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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920822026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892082202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892082202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-22
- Monat1892-08
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Durch die Post bezogen für Leulschland und Oesterreich: vierteljäbrlich 6.—. Direct« tägliche UtreuzbandsenLuug ln- Au-Iand: monatlich 0.—» Mend.Ansgave. LieMorgen-Ausgabe erscheint täglich'/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags b Uhr. NeLartion und Expedition: JohannkSgass« 8. Tie Erveditiou ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Ltts Slemm's Sortiiu. iNlsred Hahn), UniVersitätSstraße 1, LoniS Lösche, kiithariuenstr. 14, pari, und SouigSplatz 7. 429. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. Montag den 22. August 1892. Politische Tagesschau. * Leipzig, 22. Augltst, Kurz bevor der Kaiser von seiner Nordlandreise zurück kehrte, konnte man in politischen Kreisen vielfach die Ver sicherung hören, eine abermalige Wendung des neuen CurseS und zwar eine solche im Sinne der klerikal- conservativen Reactionaire sei unmittelbar bevor stehend. Die Botschaft batte an sich nichts Unwahrschein, liches und die loyalitätstriefenden Kundgebungen der Lentrumsführung verliehen ihr sogar große Glaub würdigkeit. Zn der Zurückweisung der zweijährigen Dienstzeit will nunmehr eine große Anzahl von Blättern den ersten thatsächlichen Beweis dafür erblicken, daß jene schlimme Voraussagung in Erfüllung gegangen sei. Richtig ist allerdings, daß diese Neuerung von der „Krcuz- zeitungs"-Partei aus politischen Gründen hinter den Coulissen heftig bekämpft worden ist. Das schließt aber nicht auS, daß lediglich militairisch-technische Erwägungen zu der Ablehnung einer Einrichtung geführt haben, von der auch ibre Freunde und Befürworter zugeben müssen, daß ihre Zweckmäßigkeit noch Gegenstand des Streites zwischen unpolitischen Sachveriländizen ist. Man hört auch die Ansicht aussprechen, daß der Sieg der Äreuzzeitungs Leute zugleich eine Niederlage bedeute, denn sie wollten im nächsten Winter cine Heereövorlagc unter Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit, und daran sei nicht zu denken. Das mag zutreffcn, aber nur für den nächsten Winter. Jedenfalls, die zweijährige Dienstzeit mag auS welchen Gründen immer gefallen sein, sind diejenigen liberalen und gemäßigtconservativen Politiker, welche jetzt trübe in die Zukunsl schauen, nicht nur von unklaren Stimmungen beherrscht. Die Auffassung, Graf Caprivi sei nur der Johannes der Neaclion, Graf Eu lenb nrg aber sei gekommen, um sie Fleisch und Blut werden zu lassen, gewinnt an that- sächtichen Unterlagen. Wie gemeldet, ist der Freiherr von Ha in meist ein in letzter Stunde zum Candidaten in Herford proclamirt worden. Es ist das erst geschehen, nachdem man sich vergewissert hatte, daß ihm nicht wie bei der letzten NeichstagSwahl in Bielefeld seitens der Regierung Schwierig keiten würden gemacht werden. Graf Eulenbnrg laßt seine Landräthe für den einen des Dioskurenpaares Hammerslein und Stöcker wirken, und der andere bat sich aus den bayerischen Bergen ausgemacht, uni diese Wirksamkeit zu unterstützen. Bei diesem Sachverhalt braucht man wahrlich Herrn Herrfurth nicht alle möglichen libera- lisirenden Pläne nachzusagen, um zu verstellen, warum er gerade in diesem Augenblicke gehen mußte. Sein Nachfolger ist seit geraumer Zeit mit heißem Eifer bemüht, das Zer- würsniß inncrbalb der konservativen Partei zu beseitigen. Mit welchem Erfolge dies geschehen ist und wem dabei die Nolle des klügeren, der nachgiebt, zugcfallen war, zeigt die Eanbidatur Hammerstein in Herford. Es dürfte durchaus der Wahrheit entsprechen, wenn gesagt wird, die Ebancen des Herrn v. He Udorfs seien auf Null gesunken, Graf Eulenburg ist der Mann der Situation und zugleich der Extrcmconservativcn, damit wird man zu rechnen haben. Ob Graf Eaprivi Reichskanzler bleibt oder nicht, ist dabei eine untergeordnete FraAe und das Uebrige muß man ab- warten. Wenn der Reichstag, wie es den Anschein hat, aber freilich nicht sicher ist, in der bevorstehenden Tagung mit Heeresfragen verschont bleibt, so findet er wenig Zündstoff vor, und im preußischen Abgcordnelenhause kann, wenn inan sich Herausforderungen enthält, ein leidliches Verhältnis; be wahrt bleiben. Weil verbreitet ist diese Zuversicht allerdings nicht, und die „Nation" beispielsweise droht bereits mit der „oppositionellen Kraft" der Deutschfreisinnigcn, die Graf Eulenburg kennen lernen würde, falls er „den Kampf er öffnet". Herr Richter beruft sich, um die Wähler im Wahlkreise Cagan-Sprottau für den deutschsreisinnigen Candidaten zu gewinnen, auf die Autorität des — Fürsten Bismarck, Cr Feriilletsn. Schloß Fene'lrange. Ein Roman aus den Vogesen 18s Von O. Elster. (Fortsetzung.) Maitre Bourgeois kannte den Pfad ganz genau und schritt rasch dabin. Plötzlich stutzte er. Sein scharfes Auge entdeckte unter einem Busck, der auf einem Fctsenvorsvrung wuchs, eine dunkle Gestalt, die scheinbar leblos am Boven lag. Vorsichtig schlich sich der Gastwirtb näher. Jetzt er kannte er deutlich die Gestalt eines Weibes, Sein seines Ohr vernahm auch schluchzende Töne; daS Weib weinte, das Antlitz in die Arme verborgen. „Ich muß wissen, wer cs ist", flüsterte Bourgeois und schlich sich nock näher heran. Dann rief er: „He! Holla! Was thut Ihr da oben?" Daö Weib schrak empor und starrte den Mann mit großen angstvollen Augen an. Doch im nächsten Augenblick batte es ihn erkannt, und aufathmcnd sagte eS: „Ach, Jbr seid es, Monsieur Bourgeois! Wie kommt Ihr hierher? Ich glaubte, es seien meine Verfolger," „Ick bin gleichfalls anss Höchste erstaunt, Dich hier zu treffen, Marianne", entaegnete der Gastwirtb, der zu seinem größten Erstaunen die Enkelin des alten Zigeuners erkannte, mit der sich seine Gedanken unablässig beschäftigt hatten, »Wie kommst Du hierher? Du wirst verfolgt?" „Ja, Monsieur Bourgeois! Ein Soldat hat mich ver folgt, er spürte mich am Tburme von Fenstranae auf. ich rntsloh, er sollte unseren Schlupfwinkel net entdecken, vieu werci. Er bat meine Spur verloren!" „Der Soldat hat Dich aus dem Tburm kommen sehen?" „Ich glaub's net. Ich war auf dem Wege zum Thurm Aber er hat mich mit dem Großvater zusammen gesehen," „Wo?" »In der Grenzriche, wo wir Abschied nahmen," druckt einen dem Fürsten zugeschriebcnen Artikel der „Hamb, Nachr," ab und bemerkt zum Schluffe, cs läge „im Interesse der Wähler", die Worte BiSmarck'S zu beherzigen. Gleich zeitig bemerkt die „Nation" dem Grafen Enlcnburg, die Frei sinnigen würden im Kampfe mit ihm einen besseren Stand haben, als „einem Manne von der Vergangenheit des Fürsten Bismarck" gegenüber. — Herr Richler, der im August mit dem „greisenhaften Schwätzer" vom Juli ködert, und Herr Barth, der dem „vom Glück begünstigten, ideenlosen Faiseur" gerecht wird — tempora mutautur. Aus St. Petersburg wird gemeldet, daß der Gesund heitszustand des Fiuanzminist ers Wischnegradsky andauernd zu Besorgnissen Anlaß gicbt und voraussichtlich noch für längere Zeit die größte Schonung und Zurückhaltung von den Staatsgeschäften gebieten werde. Es gilt dabcr in unterrichteten Kreisen als ziemlich sicher, daß Herr Wischne gradsky in sehr kurzer Zeit aus seinem Amte scheiden wird. Als sein Nachfolger wirb mit Bestimmtheit der gegenwärtige Leiter des Verkeyrs-Ministeriums, Herr Witte, bezeichnet, welcher in seinem Ressort viel Eifer und Energie entfaltet. Zudem hat er schon unter Wischnegradsky eine gewisse Nolle in der Finanzpolitik gespielt und ist in besten Finanzgebahrung durchaus eingcweiht, so daß er in der That als die geeignetste Persönlichkeit erscheinen könnte, um die vielfach verschlungenen Knoten in den russischen Finanzgeschäften zu lösen. Man erzählt, daß Witte selbst Gelegenheit hatte, sich für die Nach folge im Finanzministerium zu empfehlen. Als er sich einmal mit Wischnegradsky zusammen nach Gatschina begab, um dort Bortrag zu ballen, machte ihm der Finanzmiiiister eingehende Mittheilnugen über das, was er dem Zaren vorzutragcn beab sichtige, Der Letztere ließ jedoch, da er leidend war, nur Witte vor, äußerte aber diesem gegenüber sein Bedauern, daß er den Vor trag WischnegradSky's nicht habe entgegen nehmen können, Darauf nun erklärte Witte, daß er zufällig in der Lage sei, den Inhalt desselben zu reproouciren, Ter Zar wurde von der Reproduclwn des WischnegradSky'schen Vortrages, die nunmehr Witte lieferte, sehr befriedigt und gewann dabei die lleberzeugung, daß der letztere niit den Finanzangelcgcnhciten genau vertraut sei. Der VerkehrSministcr ist ein sebr selbst ständiger Mann, der, wenn er das Finanzministerium er hielte, keineswegs in dem WischnegradSky'schen Fahrwasser verbleiben würde. Er ist viel zu klug, um nicht einzuscheo, daß eine Abkehr von dem bißberigen System durchaus uöthig sei. Er ist im osficiellen Verkehr mit den Collegen im Ministerium und mit der höheren Bureaukratie sehr gewandt, besitzt Menschenkennlniß und weiß sein Selbstgefühl im ge gebenen Falle zurückzudrängen. Man sagt auch, daß er unter einigen Großfürsten Gönner habe. DaS englische Parlament ist bekanntlich bis zum November vertagt, nachdem ein Antrag des Abg. Knir- Hardie, eine Herbst session cinzuberujen, in der letzten Sitzung des Unterhauses kurzer Hand abgelehnt worden war. In Betreff der Beweggründe, weSbatb Gladstone und die Scinigen nimmermehr einem solchen Antrag stattgeben konnten, schreibt die „Morniiig Post" Folgendes: „Gladstone und seine Collegen wissen sehr wobl, daß ans einer Herbstsession die Nationalisten augenblicklich eine Bill über die Ordnung der Verbällnisie der ausgewicsenen Pächter fordern würden, daß diese den Vorrang haben müßte vor Reformen der Wahl listen, Diäten und wie die sonstigen Puncte des Programnies von Newcastle heißen mögen, und daß der unvermeidliche ZerbröckelunzSproceß der liberalen Majorität um drei Monate früher beginnen würde. WaS aber die Entwickelung der socialen Gesetzgebung angeht, so weiß selbst ein par lamentarischer Neuling, daß eine so gewaltige Verfassungs änderung, welche auf Schritt und Tritt der unerläßlichen Feindseligkeit der Gegner begegnet, vollauf eine ganze Session in Anspruch nimmt. Das Budget wird nicht geringe Zeit absorbiren, während die Session erst im Februar aiisängt. Welche Aussicht besteht da noch, daß Arbeiterfragen aus die Tagesordnung kommen können, wo die Home-Rule-Dill allein ^ast erdrückend wirkt? Ein Neophyt muß wissen, daß Gladstone das Parlament weit eher zusammenberufcn müßte, wenn es ibm wirklich Ernst wäre, nebst Home-Rule-Bill in der nächsten Session die wichtigen Fragen zum Austrag zu bringen, an welchen dem brilstchen Arbeiter unendlich mehr gelegen ist, als an Home Rute, damit nicht daS Budget alle übrigen Bills zurückdrängt. Wenn Gladstone das nicht thut^ so zeigt er, daß er die Natur seiner Majorität kennt und die Gefahr der Zerbröckelung derselben befürchtet," Die Uiiionistcn haben stets behauptet, daß weder vie Königin, noch der Prinz von Wales sich für Home-Nule sonderlich zu begeistern vermögen. Ob und wie weit es wahr sein möchte, steht natürlich dahin, und von der Abneigung der Königin gegen die Vorlage bis zur Ausübung des Vetorechts ist ein langer, langer Schritt. Der bisherige Minister des Innern, Matthews, spielte in einer in Birmingham gehaltenen Rede wieder darauf an, daß die Königin uiiionistisch gesinnt sei. „Es würde nicht recht von mir sein, mich weiter zu erklären, als daß es der Königin peinlich ist, nach einer so langen gesegneten Regierung einem der schwierigsten Verfassungsprvbleme gegcnüberzustcben, welche jemals sich einem Souverain dargebolcn haben. Die Königin wird diese Prüfungen bestehen mit der Weisheit und Rücksicht auf ihre verfassungsmäßigen Pflichten, welche sie stets gezeigt hat." Eine hübsche Erläuterung zur socialen Frage liefert gegenwärtig das StädtchenCarmaux in Frankreich. Die dortige Arbeiterbevölkerung, meist Minenarbeiter, setzte am 1, Mai d. I. mit Hilfe de- SouSpräfecten ihre Stadt- verordnekenliste gegen die der Conservativen durch. In Folge dessen sind jetzt sämmlliche Stadträthe in Carmaux Social demokraten, welche einen der Ihrigen, den größten Schreier, zum Bürgermeister gewählt haben. Dieser, ein Bergmann, kein Bergmann im alten Sinne des Wortes, sondern ein Arbeiter, der vor acht Monaten aus Pari- zugczogen ist und der in Carmaux sehr wenig gearbeitet, um so mehr politisch agitirt bat, ein Arbeilerparasit in seiner vollendetsten Gestalt, bat natürlich nichts Eiligeres zu thun, als, sobald er in die Mairie rmgezogen ist, seine Patrone und alle die, welche früher, weil sie ortSangescssene Bürger sind, also im Ort Interessen haben, auch bei dessen Verwaltung mitgeredet hatten, in der Art eines völlig rohen, dem Trunk ergebenen Menschen seine Macht fühlen zu lassen. Seine Arbeit als Grubenarbeiter vernachlässigt er — wen kann das wundern? — noch mehr als früher; nimmt die Gesellschaft, welcher das Werk gehört, zu dessen Mannschaft er zählt, ihn in Ordnungs strafe, so chicanirt der Herr Bürgermeister Dircctoren und Beamte; zum Ucberfliiß wird er noch Gencralsccrctair des SyndicatS der Carmauxer Minen-Arbeiter. Nach drei Monaten geht der Mincndirection die Galle über, der Bürger meister thuk nicht nur selbst seine Arbeit nicht mehr, verlangt aber trotzdem stets seinen ganzen Lohn, sondern die übrigen Stadträthe treiben es noch toller, und die ganze Mannschaft, von dem Bürgermeister und seinen Beigeordneten anfzehetzl, ist in stetiger Gäbrung. Der Direktor kündigt Namens der Compagnie dem Herrn Bürgermeister sein Arbeitsverbältniß, Die Antwort ist eine Aufforderung des Arbeitersyndicats, binnen 24 Stunden die Entlassung zurückzunehmen, widrigenfalls man die Gruben der Gesellschaft zwingen werde, die Arbeit ein- zustellcn. Der Director bleibt fest, bittet aber nm Schutz der Polizei. Doch die Polizei siebt ja unter dem Beseht deS Bürgermeisters, welcher zugleich der Rädelsführer der zur Vergewaltigung der Grubcngesellschaft entschlossenen Arbeiter ist. Am Sonnabend bei der LohnauSzahlung wird der Herr Bürgermeister abgelohnt. Er proteslirt. Die Beamten er klären, eS bleibe bei der Entlassung, und wem das nicht passe, der könne auch gehen. Darauf begann der Spectakel, Von der Polizei war weit und breit nichts zu seben; sie batte, wie sich jetzt berau-stellt, thatsächlich von dem sonderbaren Bürger meister Ordre erhalten, sich nicht in den Streit der Arbeiter Nachdruck vrrlotkn. „Dein Großvater ist bereits über die Grenze?" „Ja." „Marianne, Du erinnerst Dich, was wir gestern Abend verabredet haben; wirst Du auch den Mund hatten können?" „Ich werd's, Monsieur Bourgeois," „Man darf das Versteck im Thurm net eher entdecken, als bis wir die geschmuggelten Waaren, die Bücher rc. fortgebracht haben, heut Nacht noch soll eS geschehen," „Ja, Herr, aber wir müssen sebr vorsichtig sein. Ich Hab mir auch gedacht, daß wir die Sachen erst fortbringen müssen, deshalb Hab ich mick heut auch net fangen lassen," „Bist ein braves Mädchen, Marianne", entgcgnete listig schmeichelnd der Gastwirtb, Wie sie vor ibm stanv, so schwach und elend, so bleich und hohläugig, so bekümmert und geknickt in der Blüthe ihrer Jugendschönheit durch daS entbehrungs reiche Leben der letzten Zeit, durch die Anstrengungen und Gemüthsaufregungen aller Art, da durchblitzte ein teuflischer Gedanke die Seele des verbrecherischen Mannes. Ta» schwache Mädchen stand kaum einen Schritt von dem finster gähnenden Abgrund entfernt .... ein «toß und sie stürzte hinab, ihr Mund war auf ewig geschlossen. Bor dem nächsten Frühjahr fand man ihre zerschmetterte Leiche nicht, und dann würde man sie kaum wieder erkennen, dafür sorgten schon die Wölfe und Füchse de» Waldes . . . Schon holte er aus zu dem Schlage, doch noch einmal bebte er zurück vor dem entsetzlichen Verbrechen. Noch einmal wollte er versuchen, daS Mädchen zu überreden, nach Frank reich zu entfliehen, „Marianne", sagte er mit heiserer Stimme, „Tu sollst Dich net schlecht sieben, wenn Du nach Frankreich gehst. Ich geb' Dir ne Anweisung auf einen Geschäftsfreund in Nancy mit, 500 FrcS, sollst Tu haben, wenn Du fortgebst, und 500 FrcS, erhältst Du auf meine Anweisung bei meinem Geschäftsfreund in Nancy, Nun, ich denke doch, daß das rin sehr annehmbares Anerbieten ist " „Ich dank' Euch, Monsieur Bourgeois", erwiderte Marianne und sab ibn mit ihren großen, schwarzen Augen bitten» an, „aber ich kann net!" „WeSbatb kannst net?" „Der Fritz." „Ab bah! Der Unterofficier! Wenn Du über die Grenz' bist, geh' ich sofort zu dem Officier, der bei mir im Quartier liegt, und führ' ihn zum Thurm, dann finden sie den Unter- ofsicier, und er ist gerettet." „Es wär' wohl ein Vorschlag." „Na also, nimmst Du an?" Eine Weile kämpfte Marianne mit sich. Sie sagte sich, daß der Vorschlag so übel nicht sei, daß er sogar für den Unterofficier und für sie manchen Vortheil böte, auch scheute sie sich aus einem instinctiven Gesüht der Furcht, das ihrem Stamme von je eigen war, mit den Behörden in Berührung zu kommen, wer wußte, was alles daraus entstehen konnte, Lchon war sie nahe daran, in die dargebolene Hand des Maitre Bourgeois einzuschlagen, dock plötzlich dachte sie daran, daß sie dann nieiralS wieder zurücktehren dürfe, daß ihre Verbindung mit Fritz Berger auf immer gelöst sei, daß sie ibn niemals wieder sehen werde, die Diwanen schossen ihr in die Augen, sie preßte die Hand anss Herz und rief leiden schaftlich: „Ich kann'S net! Ich kann den Fritz net ver lassen! Und wenn Ihr mir zehntausend Francs gebt, ich kann's net!" Eine unsägliche Wutb packte bei diesen Worten den dicht vor der Dirne stehenden Mann, Die ZorneSadcrn an seinen Schläfen schwollen an, seine Hände zuckten krampf haft, und cbc er selbst recht wuHtc, WaS er that, versetzte er dem Mädchen einen heftigen Schlag. „Du dumme Dirn", rief er wüthend, „Du weißt net, was Du thust." Marianne taumelte zurück. „Monsieur Bourgeois, Monsieur Bourgeois", schrie sie aus; da trat ihr Fug auf einen lockeren Stein, der sich loslöste und polternd in den Abgrund fiel. DaS Mädchen schwank», griff mit den Händen vergeben« nach einem Halt und stürzte mit einem entsetzlichen gellenden Schrei in die Tiefe, Bebend beugte sich Bourgeois über den Abgrund. Mit verhaltenem Atüem lauschte er, Todtenstille herrschte, nur daS gedämpfte Gurgeln des Bache» drang zu dem Lauschenden herauf. Mit fahlen Wangen richtete sich der Verbrecher mühsam empor. Seine Knie schlotterten, er bebte an allen Gliedern, wie wenn ihn Fieberschauer schüttelten, „Tu hast eS net ander« gewollt, ich könnt' net dafür, ich meint' eS gut Jnsertionspreis Die 6 gespaltene Petüzeile 20 PU Reklame» unter demRedactionSstrich <4g«4 spalten) bO^. vor den Familieanachkichte» (6 gespalten) 40 Größere Schriften taut onjerem Preis« verzeichuiß. Tabellarischer und Zisferajatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Au«gabe, ohne Poslbeförderuug 60.—, mit Postbesorderung 70.—. Anllahmeschluß für Inserate: Abeud-AuSgab«: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Soun- und Festtags früh '/,S Uhr, Bel den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Inserat« sind stet- an die Expedition zu richten. Druck und Verlag voa E. Polz io Leipzig. 88. Jahrgang mit der Minengesellschaft einzumischcn. Der meuternde Hanfe, immer den Bürgermeister an der Spitze, s-blug zunächst die Beamten in die Flucht, stürmte dann das Directionögebäude, zertrümmerte dort Alles, was ihm in die Finger fiel, ver folgte den flüchtenden Director bis in den äußersten Raum des Hauses und zwang ihn dort mit vorgehaltciicn Revolvern und geschwungenen Knüppeln, seine . . . Abdankung zu unterzeichnen. Der Bürgermeister bleibt, der Director geht, die Mine hat für ein paarmal hunderttausend Francs Schaden, die Diener sind die Herren und die Herren die Diener. DaS Charakteristischste an der ganzen Sache aber ist, daß eS nur die Blätter der Reaction, nur die kon servativen Zeitungen sind, welche gegen solche Zustände zu protestiren wagen; die Regierungsorgane suchen zu beschönigen, und die radikalen Blätter nehmen natürlich gegen den Minen- direclor und für den Herrn Bürgermeister Partei. Auch Gendarmerie ist jetzt nach Carmaux gesandt; sie hat Befehl, „die Abreise deS Direktors zu schützen". Derartige Zustände wollen bekanntlich — wir erinnern nur daran, daß bei den letzten Stadtverordnetenwahlen in Leipzig die socialdemo- kratische Partei mit einer rein socialbemokratischen Candidaten liste hervortrat, ein Vorgang, der sich ohne Zweifel bei den diesjährigen Wahlen wiederholen wird — unsere Spcialisten auch aus Deutschland übertragen. In Serbien sind die Verhältnisse gegenwärtig recht trostlos. Ein dortiges Blatt, die „Serbia", chacakterisirt die allgemeine Lage folgendermaßen: „Seit langer Zeit bereits herrscht ein solches Mißtrauen zwischen der Regentschaft und dem Ministerium, daß beide nur mit offenen Augen zu schlafen wagen. Der Fortbestand deS Ministeriums ist unmöglich, auch wenn die Krisis durch irgend welches AuskunftSmiltcl momentan beigclcgt werden sollte. Im Ministerium selbst besteht eine offene Spaltung. Jede Hälfte des Cabinets hofft durch die Ernennung deS neuen FinanzmiiiislerS die Majorität zu erlangen. Dadurch würde die Krisis in Permanenz erklärt werden. Die radikale Partei, in heterogene Fractionen zer fallen, hat aufgehört zu bestehen. Tie ParteidiSciplin ist verschwunden. Der letzte Rufer, der sie zusammenzrhalten, ist abgesprungen, und der Zerfall der Partei ist nun in seiner ganzen Nacktheit offenkundig. Alle radicalcn Elemente, welche noch einen Rest von Selbstständigkeit bewahrt haben, sind von dem Ministerium Paschirsch abgefallcn. Nur jene sind demselben treu geblieben, welche durch irgend welche Vc- recknnng an die Negierung geknüpft sind. Wir wisse» nicht, wie d e Krisi« enden, wie die Machthaber ihre Streitigkeiten hinter den Coulissen austragen werden, wobl aber wissen wir, daß diese fortwährenden Krisen das Land »mbringc»," Man wird abwartcn müssen, ob daö nach dem Rücktritt des CabinetS Pascbitsch neugebildctcte Cabinel Evakumovitsch einigermaßen Ordnung in dieses ChaoS bringen wird. Deutsches Reich. 4t Berlin, 2l. August, Daö gegenwärtig das Bestrebe» der Regierungskrcisc darauf gerichtet ist, so viel Mittel als möglich für die Beschaffung billiger und gesunder Wohnungen für die Arbeiter und unteren Beamten der Staatsbetriebe flüssig zu machen, gebt u. A. aus de», Auf träge deS Ministers der öffentlichen Arbeiten an die Eiscn- bahndirectionen bcrvor, nach welchem Bangen offen sch asten gegründet und diesen aus den bereiten Mitteln der PcnsionS- casse der StaatSeisenbahnverwaltuiig Capitalieu zu mäßigeiu Zinsfüße vorgcstreckt werden sollen. Aber auch ander weitig sucht man dir Lösung der Wohnungsfrage der Arbeiter so weit möglich durch Hergabc von Capitalieu zu fördern. Tie Versicherungsanstalten für die Jnvalidi- täts- und Altersversicherung sammeln bekanntlich ebenso wie die BerusSgenossenschaftcn Capitalieu an. Während die letzteren aber dazu nur ihre Reservefonds benutzen können, haben die ersteren hierfür auch noch dcnjcnigen Theil der mit Dir, aber es kam über mich, ich weiß net wie, es war stärker wie ich, Du hast es net anders gewollt." Er jagte davon, wie von Furien gehetzt. Am Ende deS GebirgspsadeS, dort, wo sich derselbe mit einem breiteren Waldwege vereinigte, traf er auf einen alten Mann, der den Karren langsam den Berg hinauf vor sich berschob. Monsieur Bourgeois wollte sich beiseite schleichen, um den Mann vor über zu lassen; eS war ihm unangenehm, hier in dem Walde gesehen zu werden, doch der Alte batte den Gastwirtb schon erblickt und rief: „L,»t jour, Llonijiour ljuurgooi«! Ei, der Henker, wie kommt Ihr denn hierher auf den Tcufelsslcig?" Ter Wirth erkannte in dem Alten einen Köhler, der oben im Gebirge wohnte und zuweilen nach Finftingcn kam, ui» seine Holzkohlen zu verlausen. „Ihr scid'S, Christoph? ! wo wollt Ihr hin?" „I kunime von Finstiiigcn", entgeznete der Alte. „Hab' Eurer Wirlhin 'neu Korb voll Kohlen vertäust, will wieder heim zu meiner Hütten." Wo kommt denn Ihr her und n zu „Und da gehr Ihr Uber den gefährlichen Teufelssteig mit Eurer Karre?" „O, i kenn' den Steig gut, Herr. I kenn' jeden Stein und jeden Busch. Aber mich wundert'S, daß Ihr daher kommt," „Ich Hab' keine Zeit mehr. Adieu," „Gehabt Euch wobl, Herr", erwiderte der Alte und setzte mit bedächtigen Schritten seinen Weg fort. „ES ist nickt möglich, Papa, was Du mir da erzählst!" „Und doch ist es so, mein Kind, Lieutenant von Usedom hat gestern Abend in dem alten Tburme von Fsnötrangr nickt nur den au^ den Tod verwundeten Fritz Berger, sondern auch eine Menge Lchmugglcrwaaren und sehr compromitlirende Sckrislstücke gefunden, infolge dessen er die beiden Herren de Fsnötrange, die eben im Begriff standen, abzureisen, ver haftete. DaS Schloß selbst ist durch einen Wachtposten besetzt Worten, so daß Niemand ohne Legitimation von Lieutenant von Usedom daS Schloß betreten oder verlassen kann!" „DaS ist ja entsetzlick!" „Ja, die Herren jcke>»cn es etwas schlimm getrieben zu haben. Sie sollen mir den Zigeuner« in Verbindung ge-
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