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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920824029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892082402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892082402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-24
- Monat1892-08
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Aus dem ganzen partci-osficivsen Commnnignö, sowie aus einem andern Berliner Partciblatt geht aber hervor, daß der Bor gang in Bünte sich genau so abgespielt bat, wie er in der nationalliberalen Presse dargestellt worden ist. Daß Herr Richter daS einsichtsvolle Vorgehen der Parteigenossen in Bünde miß billigen und eine Befolgung ihres Beispieles untersagen werde, war vorauSzuschen. Wir haben niemals bezweifelt, daß die oberste deutschfreisinnige Parteileitung jederzeit und überall Alles daran setzen werde, um die Unterstützung nationallibcraler Kandidaten zu bintertreiben. Es geschieht dies, einmal um die Kluft zwischen den gemäßigten Elementen innerhalb der deutschfreisinnigcn Partei und den Nationalliberalen offen zu erhalten, hauptsächlich aber, um es mit dem Centrum, auf das Herr Richter nach wie vor seine größte Hoffnung setzt, nicht zu verderben. Erst Sonntag bat die „Germania" auö- einandergcsetzt, daß der Bund mit den Eonservalivcn nicht für die Ewigkeit geschlossen sei.daß daS Centrum auch mit anderen Parteien gehen könne, nur nicht mit den Mittelparteien, die unter allen Umständen bis auss Messer zu bekämpfen sein. Nach diesem neuerlichen Wink kann und darf Herr Richter bei den Plänen, die er nun einmal verfolgt, in die Unterstützung einer Mittclpartei, und gar der nationalliberalen, nicht willigen. Das Casseler Beispiel, wo die Dentschfreisinnigcn allerdings einen Nationalliberalcn gewählt haben, beweist gegen diese Auffassung gar nichts. Dort galt eS, die Wahl cines Anti semiten zu verhindern und in einem solchen Falle hat die deutschfrcisinnige Parteileitung aus bekannten Gründen alle anderen Rücksichten hintanzusctzen. Herr Richter benützt sogar den Vorgang in Bünde, um sich die Ausführungen des ge treulich in sein Horn stoßenden „Fränk. Courier" anzueignen, in denen nachgewiesen werden soll, daß den Deutschfrcisinnigen eine Annäherung an die Natioalliberalcn verwehrt sei, einmal durch die Bereitwilligkeit der Letzteren, „alle" Regie- rungösorderungen auf militairischem Gebiete zu acceptiren, und zum Andern durch die völlige Unklarheit darüber, wie sich eigentlich der NationalliberaliSmus zu dem neuerlichen, überall sich cindrängcnden Imponderabile der Haltung gegen über dem Fürsten Bismarck stellt. DaS sind Ausreden. Die Nationalliberalen haben bisher durchaus nicht alle Militair- sorderungcn bewilligt — man vergleiche nur die Abstriche in der letzten Etatvorlage — und die Teutschsrcisinnigen haben den meisten und zwar den kostspieligsten zugcstimmt. Auch die Hccresverstärkung des Winters 1886/87 haben sie „accep- tirt" und nach ihrer wiederholten Bethcuerung das Sep- lcnat, weil ihnen eben eine siebenjährige Tauer zu lang dünkle, lediglich auö constitutionellen Bedenken zurück gewiesen. Auf kürzere Dauer erklärten auch sie, jeden Mann und jeden Groschen bewilligen zu wollen. Und was den Fürsten Bismarck angeht, so sind die National liberalen maßlosen Beschimpfungen dieses nach ihrer Meinung um das Vaterland hochverdienten Mannes entgegengetreten und werden das auch künftig thun. Sie sind auch der An sicht, daß der erfahrenste Politiker der Welt soviel Recht, über Politik zu sprechen, besitzt, wie irgend ein obscurer deutsch- freisinniger Bezirksredner. Im Uebrigen erhellt die Unauf richtigkeit der vorgetragencn deutschsreisinnigen Bedenken „über die völlige Unklarheit" der nationalliberalcn Haltung Bismarck gegenüber schon aus der Thatsache, daß der Fürst niemals ins Amt zurückkehren zu können und zu wollen erklärt hat. Endlick darf man wohl fragen, warum die Dcutschfreisinnigen selbst die Bismarckhetze plötzlich auf ein Minimum reducirt, wo nicht ganz eingestellt haben? Die wahre» Gründe, weshalb der ofsiciclle Dculschsrcisinn auch in der jetzigen bedrohlichen Lage des Liberalismus den National- liberalen selbst auf die Gcfabr di», das „Iunkcrtbnm" im Reichstag numerisch und moralisch zu stärken, Abbruch zu tbun sucht, sind taktische. ES fragt sich nur, wie lange die dcutsckfreisinnigen Wähler im Lande Herrn Richter aus seinen verschlungenen Pfaden, die aber alle nach — Rom, d. b. zum Cent rum führen, folgen werden. Der Vorgang in Bünde ist jedenfalls ein Ausdruck der Abneigung gegen die bisherige Taktik. Es ist eine bekannte Thatsache, daß Gladstone kein großer Freund von Deutschland ist »nd daß er diese seine Abneigung auf den durch die Staalökunst des Fürsten Bismarck geschaffenen Dreibund überträgt. So lange Gladstone auf seine Thätigkeit als Parlaments-Abgeordneter angewiesen war, halte seine stille Zuneigung zu Rußland und Frankreich nicht viel zu sagen, dock etwas anders und ernster gestaltet sich die Sache nach dem Eintritt des grainl nick mau in das englische Eabinet. Gegenwärtig liegt eine Kundgebung Gladstonc's vor, die ihn »och immer als von drcibundfcindlichen Ideen befangen erscheinen läßt. Kurz vor den Wahlen halte er aus Hawarten eine Anfrage des Signore Schilizzi, Herausgebers des „Eorriere di Napoli", mit einem Schreiben beantwortet, welches das Blatt erst jetzt zu veröffentlichen für zweckmäßig hält. Gladstone läßt sich dabin auö, daß er, eben weil ein Freund Italiens, dessen beträchtliche inilitairischc Ausgaben innd dessen beschwerende Bündnisse nur bedauern könne. Tann äußert er die Hoffnung, daß Italien früh oder spät seine afrikanische Politik ausgcbcii werde, und fährt folgender maßen fort: „Ich mag die Dreibünde oder die einfachen Bündnisse nicht, weil das Endziel solcher Bündnisse nicht friedfertig ist. Die Stärke einer Nation beruht schließlich koch aus der Schonung ihrer Kräfte. Ich fürchte, Europas Zukunft ist sehr dunkel, obschcn mit Gottes Hilfe die gegen wärtige friedliche Lago noch einige Zeit forldauern mag." In Italien werden die Radikalen sich über diese nnvorsich lige Meinungsäußerung freuen und sie bei den nächsten Wahlen auSspielcn, «nd d»S. hätte der Leiter der englischen Regierung voranssehcn müssen. Einige zweifeln noch an der Echtheit des Schreibens, allein bei Gladstone ist Alles möglich. Er hat noch nicht eiiigcscheii, daß der Dreibund allein den Frieden und die Ordnung in Europa, und zwar auch im Interesse Englands, erhalten hat, und daß Italien seinen Besitzstand ebenfalls zu wahren genöthigt ist. Und Gladstone hat einen gefährlichen Freund: John Morlcy, der beinahe Minister des Auswärtigen geworden wäre, wenn der besonnene Lord Rosebcry nicht in der letzten Stunde für den Posten gewonnen worden wäre. Uebcr Morlcy schreibt der Londoner Berichterstatter der „Köln.Ztg.": Er ist bis über die Lippen in sraiizösischc Sympathien getaucht. In seinen politischen Artikeln hat er gelegentlich das bon m»t eines englischen Diplomaten wiederholt, daß nach 1870 Europa in Frank reich seine Maitresse verloren und eine» harten Meister in Deutsch land dafür erhalten habe. Im Uebrigen ist er der Ueberzeugung, daß das Werk des Fürsten Bismarck über kur.; oder lang jedenfalls ebenso zusaimncnstürzen werde wie das riesige Gebäude des ersten Napoleon. Mißtrauen gegen die gegenwärtige Regierung in Groß britannien wird trotz aller Versicherungen, die Gladstone und Morlcy namentlich jetzt geben werden, durchaus angezeigt sein. Freilich hat er sein berühmtes Uancks »tt!, das er Oesterreich Ungarn in der orientalischen Frage zugerufen, demüthig zurückgezogen, freilich kann man den Minister nickt für alle Auslassungen verantwortlich machen, in denen er fick als Cbef der Opposition gefiel; indcß bleibt zu bedenken, daß der Teufel, der in ibm sitzt, cber ei» gallischer als ein ger manischer ist, und daß Lord Rosebcry diesen Teufel nicht aus treiben, höchstens an Ausbrüchen behindern kann. Endlich fangen die Petersburger Prcßorgane nach und nach an — wenn auch indirecl — zuzugeben, daß die in der „Swoboda" publicirten geheimen Schriftstücke wenig stens thcilweise erbt sein könnten. Das Unverfängliche in denselben sei echt, daS Sensationelle eine Fälschung des viel- genannten Zacobsohn. Ueber dieses Individuum theilt ei» Herr P. Sch. in de» „MoSkowSkija Wedomosti" unter Anderm mit, daß Michail Jwanowitsch Jacobsobn— eigent lich Moiseij Abramowitsch — Schriftführer und Dragoma» des russischen GencralconsulS in Bulgarien war. Iacobsohn war ans Odessa gebürtig, bat in Moskau und Petersburg gelebt, sich die Geheimnisse des CanzlciwescnS angecignct, unk besaß eine gute Handschrift. Jacobsobn mußte Rußland wegen einer dunklen Affaire verlassen. Schon in Odessa be freundete er sich mit Stambulow, welcher bekanntlich im Seminar in Odessa seine Ausbildung erhielt, aber wegen schlechten Betragens ausgeschlossen wurde. Iacobsohn kannte Alle und Alles in Bulgarien und war dem Consnl sehr nützlich, natürlich aber vcrbiclten sich Alle ibm gegenüber mit dem größte» Mißtrauen. Auch beim General Kaulbars in Rnstschuk ist Jacobsobn gewesen. Als die russischen diplo matischen Agenten Bulgarien verließen, blieb Iacobsohn noch eine Zeit lang in Rnstschuk und siedelte daraus »ach Bukarest über, wo er als außeretatmäßiger Schreiber unter M A. Hitrowo in der russischen Botschaft tbätig war. Auch dort setzte Jacobsobn sein freundschaftliches Verhältnis; zu Mantow, Stojanvw und Stambulow fort. Seinem Aussehen nach war Jacobsobn ein schinnpigeS, ekliges Individuum, außerdem trank er; aber er war dienst fertig, findig und schlau. Kein Wunder, daß, nachdem er sich mit Hitrowo entzweit, sortgejagt worden und seiner Stellung verlustig gegangen war, er auf den Gedanken ver fiel, Tocumcnte abzusasscn und sie seinem Freunde Stambulow zu verkaufen. Jetzt — sagt man — habe Jacobsobn sich nach London geflüchtet; auch das ist möglich. Aber ein Wunder ist cs, daß eine solche Persönlichkeit, wenn auck nur zeit weilig und gleichviel i» welcher Eigenschaft, Zugang zu den Kanzleien der russischen Diplomaten und Cvnsnln er halten konnte. Zn Zürich waren in diesen Tagen zwei Wahlen, zum kleinen und großen Stadtrgth, zu vollziehen. Bei diese» Wahlen waren die Socialdemokraten sehr geräuschvoll auf den Kampfplatz getreten und cS kvnnte nicht geleugnet werden, das; die Verhältnisse für diese Partei sehr günstig lagen, weil in Folge der industriellen Entwickelung der Stadt Zürich die Arbeiterbcvölkerung daselbst in den letzten Jahren stark aiigcwachscn war. Um so erfreulicher wirkt die Nach richt, das; die Socialistcn mit ihrer Liste eine starke Nieder lage erlitten haben; nur ein einziger Svcialdeinokrat ist gewählt worden, bitter gerächt bat sich die Aus schließlichkeit, mit welcher die socialistiscke Partei in Zürich bei Aufstellung ibrer Eandidatcnlisten vorgcgangen war; cs standen »nr Socialistcn aus der Liste und dagegen hat sich die Mehrheit der Bürger Zürichs wie ein Mann erhoben. Wen» das in einem Lande, wie in der demokratisch angehauchten Schweiz, geschieht, dann kann man wohl die besten Hoffnungen für die demnächst in dem überwiegend monarchisch gesinnten Deutschland statlsindendcn Gemeinde- waklen hegen, bei denen die Socialdeinokraten ohne Zweifel ebenfalls mit ausschließlichen Parteilisten erscheinen werden. Vor einiger Zeit wurde von einem TranSvaalblattc berichtet, cs sei ein dortiger Agent im Auftrag mehrerer ein flnßrcicher Farmer nach Europa gereist, um mit der deutschen Regierung Untcrbandlungen bebuss Ansiedelung von Bure», den Nachkommen eingcwanderter Holländer, in dcntsch-afrikaiiischc Gebiete anzuknüpscn. In deutschen Blätter» wurde hierzu bemerkt, wie die Negierung sich zu diesen Bestrebungen der Buren stellen werke, sei »och un gewiß, da die in den afrikanischen Territorien lebenden Deutsche» in der Frage der größeren Zulassung der Buren nicht einig seien; wenn man den Buren aber nicht mcbr Land überlasse, als sie für ihren Unterhalt nötbig batten und dies unter gewissen Bedingungen, so laufe Deutschland keine Gefahr, das Land zum Nachtbeil späterer Einwanderer zu verschleudern. Wir sind der Ansicht, daß für die deutsch afrikanischen Gebiete bessere spätere Einwohner als die Buren nicht erwartet werten können. Die Buren stellen unsere» Erachtens daS günstigste EivilisirungSelcment selbst dann dar, wenn sie eine unabhängige Stellung innerhalb des deutschen Gebiets beanspruchen sollten. In jeder Beziehung wären solche Coloniften immer nützlicher als ein Vacuum, als da» unbestimmte Warten auf andere Zuzüge, die etwa kommen könnten. Auf dem in Malmö tagenden skandinavischen Arbcitercongreß stand unter Anderm die Frage der Stellung der Socialdeinokraten zum UnionS-Consl»ct auf der Tagesordnung, doch gab die Angelegenheit keinen Anlaß zu einer Stellungnahme des EongrcsscS.' Um so bemerken«» wcrtber war dagegen die von dem HöchstengerichtSadvocaten Meyer ans Christiania bei Bcratbnng dieser Frage gehaltene Rede, in welcher er u. A. entwickelte, daß die norwegische Linke die Uiiionöfrage zu dem Zwecke ausgenommen habe, um mit einem Programm auszutrcten, das die Parte, zusammen hielte, da die aus einander gehenden Ansichten über die andere» große» Fragen im Programm der Linken, besonders aber da» allgemeine Wahlrecht, die Partei zu sprengen drohten. WaS die Stellung der norwegischen Arbeiterpartei zum UnionSconflict betreffe, so läge es im Interesse der Partei, daß vor allen Dingen der Unionszwist, um dessen Wille» andere Fragen bei Seite geschoben wurden, aus der Welt geschafft werde, ob dies Ni», durch Beilegung des Conflicls oder durch Auflösung der Union geschehe. Der Redakteur des schwedischen „Social demokraten" Branting betonte, daß die socialdcmokratische Presse in Schweden sich für Auflösung der Union ausgesprochen babe, und zwar allein deshalb, weil sie dadurch ihre Partei freunde in Norwegen unterstützen zu können glaubt. In den liefen Schichten Schwedens sei sür den Unionöstreit kein erheb licheres Interesse vorhanden. Deutsches Reich« 4s Berlin, 21. August. Bekanntlich hat sich der preußische Enltusminister gegenüber dem Wunsche auf Errichtung ein« Standcsvertretung der Apotheker ablehnend ver halten, jedock angcorknet, daß zur Erörterung allgemeiner pharmaccutifchcr Fragen auck Apotbckenbcsitzcr aus den Pro vinzen als Sachverständige cinbcrusen werden sollen. Vor bereitende Schritte sind hierzu bereits seitens der preußischen Behörden geschehe». Dabei sind, wie in dem Geschäftsbericht des Deutschen Apotbekcrvercins sür I801/02 hcrvorgebobcn wird, die Organe dieses Vereins in erster Linie berücksichtigt worden. Der Cultnöminister beabsichtigt, sechs Apotheker auS den Provinzen zu den Bcrathungen der technischen Commission für pkarmaccntiscke Angelegenheiten binruznziehen. Diese erweiterte Commission soll sich zunächst beschäftigen mit der Bcratbung des Entwurfes über eine Neuregelung der Bestimmungen über Einrichtung und Betrieb von Apotheken, sowie über die Ausführung der Apotbekcnrcvisionen. ES soll für je zwei Provinzen ein Apotbckcr einberufen werden. — Der Kaiser und die Kaiserin batten am Montag den Chef des Civil-CabinerS, Wirkl. Geh. Rath vi. von Lu- canuö, den Präsidenten des evangelischen Ober-Kirchenrath» l>,-. Bark bansen und den stellvertretenden Chef des Marine- CabinctS, Capitainlicntenant von Usedom mit Einladungen zur Tafel beehrt. Zur gestrigen Mittagstafel wurde d« Wirkliche Geheime Legationsralh Dr. Kayser, Chef der Colonial-Abtheilunz im Auswärtigen Amte, zugezogen. — General Graf Waldersee mit Gemahlin ist hier eingetroffen und im Hotel Monopol abgestiegen. — Tic bebuss Einrichtuna eines Blitzzugeö Berlin- Ostende im Frühlingc d. I. zwischen der diesseitigen und der belgischen Eiscnbabnvcrwaltuiig eröffneten Verhandlungen haben, dem Vernehmen »ach, zu einem grundsätzlichen Ein- versländniß zwischen den bewcricitigen Regierungen geführt. Fenillet-1,. Schloß Fenetrange. WI Nachdruck «erboten. Ein Roman aus den Vogesen Von O. Elster. (Fortsetzung.) „Ich scheue die Unannehmlichkeit deS öffentlichen Ver fahrens nicht, wenn cS gilt, sür einen Unschuldigen Zcugniß abzulegen." „Allerdings, wenn daS der Fall ist, ich meine, wenn Cie zur Sache felbst noch etwas Neues und Wichtiges mit- zutheilcn haben, dann wäre es Ihre Pflicht, vor dem Gericht zu erscheinen, aber ich begreife nicht, WaS Sie mir mitlheilen können." „Ich hörte, daß die Mitschuld des Herrn de Fönötrange so gut wie erwiesen sei." „DaS gerade nicht, mein Fräulein. Aber ein dringender Verdacht gegen den Herrn liegt allerdings vor. Die Staats anwaltschaft wird nicht umhin können, das Hauptverfabren gegen ihn zu eröffnen. Ob dann ein verdammendes oder ein freisprechcndes Urtheil erfolgt, wird Sache der Geschwo renen sein." „Glauben Sie in der Tbat an die Schuld deS Herrn?" Der Richter zuckte mit den Schultern. Er hatte in seiner langjährigen Praxis schon so manchen seltsamen Fall erlebt, baß ihm auch die Schuld Henri'S nicht undenkbar erschien. „Ich bin der festen Ueberzeugung, daß Herr de Fönötrange unschuldig ist", sagte Gisela erregt. Der Richter lächelte. Er sab in daS erglühende Antlitz Hisela'S und errieth die Wahrheit, daß Gisela den interessanten Franzosen liebte. „Woraus gründet sich diese Ueberzeugung, mein Fräulein?" „Herr de Fönötrange bat sich stets als Elrcnmann er kiesen. seinem ehrliebcnten, ja fast übertrieben feinfühlenden Charakter ist eine solche Thal nickt zuzutraucn." „Hm, hm! Maske, mein Fräulein, Maske!" „Nein, Herr Richter! Ich habe einen tiefen Blick in das edle Herz Hcnri's de Fönötrange getban. Hören Sie nur die eine Episode ans dem Leben jenes Herrn." Und nun erzählte Gisela die Geschickte von dem Tode ibrcS Bruders, der in den Arme» des ebenfalls schwer verwundeten Henri gestorben war. „Sehr hübsch, scbr brav", meinte der Richter. „Aber was beweist das für unfern Fall?" „Daß ein so edler Mensch nicht fäl ig ist, ein Verbrechen zu begeben!" „Verzeihen Sie, mein Fräulein, wenn ick ganz offen zu Ibnen spreche. AuS Ihren Worte» gebt eine innige Anthcil- nahme für Herrn de Fönötrangc bervor, ja. ich glaube in der Annahme nickt sebl zu gehen, daß Sic Herrn de Fönstrange lieben.... Ibr Errötben sagt mir, daß ich richtig geratben babe .... Aber, mein Fräulein, selche Liebe trübt den freien Blick des prüfenden Auges — bekanntlich ist die Liebe blind ..." „Ich gestcbe Ibnen offen, daß es mich tief schmerzen würde, wenn ick mich in Herrn de Fönötrangc getäuscht sähe." „Auck auf mich hat der Baron einen guten Eindruck ge macht, aber ein Umstand macht mich außerordentlich bedenklich. Weshalb gicbt Herr de Fönötrangc nickt offen den Grund seiner schnellen Abreise an, die genau mit dem Fortzieben der Higeunergescllschast zusammenfällt? Diese schleunige, fast überstürzte Abreise, die sich durch nichts erklären läßt, ist einer der HauptverdachlSmomente" „Herr de Fönötrange hat keine» Grund für seine geplante Abreise angegeben?" „Nein, nachdem ich ibn so in die Enge getrieben, daß er keinen triftigen Grund, wie Geschäfte oder dergleichen, mcbr angcbcn konnte, verweigerte er jede Auskunft, ebenso sein Vater." „Daran erkenne ich gerade die edle Gesinnungsweise der Herren! Sic sagten vorbin, Herr Rickter, da^ Sie nicht gern meine Person in die Verhandlung verwickeln möchten... Jetzt beslcbe ick daraus, vernommen zu werden..." „Wie? Here ich recht? . . . ." ries erstaunt der Unter suchungsrichter. „Ja, ,ch bestehe darauf", erwiderte Gisela, „denn ich weiß, weshalb Herr de Fönötrange abreiscn wollte ... er verschwieg den Grund aus Zartgefühl sür mich, auS dem- scldkn Zartgefühl, Herr Richter, das Sie bislang abbiell, mich zu vernehmen, damit mein Name nickt öffentlich genannt werde» sollte, aber jetzt liegt die Sache anders!" „Sie wissen den Grund der plötzlichen Abreise des Herrn?" „Ja, hier, lesen Sie diesen Brief, den mir Herr de Fönötrange an dem für seine Abreise bestimmten Tage schrieb." Mit diesen Worten reichte Gisela dem Richter de» Brief Henri's. Ter Beamte las mit wachsendem Erstaunen folgende Worte: „Mademoiselle, Verzeihen Sie, daß ich es wage, neck einmal daS Wort an Sie zu rickte», obgleich ein anderer Mann wahrscheinlich jetzt bereits ei» Recht auf Ihr Herz und Ihre Hand ge wonnen bat. Ich reise ab von hier, weil ich cs nicht ertragen kann, Sie, die ich innig liebe »nd verehre, an der Seite eines andere» ManncS zu sehen. Als letztes Andenken an mich, der jetzt Alles, Vaterland, Heimatb und Liebe, ver loren hat, sende ich Ihnen den Ring Ihres gefallenen Bruders zurück. Wenn mein Auge den Ring traf, gekackte ick deS Gestorbenen; wenn Sie den Ring betrachte», gedenken Sie meiner auck als eines längst Verstorbenen, den einst Ihre Näbe beglückt hat. Leben Sie wohl und werden Sie glücklich! Henri de Fönötrange." Der Rickter blickte ans »nd sah in die Ibräncnfenchtcn Augen Gisela s. Tiefbewegt reichte er ibr die Hand. „Wissen Sie, mein Fräulein, daß Sie durch diesen Brief wahrschein lich die Vernrtbeilung des Herrn de Fönötrange unmöglich gemacht baden?" „Der Gedanke würde mich glücklich machen " „Wenn Sic es sür nölhig balle» . . ." Verlegen blickte Giselr zu Boden. „Ick versiebe Sie, mein Fräulein. Fürchten Sie nicht, daß ich so indiScret sein werde, das Gcbeimniß IbveS Herzens zu vcrralben. Aber ich hoffe, daß jetzt die Unschuld des Herrn de Fönötrange klar zu Tage kreten wird, und dann darf ich ihm vielleicht sage», WaS Sie sür ibn gcthan haben." „O mein Herr . . „Es wird »och Alles gut werde»! Vertrauen Sie der Znkunst, mein liebes Fräulein. Nur nock eine Frage gestatten Tic mir. Wer ist der Andere, den Herr de Fönötrange sür den glücklichen Rebcnbublcr bält?" „Lieutenant von Usedom", cnlgcgnetc Gisela leise. „Ab! Tic Angelegenheit bellt sich mit einem Male mehr und mehr aus. Seien Sic getrost, mein Fräulein, eS wird noch Alles gut werken." Mit dem Bewußtsein, eine gute Tbat vollbracht und ihre Pflicht erfüllt z» haben, verließ Gisela Markwardt den Beamten. Herr Markwardt war sehr böse und ärgerlich auf seine Tochter. „DaS bat man davon", brummte er, al« er am andern Vormittag das Zimmer des Untersuchungsrichter» verließ, der ibn um eine Unterredung batte bitten lassen „daS hat man davon, wenn man den Kindern zu viel freien Wille» läßt. Es ist nur gut, daß der Richter mich benach richtigte, so kann ich doch wenigsten« verbäten, daß die Ge schichte cffcnkundig wird. Aber ein Ende muß gemacht werden! So geht cs nickt weiter!" Er eilte nach Hanse und ließ sofort seine Tochter zu sich bitten. „Ich muß ei» ernstes Wort mit Dir reden, Gisela, begann er, indem er ärgerlich und erregt im Zimmer auf unk abging. „Ick hätte von Dir nickt erwartet, daß Du so leichtfertig mit Deinem guten Rus »mgekcn würdest." „Du mackst mir einen sehr schweren Vorwurf, Baker", entgcgnetc Gisela ernst „Ich glaube, ihn mit vollem Recht zurückiocisen zu dürfen." „Schlage mir nickt wieder diesen bocksabrenden Ton an", ries Herr Markwardt erregt aus. „Lange gcnna babe ich e» geduldet, daß Tn ganz nach Deinem freien Willen gelebt hast, ick babe Dir niemals Einschränkungen auferleat, Du konntest tbun „nt lasten, was Du wolltest: denn ich hatte das Vertrauen zu Dir, daß Du unserem Namen keine Ua- ehre machen würdest." „Vater?'." „Ja. cs sind barte Worte, die ick zu Dir sprechen muß, aber Dein Betragen bat sic veranlaßt. Wie kommst Du
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