Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.12.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911208028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891120802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891120802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-12
- Tag1891-12-08
- Monat1891-12
- Jahr1891
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
b »« ad« d«, im Stad», »otrk a»d dör Vorort»» errichtete» Aus- iLstelle, ,b,»»olt: vierteljährlich^ schlh »ei zweimaliger täglicher Zustellung i»t Han« » b.SO. Durch di» Post bezogen sür Deutschland o»d Oesterreich: vierteljährlich > 6.—. Direct» tägliche Kreu-bandsenduag iuä Ausland: monatlich ^l S.—. DieMorgen-Ausgab« rrlchetnt täglich V»7Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentags ü Uhr. Ledaction und Lrpedition: z«haaur»,affe 8. Di« Expedition ist ununterbrochen ge- öffnet von früh S bi« Abends 7 Uhr. Filialen: vtt« Ae««'» Tariim. (Alfred Hahu), llniversitätSskraße 1, Lani» Lfffchc. lkiharinenstr. 1s. part. und Söntgsplatz 7. Donk u»d kerlag von E. Potz t» Leipzig. Abend-Ausgabe. Insertion-Preis Storgen-Ausgabe: di« Sgrspaltene Patt», zette SV»j, Reclamra unter deoi Redactioas« strtch (sgelpaltea) vor den FamUir»- Nachrichten (ögeipalten) 40^ Abend-Ausgabe: die Kgespaltene Prtitzeil« 10^ Reclamea unter den, Rebactionsstrich (4 gespalten) 1 ^1. Famillennachrichken und Anzeigen verlorener Gegenstände lllgespaltens 20^. Größere Schrillen laut nnlerem Preis verzeichnis. Tobellarilchcr und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Srtra-Vttlagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe. ohne Postdeförderung 60.—, mit Postbesörderung -4 70.—. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, tzandels- und Gcschkftsverkehr. Aunalimeschluß für Znser«1e: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Nbr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags srüh 9 Uhr Sei den Filialen und Annahmestellen >r ein« halbe Stunde früher. Inserate sind stets an die Expeditta» zu richte». ^-424. Dienstag den 8. December 1891. 85. Jahrgang. Leipzig, 8. December. * Die erste Lesung der Handelsverträge im Reichstag wird am nächsten Frei'agstattfindcn. Donncr-tag, 17. December, bereits sollen die WeibnachlSfericn eintrelcn. Es wäre eine geradezu unerhörte Ueberhastung, wenn man in dieser knappen Zeit so umfangreiche und tieseingreisende Vorlagen mit aller Gewalt erledigen wollie. Aus Wien wird bereits gemeldet, daß die Verhandlung der Verträge weben der Budgetdebatte erst nach Neujahr möglich ist und tiefelben einstweilen in einem Ausschuß berathen werden sollen. Es ist nicht einzuseben, warum dasselbe Verfahren nicht auch in Deutschland cingcschlagen werden soll. Ob de» Wünschen Derjenigen, welche eine CominissionSberalknnz und gründliche Erörterung verlangen, Rechnung getragen Verden wird, läßt sich augenblicklich noch nicht übersehen. * Der BundeSrath hat, wie die Blätter melden, die Petition wegen Au-dehnung der Kranken- und Unfall versicherung aus die Insassen der Gefangenen-, Besserung»-, Armen- und Krankcu-Anstalten dem Reichskanzler überwiesen. * Niemand würde die stolze und zuversichtliche Stimmung de» deutschen Volkes in den siebziger Jahren durch irgend welche Gerüchte haben erschüttern können. Nicht einmal der Umschlag der wirtbschafllichen Verhältnisse nach dem großen Krach ini Sommer und Herbst 1873, der Sturz so vieler Gründungen, die heftigen parla mentarischen Debatten, die Enthüllungen, die sich an Eduard LaSker'S Auftreten gegen die schwindelhaften Unteruebmungen knüpften, nicht da» Auflauchen der orientalischen Frage — dieselben Dinge, die jetzt bei ihrer Wiederkehr so Viele er schrecken — brachten eine tiefere Verstimmung hervor. Die Freude am Baterlande und an der politischen Arbeit, daS Ver trauen auf uns selbst und unsere Führer verdrängten jede Be- sorgniß und Unruhe. „Eine Welt in Waffen" Kälten wir damals nicht gefürchtet und wären auch ohne Verbündete bescheidenen nnd festen MutheS gegen sie in den Kampf gezogen. Im Anlauf weniger Monate hat Deutschland d en Begründer seiner Einheit Wilhelm I. und den vielgeliebten Kaiser Friedrich, auf den gerade dir Masten des Volkes die größten Erwartungen eine» friedlichen Zeitalters gesetzt hatten, ver loren; der große Feldherr, der die Schlachten von Königgrätz und Sedan gewann, ist ihnen ins Grab gefolgt, der geniale Reichskanzler ist zurückgetreten. Diese Tbatjachen haben gleichsam den Schmelz von unserem Reiche gestreift und e« au» einem heroischen Staate zu einem Großstaate wie die anderen gemacht. Die Nationen müßten weniger empfind liche Geschöpfe sein, als sie e» sind, um solchen Umschlag des Geschicks nicht in ihrem ganzen Sein und Wesen iiackzu- sühlen. Nur soll man, wie die „Nationalzcilung" sehr richtig betont, eine Verstimmung, die so lies im Bolkö- gemülbe steckt, nicht als die Schwarzmalerei galliger Politiker und Publicisten auSgeben, nickt hoffen, sie durch Schilderungen aus Goldgrund zu beseitigen; die Ursachen, die sie hervorgernfen habe», gilt cS zu entfernen. Die Fragen der ru-wärligcn Politik, wie lebhaft und wie irrthümlich sie auch erörtert werden, sind nicht die gefährlichsten Unruhe- ßisterinnen; wir standen vermuthlich in den ersten Monaten de« Jahres 1887 dem Ausbruche eine» Kriege» viel näher als heule, ohne daß die öffentliche Meinung darum verzagt wäre, im Gcgentbett, sie erhob sich zu einer unerwarteten patriotischen Wallung, die auf die Franzosen wie ein kaltes Sturzbad wirkte. DaS Unberechenbare und Sprunghafte, daß sich in unserer innern Politik geltend macht, der jähe Wechsel in der Bcurthcilung unserer Zustände, die sich bald einen Straßenaufstand auömalt, bald eine allgemeine Arbeitergesetzgebung für Europa träumt, daS Mißtrauen, daS man in die Festigkeit der Regierung gegenüber mäch tigen Strömungen setzt, der unvermeidliche Vergleich, den man zwischen der Gegenwart und der jüngsten Vergangenheit anstellt: da» sind die eigentlichen Triebkräfte der Beunruhigung und der Verstimmung. Regierung»- und Machtwcchsrl, wie wir sic erlebt haben, können nicht ohne nachhaltige Wirkungen vorübcrgehcn, die in ihrer vollen Bedeutung erst hervor- Irelcn, wenn sich daS Erstaunen über die Toalsache gelegt bat. E» scheint, als hätten sich unsere leitenden Kreise dieser Wahrnebmung zu lange verschlossen und verwunderten sich nun über die Folgen ihrer Handlungen. * Da« „Berliner Tageblatt" bringt folgende Mit theilung: Wie wir erfahren, sind die Aeußerungen des ProsestorS HanS Delbrück über die Beurlheilung gewisser Aeußerungen und Maß- ii-lnven des Kaisers in den Kreisen der Bevölkerung au» dem Lcloderhest der Preußischen Jahrbücher, die auch wir zum Abdruck gebracht haben, Seiner Majestät vorgelegt worden. Der Kaiser hat auch davon ausführlich Kennmiß genommen. Im Reichs- aujeiger ist bi« jetzt dazu noch keinerlei Stellung genommen worden, ebenso wenig wie zu den Berichten über di« an di« Potsdamer Rekruten gehaltene Rede Wir wollen übrigen« nicht zu bemerken interlassen, daß da» gedachte Referat Proseffor Delbrücks über die Stimmung in den weitesten Kreisen der Bevälkerung, so weit wir es haben übersehen können, von allen Organen, welche irgendwie aus Bedeutung Anspruch macken, bis in die kleinsten Provinz- blalier binob und ohne Rücksicht aus die Parteistellung fast aus nahmslos ohne jeden kritischen Eommenlar abgedruckt worden ist. * Tie .Nalional-Zeitung" schreibt: .Die widersprechenden Angaben über die Rede de» Kaiser» bei der Recruten- Vereidig ing scheinen sich so zu erklären, daß eine ähnliche Rcde auch in diesem Jahre bei dem erwäbnlen Anlaß ge ballen worden ist, die Worte aber, welche besondere- Auf sehen gemacht und Len Gegenstand vielsachcr Erörterungen in der Presse abgegeben haben, im vorigen Jahre gebraucht wurden." * Auf die Eingabe de« HandlungSgehilfrnverein», welche dem Wunsche Ausdruck gab, die neuen GcwerbeordnungS- bestimmungcn über die Sonntagsruhe im HandelS- gewerbe zum >. Januar >892 in Kraft gesetzt zu sehen, bat der preußische Minister sür Handel und Gewerbe geaitt- wertet, e« sei ausgeschlossen, diese Inkraftsetzung vor dem 1. April >892 erfolgen zu lassen, weil erst von diese,» Zeilpuncle ab die betreffenden Strafbestimmungen und die Vorschriften über den Erlaß vrtSstakutarischrr Bestim mungen nach der GewrrdeordnungSnovrlle Gesetzeskraft er hielten. * lach dir .Ratioaalliberalc Eorrespondenz" uimmt Stellung gegen den deutschfreisinnigen Diätenantrag im Reichstag, indem sie betont, daß derselbe zu einem sebr un geeigneten Zeitpunkt erscheint. Schon die augenblicklickzr Finanzlage ist nicht einladend zu einer iinmerbii, ansehnlichen neuen Ausgabe; alle Welt redet mit Recht von der dringen den Nolhwcndigkeit der größten Sparsamkeit; soeben ist in der Budzetcoinmission die, inan kan» nur sagen „Lumperei" von 49 000 Mark sür einen bedeutsamen ivissenschaftlichen Zweck gestrichen worden, und in diesem Augenblick wissen die Deutschsreisinnigen, die sich zu Hüter» der Slcucr- kraft de» Voll» sonst ganz besonders berufen fühlen, keinen zeitgemäßeren Vorschlag, al» sür die eigenen Tascke» eine Zahlung, die ganz gewiß einen Betrag von 2 Millionen Mark erreichen würde. Man wird Müke bade», dem Volk die Dringlichkeit dieser Forderung einzurcden; inan wird dabei eine äußerst kühle Aufnahme finden. Ist eS so lange ohne Diäten gegangen, so wirk cS wohl auch noch eine Wette so gehen; selbst die Socialreiiiokraic» haben noch immer- Candidateir gefunden, die cS auch ohne Bezahlung machen konnten. Wir wissen wobl, so sagt die „Nationalliberale Eorrespondenz", daß die Frage an sich sehr erörterbar ist und daß manche beachtcnswerkbe GcsichlSpnncie sür die Diäten sich ansübren lassen: ein Tbeil der Nalivnalliberalen, freilich meistens diejenigen, die jetzt dentschfreisinniz sind, bade» auch in früheren Jahren für Tiätenanträge gestimmt. Ständen Diäten in unserer RcichSvcrsassung, so würden sie wahr scheinlich auch leinen Schaden gclhan baden und Niemand würde jetzt daran rütteln. So aber bcrudt die Diäten- losigkeit aus einem Eompromiß über daS Wahlrecht, und wenn dasselbe an diesem Punct angctastel wird, kann man sich nickt wundern, wenn auch an anderen Pnnclen wieder erüttelt wird Neckt kläglich ist die Ta ge l ö kn er a u- chauung, welche den fortgesetzten schlechte» Besuch deS Reichstag» auf den Mangel a» Diäten zurückführt. Mag sich aber auch der Reichstag sür den freisinnigen Antrag entscheiden, so erscheint cS gegenwärtig ebenso aussichts los wie früher, daß der BundeSrath sich dieser Forderung fügen wird. * Die „Weser-Vtg." schreibt in einem Artikel über di« neuliche Rede des Herrn von Caprivi: „Dcr Haopttrmiwl. den man gegen das neue Regiment auSspielH ist, wie inan sich denken kann, die auswärtige Politik. Hier können die Ankläger aus allgemeine Zustimmung rechnen, wenn sie auS- malen, wie wenig beruhigend und berricdsgend unsere Lage zwischen zwei mächtigen, mit dem Üintus quo unzufriedene» Nationen ist und wie wenig dieser Zustand dein Zustande im ersten Jahrzelmt »ach dem Kriege gleicht, während dessen wir uns sicher an der Spitze Europas fühlten. Das Gemälde enspricht der Wirklichkeit, und alle beruhigenden AuStührungen der letzten Kanzlerrcde können darüber keine» verständigen Menschen tätlichen. Eine ganz andere Frage aber ist es. ob Liese Verschlechterung unserer Lage Von der deutschen Regierung, insbesondere von Herr» von Cavrivi verschuldet ist, ob sie nicht auch dann eingcireten wäre, wenn Fürst Bismarck noch am Steuer säße. Hatte Fürst Bismarck den russischen Ehrgeiz und die ftanzösischc Revanchetust aus der Welt geschafft? Halte er die gegenseitige Annäherung dcr beiden „natürlichen Bundes- genossen verhindert?" Wir lassen, so erwidern daraus die „Hamburger Nach richten", die Frage, die bier gestellt wird, unbeantwortet; jedenfalls würde dcr srübere Kanzler schwerlich zu einer Politik gcratben haben, deren Erzebniß darin bestand, daß der Zar die Marseillaise stehend anhörte. * An dem gestrigen parlamentarischen Diner beim Reichskanzler von Caprivi nahm auch der Großherzog von Baden Theil. * BcmcrkenSwertb ist ein Artikel der ultramontanen „Histor. Pol Bl" über die Stellung de- (Zentrum» zur Regierung, der beweist, daß die Diplomaten dieser Partei mit Wintthorst noch nicht anSgestorben sind. Trotz aller Anerkennung sür die Haltung der Regierung stellt der Artikel fest, daß der Zug dcr Zeit nach links gehe, und des halb daS Ccntrum „populäre Politik" treiben muffe. A» einer „OrdnungSpartci", Weiche sich den Kampf gegen die Sociatdemokratie zur einzigen Ausgabe stelle, könne sich die Partei nicht betbettigen. „Die erste Bedingung sür die un verminderte Bedeutung de- (Zentrum« ist seine Einheit und Geschlossenheit, die zweite seine Selbstständigkeit nach reckt» wie nach links." * Wie der „Düsseldorfer Zeitung" von kompetenter Seite mitgetheilt wurde, befindet sich eine ungebelne Masse von amerikanischem Schweinefleisch in Deutschland, welche» in Amerika nickt Untersucht worden ist. So z. B. wurden in Düsseldorf 39 Kisten Speckseiten untersucht, wo sich die ersten vier Seiten sogleich als trichinös erwiesen. Die Cer tificate, welche bei diesem Fleisch vorliezen, sprechen nicht von „Untersuchung aus Trichinen", sondern sic besage» nur, daß die betreffenden Schweine in Amerika frisch geschlachtet worden sind Die UntersuchungSanstalten i» Amerika sind bei Abgang der Fltisckvorrätbe noch gar nicht sertiggestellt gewesen Erst wenn daS geschehen sein wird, ist nach Ansicht de- Gewährs mannes de» genannten Blattes nicht daran zu zweifeln, daß alsdann gewissenhafte Untersuchungen stattfinden werden. * Bei Feststellung der LandtagS-Candidaten sür den Wahlkreis Dortmund-Bochum bekam Westermann- Hörde 188, Schulze-Bellingbausen-Stockau 164 Stimmen. Letzterer wurde zum Cantidaren proclamirt. Die Anhänger von Westermann wolle» sich damit nicht zufrieden geben Beide Cantidalen gehören der nationalliberalen Partei an. Wcstermann vertritt mcbr die Interessen der Lankwirthschast, der andere die der Industrie. — Nach einem Telegramm au« Witten hat die daselbst stattgehabte nationalliberale Wahl- männer-Versamnttung envgtttig de» Ehrenamtmann Schulze- Vellinghausen aus Stocka» als Eandidaten für die bevor stehende Landtagswahl an Stelle Berger'» aufgestellt. Die Wahl finket am Freitag statt. * Au« Weimar wird nn« geschrieben: Die von einem Leipziger protestantischen Professor gegen den Evangelischen Bund gerichteten Angriffe — e« wirk diese Bereinigung geradezu ein „Hetzclub" genannt! — dürsten wohl in keinem Bundesstaate mit größerem Befremden vernommen worden sein, als in unserem Großberzogtbum. Hier ist der Evangelische Bund recht rührig, ohne aber jemals auch nur die Spur einer Hetze an den Tag zu legen Die Thätigkeil beschrankt sich auf die Belehrung der Mitglieder, die Bestärkung ders«lb«n im evangelijcheu Glauben und dir Abwehr gegen grobe ultramontane Ucbergriffe, sobald diese noth- wendig werten. Fast darf inan behaupte», daß in letzterer Hinsicht eher zu wenig als zu viel geschieht! Die Borträge sind stets und überall ebenso sachlich und belehrend wie ob- lectiv und von echter Toleranz getragen, und wenn einmal eine öffentliche Polemik nicht zu vermeiden bleibt, so hält sich dieselbe obne Rücksicht auf die oft empörende Sprache in den nltramontane» Hetzblättern immer in den Grenzen ruhiger Würdigung. Möchten doch die protestantischen Eiferer gegen den Evangelische» Bund sich erst einmal darüber unter richten, gegen welche Elemente der Evangelische Bund den Arm zur Abwehr erheben muß! * AuS Württemberg wird geschrieben: Am Vorabend der BcrtraucnSmLnncr Versammlung der deutschen Pariei, von welcher man wichtige Beschlüsse erwarten darf, hat sich ein bedeutsamer Wechsel vollzogen. NechtSanwalt vr. v. Göz (der als Abgeordneter von Böblingen der Zweiten Kammer angehört, deren Biccpräsident er ist» bar äm 4. December die Leitung der Partei niedrrgelegt, weil er zum „besoldeten Gemeinderatb". d. k. zum Zweiten Bürgermeister von Stuttgart berufen worden ist und in dieser Stellung aus geschäftlichen und anderen Gründen dcr Aufgabe eines Parlei- ieiterS nicht mehr genügen kan». Die Partei verliert an ikm eine» ganz hervorragend tüchtigen und geschäsiSgewandlen Lenker, welcher aber durch seine Lieepräsidenlschasl schon seit Iabrcn in seiner freien Leitung zu sehr gehemmt war. Man hofft nun, den Abgeordneten sür Stuttgart, Commerzienratb Gustav Stälin, der fick in vielen Abstimmungen als durchaus liberaler und unabhängiger Mann erwiesen hat. zur Uebernabme der Vorstandschasi zu bewegen; leider will er aber dieser Ausgabe nur vorläufig sich unterziehen, weil er mit öffentlichen Pflichten ohnehin schon sich übermäßig beladen fühlt. * Die am Sonntag in Stuttgart abgehaltcnc Ver- trauenSmänncrversamnttung der Deutschen Partei war zahlreich besucht. Programm- und OrgaittsaliouSfragcn wurden lebhaft discutirt. Man erklärte c- sür wunscheiiS- werth, daß die Partei in dcr selbstständigen Stellung, die sie früher besaß, znrücklebrc, insbesondere angesichts der schwankenden Haltung dcr ReichSregicrung, und bczeichnete dj« Herstellung der Einigkeit umcrbalb der Partei als »olh- wenbig. Man einigte sich dahin, daß eine Commission ernannt werde, die daS Programm aus die politischen und wirldschaftlichen Fragen durchlebe. Hieraus sprach l»r. Göz über die Verfass ungSrevision. Die Möglich keit einer Einigung werde erhöbt durch daS patriotische Entgegenkommen der betreffenden Kreise. Redner trat sür die Entfernung dcr Pnvilegirlen auS dcr Zweiten Kammer ei» und sprach sich gegen Schäffle'S Vorschlag aus, welcher BcrufSgremien vertreten wisse» will. Man müsse dem Volkswunsche und dem Zeitgeist nachgeben. Es müßten noch 17 bis 18 Abgeordnete mehr gewählt werden, die auf die Städte zu vertdeilen sein würden. Die Intelligenz dcr Kammer würde nickt abnehmen; diese solle ein Spiegelbild deS Volkswillens sein. Redner glaubte, eine Kammer sei für Württemberg daS Beste; diese müsse dann aber aus etwa 30 Privilegirlen und 70 Abgeordneten zusammengesetzt sein. Die. Rede fand großen Beifall. Bezüglich deS Trunksuch ls- gesetzeS stimmte die Versammlung der Haltung der nationalen ReichStaaSsraction zu. Bei dem nachfolgenden Festessen wurde an BiSmarck ein begeisterter Ausdruck un wandelbarer Anhänglichkeit telcgraphirt. * » * Im österreichischen Abgeordnctenhause theilte der andclSminister mit, daß die Unterzeichnung de» HandclS- ertragcS mit der Schweiz in den nächsten Tagen zu erwarten sei. * AuS Wien wird vom 7. December gemeldet: Zu Ehren der deutschen und schweizerischen Delezirten für die andelSvertraHS-Berhandlungen fand bei dem inistcr de» Auswärtigen, Grasen Kalnoky, ein Essen statt. Die Abendsitzung deS Abgeordnetenhauses war sehr zahlreich besucht, sämmtliche Minister waren anwesend, auch die Galerien übersülll. Der Handelsminister Marquis von Bacquebem ergriff, wie bereits in einem Theil der Morgennummcr gemeldet, da» Wort, um die eingebrachten Handelsverträge mit Deutschland, Italien und Belgien mit einer längeren Darlegung zu begleiten. Die Abgeordneten sammelten sich dicht um denselben, mehrere Stellen der Auseinandersetzung wurden beifällig begrüßt. Am Schluffe dcr Rede des Minister« ertönte lebhafter Beifall * Der Ankauf der schweizerischen Centralbakn wurde in der Volksabstimmung mit 277 032 gegen I287S5 Stimmen verworfen Nur die (Zantone Bern, Solothurn, Basel-Stadt und Basel-Land erklärten sich sür die Annahme der Vorlage. Der Ankauf war bekanntlich von den BundeSbedörde» beschlossen, und eS waren namentlich die gemäßigt liberalen, die Stärkung der Centralgewalt be günstigenden Kreise, welche denselben eifrig befürworteten. Politische, volkSwirtbschaftliche und mititairische Rücksichten wurden für den Ankauf in» Treffen geführt. Die Verstaat lichung der schweizer Eisenbahnen wird nunmehr, nachdem der Ankauf dcr bestemgerichteten derselben fehlgeschlagen, größere Schwierigkeiten zu überwinden haben und nicht so bald zu gewärtigen sein. * Dcr Brüsseler Gemeinderatb beschloß nach lebbaster Debatte auf Antrag Bautier'S mit 17 gegen tO Stimmen über den Antrag, daß der Gemeinderath sich zu Gunsten de» allgemeinen Stimmrecht» aussprechen möge, zur ein fachen Tagesordnung überzugehen. * Die Anregung de» französischen CabinetS, betreffend eine gemeinsame Action der europäischen Mächte in China, erzielte bisher in Rom keinen Erfolg * Eine ausführliche Meldung über die Sitzung der italienischen Deputirtenkammer am Montag lautet: „Die Kammer nimmt die Erklärungen der Regierung zur Kennt lich, billigt di« Richtung der innereu uud der Kircheupotitik und geht zur Tagesordnung über." Bei der Beraibung de» von Lurioai eingedruckten Antrags betonte Surioni die Nothwendigkeit, dich die Kammer mit einem feierliche« Votum bekräftige, es dürfe nicht angenommen werden, daß d« gegenwärtige Regierung fähig wäre, in den di« Integrität und Unabhängigkeit des Landes be- treffenden Krage» znrückzuweichea. Sovallottt sprach gegen, Prinellt für das Ministerium. Marinezzi bedauerte, daß Turioni nicht von der auswärtige» Politik gesprochen habe. Der Ministerpräsident di Rudini erklärte, die Regierung sei bereit, stets, auch heute, in eine Erörterung über die auswärtige Politik rinzugeheii. Jinbriani meinte, Ilalieu erniedrige sich gegenüber den Eentral- »iuchlcn, er Halle es sür ausgeschlossen, daß selbst ein verbündetes Oenerreich-Ungar» Italien vcriheidigen könnte. Der Redner wnuichie Aufklärung über den Zwischenfall in New-Orleans und die Besetzung der ilalienische» Gruppe der Pelagösa-Znseln Lurch Oeslerreich- Ungaru Nachdem Giautusco erklär! Halle, er halte das Garmilie- gesetz sür unamaslbar, wurde dcr Schluß der Debatte beschlossen. Zanardelli erklarle noch im Namen seiner politischen Freunde, Laß er gegen das Ministerium stimmen werde, und bestritt die Unab änderlichkeit des Garanliegesetzes. Zanardelli beantragte die eiusache Tagesordnung »nd sprach die Ansicht ans, das Garantiegesetz habe dem Papstihum große Freiheit eingcraumt. Es bedürfe einer festen Hand, um die Rechte der Laiengewalt zu schützen. Er glaube, Erklärungen, wie diejenigen Kalnvky's, wären gegenüber einer Regierung, die entschlossener wäre, nicht abgegeben worden. Der Ministerpräsident di Rudini verlangte ein Vertrauensvotum, bestehend in der Annahme der Motion Eurioni. Die Regierung werde bei allem Festbalten an dem Garantiegesetz die Rechte der Slaalsauloriiät zu wahren wissen. Di» Kammer lehnte ein von Vollaro e»igedraa>t»s Amendement, betreffend die Abänderung de« Garanliegesetzes, ab uud »ahm daraus, wie bereits gemeldet, da von Lurivni beantragte Vertrauensvotum in namentlicher Abstim mung mit 248 gegen 92 Stimmen an. * DaS amtliche Blatt in Rom veröffentlicht den Bericht der über das Verbalten der Angestellten der erythräischen Colonie eingesetzten Enquetecvmnttssion. In Lein Bericht wird die von Livragki milgclbcitle Unterdrückung von Banden in Abrede gestellt. Jede Verantwortlichkeit der Cotonial- rcgierung sei ausgeschlossen. Dcr Bericht schließt mit -dcr Erklärung, die Commission müsse dem General Daltissera die Veraiilwvrllichkcit für seine Handlungen überlassen. — Einer Meldung der „Agenzia Stesani" an» Maffauab zufolge isl Gandolsi zum ersten Male mit RaS Mangal'cha und den übrigen Befehlshabern in Tigrc zusammengetroffcn. * Die bulgarische Sobranje wird dem ehemaligen Fürsten von Bulgarien, Grafen Hartenau, ein IabrcS- aebalt auSsctzcn. Tie dem Plane günstig gesinnten Dcputirten boffen, daß Graf Hartenau die Schenkung als einen Beweis sür dir Dankbarkeit Bulgarien» annehme» werde. Die Höhe de» Betrage» ist noch nicht festgesetzt. * Rußland setzt seine Umtriebe in Bulgarien fort, nnd besonder» scheint eS sich jetzt für die milita irischen Angelegenheiten de» Balkanstaate» zu interessiren. Man meldet der „Bosstschcn Zeitung" über eme vereitelte HerauS- lockunz von Plänen Folgende«: Sofia,?. Decmber. Aus erster Quelle erfahre ich, daß vor Kurzem die bulgarische Krieg-Verwaltung einein beinahe gelungenen Versuche, die Mobilisationspläne der bulgarischen Armee sür eine fremde Macht heraus zulocken, auf die Spur kam. Durch die Umsicht mehrerer Beamten konnte der Versuch vollkommen vereitelt werden. Tie bulgarische Regierung gelangte hierbei üi den Besitz von Briefen, auS welchen hervorgeht, daß die Pläne sür den russischen AltachL in Bukarest und Belgrad, Baron Oberst Taube, besli nimmt und dreißigtauiend Francs sür deren Erlangung a»S- gesetzt waren. Eine in die Angelegenheit verwickelte Persönlichkeit entzog sich durch Flucht der Verhaftung. * Wie dcr „Kreuzztg." auS Petersburg berichtet wirk, mehren sich infolge der HungerSnolh auch die Schwierig keiten. mit denen die .Krieg-Verwaltung zu kämpfen bal. Sie ist bezüglich der in die NoihstandSbczirkc verlegten Truppen in eine fatale Lage geratbcn. Denn, während sic einerseits die Frage dcr Verlegung der Truppen au» diesen Bezirken in Erwägung ziehen muß, weil die Be denken wegen der Verpflcgurg derselben immer größer werden, so knüpfen sick andererseits an den Fall dieser Ver legung ernste Besorgnisse, da man befürchtet, daß, wenn die Truppen au» diesen Bezirken entfernt werden, m denselben Unruhen entstellen könnten, indem die Stimmung der Land bcvölkcrung infolge dcr wachsenden Noth mit jedem Tage gereizter wird. Wie dcr „Kreuzzeilung" weiter an- Per erS bürg berichtet wird, erkalte» sich dort die Gerüchte über bevorstehende wichtige Persouenveränkernngen. * Die russischen Zeitungen verfallen dcr Reihe nach dcr Maßregelung, wenn sie an den behördlichen Anord nuiigen in NotbstandSfragen Kritik üben, oder wen» sie wahr beitSgctreuc Berichte über daS Elend veröffentlichen So meldete» wir letzter Tage, daß der „Rußkija Wedomosti" die zweite Verwarnung ertheilt wurde. Wie jetzt bekannt wird, erfolgte dieselbe wegen LeS auch von unS gewürdigten Artikel» de» Grasen Leo Tolstoi: „Eine schreckliche Frage". Heule liegt folgende Maulkcrb-Ertbeilnng vor: PelerSburq, 7. December. Der „Rußkaja Sbisnn" wurde in Folge angeblich unrichtiger Nachrichten Uber den Nothstand auf Verfügung deS Minister« de» Innern die Jnseratenaufnahme »ntzoaen. „Rußkaja Sku-nn" batte kürzlich eine» deftigen Artikel gegen die zum Besten der Nolkleidenken beschlossene Lotterie gekrackt, von deren Erträgniß die wirklich Bedürftigen »ichlS erkalten würden. * Ernest I. Pollock in London tbrilt der „James Gazette" die folgende Unterredung mit, welche ein ihm befreundeter französischer Senator im letzten August mit dem Zaren ge pflogen haben soll: „In Rußland", sagte der Kaiser, „besteht noch der Despotis mus. Er bildet die Quintessenz meiner Regierung. Er ist ober in Harmonie mit dem Geiste der Nation. Ich habe Ver- ständniß für eine Republik, welche eine klare und aukrichltge Regierung ist oder sein kann. Ich habe Verständniß für ein, absolute Monarchie. Für eine Repräsenlativmonarchie aber habe ich kein Verständniß. Diese ist ein Regierungs- sysiem von Täuschung, Lüge „nd Eorruption. Eher möchte ich auf chinesische Staalseinrichlungen verfallen, als ei» solches System annehmen." — „Sire", bemerkte der französische Senator, „ich habe eine Repräsentotivoerkossung stet- al« einen Compromiß in gewissen Stadien der Gesellschaft zu gewissen Epochen angesehen Sie lös» keine Schwierigkeiten, sondern vertagt sie nur. Sie ist ein zwischen der Demokroiie und Monarchie geschloffener Waffenstill stand unter den Auspizien zwrier Tyrannen, Furcht »nd Interesse. Der Stolz der Geschwätzigkeit und der Eitelkeit, die Popu larität verlängern sie. Tie Aristokratie der Sprache wird an Siele der Wahrheit gesetzt. Eine RrpraseMativverfassung ist die Regierung der BLvocalen." — »Sie rede» die Wahrheit", erwiederle der Kaiser „Mein Großvater. Zar NieolanS, war ein repräsentativer Souverain in Polen und die Wett weiß, wa« es tdm gekostet bat, sich den Anforderungen jenes schändlichen Regierungsspnems onzuvassen. Stimmen zu kaufen, Gewissen zu verderben, Erneu zu verfuhren,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite