Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.08.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920817015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892081701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892081701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-17
- Monat1892-08
- Jahr1892
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
ALouriernerrtSprelS ln der Hauptexpkditton oder den im Stadt bezirk und den Bororlen errichteten Aus gabestellen abqeholt: vterteljährtich ^14.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in- Haus ->t 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direct« tägliche Kreuzbandsendung ins Ausland: monatlich 9.—. LleMorgen-AuSgabe erscheint täglich '/,7 Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. Lrdaction und Expedition: Iohannesgasse 8. Die Ervedltion ist Wochentags ununterbrochen geDnet von früh 8 bis Abend« 7 Uhr. /Malen: Otto Slemm's Sortim. <Altk«D Hahn)» Universitätsstraß« 1, Laut« Lüsche, statharinenstr. 14, pari. uod KSnig-pla- 7. ÄS. Amtliche Bekanntmachungen. - Lekannlmachung. Tie Anmeldung zum ruangelisch-lutherischkn Consirmandeii» Untrrricht in Alt-Lcip;ig betreffend. Die Eltern derjenigen Kinder, welche in dein kommenden Winter Tonsirmanden-Unterricht bei einer der evangelisch-lutherischen Kirchen Alt-Leipzigs enipsangen sollen, bez. deren Stellvertreter werden hiermit ersucht, die Anmeldung der Confirmandcn bei den zmn Confirnianden-Unterricht berechtigten Geistlichen, soweit es nicht schon vorher geschehen, ia »er Zeit vom 25. bis zum 20. September b. I.» Nachmittags zwischen 4 »nd <i Uhr, «nd zwar, wenn möglich, persönlich unter Zuführung des Kindes, andernfalls schriftlich bewirke» zu wollen. Die Wahl des Geistlichen steht den Eltern frei. Wo nicht be sondere seelsvrgeriiche Beziehungen vorhanden sind, ist eS wünschens- werth, daß die Anmeldung bei einem Geistlichen desjenigen Kirch spiels geschehe, innerhalb dessen die Eltern wohnen. Bei der Anmeldung ist ei» Nachweis der Taufe des Kinder, durch «in Tauszeugntg oder eine Bescheinigung im Familienbuch, beizubringen. Die Geistlichen lind gebunden, bei der Annahme von Coafir- manden die zulässige Zahl nicht zu überschreiten. Diejenigen Consirmandeu, welche bei keinem bestimmten Geist lichen angemeldet und zur Annahme gelangt sind, werden dem P'arrer des Kirchspiel-, in welchem sie wohnen, mit dem Ersuchen zugewieseu werden, für ihre Ausnahme bei einem Geistlichen des Kirchspiels Sorge zu »ragen. Sühne und Töchter, welche außerhalb M-Leipzig wohnen, be dürfen zur Ausnahme in den Eoujirmanden-Nnterricht in Alt-Leipzig einer von den Eltern zuvor cinzuholenden Genehmigungs-Beschemi- gung des zustüizhigen OrtSpsarrers. Zur Entgegennahme von Eonfirmanden-Anmeldungen sind bereit und berechtigt: I. bei St. Thoinii: 1) Superintendent und Pfarrer II. Pank, Thomasktrchhof L2. 2) Archidiakonus Oie. vr. Tttppr, Burgstraß« l. S) Erster Diakonus und Divisiousprediger lue. vr. V. Ckiegern, Goltschedstraße 5, Hl. 4) Zweiter Diakonus vr Krömcr, Burgstraße S. II. bei St. Nicolai: 1) Pfarrer v. Hölscher, Nicolaikirchhof 4, Erdgeschoß. 2) Archidiakonus vr. Biiika», Nicolalkirchhos 3, ll. 3) Erster Diakonus Schuch, Nicolalkirchhos 8, 1H. 4) Zweiter Diakonus tjbcliiig, Nicolalkirchhos 3, ll. Hl. be« St. Matthäi: 1) Pfarrer v. Kaiser, Sprechzimmer tu der Mütthäikirche von 12—1 Uhr. 2) Archidiakonus Peschek, An der Pleiße 9ss, I. 3> Erster Diakonus Via. vr. Bnchwald, Packhofftraße 8. 4) Zweiter Diakonus Frilzsche, Gustav Adolphstraße 23, lll. IV. bei St. Petri: 1) Pfarrer v. Hartung, Albertslraße 38, !. 2) Archidiakonus Scll, Albertstraße 38, II. 31 Erster DiakvnuS Thirnie, Albertstraße 38, III. 4) Zweiter Diakonus t-ckardt, Caroliiienstroße 17, ll. V. bei der Luthrrkirche: II Pfarrer H. von SehSewitz. in der Sakristei der Lntherlirche. 2) Diakonus vr. A. Jeremias, daselbst. VI. bet »er 2». Andreasgemcinde: 1) Pfarrer Vr. Schumann, Kaiier Wilhelmstraße 23, H. 2) Diakonus Teichgrüber, Sronpriuzstraß« 23d, I. (Ecke der Aochstraße. 3) HiljSgeistlicher Schmidt, Arndtstraße 88, lll. VN. bei St. Johannis: 1) Pfarrer Tranzschcl, Salomonstraße 19, m. 2) Diakonus Nüling, Hospitalstraße 2. Leipzig, de» 17. August 1892. königliche Supertntendrntnr I. 11. Pank. Morgen-Ausgabe. chMtrMgcklatt Anzeiger. Organ fSr Politik, Localgeschichte, Andels- «nd Geschäftsverkehr. Mittwoch den 17. August 1892. Die 6gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Rrclamen unter dem Redoctionsstrich (4geS spalten) 50^, vor den Familieuuachrichleit (6 gespalten) 40/^. Größere Schrislen laut unserem PreiSs verzeichuiß. Tabellarischer und Zlfsernsaff nach höherem Tarif. «rtra-vetlagen (gefalzt), nur mit des Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördirung 60.—, mit Postbesörderuag 70—c Äunahmeschluß für Inserate: Abeud-Ausgabe: BormittagS 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhk Sonn- und Festtag- früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein halbe Stunde früher. Inserat« find stets an dt» Expedition zu richten. Druck o»d Verlag von E. Pol» in -Leipzig. 86. Jahrgang Lekanutmachung. Die Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 8. bis 14. dieses Monat- im Argandbrenncr bei 150 Litern stündlichem Eonsum das 18,6sachr der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Das svecifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,443. Leipzig, am 15. August 1892.> Lcs Raths Deputation zu den Gasanstalten. Bekanntmachung. Hierdurch machen wir bekannt, daß wir di« nördlich des Elltritzschrr Ehausseehauses hinsührende, di« Delitzscher Straße mit der äugeren Halleschen Straße verbindend« Stras« L, jedoch mit Ansnahine der Fußweg«, in das Llgenthiun und tu di« Verwaltung der Stadtgemetnde übernommen haben. Leipzig, am v. August 1892. Der Nath »er Ltadt L«tp»ta. Io. 4240. lir. Tröudliu. Vr. Redlich. Königlich« Staatsanwaltschaft Leipzig am 80. Juli 1892 erscheinen 11 Herr Buchhalter Hermann Stränber vo» hier, 2) Herr Maschinenbauer August Barthel, Maschinen- und ^ Mlollkla«m«ru-Labrik sitr Sitemeuverbiadungen, von hier, sowie S) Herr Maschinenbauer Nut«« Inlt»« Paul Schul» aus Leipzig-Liadena». Dieselbe« geben sol-rud« uuteretAuud« ^geschlosieae» Vergleich »u ProtokoN: PP- PP. Herr Schul» gesteht de« Herren Stränber und Barthel das Recht zu, aus seine KiPen folgend« Bekanntmachung im Leipj'ger Tageblatt« zu veröfienistchen: „Herr Maschwenbauer Anton Int»«« Paul Schulz tu Lelpzig-Llndenau, Albertstraße 72, hat sich wegen unbefugter Nochadmnna iind Verkaufs der der Finna A. A. Barthel ln Leipzig gesetzlich gqchützten Riemenhestmaschinen zur Zahlung einer Buß« von lOO au dir Nrmencass« zu Leipzig oerpflichtct, dagegen ist der wider isn aus Grund von -. 10 des Gesetze» vom 1. Jini 1891, den Schutz vou Gebrauchsmustern betressead, bei der hiesigen Slaatlanwalischest gestellt» Strafantrag dergletchsweise »uückgezog«, morde»." Borget, ge», mltnuterschr Na»r. Ass- vr- Neu»«»«. H««a»» Gtriuber ^ U»a»«t OOiU». P». Lekannlmachnng, betreffend die Festsetzung des ortsüblichen Tagelohnes gewöhnlicher Tagearbeiter für die Stadt Letvzig und die außerdem zum Bezirk der Ortskrankencasse für Leipzig und Umgegend gehörigen Land gemeinden und Gutsbezirke. Nachdem die königliche Kreishauplmannichast Leipzig gemäß §. 8 deS Krankenversicherungsqesepe« in der Fassung vom Iv. April 1892 den ortsüblichen Tageloh» anderweit scsigeirgt und es für den Bezirk der oben genannten Tasse bei den bisherigen Sätzen, nämlich sür männliche erwachsene Arbeiter von 2 — -H, - weibliche - Arbeiterinnen - 1 - 33V, - - männliche jugendliche Arbeiter . — . 83'/, - - weibliche - Arbeiterinnen - — - 83'/, - und » Kinder beiderlei Geschlechts unter 14 Jahren - — - 50 - belassen hat, so wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß diese Sätze auch nach dem 1. Januar 1893 in Kraft verbleiben. Leipzig, am 13. August 1892. Ter Nath »er Stadt Leipzig. (KrankrnvrrfichrriingSamt.- Vlil. 1720. vr. Schmid. Herzog. Oer Congreß für Lriminol-Änthropologie in Üriijscl. Der dritte internationale Congreß für Criminal-Anthropo- lozie, welcher vom 8. bis zum 12. August in Brüssel tagte, bat zwar keine praktischen Ergebnisse gebabt, die sich als Grenzsäieide zwischen einer abgeschlossenen und einer neuen EntwickclungSperiode der Strafrechtspflege darstcsicn, aber er hat doch die wichtigen Fragen der ZurcchnungSsäbigkeit und der Berhiuderung der Verbrechen ibrer Lösung »aber gebracht. Besonders beachlcnSwerth erscheint der Bortrag deS vr. Legrain, Oberarztes deS AshlS von Bille-Evrad in Nordfrankreich. Der Redner unterscheidet zwischen solchen Unverbesserlichen, welche der Gesellschaft gegenüber verantwortlich und daber strafbar sind, und solchen, die krank und deSbalb al- moralisch Irrsinnige zu betrachten seien. Er empfiehlt ein sorgsältige« Studium der unverbesserlichen Kinder, namentlich der in der Entwickelung zurückgebliebenen. Er schlägt vor, Kinder, bei denen nicht Krankheit sondern Lemorasisation versiege, aus ibrer biskerigen Umgebung zu entfernen und sic in einer beiondrrn Anstalt zu behandeln. Der Hauptbewcggrund für die Be gebung von Berbrechen sei bei verwahrlosten Kindern die Verführung, da- böse Beispiel, die Ansteckung, diese müsse man zu beseitigen streben. Die Erörterungen des CongresseS drebten sich wesentlich um die Frage, ob eS angeborene unwiderstehliche verbrecherische Triebe gebe oder wenigstens krankhafte Anlagen, t^e all- mälig zu solchen entwickelt werden könnten oder nicht. Die große Mehrheit verneinte das Borkommen derartiger durch Vererbung bedingter Triebe und nahm eine erfolg reiche Gegenwirkung durch freie Willensäußerung an, wenn man auch auf dieser Seite »»gestand, daß die Widerstandskraft gegen diese Triebe bei den Menschen verschieden sei. Tie Ber> sechter der VererbungSlbeorie betrachten einen großen, wenn nicht den größten Theil der Verbrecher als das Opfer der Entartung, zu deren Entwickelung zahlreiche Generationen bcigetragen baden, und kommen dadurch folgerichtig zur äußersten Beschränkung der Strafrechtspflege. Sie wollen den Schwerpunkt dieser Tbätiakeit in die Hände des Arztes legen und die Gesängniß»Anstalten überwiegend durch Heil - Anstalten für Irrsinnige ersetzen. Als Einleitung zu dieser Veränderung empfeblen sie die Jndividualisirung der Rechtssprechung in Strafsachen, also einen Zustand, welcher au die Stelle der Strafgesetze daS persönliche Gutbestnden deS Richters nach Anhörung deS ArzlcS einfübren würde. Selbstverständlich sind solche Theorien praktisch nicht aus führbar. Die gegenwärtige Strafrechtspflege gewährt durch die Zulassung mildernder Umstände und durch den weiten Spielraum, welchen sie für die Strasau-inessung läßt, schon ein hohes Maß von Berücksichtigung der persönlichen Ver hältnisse des Angeklagten; daS Zurü^gehen bis aus die ersten Keime verbrecherischer Anwanbelungen würde sich mit dem Zwecke der Strafrechtspflege nicht vereinigen lassen. Man kann dem Moskauer Rechtsanwalt Tiniitri Drill vollkommen darin beist'mmen, daß der Grunvsatz der Vergeltung, welcher bei der StrafrecktSpflege eine so unbedingte Anwendung findet, mit wissenschaftlichen Theorien nichts zu thun hat, und wir halten dafür, daß der Standpunkt der richtige ist, welcher die Strafe deS Verbrecher« als eine Handlung der Nothwehr der angegriffenen und in ibrer Existenz bedrohten Gesellschaft aufsaßt. Aber man darf auf der anderen Seite nicht Bestrebungen freie Hand lasten, die auf die Leugnung der Selbstbestimmung der Verbrecher abzielen. Sobald wir den Verbrecher lediglich al- willenlose« Werkzeug auffasten, da» den ibm inne- wohnenden unwiderstehliwen Trieben folgt, dann hört die Strafrechtspflege auf und wir sind rettungslos der Willkür einer ungeheuer zahlreichen Horde von Irrsinnigen preis- gegeben, die durch kein schützendes Gesetz mehr verhindert werden, alle- Da« zu thun, wozu sie die angeborene Neigung empfinden. Da« Streben der heutigen Strafrechtspflege ist unzwrisel- hast dahin gerichtet, alle Verhältnisse und Tbotsachen zu ermitteln, die zur Beurtheilung der vorliegenden Strafthat dienen können. Der Richter geht regelmäßig auf da« Vor leben de« Verbrecher« zurün und forscht sorgfältig nach allen Begebnissen, die einen Einblick in die Entwickelung und den Ebarakter Le« Angeklagten gewabren. Dabei tritt eS ebenso oft zu Tage, daß die sittliche Verwahrlosung de« Ver brechers sestgestellt wird, als daß die Abirrung vom rechten Wege ganz unvermittelt und ohne jeden Druck geschehen ist, den Nolb oder irgend eine Zwangslage geübt habe. Ma laiin z. B. der vor Kurzem verurteilte Comnierzienratb Wolff als MiiderungSgrund dafür ainüdren, daß er die ihn» zur Aufbewahrung anvcrtrauten Gelder angegriffen bat? Oder wa- kann der Student zu seinen Gunsten gellend machen, der einen Commilitoncn mehrere Tausend Mar' gestohlen bat. um seiner Spielwuth fröbnen zu können? Offenbar ist Cbarakterschwäche dir letzte Ursache beider verbrechen, aber gegen solche Schwäche läßt sich ankämpfen, so weit ist der freie Wille de« Individuums nicht eingeschränkt, daß er io »iisem Kampf« nicht den Sir- dauontragen könnte. Praktisch kann die Criminal-Anthropologie unseres Er achtens nur nach zwei Richtungen hin werden: nach der Richtung, welche die Verhinderung von Verbrechen zum Ziele Kal, und nach derjenigen, welche der Rücksälligkeit der Ver brecher entgegen wirkt. In ersicrer Beziehung verdienen die Vorschläge des Vr. Legrain volle Beachtung. 2hm ist cs darum zu thun, die verbrecherischen Anlagen schon im kindlichen Alter zu bekämpfen und der Demoralisation Schranken zu ziehen. Mit frommen Wünschen ist hier nichts auSzuricbten, man muß Mittel und Wege finden, wie schleckt geartete Kinder ans die rechte Balm gebracht werden können. Vr. Legrain versäbrt bei seinen Vorschlägen sehr radical, er will auch aus diese», Gebiete das EnteiguungSvcrsabrcii angewcndcl wissen. DaS ist aber leichter gesagt als gelhan; man kann den Eltern die Kinder nicht obne Weiteres wegnchmen, lim sic vor Titteiiverderbniß zu bewahre», da müssen erst gerichtlich festgestellte Thatsachcn versiegen, die zu einem solchen Eingriff in daS Familienleben berechtigen. Ei» Schritt weiter nach dem angestrcbten Ziele hin sühn die Einrichinng von besonderen Schulen sür geistig zurückgebliebene Kinder, denen wohl mit Hilfe der Armenpflege »nd im Interesse der Sittlichkeit Kinder von Eltern zugesübrt werden könnten, welche nicht die Mittel haben, um ibrc Kinder solchen Schulen a»S eigenem Anuicbe zu übergeben. ES könnten auch An ordnungen getroffen werden, welche die Ueberweisung solcher Kinder ans den Gemcindeschulen an die diesem Zwecke dienenden Anstalten ermöglichen. Die Behandlung der Gefangenen ist von jeher als eine der schwierigsten Ausgaben betrachtet worden, und sebr wesenllich toinmt eS darauf an, den Verkehr der Gesangene» untereinander durch den Aufenthalt in denselben Räumen zu verhindern, weil sich daraus ersahrungSgeinäß immer nur eine Verschlechterung der besseren und noch verständigem Zuspruch zugänglichen Personen crgiebl. Die Einzelhaft mag svr viele eine große Pein darstellen, aber sie ist »nnier noch eher geeignet, einen Verbrecher auf den rechten Weg zurück- uiführen, als daS Zusammenleben mit verwahrlosten, jedes sittlichen Halte» entbehrenden Personen. Dir Gefangencn- Anskaltcn werden mit Recht vielfach al« dir eigentlichen Hochschulen für die Ausbildung der gefährlichsten Verbrecher betränket. Es bleibt auf dem Gebiete der Strafrechtspflege noch riel zu thun übrig, aber mit Theorien und psychologischen lln» suchungcn kommt man dem Ziel nicht näher, es gilt, Einrichlungen z» schaffen, welch« laugst erkannten Wahrheiten die praktische Anwendung sichern. * Deutsches Reich. ca Berlin, 16. August. Die socialdemokratische Partei leitung hat ein neues Agitation-mittel ersonnen, sie richtet an die „Genoffen" die Aufforderung zur Sammlung der Arbeitsordnungen, welches Material dann von der Centralstelle einer Gcsammtbearbeitung unterzogen und im „Vorwärts" veröffentlicht werden soll. Bekanntlich ist durch die am 1. April d. I. in Kraft getretene GcwcrbeordnungS- novclle für Fabriken, in welchen in der Regel miudeslenS zwanzig Arbeiter beschäftigt werden, die Arbeitsordnung obligatorisch gemacht worden. Dieselbe muß an geeigneter, allen betbciligten Arbeitern zugänglicher Stelle auSgcbängt, außerdem jedem Arbeiter bei seinem Eintritt in die Fabrik eingchändigt werden. Betreff- de» InballS der Arbeits ordnungen bat die Novelle eine Reibe bindender Normen aufgestellt und zudem vorgcscbriebcn, daß andere als die in der Arbeitsordnung oder im Gesetze vorgcsebenen Gründe der Entlassung und des Austritts aus der Arbeit im Arbcits- vertrage nicht vereinbart, andere als in der Arbeits ordnung vorgesehene Strafen über den Arbeiter nicht verhängt werden dürfen. Ein unbefangene- Urlbeil wird den bedeutenden Fortschritt zur Sicherung der Rechts verhältnisse der Arbeiter, welcher in dieser Einrichtung gelegen ist, nicht verkennen. Nainentlich in den kleineren Fabriken batte eS bisher an geschriebenen Arbeitsordnungen vielfach ganz gefehlt; jetzt kann behauptet werden, daß der Arbeiter in der grsammten Fabrikindustrie einen festen RechtSbodcn unter den Füßen bat. Auf die Gestaltung diese« RechlS- bodcnS bat die Novelle betreffs derjenigen Arbeitsordnungen, welche erst nach dem l. Januar 1891 erlassen sind, den Arbeitern insofern einen Einfluß eingeräumt, als ihnen Ge legenheit gegeben werden muß, sich über den Inhalt derselben zu äußern. Aber einerlei, in welchem Umfange dieser Einfluß von Erfolg gewesen ist, jedenfalls ist vorgcsorgt, daß keine Arbeitsordnung in Krasl trat, welche den gesetzlichen Bestimmungen zuwiderläuft, da sie sämmtlich der in dem Gesetze vorgcschriebenen entsprechende» Prüfung der Behörden unterzogen wurden. Die Einführung der geschriebenen Arbeitsordnung ist zahlreichen kleineren Fabrikanten als eine zwecklose und höchst lästige Ckicane erschienen. Ihnen wurde erwidert, daß die obligatorische Arbeitsordnung ein werthvolles Mittel zur Wiederherstellung bezw. zur Erhaltung de« socialen Frieden« sei. Jetzt müssen sie erleben, daß die neue Einrichtung unmittelbar nach ihrer Durchführung zur Schürung deS socialen Kampfe« auS- gebeulet werden soll. Gewiß ist nicht zu leugnen, daß eine objektive Uebersicht über sämmtlicbe Arbeitsordnungen ein lehrreiches Bild der Bedingungen liefern würde, unter tvclchen in Deutschland gearbeitet wird, und zweifellos würden daraus auch beachtenSwertbe Winke dafür entnommen werden können, was etwa in Zukunst zur weiteren Sicherung der RcchtS> Verhältnisse der Arbeiter sich noch tbun ließe. Aber ein dcr> artig sachliches Vorgehen ist durchaus nicht der Zweck der von der socialdemokralitchcn Parteileitung veranstallelen Enauele, vielmehr ergiebt sich derselbe mit wünschenSwerthester Deut lichkeit au« der vom „Vorwärts" ausgesprochenen Erwartung, eS werde „sich eine erdrückende Fülle von Anklagematerial gegen den CapitaliSmuS zusammenbänsen und aus demselben eine neue Waffe für den großen Befreiungskampf schmieden lassen". Die« VerdammungSurtbcil bat die socialdemokratische Parteileitung bereit« fertig in dem Augenblicke, da sie zur Sammlung von Unterlagen für dasselbe aufsordert. Damit ist auch dieser neuesten socialdemokratischen Enquete von vornherein der Stempel der Wertblosigkeit ausgcdrückt. Da wird aber nicht bindern, daß di« Socialdemokralie eine Maß regel, von der man viel für deu socialen Frieden gehofft hatte, nicht ohne Erfolg zur neuen Verhetzung der Arbeiter ver- werlhct. und daß dementsprechend in den Kreisen der Arbeit geber der Glaube an die Zweckmäßigkeit der socialpolitischcn Reformen erschüttert wird. 0. kl. Berlin, 16. August. Bekanntlich ist auf die An regung hervorragender CentrunlSmänner die Abhaltung von praktisch-socialen Cursen inM.-Gladbach und zwar zu dem Zwecke beschlossen worden, um jüngere Katholiken derartig in der Kennrniß der Sozialwisseuschaflen heran- zubilden, daß sie im Stande sind, mit Erfolg den social- tcmokratischcn Agitatoren enlgegcnzutreten. Dieser CursuS wird min ain 25. September beginnen, nnd zwar werden alle hervorragenden katholischen Cccialpolitiker an dieser „VolkS- univcrsilat" unterrichten. Außer Franz Hitze, der über Arbcilerfcagc, Arbeilcrschutz, Arbcilcrversicherung, Arbeiter» Wohnungsfrage „lesen" wird, werden an dieser VolkS- univcrsltät lbätig sein: der RcichSlagüabgeordnete (Bachem- Köln (überGcwerbcgerichtc), 1)r. Jäger-Speyer (Agrarfrage und Handwerkerjragc), I>r. Obervorsfer-Köln (Stellung des Klerus zur Socialdemokralie, kathosisch-sociale Bewegung in Frankreich), Brandts-Düsseldorf (Armenpflege), Neclor Schlick-Köln (GeseUenverciiie, Unterhaltung i» denselben), Donipsarrer Braun-Würzburg (die sittlichen Begriffe in der socialdeuiokralischen Weltanschauung-, vr. Faßbenber- Ibbenbüren (Bauernvereine unv TarlehnScasscn), Pfarrer Liesen (Arbeiterinnen-Vereine, Hospize, HaushaltungSuntcr- rickik) u. s. w. Wie man sieht, ist der Lehrplan sehr mannig faltig nnd geschickt zusaniinenzestcUt: sollte das Cciitrum mit diesen praktisch-socialen Cursen in M.-Gladbach Erfolge er zielen, so soll auch an anderen Orteu mit der Errichtung ähnlicher Curse vorgcgangen werden. Berlin, 16.Angusl. (Telegramm.) Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht das Gesetz, betreffend die Besetzung der Unler- bcamtcnstellen der Communalverwallungen mit Militairanwärtern, ferner das Gesetz, betreffend daS Diensteinkommcii der Lehrer an den staatlichen höheren Schulen, endlich die Verordnung, wonach zu den Sitzungen der Proviuzial-Medicinalcollegien und wisienschaftlichen Deputationen für Medicinalwesen, wenn eine allgemeine oder besonders wichtige Frage beralhen oder über Anträge der Acrzlekamniern be- scblosscn wird, Vertreter der Aerztekammcrn al» außer ordentliche Mitglieder mit voller Stimme zcizulassen seien. — Nach einer Kabclmeldung a»S Dar-cS-^alaam hat der Compagnieführcr Johannes am 29. Juli die völlig unversehrte Kilimandscharostation ohne Kampf wieder besetzt. — Der „Krcuzzeitung" zufolge gedenkt der Kaiser nach den nuninchr endgiltig getroffenen Bestimmungen seine Reise nach Gothen bürg zur Rciinlhicrjagd am 4. Sep tember anzutreten. Von da begiebl sich der Kaiser direct zu den Manövern nach Coblenz. — Das officielle Organ der konservativen Partei, die „Conserv. Corresp.", richtet an die extrem-conscrvativcn Widersacher des Herrn von Helldorsf folgende Mahnung: „Wenn es also wirklich wahr würe, daß der Parteivorstand — wie in jüngster Zeit vo» einem Mitglied« desselben behauptet worden ist — nicht mehr von dem Bertrauen der Gcsammtpartei getragen werde, so würde dies von dem Vorstände selbst, der iu leder Weise bestrebt war und ist, sich das Vertrauen der Conser- vativen im Reiche zu erwerben und zu erhalten, sehr bedauert werden. Eine andcrwcite Zusammensetzung deö Partei vorstandes wird aber, bevor der Parteitag darüber nicht Beschluß gefaßt haben wird, nicht eintrete» können, »nd deshalb erachten wir es auch sür durchaus unangebracht, zur Zeit mit Kundgebungen hervor- zutreten, die wahrlich nicht im Interesse der Gcsammtpartei liegen und nicht dazu beitragen, die Lonsolidirung der Partei, die doch von ollen Conservativen einmulhig erstrebt wird, In er wünschter Weise herbcizusühren. Was gegenwärtig Nolh thut, ist die objective Erörterung derjenigen Fragen, ö,e den Parteitag beschäftigen sollen. Nur wenn in dieser DiScussion die persön lichen Differenzen hintangesetzt werde» und das Augen merk aus die Gesammtheit unserer Partei und deren Ge- deihen gerichtet ist, kan» aus der ganzen Bewegung «ine Stärkung der conservativen Sache erwartet werden." — ES beißt, daß der Oberquartiermeister, Generallieutenant Oberhosicr, zum Commaudanteu de- kaiserlichen Hauptquarticrs in Aussicht genommen sei. — Das Strafvcrsabrcn gegen Ahlwardt und Dewald wegen Beleidigung des Justizministers ».Schilling in dem dritten Tbcil der Druckschrift „Der VcrzweislungSkampf:c." ist eingestellt worden, weil der Strafantrag zurückgenommen ist. — Dem Proceß Polke wird, wie ein Gerichtsreferent dem „B. T." incldct, von maßgebender Stelle jetzt noch eine außer gewöhnliche Aufmerksamkeit zugewendet. So ist z. B. angcordnet worden, daß Las nunmehr abschriftlich fertig gestellte Urtheil durch den Druck vervielfältigt werde, damit es nicht Klos durch die Beamten der Staatsanwaltschaft, sondern auch durch die Vorgesetzten dieser Behörde aus seine Rechtsbcsländigkcil geprüft werden könne. Nur wenn daS Reiultot der Prüfung dadin anSsallt, daß daS Reichs- gcricht da« Urtheil zur Aufhebung bringen wird, und daß von einer erneuten Verhandlung ein anderer Ausgang zu erwarten ist, soll die von dem Slaalsanwalt Boicke eingelegte Revision weiter verfolgt, sonst ab:r zurückgezogen werden. * Hamburg, 16. August. (Telegramm.) Infolge Boycoltiruna der Barmbecker Brauerei entlasten heule 16 große Brauereien Hamburgs etwa zwblfhuadert Brauer und Brauereiarbciter. * Bremerhaven, l6. August. (Telegramm.) Mit dem b>rr eingetroffenen Lloyd-Dampfer „Weser" sind dem „B. T." zufolge wieder 200 russisch« jüdische Aus wanderer aus Argentinien zurückrckehrt. Dieselben wurden mit der Bahn nach der russischen Grenze weiterbesördrrt. * Nordenham, 15. August. Eine au« oldenburgischen Städten und Dörfern besuchte Versammlung beschloß, nicht in Bremerhaven, sondern in FnedrichSruh dem Fürsten Bismarck zu huldigen. VV. Bosrn. 15. August. DaS tonangebende polnische Blatt „Dziennik PoznanSki" bespricht in einem Artikel die letzten Ministcrkriscir in Preußen, insbesondere den Abgang de« Ministers deS Innern Herrfurtb, von welchem daS Blatt sagt, daß seine Verwaltung im Allgemeinen sowie sreciell in Betreff der polnischen Verhältnisse sich durch ein gewisses Ge rechtigkeitsgefühl ausgezeichnet habe und daß auch sein letzter Wahlerlaß von diesem RechtSacfllhl getragen gewesen sei, Urb« seu»rn Nachfolger, den Minisirrprästdratea Or«s»itz
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite