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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.08.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920819011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892081901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892081901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-19
- Monat1892-08
- Jahr1892
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Tabellarischer und Zifftrnfatz nach höherem Tarif. »rtra,Vellage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördernng e» 60.—, mit Poslbesücderung e» Ai.—. Änuahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Marge o-An-gabe: Nachniitlag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,8 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestelle» je «in» halbe Stund« früher. Inserat« sind stets an dir Ertzetzttt«» zu richten. Druck oad Verlag von E. Polz in Leipzig. ^-423 » Freitag den 19. August 1892. 88. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Lekaillllmachlmg. In der Nacht vom Sonnabend, Len 18., zum Sonntag, den 14. August 1892 sind aus einem Zimmer des Herrenhauses auf Rittergut Dölitz mittels Einbruchs ungefähr 1800 boares Geld, bestehend aus Kronen und Tovpelkroncn, Ei»- und Zwciinarkstücken und einem Funszigmarkschein, sowie solgende Gegenstände: ein kleiner Lederbeulei, ein weisileincncs Säckchen, mehrere Geldbörsen und zwar «ine kurze grünscidene, eine längere goldgestickte türkischen Musters und eine au» blauer Seide und Goldpcrlen in Form eines kleinen Kruge» gehäkelte, serner eine zur Ausnahme von Zehnmarkstücken bestimmte tNine Rolle von Leder, ein Uhranhänger (antikes Petschaft mil Wappen, bestehend aus großem, ovalem Earncol in goldener, dachförmiger und durchbrochen gearbeiteter Fassung), ein alles Pet schaft, aus Ebenholz und Elfenbein gearbeitet und aus Stohipiaite Wappen mit Ordensdecoration zeigend, endlich ein Medaillon mit Tamenbildnitz (aus Gold mit aufgelegten silbernen Buchstaben ge- arbeitet) gestohlen worden. Die Dirbc haben beim Verlassen des Rillergnlsgehöfie» unter Anderem eine» Rianschrttrntnopf aus Perlmutter (weiß mit gelbem Querst!» in weißer MclaUsassung und von der Größe eines Markstückes) verkork». Der Verletzte sichert Demjenigen, durch dessen Angaben die Hab- hastwerdung und Bestrafung der Diebe möglich gemacht wird, eine Belohnung von Einhundert Mark mit der besonderen Bestimmung zu, daß dieser Betrag für Lea Fall, daß ein erheblicher Theil des gestohlenen Geldes wiedererlangl werden sollte, bis auf ein Dritttheil des Wiedererlangten erhöht werden soll. E« wird gebeten, alle Wahrnehmungen, die zur Ermittelung der Diebe zu führen geeignet sind, dein Unterzeichneten, bei weichem auch der obenbeichriebene Manschctteukuopf itder Zeit besichtigt werden kann, ungesäumt miizulheilen. Leipzig, den 18. August 1892. Der Köm,ltche Staatsanwalt. Meißner. Im Namen -es Königs! Ja der Privatklagesache bei Pfarrers «wer. läo. Gräbner in Berlin, Privatklügers, gegen den Redakteur Hans G»sta» SrdmannSdürffer in Leipzig, tcn. wegen Beleidigung hat das Königliche Schöffengericht zu Leipzig in der Sitzung vom 19. Juli 1892, für Recht erkannt: Es wird der Angeklagte Hane Gustav Erdmannsdörffer wegen öffentlicher Beleidigung zu Fünsunvsirbzig (75) Mark Geldstrafe, und für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer M Woche Haft kostenpflichtig verurtheilt. B. R. W. Llirlx, Hilftrichter. In Gemäßheit des 8.1 der Vorschriften für die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der städt. Wasserwerke vom 6. Februar 1888 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Richard Karow. Leipzig-Neuschüneseld, Rabetstraße Nr. 10, »nr Uebernahme lolcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiejeu hat. Leipzig, den 17. August 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. L 5994. vr. Tröndltn. Wolfram. In Gemäßheit des 8. 1 der Vorschriften für die AuLsührung von Anlagen zur Benutzung der städtische» Wasserwerke vom 6. Februar 1888 machen wir hierdurch bekannt, daß der Maschinensabrikant Herr Georg Friedrich Giesecke, L.-Neusellerhausen, zur Uebernahme solcher Arbeiten bei un« sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiejeu hat. Leipzig, den 16. August 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. L 5857. vr. Trö»dlia. Wolfram. Gesucht wird da «m LS. März 1865 zu Reudnitz geborene HauSschlächier Georg Gustav Alwin Müller, welcher zur Fürsorge für seine Familie anznhalien ist. Leipzig, am 3. August 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armen-Aini, Abth. ll.) I. A. Ref. Itr. Fiucke. Frkr. Bekanntmachung, Sasernenueupau in vorna betr. Die Ausführung I. der Zimmerarbeiten für die Stallungen und das Reithaus, einschließlich Lieferung der Materialien, sowie II. der Granitardeitrn für die bei I. genannten Bauten und für das Mannschastsgebäude, ebenfalls einschließlich Lieferung der Materialien, soll vergeben werden. Die Verdingnngsonschläge find je gegen Hinterlegung von 1 bei dem Unterzeichneten Stadtrath« zu entnehmen. Die Zeichnungen, sowie die allgemeinen und speciellen Be dingungen könne» ebendaselbst oder bei den Herren Architekten Schmidt Se Iohlige in Leipzig, Weststraße Nr. 10, cingesehen werden. Die Angebote sind mit entsprechender Aufschrift verschen bis 24. August dieses Jahres Abend» L Uhr an den Unterzeichneten Stadtrath einzusenden. Die Auswahl unter den Bewerbern und die etwaig« Ablehnung »Irr Gebot« behält sich da Stadtrath vor. Borna, am 17. August 1882. Der Stadtrath. I. B: Stovskuchen. Siadir. Restaurations-Verpachtung. Da« inmitten hiesiger Stadt, am Postplaize Nr. 1 ge legene ftädiischr GrunSstütk nebst umsänglichrn. schönen Partinanlagen soll znm Betriebe der Lchaukwirthschast c»>- serichtet und verpachtet werden. Da« dazu gehörige Gebäude besitzt gräßere Soulerrain-Räumlichkeiten und begeht außer diesen «s Erdgeschoß, Etage und Dachräumen. Pachtangebot« sind bis pun 31. Nuaust d». Js. bei uns anzubringen. Gl«»»« t. v.. den IS. August 1892. Der Stadtrath. R. Wagner. Gesucht wird der am 15. Februar 1856 zu Reudnitz geborene Markthelser Gustav Richard Riukeseik, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 13. August 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armcn-Aint. Abth. 11.) X. R. VI, 1570, Abth. ll. Henischel. Meyer. Der Ueberfalt in Tanger. Der Angriff, welchen der Vertreter Frankreich« in Marokko und sein Secretair von maurischen Soldaten in Tanger zu erdulden hatten, ist ein Ercigniß, das ernste Folgen nach sich ziehen kann. Die Verhältnisse in Marokko sind seit längerer Zeit äußerst unsicher und besonders für die dort lebenden Fremden gefährlich, wie die Mißhandlungen von Europäern und Amerikanern in neuester Zeit mehrfach dargetban haben, nnd cS ist nicht zu bezweifeln, daß der Äufstand der AngheraS damit in Zusammenhang steht. Der Führer der Rebellen, Scheich Haman, ist ein fanatischer Feind der Fremden, und sein Haß gegen den Sultan Muley Hassan ist wesentlich dadurch hervorgerusen, daß dieser die Fremden begünstigt und mit ihnen verkehrt. Der Aufstand bat demgemäß einen religiösen Hintergrund, die Anhänger Haman's folgen der grünen Fahne des Propheten und kämpfen den sogenannten heiligen ädrieg gegen die Fremden, gleichviel welcher Herkunft. Der Kamps wird aber nach orientalischer Weise nicht so geführt, baß Alles auf eine Karte gesetzt und eine Entscheidungsschlacht als Ziel betrachtet wird, sondern man sucht sich gegenseitig durch ticinere Gefechte zu ermüden, bei denen der Hinterhalt die Hauptrolle lpielt. Im Laufe dieses Monats haben nack den vorliegenden Nachrichten, deren Zuverlässigkeit allerdings zu wünschen übrig läßt, drei Gefechte stattgefunden, von denen zwei für die Rebellen, das letzte für die Anbänger Mulen Haffan'S günstig waren. Schädlich für da- Land sind alle diese Kämpfe, denn Anhänger und Gegner des Sultans machen keinen Unterschied in der Behandlung der frierlichen Bevölkerung, sie suchen sich vielmehr in Brandschatzung des Landes den Rang abzulauscn. Eine eizenthümliche Nolle spielen in diesem Streit die Gouverneure, unter deren Auge» Raub und Plün derung straflos verübt werden, nnd die sich bei Angriffen auf Fremde möglichst neutral verhalten, b>s irgend ein Macht- aebot sie zwingt, von der Regel eine Ausnahme zu machen. Der Zustand in Marokko ist nach europäischen Begriffen voll ständig anarchisch, die Mauren sind aber an dieses Leben seit langer Zeit so gewöhnt, daß sie darin kaum etwas Bc dann hätten die Kämpfe zwischen den Truppen deS Sultans und den AngheraS ungestört ihren Fortgang genommen, bis beiderseitige Kampsunlust einen Waffenstillstand veranlaßt hätte, den Uebcrlieferungcn entsprechend, die seit langer Zeit in Marokko Geltung haben. Jetzt liegt aber ei» Fall vor, der von der französischen Negierung zum Gegenstände ernster Verhandlungen gemacht werden wird. Muley Hassan kann sich der Nolhwcntigkeil nicht entziehe», volle Gcnugthuung zu leisten, wenn auch Frank reich in Marokko Manches auf dem Kerbbolz har, waö wie systematische Untergrabung der Rcgierungsgewall deS Sultans gedeutet werden könnte. Dem Namen nach bandcll es sich bei den Maßnahmen Frankreichs nur um Oasen in der Wüste Sabarab, aus welche sich die Macht Muley Haffan'S nickt erstreckt, i» Wahrheit weisen aber alle Schritte der französischen Politik in Marokko darauf hin, baß Frankreich die Vereinigung de« östlichen TheilcS von Marokko mit Algerien anstrcbt und andererseits sich den Weg nach dem Tschadsee offen ballen will. Die seltsame Lage der Verhältnisse in Marokko bringt eS mit sich, daß Frankreich durch sein Vergeben nicht sowobl marokkanische als spanische Interessen zu verletzen scheint. Da jedoch Spanien nicht- Ernstes gegen die französischen Vorbereitungen zur Annexion eines TbcilS von Marokko unternimmt, so werben die systematischen Sckritte Frankreichs zur Vergrößerung seines norbasrikanischen Gebietes voraus sichtlich eines TageS praktische Bedeutung erlangen. Sultan Muley Hassan scheint seine Ausgabe darin zu er blicken, die Absichten England- und Frankreichs in Gegensatz miteinander zu bringen, und indem er bald die eine Macht, bald die andere zu begünstigen scheint, für die Erkaltung seine- Besitze« Sorge zu tragen. Wir baden gesehen, zu welchen Streitigkeiten die Verhandlungen über den angeblichen englischen Handclsverlrag gediehen sind. Sir Eran Smith hat die Sache so dargestellt, als ob die Vertragsvereanb- lungen gar kcine Unterbrechung erlitten hätten, und als ob der von ihm vorgelegte Entwurf wirklich nur Handel und Verkehr zum Gegenstand hätte. Es ist ja möglich, daß er seinen Zweck erreicht und daturck für England großen Ein fluß aus die Entwickelung Marokkos erreicht, da- wird aber davon abbängen, ob Muley Hassan stark genug ist, den Aus stand der AngheraS zu unterdrücken, und das ist doch immer' hin zweifelhaft. Eine beachtcnSwerthe Erscheinung der Zerfahrenheit der marokkanischen Zustände gegenüber ist die Abneigung der Consuln, irgend einen gemeinsamen Schritt zur «Sicherung der Interessen der in Marokko wohnenden Fremden z» unternehmen. Der Versuch dazu ist mehrfach gemacht, aber bisher durch die ablehnende Haltung Spanien« und Frank reich» vereitelt worden. Jetzt erwartet man Vorschläge der Dreibund-Mäckte, unter Anschluß England-, das zu gleich als Wortführer dieser Vereinigung austrcten würde. Ob sich Frankreich nack dem Angriff aus seine Vertreter ,n Tanger geneigter zeigen wird, an dieser Action thcil- zunchinen, laßt sich nicht mit Sicherheit Voraussagen. Es wird daraus ankommen, ob Frankreich sich druck die Vor schläge der genannten Mückle in der Selbstständigkeit seine- Vorgehens behindert erachtet oder nickt. Der Kampf zwischen den Interessen Frankreichs, England« und Spaniens ist in der Hauptsache ein Intriguenspiel, und bei einem solchen scheut man jede Beschränkung durch Uebernahme von Vcr pslichtnngen, mögen sie auch mit dem Zweck der Spieler uicht in unmittelbarem Zusammenhänge stehen. Da- Eine ist auS den Vorgängen in Marokko wahrend der letzten Monate zu entnehmen, daß die marokkanische Frage ihrer Lösung entgegen reist, die Zustände haben einen Grad von Unsicherheit erlangt, welcher dringend der Abstellung bedarf. Waö Muley Hassan mit aufständischen Kabylcu- stammen auSzumachcn hat, ist seine Sache und kümmert Europa wenig oder gar nicht, aber die europäischen Mächte können nicht gleichgiltige Zuschauer bleiben, wenn Leben und Sicherheit der in Marolto lebenden Europäer fortdauernd gefährdet sind. Darauf können sich gemeinsame Schritte der in Tanger beglaubigten Consuln nur beschränken; Re gulirung von ErbschaftS-Angelegeiibciten, die bas Eigenthum eine- noch lebenden Machthabers betreffen, fallen nicht in den Geschäftsbereich der Eonsuln. Auch diese Angelegenheit spielt wieder in den Minister- Wechsel in England hinein. Muley Hassan soll sich seine Ent scheidung über die Vorschläge Eran Smith'S bis zur end- gilligen Bildung beS englischen Ministeriums Vorbehalten Kaden. DaS verrälh für einen afrikanischen Machthaber eine fast zu weit gebende Rücksichtnahme aus europäische Verhält nisse. WaS Muley Hassan mit England abmacht, bleibt von den leitenden Grundsätzen der auswärtigen Politik Englands unberührt, ob sie von Salisbury oder von Rosebery geleitet wird. Die marokkanische Frage würde erst einen europäischen Charakter annchmen, wenn sie als Theil ter Mittelmecrfrage Gestalt gewönne nnd zum Austrage von Gegensätzen drängle, die in Zukunft ihre Kraft r» äußern bestimmt sind. Vorläufig sind nur Keime für Verwickelungen vorhanden, die ebenso leicht absterbcn als sich weiter entfalten können; es ist aber besser, alle Möglich keiten rechtzeitig zu erwägen nnd darnach Anstalten zu treffen, als von den Ereignissen überrascht zu werben. Gegenwärtig ist cS nötbig, die Mauren von Gcwaltthätigkeitcn gegen die unter ihnen wohnenden Fremden abzuballen, und wenn dazu die Macht des Sultans von Marokko nicht auSreicht, so müssen die europäischen Mächte den Schutz ihrer Staats angehörigen selbst in die Hand nehmen. WaS sich weiter daraus entwickelt, ist in Dunkel gehüllt, aber Europa hat die Pflicht, Uedcrraschungcn vorzugreifen, die den Frieden ge- sährden können. * Deutsches Reich. 8«. Berlin, 18. August. Es war voranSzuschen, daß Herr von Hclldorfs die Antwort auf das bestellte Ver langen schlesischer Conservativer, ihn „gänzlich aus dem Parlcivorstand auSzuschlicßcn", nicht schuldig bleiben würbe. Eie ist denn auch recht unzweideutig in der neuesten Nummer des „Eons. Wochcnbl." erfolgt. DaS Blatt untersucht vor Allein die 136 Unterzeichner der schlesischen Eingabe ans sociale Stellung nnd bürgerlichen Beruf und findet hieraus gegründeten Anlaß zu der spöttischen Frage: Ist daS die ganze „Masse" der conscrvativcn Wähler Schlesiens, auf Grund deren ein so enormer Lärm gemacht wird? Zu der weiteren schlesischen Forderung. Herrn Stöcker in den Elser-AuSschuß zu wäbtcn, bemerkt das Wochenblatt: „Wir halten eine solche Hin- ausbcsörderung deö Herrn Stöcker auf den für ihn in Anspruch genommenen Posten innerhalb der conservativen Partei für fachlich nicht begründet; ja noch mehr, wir glauben, baß die conservative Partei mit einem derartigen Schritt Bahnen betreten würbe, die sich als für sic unheilvoll erweisen werden." Ist das schon deutlich, so wird auf die „armseligen Fcckter- künstc" der „Krenzztg." noch deutlicher erwidert. Sachlich bcmerkenSwerth ist, daß daS „Eons.Wochenbl." der conservativen Partei daS alleinige Anrecht auf den Wahrspruch: „Mit Gott für König nnd Vaterland" abspricht und die An sicht geltend macht, daß durch die von der .Freuzzta." jetzt beliebte stärkere Betonung des „MitGott" Mißdeutung hcrauS- gcfordert nnd die Kraft deS einen Grundsteins nicht gestärkt, sondern die deS anderen geschwächt werde. Dem Capitel „praktisches Ehristenthum" widmet Herr von Helldorff einen eigenen Artikel, in dem er hart der selbstischen Unwadrbaftig- kcit zu Leibe gebt, mit der die .Krcuzzeitung" sogar auS der kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 Capital für eine reactionaire Gesetzgebung und Verwaltung zu schlagen versucht. Er nennt eS eine unhaltbare Phrase, wenn man in unserem StaatSwescn, das sich auf dem Boden einer tausendjährigen christlichen Euftnr entwickelt habe, erst jetzt die Grundsätze des praktischen Ebristcn- tbnmS cinfubren zu wollen vorgäbe. Nicht weniger phrasenhaft erscheint cS Herrn v. Hcllborff, wenn die „Krcuz- Ztg." den gegenwärtigen Zustand als einen Zustand fast völliger Auflösung nenne, und die ständische Gliederung, richtiger die Gliederung nach BerufSartcn, scheint ihm „ein kaum ausführbares Beginnen". Ja er vcrmutbct, baß es sich bei der Krcnz-Zig." hier um einen Anklang handelt „an jene in antisemitischen und deutsch-socialen Kreisen vertretenen Ideen von Neuordnung der Gesellschaft, welche im Wesen von focialdemokralischen Mustern nicht allzu verschieden sind". Mit einer vernichtenden Kritik deS dilettantischen Durant- schcn Vorschlags auf Ersatz de« allgemeinen Wahlrechts durch eine aus DerufSgenossenschasten zu gründende Ver tretung schließt der „ÄuSgcschicdcne" seine Betrachtungen, die nicht geeignet sind, die Aussichten aus daS Zustande kommen, resp. einen einigermaßen friedlichen Verlaus des conservativen Parteitag« zu erhöhen. Ein gutes Zeichen ist es auch nicht, daß der Vorstand der conservativen Partei Westfalens den Beschluß gefaßt hat, fall« der Vorstand des WahlvereinS der deutsche» Conservativen den conservativen Parteitag nicht so früh anberaumt, daß er bis Mitte October dieses IakreS abgehaltcn werden kann, werbe der Vorstand der westfälischen Conservativen sich mit den Vorständen der übrigen Provinzen ins Einvernehmen setzen, um eine Revision de« conservativen Programm- herbe«- zuf'ühren. Loce qunm donum —I O. II. Brrlin, 18. August. Die socialdemokratische Landagitation ist augenblicklich lebhafter und umfang reicher denn je. Waren c« früher hundert „Genossen", welche jeden Sonntag auf die Dörfer binauszogen, so hat sich deren Zahl sicherlich verzehnfacht. Früher wurde auch die Agita tion ziemlich planlos betrieben, cS konnte sich ereignen, baß an einem Sonntag die verschiedenen Agitationscolonnen sich »ach venselbcn Dörfern begaben, während benachbarte Ort schaften von der Agitation verschont blieben. Jetzt haben die Leiter System in die Lanbagitation gebracht. Die ganze Provinz Brandenburg ist in 8 Theile zerlegt, und jeder Ber liner Wahlkreis hat einen solchen The« zur Bearbeitung rr- halten, natürlich der IV. und VI. Wahlkreis die größten Theile, während dem I. Wahlkreis nur eine beschränkte Anzahl von Ortschaften zugewicscn ist. Sogenannte Colonnenführer leiten je eine Colcnne, welche ungefähr 8—10 Ortschaften aus zusuchen hat. Zu Eolonnenführern dürfen nur solche „Genossen" feinacht werden, die äußerlich repräsentiren können. Der Zandmann soll so sehen, daß „ganz respektable Leute" unter den Socialbemokraten sind. Die einzelnen Wahlvereine llr die verschiedenen Berliner Wahlkreise, die trotz alledem und alledem zahlreiche neue Mitglieder gewonnen haben, be willigen für solche AgitationSIouren immerhin beträchtliche Summen, meistens natürlich zur Anschaffung der Munition (Zeitungen und Broschüren). Es ist jetzt also zweifello« System in die socialdemokratische Landagitation gekommen, und während früher dieselbe recht aussichtslos war, scheint eS jetzt doch, als wenn dieselbe mehr Erfolg hätte, namentlich in den Dörfern, in denen Ziegeleien. Fabriken u. s. w. sich befinden. Es tbut also bringend Nvth, die socialdemokratische 'Zandagitation nicht auö den Augen zu verlieren. ID Berlin, 17. August. Die socialdemokratische Genosscnschastsbäckerei in Berlin hielt am Dienstag, unter Ausschluß der Lcfientlichkeit, eine außerordentliche Generalversammlung ab. Berichterstatter wurden nicht zu- gclassen, deshalb muß die dort gewaschene Wäsche sehr chmutzig gewesen sein. Der Geschäftsführer, ehemaliger Bäckermeister Caöpar, wurde wegen Unfähigkeit abgesetzt. Den Posten erhielt der Inhaber ter Gailwirtdjchajt „Zum Zukunftsstaat", Adolf Scholz. Derselbe war aus dem Hallischen Parteitage Delegirter des sechsten Wahlkreises. * Berlin, 18. August. (Tele gram in.) Der „Reichs anzeiger" ist gegenüber der erneuten Behauptung der „Ham burger Nachrichten" zu der Erklärung ermächtigt, daß weder durch den preußischen Gesandten in Weimar noch auf irgend einem anderen Wege bezüglich des Besuch« des Fürsten Bismarck in Jena „Wünsche der Berliner Regierung zur Kenntnlß der Wclmarijchcn Regierung gebracht wurden." — Der deutsche Botschafter von Rabowitz ist heute hier eingctroffen und wird heute Nachmittag vom Kaiser empfangen. — Der Commandeur des Leib- gardehusarenregimeiilS Oberstlieutenanl von Moßner rsl heute vom Kaiser znm Flügeladjutanten ernannt worden. — Als der Kaiser an der Spitze der Fahnencompagnie vom Paradeselde zuriickkehrtc und sich der Taubcnstraße näherte, wurden, dem „B. T." zufolge, etwa 30U Ballens zu drei und drei ziisammengckoppelt und mit Dreibund-Flaggen geziert, loSgelasscii. Eine Zeit lang trieb der Wind die Ballons die Fricdrichsstraße entlang nach den Linden, so daß sie zu Häupten de« Monarchen schwebten, der sehr sympathisch von der originelle» Huldigung be rührt schien, denn er dankte scbr freundlich dein Ver anstalter durch militairischen Gruß. Brausende Hochrufe begleiteten den Monarchen. — Die Regierung zu Danzig hat sich gegen die von den Katholiken beantragte Aushebung der Simultanschule in Picußifch-Stargard «»«gesprochen. — Die Deputation der Helgoländer wohnte auf be sonderen Wunsch des Kaisers der großen Herbstparade bei, während welcher die Mitglieder derselben auch zum Kaiser geleitet und demselben vorgestellt wurden. Am Nachmittag ist eine Besichtigung des Schlosses und für den Abend ein Besuch des Zoologischen Garten« in Aussicht genommen. — Der Kaiser crtheilte Befehl, daß man ihm über das Be finden des in Hannover vom Pferde gestürzten Erbprinzen von Oldenburg täglich zwei Mal telegraphische Mittbci- lung mache. Irgend ein Grund zu ernster Bcsorgniß liegt nicht vor. Wie wir hören, dürfte der Prinz in Monatsfrist seinen Dienst zu verschen in der Lage sein. — Nach einer vom „Reichs- und LtaatS-Anzeiger" erwähnten Bcrsügung des Ministers des Inner» steht es mit der ständigen Rechtsprechung des Kammergenchts und LcS Qbcr-BerwaUungS- gcrichts im Einklang, dasi geschlossene Gesellschaften und Vereine an die Polizeistunde auch dann nicht gebunden sind, wenn ihre Versammlungen in Schankwirthjchaften slattfindcn, vorausgesetzt, daß die benutzten Räume für die Tauer der Bcrsammluug dem öffentlichen Berkehr entzogen sind. Der Minister verkennt zwar nicht, daß diese Auslegung der gesetzlichen Vorschriften llcbclstände im Gefolge haben kann, er glaubt aber, dasi diesen durch gebörige Handhabung der Polizei in genügender Weile abgeholsen werden kann. Insbesondere werde es sich cmpschlcn, die geschloffenen Gesellschaften und Vereine zur An- Meldung ihrer Vcrjauimlungen überall strengstens anzukalten, wo eine solche Anmeldung gesetzlich vorgcschrteben ist. Sodann werde bei Veranstaltung von Lmtbarkeiten genau zu beaufsichtigen sei», ob ausier den Mitgliedern und de» von die>cn einaesührlcn Gästen auch Andere Zutritt zn den Gesellschasts- oder Vereins- räuinen baden, und danach die Lustbarkeit als öffentliche zu be handeln ist. In geeigneten Fällen, in denen die Gesellschaft oder der Verein nur zum Schein oder lediglich zur Umgehung des Gesetzes gegründet ist, iei bei Ueberschrcilung der Polizeistunde gegen die schuldigen unnachsichtlich rinzuschreilen. Endlich werde gegen Wirlhe. welche ihre zur Schankwirlyjchast eonecisionirlen Räume ganz oder zu einem wesentlichen Theile dauernd oder doch so häufig an geschlossene Gesellschaften ober Vereine zum auSschliesilichen Ge- brauch überlassen, dasi die dem öffentlichen Berkehr dienenden Locale nicht niehr den bei Ertheilung der Concession vorausgesetzten An forderungen entsprechen, da« LoucesfiouLentziehungS-Lersahrca ein- zuleiten fei». — Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Die Regie rung hat die Errichtung einer katholischen Präparanden- anftalt in Cbarlottenburg genehmigt und dem vom Rector Ommerborn entworfenen Lehrplan die Zustimmung erthcilt. — DaS älteste Mitglied der Tolonial-Abthelluna, Wirkl. Lega- tionsralb Frhr. v. Nordenslycht, scheidet aus der>elben aus. Er war 1890 bei der Errichtung der Lolonial-Bbtbeilung einberusen, zuerst als ständiger Hilfsarbeiter, dann nach Errichtung ciner neuen Stelle als zweiter vortraaender Ratb. Nach dem Wiedereintritt de« ersten Vortragenden Rath« I»r. Rettich in den Lonsulardienst als Generalconsul in Kopenhagen trat Frhr. v. Nordenslycht an die erst» Stelle und übernahm für Len beurlaubten Dirigenten die Leitung der Geschäfte. Frhr. v. Nordenslnchl war bi» zum Jabr« 1890 Lonsul in Chicago und wird in nächster Zeit Las Grneral- Consulat zu Capstadt übernehmen. Seit dem M imt Avril ist schon Legation«rath I>r. v. Schwär tzkopp »n aus der Rechts- Bbtheilung des Auswärtigen Amte- in die Lolonial-Abweilung versetzt worden. Er wird wahrscheinlich zugleich mir o,,» ständigen Hiissarbeiler der Bbtheiinug, Legationsrath v. Lchuckiuann, dir Stelle der Vortragenden Rüth« erhalten. Der letztere ist ebenfalls 1880 von seiner Stellung als vicecoasul i» Chicago in di« Lolonintz-
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