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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.12.1891
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911212019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891121201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891121201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-12
- Tag1891-12-12
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WSONNOENlUßlkkiO tz, »er tza»dtql»«ditio» oder de» t» Stabs- z«kk md d«» Vororten «richtete» Ans» -abeftelle« «b>«holt: Vierteljährlich jtt M»i»alwer vyltcher Anstellung t»« Heus ^l SÄ Durch die Kost bezoae» für Deutschland «ck Oestrr»tch: dchMstzrUch ^»L—. Direct« ttgllche Er»zb«dj«»»»ng nv «M-»d: »»»atUch ».—. Di« Vlorgeu-Ausgab« erscheint täglich V,7Uhc, »st «bmstMns»,». «ochentags S Uhr. Redmtis, Lr»e>itis«: L»tz»»»e«OaG« 8. Die Expedition ist »»»»terbroche» ge» tjhoet t», früh 8 bis «bead« 7 Uhr. Fitißle«: vtto El«»»« «ertt». («Fred Odtzn). UnkoerMtsstraste 1. L,»t» Lösche, jstchsrstmistr. Ich pari. euch »sickgsplatz V. Morgen-Ansgave. Lack ach verleg von I. Pol» t» Ltivjkg. chtttzer TllgMlltt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- »nd Geschäftsverkehr. JnsertiovspreiS Morgen-Angabe: die »gespaltene Pellt« »eil« 20^, Ree tarnen unter dein Redactioiw« strich ;4 gespalten) 50^4, vor den Famllien- »achrichten (6 geipalten) 40 Abead-Auogabe: die «geipultene Pet:tjeU« 40^ Reklamen unter dem RedaeNoosstrutz (4 geipalten) l ^l, Famitiennachrichien und Anzeigen verlorener «Aegenslände lllgnpalieu) SV Hz. Größere Schritten laut unterem Prrik- vergetchmh. Tabellarischer und Zijsrrnsatz nach höherem Tarif. Extra-veilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesürderung -ck Sl>-—, mit Ooslbesorderuag 70.—. Änuahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Bei den Filialen »nd Annabniesrellea je ein« Halde Stunde srüher. Juserate stad stets an di« Erpedttroa zu richte». Sonnabend dm 12. December 1891. 85. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 13. December, Bormittags nur bis v Uhr geöffnet. Expedition ds8 I^elp/ixer Amtliche Bekanntmachnngrn. Bekanntmachung. Am Montag, den 7. d. M., BorinittagS gegen 10 Uhr ist aus ein« Treppe deS Hausarundstücks Centratstraß« 14 ein 6 bis 8 Wochen altes Kind weiblichen Geschlechts lebend aulgesunden worden. Das- selb« ist zweifellos von eioer Frauensperson dorthin gebracht worden, welche, wie et» Hausbewohner beobachtet hat, das brzeichnete Haus nach S Uhr mit einem Packet auf dem Arme betrete», dasselbe aber ohne dieses wieder verlasse» hat. Die Frauensperson wird beschrieben alS ungefähr 30 Jahre alt, von mittler Gestalt und hellblondem Haar und soll dunklen Rock, dralles bez. schwarzes Jaquet und schwarzarünlichen Hut, welcher mit einem Fruchtbouquet von Beere» oder Kirschen bnnt ausgeputzt gewesen ist, getragen haben. Dieselbe ist altmodisch gekleidet gewesen und hat den Eindruck einer Person vom Laude gemacht. In einem bei dem Kinde zurückgelassenen Zettel bezeichnet sich die Mutter desselben als rin armes, elternloses und von seinem Geliebte» ver lassenes Mädchen, welcher ohne Arbeit, Geld und Unterkommen ist und das Kind eia« bösen Brust wegen nicht füllen kann. Da- Kind hat in einem sogen. Steckbettchen gelten, welches einen weißen, mit kleinem schwarzen Muster bedruckten Kattun- Überzug mit Falbel und rin schwarzgran-, roth- und weißgrstreifteS Jnlet hat, und ist außerdem mit einem weißen Shirtinghemdchen mit Spitzenbesatz und einem roth- und weihgeblumtea Barchent- jäckchen bekleidet und mit einer graubraunen Barcheutwtndcl um wickelt gewesen. Sämmlliche Sachen sind ziemlich neue sogen, billig« Waarr. Da die an gestellten Erörterungen zur Ermittelung der Kindes mutter bisher nicht geführt haben, so ersuchen wir hierdurch, jede Wahrnehmung, welche über di« Herkunft de« Kinde« Aufklärung zu schaffen geeignet sein sollte, mit thuntichster Brschleuuiguag nuferer LriminalabHeilung zur Keuutaiß bringen zu wollen. Leipzig, am 10. December 1891. D»« P»ltzri««t der Stadt Leipzig. Brrtschneider. Beck«. Bekanntmachung. Nach 8- S7 der Schulordnung für dir hiesigen städtischen Volks- schulen vom 2. Januar 1891 sind tu den Schulausschuß für das Jahr 1893 L städtische ständige volksschnltehrer »au d» ständigen Lehrern und Lehrerinnen dieser Schulen zu wählen. Die Wahlhandlung wird S»«»adknd, de» 18. December 1881» Nachmittag 8-8 Uhr im Saal« der I. höheren Bürgerschule stattfinden. Zu ein» giltigrn Wahl ist absolut« Stimmenmehrheit «forderlich; nur wenn eine solch« auch im zweiten Wahlgange nicht «reicht wird, entscheidet im dritten Wahlgange die relative Stimmenmehrheit. Die Stimmberechtigten werden hiermit »um Erscheinen im Wahl» tenuine und zur Vornahme der Wahl geladen. Leipzig, am 11. December 1891. Der varfitzeade »e« SchtUemdschufie«. Walter. Bekanntmachung. Wegen Einlegung der Wasserleitung in da« Grundstück Ritter- straße Nr. 6 wird die Rttterstrastc in ihr» Ausdehnung vom Nicolaikirchhos bi» zur Gorthestroß« »«« Sa«nade«H. de» IS. diese» Monat» a» aus die Dan« der Arbeiten für den durchgehende« Fatzrnerketzr gesperrt. Leipzig, den 10. December 1891. IX. 14730. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Leistu«. Bekanntmachung. Hindurch machen wir bekannt, daß wir die Petzschau« Straße in Leipzig - Eutritzsch auf deren gesammte Ausdehnung von d« Delitzsch« bis zur Blücherstraße, mit Ausnahme der Fußwege, in Sgenthum und Verwaltung der Stadtgrmetude übernommen haben Leipzig, de» 4. December 189l. K.519? Der Rdth per Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. vr. Redlich. Gesucht wird der Agent . Friedrich D«»t«t Ktehla, wrlch« z« Fürsorge für sein« Kinder auzuhalte» ist. Leipzig, den 8. December 1891. Der »gtd der Stgdt Leipzig. . . (Annen'Untt.) 4. L IV», 84«. Hentschel. Hr. Bekanntmachung. Der von der Laarrhofsverwaltnng am 12. Octob« 1885 uni« 1700S ansgestellte, ans H. Vardgsch lautende Lagerschein üb« auMagertr 8 V«>e» >»tzda«rr. gezetchue» .7. S. Xo. 205 u. LOS. gewöhn 148 dg. ist bei uns al» verloren argangea augezeig« worden. Wir fordern den Inhaber de« Lagerschein« hiermit aus, sich mit demsttd» binnen » Monate» nud sattesten« bi» zu» bei Verlust jeglichen Anspruch» LnMrhofs^wetzttt,» »» melde». Erfolgt keine Mrkwnlg. Lagerhossveaoaltteog in d« «» „ 1» wirb der Lagerschein für «loschen «Atel «d ei» n»«r Lagerfchei, ansgefertigt 11. Dmmnber 1891. 8« »tg»t «aSEt» Saths» Bekanntmachung. Wir bringen hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß wir die Herren 1) Fiicherodttmeister Sari Wilhelm Müller, 2) Fischermeister Adolf väse Zr. angewiesen haben, die Flüsse, Ftutheiune» und Teiche hiesigen Stadt bezirks mit Einschluß der einverleibten Lororte, soweit diese Ge wässer alS Eisbahnen benutzt werben, jedoch mit Ausschluß d« öffentlichen Eisbahnen am Schleußig« Wege und vor dem Frank- urter Thor«, während des gegenwärtigen Winters sorgfältig zu überwachen. Es ist daher den Anordnungen derselben sowohl seitens der Jn- »abrr der Eisbahnen, alS auch leiten« der die Eisbahnen Besuchen den unbedingt Folg« zu leisten. Insbesondere ist das Betreten des L-ses und das Schlittschuh- lausen, bevor solches aus der fraglichen Eisbahn von den Oben genannten für unbedenklich erklärt worden, verboten. Es haben auch die Inhaber der Eisbahnen aus bezüglich« Anordnung und namentlich bet eiogetretenem Thauwett« den Zutritt zu ihre» Bahnen fern« nicht zu gestatten. Befinden sich aus Eisbahnen, welche beiahreu werden können, eisfreie oder nicht genügend sichere Stellen, so sind dieselben in gehörig« Weise adzusperren. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden mit Geld- lrase bis zu oder mit Haft bis zu 14 Tagen geahndet werden. Leipzig, den 4. December 1891. Der «ath »er Stadt Leipzig. H 13915. vr. Tröndlin. Witthgen. Die Bede des Reichskanzlers. Die Rede, durch welche der Reichskanzler die Annahme der Handelsverträge empfohlen hat, entspricht den Erwar tungen, welche darauf gesetzt waren, sie bat bewiesen, daß der an der Spitze der ReichSregicrung stehende Staatsmann nicht lediglich ein willenlose« Werkzeug zur Ausführung ihm gewordener Befehle ist, sondern daß er mit vollem Ber- ständniß an wichtige Aufgaben herantritt und sic geschickt zu lösen weiß. Wir können ihm nicht beistimmen in seiner Colonialpolitik, wir ballen an der Auffassung fest, daß der Abschluß des Abkommens vom 1. Juli l89(> ein poli tischer Fehler war, wir halten ferner die Einführung des Systems Soden an Stelle des Systems Wissmann für unzweckmäßig und verfrüht» wir sind ferner der Meinung, daß die Acnderuug unserer Politik gegen die Polen eine unrichtige Maßregel ist, die uns noch manche schwere Stunde bereiten wird, wir hegen endlich Zweifel, cd unsere auswärtige Politik stets das Richtige getroffen hat, aber wir haben di« Ueberzcugung, daß der Abschluß der Handel- Verträge von dem größten Werth für unsere zukünftige Ent Wickelung ist, und daß diese Beiträge uns wirtbschastlich auf die Stufe beben werden, welche wir brauchen, um alle vor handenen Kräfte mit einander in gedeihliche Wechselwirkung zu setzen. Die richtige Handels- und WirthschaftSpolitik ist die Hauptbedingung sur die Gesammtwohlsayrt und sie ist das beste und sicherste Mittel, um den Frieden aufrecht zu erhalten. ES sind große allgemeine Gesichtöpuncte, welche für die Wahl der Tarifvertrag-Politik an Stelle der bisherigen Ab- schließung durch einen autonomen Tarif maßgebend waren. Wenn sich alle Staaten von einander abschließen, dann werden die Bortyeile autonomer Tarife zu Nachtheilen, die Ausfuhr kört auf, und die auf den heimischen Markt beschränkte Industrie verliert die Möglichkeit der Erweiterung ihre- Absatzgebietes. Einfuhr und Ausfuhr müssen sich die Waage halten, wenn Handel und Wandel gedeihen sollen, noch bester ist der Zustand , wenn die AuSfubr die Einfuhr übersteigt, die BorauSsetznng eine- solchen Verhältnisse« ist aber die Ergiebigkeit de» Bodens, welche Deutschland fehlt, und deshalb muffen der Landwirtb- schaft wie der Industrie die nölyigen Schutzmittel gewäbrt werden, um sie lebensfähig ru erhalten. Der Reichskanzler lagt: Wenn wir auf dem bisherigen System der Abschließung bryarrten oder gar noch weiter gingen, dann würden wir rum Kriege Aller gegen Alle gelangen, in Deutschland ins besondere >m Kampf um- Dasein würde ein Betrieb »ach dem andern eingestellt werden müssen. Bei uns liegen die Verhältnisse so, daß eS darauf ankommt, die Landwirlhschaft zu schützen, ohne sie aus Kosten der Gesammt-Interessen in Blüthe zu erhalten. Graf Kanitz und seine Anhänger stellen sich auf einen andern Standpnnct. Sie sagen: Zuerst kommt der Landwirtb, und erst wenn besten DaseinSbedinaungen gegen jeden Wechsel sicher gestellt sind, kommen die übrigen <staatS-Zutrreffen an die Reihe. Der Reichskanzler erklärt, daß der Kornzoll von 5 zu hoch ist und sogar in landwirthschastlichen Kreisen dadurch theilweise seinen Zweck verfehlt. Graf Kanitz be hauptet im Gegentheil, dag ohne diesen Zoll die Laodwirthc zu Tausenden von Hau- und Hof vertrieben sein würden. ES ist aber ein einseitiger Intereffrn-Standpunct, welcher verlangt, daß die Laildwirtbschast vor der Industrie bevor zugt werden wüste, daß von ihr allein da» Wohl und Webe des Staates abhänge. Die hohe Bedeutung der Land- wirlbschaft wird auf allen Selten und besonders von der Regierung gebührend anerkannt, aber so weit darf man nicht geben, daß man die Wohlfahrt des Ganzen von der Höhe des Kornzoll« abhängig macht. Gras Kanitz hat eö dem Reichskanzler besonder» zum Vorwurf gemacht» daß die Eisen zölle unberührt geblieben sind, und er findet, daß die Gegen leistungen der österreichischen Industrie im Verhältniß zu den unsrigen sehr gering seien. In Oesterreich beklagt man sich wiederum darüber, daß doppelt so viel deutsche Industriezölle herabgesetzt worden se»n als östrrreichische, und findet, daß die östrrreichische Industrie in dem Vertrage schlecht weg gekommen s«. Die Klagen de« Grafen Kanitz sind der best« Beweis dafür, daß die deutsche RrichSreaierung mit der Herabsetzung der Kornzölle auf 3,50 das Richtige getroffen hat, nicht minder als mit der Aendrrung der Industriezölle, gleichwie mit ihrer theilrveisen Ausrechthaltuua in der bisherigen Höbe. Der Ausgleich der verschiedenen Interessen ist der leitende Gesichtspunkt für die Normirung der Tarifsätze in den neuen Verträgen, nicht die Uebervortbrilung oder Benachtheiligung des einen Intrreffenkreise« im Vergleich mit andern. Der Reichskanzler sagt: „Die Menschen gehen lohnender Arbeit nach, anch wenn die Preise der Leben-mittel höher sind, als in der Heimath. Dir wollen dnrch di« Verträge lahnand« Arbeit schaffe^ entweder «ästen «i, Maare» »der Menschen epportiren, denn unsere Bevölkerung ist in der Zunabme begriffen." DaS ist unzweifelhaft richtig, und des halb ist da- Hauptaugenmerk auf die Au-fuhr der Industrie- Erzeugnisse zu lenken. Die Auswanderung aus Ostpreußen ist durch die Kornzölle nicht verbindcrt worden, und selbst die Verdoppelung dieser Zölle würde eü nicht dabin bringen, baß die besitzlosen ländlichen Arbeiter an die Scholle gefesselt werden, wenn die Arbeit nicht entsprechend lohnender wird. Die Erklärung de- Grasen Kanitz, daß er gegen die Handels verträge stimmen werde, bat im Reichstage Bewegung bervor- acrufcn und ihm vereinzelte Bravorufe cinaetrage», aber sic bat zugleich dazu gebient, die große Mehrheit ver ander« Urtbcilenden festzustellen. , Noch ein anderer Gesichtspunkt des Reichskanzler« hat lebhafte Zustimmung gesunden. Er bezeichnet eS als un möglich, daß die Staaten de- Dreibundes mit einander im wirthschastlicken Kriege lebe» können. »Wir haben daö Interesse, unsere Verbündeten zu stärken, wir brauchen im Kriegsfälle kräftige Verbündete und die Regierungen sind ge meinsam bcmübt gewesen, die Verträge so zu gestalten, daß sie sich inimcr tiefer in die Bevölkerung einleben." So sagte der Reichskanzler, und er bat damit eine der wichtigsten Seiten der Verträge berührt. Es kann unmöglich im Interesse von Bundesgenossen liegen, die eigene wirlbschaftlichc Wohl fahrt auf Kosten der Verbündeten zu fördern. Die Inlcr- esten Verbündeter sind gemeinsam, sie handeln nur richtig, wenn sie einander bcistehen, um ihre noch schlummernden Kräfte durch gegenseitige Unterstützung zu cnlwickcl». DaS ist eine durchaus neue Anschauung, und eS giebt noch beute Biele, welche glauben, daß Verbündete nichts Besseres zu Iknn haben, al« sich gegenseitig wirthschafttick avSzubente». Graf Kaniy z. B. ist der Meinung, daß eine wirtlffchaftliche Annäbcrung der verbündeten Staaten nicht zur Befestigung des Bundes beitragen werde. Richtig würde diese Meinung nur dann sein, wenn sich nachträglich herausstellte, daß durch die Verträge ein Zustand geschaffen ist, welcher dem einen Theile die Vortheilc, dem ander» dagegen Nachlbeile gewährt. Ein solche- Streben, sich gegenseitig über da- Ohr zu haue», ist doch aber sicher nicht vorhanden. Ter Reichskanzler schloß seine Rede mit einem Ausblick auf die bevorstebende Weltgestaltuna und legte dabei die An schauung zu Grunde, daß große Reiche in der Bildung be griffen sind, neben welchen europäische Großstaaten von heute zu kleinen Stauten herabsinkrn werden. Cr wie« auf Rußland und auf die Bereinigten Staaten von Nordamerika bin. Dieser Gedanke ist offenbar richtig, aber wir begreifen nicht, daß der Reichskanzler, der ibn bcgt, trotzdem so wenig Gewicht auf unsere Colonial-Entwickelung legt, ja daß er den Ausspruch thun konnte: „Man könnte uns nicht in größere Verlegenheit setzen, als wenn man uns ganz Afrika schenkte." Wer der Ausdehnung der Ausfuhr deutscher Industric- crzeugniste so großen Werth beimißt, wie der Reichskanzler, sollte doch auch solchen Bestrebungen Gerechtigkeit wider fahren lassen, welche unser Absatzgebiet zu vergrößern be stimmt sind und dem deutschen Handel neue Wege ebnen sollen. Der Reichskanzler hat England unerwähnt gelassen, da- doch auch einen sehr beachtenSwertben Anlauf genommen hat, ein Weltreich zu begründen. Deutschland hat ja wenig Anwartschaft darauf, sich an diesem Wcttlauf um die Welt Herrschaft zu beteiligen, aber die Anfänge seiner Colonial Politik verdienen gewiß alle Beachtung und Unterstützung durch die Reichsregierung. * Leipzig, 12. December. * Die „Post" bringt eine Erklärung deS Abgeordneten von Kardorsf, welche die ZcitungSmeldung, er habe den Fürsten BiSmarck dringend ersucht, an den RclchSlagSoer- bandlunge.i theilzunehmen, Fürst BiSmarck habe aber mit kategorischem Nein geantwortet, von Anfang bis Ende al- unwahr bezeichnet. * Die Freisinnigen und Nationalliberalen bringen eine Interpellation im Reichstag ein, betreffend die Copyright- Bill und den Abschluß der Literarcouvention mit Oesterreich. * Wie gemeldet wird, hätte die deutschconserva t ive Fraction de- Reich-tagS in ihrer gestrigen Sitzung mit 24 gegen 12 Stimmen sich gegen die Handelsverträge erklärt. * Der frühere Abgeordnete Freiherr v Minnigerode veröffentlicht in der „Kreuzzeitung" eine Mahnung an die cooservative Fraction, möglichst rinmülhig gegen die Handelsverträge zu stimmen. * In deutschen Blättern ist gemeldet worden, daß General v. Schweinitz, der deutsche Botschafter in Petersburg, der kürzlick eine schwere Erkrankung zu übersiehe» hatte, uni seine Verabschiedung ringekommen wäre, und daß die An wesenheit de« drusichen Botschafter- in London, Grafen Hatzfclvt, und des deutschen Botschafters in Pari-, Grafen Münster, in Berlin vielfach damit in Verbindung gebrach» werde. In dieser Form ist nach einem officiöscn Dementi die Nachricht ganz unbegründet. General v. Schweinitz hat sein Abschiedsgesuch nicht eingereicht. Allerdings dürste er in Folge seiner Krankheit den lange gehegten Plan, sich wegen vorgerückten Alter- auS dem Dienste zurückzuzieden, vielleicht wieder aufnehmen. In diesem Falle würbe indessen weder Hatzfeldt noch Münster als sein Nachfolger in Betracht kommen, wohl aber vielleicht Graf Wedel. Doch sei die Frage einstweilen noch nicht reif zur Entscheidung. * Au» München schreibt uns unser lüCorrespondet: Die Nothwrndigkrit einer Staat-Hilfe, dir kürzlich anläßlich einer Interpellation von der bayerischen Regierung zugrsichcrt worden ist, illustrirt das Ergedniß der vom unter- fränkischen Weinbau angestellten Erhebungen über die letzten Ernteverhältniffe in schlagender Weise. Sn bat die Weinbauaemeinde ThüngerSbcim gegen den Durchschnitt der letzten zehn Jahre einen Minderertrag von über 8000 lil oder circa 200,000 RantcSacker, da» sonst 14 000 dl durchschnittlich erzielte, hat Heuer noch keine 4V lll Wein erzieltl In den k weinbautreibenden Gemeinden de« Bezirksamtes Kisstngrn wurde eine Weinlese überhaupt niHt vorgenommen, in den Gemeinden um Kitzingen erzielte man 15—120 Liter pro Hektar, in denen des Bezirksamt«» Hammelbnr- mit de» berühmte» Saaleck kaum 25 Liter pro Hektar (!). Die 364 Gemeinden del untcrsränkischen WcinlandeS verlieren ca. 5 195000 Herbstertrag. Ein Nacklaß von Grundsteuern bedeutet dieser Summe gegenüber nicht viel, ist aber immerhin für die kleinen Winzer von Werth, da diese selbst die wenige» Groschen Baargcld zum Stcuerzahlcn Heuer nicht besitze». Um Staat-Hilfe durch Zuwendung von Militairausträge» bitten jetzt auch die Abgeordneten auS denj sogen. Wcbcr- districtcn NiedcrbayernS. * AuS Rcichenberg, tO. December, meldet man unS: Die hier prakticircnden l!» Aerzte haben gegen ihren College» den czeckischen Hetzapostel Dr. Wenzel Sckamanek (welcher bereits seinerzeit auS dem hiesigen Verein deutscher Aerzte in Rcichenberg und Umgebung ausgeschlossen wurde) beute in den hiesigen Blättern eine scharfe Erklärung losgelassen, in der sie in Folge seines herausfordernden Benehmens in nationaler Beziehung und seines uncollegialen Bcnchnicnö erklären, daß sic die Haltung Schamanek'ö auf da- Ent schiedenste verurtheilen, in der Praxis jede Berührung mit ihm vermeiden und dieses auch gegenüber dem Publicum, welche« den Dr. Schamane! als Arzt wählt, zum Ausdruck bringen werden. * Der Schweizer BundcS-Präsidcnl Wclti hat sich nicht bestimmen lasse», snnc Demission znrückzunechmrn. DaS Gesuch »m dieselbe, welches letzthin im National- rathe verlesen wurde, lautete: „Der Unterzeichnete ist im Falle, der hohen Bundesversammlung daS ehrerbietige Gesuch vorzulrae», ihn auf Ende laufenden Jahres von der Stelle eines Mitgliedes des Bundcsrathcö zu entlasse». Mit dieser Bitte verbindet er den wärmste» Dank für daS Vertrauen, welches ihm die Rätdc der Eidgenossenschaft während der fünfundzwanzig Jahre seiner Thätigkcit bewiesen haben, und verabschiedet sich mit den innigsten Wünschen für das Glück und Gedeihen de« Vaterlandes." Bevor die Sacke entschieden war, machte die „Neue Zürcher Zeitung", welche eine Gegnerin der Eisenbahnpolitik Welli'S war, den Vorschlag, Wclti das auswärtige Departement zu überlassen und Droz an die Spitze des Eise»bahn-DepartenientS zu stellen. Diese Lösung ist durch da« Beharren Welli'S auf seinem RücktrrltSgcsuchc gegenstandslos geworden. Der nothgedrungene Verzicht auf Welti'S Arbeitskraft und Begabung wird in der ganzen Schweiz lebhaft beklagt. * Die Minister FalliüreS, Ribot »nd Freycinet beabsichtigten, an der gestrigen Debatte der französischen Dep >ltir lenk ammer über die Interpellation Hnbbard betreffend die Haltung des Klerus, theilzunehmen. — Gerücht weise verlautet, der Justiz- und Cultuöininister Fallitzres wäre entschlossen, nach Schluß der Kammerdebattc sein Portefeuille abzugeben. Dieser Demission wäre jedoch nur eine individuelle Bedeutung beijumesscn. — Wie in parla mentarischen Kreisen versichert wird, würde sich die Regierung bereit erklären, demnächst einen Gesetzentwurf über die gcisl licken Gesellschasten vorruleaen. Derselbe würde jedoch nicht den Charakter der Maßnahme einer Trennung der Kirche vom Staat tragen. * Der „National-Zeitung" wird auS Paris geschrieben: Die Veröffentlichung der Handelsverträge in den betreffenden Hauptstädten hat hier wie ein Tvniicrschlag gewirkt — als oo man durch sie überrascht worden wäre, als ob dieselben nicht daS Eracbniß seit Jahresfrist schweben der Unterhandlungen wären! Die Pariser Blätter batten nicht ausgebört, ungünstige Nachrichten über Ken Stand der von Deutschland begonnenen Unterhandlungen zu veröffent lichen, so daß manbicr im Publicum meistens annabm, sic würden mißlingen und baß sodann die verschiedenen Staaten gezwungen sein würden,sich wiederFrankreich zu nähern und den französischen Vorschlägen mit dem Anerbieten deS famosen Minimaltariseü Gehör zu schenken. Diese Illusion ist durch die Nachricht von der Veröffentlichung der zwischen Deutschland, Oester reich, Italien und Belgien abgeschlossenen Handelsverträge gründlich zerstört worden, und eS wird bereits ersichtlich, daß dadurch eine ernstliche Beunruhigung der öffentlichen Meinung, eine bedenkliche Aufregung in den industriellen und com- merciellen Kreisen entstehen wird — was die Negierung, wenn sie eS ernstlich wollte, benutzen könnte, um selbst noch in diesem Augenblicke von den Kamincrn eine Milderung ihrer sür Frankreich verhängnißvollen Zollpolitik zu erlangen. Man ist aber gerade in de» leitenden Kreisen so verblendet, die Animosität gegen Deutschland ist so stark, daß die Alarm rufe der einsichtsvollen Leute, welche die Minorität bilden, unwirksam bleiben werden, und daß man sich jetzt erst reckt darauf steifen dürfte, diese Zollpolitik fortzusetze», welche sämmlliche europäische Staaten zwingen wird, sich, wie der „TempS" sagt, „ohne Frankreich, oder richtiger auögedrüät, gegen Frankreich zu vereinigen". * Durch Indiskretionen seitens einzelner Personen an der Umgebung gewisser Bischöfe hat die französische Rc gierung von einem vertraulichen Schreiben beS Bischofs Turinay von Nancy an seine Collegen Kenntniß erlangt. In ciescm Schreiben wird bebus« Organisirnng einer ei» beitlicken Action deS gesammten Episkopats gegen die Feinte der Kirche die Bildung eines auS acht Gliedern bestehenden, von sämmlliche» Bischöfen Frankreich- gewählten Ausschusses oorgeschlaacn, der die gemeinschaftlichen Kuntgedunge» leiten soll. Dieser Versuch ist an der Ablehnung seitens der maß gebendsten Bischöfe gescheitert. Trotzdem sind von der Re gierung Anordnungen getroffen, um etwaige, durch daS Eo» cordat verbotene Bereinigungen zu verhindern. * Dem Vernehmen nach wird der neue spanische Zoll taris noch vor Ende d. M. amtlich veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung sei mehrere Monate binauSgesckobcn worden, weil die Regierung gehofft habe, zu einem Einvernehmen mit Frankreich zu gelangen, und weil sie beabsichtigt habe, den Tarif, wenn nothig, zu ermäßigen. Im Wesentlichen sei der Tarif sertiggestellt, und eS handle sich gegenwärtig nur noch um die Vornahme einiger wenig e>bevl>chen Aenderungen. Die Zollrrsorm-Eommission sei zu diesem Zweck zusammen getreten. Hieran wollen wir di« Bemerkung knüpfen, daß man in spanischen Kreisen glaubt, dir deutsche Regierung werde sich zu einer Ermäßigung der Zollsätze sür gute spanische Weine entscheiden. * Der Kaiser von Rußland empfing den neuernanntrn französischen Botschafter Grafen von MootebeÜ» »ur Ent»
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