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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920818023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892081802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892081802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-18
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17. 4»^» rickevL. er xcld. ^!» reu. Nle,,», er 15!-it7« Kiiiier»»»» «r 135-13,^ deell, XvcL- N»i» 2U! du icäl Kr Mi «6 4o. Kr i .. »It 3V.<« 4 riru». 1,«» I« Abonnementspreis k» t« Hauptexpedttio» oder dm im Stadt« Heztrk und dm Bororten errichteten AuS- s-bestellen abgeholt: vierteljährlich ^14.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Haas ^ 5.50. Durch die Bost bezogen für Leuiichland und Oesterreich: viertestährlich 2ll 6.—. Directe tägliche Kreuzbandjenvung ins Ausland: monatlich st.— Li» Morgen-AuSgabe erscheint täglich'/,? Uhr. die Adend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. >- te r. n. r. r t- t- 3>s 4 3>:> 4 »>b 4 4 S'ir 4 SSAI 97.» 103- 95.30 102- 102.- ss.« Martilm und Erpedition: Jodauiirsgaffe 8. Li«Expedition istWochenlagsununterbrochen geojsaet von früh 8 bi« Abends 7 Uhr. Filialen: klt« Llemm'S Lortii». (Alfred Hahn), Universilätrslraße 1, Louis Lösche. S-thariiieuslr. 14, pari, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und GcMtsvcMr. JnsertionSpreiK Die 6 gespaltene Petitzeile 20 slieclamen unter demRedaction-strich (4ga- spalten) 50^. vor de» Familieuiiachrichte» (6 gespalten) 40^. Grössere Schriften taut unserem Preis« verzelchniß. Tabellarischer und Zisferosatz nach höherem Tarif. ertra-Betragen (gesalzt), nur mit de, Morgen >Ausgabe. ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Inserate: Abend-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag« 4UHL Sonn, und Festtag« früh '/,st Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen j« stad halbe Stunde früher. Inserat« find siet« an die GzDeditl«» zu richten. Druck und Verlag von E. Bolz in Leipzig« u ar. nie Piers. itoü dvr>2 10t- II250 105^75 ile cdrili lbrid 120.- im> llllLN V ieck« »LLl.> »ld«i Kl.1 110.- 44.- 4150 67.50 113- irerv ö.-^. »um. id>«o rtm.) >pet> uuü.i >I«dtI i Oo.I ililsri -ditr^ nerei ruer» L m- st. linx» iulllu ,2 r.-st. reis., IllUU! reiäu stilbr »ei «ne» bi-ix, cd! «»cd.» I,ert> ge».! »>tr> ro»e« lolue tkea vlt-st. 4NU. V.-st. a- !v.-V.s 112.23 87.- 216- 147.73 133.- 154.30 194.30 80.— 2b.- 133 — 63 — 309.23 127.— 225.— ISO.- 130.— 36.— 40.— 41.50 300.- 49.50 I23L5 1233-5 32.75 87.50 60.— V3.— 80,90 170.60 169.80 206,40 206,10 206.85 >r»e. 1s 95.10 146.40 194— 116.90 139.40 »S> no. Ile 73-4 115-, 11580 2677, 194.— 116.80 > I,cd. 194.40 143.80 148.— 117 30 139.50 in 110.— !llte !te 114.10 100.45 111,65 58.57'ä 9.49 I15H0 324.25 188,50 > 450.52 422. Donnerstag den 18. August 1892. 86. Zchrgang. Politische Tagesschau. . * Leipzig, 18. Auzust. DaS „Boycott"-System, welches die Socialdemokralen da, wo sie die Macht zur Durchführung zu haben glauben, mit stets wachsendem Terrorismus auöüben, hat in de» leachlenSwertheu neuen Vorgängen in Hamburg eine Harle Kraftprobe zu bestehen. Da der Boycvtl gegen die Barm- becker Brauerei seitens der Socialdemokraten nicht aufgehoben worden ist, haben, wie bereits gemeldet, die vereinigten 16 Brauereien ihre Drohung wahr gemacht und 1260 den Fachvereinen anacbörige Brauer, Brauercigebilfcn und Küfer entlassen. Der Thatbestand wird durch folgende Veröffent lichung der vereinigten Brauereien erläutert: „Unter der Androhung des Boycotts haben die Organe deS Ge- werkschastscartcls in verschiedenen Fällen von einzelnen Brauereien in Lohn- und Entlasfungöfragen Zugeständnisse erzwungen, die in endloser Folge zu unerfüllbare» Neuansor- derungcn führten. Die berechtigte Weigerung der Barmbeckcr Brauerei, einen entlassenen Arbeiter auf Anfcrdern der so genannten Lohncommission der Brauer und Brauereibilss- arbeiter wieder einzustellen, hat neuerdings die Boycottirung dieser Brauerei zur Folge gehabt. Das Gesetz schreibt gleiche Bedingungen für die Lösung deS Arbcitsverkältnisseö vor, eS muß dem Arbeitgeber ebenso gut das Neckt der Entlassung gewahrt bleiben, wie dem Arbeitnehmer seinerseits das Recht der Arbeitseinstellung zustcbt. Deshalb baden sich die nachbenannten Brauereien zu folgendem Be schluß vereinigt. Für den Fall, daß die dem Gewerkschasts- cartel angehorige» Fachvereine Hamburgs über eine der Unterzeichneten Brauereien den Voycott verhängen, verpflichten sich die Unterzeichneten Brauereien, ihre sämmtlichen den Fachvercinen ungehörigen Brauer, BrauereihilsSarbeiter und Küfer sofort zu entlassen." Der Borgang hat eine weit über da« örtliche Interesse hinauSgehende Bedeutung. In mehr oder minder großem Umsang und verschiedenen Ge stalten hat er sich schon in zahlreichen Städten wiederholt und, wie ganz natürlich, meist mit dem Lieg der Arbeit geber und großen, Elend der unterlegenen Arbeiter geendet, vorausgesetzt, daß die Einigkeit unter den ersteren vorhielt. Tie Uebertragung dieser Streitigkeiten auf da« Gebiet der wirlhschaftlichen Existenz, wie sie von der socialdemokratischen Agitation mehr und mehr betrieben wird, muß die Gegensätze auss Aeußerste verschärfen und ist ein für die Arbeiter, die bei dieser Machtprobe meistens die schwächeren sind, sehr gefährliches Experiment. Es hat lange gedauert, bis die deutschfreisinnige Presse fick über den Entschluß deS Eenlrum« geäußert hat, im Wahlkreise Sagan-Sprottau die Eonservativen statt die Deulschsrcisinnigen zu unterstützen. Heute geschieht es, aber in überaus charakteristischer Weise: Herr Richter, weit entfernt, eine» tiefgehende» Gegensatz zwischen seiner Partei und dem Eenlrum wahrzunehincn, forscht in der -Freis. Ztg." nach den Beweggründen sür die Entscheidung der ultramontanen Partei und — kann sie nicht finden. So sehr ist bei dem deutschfreisinnigen Führer die politische Anschauungsweise von der rein wabltactischen Auffassung der Tinge überwuchert. Herr Richter spricht dem Ullramonlaiiis- mus Bcrnnnft zu, macht ihn auf die Bortheile einer llnter- stiitzung der Deutschsreisinnigen und aus die Nachtbcile ihrer Bekämpfung aufmerksam und dies Alles nach dem Schulgesetz und nach dem Forckenbeck-Zwischenfall! Niemals ist die Grundsatzlosigkeit des Deutschfreisiiiiis und seine vollständige Unzuverlässigkeit in Bezug auf Bertheidigung des in der Gegenwart doch wahrlich hart genug bcdränglcn Liberalismus craffer hervorgetreten. Die Nationalliberalen, deren durch das Interesse der liberalen Sache dringend gebotenes Auftreten im Kreise Herford Herr Richter gleichzeitig einer Kritik unterzieht, werden von ihm viel schärfer angegriffen, als der großgünstige UltramontaniSmnS. Die Betrachtung des deutschfreistnnigen Parieileiters schließt mit dem Hinweis, baß die Eenlrumöparlei von Len Eonservativen in Schlesien bei künftigen Wahlen nichlS zu Höste» habe. „Wohl aber", so beißt eS wörtlich, „Wohl aber kennen wir einen chlesiscben Wahlkreis, in welchem die Wiederwahl des Führers der EcntrnmSpartei ohne die Unterstützung der freisinnigen Partei in der Stichwahl unmöglich ist." DaS ist eine dankenSwerthr Offenherzigkeit. Der Deutsch- steisinn ist also nach wie vor entschlossen, zur Verstärkung der Macht des EentrumS bcizutragcn und würde höchstens — in einer Provinz! — von dieser Politik abgehen, wenn das Ecntrum nicht Gleiches mit Gleichem vergilt. Eine p rin cip ic lle Gegnerschaft gegenüber dem llltraiiiontaniSmnS kennt er nicht, nur etwa im gegebenen Fall eine ge schäftliche Differenz. Dieser Stantpunct bestätigt aufs Neue die Richtigkeit der Aufs.issung, daß zwischen dertcutsch- sreisi»nizen Partei unter Richler'scher Führung und dem nationalen Liberalismus eine weite und riese Kluft gähnt. Die geradezu als selbstverständlich betrachtete Absicht, sich mit dem Eenlrum bei den Wahlen zu verbünden, gestattet eine» Ausblick ans die Leichlbcrrig'eit, mit der die (gewählten deS Deutschsreisiunö auch künftighin im Parlament mit dem UltramontauivuiuS pacliren werden. Das neue Ministerium Gladstone's ist nun end- giltig zusammcngclrcten. Was uns vor Allem iulcressirt und was am angenehmsten in der Ministerlifte aussällt, das ist der Name Rosebcry, den man nach den letzten vorans- gcgangene» Meldungen in dem Eabinet zu vermissen fürchten mußte. Wen» auch der Angabe, daß wesentliche und unaus geglichene Meinungsverschiedenheiten zwischen Gladstone und Lord Roscber» beständen, widersprochen wurde, so blieb doch ei» anderer Eirund, der Rosebcry an der llebernabnie tcS Auswärtigen Amtes zu bindern schien, um so sicherer bestehen: seine mangelhafte Gesundheit. LordRosebery leitet seil längerer Zeit an Schlaflosigkeit Das war auch der Grund, weshalb er kürzlich eine Kreuzungssahrl in See unternahm. Er fürchtete, so hieß eS, bei seinem gegenwärtigen Befinden den Pflichten eines Ministers der auswärtige» Angelegenheiten nicht gewachsen zu sein. Um so erfreulicher ist eS, daß cS seinen Freunden endlich doch gelungen ist, lkii zu der An nahme dieses wichtigen Postens zu bewegen. Es ist betannt, welches Programm in der auswärtigen Politik mit dem Namen Nosebery's verknüpft ist. Man darf sagen, daß die Verdienste der jetzt abgetretenen Negierung um die Erhaltung des Friedens und die Förderung des englischen Ansehens auf den Ausfall der jüngsten Wahlen nur deshalb keine» größeren Einstuß ausgeübl habe», weil man wußte, daß Rosebcry, den man allgemein als den vorausbestimmten Minister des Aus wärtigen ansab, fest in den Gleisen Lord SaliSbnrn'S wan deln werde. In einer im Juni d. I. gehaltenen Wahlrede sagte Rosebcry: „Man tkeilt uns mit, daß das Land be fürchtet, die auswärtige Politik werde, im Falle Gladstone wieder zur Negierung gelangt, ganz andere Wege cinschlagen. Wir beabsichtigen indessen, den Versuch mit einer unver änderten auswärtigen Politik zu mache», und sollte Gladstone die Negierung übernehmen unb sollten unsere Beziehungen mit allen Mächten, einschließlich Frankreichs, so gut sein, wie behauptet wird, so zweifle ich nicht, daß Gladstone's Eabinet und sein auswärtiger Minister Lord Salisbury s auswärtige Politik, so weit wir sie gegenwärtig kennen, sortsetzen werden." Diese Worte waren, so darf nian annchmcn, von nicht geringer Bedeutung für das Wablergebniß. Wenigstens erklärte noch in den letzten Tage» die entschieden liberale „Pall Mall Gazelle": „Sollte Rosebcry nicht das auswärtige Ministerium übernehmen oder erhalte», so würde sich vieler gut liberalen Männer der Gedanke bemächtigen, daß man ihre Stimme und ihre Begeisterung, wir wollen nicht sagen unter falschen Vorspiegelungen, aber doch durch Be nutzung und Erweckung irrlhümlicher Hoffnungen gewonnen hat." Wäre Rosebcry nicht Mitglied deS CabinetS Gladstone geworden, so wäre das ei» harter Schlag für dasselbe gewesen, der nicht unbedenkliche Folgen i» der auswärtigen Politik hätte nach sich ziehe» tonnen, gleichgiltig, welcher der zuletzt statt seiner genannten Bewerber, Lord Kmiberley oder John Morley, a» seine Stelle getreten wäre. Der Erster- gilt für eine bloße Gladstonische Nummer ohne selbstständige Anschauungen, der Zweite ist ein Radikaler von der Farbe der Labouchdre und Dilke, die vor Allem daran denken, Frankreich zu gefallen. Für EAadstone, also Wohl auch für Kimberlcy, ist die Räumung Egyptens ei» altes Dogma, und wie John Morley über diesen Pnnct denkt, zeigt folgende Bemerkung in einem von ihm verfaßten Aufsätze: „Je schneller wir mit dem heuchlerische» Satze aufräumcn, daß wir in Egypten bleiben sollen, bis wir unsere Pflicht gethan, desto bester." Gerade Morley war aber kurz vor der jetzt erfolgten Entscheidung wiederholt als Eandidai sür bas Aus wärtige genannt worden, u»V er soll auch kein Gekeimniß daraus gemacht haben, daß er für dieses Amt eine besondere Vorliebe hege. Diese Neigung Morlen'S und der bekannte Gegensatz, der innerhalb der liberalen Partei über die Wege und Ziele der auswärtige» englischen Politik besteht, scheint bis zu allerletzt den Eintritt Nosebery's in das Gladstonische Eabinet, auch abgesehen von seiner Gesundheit, erschwert zu haben, lim so erfreulicher wirkt es, daß er jetzt trotz aller Schwierigkeiten doch erfolgt ist. ES dürfte kein Zweifel be stehen, daß das Fernbleiben Rosebery'S von der Regierung eine veränderte Richtung der auswärtigen Politik, eine Nach- giebigtcir gegen Frankreich, zu bedeute» gehabt hatte, und man mag noch >o oft sage», daß auch das conservative Eabinet über eine srcundliche Gesinnung dem Dreibunde gegenüber nicht hi»a»Sgekvm»ieii sei, die Thalsache bleibt un anfechtbar, daß die Haltung Salisbury's in den letzten Jahren dem Frieden in Europa zu Gute gekommen ist. Tie Führung der auswärtige» Politik durch Lord Rosebery bedeutet, daß darin leine Acndcrung eintreten soll. Das ist für das Aus land und nicht »under sür einen bedeutenden Theil des eng lischen Volkes das Ersrculichsle an dein Eabinet Gladstone. Der Telegraph batte in den letzten Tagen ganz plötzlich geinclkct, dap daS serbische Ministerium Pafchitsch feine Entlassung gegeben habe. Vis zur Stunde liegen weitere ausllärc»te Nachrichten nicht vor; es heißt nur, daß das Eiitlassuugsgcsuch des GesammlcabinetS die Folge einer eingetreleiien tbcilweisen Miiilsterkrise war, welche die Demission des Ministers des Innern und des Kriegsministers hcrbeigcsübrt hatte. Der Hauptgrund zum Rücktritt dürfte bei Pafchitsch in den finanziellen Schwierigkeiten zu suchen sein, die immer dringender werden, und in der llnmöglichlcit, die gewünschte Zivanzig-MlUionenanlcihe auf dem europäischen Geltmarkle zu erhalten. Diese war von vorn herein in der Skupschtiua als „Kriegsanleihe" ungeschickt genug bezeichnet worden, d. h. sie sollte in Wirklichkeit der Vervoll ständigung der HeercSaiiörüstung dienen. Der Kricgsminisler drängt nun, Pafchitsch, der nebenbei Finanzministcr ist, hat kein Geld, Gehalte und Pensionen können nicht ausgezahlt werde», und der gemeldete Skandal im Finanzministerium, wo ein Ttaatsralh geprügelt wurde, weil er 746 Francs Ruhegehalt eincasstren wollte, zeigte deutlich die Er schöpfung der serbischen Finanzen. Dabei decken die Blätter alle Schwäche» der Verwaltung auf und sic erklären offen, daß der diesjährige Fehlbetrag im Budget sieben Millionen erreichen werde, man möge endlich der Volksvertretung klare» Wein einschcnken. Daß unter solchen Umständeu Paschitscb sein Haupt lieber auf den dritte» jetzt leerstehenden Regentenstubl betten möchte, ist begreiflich, doch wird es schwer werde», Männer zu finden, welche die Erbschaft an- treten wollen. Das Ministerium Pafchitsch war auf daS Eabinet Gjuritsch gefolgt und ist seit 2.8. Februar 1861 am Ruder. Es hat im Verlaufe seines anderthalbjährige» Be standes zahlreiche Wandlungen in der Besetzung der einzelnen Portefeuilles erfahren. In seine Amtsführung fallen die Milan-Krisis, die unter blutigen Straßenunruhen in Belgrad ersolgle Ausweisung der Königin Natalie, der Besuch des Königs Alexander am russiichGA Hofe und der Streit mit Bulgarien wegen der in Serbien lebenden bulgarischen Flüchtlinge. Nachdem die französischen LicbeSwerbungen um ein russisch-französisches Bündniß von Seite» der Macht haber an der 'Newa mit rauher Hand zurückgcwicsen wurden, wußten Pariser Blätter neuerdings davon zu erzählen, daß die Mission des Generals BoiSd'essre nach Kraßnoje Sselo nur auf den Absckilnß einer Militairconvention gerichtet gewesen sei, indessen auch damit scheint Frankreich keine Gegenliebe in Rußland zu finden. „Unserer Ansicht nach", so äußert sich das Petersburger Blatt „Tjcn", „kann die Mission des Generals nicht die geringsten praktischen Resultate haben. Ueberbanpl können Militairconventionen, wenn sie mitte» im tiefsten Frieden geschlossen werden, nur eine politische Bedeutung habe», als Surrogat eines formellen Bündnisses, in militairischer Beziehung aber sind sie nicht einen Pfifferling werth. Nehmen wir, rein akademisch, an, daß wir und die Franzosen den Kamps mit der Friedensliga ausnehinen, sagen wir, nun in 5 Jahren. Fünf Jahre bilden bei de», jetzigen Fortschritt der Kriegs kunst solch eine Spanne Zeit, i» deren Laufe ganz uner wartete Erfindungen und Entdeckungen statthaben können, die im Stande sind, die ganze heutige Taktik und Strategie auf den Kops zu stellen, wie das seiner Zeit das Magazin- gcwebr und das rauchlose Pulver gcldan habe». Aber auch abgesehen hiervon, kann ja eine Militairconvention nur die allgemeinen Punctc ins Auge fassen, aus dem einfachen Grunde, weil ja die Bundesgenossen außer ihren eigenen Plänen aucki alle die Pläne und Absichten ihres Feindes kennen müssen." Wir haben früher auf die große Bedeutung Hingelviesen, welche die von den Franzosen in Tunesien betriebenen Hafen» und Befestigungsarbeiten für dieHerrschaft im Mittelländischen Meer haben. Daß mau von srau- zösischer Seite den Fortgang dieser Arbeiten sehr energisch betreibt, ist aus Folgendem zu ersehen: Im Jahre 188« erklärte der damalige französische Minister- resident in Tuni«, Lambon, am sranzösischen Nativiialsest, daß die französische und die tunesnche Negierung die Pläne zur Erbauung eine» Handel-Hasen« in Tuni« prüilrn und die Baukosten sich vor- au-sichilich auf Lb 06t) 666 Franc« stelle» würde». Bi« jetzt sind die Arbeiten so weit gediehen, daß ein großes, 500 w langes, 400 in breite- und 9 m liefe« Becken bei Tunis ansgegrabcn worden ist. Dasselbe hat zwei große Lesfnungcn an jeder Seite. Tie eine stellt die Verbindung mit einem anderen Becke» her, welche- sür kleine Fahrzeuge bestimmt ist. Da« erstere, große Becken aber soll sür Marinedock- eingerichiet werdeii. Diese An lagen werden nicht weniger al- 40006 Quadratmeier bedecken und von dem jetzt im Bau begriffenen gort Sidi Bel Pasina geichützt werden. Die Dock« werde» serner in directer Verbindung mir der iuiiesijch.algertichen Eisenbahn stehen. Die Einfahrt von Goletla nach Tunis wird durch einen 160 Fuß breiten Canal gebildet, der sich durch de» seichten See Bahira zieht. Um die Emsahrt einzu- dämmen, hat man aus beide» Seilen lange Balken in den Schlamm getrieben, einen dicht neben dem anderen. Ticke Breiter Halle» sie zu sammen und daraus sind Eijenvlatten befestigt. Jetzt ist der Canal schon a» allen Stellen K m lies, jo daß jedes Kauffahrteischiff hindurch- sahrc» kann. Die Quais des CanalS werden zugleich al- Fahr straßen über den See und nach (ßoletta dienen. Der Canal und der Hase» tollen übrigens 15 m tief werden. Offenbar sollen sie auch für Marinezwecke dienen. Letzte Woche ist das französische Torpedoboot Nr. 64 in Tuni- eingetroffcn und in dem neuen Hafen vor Anker gegangen. C« beißt, daß noch vier andere Torpedoboote von Toulon nachsolgeu werden. Bei der Baggerung fand man in einer Tiefe von 6V, m im Schlamme große Granitblöcke und riesige behauene Pfeiler. Diese- scheint die Tradition der Araber z» bestätigen, daß die karlhager ihre Stadt niemals auf den Höhen s not 119.60 »49 58,57 Uirisr 215,25 12'.. 63', 81». 14" ei>4 34 6» 23 rlelN- Lrxent. 55', 10°>„. - 'voierr-tmin.i -t 3VV0 v. » 7«I<-ar»mil>.> et 500 8»U«n .mer.ilLniscd« «r- Xo veiu k»? ruar 4 «»ater, »t a»» 4- 0,21. — roter.7»orlc" roter -6r .> Lerw»a' etc. etc iv.t 4 6-7 7«re, et» um 7 llirr . 220 noä INS k»>>rr»-6»- t«or-Ver«ia rmplete Ii»dir- Stettiv o»c!> ?roe. ?r»wre, lutdill 3 «c, >» raedecit 3>, » v»ct> Klein reeäeo b>2 die X, - o»c5 ,ct> kt»io>!llrr oliv« ?r»ckt- «»rtrvdaor. — > 4t, kr»cdt,» Feuilletsn. Schloß Fenstrange. Ein Roman aus den Vogesen. 15s Bon O. Elster. Nachdruck »ertöten. (Fortsetzung.) „Wenn wir den Herrn Baron verhafteten und vor Ge richt stellten, würden wir die Wahrheit erfahren", meinte Schröder. „DaS geht nicht, Schröder", fuhr Lieutenant von Usedom auf. „Aus leeren Verdacht hin können wir den Herrn nicht arretiren." „Aber er bat doch mit der Zigeunerin gesprochen, die der Auditeur vergeblich gesucht hat. Er weiß also auch, wo sich die Zigeunerin aufhält, und die Zigeunerin weiß, wo der Unterofsicier Berger ist." „Es kann ein Zufall sein, daß er die Zigeunerin ge troffen hat." „Kann sein, kann auch nicht sein, Herr Lieutenant. Aber trenn der Herr Baron eS ehrlick meint, dann muß er eS zur Anzeige bringen, daß er die Zigeunerin gesebc» bat; denn die Behörde hat einen Steckbrief erlassen unb fahndet auf das Mätcken, das allen Ausschluß über das Verschwinden des llnlcrofsicierS geben kann." „Da haben Sie Recht, Schröder! Also warten wir, ob sich Herr de Fvnslranqe meldet. Einstweilen können wir lichlS gegen ihn unternehmen." „Wenn man nun eine Haussuchung vornehmen ließe.. „Nein, daS geht nickt an. Wir haben keinen Grund zu solchem verletzenden Vorgehen. Setzen Sie morgen Ihre Nscksorsckungen fort und sammeln Lie noch mehr Beweise und Verdachtsmomente. Vor Allem müssen wir in Erfahrung bringen, ob sich die Zigeunerin wieder kier aufbält." „Ich werde morgen nach dem Zigeunerbors geben!" „Thun Sie da«, Schröder. Haben Sie mir noch etwa« aitjnlbeilen?* „Nein, Herr Lieutenant." „So geben Sic. Sie werden auch ermüdet sein. Ich will Ihre Meldung sofort zu Papier bringen, morgen wollen wir die Einzelheiten nochmals durchgehen. Für heute ist'» genug. Gute Nacht." Der Oöcrjäger entfernte sich, während Kurt von Usedom in größter Aufregung zurückblieb. Der Osficicr konnte sich den Verdachtsmomenten, welche der Oöcrjäger ihm mitgetheill hatte, nickt verschließen. Henri de Fsnötrange mußte aus irgend eine Wcise mit dem geheimiiiß vollen Verschwinden deS Unlerofsiciers und der Zigeunerin in Verbindung stehen. Aber wen» Kurt jetzt gegen de» Bare» vorging, konnte eS nach seiner beuligcn llulerredung mit Gisela Markwardt nicht als eine unedle Racke seinerseits erscheinen? Und wenn sich dann dock die Unschuld Henri« berauSstellte? — In welchem Lichte staub Kurt dann da? — Mußte ihn Gisela nicht verachten? — Koimtc er sich dann von dem Verdachte reinigen, daß er aus Racksucht gegen einen begünstigten Nebenbuhler so gehandelt habe? — Nein, »ein! Dieser «ckein mußte unter allen Umständen vermieden werden! Er mußte warten, bis erschwerende Verdachtsmomente gegen Herrn de Fsuslrangc zu Tage traten. Mit diesem festen Entschluß fetzte er sich an seinen Schreibtisch, um die Meldung des OberjägerS zu Papier zu bringen. « « « Maitre Anatole Perrin stand auf der Brücke, welche in den Schloßbof von Fönstrange sührle, und blickte trübselig in den naßkalten nebligen Winlertag hinaus. Trinnen im Sckloßbofe wusch der Knecht die alle Ehaise und summte ein französisches Liedchen zwischen den Zäbnen. Auf der Treppe de« Herrenhauses standen mehrere Koffer und Kisten, als rüste fick Jemand zu einer längere» Reise. „Wenn ich nur wüßte", brummte Maitre Anatole in den greisen Bart, „weshalb die Herren so rasch aufpacken und sortreisen. Und packe» thun sie, als ob sie niemals wieder» kommen wollten. — Ab, vielleicht sind r« die Grünröcke, welche hssesiour« le gönörnl und Io onpitLiuo vertrieben haben. Die Grünröcke stöbern ja jetzt überall umher! Da kommt wieder emer daherl" Auf dem Wege, welcher z»m Schlöffe und an diesem vor über in den Wald zu der Ruine führte, schrill langsam, sich ausmerksai» »msckauend, der Oberjäger Karl Schröter. „Umi )<»ir, Llmmivur", sagte er höflich, als er an dem alte» HanSverwaller vorbei lam. „Schlechtes Wetter heute, naßkalt und neblig." Bei diesen Worten warf Karl Schröder einen Blick in den Schloßbof und sah die Vorbereitungen zur Abreise. Er stutzte. Sollte Herr de Fönölrange vielleicht nach Frankreich abreisen wollen, niii sich hier unangenehmen Entdeckungen zu ent ziehen? Karl Schröder batte den Verbackt, den er seit gestern gegen den jungen Baron begtc, nickt wieder falle» taffen. Im Gcgcutbeil verstärkte sich sein Verdacht, je mehr er über die seltsame Unterredung de« Barons mit dem Ziz-unerinäkcken nackdachke. Heule hatte er sich schon früh zeitig ausgemacht, um nach der Dirne zu forschen und, wenn möglich, de» Bacon noch einmal zu beobachten. Deshalb hatte er den Weg an dem Schlösse vorbei genommen, später wollte er die Umgebung deS alten Tburnics durchsuchen. Die Rcilevorbercitungen ließen in ihm den Wunsch auslcben, das Gespräch mit dem mürrischen Hausverwalter noch sort- zusetzen. „.Können Tie mir etwas Feuer für meine Pfeife geben, Monsieur?" fragte er höflich und trat einige Schritte näher. „Voilä", klitgegnete kur; der Alte, indem er dem Ober- jägcr das StreichbolzbüchSchen reichte. Wahrend Karl Lckröter seine Pfeife anzündete, beobachtete er aufmerksam den Schloßhos. Dann gab er die Streich hölzer zurück. „Llorci, Llon-ijoml Ich sehe, Sie oder Ihre Herrschaft wollen verreisen?" „Der Herr General »nd sein Sohn wollen nach Paris." „Bei dem schlechten Wetter?" „In der Eisenbahn merkt man nicht« von dem Wetter." „Wohl wahr. Wann wollen die Herren reisen?" „Weiß net." „Vielleicht beute schon?" „Glaub « net. Die Vorbereitungen sind noch net so weit. Der junge Herr nimmt alle seine «achen mit, als ob er net wiederkomme» wolle." Ah!" In Karl'S Seele verstärkte sich mehr und mehr der Ver backt gegen den Baron. Er durfte indessen nicht weiter fragen, wollte er den alten Verwalter nicht ungeduldig machen. „Sagen Sie mir, Monsieur", subr er anjcheineiid gleich- giltig fort, „kommt man hier ans diesem Wege zu dem alten Thur», dort oberhalb de« Schlosses?" „Was wolle»'« denn bei dem alten Thurm? Ich glaub', eö führt gar kein Weg z» ibm, ich kenn' ihn wenigstens net. Das Gestrüpp »nd bas Buschwerk haben das alle Gemäuer fast ganz überwuchert." „Ich interessire mich sür solche alterthllmlicke Ruinen und möchte den Thurm gern einmal in der Nähe sehen." „Llouxivur Io capitsino interessire» sich auch sehr für Len alte», Trümmerhaufen. Er hat befohlen, alles dort so liegen zu lassen, wie eS liegt und daS Buschwerk net nieberzuschlagen. Er selbst will, wie ich glaub', nächste« Frühjahr Nach forschungen nach Altertbüincrn dort anstellen. Wenn Sie diesen Seitenweg verfolgen, kommen Tie zu der Schlucht, an deren Endpunkt der Tburm liegt. Ob Sie zu dem Thurm gelangen können, weiß ich net." ,.Llerei, >lnn8i«ui. Ich werd' eS einmal versuchen." Höflich grüßte Karl Schröder den alten Hausverwalter und schritt rasch weiter. Brummend schaute Maitre Anatole ihm nach. „Was hat der Grünschnabel mich alten Mann auSzuhcrchen, eS war ja grat', als ob er auf der Fährte von eine», Verbrechen sich befände, solche Fragen stellte er. Oü, eo« l'iusiäenx! 6vx l'nisüivild!" Mit diesem Stoßseufzer begab sich Maitre Anatole in daS Schloß zurück. Karl Sckröder befand sich in großer Aufregung. Er war innerlich fest überzeugt, daß der Baron niit dem Ver schwinde» seines Kamnieraden und den Schmugglern in Ver bindung stand, und jetzt wollte der Baron abreisen, vielleicht aus Niinmerwiederkchr? DaS mußte unter allen Umständen verhindert werden. Aber wie? Ohne Lieutenant von Usedom konnte Karl Sckröder nicht Vorgehen, und Lieutenant von Usedom hatte ihm heute Morgen noch sehr be stimmt erklärt, daß, wenn er nicht bestimmtere Verdachts momente gegen den Baron ansühren könne, an ein« Arr»
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