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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920719010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892071901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892071901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-07
- Tag1892-07-19
- Monat1892-07
- Jahr1892
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N-o«»eme«tSpreiS k der Hauptexpeditioa oder den im Stad», bezirk «ad de» Vororten errichteten Aut« gavestellen abgeholt: vierteljährlich^».«^ bei zweimaliger täglicher Zustellung int Haus >ll 5.50. Durch dienst bezogen für Deutschland und Oesterreich! vierteljährlich 6.—. Direct» täglich« Areuzbandsenbuug int Autlaad: mvuatlich ^l 9.—. Die Morgen-AuSgabe erscheint täglich'/,? Uhr, dl« Abend-Au-gab« Woche»tagt b Uhr. Redaktion and Expedition: Johannetggsse 8. Di« Expedition ist Wochentag» »nnnterbroche» gkössnet von früh 8 btt >b«»dt 7 Uhr. Morgen-Ausgabe. Filiale«: Vtt» Klemm - Särttm. tAifve» Hatzt». Universitättstrah« Ö Laut» Lösch«. Katharinrnstr. 1t, pari. u»d Kvnigtplatz V. UchMerTligtblatt Anzeiger. Organ für Politik, LocalgesWte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. JnsertionSpreir , Hie 6 gespaltene Petitzeile LO PfK Reklamen unter demRedactionkstrich (4ge spalten) 50-4, vor den gamtliennachrlchte» <6 gespalten) 40-4. Größer« Schritten laut unserem ist reit« verzeichniß. Tabellarischer und gisfernsatz nach höherem Tarif. -rtra-Beilagen (gesalzt), «ue mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60-, mit Postbesörderung ^ 70.—. Annahmeschlnß für Znserate: Nbend-Autgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgeu-Ausgabe, Nachmittag» 4Uhr. Sonn» und Festtag» früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. . Inserate sind stet» an dl« GtcheNtttsn zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» tn Leipzig. Dienstag den 19. Juli 1892. 8K. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Geschäftsräume können in unserem Melde amte, Wächtcrstraße 5., am LO .diese» Monat» in Abtheilung II (für Fremde) und an» 21. dieses Monat» in Abtheilnng I, Buchstabe M.—g., ifür bleibende Einwohner) sowie in Abtheilung III (sär Dienstboten) nur dringliche Geschäfte erledigt werden. Leipzig, am 16. Juli 1892. TuS Polizriaint der Stadt Leipzig. v. u. 2576. Bretschneider. Hierscmann. Stocklich-Auktion. Mittwoch, den 26. Juli d I»., sollen im Forstreviere Conne witz von Nachmittags N Uhr an auf dem Mittelwaldschlage in Abth. 15, 16 und 1? ca. 82S Haufen hartes, rleingeinachteS Ttoikholi unter den im Termine öffentlich aushüngenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem Mittelwaldschlage im Ttreitholzc an der neuen Linie hinter der Ttavtwasserkunft. Leipzig, am 8. Juli 1892. - Des Raths Forstdeputatian. Versteigerung auf den Abbruch. Die Gebäude auf dem zur Erweiterung des Postgrundstücks er worbenen vormals Hessischen Grundstück an der Poststraße in Meerane (Sachsen) sollen öffentlich au den Meistbietenden aus den Abbruch versteigert werden. Die Bersteigerungsbedingungen liegen bei dem Kaiserlichen Post amte In Meerane (Sachsen) zur Elnstcht aus; auch können solche gegen 50 Pf. von dem genannten Postamt« bezogen werden. Die Versteigerung findet statt am 28. Juli d. I., Mittag» 12 Uhr, im Amtszimmer de» Postamt-Vorstehers in Meerane (Sachsen). Die Ablehnung sämmtlicher Angebote bleibt Vorbehalten. Leipzig, 1b. Juli 1892. Der Kaiserlich« Lber-Pastdtrertor. In Vertretung: Lalame Diebstahls-Bekanntmachung. Gestohlen wurde laut hier erstatteter Anzeige: 1) ein Portemonnaie von imitirtem Schiidkrotleder mit Bügel und Knöpfcdenschlvb, sowie Extravrrschluß für Gold, enthaltend ca 76 Mark in Gold- und Silbermünze, sowie 2 österreichisch« Ein. kreuzerstück«, am 12. d. M.; 2) ein ab,efchlachtrteS Kalb und ein abgeschlachtetes Schwein, letztere» in zwei Hütften getheilt und mit der Nummer 288 gezeichnet, am 14. o. M.; 3) ei» eiserner Abessinterbrunnen, '/« m hoch, am 9. d. M.; 4) et» Handwagen, vierrädrig, braun gestrichen, mit Kasten aufsatz und der Firma August 3eürüt«r, OeipriK-Dkovbsrg", am 14. d. M.; 5) ein Handwagen, zweirädrig, blaugestrichen, Mitte Juni d.J.; 6) ein Handwagen, vierrädrig, mit Kastenaussatz, eiserner Hand- habe an der Deichsel und der Namensbezeichnung „Lüduer", am 9. d. M.; 7) ein Handwagen, vierrädrig, grau gestrichen, mit Aufsatz brettern und der Firma: „L. ckuugs, tUprig-VoUuoursckorl", am 30. Juni. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über die Thäter sind ungesäumt bei unserer Lrimi- nat-Abtheitung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 18. Juli 1892. La» Polizeiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Submission. Die Ausführung von Schleuszenbauten im Orte Probstheida soll im Ganzen einem Unternehmer in Accord übertragen werden. Blanquet», LontractS- und Submissionsbedingungen können bei dem Unterzeichneten bis zum 31. Julia.o. eingesehe», beziehentlich gegen Erlegung der Lopialirn, an 3 ./l, bezogen werden. Probstheida, den 16. Juti 1892. Ler Gemctndevorstan». Brock». Das englische Wahlresultat. DaS neue englische Unterhaus wird eine liberale Mehr beit von etwa 40 Stimmen aufweisen, zu gering, um damit Homerule durch^usetzen, groß genug, um Englands Interessen in Afrika zu schädigen. Balsour hat am Freitag eine Rede gehalten, welche folgende Stelle enthält: »Die Aussicht in Europa ist keine derartige, welche verantwo: liche Staats männer ohne da« Gefübl betrachten können, daß große Er cignisse bevorstehen, welche die Interessen des britischen Reiches eng berühren müssen und sie schädigen dürsten. Sollte diese Krisis an un» herantretcn, während die notb gedrungen schwächliche Bcrwaliunz Gladstone's im Amte ist, können wir dann mit Zuversicht erwarten, daß die britische Ehre und die britischen Interessen mit starker Hand aus recht gehalten und daß wir jenen Frieden mit Ehren haben werden, den während der letzten sechs Jahre ausrcckt erhalten zu haben, der größte Stotz der Regierung gewesen ist? Sollten schwierige, gefahrvolle Zeiten eintreten, werden wir unseren Nachfolgern keine Verlegenheiten bereiten, sondern unS bestreben, ihrem Borgehen Kraft einzuflößen." Die Ausrcchthaltung des Friedens mit Ehren ist also das Vermäcktniß, welches daS scheidende Ministerium Salisbury seinem Nachfolger zurückläßt. Wir wissen jetzt aus berufenem Munde, daß die großen Ereignisse, welche die gegenwärtige Regierung Englands im Geiste herannahen sieht, von ihr nicht als Partei, sondern als neutrale Macht ausgesaßt werden. Mochten auch die übrigen Großmächte sich von Waffen starrend gegenüberstehen, England wollte mit ver schränkten Armen den »Frieden mit Ebren" zu bewahren suchen. DaS entspricht so vollkommen der englischen Politik, wie sie sich seit Beendigung des KrimtrieaeS entwickelt bat, trotz der Kriegsdrohung im Jahre 1878, daß man sich darüber durchaus nicht wundern kann. So ein ungefährlicher Feldzug wie im Jahre 1882, der mit der Beschießung Alexandrien- begann und mit dem »Siege" bei Tel el Kebir endete, kommt dabei nicht in Be tracht, so etwa« ist eigentlich mehr kaufmännische Sreculalirn als Krieg, denn auf wirklich ernst» Kämpfe zu Lande läßt sich England nicht ein, daS haben wir im Jahre 1885 bei > Gelegenheit der Besitzergreifung des afghanische» Gebietes durch General Kanarow bis Vala-Murghab gesehen. Auf diese Action folgten langwierige Grenz-RegulirungS- Berbandluiigen, die zum Nachthell Englands abgeschlossen, aber von ibm mit der Miene des Siegers bingenommen wurden. Ein Sieg Rußlands und Frankreichs im ZukunftS- kriege, den Balsour herannabeu sicht, schließt die Niederlage Englands ei», aber England wird keine Hand rühren, um diesen Schlag abzuwehren; daS macht sich besser durch Theil- nahme an einem Eongreß zur Neuordnung der internationalen Verhältnisse in Europa. England rechnet offenbar so: Bricht ei» großer europäischer Krieg aus, dann ist Rußland gar nicht i» der Lage, seine asiatischen Pläne zu verfolgen, es braucht seine Truppen auf dem Kriegsschauplatz In Europa; fällt ihm und seinem Bundesgenossen Frankreich aber der Sieg zu, so sind beide Mächte nach Beendigung deS Krieges so erschöpft' daß die Neigung zur Fortsetzung deS Krieges i» Asien gar nicht zum Ausdruck gelange» kau», und dann wird England die Früchte seiner Neutralität einbeiinsc», die ib>» den Vollbesitz seiner Kraft nicht vermindert hat. Diese Politik ist so hanebüchen, daß sie den Anhängern SaiiSbury'S und Glad stone's gleicherweise einleuchtet. England hat seine Haut zu»! letzten Male bei Balaklawa und bei Inkcrman zu Markt getragen, auf solche gefährliche Unternehmungen bat eü sich seitdem nicht mehr eingelassen, wenn es ihm auch ein mal inzwischen in Afghanistan herzlich schlecht gegangen ist und wenn ihm auch der Aufstand in Indien unter Nena Sahib viel zu schassen gemacht hat. Diese Schlappen sind seitdem längst wieder ausgeglichen durck die Besitzergreifung Egyptens, durck daS Abkommen mit Deutschland Wege» Afrikas vom 1. Juli 1890, durch die Wegnahme BirmaS und durch die Gebietserweiterung ans Borneo und Sumatra. Wenn eine französische Flotte nach KronstBdt gegangen ist, um Rußland die Huldigungen Frankreichs zu überbringen, dann erscheint England als aufmerksamer Wirth in Ports mouth, um der nach Frankreich zurückkebrenden Flotte Gruß und freundliches Geleit darrubieten. Wenn aber das neu geeinte Deutschland sich acnothigt sieht, um das Ende des Krieges zu beschleunigen, Paris zu beschießen, dann fühlt sich England gedrungen, im Namen Ler Menschlichkeit und des Völkerrecht» dagegen Einspruch zu erheben. Wer sich diese Vorgänge vor Äugen hält, wird seine Erwartungen auf den Beistand Englands im Kriegsfälle nicht hoch spannen, er wird sich vielmehr eingeslehen müssen, daß eine von der Natur so begünstigte Macht, die so ausgesprochene Gaben für die Benutzung kaufmännischer Conjuncturen besitzt, sich zehn Mal besinnen wird, etwas selbst zu thun, waS Andere für sie ver richten müssen. England hat im Jahre 1890 Helgoland an Deutschland abgetreten, weil ibm die Schutzhcrrschaft über Zanzibar und der Besitz ron Wit» und Uganda wcrtbvcllcr erschien, es wird sich aber Wohl hüten, die Stationen Malta und Gibraltar im Mittelmeer auszugeben. Gegenwärtig ist cS eifrig an der Arbeit, seinen Einstuß aus Marokko auözu- dehnen, und es fragt sich, ob ed seinen Zweck nicht trotz der Niederlage Muley Hassan S gegen die Rebellen erreichen wird. Das Ministerium Salisbury als Vertreter der conser- vativen Partei bietet dem Nachfolger seine guten Dienste an, um seinen größten Stolz, die Ausrcchthaltung deS Friedens mit Ebren während der letzten sechs Jahre, auch aus die Zukunft auSzndehnen. Dieses Anerbieten hat auf entschiedene Zustimmung der liberalen Regierung und Partei zu rechnen, denn im Puncte der Aufrechthaltiing deS Friedens sind beide Parteien einverstanden. Die Befürchtungen, welche Balsour wegen Egyptens und deS sonstigen afrikanischen Besitzes Eng' landS geäußert bat, sind nicht ernst zu nehmen, denn Gladstone weiß sehr genau, daß er durch Ausgabe Egyptens seine Anhänger in daS conservative Lager treiben würde Ist er es doch selbst gewesen, Ler den Befehl zur Besetzung Egyptens im Jahre 1882 gegeben hat, und er sollte eine so günstige Stellung räumen, die daS Ergehniß zehnjähriger erfolgreicher Bemühungen gewesen ist? Nun, in diesem Puncle sind die Befürchtungen Balfour'S nur der Ausdruck einer übertriebenen Sorge für die Bewahrung von Vor theilen, auf welche nicht nur Salisbury, sondern ganz Eng land stolz ist. Die auswärtige Politik ist bei dem Wahlkampfe so gut wie gar nicht berührt worden, der einzige Candidat, der sich auf seine Erfolge in Afrika berief. Stanley, hat damit einen schweren Mißgriff begangen, denn so gern auch die Engländer Machtcrweiterungcn in Empfang nehme», die ihnen freiwillig dargcbrackt werden, so scbr halten sic dock darauf, daß an dem Erwerb wenigstens äußerlich kein Mangel hastet. Die sckmackrolle Art, wie Stanley seine hinterlistigen Pläne in Ostasrika ins Werk gesetzt bat, waren nicht dazu geeignet, ihm irgendwo in der Welt Sympathie zu erwecken, es war also eine fast unbegreifliche Ver blendung, daß er sich seinen Wählern gegenüber auch noch ans seine nichlswürdigc Handlungsweise berief, um dadurch Stimmung für sich zu macken. England ist viel zu sehr ans seinen Vorlbeil bedacht, als daß es Gebiete gut willig herauögeben sollte, die eS mit Hilfe Stanley'« gc Wonnen bat, aber als Empfehlung für die Wabl ins Paria ment konnte Stanley Len Raub, den er für England bc gangen, nicht auSnutzcn. Die auswärtige Politik ist von jeder Englands Achillesferse gewesen, seine WeltbeherrscknirgS plane sind überall auf Widerstand gestoßen, in Asien wie Amerika, in Australien wie in Afrika. Wenn man den Staat Großbritannien als eine große Handelsgesellschaft aufsaßt, die mit Hilfe ibrer Flotte sich im Weltmeer und a» den Küsten Achtung zu verschaffen weiß, so bat nian die Lag vielleicht richtig gekennzeichnet; in diesem Sinne babcn wir Englands Politik von jeher ausgesaßt, und wir sind sicher, damit keinen Fehlgriff gethan zu haben. * * Eintrag thun werbe. Die antisemitische Presse tbut baS! Ihrige, um einen solchen Erfolg nicht eintreten zu lassen, ^ ihr doch noch einer nicht iniiner bequemen öffentlichen Kritik auSgesetzteS gewissenloses Verhallen gestattet einen Schluß aus die Unwabrhastigkeit und Frivolität der I gänzlich unconlrolirbarci, Verhetzung im kleine» Kreise, am Biertisch und i» der Schnapsbude. Der Mörder deS kleinen )eg»iann ist nicht entdeckt, folglich ist, wen» nicht trotz der 1 ircisprechuirg Brrschhosf'S, ein anderer Jude der Thäter. Diese Schlußfolgerung wird »och eine geraume Zeit in manchen > Ibeilcii des Reiches, »nd nickst zum mindeste» in der anti- 'emitischen Presse dcr Ncichöbauptstadt ihre verheer ende Wir kung I üben, mit dem Zusatze natürlich, daß nur theilweise die Un gunst der Umstände, hauptsächlich aber die selbstverständlich! geflissentliche Vernachlässigung der Untersuchung die Bestrafung deS jedenfalls jüdische» Mörders vereitelt habe. DaS leitende Organ deS CentrumS, welches in dieser Angelegenheit die Nährmutter der gcsammtcn antiscmilischcn Presse abgicbt, intet nicht nur, daß die Unschuld Buschhoff'S nicht erwiesen eS constatirt auch rin »Iustizprivileg der Juden" im Allgemeinen. Von großem agitatorischem Effect wird sich einer die unter Anrufung des ewigen Richters abgegebene! Versicherung Rohling s erweisen, daß eS der Enldcckuiig einer Rstnalmord-Vorschrrft im Talmud nicht bedürfe, da die historischen Zeugnisse", nämlich zahlreich rriiuiiialistisch fcst- gestclUc Rilualniorde Vorlagen. Die »Nativnal-Ztg." weist ^ Deutsches Reich. Verlin, 18. Juli. Tie Zeitungen erörtern fast obn Ausnahme den Xante» er Mordsall und gelangen in sei > lener Ucbrrciiistiminung^ zu dem betrübenden Ergebniß. daß die Freisprechung deS Schlächter« Buschkoff die Blrrtbeschul digungen gegen die Juden nickt zum Schweigen bringen, ge schweige denn der antisemitischen Agitation im Allgemeinen leitnng hat trotzdem in Gelsenkirchen und Umgegend FiaSeo gemacht, daS beweist die nachstehende, in einer dortiger» Volksversammlung gegen nur zwei Stimmen angenvmiiienc Resolution. „Die heutige öffentliche Partelversammlung erklärt da» Vorgehen der St. N. (Unterzeichner des Flugblattes) al» ein ganz nieder- trächtiges, den demokratischen Bestrebungen geradezu ins Gesicht schlagendes und verurtheilt das Vorgehen auf das Entschiedenste, indem sie über die Macher des Flugblattes gleichzeitig ihre größte Verachtung ausspricht. Alsdann versprechen die versammelten, nach besten Kräften dazu bisheriges Parteiorgan eine immer weitere findet. DaS des „vorwärts" zu Berlin, den Genossen Ieup wegWWMr weitgehenden Ansichten au» der Partei aus- znschließen, wird mit Entrüstung zurückgewiesen, weil die versamm- luna der Ansicht ist, daß die Sociatdeinokratie eine geistige Gemein schaft ist. aus welcher kein Mensch ausgeschlossen werden kann. Endlich fordert die Versammlung den Herrn Meinett auf, sein Amt als Vertrauensmann niederzutcgen, da er da» vertrauen der Genossen nickt mehr besitzt." Dieser Resolution haben sich auch die Svcialdemokratrn in Dahlhausen a. d. N., Witten, Ainien u. a. O. allgeschlossen. * Berlin, 18. Juli. (Telegramm.) Der ^RrickS- anzeiger" meldet: Der bisherige preußische Gesandte beim Vaticau, von Schlözcr, ist abberufen und unter Ver leihung des Großkrcuzcö dcS Rothen AdlerordenS auf seinen Antrag in den Ruhestand versetzt worden. — Aua» die „Nalional-Zcitiiiig" dementirt die Meldung anderer Blätter war darauf hin, daß diese Festslcllringe», d. h. gerichtliche Ge- tändmsse t'0''Oudc",k.uf dieselbe Weise bewirkt worden sind . betreffs der ZurückstellungdeSElektricitätSgesetzeNtWurf« wie die zahllosen Sclbffbcschulbiguiigcn von Hexen »nd I p^ch den BuirdcSrath. Der Entwurf liegt vielniehr gegen- in durch die Folter, allein i» den Kreisen, welche dem Glaube» an de» Ehristcirblutbedarf der Juden jetzt wieder zugänglich gemacht worden sind, wird diese Erklärung keine Wirkung bcrvorbringcir. Die Wiederaufnahme dieser Beschuldigung ist ei» Aet politischer Berechnung, daS erleidet keinen Zweifel, aber die Verbreitung, die sic gefunden hat, ist als Seuche auszrifassc», keineswegs als Simulation aus Haß und Neid. Die Leute in Xanten und irr anderen Gegenden stauben jetzt wieder ehrlich daran, daß dir Juden zum Passahfcst Lbnstendlut gebrauchen. Solche Krankheit muß man beklagen, aber man hat die Pflicht, sie als Krankheit aufzufaffen. Die philoscmitische Presse, um diese eingebürgerte, wenn auch nicht ganz zutreffende Bezeichnung zu gevrauwen, handelt weder in ihrem eigenen, noch in dem so sehr auf Eintracht und Beruhigung angewiesenen allgemeinen Interesse, wenn re so ganz ander« verfährt, als eine leidenschaftslose und gerechte Betrachtung cS verschreibt. Sie vergilt reichlich Haß mit Haß, findet ihre Aufgabe darin, in Einstellungen, Denn» ciationen, vor Allein aber in der Forderung nach der An wendung eines verschiedenen Maßes für gleichberechligtcStaatS bürger den Antisemitismus noch zu übcrtresfen. Wenn die „Ger iiiania" an Stelle ihrer obenerwähnten wahnwitzigciiFeststelluiig eines IustizprivilegS der Inden von der Forderung nach ciiiciir solchen Privileg, welche von den, angeblich jüdische Interessen vertretenden Zeitungen erhoben werde, gesprochen hätte, so würde sie der Wahrbeit beträchtlich näher gekommen ein. Eines dieser Blätter vcrsteigt sich zu dem Verlangen an die Regierung, die Antisemiten tkcilS durch Unterbringung im Narrenhause, thcils durch Verweisung in die Zuchthäuser unschädlich zu »racke». Welche Wirkung muß man einem 'olcheri Satz zuschrciben, wenn man die bedauerliche, aber vor handene Thatsachc kennt, daß der Antisemitismus auf geistig und moralisch sehr hochstehende Kreise übergegriffen bat! Ein Weiteres: die „Frcis. Ztg." schreibt beule in Bezug auf den Fall Buschhoff: „In einem Errlturslaate pflegt man es als ein entsetzliches Unglück zu bezeichnen, wenn ein un schuldiger Mensch Monate lang unter der Anklage eines schweren Verbrechens die Entziehung seiner Freiheit zu dulden bat. Wer aber glaubt, daß dieser Hergang rinscrcrr Anti semiten die Rothe der Scham ins Gesicht treiben würde, der kcrinl sie allerdings schlecht." Einvcrftaiiden. Wo aber war kiese corrccte Auslassung zu finden, als unanständiges Jubeln Uber die Verhaftung Ablwardt'S nnd bis an die äußerste Grenze des Erlaubten gehendes Bekritteln der Entkastnngö - Erkenntnisse die zwei Blätter füllte ? Tie Beweggründe für Ablwardt'S Auftreten mögen andere als politische sein, sein Auftreten selbst ist ein politisches und gerade daS hat so überaus fördernd auf den Ausbruch dcS Antisemitismus gewirkt, daß diejenige Presse, die sonst für volle Rede- und Meinungsfreiheit und strenge Wakrnng der politischen Reckte dcS Einzelnen austritl, geradezu eine Beugang des RecklS fordert, wenn sie einen Gegner »n schädlich gcmackl scbe» möchte. Verlange» die Antisemiten Aus»-:-mcgesctzc für die Juden, so verlangen jüdische Wort sichrer eine exccptioncllc VerwaltungS- und selbst richterliche Praxis für die Anliscmitcn. Sie setzen Unrecht wider Unrecht und erschweren dadurch Zahllosen der Besten im Lande eine im anderen Falle den Juden günstige Stcllungnabme. HI Berlin, 18. Inli. Die socialdemokratischePartci leitnng hat den Buchdrucker Ieup in Gelsentirchen wegen seines Einlretens für die Unabhängigen regelrecht boyeottirl. Ieup ist Herausgeber nnd Verleger der „Gelscnlirchcner Arbeiterzeitnng" »nd einiger Kcpfblätter. Er bat diese Zeitungen mit großen Opfern unter dem Socialisleiigesctz gc gri'uidcl und bock'gcbalren, sich aber stets eine freie Meinung bewahrt. Die Parteileitung wirft ihm vor, daß er mit der Partei nickt abrccknc, ferner sagt sic in einem FlngUalte wörtlich: „Wir dürfen cS nicht dulden, daß die Indifscrcnten deren Zabl im Kohlenrevier noch eine sebr große ist, durch taö raticalc Auftreten eines Ieup unserer Bewegung gewissermaßen ent fremdet werden. Es kann unS nickt damit gedient sein, diese Leute zu verhetzen; wir wollen vielmehr a»S ihnen überzeugte Genosse» macken, die im entscheidenden Momente auch wissen, was sic wollen." Dieser Tatz ist nicht recht klar geschrieben. Fest stcbt aber, daß, wen» Ienp gcbetzt bat, er nur dasselbe gctban bat, waS sämmtlickc fccial demokratischen, fractionStreuen Führer tagtäglich tbun. Ferner steht auch fest, daß die wöchentlich drei Mat erscheinende „Gels. Arb-Z." nickt balb so radical, d. b. revolutionair geschrieben ist, wie die „Berliner Volks-Tribüne das von der Parteilei'ui-g abhängige Wochenblatt. Während die Parteileitung Blätter, die sich nicht selbst halten konnte», hier nnd dort lmi eingeben lassen, bewilligte sic sofort 3000 zur Gründung c:. eü EoncnrrenrdlalteS gegen Ienp, da« vor lausig Dortmund erscheint. Die socialdemokratische Partei wärtig dem BuiidcSrathe vor. Dagegen wurde da» Tele graphen gcsetz am 6. April amtlich pnblicirt. — Die drei jüngsten kaiserlichen Prinzen werde», wie nunmehr bestimmt worben ist, am nächsten Mittwoch ihren drei älteren Brüdern nach Wilhelmshöhe folgen. Die Bestätigung der Beschlagnahme der vorletzten Nummer des „Socialist" hatte das Amtsgericht abgclehnt. Auf die Beschwerde der StaatSanwaltschajt hat jedoch da» Landgericht I die Beschlagnahme wegen Anreizung verschiedener BevölkcrungSclasscn zu Gewaltthätigkeiten beschlossen. * Thor», 18. Juli. (Telegramm.) Der seit einiger eit wegen LandcSvcrrath» verhaftet gewesene HilfSzeichner lbert ist aus der Haft entlassen worden, weil sich herau«- gestellt hat, daß er unschuldig ist. BreSlau, 17. Juli. „Fürst Bi-marck — rin RcichSfeind." Unter dieser Üeberschrift bringt die „Schl. Ztg." einen vortreffliche» Leitartikel, der sich zunächst mit den unerhörten Verdächtigungen beschäftigt, die von ultramontanen, demokratischen und particularistischen Blättern gegen den Fürsten Bismarck geschleudert werden, dann die Zurück haltung constatirt, die der Fürst in der ersten Zeit nach seiner Enilassnng in seinen Acußeruiigen sich anserlegte, und dann fortsährt: Wenn er neuerdings in unerwarteter Weise sich zu schroff gegnerischer Haltung der Regierung gegenüber veranlaßt gesehen hat, so muß er dazu durch mehr als durch Preßangriffe gereizt morden sein. Dag eine Aussöhnung mit dem gegenwärtigen Regiment »och im Frühsouimcr d. I. nahe A us sicht auf ver wirk l ich ung gehabt hat, erscheint durch den zweiten der im „Reichsanzeiger" veröffentlichten Erlasse als erwiesen. Nach den Mititikilungen des Grafen Caprivi an den Prinzen Neuß sollen die Attssöhnungsverftlche daran gescheitert sein, daß Fürst Bismarck den ersten Schritt nicht habe thun wollen. Weicher Schritt ist von ihm verlangt worden? Sollte er Abbitte thun für die Sünden der ihr» ergebenen Presse? Wir wissen eS nicht und wollen daher der Regierung aus diesem Anlasse keinen Vorwurf machen. Aber «tn» stcht fest: Bon atledein, was in der Presse zur Bertheidigung Bismarck's Ungünstiges über die Regierung gesagt worden ist, läßt sich nicht Nachweisen, daß eS that- sächlich von dem ehemalige» Reichskanzler herrührt, während das, waS er selbst zu den ihm huldigenden Volksmenge» und Vereinen gesprochen hat, völlig »»angreifbar isl und den hohen patriotischen Schwung »nd Das tiefe monarchische Gefühl athmet, von denen das alte, aber noch jugendlich empfindende Herz des Fürsten Bismarck durchglnht ist. Umgekehrt ist Das, was im Na me n »nd Austrage der Regierung in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" und im „Reichs- Anzeiger gegen den Fürsten Bismarck zur Veröffent lichung gelangte, thcils völlig ungeeignet, ihn zu belasten, theiis eine schwere Kränkung des Fürsten, die von einem großen Theil derNation mit empfunden wird. > Wenn wir von den in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" erschienenen, in boliein Maße ungeschickten, in eine Drobung mit Antiagc aui Landcvvcrraih ausklinaciiden Artikeln ganz abschcn, weit wir nicht aniicdnicn wollen, daß diele stuinpse» Pfeile, trotz ihres allgemein osstciüjen Ursprunges, wirklich direct von dem gegen wärtigen Leiter unserer aiiewärtigcn Politik abgeschossen worden sind, io bieten doch die in diesem Blatte und im „Reichsanzeiger" veröffentlichte» Actcnsiücke allein leider genug Stützpuncte für eine abfällige .ltritik. Vor allen Dingen beweisen dieselben entweder nichts oder sie rechtfertigen daS frühere amtliche Ver halten des Fürsten Bismarck. Das erste Aktenstück brachte den Wortlaut einer vom Grasen Caprivi aufgehobenen Verfügung seine» Vorgängers, »ach welcher Vortragende Rüthe nur augcftellt werden solllen, nachdem über deren politischen Standpunkt an den Reichs kanzler berichtet worden war. Diese durchaus verständige Verfügung hat Gras Caprivi aufgehoben und will dadurch beweisen, daß die Regierung nicht durch das Streben nach Veränderung geleitet werde. Für solche Art der Beweisführung wird kaum Jemand zugänglich sein. Tie beiden anderen Actensiücke sind ein Rundschreiben de» Grasen Caprivi an die aiisivärligen Vertretungen des Reiche» »ad ein Schreiben an unsere» Wiener Botschafter aus Anlaß der kürztichen Auwesenhcit des Fürsten Bismarck in der Metropole de» un» ver bündeten Kaiserreiches. Der Inhalt des ersten Schriftstücke» war im Wesentlichen bereits bekannt. Es ist gegen dasselbe al- eine diskrete Instruction an die Vertreter des Reiches im Auslande vielleicht wenig zu sagen. Einen ganz anderen Charakter gewinnt dasselbe aber durch die Pnblicanon. Unwillkürlich erhält man den Eli'drnck, daß nun vor der ganzen Welt von amtlicher deutscher Seite die Worte und Meinungen Bismarck's al» belanglo» be zeichnet werden sollen. Noch bedenklicher ist die Publication des zweiten in> „Reichsauzeiger" veröffentlichten Aktenstücke». Daß der Vertreter de» Reiche» an einem fremden Hose iininSglich in Intimen Verkehr mit einem früheren Staatsmanne seines Landes trete» kann, so lange dieser Staatsmann in schroffem Gegensätze zur derzeitigen Regierung stehl, ist wiederum selbstverständlich. Aber in dein Actensiücke steht mehr. E< wird rund erklärt, daß Fürst Bitmarck „niemal»" Einfluß nus dt, ' öffentlichen Angelegcnhetten gewinnen werde. So laug« da- Alle-
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