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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189208073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18920807
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18920807
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-07
- Monat1892-08
- Jahr1892
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1892
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Tabellarischer und Zisferasatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuna KO.—, mit Postbesörderung ^l TO.—, Ännahmeschluß silr Inserate: Abend-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,S Uhr. Bei de» Filialen und Au uahmestellen je eia« Halde Stund« früher. Inserate sind stet» an di» Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig. ^ Ml. Sonntag den 7. August 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Lekliilntlnachung. Hierdurch machen wir bekannt, daß wir die Mülilenstrastc in Leipzig-Plagwitz (vormalige Parcelle Nr. 307n des Flurbuches für Plagwitz) nunmehr bis zur Bahuhosstrasie, sonach in ihrer ganze» Ausdehnung, jedoch mit Ausnahme der Fußwege, in das Eigenthum und die Verwaltung der Stadtgemeinde übernommen haben. Leipzig, den 2. August 1892. Ter Rath der Stadt Leipzig. Io. 4096. l)r. Tröndlin. vr. Redlich. Lkkalttltinachilllg. Tie Baulichkeiten auf den bisherige» Militatrschießständcn in der Burgaue, bestehend in einer Wacht- und Lchktbrngcräthc- Baracke, einer PscrdrstaU- und einer -lliortbarackc mit ölrubeii, sowie einem Ltriigrljaune, sollen aus den Abbruch an de» Meist, bietenden in 2 Loosen versteigert werde», inglcichen soll der Abbruch sämmtlicher daselbst weiter vorhandene» Baulichkeiten, sowie die Einebnung der Schießbahnen und sonstiger Erdwcrke ic. in einem Loose (veranschlagt zu rund 19,500 ^ll) a» den Miudesisorderndc» vergebe» werden. Die Eröffnung der Angebote findet am 12. August dfs. Iö. Vormittags 10 Uhr im Geschäftszimmer der Unterzeichneten Verwaltung, Pleißenburgcajerne, statt, woselbst auch die Bedingungen rc. ausliegen. Die Besichtigung der vorstehend aufgeführten Bauten re. an Ort und Stelle kann vom 5. bis mit 1l. August dss. Js. Nach, mittags von 6 bis 7 Uhr erfolgen. Versammlung hierzu Punct 6 Uhr an der Schießstandwache. (Larnisou-Bcrlvaltung zu Leipzig. Ein Zusammenstoß in Ästen. Nach Meldungen aus Simla sind afghanische Stämme mit den Chinesen und Russen am Alitschurflusse zusammen» gestoßen, wobei eine Anzahl Kirgisen gefangen wurden. Die Expedition des Obersten Ianow ist am Aktasch angelangt. 500 Russen stehen auf dem Pamirplateau. Dieses Plateau scheint von den Russen als die OperationSbasiS für weit reichende Pläne benutzt werden zu sollen. Dort stoßen Nuß land und Afghanistan, China und Indien zusammen, und dort ist er auch zu Reibungen zwischen Russen und Engländern »kommen, die aber durch eine» Ausgleich beendet wurden, einiger Zeit traf die Nachricht ein, daß Russen or am Murghabflusse erschienen seien, was auf eine combinirtr Unternehmung der Russen gegen Afghanistan schließen ließ. Auch die Aufmerksamkeit der Chinesen ist schon seit längerer Zeit auf die Bewegungen russischer Truppen auf dem Pamir» plateau gerichtet, so daß auch von dieser Seite ein Ein greifen in die militairischen Operationen zu erwarten war. DaS Beginnen der Russen wird durch den Aufstand in Afghanistan unterstützt, und man kann aus ihrer feindseligen Haltung gegen Abdurrhaman ersehen, daß sie bei Verwirk lichung ihrer Pläne auf diesen Machthaber nicht rechnen, K sei denn, daß er zur Unterwerfung gezwungen würde, was die Engländer gewiß mit allen Kräften zu verhindern suchen werden. Daß sie schon Anstalten dazu treffen, beweist die Absendung von 20 englischen Osficieren nach Gilgit, und darauf wies schon der Versuch bin, einen Kampf zwischen Abdurrhaman und dem Chan Amru von Badjur zu ver hindern. Jetzt hat das Erscheinen der Russen am Alitschur- flussc der Sachlage eine Wendung gegeben, die geeignet erscheint, ernste Ereignisse berbeizuführen. Die Russen wissen solche entscheidende Schritte, wie es der gegen wärtige am Alitschurflusse ist, immer so einzurichten, daß der Kampf zufällig und absichtslos, jedenfalls ohne aus drücklichen Befehl der russischen Regierung auSbricht. So war eS im Iabre 1885, als General Komarow bei PulikisN mit den Afghanen zusammentraf, und so ge schah es auch neulich, als eine Abtheilung Kosaken unter einem russischen Officier die afghanische Grenze überschritt; die weiteren Maßnahmen entwickeln sich dann aus der Sach lage heraus. In diesem Falle müßten aber die Russen sehr gut vorbereitet sein und über große Streitkräfte verfügen, wenn sie angesichts der von drei Seiten andringcnden Feinde ihre Stellung behaupteten und ihre Macht nach den genannten drei Richtungen, nach Afghanistan, China und Indien, Vor schüben. Vorläufig haben wir eS mit Anfängen zu tbun uud eS bleiben ausführliche Nachrichten über den Verlauf des Kampfe« abzuwarten, um daraus ersehen zu können, ob nur ein Geplänkel vorliegt, oder ob die Sache einen ernsten Hintergrund hat. Die Vorgeschichte scheint die letztere An nähme zu rechtfertigen. Rußland ist seil langer Zeit in Asien langsam und shste matisch vorgerückt; eS ist durch die Turkmenen- Steppe bis Merw und von dort bis Bala Murghab in Afghanistan vor- gcdrungen, eS hat von Chiwa und Buchara Besitz ergriffen und erscheint seht auf dem Hochlande von Pamir, um Aus schau nach weiteren Eroberungen zu halten. England mußte das Uebel seit langer Zeit erwarten, und wenn es sich an den ernsten Kampf, der ibm setzt in Indien droht, nicht ge nügend vorbereitet hat, so ist das seine eigene Schuld, an Warnungen hat es seit einem Mensckenalter nickt gefehlt Aber Rußland kommt bei dieser Gelegenheit auch mit Afgha nistan und China in Streit, welches letztere GebielSver letzungen durch die Russen nicht zu dulden gewillt ist. Wir haben von dieser Seite keine Nachrichten, die ein klares Bild der Sachlage geben, sie werden aber vermuthlich bald «intreffen. Zwischen China und England bestehen gegenwärtig sehr getrübte Beziehungen, weil die englischen Missionare von der chinesischen Bevölkerung mit der größten Feindseligkeit ver folgt werden. Der Haß der Chinesen richtet sich zwar gegen dir Fremden überhaupt, aber vorzugsweise werden bei allen Unruhen im Gebiete des Aanklsekiang die Engländer als die Geschädigten genannt. Das hat seinen Grund darin, daß die BekebrungSarbeit in Cbina hauptsächlich durch die Engländer geleistet wird, die Franzosen sind nur schwach dabei betheiligt und die übrigen Nationen nur ganz vereinzelt vertreten. Bei dem Streit zwischen Rußland und Cbina über den Besitz de« Pamir-Plateau- kommt der Gegensatz zwischen China und England nicht in Betracht. Hier hantelt «< sich «m eia Brsttzfrage, die zunächst die Regierungen von Rußland und Cbina intercssirt, aber da die Engländer als die Herren Indiens einen Sieg Rußlands über einen ibm bei seinem Vordringen nach Süden erstehenden Gegner nicht wünschen können, so treffen bei diesem Kampf die englischen mit den chinesischen Interessen zusammen. Abdurrhaman, der Emir von Afghanistan, ist in dem bereits begonnenen Kampfe der natürliche Verbündete Englands. Afghanistan ist eine wichtige Vormauer Indiens gegen die begehrlichen Absichten Rußlands, und allem Anscheine nach ind die Streitigkeiten zwischen Abdurrhaman und den Eng ändern wegen des CbanS Amru von Badjur beigelegt, weil der Emir eingesehen bat, daß er in dem drohenden Kampfe mit Rußland ohne die Hilfe Englands nicht besteben kann. Günstig für die Russen ist der augenblickliche Aufstand der Hazaras, der dem Emir viel zu schaffen macht, besonders »veil er an Auödcbnung zunimmt, aber dieser Aufstand würde ösort unterdrückt werden, wenn die Engländer ihrem Schützling deispringen wollten. Außerdem ist anzilliehincn, daß sich selbst im schlimmsten Falle die HazaraS kaum mit den Russen gegen Abdurrhaman verbünden werden, das bindert schon die Erinnerung an den Kampf von Pulikisti im Jahre 1885. Die Politik Rußlands ist seit der Beendigung dcS letzten Krieges gegen die Türkei bemüht, den russischen Besitz in Asien zu befestigen und nach Süden und Osten auszudehncn. Daneben tritt die Ausführung der von Peter dem Große» überlieferten europäischen Politik zurück, die Balkanhalbinsel kann Rußland nach den dort herrschenden Anschauungen doch nicht entgehen, also braucht man sich wegen dieser Angelegen heit nicht zu erhitzen. Dagegen ist das Vordringen an den Indische» Ocean für Rußland von großer Wichtigkeit, und demgemäß sind alle Maßregeln getroffen, ui» diesen Zweck so bald als möglich zu erreichen. Ob die Zeit schon gekommen ist, dcn^ Entscheidungskampf um die Herr- chaft in Ost- und Südasien zu beginnen, muß einstweilen dahin gestellt bleiben. Den günstigen Zeilpunct für die Begründung dieser Herrschaft wird Rußland gewiß nicht ungenutzt verstreichen lassen. Der Gedanke einer Tbcilung Asiens mit England ist für Rußland nicht besonders verlockend, eö würde sicher dem ungetheiltcn Besitz Asiens den Vorzug geben. England verläßt fick auch in dieser Sache auf seine Flotte und aus die fremden Völker, die es seiner Herrschaft unterworfen hat, aber es fragt sich, ob die Indier, die unter Nena Sahib den Kampf uni ihre Unabhängigkeit von England aufnahmen, geneigt sein werden, die englische Herrschaft gegen Rußland zu schützen. Tic englische Herrschaft wird von den Indiern als ein schweres Schicksal hingenonimcn, dem zu entgehen es an der erforder lichen Einigkeit und Thatkraft fehlt, aber diese Kräfte sür England cinzusetzen, fehlt es an jedem inneren Antriebe. Daß die Russen die zukünftigen Herren von Asien sind, wenn sie nicht an Cbina und England überlegene Gegner finden, lehrt ein Blick auf die Karte »nd die Geschichte der letzten dreißig Jahre. Die Russen, die schon heute mehr als den dritten Thcil Asiens ihrer Herrschaft unterworfen baden, sind durch ihre militairische Macht zu Lande in den Stand gesetzt, den Kampf gegen China und England aufzunehmen, wenn auch ein solcher Krieg nicht so schnell beendet sein kann wie ein Krieg in Europa mit dessen ausgebilketen Verkehrs mitteln und der Möglichkeit des Aufmarsches von Millionc»- Hccren auf verbältnißmäßig kleinen Gebieten. Der Kamps, Lessen erste Anfänge jetzt aus Simla gemeldet werde», ist aus die Tauer nicht zu vermeiden, weil so mächtige Neben buhler wie Rußland, England und China nicht friedlich neben einander leben können, bevor nicht die Bedingungen des Daseins sür die Zukunft durch einen entscheidenden Kampf fest- gestellt sind. Nicht alle Gewitterwolken entladen sich; man wird bald sehen, ob der Kampf am Pamirplateau nur Wetter leuchten war oder ob er ernstere Bedeutung hat. * Deutsches Reich. * Berlin, 6 August. Der Münchener „Allg. Ztg." wird von hier geschrieben: „Zu den Fragen, welche die hauptstödlische Bevölkerung bewege», gehört nächst der Wcllansstellung die der Neubesetzung des Berliner Oberbürgermeister»»^»». Die allgemeine An. »ahme gebt dahin, daß die Stadtverordneten einstimmig, vielleicht ohne die Sociatdemokralen, de» jetzige» Bürgermeister Je t l e wühle» werde», einen in den Geschäften der Stadt ersohreueu, seinem voti- tischen Standpunct nach zwar freisinnigen, aber sehr gemähigten Mann. Nun circulirk allerdings in der Bürgerschaft die angebliche Acusterung des Kaisers: er werde keine» freisinnige» Obcrbnrger- mcislcr mehr bestätigen; aber es bleibt biersür die Beglaubigung durch die Thalsachen abzuwarten. Allerdings ist es ja richtig, daß der Kaiser bei der Bestätigung der Wiederwahl Forckenbeck's im Jahre 1890 ungeachtet der unbestreitbaren Oualisicativn und Verdienste des letzteren »nd ungeachtet des von dem Lberbürger- meislcr angeregte» „Forckenbeckens" große Schwierigkeiten machte, die nur dadurch behoben wurden, daß Minister Herriurth sür diese von ihm beantragte Bestätigung sein Portefeuille einsetzte und Gras Caprivi sich entschlo'sr» »nt dem Minister des Innern idcntificirte. Es siebt z» hosien, daß, selbst wenn die Lberbürgermeisterwabl sich unter einem anderen Minister de» Innern vollziehen sollte, dieser der Krone keinen schlechteren Nach erthcilcn wird. Ein coniervativer Oberbürgermeister würde in der Bevölkerung sowohl wie in den städtischen Behörde» gar keinen Halt beiden »nd mit Hosgnnst allein regiert man ein Gemeinwesen von 1' ,. Millionen, wie das der Reichshauptstadt, nicht. Ei» gemäßigt unsinniger Mann dagegen, der sür seinen Posten die volle Qualisicativn mir- bringt, wird viel eher im Stande sein, zwischen den Absichten der Regierung oder den Wünschen der Krone »nd den Anschauungen der Bevölkerung »nd der städtischen Behörden mit Erfolg zu vermitteln. Männer wie Forckenbeck und Zelle habe» in dieser Beziehung weit eher aus ein Entgegenkommen zu rechnen, auch wenn Magistrat und Stadtverordnete es sonst ungern thun, als dies bei eine», conserva- tiven Oberbürgermeister der Fall sein würde, wie denn auch be kanntlich zwischen Kaiser Wilhelm l. und Herrn v. Forckenbeck stets ein gutes Berhältniß bestanden hat, welches erst in Folge der Ab- stimmung in der SeptennatSsrage von 1887 eine Trübung erlitt. Als ein charakteristischer Zug mag hierbei erwähnt werben, daß nach dem Jahre 1884, wo Herr v. Forckenbeck an dem Zustandekommen des damaligen Septennats bekanntlich in hervorragender Wette be- theiligt war, sich sogar eine ziemlich lebhafte Lorrespondenz zwischen dem Kaiser und Forckenbeck entsponncn hatte, die namentlich in Anfragen des Kaisers über parlamentarische Dinge und den Antworten Forckenbeck- bestand, welch' letzterer, damals Oberbürgermeister von Breslau, Präsident des Reichstags war. Forckenbeck hielt es sür seine Pflicht, gelegentlich dem Fürsten Bismarck von dieser Lorrespondenz Mittheilung zu machen, was dann die Einstellung derselben zur Folge'hatte. AIS der Kaiser Forckenbeck gelegentlich eines Hossestes wieder,ah. trat er an ihn heran und jagte halblaut: „Ich habe alle Ihre Briese verbrannt."" * Berlin, 0. August. (Telegramm.) Fürst Bismarck ist beute Mittag 12", Uhr auf dem Stettiner Bahnbos an- gctömmen. Eine große Menschenmenge hatte sich aus dem Bahn- dos eingcsundcn und begrüßte den Fürsten enthusiastisch. Mehrere Damen überreichten Blumensträuße. Das Publicum sang: „Deutschland, Deutschland über Alles" und „Die Wacht am Rhein". Ter Fürst dankte in wiederholten An sprachen für den ibm bereiteten Empfang. Während der Fürst sich darauf mit einzelne» Anwesenden unterhielt, wurden brausende Hochrufe auf den Fürsten, die Mitglieder der fürst lichen Familie und aus daö dcnlsch-östcrreichische Bündniß ausgebracht und patriotische Lieder gesungen. Unter den jubelnden Zurufen des PublicumS setzte der Fürst 1^/« Uhr sodann seine Reise nach Varzin fort. Der Graf und die Gräfin Herbert BiSmarck sind in Berlin geblieben. Die erste Ansprache des Fürsten lautete: „Meine Herren! Ich sage Ihnen meinen herzlichsten Dank sür de» freundlichen Empfang, den Sie mir bereitet haben und der sich a»- ichlicßl an die wohlwollende Begeisterung, die ich ans meiner Reise überall erfahre» habe. ES sind sieben Wochen her, seitdem ich meine Reise antrat, ich kehre in wesentlich befriedigterer Stimmung nach Hanse zurück »nd bring» «in neue» liebenswürdiges Mitglied meiner Familie mit nach Hanse. Ich habe auf meiner Reise gesunden, daß im gleiche ein mächtiges Reservecapital an Reichs- treue vorhanden ist. Alle haben das Reich und seine Ein- richtungcn lieb gewonnen, davon kann ich Zeugniß oblegen; auch in Oesterreich empfing ich dieselben Eindrücke. Die Erinne- rung an 1800 ist verblaßt, die aber an 1870 steht noch in voller Blüthe und Stärke Sie wirkt aus unsere Beziehungen ein und ist das Band, das uns mit unseren deutschen Bundes- genösse» znsammenhült »nd dauernd znsammenhalten wird. Als ich von FriedrichSruh fortfuhr, mußte ich nicht, wie gut ich in Wien empfohlen war. (Es cntsteht große Heiterkeit in der Menge.) Ich fürchte, ich werde mißverstanden, ich meine: empfohlen durch die Erinnerung an die Zujammenbringung des deutsch-österreichischen Bündnisses. Ich danke Ihne» nochmals herzlichst für die freund- ltche Begrüßung, die sür null, ein wohllhuendcr Abschluß einer Reise ist, einer Reise, die ich lediglich in Familienangelegenheiten und um meine Gesundheit zu stärken unternommen habe. Ich kann mich freilich nicht ganz lossage» von de», Interesse am Reiche als Politiker. (Stürmische Rufe: Niemals! niemals I) Also nochmals herzlichen Lank sür den großartigen Empsang." Nachdem der Fürst ein GlaS Wein getrunken, fuhr er fort: „Erlauben Sie, daß ich das Glas deutsche» Weines aus das Wohl meiner Berliner Mitbürger trinke. Ich Hütte seit meinem Rücktritte vom Amt mich vielleicht schon wieder in Berlin ausgchalten, wen» ich die Gewißheit gehabt hätte, daß ich ruhig hätte hier leben können. Aber ich bin schon als Minister oft in die Gesahr gerathen, verwrangclt zu werde». Ich hoffte, daß ich, »ach- den, ich nicht mehr im Amte bi», i» Vergessenheit gerathen würde. (Stürmische Ruse: Niemals, niemals!). Nach der heutige» Be grüßung sürchte ich freilich, daß ich mich unter den Linden nicht ruhig bewege» durste. Auf das Wohl meiner Berliner Mitbürger leere ich das Glas." * Spandau, 6. August. Der Fürst und die Fürstin Bisinarck, die Vormittags ll Uhr 35 Min. hier cintrascn, wurden von einer zahlreichen Menschenmenge stürmisch begrüßt. Sie fuhren nach etwa zehn Minuten langem Aufenthalt in besonderem Znzc über Gesundbrunnen nach dem Stettiner Bahnhof weiter. * Brcsla», 5. August. Die großpolnische Agitation in Oberschlcsicn bat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Die Eingabe wegen Einführung deö polnische» Religionsunterrichtes hat weit über 100 000 Unterschriften erhalten. BemcrkcnSwerthcr ist, daß Fürstbischof Kopp die Eingabe unterstützt. Die katholische Geistlichkeit bat sich gleichfalls a» den großpolnischeii Bestrebungen eifriger als trüber bctbciligt. Die sehr rührige polnische Provinzial presse ist unablässig bemüht, das slawische SolidaritätSgesühl zu wecken und zu fördern. Bisher standen die cbcr- fchlesischcn Slawen den nationalen Wünschen und Hoff nungen ihrer StammcSgcnosscn in Posen gleich gilt ig gegenüber. DaS Gefühl der Zugehörigkeit zu Preußen war in ihnen so stark, daß alle Agitationsversuche crsolglos blieben. Jetzt ist eS nicht mehr der Fall. Ein unbefangener Beobachter findet, daß diese Wandlung erst eingetrcten ist, seitdem die Polen Politik der Regierung sich geändert hat. Die Nach gicbigkcit der Regierung wird als Schwäche anSgelcgt, und gewissenlose Agitatoren reden de» Leuten ein, der Kaiser wolle gar nickt baden, daß die Pole» die deutsche Sprache erlernten. Er sei ein Freund ihres Volkes. Dem gemeinen Manne sind solche Aeußerungeit sehr wohl ver ständlich; die mit Hochdruck arbeitende großpolnischc Propaganda findet tarnßi keinen Widerstand. Aebnlichc Erscheinungen sind >a in West und Ostpreußen zu verzeichnen, wo die Littauer, Masuren unk Kassiibcn dem PanpoloiiismiiS geneigter werken. Daß rer Mackldünkel der Polen wächst, ist unter solchen Umständcii nicht zu verwundern. Ein österreichischer Pole bat vor einiger Zeit die Errichtung eines polnische» RcickcS als notbwcnrig für den Weltfrieden und nützlich für Deutsch land bingestclll. Seine Vorschläge sind unausführbar, weil eine Wiederherstellung Polens zweifellos die ernstesten Ver Wickelungen in Lstteulict'lank nach sich ziehen würde. Ober scklesicn, West- i»,d Ostpreußen sind ebenso wie die Provinz Posen deutsches Land. Deutscher Fleiß, deutsche Tbatkrast und Umsicht haben diese Landstriche zu dem gemacht, was sic sind. Und e» wird keinen preußischen Minister oder Herrscher geben, welcher in eine LoStrcnnnng dieser Provinzen willigen kann. Tie StaatSrc^ierung sollte darüber keinen Zweifel lassen und auch den schein vermeiden, als ob großpolnische Treibereien ihren Beifall fänden. (K. Z.) * Kiel, 6. August. (Telegramm.) Der Stapellauf dcS Panzerfahrzeuges It ist heule in Anwesendest des Prinzen Adolf z» Schanmburg-Lippe und seiner Gemahlin ans der kaiserlichen Werft glücklich von Statten gegangen. Vice- admiral Knorr taufte das Schiff aus Besebl dcS Kaiser« ans den Namen „Hilkebrandt". Zum Stapellauf des Panzer schiffs „Wörth" lies von der Kaiserin Friedrich an den commandirenten Admiral Freiherr» von der Goltz folgendes Telegramm ein: .Wenngleich in der Ferne, so folge ich dock im Geiste der heutigen Feier, an dem Erinnerungstage, der ein so stolzer »nd dock zugleich ein so wehmütbiger sür mich ist." Dem Stapellaus der beiden Panzer wohnten auch der Commandant und die Ofsiciere de- russischen Kreuzer- „Wladimir Monoiuach" bei. tl>. Jena, 5. August. Professor Haeckel sagt heute öffent lich seinen Dank für die zahlreichen Kundgebungen der Sym pathie, die ihm an- Anlaß der Bi-marck-Feier au- weile» Kreisen de- deutschen Vaterlandes zngcgangen sind. Zugleich ergreift er diese Gelegenheit, seinen Landsleuten die Hoffnung zu wiederholen, daß da« herrliche Gelingen de- großartigen NationalfcstcS in Jena nicht ohne segensreiche Folgen für die weitere politische Entwickelung Deutschland- bleiben wird. Er schreibt: „Vergessen wir nicht die ernsten Mahnungen, welche Fürst Bismarck auf unserem herrlichen Markt- estc in seinen denkwürdigen Reden an uns gerichtet hat. ES gilt vor Allem, La- gesunkene Ansehen des deutschen Reichstages dadurch wieder zu beben, daß wir eine große Nation al-Partei schaffen, welche über dcii^ kleinlichen Hader der Fractioncn hinwegsieht; ohne Rücksicht ob „liberal oder conservativ", muß sic geschloffen jene» scindliche» Parteien gegenüber treten, deren Streben auf Untergrabung der bestehenden Bundesverfassung gerichtet ist, den Ultramontancn, Polen und Welfen, den Ultra-Con- servativcn, Rabical-Frcisinnigcn und Socialdcmokraten. Hoffen wir, daß der mächtige Ausdruck) des deutschen National- GcfllhlS, der sich i» den erhebenden BiSmarck-Fcstcn „von Dresden bis Jena" so nnzweidculig geäußert bat, zur Gründung einer solchen einheitlichen mächtigen National- Parlei führen wird, fest stehend im Sinne unseres größten Staatsmannes „Zu Kaiser und Reich". / (Lrciz, 0. August. Unsere „LandeS-Zeitung", mit der wir uns schon kürzlich einmal zu beschäftigen hatten, setzt, um zu beweisen, daß ibr und ihren Hintermännern die durch den Fürsten BiSmarck auf seiner Reise durch Thüringen aufs Neue entflammte nationale Begeisterung ein Greuel ist, die Schmähungen gegen den Alt-Reich-kanzler fort. Und wie eS kürzlich ein wüstes ultramontanes Blatt war, daß unserer „LandeS-Zeitung" mit seinem Schmählexikon zu Hilfe kommen mußte, so ist ck dies mal ein Dcmokratenblatt, bei dem unser officiösc- Organ eine Anleihe an Koth macht, um damit den Einiger Deutschland- zu bewerfen. Es ist nun überaus charakteristisch für das Blatt, das unter den Unzierden unsre- Ländchens eine der widerwärtigsten ist, baß eS seine Kothanleihe gerade da macht, wo man für daS Auftreten des Fürsten Bismarck und seine an der Politik de- Grafen Caprivi geübte Kritik kein anderes Motiv findet, als den ordinärsten Egoismus Fürst BiSmarck, so meint Herr Eugen Richter, kann mit seinen Rede» gar nichts Andere- beabsichtigten, als seinen Sobn Herbert wieder in eine Hohr Stellung zu bringen. Und das betet unsere „LandeSzeitung" 'äubig »ach. An einen Patriotismus, der lediglich da- Loht des Reiches im Auge hat, glaubten die Inspiratoren dieses Blattes ebensowenig, wie Herr Eugen Richter. Daran hat man allerdings bei unö nie gczweiselt. * Hannover. 5. August. Für eine Weltausstellung in Berlin hat einer der hervorragendsten Industriellen der Provinz Hannover, Commerzienrath Barding, Vorsitzender dcS Fabrikantenvercinö für Hannover und Umgegend, auf zwei Anfragen dcS Handelsministers sich mit großer Ent- fchiedcnhcil ausgesprochen. In der Begründung ist darauf binacwicscn, eine Weltausstellung in Berlin könne rin mächtiger Ansporn zur Steigerung der Leistungsfähigkeit deutscher In dustrie werden unk die leider beim consumircndrn Publicum immer noch verbreitete Vorliebe für das Ausländische beseitigen. * Bochum, 5. August. Der AuSgang des Bochumer Stempelsälschnngs-Processes scheint der „Westfälischen VolkS- zeitung" derart in die Glieder gesabren zu sein, daß sie die Sprache vollständig verloren hat, kenn bi« heute schweigt sic sich darüber noch vollständig aus. Die Schlappe, die in erster Linie der UltramontanismuS erlitte» hat, ist aber auch zu arg, und wenn eS wahr ist, was gerüchtweise verlautet, soll cü dem ehrenwcrthen Johanne- FuSangcl nicht lange mehr vergönnt sein, den Titel „Chrf-Redacteur" zu führen. DaS letzte Ganklerstück, welche- der große Komödiant und Ehrabschneider aufgesübrt hat, scheint den Eigentbümcrn des Blattes die Erkenntniß gebracht zu haben, das; eS mit der FuSangelei in Bochum doch nicht mehr weiter gehe» kann, weSbalb man eö sür räthlich halten soll, demselben den Laufpaß zu geben. Im Interesse der Bochumer Bürgerschaft wie nicht minder im Interesse der Allgemeinheit und dcS öffentlichen Friedens überhaupt wäre es gewiß zu wünschen, wen» das ziemlich bestimmt austretende Gerücht sich be wahrheitete. (Rh.-W. Ztg.) * Vi»S, 6. August. (Telegramm.) Die Könige Alexander und Milan von Serbien sind nach Beendigung ihrer Badccur nach Zürich abgcrcist, von wo dann Alexander nach Serbien zurückkchrcn uud von seinem Vater bis Wien begleitet werden wird. * Trier, 5. August. Der Stadtrath hat das Gesuch de- evangelischen BürgcrvercinS um Ucbcrlassung deS städtischen KanfbauösaalcS zur Aufführung de- Herrig scheu Luthrr- seslspicls mit 17 gegen 8 Stimmen abgelehnt. * Strastburg, 4 August. Allen offenen und versteckten Anscindungen zum Trotz fährt Pfarrer Ja cot in FoveS fort, seinen engeren Landsleuten in Lothringen den rückhalt- josrn Anschluß au Deutschland mit der ganzen Wärme seiner Pastoralen Bcredtsamkeit a»S Herz zu legen. Der Gedanke: unbedingte Anerkennung de- durch den Frankfurter Frieden geschaffenen Zustande- war da- Leitmotiv seiner Schrift: ..b.u »ui,«»-'. Denselben Gedanken führt nach der „Straßb. Post" eine soeben im Verlage der Lang'schrn Vuchbandlung zu Metz erschienene weitere Broschüre de- nilttbigcn Manne- aus, die den Titel führt: „l'roteotnUttrsn". Mit einer Lauge ätzenden Spottes übergießt der Verfasser die Protestler. Besonder- kennzeichnet er auch jene Gattung von zweideutigen Politiker», die an deutsch-nationalen Fest tagen, wie an Kaisers Geburtstag, die Loyalen spielen, Bälle veranstalten, die deutsche Fahne au-dängen, dem Festgottc»- dienst beiwohnen, beim Festmahl out esse» und noch besser trinken, mit Begeisterung in da- Hoch aus den Kaiser rin» stimmen, Beiträge zu einem Kaiser Wilhelm-Denkmal zeichnen und bei den Wahlen mit den Stimmen prahlen, di« in ihrem Ort sür den separatistischen oder protrftlrrischeu „lLpin- atz- gegeben worden sind.
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