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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.07.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920721013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892072101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892072101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-07
- Tag1892-07-21
- Monat1892-07
- Jahr1892
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L«ni» Lösche. Natharinrnstr. 1«, pari, and Ksntgsplatz 7. Morgen-Ausgabe. MMrMgMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. Jnsertionsprei« Die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg) Reklamen unter dem Redoctiontstrich (4gs» spalten) bO^j, vor den Familieuaachrtchk» (kgrspaiien) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ztsserusatz nach höherem Tarif. Ultra-Beilagen (gesalzt), nur mit de» Morgen-Au-gabe, ohne Postbesörderung ^4 60.—, mit Postbefürderung 70.—^ Ännalfmelchluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Inserate sind stet« an dte GhtzeNMä» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. M. Donnerstag den 2 t. Juli 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Die Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 11. Juli bis 17. Juli 1892 im Argnndbrenner bei 150 Litern stündlichem Lousuin das 18,?sache der Leuchtkrast der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Das spccifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,437. Leipzig, am 18. Juli 1892. Des Math» Deputation zu den Gasanstalten. Bekanntmachung. Die Dachdecker-, Klempner-. (Nlasrr-, VlitzableitungS- und die Maler- und Aiistreichcrarbeilen für den Berlängcrungsbau der SchweincinarkthaUe und die Vertrau»» der Landbuchtcn aus dem städtischen Bich- und Schlachlhof hier sind vergeben. Die nicht berücksichtigten Bewerber werden daher ihrer Angebote hiermit entlassen. Leipzig, am 13. Juli 1892. I». 2929. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. 1053. Lindner. Bekanntmachung. Die Ausführung der Herd-, Pflaster- und Maurerarbeiten zur Tieferlegung, Verbreiterung, Beschleuß»»» und Pflasterung der Rampe der Dentzscher Stratzr, zwischen Lein ehemaligen Chaussee- Hause und der Thüringer Eisenbahn, soll an einen Untcrnehiner verdungen werden. Die Bedingungen und Angebote für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, Ralhhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 23, aus und können daselbst eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 50 H, welche auch in Briesmarken eingesendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift „Dirsrrlrgung nnd Vcrdrritrr»»,, dcr Rampe in der Tclitzschcr Strafte" versehen ebendaselbst, und zwar bt» zum 8. August d. I. 5 Uhr Nachmittags einzurcichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtllche Angebote abzu- lehnen. Leipzig, den 20. Juli 1892. De» Raths der Stadt Leipzig Io. 3884. Ltraszrnbau-Leputatio». Bekanntmachung. In dem der Stadtgemeinde Leipzig gehörigen Eckgebäude an der Markthalle — Kurprinzstratze Rr. 14 — stnd folgende Mieth- räume, als: 1) das an der Brüderstraße gelegene VcrkausSgcwölbe cl von 37,74 qm Flächengedalt mit einem Nebenranm von 17,80 qm »nd einem im Kellergeschoß unter dem Gewölbe befindlichen Lagerraum von 36,10 qm; L) das an derselben Straße gelegene VcrkausSgewölbe v von 32,19 qm Flächengehalt mit einem größeren Nebenraum von 50,80 qm und einem kleineren von 2,35 qm, sowie einem im Kellergeschoß unter dem Gewölbe befindlichen Lagerraum von 21,70 qm; 9) das an derselben Straße gelegene VerkaufSgrwölbr 0 von 32,10 qm Flächengehalt (ohne Nebenranm) mit dem darunter im Kellergeschoß befindlichen Lagerraum von 21,70 qm; 4) das an dcr Ecke der Brüder- und Kurprinzstraße gelegene BerkansSgewölbc v von 56,30qmF>ächengehalt(ohne Neben raum) mit dem darunter tm Kellergeschoß befindlichen Lager raum von 45,50 qm sofort auf sechs Jahre zu vermlethen. Miethgesuch« werden auf dem Rathhause, l. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, entgegengenommen. Leipzig, den 16. Juli 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Arumblegel. Bekanntmachung. Bon dem Unterzeichneten Armenamte sollen Freitag, den 22. Juli 18V2, Vormittags von V Uhr an, im diesigen Stadthauje verschiedene Gegenstände, als: Möbel. Betten, Wäsche, Kleidungsstücke, Haus- und Kücheiigrritthe u. A. m. öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 19. Juli 1892. Las Rrmcnamt. I. A-: Ludwig-Wolf. Artus. Laut erstatteter Anzeige ist die hieraintS am 5. Januar 1892 unter Nr. 397 iV sür Herrn Bruno Banmann, Inhaber dcr Firma: „Bruno Vaumaun" ausgestellte GewerbelegirimationSkarte abhanden gekommen. Zur Berbütung von Mißbrauch wird diese Karte hiermit für ungiltig erklärt. Leipzig, den 1b. Juli 1892. Das Polizciamt der Stadt Leipzig, l. 3061. Bretschneider. K. Bekanntmachung. Bei dem anterzeichneten Königlichen Hauptzollamte ist rin eiserner AnszngS-Krahn mit eiserner Winde zu verkaufen. Leipzig, den 17. Juli 1892. Königliche» Haupt-Zoil-Amt. Nr. 590 VIl. Härttg. Submission. Die Aussührung von Schleusteubauten im Orte Probstheida soll im Ganzen einem Unternehmer in Accord übertragen werden. BlanquetS, LontractS- und Submissionsbedingungen können bei dem Unterzeichneten bi- zum ül. Juli». o. eingesehen, beziehentlich gegen Erlegung der Lopialten, an 3 >ll, bezogen werden. Probstheida, den 1«. gult 1892. Der «emrindevorftand. Brock«. «.«. Die Lage in Afghanistan. Als Abdurrbaman Kban am 22. Juli l880 auf Betreiben de- englischen Generals Robert» zum Emir von Afghanistan ausgerusen wurde, hatte die englische Regierung in Indien nur die Bedingung gestellt, daß Abdurrhaman mit keiner fremden Regierung ,n politische Verbindung trete. Diese Bedingung zu erfüllen, wurde dem neuen Emir nickt schwer, weil er nur zwischen Rußland und England zu wählen hatte «d Rußland seiner Selbstständigkeit offenbar größere Gefahr Eroberung des Landes vorbereitet und dazu bereits i»i Iabre 1885 eine» vielversprechenden Anfang gemacht hat. Der Weg von Merw nach dem Indischen Ocean fuhrt durch Afghanistan, und deshalb ist Rußland bemüht, seine Macht immer weiter nach Süden auSzubreitcn. Man führt die gegenwärtige» Kämpfe Abdurrhaman'S mit den HazaraS auf russische Einflüsse zurück, ohne dafür irgend einen stichhaltigeren Grund gellend machen zu können, als die Neigung des Emirs, sich von der lästigen Vorninnd- schaft dcr indischen Regierung loS zu machen. Der englische Bieckönig von Indien hatte schon vor längerer Zeit au Abdurrhaman die Aufforderung gerichtet, Slreiligkcilcn mit dem Khan Uinra oon Badjur ru vermeiden, ohne aber damit Eindruck auf den Emir zu mache». Wie jetzt durck ein Tele gramm aus Kalkutta an den „Chronicle" dekannl wird, hat der Emir die englische Aufforderung in sehr energischer Weise zurückgewiesen. Er berief sich darauf, daß sei» Verfahren durchaus seinen Rechten als unabhängiger Fürst entspreche, der einen in seinem Gebiete anSgebrochenen Aufstand unter drücken will. Er werde thun, was ihm gut dünke, und keinerlei Einmischung in seine Angelegenheiten dulden. Diese Sprache klingt wahrlich nickt, als ob sie ihm von Rußland eingegeben wäre, zumal bereits Thatsacken vorliegen, welche andenten, daß Rußland sich die Verlegenheit des Emirs zu Nutze zu machen sucht. Ein russischer Hauptmann hat dem Vernehmen nach die afghanische Grenze überschritten und mit seinen Kosaken eine Stadt besetzt. Sehr seltsam nimmt sich dcr Schluß der Meldung ans, daß der Kaiser trotz einer persönlichen Belohnung des töfficiers dessen strenge Bestrafung anbcsoblcn habe. DaS weitere Schicksal des HanplmannS interessier die Welt zunächst sehr wenig, weit wichtiger er scheint die Frage, ob die eigenmächtige Besetzung der afgba- nischen Stadt wieder aufgeyoben worden ist. DaS scheint aber nicht der Fall zu sein, denn die persönliche Belohnung des Osficiers durch den Kaiser zeigt, daß er mit ihm zufrieden ist »nd nur das eigenmächtige Vorgehen aus Rücksichten auf die DiSciplin tadelt. Als General Komarow im Jahre 1885 bis Dala Murahab Vordrang, lag die Sache ähnlich, auck dieser hatte keinen Auf trag, gegen Afghanistan kriegerische Schritte zu unternehmen, sondern glaubte sich nur durch die Sachlage berechtigt, so zu verfahren, wie er gctban. Er behauptete, von den Afghane» bei Pcnschdeh anacgrisfen zu sein, wahrend die Afghanen und Engländer der Ansicht waren, daß Komarow angegriffen habe. Tie Sache ist damals beigclegt worden, aber beide Theile wußten, daß dcr Friede nicht lange dauern würde. Schon bei den nachfolgenden GrcnzrcguliruiigS-Vcrhcmdlungcn haben die Russen eine Hallung beobachtet, die sich mehr auf den Ucbermuth des Siegers, als aus die Gleichberechtigung einer unterhandelnden Macht hinauöspielte. Seitdem bat es nicht an Versuchen Rußlands gefehlt, seinen Zweck aus Um wegen zu erreichen. Z. B. wurde vor einigen Jahren ans Herat gemeldet, daß einige Hundert angeblicher russischer Kauflcute ihren Einzug in Heral gehalten hätten. Man er wartete damals einen Handstreich Rußlands aus Herat, der aber unterblieb, weil sich die öffenlliche Aufmerksamkeit vor zeitig auf die Angelegenheit gerichtet hatte. England faßte damals die Sachlage sehr ernst auf, denn cs brachte in beiden Häusern des Parlaments am 2l. April 1885 eine Forderung von 1l Millionen Pfund ein, um in den Stand gesetzt zu sein, die afghanische Frage in ehrenvoller Weise zu lösen. Wege» der Grenzüberschreitung des russischen HauptmanneS mit einer Hand voll Kosaken kann England natürlich nicht solche Anstrengungen machen, aber die Unter nehmung Abdurrhaman'S gegen die aussländischcn Stämme seines Reichs ist noch zu wenig in ihren Ursachen erkannt, als daß sich jetzt schon aus den vorliegenden Thatsacken Schlüsse ziehen ließen. Nur so viel ist klar, daß die Be ziehungen zwischen Afghanistan und England sich sehr ver schlechtert haben, sonst wäre eine so ablehnende Haltung des EmirS gegen Indien nicht möglich. Wie unbedeutend osl dcr Anlaß zu Verstimmungen ist, crgicbt sich daraus, daß der Emir auch im Jahre 1885 sehr unangenehm berührt war durch die Verleihung dcS einfachen Sternes von Indien, die ihm der damalige Äicekönig Lord Tufferin zu Theil werben ließ. Als dann aber von London aus der begangene Fehler durch die Verleihung des GroßkreuzeS dieses Ordens wieder gut gemackt wurde, begrüßte Abdurrhaman das Ereignis; durch dir Abfeuerung von l»l Kanonenschüssen. Damals hatte er also gegen die Abhängigkeit von England nichlS cin- zuwendcn, heute ist ihm aber das Selbstbewusstsein so cr- Ilarkt, daß er sogar wohlineinenden Rathschlägen dcS Vicc- königS von Indien den Stolz LeS unabhängigen Herrschers entgegen setzt. Orientalische Verhältnisse lassen sich nicht mit europäischem Maße messen, aber eS scheint, daß Abdurrbaman seinen ehe maligen Schutzherren nicht grundlos zürnt. Er hat mit unbol mäßigen Slämmcn in seinem Lande oon jeher zu kämpfen gehabt, eine Erbschaft dcr früheren Zustände, unter deren Herrschaft daS Land in verschiedene Lager gelbcilt war. Erst im Jahre 1880 ist die Einbeit wieder hcrgestellt worden, aber wie die neuesten Vorgänge lehren, doch nur äußerlich; »och beute bat der Emir mit Stämmen zu kämpfen, die seine Herrschaft nicht anerkennen, besonders nicht im Puncle der Stcucrpslicht. Wenn die Steuern, die sie gutwillig nicht zablen, gewaltsam eingelriebe» werden, dann empört sich der Afghane gegen seinen Emir. Abdurrhaman mvckte wohl er wartet baden, daß die Engländer ibn in so schwieriger Lage nicht mit guten Nalbscklägen abspcisen, sondern ihm mit der Thal zur Seite sieben würden Da kennt aber der Eniir die Sohne AlbionS schlecht, die immer erst dann etwa- thun, wenn ihnen daS Feuer unter den Nägeln brennt. ES scheint, daß die Ereignisse in Afghanistan rur Ent scheidung drängen, trotz Notbstand »nd Eholera in Rußland. England hal aber die Frist, die ihm seit dem Angriff de- GcneralS Komarow gegeben war, so gut wie gar nicht be nutzt. Damals war von großen Befestigungen und von Eisenbahnbauten die Rede, die unverzüglich in Angriff ge nommen werden müßten, um die Verbindung mit Kankabar, Herat und Kabul zu sichern, aber bald daraus ist e- wieder davon still geworden. Wenn jetzt ein RegierungSwecksel in Afghanistan rinlretea sollte in Folge einer entscheidenden Niederlage Abdurrhaman'S gegen die Aufständischen, dann können Rußland und England nicht als achtlose Zuschauer bei Seile stehe», bann ist der Augenblick gekommen, um eine alle Rechnung ausziiglcichen. E- wetterleuchtet schon seit längerer Zeit im Orient. Die Unrubcn in Ebina und in einzelnen Theilen Indiens, wie in Bengalen und im Pendsckab ließen erkennen, daß in Südostasicn eine tiefe Gädrung verricht, die nur eines passenden Anstoßes bedarf, um loSzubrechcn und Alles zu überflutbcn. Solcke Bewegungen entwickeln sich aus Ursachen, die mit dcr Neigung oder Abneigung der dabei intercssirten europäischen Plackte, sick aus ernste Kämpsc einzutasscn, nichts zu tbun baben. Die afghanische, indische und chinesische Frage sind voin Nothstaude und von dcr Ebolera in Ruß land nickt abhängig; wenn sie zur Entscheidung reif sind, dann müssen Rußland und England auck die entsprechenden Schlußfolgerungen daraus zicbe». Vielleicht ist die Zeit nicht fern, in welcher sich die englische Regierung gcnöthigt siebt, wiederum einen Eretil vom Parlament zu beanspruchen. * Deutsches Reich. ss. Berlin, 20. Juli. Laut dem kürzlich erschienenen Be richte der preußischen GewerbeaufsicktS-Beamlen sür 1891 ist die im vorletzten Etat in Aussicht genommene Verbesserung deS Fabrik-JnspectionSdicnstcs zum großen Tbeile bereits Tbatsachc. Die Aenderung besteht im Wesentlichen darin, daß von nun ab in der Regel jedem Regierungs präsidenten ein Gcwcrberatb beigcgeben ist und jeder Regierungs bezirk in JnspcctionSbczirke zerfällt, welchen die Gewcrbe- Jnspcctorcii verstehen. Nach Bedarf können den Gewerbe- rätben Hilfsarbeiter beigegeben werden und dies ist im Berichtsjahre schon vielfach geschehen. So zählt der Regierungs bezirk Düsseldorf l3, der Regierungsbezirk Arnsberg l2 AufsichlSbeamle. Diese Behörden baden bekanntlich die Aufgabe, die Ausführung der zum Schutze der Arbeiter er lassenen Gesetze zu überwachen und alliährlich über diese ihre Thätigkeit Bericht zu erstatten. ES verstand sich in dessen von selbst, daß alsbald nach Einführung deS Instituts wenigstens ein Theil dieser Beamten über lediglich reserircnde Darstellungen ihrer polizeilichen Wahrnehmungen hinaus gingen und auch solche Verhältnisse der Beschreibung unterzogen, die durch die Gewerbe-Ordnung nicht geregelt werden können, dabei aber grundlegend für die wirtbschaft- liche Lage der Arbeiter sind. Dadurch erlangen die Berichte den Charakter wichtiger socialpolitiscker Documente, insbeson dere wenn sic, was sür eine Reihe Bezirke der Fall ist, von Männern hcrrühren, die vermöge ihrer geistigen Gaben und ibrcS Interesse« sür den Arbeilcrstand zur Aufnahme und Deutung social-statistischer Daten in hervorragendem Maße ge eignet sind. Zu Statten kommt diesen Aufsichtsbeamten da« wachsende Vertrauen der Arbeiter zur Fabrik-Jnspcction; die Klagen über irrige Ausfassung vom Wesen und Zweck dcr Einrichtungen sind zwar noch nicht verstummt, allein mehr und mebr bricht sich die Erkenntniß in der Arbeiterwelt Bahn, daß die Ucberwackung der Fabriken zu ihrem Besten stattsindct. Die Tkätigkeit dcr ÄufsichtSbeamten ist dabei eine um so ersprießlichere, als eS sich sür sic nicht allein darum handelt, den Arbeitgeber durch polizei liche MsttK zur Beobachtung absichtlich verletzter Gesetzes bestimmungen zu verhallen, sondern auch den aus Unkenntnis; dcr Gesetze handelnden Arbeitgebern, namentlich in kleine» Betrieben und auf dem Lande, die nothwcndige Aufklärung zu Theil werde» zu lasse». Wie überaus notbwendig der artige Belehrung ist — und geraume Zeit hindurch noch bleiben wird, zeigen die vorliegenden Berichte gleich ihren Vorgängern. Der landwirlbscbastliche Betrieb erfordert in den östlichen Provinzen große Opfer an Menschenleben und Gesundheit, namentlich die Anwendung von Häcksel- und Dreschmaschinen. Leider haben die Berichte die Thalsackc zu verzeichnen, daß nickst bloS Unkenniniß der Gesetze, sonder» auch Jndifferentlömiis an den zahlreichen Unfällen Schuld trägt. In Pommern betragen die auf die Landwirtkschast cnliallcntcn Unfälle nahezu 25 Proccnt aller vorgckommenen Unfälle, in Posen ist das Verkältuih noch ungünstiger. Eine Vermehrung der Betriebsunfälle ist übrigens im Allgemeinen sestzustellen. BeackstcnSwcrtb ist aber dabei vor Allem, daß die Darstellung, wonach die Arbeiter wegen dcr durch das Unsallversicherungsgcsetz erlangten Ansprüche glcicbgiltiaer gegen die Gefahr geworden seien, in das Reich rer Fabel verwiesen wird. Auch mangelnde Vorkehrungen gegen Unfälle sind, wenigstens in den Jndustriebezirkc», nicht als die Ursache der Steigerung anzusehe». Bei der Ver größerung der Uiisallzisser tommt vielmehr in Betracht die immer zuverlässiger werdende Anmeldung, sodann die starke Beschäftigung in den letzte» Jahren und der häufige Arbeiter- Wechsel. Was die durch die Novelle zur Gewerbeordnung geschützten Arbciter'alcgvrie» anlangt, so scheint die Zahl der in Fabriken bcschäs'iglcn Kinder (zwischen 12 und l l Jahren) nicht gestiegen ru sei». Im Jahre l890 war dies der Fall. Die Mehrzahl ver Arbeitgeber ist der Beschäftigung von Kindern ja oknc Zwcisel abgeneigt, der damalige Zuwachs kürslc »ur durch eine ziemlich eng begrenzte Zahl von Industriezweigen bcrbci- gcsübrt sein; aber unter diesen befanden sich Cigarren »ndZünd- bolzfabrikcn, also gesundheitsschädliche Betriebe. Die Novelle zur Gewerbe-Ordnung wird hier Wandel schaffen, ohne Weiteres allerdings nur in Bezug ans die Fabriken; sür die in gesunt- lieillicher Beziehung »och bedenklichere HauSiildustric bleibt daS Verbot der Kinderarbeit dem BundeSralh Vorbehalten. Die Zahl der jugendlichen Arbeiter (zwischen Hund 16 Jahren) bat sich in einzelnen Bezirken vermindert, und zwar lbeilweise beträchtlich, in ankeren vermebrt. In Oberschlesicn bal sic sich in den letzten sechs Jahren säst verdoppelt, was zweifels ohne als ein Fortschritt anzuscben ist, da der Müßiggang dieser Knaben üble Frückstc gezeitigt batte. In zwei ösllichcn Provinzen ist die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter zurück- gegangen, da manche Arbeiter die Beobachtung der in Betreff derselben erlassenen gesetzlichen Vorschriften scheuen. Tie Zunakme der weiblichen Arbeiter in den Fabriken bietet zu Besorgnissen keinen Anlaß. * Vcrlin, 20. Juli. Ter .Reichs-Anzeiger" hat sich bekanntlich über die Behauptung dcr .Hamb. Nachr", die bekannte Depesche de- Grafen Caprivi vom 9. Juni 1892 an den Prinzen Reuß sei nickt die einzige und nickt die letzte Depesche gewesen, die der jetzige Reichskanzler an den deutschen Botschafter in Wien bezüglich des Fürsten Bismarck gesendet habe, noch nicht vernehmen lassen, dafür hat der .Hamb. Corr." sich von Berlin aus versichern lassen, Prinz Reuß habe keine „Anfrage" wegen der Audienz des Fürsten BiSmarck beim Kaiser Fra», Josef nach Berlin gerichtet, folglich habe er auch keine Antwort erhallen; der Depcschenwechsel, von dem die .Hamb. Nackr." gesprochen, epistire nicht. Darauf antworten heute die .Hamb. Nachr.": Dieses Dementi spitzt sich offenbar nur ans Worte zu; ob eine „Anfrage" oder eine „Meldung" staltgesunden hat, ist ganz gleich gültig. Wir glaube» nicht, daß der ossiciöse Gewährs mann des „Hamb. Corr." über Das, was von Berlin nach Wien und nach Pest geschrieben worden ist, auch nur annähernd mir gleicher Sicherheit unterrichtet sein kann, wie wir über Das, was in Wien und Pest von Berlin cingegangen ist. Unsere Gewährsmänner für die Richtigkeit der vom „Hamburger Correspondenten" mit „unbedingter Zuverlässigkeit" beitrittenen Angaben rühren von Wiener Autoritäten her, gegen welche dergleichen officiöse Jnsinualionen nicht ins Gewicht fallen. Wir halten die Behaup tungen, die der „Hamb. Corr." als „leer" und alS„Hirng»spinnste" bezeichnet, vollkommen aufrecht und freuen uns der Kritik über die Wiener Einwirkungen, die in der oificiösen Ableugnung derselben liegt. Wenn man die Wiener Maßregelung nicht für kritisch anfechtbar hielte, so würde man auf das wohlfeile, ober unwirksame AuskunstSmittel dcr einfachen Ablcugnung schwerlich verfallen sein." Nach einigen weiteren Bemerkungen über die anscheinend ossiciöse Polemik des .Hamb. Corr." kommen die .Hamb. Nachr." zu folgendem beiiierkenSwerlben Schluffe: „Wir constalire» bei dieser Gelegenheit nochmals, daß die vom Fürsten Bismarck anfangs gesuchten guten Beziehungen zum neuen Reichskanzler nicht von Friedrichsruh aus unhaltbar gemacht worden sind. Wir baben dies letzter Tage eingehender nachgewiesen: heute erinnern wir daran, daß GrasCaprivi ösfentlick i» parlamentarischen Verhand lungen aus FriedrichSruh in wenig freundlichem Sinne angespielt und bei anderer Gelegenheit Marginalien seine« Vorgängersverlescnhat.dieohnegleichzeitigeBekannt- gabe der Acten stücke, auf die sie sich bezogen, zu nachthei ligen Sch küssen veranlassen ko » nie». Wenn die ansänglich wohl wollende Stimmung des Fürsten Bismarck seinem Nachsolger gegen- über nicht anhiel», so ist der Anlaß hierzu also nicht vom Fürsten Bismarck auSgegangen, sondern von Seiten de- jetzigen Reichs kanzlers. Aber alle diese persönlichen Tinge würden den Fürsten schwerlich zu einer Opposition gegen die Politik seines Nachfolgers veranlaßt haben; hätte dieser den alten Conrs beibehalten, so würde er vom Fürsten Bismarck trotz alledem unterstützt worden sein. Die schärfste Kritik dcr neuen Politik liegt in dcr Bundes- genossenschaft, bei der sie Unterstützung findet. Wenn inan die heutigen Beziehungen der Parteien und Fraclionen zur Regierung ins Auge saßt, so wird man unwillkürlich an das hübsche Lied von Mühlcr erinnert: „Rechter Hand, linker Hand, Alles ver tauscht!" Alle Gegner der Herstellung des deutschen Reiches und dessen Entwickelung, die entschiedensten Feinde der Politik des alten Courses stehen heute aus Seite des neue» und zwar mit einer Lcideuschasilichkeit, die iiolhwendig Verdacht gegen die Ehrlichkeit ihrer Ucberzeugung erwecken muß. Für die eingeschlagene Politik aber trägt Gras Caprivi die Verantwortlichkeit allein. Wenn dem Kaiser politisch richtige Anträge vorgelcgl und mit Sachkunde zur Auswahl gestellt werden, so sind wir überzeugt, baß der Monarch auch die richtigen auswählt." * Vcrlin, 20. Juli. (Telegramm) Gcheimrath Hintz- pcter übermittelte den Blättern eine Berichtigung gegen die Behauptung der .Hamburger Nachrichten", das Centrum ver füge über manche Verbindung bei Hose, auch abgesehen von der französischen katholischen Frau eine« zur Zeit des Kanzlerwechsels bei Hofe sehr angesehenen Pädagogen. Hintzpeter erklärt, seine Frau sei nicht katho lisch und babe niemals im Leben ein Wort mit einem Ccn- trumSmitglied gewechselt. Sie sei im Frühjahr 1890 nicht in Berlin gewesen. (Man wird ja nunmehr erfahren, ob die „Hamburger Nachrichten" wirklich die Frau Geheimräthin Hintzpeter gemeint haben. D. Red.) — Papst Leo Xlll. hat an den Grafen von Lo8, den Leiter der Pfingstwallsahrt nach Fulda, ein Schreiben gerichtet, daS folgendermaßen beginnt: „Geliebter, edcigcborencr Sohn, Gruß und Apostolischen Segen. Welche Gesinnungen die Gläubigen Deutschlands gegen Uns hegen, welcher Eifer, ihre ererbte Religion zu schützen, sie rmslammt, haben mit neuem und feierlichem Ausdruck die herrlichen, ein stimmig aus der Versammlung zu Fulda gesoßten Beschlüsse erwiesen, deren Abschrisl durch Deine Fürsorge jüngst in »Niere Hände ge langt ist. Während Wir nun dankbaren Sinnes den Ausdruck eurer kindlichen Ergebenheit aniiehmen, die euch um Unsere Freiheit und äußere Würde besorgt macht, können wir nicht umhin, zu- gleich mit dem verdienten Lobe den Eifer zu preisen, womit ihr euch bemüht, daß die volle Freiheit in Ausübung der katholischen Religion auch durch das Ansehen der Staalsgesetzc gekrästigt werde. Daß dies auch sür Uns der Gegenstand angelegentlichster Sorge ist, baden Wir damals bereits offen gezeigt, als bei euch die katholische Religion unter dem Titel (Vorwand), die Staat-rechte zu schützen, bekämpft wurde. Damals baden Wir Uns ohne Unterlaß bemüht, daß die kirchenseindlichen Gesetze aufgehoben oder wenigstens in ihrer Schärfe gemildert würden. Bon demselben Etter sind Wir auch gegenwärtig beseelt, da ja weder der Klaub», welcher Uns von Kindheit an eingepslanzt ist, noch die Verantwortung Unseres Amie» ihn sich mindern läßt. Deshalb liegt Uns nichts mebr am Herzen, als daß in eurem herrlichen Baterlande die katholische Religion von Tag zu Tag wachse, gedeihe und blühe, los und ledig der Feiseln cntgegensiehender Gesetze, jener ganz besonders, welche aus die religiöse Erziehung und den Unterricht der Jugend Bezug haben. Ta Wir also erfahren haben, daß mit dem nämlichen Eifer, wie Wir, auch ihr »nd die übrigen Gläubigen Deutschlands dasselbe Ziel erstrebt, so müssen Wir euch das verdient« Lob spenden wegen eurer bisherigen Anstrengungen «nd Erfolg», und durch Unsere Aufmunterung euch noch mehr anfeuern, damit ihr anch dos erreichet, was bi« setzt noch Gegenstand eurer Wünsche ist. Schreitet also irisch voran, bedient euch aller Schutz- und Hilfs mittel, die katholischen Männern zustehen, unter der Leitung und Führung der geistlichen Hirten, deren Ausdauer und Treue auch in den größten Drangsalen Uns zu hohem Tröste gereichten, und eilet zum Ziel«, da» euch winkt, voll Vertrauen, daß die Macht Gottes euch da gnädig zur Seit» stehen werd«, wo menschlich« Kräfte versagen." Zur richtigen Würdigung dieses von der „Germania" als eine „herrliche, hochbcdculsame und erhebende Kundgebung" bczcichnelen Schreibens muß man sich der Vorgänge bei der Fuldaer Pfingstwallsahrt und der damals vom Grafen Los gehaltenen Rede erinnern. Gleich dem RavenSburger Katholikentage faßten die in Fulda vcrfammellen Ultra- monlanen t»nr auf di« Wiederherstellung der weltlichru Papst-
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