unter dem ElalScapitel zur Beschaffung von Hand wass e n sind als erste Rate sür das Etaisjabr I>-02 02 12 286 00«» .<?, ganze Forderung 2o o>2.'>oo 4., angcsctzl dazu sür Munition 2 27o 600 Die verbällnißmäßige Höbe der Summe bat zu verschiedenen Conibinalionen Veranlassung gegeben und leider auch zur Colporlagc von ganz unbegrün keien und unzulreffenden Gerüchten Die Einen wollen wissen, daß am <R:wcl,r ä! 88 weitgehende und Ibeuerc Ver schlußäudcrungcn vorgcnommen werden inllßlcn. die Anderen meinen, cs stände wieder eine Neubcwasfnung der In fanterie bevor. Alle diese Gerüchte sind, nach den „Berliner Politischen Nachrichten", falsch. WaS >1^8 an geb», so genügt der ZKrschlußmechaniSmuS allen billiaerweisc daran zu stellenden Anforderungen, und die kleinen Abände runge», welchc nothweatxg geworden waren, dürsten der keiner Ntuhewaffiiiiiig zn umgeben sein und wäre eS die vollkommenste. Denn im Massengebrauch einer Neubeivaffnnng stellen sich rrsablungSgcinäsi immer »nbedentendc Aendeningen als notbwcndig heraus, davon ist kein einziges Gewehr in irgend cnieiil Staate verschont geblieben. DaS deutsche Ge wehr V"".; dürfte im klebrigen noch lange Iabrc zu den besten CoiistructionSarlcii gehöre», und ivennileick ma» in Italic» entschlossen zu sein scheint, bis auf 6,2 Millimeter im .Kaliber berabzngeben, diese Kaliberverminderung auch sür da« Sustciil Maniilictcer in Rumänien in Aussicht genommen ist, so wird selbst dem Laie» cinlcuchlcn, daß der Unterschied von 7,2 »nt 6,2 Millimeter z» gering ist, ui» eine Ncubcivaffnung »okhwcndig zu machen. Für eine vcrmcbrlc MunitionS AuS- tüslniig würde nur wenig, für höhere Schusilcistuiigcn nicktS gewonnen. Die Heeresleitung denkt daher gar nickt an eine Neu- beivaffiiuiig, die geforderte Suinmc erklärt sich vielmehr sehr ein ach dadurch, daß für dir erhöhte ädricgSstärke, bcrbcigesübit durch die erhöhte FriedcnSpräscnz von I8 0Oi> Mann, sowie durch andere Maßnahmen, der notbige Vorratl, von Gewehre» bereit liegen muß, was einen erheblichen Mehrbedarf von Gewehren ergiedt. Ferner dürste unter dem Capitcl die AuSrüstung der Fcsi » » gSartillcrie mit Caradiner » in Ansatz kommen. — Eine andere Forderung, freilich in der bescheidenen Höbe von 18000 .«?, z„r Ausbildung in den »euere» Sprachen scheint ebenfalls verschiedenen Ver niiitbiingen Raum zu geb.n. Die i?fficierk der Kriegsakademie erhalten dort bekanntlich seit jeder Gelegenheit, sich Kenntnisse in den neuere» Sprachen anzucignen. allein der Unlerricht liefert nicht hiiireichciid Gelegeiibeil, um Sicherheit in de» Sprachen, sowie »i der Corrcspondcnz zu erlangen. AuS diesem Gninde ist cS in der englischen und französischen Annrc üblich, besonders sür fremde Sprache» lalentirlc Tsficicre aus Staatskosten in das srcmkc Land zu schicken, damit sic sich dort den erforderlichen Grad der Fertigkeit aneigne» Tester- reich befindet sich wegen der verschiedenen Nalionalltätcii in einer besseren Lage, Italien verfährt wie England, Frankreich und neuerdings auch Rußland. Sicherheit im Spreche» und in der Corrcspondeiiz ist aber nicht allein für die Dsflciere »vlbwendig, welche später als Attaches den Gcsandtschastcn zugctbcilt werden, sondern auch sür die GcncralslabSofsicicrr. * Seit Aufhebung des Verbots der Einfuhr von ameri- kasnischcm Schweinefleisch sind kaum drei Monate ver gangen, und schon erbeben sich so gewichtige Bedenken gegen die Maßregel, daß sie selbst die Budgetcommissio» deS Reichs tages beschäftigt haben. Noch bezeichnender aber ist es, daß nicht einmal die eifrigsten Befürworter der Wicdcrzulassung, die Freisinnigen, sich de» Einwürfcn zu verschließen wagen, welche die gesundheitsschädlichen Eigenschastc» des amcrlka- nischc» Schweinefleisches in wachsendem Maße hervorzu- ruscn beginnen. Waren cS ursprünglich einige städtische Verwaltungen des dentschcii Westens, welche eine genaue llnlersuchnng der cingcführlr» Waare anordnetcn und bei dieser Gelegenheit entdeckten, das; dieselbe äustcrst trichinenballig sei, so sicht sich nun anch Bert,» gcnölbigl, diesem Beispiel z» folgen. Ter Tircclor der städtischen Fleisch schau, I>v. Hartwig, bat sestgcstclli, das; die amerikanischen Schollen und Tpeckseilcn, wenn man sie gründlicher unlcr- sucht als bisher, ohne Ziveisel noch mehr lebende Trichinen ausweiscn würde», als schon enldcckl worden sink und kommt wie Pros. Virctwiv zn dem Ergebnisse, „das; die denlschen Behörde» nur richtig und nur im gesuiidbeiilichcii Interesse der deutschen Consumenle» Handel», wenn sie den Verkauf deS aincrikanffchcil Sc!'wci»eslcischcS in Deutschland von einer nochnialiacn inikroskopischen Untersuchung durch einen deutschen Flcischbeschauer abhängig machen". * Seil einiger Zeit gehen Angabe» durch die Blätter, wonach die preußische Regierung entschlossen sein sollte, be züglich des A n sied ln» gSwcs c» S eine Umkehr im polcn- jrcundlichen Sinne eintretcii zu lassen. Diese Clcrüchte haben sich schließlich dahin gesteigert, das; die Regierung dem Land tage in der nächsten Session eine Vorlage in diesem Sinne »»terbrciten werde. Alle diese Ausstreuungen, so versichert die „Magdcb. Ztg", entbehren der thatsächticben Grnndlagc. „Hie Angaben entsprechen vielleicht den Wünsche» der Pole» und haben wobt durch die Zustimmung der preußischen Regierung zu der Bernsniig eines polnischen Priester« zum Erzbischof von Posen «Mese» »och mehr Glauben gcsniitcn " * Der RcichSlaaSabgeordnete Konrad Fischer, Buch- drnckercibcsitzcr und Verleger in München, ist der „Germania" zufolge aus der Cenlrn m Sfracti on des Reichstages aus getreten. Fischer vertritt den süiistc» oberbaycrischc» ikceichStagSwablkrciö. Den Grund des Austritts gicbl das Blatt nicht an. * Die „Deutsche Revue" veröffentlicht in ihrem Dccember- bcste eine weitere Anzahl Briese an den verstorbene» Kriegs minister Roon aus den Iabren 1^72 »nd 1871. In Preuße» tobte der Culturkamps: das CivilstantSgcsctz, die obligatorische Civilchc war eben erlassen. Im Reichstage wnlbctc der Streit um das Armee Seplcnat. Roon befand sich damals, im Mai I°-.7>, zur Erbolung nach schwerer Er krankung in Lugano. Dorthin schrieb Kaiser Wilhelm an seinen kricgSmiinstcr folgende» scdr demerkenswerlhen Brief, der vom V Mai des gciiannlen Jahres tatirl ist: „Mit Freude» erfahre ich durch Ihre» Lohn, das; Sic bereit; in Lugano aus der Rückreise eingeirvffe» sind und sich im Ganze» wohter beiindeu: Gott gehe ieruer Besserung im nordischen Ktima! Ich habe schwere Tage durchlebt! Das Ebegeietz, über daS ich deute wie Sie, in mir nicht möglich gcweien zu hemme», da auch der F. B. sich kür dasselbe entschied, obgleich ich trotz meiner Hinfälligkeit noch 2 i»at dagegen schrieb und aus die IW uldulivv Ehe diiiwies — vergeblich! Jetzt ist eine 2ie c'iiUoitvg'h'- beim Mititair-Gesetz eingetrrte». Die Frage batte sich so .»gripitzt, das; die 2ll<rna:>vo stand: «'«»itli-t oder Herabiiiinderuiig der kopszadl bon 10l 000 Monn aus 000. Da zog ich die Erste Ziffer vor, die ich jitierall taut als die Nothwendigkeit hiiigeslcllt Halle, und fügte mich >» das «.-plommt mit schwerem Herze»! Aber ireilich in unsere» Tagen sind 7 Jahre säst ' Jahrhundert, wen» man a» die 7 Jahre von I8«»t dw k87t> denkt! So l:al>en wir kur 7 Jahre die 2iiiiS.-c»rmtic«»»i<>i» intakt, und nach 7 Jahren stehen wir vielleicht vor oder schon nach einem neuen Krieg: ivenn nicht, jo toochsl die Population doch, und dann muß I Proc. Wehrpflichtiger doch erhöht werden. Hoffe»! lich werden wir bald mündlich das Alles noch erörtern. Bis dahu» sage ich Ihnen Lebewohl und aus Wiedersehen. Ihr treu ergebener Biel LiebeS den Ihrigem Wilhelm."
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