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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920813026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892081302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892081302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-13
- Monat1892-08
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Der Rücktritt des preußischen Munsters Herrsurtb beschäftigt noch immer einen großen Tbeil der gesammten deutschen Presse. Vergebens versichern die Officivsen, Herr Herrsurtb sei nur wegen seiner leitenden (Gesundheit und seiner MeinungSdiffercnz niit dem Fliianzliiinister vi. Miguel zu seinem Schritte veranlaßt worden; weder die Freunde, nock die Gegner der .gefallenen Größe" glauben an diese Versicherungen, sondern kosten oder fürchten noch weitere Veränderungen. So schreibt man der „Deutsch. Ztg." in Wien aus der Reichsbauptstadt: „Für den Rücktritt Herrsurth's wurde zunächst eine Meinungs verschiedenheit mit Miguel betreffs der slouerpolitischcn Behandlung der Agrarier als Grund angegeben; daran glaubt heute lein Mensch mehr, man weih, dag Herrsurth's Rücktritt haupljächtich aus poli tische Gründe zurückgcht und daß er, der Conscrvative, als Opscr seiner „liberalen" Anschauungen fällt. Die stcuerpolilischen Differenzen mit Miguel, falls sie überhaupt vorhanden, sind höchstens der letzte Anlaß und die spanijche Wand, hinter der die wahren Gründe verborgen werden. Miguel selbst sieht Herrn Herrsurth durch aus nicht leichten Herzens ziehe», er sühlt seine wachsende Ber- einsamung iin Ministerium, in dem er jetzt neben zahlreichen Neidern und Abgeneigten nur »och Einen Freund hat, den Justizminister Echelling. Auch dessen Rücktritt fordern bereits die „Hammersteiner", erbittert darüber, daß er die Justiz nicht in den Dienst der Jndenhatz stellen will, und es kann leicht geschehen, daß Miguel eines Tags ganz allein als Repräsentant liberaler Auf fassungen — von den liberalen Parteien ganz zu schweigen — im Mnisterium übrig bleibt. Gelingt ihm, wie zp hoffen steht, der große Wurf der Steuerreform, dann wird er sich noch eine Zeit lang wenigstens zu halten vermögen, doch giebt es Pessimisten, welche befürchten, daß Andere sich seine stcuerpolitischc» Ideen an- eignen, dieselben noch mehr zu Gunsten der Junker „modificiren" und über seinen Fall hinweg in eine gesetzgeberische Thal umge- statten werden " Und die „Berliner VolkSzeitimg" behauptet: „Wenn wir von Ansang an behauptet habe», daß der Minister des Innern, Herr Herrfurth, gefallen ist als Opser, dargcbracht aus dem Altar des Junkerth nnis, das seine Zeit gerade >etzt wieder gekommen erachtet, so können wir heute ans Grund zuver lässiger Jnsormationen mittheilen, daß vor Wochen Unterband- lungen mit Herrn v. Rauchhaupt darüber stattgejunden haben, ob nicht eine Wiederannäherung der am weitesten pach rechts stehenden Conservativen an die Regierung, welche sich auf diese vorzugsweise zu stützen wünsche, möglich sei. Herr v. Rauchhaupl stellte als Bedingung, ohne deren Erfüllung eine solche Annäherung schlechterdings nicht denkbar sei, die Entlassung Herrsurth's. Herr Herrsurth hatte von diesen Verhandlungen spätestens zu Anfang vorigen Monats Renntniß, wie er denn überhaupt seit Langem sich darüber klar war. Laß die Unterminirung seiner Stellung von Seite» des ihn mit tödtlichcm Haffe beehrenden Junkerthums über kurz oder lang mit dem Erfolge endigen würde, ihn in die Lust zu sprengen. Es konnte sich, nach dem er erfahren, daß Herr v. Rauchhaupt als Ministerslürzer an der Arbeit sei, für ihn nur noch darum bandeln, einen schicklichen Anlaß zum Rücktritt abzuwarten. Schließlich mußten die i» der Presse vielfach erörterten Differenzen mit dem Finanzminister als Gründe seines Rücktritts gelten, obwohl diese Differenzen keineswegs so tiefgehend waren, daß sie nickt hätten beigrlegt werden können." Vielleicht ist das Alles nur leere Combination; aber bezeichnend für die innere Lage Preußens ist es, baß nicht Feuilleton. Schloß Fenetrange. Nachdruck »erboten. Ein Roman aus den Vogesen, ly Von O. Elster. (Fortsetzung.) „Nun gut, sprechen wir nicht mehr von dem „Anderen"! Aber dieser hier", und bei diesen Worten klopfte Herr Mark- ivardt leicht auf den Brief Usedom's, „will doch eine Ant wort haben. Was soll ich ihm den» nun antworten'? Du fändest ihn nicht „nett" genug zum Heirathe»'? Freilich, er ist wobl seine sechs Fuß hoch, säst wie der Riese Goliath." „Wie kannst Du nnr so scherzen, Papa, wenn mir das Herzhaft brechen will?" „Na, na, so schlimm wirdS nicht gleich werden. Ich will Dir etwas sagen, mein Kind, ich werde an Lieutenant von Usedom schreiben. Du könntest Dich vorläufig noch nicht ent schließen, er möge in einigen Monaten einmal wieder an- fragen, dann wird sichs ja auch mit dem „Anderen" ent schieden haben . . ." „Papa, ich spreche kein Wort mehr mit Dir, wenn Du die Scherze nicht unterläßt", entgsgnele jetzt aber entschlossen las junge Mädchen. „Schreibe an Herrn von Usedom, was Du willst, nur schreibe, daß ick mich leider außer Stande sähe, seine Liebe zu erwidern, wenn ich ihn auch als Ehren mann stets achten würde." „So geht es nicht, Kind —nein, gewiß, so geht es nicht! Laß mich nur macke»! Ick werde ihm schon die Pille ver zuckern, aber leid th»t mir'S dock um rcn braven Menschen ... Besinne Dick noch einmal, Kind! Es wäre eine vortreffliche Partie sür Dich!" Gisela zuckte mit den Schultern und wandte sich ab. Also wirklich nein?" fragte Herr Markwardt. „Dann will ich sehen, wie ich'S dem langen Lieutenant am schmerz loschen beibringe... aber alle Hoffnung zerstöre ick ikm loch nicht", setzte der kluge Kaufmann mit pfiffigem Lacke!» leise für sich hinzu. Tann strich er Gisela zärtlich über reu Anzeiger. §>WN für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Sonnabend den 13. August 1892. »nr solcke Eombinationen entstehen, sondern daß man auch jener festen Unterlage entbehrt, auf Grund deren man solche Eombinationen als hinfällig Nachweisen könnte. Weil darauf hingewiesen wird, daß der Nachfolger Herrsurth's, GrafEulen- bürg, früher kein Freund derjenigen Parteien gewesen sei,die jetzt eine Förderung ihrer Pläne von ihm hoffen, so vergißt man, daß die Dinge in Preußen jetzt ganz anders liegen, als sie früher lagen. Früher konnte man sick ohne große Schwierig keit darüber unterrichten, was ein Minister wollte; jetzt muß man sich fragen, was er soll. Und eben darüber, was Graf Eulenburg sollen wird, ist man links und rechts in gleicher Ungewißheit. Es ist noch nicht lange her, daß die „Kreuzzeitung" den Nationallideralen den Eharakler einerParlei absprach, weil sie in handelspolitischen Fragen dem Einzelnen freie Hand lasse». Die „Kreuzztg." mußte alsbald den Sckmcrz erleben, daß auch ihre Parteigenossen in diesen Fragen bei ren Handelsverträgen sich trennten, und jetzt muß das Blatt sich sagen, daß selbst in dem Puncte, den eS als den springenden "etrachtct, das Gcgeuthcil von Uebercinstimmung innerhalb der conservativen Partei herrscht. DerFührcr terrbeinischen Evnser- vativen hat den ancrkenncuswerthen Mull, gehabt, dem Miß brauch, den die Extremen mit den Worten „Ebristcnlhum und christlich" trieben, entgcgenzutrctcn und den Eharakter der Partei als einer politischen zu betonen. Tamil ist ein unversöhnlicher Gegensatz begründet. Zwar verfolgen die Kreuz- zeilungsicute mit ihren frommen Redensarten auch keine anderen, als böchst welllicke Zwecke, aber die Massen, die ihnen Glauben schenken, nehmen sie ernst und werden laum eine fernere Gemein schaft mit Leuten dulden, die das Ehristcntbuin in extremer Auffassung nicht als den Mittelpunct aller Politik betrachtet wissen wollen. Die gleichzeitige Erklärung schlesischer Eon- servativer, die die gänzliche Vertreibung Helltorss und die Aufnahme des Antisemitismus im Programm verlangen, zeigt die Weite der Kluft, die sich innerhalb der conservativen Partei aufzetban hat. Die Aussichten auf das Zustande kommen eines Parteitages sind durch die widersprechenden Kundgebungen sicher nicht gewachsen. Tie Möglichkeit, daß er mit einer Secession ende» würde, ist vielmehr näher ge rückt. Ein solcher AuSgang ist aber auch der „Kreuzzeilung" nicht erwünscht. Die Absicht aus dieser Seite gebt dahin, die Antisemiten hiuüberzuzichen, und wenn Liese Thatsache sich vollzogen Kat, den Gemäßigten die Thür zu weisen. Die Trennung früher herbeiznsühren, erscheint den Gemäßigten bedenklich, da es durchaus nickt sicher ist, daß sie bei de» Wahlen mit den Böcket und Ahlwardt erfolgreich concurriren werten. Taö trübe Wasser der Mäßigung zu verschütte», ehe der lautere Quell des Antisemitismus in daö rechte conscrvative Lager geleitet ist, liegt aber nicht im Plane der Hamnierslein. Wie ans London gemeldet wird, hat die Königin Victoria gestern die Demission des Ministeriums Salisbury genehmigt und ihren Privatsecretair Pon- sonby zu Gladstone gesendet, um diesem »akezulegeii. daß seine Anwesenheit in Qsborne bis Ansaug nächster Woche, wo die Umbildung des Eabinets nahezu vollendet sein dürste, nicht erforderlich sei. Es wird ausdrücklich hinzugesügt, daß die Königin Herrn Gladstone mit Rücksicht aus sei» hohes Alter die Anstrengungen wiederholter Reisen nach Qsborne ersparen wolle, aber es ist ein offenes Gchcimniß, daß die Königin keine besondere Sehnsucht „ach dem Besuche des künftigen Premiers empfindet und den Wunsch seiner Gegner, seine Herrlichkeit möge nicht lange Lauern, thcilt. Lord Salisbury wird es jedenfalls an Anstrengungen nicht schien lassen, diesen Wunsch zu erfüllen. Da er fest entschlossen ist, die irischen Pläne seines greisen Nebenbuhlers mit allen Mitteln zu Falle zu bringen, so ist es durch die Sachlage gegeben, daß er das Schwergewicht des politischen Kampses der nächsten Zukunft in das Oberhaus ver legen will. Er weiß, daß hier die Pläne einer Zerreißung blonden Scheitel und entfernte sich, eine Walzerinclodie leicht vor sich binpseisend. „Wird's mit dem „Andern" was", so überlegte er, „so soll'S mir auch recht sein. Die Herren von Fönvtranae sind eine ebenso vornehme Famlie, wie die Herren von Usedom, und man wird es mir in den oberen Regionen in Straßburg und Berlin koch anreckncn, wenn ich mich mit einer franzö sischen Familie verbinde und so die Versöhnung mit dem Deutscbthum fördere. Aber man braucht ja deshalb noch nicht mit dem langen Lieutenant zu brechen." In diesem Sinne schrieb er an Lieutenant von Usedom, und wenn Kurt bei Empfang des Brieses erstaunt unk zweifelnd den Kops schüttelte und nickt recht wußte, ob das eine Ablehnung seines Antrages oder eine Anssorderung zu einer später zu wiederholenden Werbung sein sollte, so konnte man es ihm gerade nicht verdenken; denn Herr Markwardt batte sein ganzes diplomatisches Talent ausgeboten, um die Angelegenheit vorläufig als in der Schwebe befindlick dar- zusicllen. Wenn aber Herr von Usedom den Brief Giscla's an ihre vertraute Freundin, Gertrud Mcnken, gelesen hätte, dann wäre er über den Erfolg seiner Werbung nicht mehr im Zweifel gewesen. * d H, In dem DachSburger Forsthause herrschte große Auf regung. Fritz Berger war nickt zurückgekehrt. Sein Kamerad Karl Schröder batte den ganzen Wald trotz des heftigen Schneegestöbers durchsucht, er war »ach dem Zigelinerborf binabgestiegen, nirgend« batte er eine Spur von seinem Kameraden entdeckt. Auch in der Hütte tcS alten Joseph wußte man nickt« von dem Unterossicicr, nur ein altes, balb- dliiikes und balbtaubes Weib traf Karl Schröder in der Hütte, welche- aus seine Fragen »nr mit mürrischem Kops- sckülteln antwortete. Der Zigeuner-Joseph und die Marianne waren nirgends zu finden, und Niemand wußte Anslunst zu geben, wo sie sein könnten. Acrgcrlich und verstimmt kcbrle Karl nach dem Forsthause zurück Ter alte Förster erwartete ihn sckon mit Ungeduld. „Ihr habt keine Nachrichten von Eurem Kameraden?" „Nein, Monsieur Jeauiii, ich kan» den Fritz nirgends finden." der großbritaiiniscken GebietStheilc den heftigsten Widerstand fintc» werdcn; von den LvrdS hofft er, Laß sie keinen „neu erfundene» Theorien" »nd „cingedilteten spekulative» Lehren" gestatte» werden, sie den großen Grundsätzen abtrünnig zu machen, durch die das Reich allein aufrecht erhalten werdcn kann. Den Wunsch, das neue Ministerium Gladstone möge keine lange Lebenstaucr haben, tbeilt man auch in Oester reich und begnügt sich einstweilen mit der Erwartung, daß Lord Roscberry bas Portefeuille des Acußern übernehmen werte. Aus Wien melket darüber der Telegraph: „Tie Journale besprechen die Demission des Ministers Salisbury und sage» dem kommenden Ministerium heilige parlamentarische Stürme und eine kurze Lebensdauer voraus. Das Erfreulichste sei, daß Lord Roseberry das Portefeuille des Reichern übernehme, weil man denselben allgemein als eine» standhasten Vertreter der selben volkstbümliche» Politik kenne, welche Salisbur» begründet, loyal und zielbewicht durchgesührt habe. Es werde Roseberry nicht schwer fallen, dort sortzufahrc», wo Salisbury ausgehört habe, da ja das Schwcrgericht der engliiche» Politik aus die inneren An« gelegenheite» verlegt werden dürfte und ave auswärtige» Fragen in bisberiger Weise auch ferner behandelt werdcn würden. Man könne daher mit voller Beruhigung der Entwicklung der Dinge in Eng land entgegensetzen." Was man in Wien hofft, fürchtet man in Paris und be grüßt deshalb an der Seine den EabinetSwechsel in London ohne Enthusiasmus. Durch das dem englischen Parlement vorgelcgte Blaubuch über die marokkanische Frage erkält diese, wie schon erwäbnt, eine ganz neue Beleuchtung. Bei den Bestrebungen Englands und der nach Fez geschickten Gesandtschaft unter Sir Evan Smith spielt Deutschland eine wesentliche Nolle. Bekanntlich hat Deutschland l8W zuerst von allen fremden Staate» mit Marokko einen Hankclsverlrag abgeschlossen, der aber bisher noch nicht zur Ausführung gelangt ist. Nach Angabe des Blaubuchs wäre seine Ralisicirung uiiterbliebeu, da die anderen Mächte ihre Zustimmung nicht gegeben hätten. Taö kann doch nur so viel beißen, daß die übrigen bctbciligten Mächte gleiche Zugeständnisse verlangten und darum die marokkanische Regierung be unruhigten und l'inbielten. Das deutsch - marokkanische Ab kommen gab den Anlaß dazu, daß England seit jener Zeit über einen eigenen Handelsvertrag mit weitgehenden Zu geständnissen mit dem Sultan von Marokko verhandelte und dann, als eine Grundlage vereinbart schien, die Gesandtschaft zum Abschlüsse absandte. Bei der Lage der Diiige ist es erklärlich, daß vorher die andere» Mächte von der Absicht und dem Inhalte der Vertrags-Bestimmungen unterrichtet wurden. Diese gleichsam international ausgestellten Puncte Kat der Gesandte bei seinen Verhandlungen in Fez nach keiner Seite bi» überschritten; alle besonderen Eoncessioncn für die Engländer, von denen namentlich französische Blätter zu erzählen wußten (wie bei Eisenbahnen, Telegraphen u. s. s.), sind nicht erwähnt worden. Den britische» Uiitcrthaiicn wird in dem Vertrage das bisher verweigerte Recht gewährt, auf selbst erworbenem oder gepachtetem Lande Häuser zu bauen. Selbstverständlich wird dieses Recht auch Angehörigen anderer Nationen, taruntcr auch den Deutsche», gewährt werden müssen. Die Nachrichten, welche gestern über daS Schicksal des Obersten Hodister aus dem C ongostaat einlicfcn, stellen sich zwar nicht als ganz so verzweifelt dar, aber schlimm genug sind sie immer noch. Nach den neuesten Meldungen erhielt nämlich daS Halidelsspudicat sür Afrika, dessen Director Hodister war, ein Telegramm vom Eongo, in welchem der Tod von fünf Agenten des SyndicatS, Fourst, Noblesse, Piorrct, Mußckc und Ebaumont, sowie die durch die Araber erfolgte Plünderung mehrerer Factoreien am Lualaba gemeldet wird. Hauptmaiin Tkys, welcher daS Telegramm unterzeichnet bat, spricht in demselben Befürch tungen für die Zukuiist aus, fügt jedoch hinzu, daß die Araber an den Staulcysällen sich bis jetzt ruhig verhalten JnsertionSPrets Die 6 gespaltene Petitzeile SO Pf-, Reclamen unter dem Redactiousstrich (4aiu spalten) bO-H, vor den FoinUieuaachrtchkI (6 ge,'palten) 40-cß. Größere Schriften laut unserem Prei»- verzeichaiß. Tabellarischer und Zisserasatz nach höherem Tarif. Ext«««Beilagen (gesalzt), nnr mit d« Morgen-«u-gabe, ohne PostbefSrderuiß 60.—, mit Postbesürderun- 70.—» Annahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Bormtttagl 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittag» 4Uhr. Sonn- und Festtags früh V,9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Inserate sind stet» an die Expeditla» zu richten. Druck »nd Verlag von E. Polz in Leipzig 86. Jahrgang hätten. Die Meldung des „Etoile Belge" von der völligen Vernichtung der Expedition Hodister'« ist also unbestätigt geblieben. Die letzten von Hodister gesandten Nachrichten datiren vom April. Aus einer Vergleichung der vor liegenden, aus verschiedenen Quellen stammenden Meldungen ergiebt sich, daß die Bewegung von den Ufern de» Tanganjika aus ihren AuSgang genommen hat, wohin sich die zur Bekämpfung der Sklaverei unternommen»» Expeditionen der Eapitaine Joubert und JacqueS begeben ballen. Sonach scheint cs sick nicht um einen Ausstand der Araber in Njangwe, sondern um einen Einfall in das Ge biet von Njangwe zu handeln, den feindliche Banden unter Führung eines Arabers vom Tanganjika aus unternommen haben. Die Eongogescllschaften scheinen auch daS Zutrauen zu der Regierung des EongostaatcS diesem Monstrum an StaatS- weisheit, bcc dem eigentlich Niemand weiß, wer Koch und wer Kellner ist, verloren zu haben, denn sie wenden sich direct a» die belgische Regierung, die sie nun gegen die Congo- regierung schützen soll. Ob das bei den verwickelten Personen- verhältnissen möglich ist, das muß die Zukunst lehren. Vorläufig hat der belgische Finanzminister Beernaert einen Bericht, worin die Beschwerden der Gesellschaft gegen den Eongostaat targelegl werden und die Intervention der belgischen Regierung nachgesuchl wird, entgegen genommen. Der Minister ließ die Gesellschaft sofort wissen, daß er die erforderlichen Aufklärungen in der Angelegenhell gefordert habe. Wen sreilick Herr Beernaert um Aufklärung angehen wird, das steht dabin, denn als ironisches Echo seiner Antwort melket dasselbe Telegramm, daß der StaalSsccretair de- Innern des EongostaatcS, van Etvelde, mit mehrwöchigem Urlaub in die Ferien gegangen ist. Jedenfalls ist diese Er ledigung der brennende» Geschäfte die aller»,,geeignetste, wenn sie nicht das gänzliche Unvermögen der Eongoregicrung ausdrücken soll. Nach alledem scheint die Eongofrage im Begriff, sich zu einer europäischen Frage zu entwickeln. AusKonstantinopel hat der Telegraph die überraschende Nachricht gebracht, daß der bulgarische Ministerpräsident Stambulow dort eingetroffcn ist. Slamdulow hat, wie die „Franks. Ztg." mit Recht hervorhedt, diese Reise gewiß nicht zu seine», Privatvergnügen unternommen. Zunächst ist cS auffallend, daß er nach den jüngsten aufregenden Ereignissen überhaupt außer Landes geht, ferner daß «P^Hrradc nach Konstantinopel geht, von wo soeben erst gemeldet wurde, daß bulgarische Notadilitäten und insbesondere der AgentDimitrow, bei welchem Stambulow abgcstiegen ist, durch Emigranten in verdächtiger Weise fortwährend überwacht und auSspionirt werde». Freilich wird sich Slambulow, was diese» Punct betrifft, Wohl vorgesehen haben; die Erfahrung dcS Spazier gangs mit Bcltschcw hat er schwerlich umsonst gemacht, und daß Konstantinopcl ein heißerer Boden für ihn ist als Sofia, wird er Wohl auch wisse». Ein poli tischer Grund sür die Reise des bulgarischen Premiers nach Konstantinopcl liegt in dem, was aus der letzten Zeit bekannt wurde, nicht vor, wenigsten« kein zwingender. Da» Verhältnis; Bulgariens zu seinem Souzcrain am Bosporus ist wieder ein ganz leidliches geworden, und Rechenschaft über die letzten Hinrichtungen wird Stambulow dem Großvezier auch nickt abznlegen babcu. Auch darf man nicht vergessen, daß Fürst Ferdinand selbst soeben erst von einer politischen Rundreise heimgckebrt ist und überall Alles für Bulgarien in Ordnung gesunden hat. Sollten vielleicht etliche Resultat« dieser Reise in Konstantinopel persönlich vorgelegt werden und daran sich knüpfende Forderungen oder Wünsche Bulgariens zu vertreten sein? Es wird Wohl nicht lange dauern, bis das Motiv der Reise bekannt wird. Wenn Stambulow eS vorzog, nicht incognito zu reisen, so wird er auch aus dem, was er in Koiistantinopel zu suchen hat, kein ewiges Geheimniß machen. „Nun, so will ich'S Euch sagen, Wo er geblieben ist!" „Da bin ich doch neugierig!" „Mit der Zigeuiierdiriie, der Marianne, ist er über die Grenze gegangen!" „Das ist nicht wabr!" „Da, fragt den Großvater des Mädchens!" Mit diese» Worten öffnete der Förster die Thür zu dem Gastzimmer, in dem der alte Zigeuner-Joseph i» der Ecke hinter dem beißen Kachelofen saß. „Wad wißt Ihr von Fritz Berger?" „Ja, Monsieur", entgegnete langsam »nd scheinbar gleich- ailtig Joseph, „das wär' eine lange Geschickte, wenn ich Euch Alles erzählen sollt'! Der Uiiterosficier ist kalt über die Grenze gegangen, wie so viele Soldaten . . ." „Jbr lügt, Joseph! Ihr werdet Eure Aussage vor Gericht zu beschwören Haber!" „Beschwören kann icks. Denn ick Habs mit eigenen Augen gesehen. An der Grenzeickc, droben aus der Höbe, haben sie sich getroffen, meine Enkelin, die Marianne, die ganz ver narrt in ihn gewesen ist, und der Eorporal, und Arm in Arm sindS über die Grenze gangen. Ich babS gcscbcn, denn ich bin der Marianne »ackgcschlicke», um sie abzubalten von dem Eorporal, aber das Mädel hatS net anders haben wollen." „Fritz Berger hatte seine Büchse »nd seinen Hirschfänger bei sich. Sollte er in voller Uniform und mit den Waffen hinüber gegangen sein?" „So wirdS sckon gewesen sein." „Ick kanns nicht glauben." „Hab' ichs Euch net gleich gesagt", nahm der alte Förster daS Wort, „daß aus der Liebelei mit der braunen Hexe nix Gut« derauSkommt? Jetzt will ich nur gleich 'ne Meldung an meinen Oberförster schreiben. Ihr könnt« ja Eurem Major melden " „Das werk' ich tbun. Sofort! Aber glauben tbn' icks doch nicht! Dahinter steckt ein Bubenstreich — ein Verbrechen vielleicht . . . wen» nur der verdammte Schnee austbauen wollte! Man kann ja nickt Weg noch Steg erkennen und jede Spur wird verwischt!" Wenn Karl Schröder in diesem Augenblick das Gesicht des alten Zigeuners batte beobachten können, dann hätte wohl da« höhnische Lächeln, das die dunklen Augen de» Zigeuners umzuckte, seinen Verdacht noch verstärkt. Wahrend der Förster und ccr Oberjäger ihre Meldungen schrieben, schlich sich der alte Zigeuner fort. Er schlug indessen nickt den Weg zu dem heimathlichen Dorse ein, sondern kroch vorsichtig, nachdem er aus der Sehweite des ForsthauseS war, durch daS Dickicht den Abhang hinunter, bis er aus einem kaum erkennbaren Pfad einen alten Dohnrnstieg traf, der ihn ziemlich rasch in die Nähe des Schlofft« Fönötrange führte. Oberhalb rer Ruine der alten Burg fiel der Berg jäb und schroff ab; eine tiefe, mit Gestrüpp und einzelnen Felsstücken angcsüllte Schlucht öffnete sich plötzlich vor dem vorsichtig durch die Büsche Schleichende». Der alte Dobnenstieg lief am Rande dcS Abhanges entlang und verlor sich wieder in dem Hochwald. Der Zigeuner verfolgte jedoch den schmalen Pfad nickt länger, sondern stieg, aus Händen und Knieen kriechend und rinsckcnd in die Schluckt hinab, deren wildes Ge strüpp, vor Allem jetzt, wo dasselbe mit einer dichten Schnee schicht bedeckt war, ihn vollständig verbarg. DaS Dickicht zog sich bis an die bröcklig^Malier der Ruine. Eine Zeit lang kroch der alte Joseph an dieser Mauer entlang, bis sich vor ihm ein schmaler Spall zeigte. In diesen Spalt schlüpfte er hinein, um auf einer zerfallenen Treppe in einen kellerartigen Raum hinunter zu steigen, der nur ganz schwach durch mehrere schießscharlcnartige Löcher erhellt wurde, welche sich hoch oben in de», dicken Mauerwcrk befanden. Ter Zigeuner mußte jedoch in diesem Räume sehr be kannt sein. Er ging mit raschen Schritten aus eine kleine Thür zu, welche sich in dem Hintergründe des Kcllergewölbe» befand. Leise klopfte er ans besondere Art an die Thür. Dieselbe wurde von innen geöffnet und Joseph trat in ein kleineres, durch eine Lampe matt erhelltes Gewölbe, welche» indessen gegen da» erste ein ganz wohnliches Nusseben zeigte. An den Wänden befanden sich hölzerne Regale. Kisten waren in den Ecken auseinander gcthürmt, sogar rin kleiner eiserner Ofen stand in der einen Ecke »nd strömte eine de» baglicke Wärme aus. In der Mitte des Raumes befand sick ein einfacker, aus Tannenbrcttern zusammengenagelter Tisch, mehrere roh gezimmerte Schemel standen um den
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