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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.08.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920820012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892082001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892082001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-20
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Da das Zeugniß der beiden Radfahrer von großer Wichtigkeit ist, werden dieselben ersucht, mir umgehend ihre Namen und Woh- nunaen mitzutheilen. Der Untersuchungsrichter bei dem «. LauSgericht Leipzig. Melzer, L.-G.-R. Wnrzelhaufen-Auclion. Montag, den LS. August d. I., sollen von Nachmittags s Uhr an im sogenannten »rrschloffcurn Holze in Ablh. 32 a, d, des Burgancr Forstreviers ca. 300 Hausen klar gciuachtes trockenes Ttockholz gegen sofortige Bezahlung an den Meistbietenden verlaust werden. Zusammenkunft: aus dem obe» genannten Schlage. Leipzig, am IS. August 1892. Des Raths Forstdcputatio». Stockholz-Auclion. Mittwoch, den 31. August d IS., sollen im Forstreviere fiounrwitz von Nachmittag» 3 Uhr an aus dem Msttelwald- chlage in Ablh. 15, 16 und 17 ea. 40« Hause» harte», klciugemachte» Stockhoiz unter den im Termine öffentlich aushängcnden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: aus dem Mitlelwaldschlage im Strettholzc an der neuen Linie hinter der Ttaötwasserkuust. Leipzig, am 5. August 1892. Des RathS Aorstdcputation. Der Schwerpunkt der politischen Entwicklung. Zn Zeiten der Erregung kann cS nicht zweifcihast sein, wo der Schwerpunkt des nächsten Abschnittes der politischen Entwicklung liegt. Als der Krieg des ZabreS 1866 begann, war das Streben Preußens darauf gerichtet, die Einheits bewegung dcS deutschen Volkes von Oesterreich unabhängig zu macken, und als eS zum Kriege zwischen Deutschland und Frankreich kam, galt es für Deutschland, da« Einheits- Werk zu vollenden und zu befestigen, während Frankreichs europäische Stellung als leitende Macht auf dem Spiele stand. Als der Culturkampf in Preußen die Gemülhcr bewegte, traten die Streiter in den Kampf ein mit der Absicht, das protestantische Kaiserthum von dem geistigen Druck zu befreien, den das Papsttbnm daraus übte, und als im Jahre 1878 das Ausnahmegesetz gegen die Socialdciiivkratic erlassen wurde, geschah es, um eine Bewegung in gesetzliche Bahnen zu lenken, die ohne thatkrastigc Abwehr die staatliche Ord nung gefährdete und mit Auflösung bedrohte. Es war auch ohne Weiteres klar, welche» Zweck die gegenseitige An näherung zwischen Frankreich und Rußland in, vorigen Jahre verfolgte, sie war der Ausdruck der Bemühungen, den in Deutschland seit dem 10. Mai 1871 und auf der Balkanhalb insel seit dem 13. Juli 1878 bestehenden Zustand zu ver ändern und die Ueberlieferungcn Frankreichs und Rußlands zu verwirklichen. Heute erscheint die politische Lage wesentlich verschieden von der des vorigen JahreS. ES hat sich inzwischen ein Umschwung in den tatsächlichen Verhältnissen und in der öffentlichen Meinung Europas vollzogen, der die Bestimmung des Schwerpunkts der politischen Entwickelung als eine schwer lösbare Aufgabe erscheinen läßt. Aus der einen Seite sind eS wirthschastliche Fragen, welche diese Veränderung ver anlaßt haben, auf der andern Seite der Eingriff höherer Gewalt, der sich als Mißernte und Seuche geäußert hat. Es ist schwer zu ermitteln, ob der Entschluß, die wirlh- schaftliche Existenz Mitteleuropas den AbsonderungSbestrc- bungeu Frankreichs, Rußlands und Nordamerika» gegenüber durch Handelsverträge zu sichern, größeren Einfluß au den Umschwung in der politischen Lage gehabt hat oder der Nothstand und die Cholera in Rußland. Der Trieb, den politischen Gegner wirthschaftlich zu Grunde zu richten, ist unzweifelhaft die Ursache der französischen Schutz zollpolitik» er hat aber durch die Natur-Ereigniffe in Ruß land eine Tragweite und eine Bedeutung erlangt, die ibm ursprünglich nicht zuerkannt werden konnte. Was als Mittel zum Zweck der Vorbereitung auf den EntschiidungSkamps gemeint war, dient jetzt dazu, die Friedlichkeit der Lage zu erhöhen, um so mehr, als e» immer zweifelhafter wird, ob Frankreich mit seiner Schutzzollpolitik den richtigen Weg beschrittrn bat, der zum wirthschaftlichen Siege über den Dreibund führt. Wenden wir die Blicke nach England, so sehen wir eine Bewegung im Gange, die nach dem Wunsche ihre» Führer- bestimmt ist, Irland, die Quelle schwerer Beunruhigung für die beiden andern Länder Großbritanniens, England und Schottland, aus dem Zustande der Unzufriedenheit und staat lichen Zerrüttung unter die Herrschaft der Ordnung und des Gesetzes zurückzusühren. Die Formen und Bedingungen, unter welchen diese Veränderung in-Leben treten soll, sind bisher noch nicht gefunden, denn waS Gladstone und Russell darüber gesagt haben, beschränkt sich auf Umriffe, die de» greifbaren Inhalt» entbehren; eS ist stet» von der Selbstständigkeit Irlands die Rede, aber trotzdem soll dir Oberhobeit England» über de» t»r selbstständigen Verfügung über feine murren Angelegen heiten berufenen Thcil des Ganzen gewahrt bleiben. An diesem Widerspruch wird die Ausführung des Gladstone'schen Planes voraussichtlich scheitern. Nebenher wird von der Möglichkeit der baldigen Räumung Egyptens gesprochen, von einer veränderten Politik Marokko gegenüber, auch von einer andcrweiten Stellungnahme zu den europäischen Fragen. Das sind zunächst Ncbelbilder, die auf den Schwerpunct der politischen Gesammtentwickelung ohne Einfluß sind. Auch auf der Balkanhalbinsel ist eine Verschiebung der politischen Lage zu beobachten, die der Ausfübrung der Ab- lchtcn Rußlands nicht günstig erscheint. Ter Proceß Beltschew mit den nachfolgenden Hinrichtungen der Vcrurtheilten und der Besuch Stambulow's in Konstantinopcl lassen erkennen, daß der Zar heute nicht mehr die allein bestimmende Macht auf der Balkanbalbinsel, abgesehen von dem Einfluß Ocster- rcich-UngarnS ist, sondern daß sich im Laufe der Zeit Ver hältnisse herauSgebildct haben, die den ZukunftSpiänen der russischen Politik Halt zu gebieten scheinen. Man war längere Zeit berechtigt, die Baltanhalbinsel als den Schwer punct der politischen Entwickelung Europas anzuseben, besonders während deS Abschnittes, der Mit dem Staats streich in Sofia vom 18. August 1885 begann und mit der verunglückten Sendung des Generals KaulbarS nach Bulgarien endete. Aber seitdem hat die Entfremdung Bulgariens von Rußland und das gute Einvernehmen Bulgariens und Rumäniens, zum Thcil auch Serbiens mit der Türkei so be deutende Fortschritte gemacht, daß die erneute Einreihung der Baikanfrage in die politische Tagesordnung Europas beute nebelhafter erscheint, als sie seit Beendigung des letzte» russisch- türkischen Krieges nu Jahre 1878 gewesen ist. Die Balkan frage wird bis zu ihrer Lösung stets zur Beunruhigung Europas beitragen, aber der Schwerpunct der politischen Ent wickelung liegt beute nicht in Sofia odcr»in Konstantinopcl, sondern ist aus einer ganz anderen Stelle zu suchen. Die Frage, ob Krieg oder Friede, tritt heute mehr und mehr hinter zwei große Probleme zurück: hinter die sociale und die kirchenpolitische Frage. Das Problem, wie sich StaatösocialismuS und freie Vereinbarung zwischen Arbeit geber und Arbeiter miteinander abzufindcn, auszugleichen und gegenseitig zu ergänzen haben, ist offen und wird cS so lange bleiben, bis die Zeit der leidenschaftlichen Erregung auf Seile der unzufriedenen Arbeiter einer ruhigen Beurthcilung der Sachlage gewichen ist. Wann dieser Zeitpunkt eintritt, bängt von Umständen ab, die sich nicht vorher bestimmen lasse». Als die Frage, welche den Schwerpunct der politischen Entwickelung bildet, erscheint unS die kirchcnpolitische. Wir stehen hier einer Erscheinung gegenüber, die ibre Anfänge auS dem Allcrthu», herleitct und bestimmende» Einfluß auf das Mittelalter wie aus die Neuzeit ausgcübt hat. TaS Papst- thum hat von jeher das Streben gezeigt, die Wcltbcrrschaft au sich zu bringen, die deutsche» Kaiser des Mittelalters be fanden sich znm großen Theit in Abhänigkcit vom Papste, und sogar Napoleon I. glaubte der päpstlichen Macht zur Aufrichtung seiner Herrschaft über Frankreich nicht cntrathen zu können. Deutschland hatte sich der Hoffnung hingcgcbcu, daß in dem VerhLltniß zwischen dem weltlichen und dem geistliche» Macht haber durch die Einsetzung des protestantischen Kaisertbunis eine Aenderung eintrcten werde. Aber die Entwickelung hat nur die Form verändert, tbatsächlich befindet sich der Schwer punct der politischen Entwickelung auch heule noch im Vatican. Die französische Republik galt in Frankreich erst von dem Tage als fest begrüntet, an welchem ikr Leo XIII. durch seine Anerkennung die Weibe crtheilte, und in Deutschland nimmt das Ecutrum die Ausschlag gebende Stellung ein. Diese Tbatsache tritt in Zeiten leidenschaftlicher Erregung zurück. Wenn jedoch die Wogen der politischen Bewegung sich beruhigen und einen Einblick in die Tiefe» des Meeres gestatten, auS welchen die verschiedenen Abschnitte der Ent Wickelung des Lebens der Völker emportaucheu, dam, kommt man zum klaren Bewußtsein darüber, wo der Schwerpunct der politischen Entwickelung zu suche» ist. * Deutsches Reich. 88. Berlin, 19. August. Der „Freist Zig." zufolge soll eine „Enthüllung" des Berliner Coreespoiidciilen der „Breslauer Zeitung" in Berlin Aussehen erregen. (Wir haben geglaubt, mit dieser „Enthüllung" unsere Leser verschone» zu dürfe». — Anm. der Red.) Dieses „Aufsehen" dürste wobt nur in der »Freist Ztg." vorhanden sein, waS um so merkwürdiger ist, als jener Correspoudcnt der „Breslauer Ztg.", der Abg. Alexander Meyer, zugleich Mitarbeiter der „Freist Ztg." ist, welche letztere er auch während der jüngsten Reise des Herrn Eugen Richter vier Wochen biiidincb rcdigirte. Herr vr. Meyer hatte also seine „Einhüllung" auch der „Freist Ztg." mittbeilcn könne», wobei ibm noch eine Portoersparniß zu gute gekommen wäre. Jene Miltbeilnng des Herr» Meyer besagt nun zunächst, daß der frühere Mmisicr Herr- surth im Spätherbst im Abgeordnetenkause erscheinen wird. Diese Enlbüllung war ziemlich bekannt, den» Herr Herrfurtb ist als Vertreter deH 6. Potsdamer Wahl kreises Mitglied des Abgeordnetenhauses. Ob er, wie vermuthet wird, der srciconservativcn Partei beitrete», oder auch ferner „wild" bleiben wird, bleibe dabiiigestellt, in keinem Falle wird er aber, das halten wir für sicher, in der Art der „Freisinnigen" gegen die Sraalsregierung opponirc». Wie Herr Vr. Meyer ferner mittbeilt, soll die Hauptver- anlafsung de« Rücktritte« für Herrn Herrfurtb ge wesen sein, daß er den sofortigen Erlaß eine» Wahl gesetze« und die Reform dcS Drciclafsen Wahl systems für unerläßlich hielt, während die natioiialliberale Presse — Arm in Arm mit der „Kreuzzeituna" — Liese Nothwendigkeit bestreitet. Daß Herr Herrfurth „Erörterungen über den Erlaß eines Wahlgesetzes bereits eingcleitet batte", bat er im Abgrordnetenbause schon im Mai in öffentlicher Sitzung mitgelheilt, bei der Vcrbandlung über den Antrag Richter, betreffend die Vorlegung von Gesetz entwürfen über Abänderung deS LandtagSwablrechtS, und über eine Neueinthrilung der Wahlkreise. Da» also ist auch keine „Enthüllung" de» Herrn vr. Meyer. Ebenso ent schieden hatte aber damals Herr Herrfurtb eine Abänderung oder gar Abschaffung de« Dreiclasscnwahlsvstcm» ab gelehnt und sich gegen jede Neueintheilung der Wahlkreise erklärt. Wenn ferner behauptet wird, Herr Miguel erstrebe eine un zulässige Begünstigung deS Großgrundbesitzes auf Kosten der anderen Steuerzahler und plane im Fortgang der Steuer reform Beschränkungen der Selbstständigkeit der Gemeinden, so darf man das schwerlich unbedingt für richtig kalten, und wir glauben, daß weder Herrfurth, noch Miguel Herrn Or. Meyer zu einer solchen Behauptung das Material geboten haben. Hier beißt eS abwarten. Erst wen» die Steuerrcforinvorlagen vorliegen, wird sich ein zuverlässiges Urtbeil begründen lassen. Einstweilen liegt kei» Grund vor, Herrn vr. Miguel für agrarisch und für „reattionärer" zu Hallen als Herrn Herrfurth. 88 Berlin. 19. August. Wie unS mitgethellt wird, sind die Referate für den bevorstehenden Parteitag der Social demokraten, welcher bekanntlich in Berlin «»gehalten wird, bereits vertheilt. Herr Bebet wird über bas Bcrbältniß der Socialdemokratic zum Antisemitismus, Heer Liebknecht „überdieallgemeineNothlagc"sprccheu,undHcrrSingerBcrichl erstatten über die parlamentarische Thätigkcit der Fraction. Zur Zeit weilen die Führer der Socialdemokratie größtentbeils in Bädern und Sommerfrischen; Bebel ist in der Schweiz, Grillen berger in Tirol, Auer (der „Parteisecretair") in Thüringen. Singer ist vor einigen Tagen nach Hering-dorf abgcreist, während Liebknecht m Süddeutschland Erholung sucht. — Die Frage der „parlamentarischen Immunität" ist noch immer nicht gelöst und beschäftigt die Gerichte weiter. I», vorigen Monat hob da« Reichsgericht in der Strafsache gegen den Abg. Kunrr t das Urtheil der ersten Strafkammer des Landgerichts zu BreSlau vom 3. Mai 1899 auf. Daraus aber zu folgern, daß alle gegen Kunert schwebende Preß- proccsse, in denen es sich um angeblich „bereits ver jährte" Strafthaten handelt, von den Gerichten nieder geschlagen worden seien, ist ein Jrrtbum. Diese Proccffc find in Wirklichkeit noch keineswegs erledigt, vielmehr ist die Hauplvcrhandlung dafür auf den 15. September in BreSlau anbcraunit worden. Hier bat der Gerichtshof — in vor letzter Instanz — über sechs MajestätSbeleitigungeo, eine Beamtenbeleidigung, eine Aufreizung zum Clafsenhaß u. s. w. sein Urtheil abzugcben. klebrigen« ist Abg. Kunert jüngst auch vom Schöffengericht in Bcuthen O/S. wegen Theilnahme an zwei nicht angemeldetcn Versammlungen, welche im Februar v- I. statt,icsimdeu, zu einer Geldstrafe verurthritl worden, trotz de« Hinweises auf seine „Immunität". 6. O. Berlin, 19. August. Die Aussperrung der Brauer in Hamburg ist der Socialdemokratic ganz un erwartet gekommen, und die Frage, wie sie die 120» Mann auch nur eine Woche über Wasser halten kann, macht ihr jctzt schon viel Sorge. Bedauerlich bleibt eS, daß vier Brauereien sich dem Vergeben der übrigen Brauereien nickt augeschlossen baden. Schon einmal sahen sich Hamburger Arbeitgeber genöthigt, de» Austritt ihrer Arbeiter auS den focialvemokratisckc» Fachvereinen zu verlangen. Trotz eines viele Woche» währenden Streiks koniiten damals die Cigarren- sabrikantcii ihre Forderungen durchsetze», und wenn die Brauereien ernstlich zusammenhallcn, dann ist eS zweifellos, baß sic Sieger bleibe». Freilich, mit dem festen Zusammcn- balleu der Brauereien hat eS auch anderswo sehr stark gehapert, zum Gaudium der Socialdemokralcn. Tie Ham burger Gewerkschaften werden sich erst heute Abend >» der LcjslilghaUc mit der Aussperrung beschäftigen und dieselbe sicherlich zur Parlcisache zu inachcn versuchen. Da natürlich die vier Brauereien, welche sich dem Vorgehen der übrigen Brauereien nicht augeschlossen haben, »ameiitlich jctzt bei der großen Hitze nicht genug Bier liefern könne», so baden die Svcialteinolratcii versucht, solches von auswärts heran zuschaffen, und seit heute Morgen soll cS nach ihrer Be hauptung ihnen gelungen sein, ficiiitcö Bier zur Verfügung zu stellen. Es durfte sich freilich nur ni» geringe Onantc täleu Handel» Sehr jchlim.ii sind die zahlreichen social- roniokralischcil Budiker daran. Bei denselben soll schon starke Biernoth herrschen, da sic, »m nicht ihre Kundschaft zu ver liere», von den Brauereien, welche ihre Brauer eutlassen habe», Bier nicht beziehe» dürfen. Tic ganze Aiissperru.ig sieht darnach auS, als wenn in wenigen Tagen die Ent scheidung fallen muß; und sie wird zu Gunsten der Braue»eien fallen, wenn dieselben energisch und einig aus ihren For derungen besiehe». — Die Gen er a lsirei k-Eoiil Mission in Hamburg besaß! sich jetzt scbr stack mit Statistik, und sie bat jctzl auch eine solche über die Streiks in den Jahren l8!I0 und l89l ausgemacht. Das statistische Material ist freilich nur sehr mangelbast eiugclaufen, von 65 Organisationen haben »ur 35 die statistischen Bogen cingcsanvt. Nicht bctbeiligl haben sich u. A. die Schuhmacher, Tabakarbciter, Textil arbeiter: Gewerkschaften, welche in den genaunlcii Jahren langtaucnite Streiks durchmachtcil, welche zweifellos ius- gcsamiiit eine Ausgabe von l Million Mark gekostet haben dürsten; verschlang doch der Streik der Eigarrcuarbcitcr weit über 500 00» Bei 7 von de» 35 Organisationen habe» Streiks überhaupt nicht slallgefunde». während von den übrige» 226 z» verzeichnen waren. Tie Zimmerer balle» davon 52, die Maurer 30, die Drechsler 37, die Bildhauer 14, die Tapezircr 9, die Vergolder 6, die Maler kl, die Haiidschnhiiiacher 7, die Glaser 13, die Kupferschmiede 5. Bei diesen Streiks waren inSgesaniilit 38 536 Personen bclbciligt, dieselben streikten zusammen 1348 Wochen; die GesammtauSgabc für die Streiks betrug 2094 922 davon kamen aus dem AuSlandc 126 125 Von den 226 Streiks sollen angeblich 79 so genannte Abwehrstreiks und 147 sogenannte Angriff- ftreckS gewesen sein. Von den letzteren sollen nach der socialdciiiokratcschcn Statistik, welche in diesem Punkte zweifel los wenig Glauben verdient, 54 erfolgreich, 59 tbrilweise er folgreich und 30 erfolglos gewesen fein. Von den 79 Ab- wehrstrciks sollen 13 erfolgreich, 30 tbeilweife erfolgreich und 25 erfolglos gewesen sein. Diese letzten Zahlen decken sich, wie man siebt, nicht ganz genau mit der Zabl der Streiks überhaupt. Selbst an« dieser so lückenhaften Statistik ersieht man, welch' eine Unsumme von Capital durch dir social- deinvkratischcn Streits verloren gegangen ist. * Berlin, 19. August. (Telegramm.) Wie der „National-Zeilung" telegraphisch gemeldet wird, hält die nationalliberale Partei in Baden, Hessen und der Pfalz am Sonntag, 28. August, ein große« Partei- fest in Neustadt (Pfalz) ab. Als Redner werden die RcichtaqSabgevrdeten vr. Buhl und Vr. Bürklia auf treten. Die königliche Munitionsfabrik in Spandau bat der großen Hitze wegen den Betrieb ein gestellt. — Der Kaiser ließ dem Berliner Magistrat durch den diensttbuenden Flüaeladjutanten telegraphiren, er bade dem Oberpräsidcnten Achenbach besohlen, bei jetziger Temperatur den Nachmittagsunterricht in de» Schulen bis auf Weiteres auszusetzen, er bitte, ein Sl-icheS für die öffentlichen Schulen Berlins schon heute anzuordnen. Der Magistrat beschloß, unverzüglich entsprechende Anordnungen zu treffen. — Die „Kreuz-Ztg." erhält „von einem Conscrvativen" eine Zuschrift, welche ,n mehrfacher Hinsicht zu charakteristisch ist, als daß wir sie übergehen könnten. Dieselbe lautet: „So sehr wir als Ehristlich-Lonservative auch sachlich und von Herzen den Ausführungen in dem Briefe des Herrn Hofpredigers Stöcker, sowie in der „Erklärung" der Christlich-Eonservativei, Schlesiens zustimmen müssen, so wäre es vielleicht doch gut ge wesen, wenn in beide» Kundgebungen zugleich noch ausdrücklich be tont worden wäre, daß — trotz grundsätzlicher Meinungsverschieden heiten — in keinem conservaliveu deutschen Mann das Vertrauen zur Gerechtigkeitsliebe unseres Kaisers und seiner Negierung irgendwie erschüttert ist; ja, noch mehr: daß wir wohl erkannt haben, wie auch in solchen Fragen, welche nicht in unserem Sinne enlschieden worden sind, die Regierung gemeint hat, dem Gemeinwohl und dem inner» Frieden ain besten zu dienen. Je schroffer von einer Seite her vor Kurzem die Forderung gestellt worden ist, im Parlament ein Correctiv zu schaffen gegen mangelnde Erkenntniß von Seiten der Negierung; je mehr iniolge dessen die Liberalen wieder den Mulh gefunden baden, eine Lanze zu brechen für daS „Parlamentarische Regiment", — dem Fürst BiSmarck einst so siegreich die Larve der „Versaffungsmäßigkeit" vom Gesicht gerissen hatte: um so mehr gilt cs heut, von con- servativer «eite, bei allen Parteikämpsen und Partei-Programmen zu betonen, daß wir die Autorität des monarchischen Regiments be,ländig Hochhalten, selbst wenn wir das freie Wort unserer Meinung, auch im Widerspruch zur Regierung nicht scheuen! Dazu schreibt die Nedactiou der „Kreuz-Zeitung" als Nachschrift: „Wir haben diese unS zugegangenc Erklärung gern zum Abdruck gebracht, obwohl sic etwas für uns Conservative Selbstverständliches betont, und obwohl wir nicht finden können, daß der für sie ge- wählt« Ausgangspunct einen Anlaß dazu geboten hat. Weil aber von ganz anderer Seite, auf die der Verfasser ja auch hivdeutrt, Unruh» und Unzufriedenheit durch Wort und Schrikt gerade jetzt verbreitet wird, mag es gut sein, dem offen entgegeazutreten." — Der Reichskanzler wird, wie die „K. Z." hört, einer Einladung des Kaiser- folgend, an einem Theil der diesjährige» Kaiserinanöver, insbesondere den badischen und württembcrgischcn, theilnehmcn. — DaS ReichS-VersicherungSamt hat wiederholt den Versuch gemacht, bessere Grundlagen für die Vcrwerthung des ziffe» mäßigen Materials zu gewinnen, indem es an die Genossen- jchasts Vorstände die Aufforderung richtete, neben den „durch- ichnrltlich versicherten" Personen auch die Zahl ihrer Vollarbeiter anzugeben, leider aber ist, der „Bcrussgenosscuschasi" zufolge, die Turchiührung dieses Gedankens an dem Widerstande einer Reche von Genossenschaften gescheitert, die jede über de» Nahmen des gesetzlich Noihwendigen hioauSgehcnde Arbeit alS eine überflüssige Belästigung betrachten, «nt diese Weise liegt daS reiche Material, das Le» Brrussgenosienschafteu ohne erhebliche Mühe zu Gebote stände und als unschützbare» Rüstzeug für die Förderung der gemein same» bcrufsgenosjenjchastlichen Ausgaben dienen könnte, als ein« rodle Masse in den Acten vergraben. Leider drobt durch diesen passive» Widerstand eine» Tbecies der Selbstverwaliungsorgane das Princip der Selbstverwaltung selbst gefährdet zu werden, denn cs kann keine»» Zweifel unterliegen, daß sowohl die Regierung, wie die übrigen gesetzgebenden Factorcn ein dringendes Interesse daran babc», daß die Wirkungen der socialpolitischen Gesetze und ihrer Organisationen in klar erkennbarer Form zum Ausdruck gebracht werden, weit er nur so möglich ist, etwaige Fehler festzuftellen und zu verbessern. Sellien deshalb Li« Berussgenosstnschaften nicht aus eigener Ent schließung das Ersorderliche in dieser Richtung veranlassen, so liegt die Gefahr nahe, daß aus Grund des tz. I39d der Gewerbeordnung die Behörden bald mit einer Reihe von statistischen Anforderungen au die Industrie beraulreteu werde», die weit über das Maß der vom Reichs-Bersicherungsamte geäußerte» Wünsche hiuausgehen. — Die „Nene Züricher Ztg." theilt einen neuen an sich einleuchtenden Grund mit, welcher die Haltung des Reichs kanzler« zur WrltauSstellnngSsrage beeinflußt haben soll. De», genannten Blatte wird aus Berlin telegrapbirt: Wie nachträglich bekannt wird, hätte die überaus vorsichtige Haltung Eaprcvi's in der Berliner Weltausstellungssraae zum Theil auch darin ihren Grund gehabt, daß vertrauliche Fühlungen im Auslände bezüglich der Beschickung aus ziemliche Reserve gestoßen seien, selbst bei so besrcundete» Mächten, wie z. B. Italic». So habe letzteres nur eine bescheidene Bcihcili- gung in Aussicht stelle» könuen, unlcr Hinweis auf die wirkhjchast- lichc Lage des Landes. — Sämmtliche Nachtarbeiter, Bäcker, Kellner,Köche, Gasanstalts-, Eisenbahn- und Postarbciter, Nachtwächter rc. waren ans gestern Nachmittag 3 Uhr zu einer großen öffent lichen Bcrsaiiimlung nach Joel's Sälen, AndreaSslraße, ein- berufen, um den „Ge»offen" Vogtberr über „Die Macht deS Wissens" reden zu hören, für die Arbeiter-BildungSschule etwa« ans den Teller zu kegen und die Einrichtung von täg lichen UnterrichSstnnkcn für die Nachtarbeiter zu beschließen. Da aber in l'/r Stunden nur 29 Nachrarbeiter erschienen, so erklärte um 4>/» Ubr — einem Wink de« PolizeiofsicierS folgend — der Genosse Gmnpel die Versammlung für ge schloffen, worauf die Erschienenen ruhig »ach Hause gingen. — Der zur Zeit mit der Vertretung de- beurlaubten kaiser lichen Botschafters in Petersburg betraute Legaiionsrath v. Bülo» bat einen ihm aus Gesundheit-rücksichten bewilligten Urlaub ange treten. Al» lSeschäststräger iuimirt daselbst bi» auf Weitere« der zweite Secretarr der kaiserlichen Botschaft Graf von Rex. — Zu den nächsten Ausgaben, di« deu neuen preußischen EiiltuSininister nach der Beendigung seines Urlaubes bcichästtge» werden, dürste in erster Linie die Umgestaltung des Mädchen- schnl wesen» gehören. Es ist bereits früher mttgetheilt worden, daß der Minister sich einer Abordnung des Verein» der öffentlichen höheren Mädchenschulen Preußen« gegenüber bereit erklärt Hai. dieser von allen sachkundigen Seiten als dnaglich anerkannten Resormfragr näher zu trete». Inzwischen sind die von genanntem Verein ge machten Vorschläge für eine Neuregelung des Mädchenschulrvesens von dem damit betrauten Deceriieuten de« Unterrichtsministe riums einer eingehenden Prüfung und Begutachtung unterzogen worden. Nach derRückkehr de» Ministers wird ih« darüber alsbald Bortrag gehalten werden. Er wird dann zu ent scheide» habe», welch« weitere» Schritte in dieser Beziehung geschehe, sollen, talbesoudere auch, ob di« Lösung der verschtedeaeu Frageih
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