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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920811024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892081102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892081102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-11
- Monat1892-08
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Jahrgang V. 82.— 60,85 170,75 208,30 207,40 206,55 85,30 145.50 185.80 117.80 130.50 75'!, 117'!. 116 - 368-!, 185,30 117,50 184,60 145.80 148,50 11882 137.80 107,70 100.50 111,55 58,50 8,48 115.50 232.75 182.75 344.— 450,— 118,80 8,48 58,53 rier 314,50 13» 64-.. V4-. 15».. 63 34 65'!. 'tve LrL«nk. »vk! — Luit 436 Kde ISI-i. > !3S0 len 1116-!« 7.. t«i«irr»uu».l' e«I«ur»n»i> > 1006 8»Ueo «rttc»u>»cU« r-kioveinber >. - 4- 0.43. - L. vempter I ,OeriQ»ii- t a«r Ve»ee n 8o»urli»i IloviU« <S8> »v-D»mpeer SuM»" unL Dover <9 81 ipter: 0»p« int <8 81 äer t« Survn"; Mt W 81 <i«r N«u, l»t »m in vremer- te. «ti. mit 8-7 7»r«> ' NN» 7 Our -LU-«-. »- »virt,»- polilische Tagesschau. * Leipzig, ll. August. Cckon wiederholt haken wir darauf hinzcwiescn, daß Graf Caprivi in einer schweren Täuschung besangen sei» würde, wenn er glauben wollte, die Feinde Bismarck s, die dem Altreichskanzler das Recht zu einer kritischen Beleuchtung deö neuen EurseS bestreiten und ihm die egoistischste» Beweggründe für sein Auftreten unterschieben, seien mit diesem Eurse zufrieden, Ultramonlane, Demokraten »nd Freisinnige wetteifern in dem Bemüben, der Welt klar zu machen, daß sie an dem neuen Eurse genau ebenso viel anSzusetzcn haben, wie Fürst Bismarck, DaS tritt wieder so recht zu Tage bei dem Rücktritt deö Ministers Herrfurth, den die Uitramonlanen zwar mit Freuten begrüßen, aber doch zum Anlaß dringendster Mahnungen an den Lenker des neuen Eurscs machen, endlich einmal ordentlich Farbe zu bekennen und der herrschenden Unklarheit und Unsicherheit ein Ende zu machen. Der „Freisinn" beklagt diesen Rücktritt, richtet aber die gleiche Mahnung an den neuen Kanzler und übt dabei an dem System desselben eine Kritik, die an Schärfe die Auslassungen Bismarcks bei Weitem übertrifft. So schreibt die „Boss. Ztz," in einem „Die Un sicherheit im Innern" überschriebencn Artikel: „Für den jüngsten Minislerwechsel, der sich in Preußen voll- zogen hat, fehlt es bisher an einer zureichenden Erklärung. Minister kommen und gehen, und die LtaalSIcNung scheint für über- stüssig zu halten, die öffentliche Meinung über die Gründe einer Veränderung zu unterrichte», deren Tragweite in die Augen fällt. Das beginnt unter dem „neuen Curse" überhauplgörauch zu werden, Laß urplötzlich wichtige Personenwagen auftauchen und entschieden werde», dem profanen Volk aber die Darlegung der Ursache vorenthailen bleibt. Heute erhält ein Minister eine besondere Auszeichnung seitens des Kaisers, sein Bild mit Unterschrift, einen öffentlichen Lob- jpruch, und morgen sieht er sich veranlaßt, sei» Enllassungsgejuch einzurcicheu. Heute erscheint ein Generaljlabsches als ein bevor- zugler Günstling des Kaisers, und morgen wird er ganz gegen seine Neigung in die Provinz versetzt. Auch Herr Herrsurth erfreute sich bei Hose sicheren Rückhalts in seiner Fehde mit dein Junkerthum Er ist inzwischen kein anderer Mann geworden, er Hai seine An. schaumigen nicht geändert. Aber er sieht sich in die Nvlhwendigkeit versetzt, zu gehe», und auch nicht der schwächste Berjuch wurde gemacht, ihn zu halten. Handelte essichnur um Personen, so konnten diese über raschenden Wechsel keine besondere Beunruhigung Hervorrufen. Aber wie mit den Personen, so geht es mit den Anschauungen. Die Nation vermag sich allgcniaclr-gegcn die Empfindung nicht mehr zu wehren, daß es an de» niaßgebeiiren, verfassungsrechtlich ver antwortlichen Stellen an jeder Sicherheit und Festigkeit schlt. Gros Liuiburg-Sliruiii erscheint heute in der Rolle des Fron deurs, er wird in Untersuchung gezogen; er verleugnet seine A» schaumigen nicht, aber er wird begnadigt; er bleibt derselbe wie zuvor und erscheint gleichwohl im Reichstage als eine Haupt- säule der Politik des leitenden Staatsmannes, Man versteht nicht, wie ein Ministerium der Krone die Ermächtigung zur Einbringung eines grmidlegeiidcu Gesetzentwurfes abveriangt und »ach wenigen Wochen die Mehrheit desselben Ministeriums denselben Gesetzentwurf als durchaus verfehlt und geincinschädlich verurlheilcn und die Krone zu seiner Zurückziehung veranlassen kann. Erfahrungen dieser Art sind bei verschiedenen Gelegenheiten gemacht worden. Auch die Entschließungen über die auswärtige» Hoflheater waren als cndgiltig und »»widerruflich angcküudigt worden, was natürlich nicht ausschloß, Laß sie sehr bald widerrusen, verändert und abgc- schmächt wurden. Kein Wunder, daß man deute auch in Erinnerung an die Schloßpläne meint, mit einer Entschließung, mag sie auch noch so sicher in der Form auslretcn, sei das letzte Wort noch nicht gesprochen und unwiderruflich sei nichts unter dem „neuen Curse." Solche Anschauungen im Volke, ob sie nun in vollem Ui»> fange berechtigt seien oder nicht, sind für die Regierung Verhängnis voll. Das Bertrauen schwindet; der Glaube a» die Thal, traft wie an die Bedächtigkeit der herrschenden Staats männer wird untergraben, und je unbehaglicher sich die Freunde einer ersprießlichen Entwickelung des Vaterlandes fühlen, um so großer ist die Schadenfreude Derer, welche bei der wachsenden Ver wirrung ihre Rechnung zu finden glauben. Tie Entlassung des Ministers Herrfurth kann aus das liberale Bürgcrlhum nicht anders wirten als eine dringende Mahnung zu erhöhter Wach- samkeit. Man mußte au maßgebender Stelle missen, wie dieser Schritt nothmendig im Volke aufgefaßt würde. Man mußte sich vergegenwärtigen, daß di« Trennung vvn einem Minister, an dessen Amtsführung das Staatsministerium selbst nicht das Geringste aus zusetzen vermag, wie eine goldene Brücke erscheint, die der äußersten Rechten geschlagen wird. Junkerthum und Orthodoxie, Ultramvn- tane und — Bismarckprcsjc jubeln über den Rücktritt Hcrrsurth'S. Wenn dieser Personenwechsel schon kurze Zeit nach dem »ampsc um die LandgcmciiidcorLumig möglich war, weshalb sollte daun nicht in kurzer Zeit auch das Schulgesetz wiedcrkebrcn? So fragt man viel fach im Volke. Wird die Regierung verstehen, das tiefe Mißtrauen, das immer weitere Kreise ergreift, endlich zu bannen und zu de- weisen, daß der „neue Curs" überhaupt einCurs und nicht ein ewiges Laviren und regelloses Schwanken zwischen rechts und links sei?" In dieser Aussübrung, der inan sonst in allen Puncten beislininien kann und die absolut nichts Anderes sagt, als was Bismarck und die „Bismarckpresse" sck-vn längst gesagt babcn, ist nur Eines nicht richtig: daß diese Presse über den Rücktritt Herrfurlh's jubele. Das mag aus eines oder daS andere jener Blätter zntreffen, welche die Bcriheidigung deö Altreichskanzlers gegen seine großen und kleinen Feinde und Berkleincrer führen, aber eS ist unwahr in Bezug aus die überwiegende Mehrheit dieser Blätter. Doch das ist im Grunde ziemlich gleichgiitig. Die Hauptsache ist, daß die Lenker des neuen Eurses für ibr System nicht einmal bei den wütbendstcn Gegnern Bismarck'- Berständniß oder gar Zustimmung finden. Außer den Ossiciösen, die ehenials die Weihrauchfässer für den Fürsten Bismarck schwangen, ist keine Partei von dem neuen Eurse erbaut und jede wirft die Frage aus: „Wird die Regierung cs verstehen. Las tiefe Mißtrauen, das immer weitere Kreise ergreift, endlich zu bannen und zu beweisen, daß der „neue CurS" überhaupt ein EurS und nicht ein ewiges Laviren und regelloses Schwanken zwischen rechts und links sei?" In unserer Zeit des zügellose» Par tei Hasses findet sich für den lcidcnschastölosen Beobachter nur zu oft Gelegen heit, den Extremen die Anwendung eines doppelten MaßeS nachzuweisen und das Gcgenlheil in ihrem eigenen Interesse zu empfehlen. AIS während des vergangene» Winters in Berlin und anderwärts mehrere de» bürgerlichen Kreisen angebörige Personen schwerer und Aussehen erregender Unred lichkeiten überführt wurden, wußte die socialdcmokratische Presse aus diesen Vorkommnissen nicht genugEapilal gegen die bestehende Ordnung der Dinge zu schlagen. Die Wolfs und die Sommerfeld galten ihr nicht als verbrecherische Einzelerscheinungen, sie wurden als Repräsentanten der Gesellschaft dar gestellt. Der kapitalistische Elassenstaat beruht aus Betrug, die als Betrüger Entlarvten sind wegen ihres Malheurs nur zu bedauern, sie sind nicht schlimmer als die Anderen. Dieses Thema variirle der „Vorwärts" wochenlang. Heule hat er, der sonst so tapfer schmälen konnte, guten Grund, das Zweischneidige dieser GeiieralisirunzS-Melhode zu erkennen. Die bürgerlichen Bankerotteure und Depoldiebe waren doch wenigstens keine Vertrauensmänner bürgerlicher Parteien, heute aber wird ei» Führer der Socialdemokralen, ein Hanptträger der zukuiiftsstaallichen Ideale, als Dieb verfolgt; er hat zwar nicht Millionen gestohlen, aber gerade so viel, als er stehle» konnte, und eine Ricsensumme, wenn nian die Verhältnisse der Bestohlenen in Betracht zieht. Dazu ist cs eine WohlfabrtS- anstalt, an deren Lasse sich der Mannheimer Parteiführer vergriffen hat. Wie nun, wenn man die Social demokratie das System Häusler, das ausgebildcle socialdcmokratische Casscnwesen, nur das Mittel nennen wollte, einem Eassircr nach dem anderen die Mittel zur Gründung einer auskömmlichen Existenz im AuSlande zu ge währen? Fälle, wie die des Herrn Häusler, sind ja in der Socialdemokratie bekanntlich sehr häufig. Uns fällt eö nicht bei, die Partei für den neuesten und ihre zahlreichen älteren Lumpen verantwortlich zu machen, aber von Herrn Liebknecht kann man jetzt wohl erwarten, daß er mit Tcduetioucn von Einzelfällen aus dem Zustande des Ganzen künftighin etwas zurückhaltender verfahren wird. Die österreichischen Ossiciösen bemühen sich, die Amts enthebung deS czcchischen LandSmannministers Baron Prazak in das für die Deutschlibcralen günstigste Licht zu rücken. So schreibt das Wiener „Frcmdcnblatl", Prazak habe schon lange die Zwecklosigkeit eine« dürren Ministcrdasciiis ein- geseben, daS, von jedem Boden erfolgreicher Wirksamkeit los gelöst, den politischen Strömungen deS Tage« keinen Wider stand mehr leisten konnte. DaS cfsiciöse Blatt bemerkt ferner, daß Graf Taaffe „dem czcchische» Volke die Gelegenheit zur Ausübung seines politische» Einflusses wahren wollte", daß aber die Umtriebe der Iungczechcn dies schließlich unmöglich gemacht hätten. Der Schutz der czcchischen Interessen stünde übrigens nach wie vor bei der kaiserlichen Regierung, und die Hilferufe der Altczcchen an den conservativen Großgrund besitz hätten keine Berechtigung. Auct, Graf Kuenburg werde sicherlich nie die geringste Absicht empfinden, den Rechten der Slawen irgendwie zu nahe zu treten. „Der Landsinannininister hatte auch nie die Ausgabe, die von keiner Seite bedrohten Rechte und Interessen feiner Landsleute ivahrzunehnieii, wohl aber ihren politijchc» Einfluß und ihre poli- tischen Tendenzen nach Möglichkeit zu pflegen. Diese Mission ist i» dem Augenblicke unerfüllbar und vereitelt, wo die politischen Tendenzen der Landsleute in schroffste» Gegensatz zu den über nommenen Verpflichtungen und den Zwecke» des EabinetS getreten sind. Dieses würde vielleicht gerne ihre Arine einem Reinpla>;anten öffnen, wenn dieser auch den festen Willen milbringen würde, a» Le» politische» Ausgaben des Cabincls und insbesondere an der Lösung der Außgleichssragen mitzuarbeitc», und wen» er auch die Garantie einer lhalkrästige» Förderung dieser Zwecke der Regierung bieten würde. Bei dein gegenwärtigen Stand der böh mischen Parteiverhältnisse sucht man jedoch vergebens nach einem Vertrauensmann« dieser Art, und er dürste auch nicht so bald gefunden werden." DaS Blatt behauptet endlich, es bestehe ein inniger Zusammenhang zwischen dem Rücktritte deö Barons Prazak und den AusgleickiSfragen, und hofft, daß die Nothwendigkeit und Unvermeidlichkeit des Ausgleiches oder dock mindestens seiner weiteren schrittweise» Durchführung die Parteien deS böhmischen Landtages einsichtsvoller und „mürber" machen werde. Eö gicbt aber trotz dieser ossiciösen Darlegungen und Schönfärbereien genug Leute, die nicht recht an eine weittragende Folge der Entfernung Prazak'S glauben und diese Entfernung lediglich als ein taktisches Manöver anseben, das die Teutschlibcralen noch gefügiger machen soll. So schreibt die „Franks. Ztg.": „Gras Taaffe, der von jeher mit seinem geringen politischen Capital gut zu wirthichastc» verstand, reservirte sich den Baron Prazak für einen Zeitpunkt, wo er ihn noch mit Nutze» los werden tonnte Und dieser Zcitpunct ist jetzt gekommen; deswegen geht Prazak gerade jetzt. Tie Teulschliberalen habe» dem Grasen Taaffe die Valutovorlagcn votirt, und er hat sie schlecht gelohnt. Tic Deut schen in Böhmen, Mähren und in de» Alpenländcrn bcklnge» sich über slawophile Maßnahme», welche die Regierung gerade in allcr- ncucslcr Zeit getroffen hat, die auch der seit Weihnachten 1tt9l thätige — oder unlhütige - deutsche La»ds»ia»»minister nicht hat verhindern können. Tie deutschlibcralen Abgeordneten werden deswegen von ihrer Wählerschaft sehr bedrängt, sie sind nun zm» Grase» Taaffe gegangen uiid habe» ihm ihr Herz ausgclchüttet. Graf Taaffe hat wohl jene ilawophileii Maßregel» nicht zurückgenoiumen. Aber er hat de» Teulschliberalen das »»brauchbar gewordene fünfte Rad seines Slnatswagcns geschenkt, indem er die Demission des BaronS Prazak genehmigte, und er hat den Tentschliberalen noch überdies eine Dreude gemacht: er hat das sechste Rad seines Staatswagens ver- golden lasse», indem er dem dculschliberale» Landsmannministcr Grasen Kuenburg die Würde des Gcheimraths verschafft Hai. Und darüber großer Jubel im Lande, und der deutschlibcrale „Hans im Glücke" zieht vergnügt von dannen." Der Streit zwischen Frankreich und dem Cougo- staate dauert nuveränderl fort. Frankreick sordert Gelt- cntschädigung für den angeblich erschossenen Officier de Pou mayrac und Räumung des ganzen UbangibcckenS. Ter Eongostaat lehnt beides ab und fordert Schiedsrichter » Schloß Fenetrailge. Ein Roman aus den Vogesen. 9j Bon O. Elster. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Ich Hab' von dem Blocksberg gekört. Ist daS nicht der Berg, auf dem die Hexen mit dem Gottseibeiuns ihre Feste feiern?" „Allerdings", lackte der junge Soldat. Aber seit man auf der Spitze des Blocksberges ein scines Hotel errichtet bat, meiden die Hexen ihren alten Tanzplatz. Ick glaube, sie sind ausgewandert, wenigstens bin ich im Harz noch keiner Hexe begegnet!" „Nehmt Euck in Acht vor den Hexen, mein Junge! Die sind überall zu finden, wo'S Frauenzimmer gicbt!" „Recht habt Ihr, Monsieur Ieanin", cntgcgnete mit lustigem Augenzwinkern der junge Bursche. „Und ich glaube, eine solche schwarzäugige Hexe hat cS meinem Kameraden, dem Fritz Berger, angcthan. Seit er die Liebelei mit der gelben Zigeunerin angcfangen, ist er wie ausgewechsclt." „Ich dab' ihn gewarnt", erwiderte Ieanin, indem er 'eise senszte und seine Pfeife wieder in Brand steckte. „Es kommt ilir Gutes dabei heraus. Tie Zigeuner sind schlechte- Volk, unv ich wette, der alle Zigeuncrjosepb, der Großvater der Marianne, hat bei der Wilddieberei und dem Schmuggel in hiesiger Gegend die Hand mit im Spiele. Wenn er nur net noch was Schlimmeres verübt und den leichtsinnigen Burschen, die meinen, eS daheim bei den Soldaten net auSbalten zu können, über die Grenze hilft." Karl Schröder sckaulc nachdenklich vor sick bin. Er erinnerte sick eines Gespräche-, daS er vor einigen Tagen mit Fritz Berger gehabt batte. Sic stanven neben der Eicke, vvn der aus man den schmalen Grcnzpsad nack dem französischen Tbeile der Vogesen verfolgen konnte. Fritz Berger war schweigsam und trübe gestimmt, wie meistens die letzte Zeit. Karl halte gutmülhig gemeint: „Mußt Dir die Liebelei mit der schwarzen Dirne nicht so zu Herzen gehen lassen, Fritz; denk' an den Soldatcn- sprnch: Ein ander Städtchen, ein ander Mädchen! — Wenn Tn wieder daheim bist, ist ja doch Alles aus, die schwarze Wildkatze kannst Du ja dock nickt mit nach Hanse nehmen und zur Frau Förster»! in Wildcmanu xnackeik." Fritz Berger batte rbn fast feindselig angesehen. „WcShalb nicht?" hatte er dann-rauh und grimmig gefragt. „Weil Deine Mutter und Tein Baker eS nickt leiden würden »nd weil der LiSbetb das Herz orecken würde." „WaS kümmert mick die LiSbetb", halte Fritz geantwortet. „Aber recht hast Tn, Karl, ich kann die Zigeunerin nickt daheim zu meinem Weibe machen, und doch kann ick nickt von ibr lassen. Ich weiß schon, was ich thuc, wenn ich erst diesen Nock ansgezogen habe." Bei diesen Worten halte er ungeduldig an der Uniform gezerrt. „Soll mich Wundern, was Du tbnn willst, Fritz." „Dahinüber geh' ich", erwiderte Fritz und wicS nach der Grenze. Erstaunt schaute Karl dein Kameraden in das blasse, ernste Gefickt. „Nack Frankreick?!" „Ja. nack Frankreich! In der Fremdenlegion brauchen sie tüchtige Uiiterossiciere, da kann ich'S bald zum Sergeantmajor bringen, und Niemand verwehrt mir dann, daß ich eine Zigeu nerin beirathe." „Fritz, mach' keine Dummheiten." „Still, ich weiß selbst, was ich zu thun und zu lassen habe!" An dieses Gespräch mußte der brave Bursche unwillkürlich bei den Worte» des alten Försters denken Nach einer Weile nahm der Förster wieder daS Wort: „Wo steckt der Unterossicier nur heute Abend wieder? Bei dem Wetter sollt' er seine Patronillengänge einstellcn, einen Wilddieb trifft er doch nit draußen Aber ich mein', seine Patrouillen gelten eher der schwarzäugigen Hexe als de» Wilddieben." „Ibr thut Berger Unrecht, Monsieur Ieanin. Der Fritz ist treu und redlich, und im Dienst kennt er keine Schonung. Er sagte mir, er wollte noch einmal nach der Grenze hinüber, wo er verdächtige Fußspuren gesehen." „Und weshalb nahm er Euch net mit?" Verlegen blickte der junge Soldat zu Boden. „Sehl Ihr wohl, daß es mit dem Berger net seine Nich tigkeit bat. Ick ratb' Euch, meine Junge, habt ein Aug' auf Euren Kameraden, sonst ist er, che Jhr'S denkt, mit der schwarzen Dirne in Frankreich. — Dock horcht einmal, — war mir'ü doch, als ob ich den fernen Knall zweier Schüsse hörte." Karl Schröder sprang empor. Eine inncre Unruhe und Angst batte ihn ergriffe». ES war ihm, als riese eine geheime Stimme ihm zu: „Geb hinaus in den Wald, Dein Kamerad ist in Gefahr! Hilf ihm! Steh ihm zur Seite! Er kommt sonst um!" Er erinnerte sich, daß Fritz seine Begleitung schroff zurückgewiescn und, als Karl dennoch niitgeben wollte, ibm geradezu befohlen hatte, daheim zu bleiben. Sollte Fritz Berger, der treue, ehrenfeste Soldat, sich wirklich so weit vergessen können und auf- und davongehen? Nein, nein, das war nickt möglich! Aber diese schwarze Dirne mit ihrem dämonischen Lächeln und dem Funkeln ihrer Auge» hatte doch einen ganz anderen Menschen auS Fritz gemacht! Es war, als wenn ein anderer Geist in ib» gefahren, als wenn er oft nicht niekr Herr seiner Sinne sei, und wie leicht konnte er in diesem Zustande sich zu einem nie wieder gut zu machenden Sckritt binrcißen lassen. DaS mußte aus alle Fälle vermieden werden! Zum eigenen Besten Fritz Berger -, der später, wenn er wieder zur Vernunft gekommen war, diesen Schritt aus daS Tiefste bereuen würde. „Ich will sehen, daß ich den Unterossicier im Walde treffe", sprach der brave Burscke, indem er seinen Mantel anzog, die Mütze aussehlc und seine Büchse ergriff. „Th»t daS", cntgegnete Ieanin. „Und wenn Ihr mich nötbig habt, so laßt'- mich durch zwei Schüsse, rasch hinter einander abaeseucrt, wissen Ick werd' Obacbt geben." Karl Schröder nickte und entfernte sich rasch. >» * « Bei der Grenzeiche machte sich an diesem stürmischen, naßkalten Winterabend ein seltsames Treiben bemerkbar. Bei Anbruch der Dunkelheit sammelte sich eine Gesellschaft ver- spruck über daS streitige Gebiet. Die belgische Presse betont, daß dieser Streit eine persönliche Angelegenheit deS belgischen Königs ist und Belgien, welches auf die Eongoverwallung obiic Einfluß ist, nichts angcht. Da gegen nimmt das ZeituugSgezänk für und wider de» Eongostaat einen immer häßlicheren Ton an. Es ist schon so weil gekommen, daß man sich gegenseitig ver dächtigt. Der „Mouv. gsogr." beschuldigt sogar die Congo- regicrung, der belgischen Regierung falsche Angaben für die Beantwortung der Kammer-Interpellationen geliefert zn habe». Das ganze Gezänk stellt nur EinS klar: Mit den idealen Zielen ist eS bei kein afrikanischen Unternehmen eitel Flunkerei. Das wakrc Ziel ist die Ausbeutung Afrikas, die Erzielung eines möglichst großen Gewinnes, welchen die Gesell schaften »ickl den Staat allein einbeimseii lassen, sondern brüderlich gelheilt sehen wollen. Diese Theilung will der notb- leidcnoe Eongostaat nicht zngeben, und so dauert die Feindschaft um so mehr sorl, als auch der StaatSsccrctair Van Etvölde nicht zu Gunsten der Gesellschaften sei» Amt aufgeben will. — Weit schlimmer als die lächerlichen Drohungen der französischen Presse gegen Belgien in Sachen deS Congostreites ist übrigens die zügellose Propaganda, welche von den Agenten und Kreaturen der französischen Regierung in Belgien betrieben wird. Die Inlrigucn des französischen Gesandten Boursr, seine cynische Intervention in den inneren politischen Kämpfe» i» Belgien, seine unablässigen Anstrengungen be hufs Gründung einer französischen Partei in Belgien be- hus'S Aufhetzung der Hefe der belgischen Bevölkerung gegen Deutschland und kostspielige Organisirung deutsch feindlicher und sogar antivlämischer Kundgebungen: all' das ist schon zu wiederholten Malen öffentlich gebrandmarkt worden. Kein Preis ist diesem sonderbaren Gesandten zn hoch, wenn es ihm gilt, sein Ziel zu erreichen: Die Ent fremdung Belgiens von Deutschland, daS allein die belgische Neutralität vor französischer Begehrlichkeit zu schützen im Stande ist. Wenn Belgien ein wahrhaft nationales und demokratisches Ministerium besäße, dann hätte Frankreich schon längst aufgeforderl werden müssen, seinen Gesandten zurückzurusen, »nd es wären schon längst energische Maß regeln getroffen zur Beseitigung dieser von Tag zu Tag un haltbareren Zustände. Im englischen^ Unterhanse wird heute voraussichtlich das Schicksal des EabinetS Salisbury entschieden werden. Dieses hat in der Adreßdebatte mit Geschick gekämpft und seinem Gegner nichts erspart. Aber obwohl dieser über seine irischen Pläne zu Auslassungen sich gedrängt sah, die seine irischen Freunde mit Unmulh erfüllen mußten, scheinen diese doch entschlossen zu sein, erst das gegenwärtige Ministerium stürzen zu helfen, bevor sie Herrn Glabstone mit ihren extremen Forderungen zu Leibe gehen. Der Nicht-Vertrauens - Antrag wird also mit ge nügender Mehrheit angenommen werden. Erfreulicherweise wird der „N. Fr. Pr." auS London bestätigt, daß Loro Rosebcry in dem bevorstehenden Eabincl Gladstone das Portefeuille des Auswärtigen übernehmen wird. Die Diffe renzen zwischen dem Earl und dem greisen Staatsmann über den in der auswärtigen Politik Englands künftig ein- zubaltcnLen EurS sind bcigelegt, und Nosebery, welcher am eLonnabend plötzlich nach Paris abgcrcist war, wird heute wieder in London zurückerwarlct. Man kennt seine Ansichten über die auswärtige Politik, welche England ani meisten frommt; der liberale Lord hat in seiner Londoner Rede bei der letzte» Wahlbewegung in unzweideutiger Weise erklärt, daß die Liberalen, falls ihnen das Wahlglück hold sein sollte, die auswärtige Politik deö conservativen EabinetS fortsetzcn und daö Verhältnis; Englands zum Dreibünde aufrechterhallen sollten. Es scheint bei Gladstone schwere Kämpfe abgesctzt zu haben, bis er sich der besseren Einsicht Roscbery'S fügte. Der Starrsinn deö alten Herrn dürfte sich besonders an den Argumente» gebrochen haben, daß die liberale Partei jede auswärtige Verwickelung aus daö Sorgfältigste vermeiden muß. mummter Gestalten dort, welche sich, einzeln von allen Seiten aus dem Gebüsch beranötretend, vorsichtig heranschlichcn, die gelbbraunen Gesichter, die straffen, schwarzen Haare und die dunklen, funkelnden Augen der meisten dieser Gestalten ließen dieselbe» als Zigeuiicrbursche» erkennen. Doch waren auch einige Männer darunter, welche der Weiße» Rasse angchörteu. Die Zigeuner sammelten sich um einen alten, gebückten Mann, an dessen Seile die schlanke Gestalt einer jungen Zigeuncrdirne stand Etwas abseits von dieser Gruppe lehnte ein junger Bursch an dem Stamm einer boheitz Tanne; cs war der Jockel Sckmidt, der mit wildem, dusterem Auge die schlanke Zigeunerin beobachtete. Einige andere roh und wild ausschende Bnrsckcn hockten auf einem rimgcstürztcn Baumstamm ncten Jockel und plauderten »nd lachten leise. Jockel unk die Burschen waren mit Gewehren bewaffnet, während die Zigeuner nur derbe Knotenstöcke in de» Händen trugen In den Gürteln derselben steckten indessen breite lange Messer, welche die braunen Burschen sehr geschickt zu handhabe» wußten, sowohl als furchtbare Waffe im Nah kampf, als auch als Schlcudcrwaffc aus ziemlich weite Ent fernungen. „Schau Dir die Augen nur net auS nach der Zigcnner- dirn', Jockel", meinte lachend ein Bursche zu dem düster blickenden Kameraden, indem er ihm einen kräftigen Schlag auf die Schulter» versetzte „Was kümmert mich die Dirn'!" brummte Jockel. „Na, Augen machst Tu. wie » angcschossencr Wolf, Jockel. Aber 'S ist nix mit der Marianne, der Grünrock ist ihr Liebster." „Der Teufel soll ihn holen." „Mein's auch so! Aber der Teufel ist 'n verdammt lang weiliger Geselle. Er kommt alleweil net mehr! Weshalb besorgst net selbst daS Geschäft und brennst dem Grünrock ein- ans '» Pelz. Gelegenheit dazu hast schon genug gehabt." „Kommt er mir in die Oucr, dann ist'- um ihn ge schehen." „Renommir net, Jockel." „Ich renommir net, so wahr ich der Jockel Schmidt au- Neumünster bin." „Marianne", flüsterte der alte Zigeunerjoseph seiner
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