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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.12.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911215025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891121502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891121502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-12
- Tag1891-12-15
- Monat1891-12
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Abend-dl»«gabe: di» «gespoltem Petit^-Ua 40^ Reklame» »uterde« Nedactiousftnch lsqNpolten» 1 gumtlieunachrichten uud Anzeigen verlorener Gegenständ« <8gespalten» 70 ^ Größere Schriften laut nusrrrm Preis- vcrzeichniß. Tabellarischer und Ziffrrnsatz ,ach höherem Turis. Sr»ru -Betlauen (gesalzt), «ur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördernug 60—, mit Poftdesörderuug 70.—. Ä»vah«kschl»b f»r Zuserute: Abead'A»«gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgeu«»uSgade: Nachmittag« «Uhr. Sonn, uud Festtag« früh 9 Uhr Bei den Filialen und Annahmestellen i« eiua halb« Stunde früher. Inserate sind stets an die zu richten. ^-137. Dienstag den 15. December 1891. 85. Jahrgang. - Die Re-e des Fürsten Lismarck an die Siegener Deputation. Fürst Bismarck hat bei Empfang der Deputation ans Siegen, welche ihm am vorigen Sonnabend den Ehrenbürger- bries der Stadt überbrachlc. folgende Rede gehalten: „Mitbürger Ihrer Stadt zn sein, ist mir eine bobe Ebre und Freude, zumal mein Interesse für daS Siegener Land jchcn alt ist. Zum ersten Male kam ich mit ihm in Be ziehung, als ich vor 50 Jahren ein Gut übernommen hatte, welches durch unzweckmäßige Ricselwirthsckast geschädigt war. Damals körte ich zuerst von Siegener Ricselwiesen und sah landwirthschaftliche Techniker aus Ihrer Gegend bei mir, um meine Wiesen nach der bewährten Siegener Methode zu verbessern. DaS war der erste, landwirthschaftliche, Anknüpfungspunkt. Ter zweite war forstlicher Natur. Al« ich in den Besitz größeren WaldcS kam, erlangte daS Siegener Land mit seinen Hembergen ein besondere« Interesse für mied. In Pommern und selbst hier in Lauenburg können »vir aber einen so guten Lchälwald nicht erzielen; unserem Eichcnwalde fehlt dazu die Sonne und der Bergboden Ihrer Gegend. Zu meinem Be lauern habe ich letztere nie selbst gesehen. Drittens verbindet mich mit Ihnen meine Stellung in der industriellen Gesetzgebung, und am Himmel der Industrie bildet daS Siegener Land ja ein Helles Sternbild; in Eisen und in Leder pflegt eS zwei für die Wehrkraft besonders hervorragende Industrien. Dieses dreifache Interesse, da« in mir bei Nennung Ihrer Stadt erweckt wird, erregt auch heute meine Freude über die ehrenvolle Anerkennung, wclcl>e meine Wirksamkeit bei Ihnen gesunden hat, und ich wünschte, daß ich auch in der Lage Ware, mich Ihnen noch jetzt besonder« in dem dritten Punctc nützlich zu mache». Aber ich bin auS den amtlichen Beziehungen zu Ihrer Industrie beranS und kann auch jetzt in Berlin die Sache nicht angreifcn. Wenn ich hinkäme und im Reichstage den Mund aufthäte, so müßte ich der herrschen den Politik schärfer entgrgentreten, als ich eS bisher meiner Stellung und meiner Bergangenheit angemessen finde; ich müßte entweder schweigen, oder so reden, wie ich denke. Wenn ich Letztere« thue, so hat daS eine Tragweite nach unten, nack oben, nach außen und nach innen, an die ich mich beute noch nicht gewöhnen kann. ES kann ja sein, daß die Nothwendigkeit für mich eintritt, dieses sub;cctive Gefühl zu überwinden. Für heule möchte ich nur sagen: Xonckarn meriäie«. Wenn ich jetzt nach Berlin käme und spräche für den Schutz der Landwirthschaft, so würde man nur sagen: „Vons etes orkävro, monmour ', und meine Bedenken für intcressirt halten; damit wäre die Sache erledigt. Ich würde deshalb, wenn ich dort Ware, mehr für Politik eintreten und für das Interesse der Industrie mehr wie für daS eigene. Die Landwirthschaft ist ohnehin schon daran gewöhnt, daS Stiefkind der Bureaukratie zu sein, die ihr Lasten aufcrlegt ohne Wohlwollen und Sachkunde. Ader eS ist doch auch eine große Menge von Industrie zweigen, die benachtbeiligt werden durch die neuen Vorschläge. Einige haben Bortheile erlangt; wie Aroß diese im Ganzen find und wie groß auf der anderen «seite der Nachtheil ist, den die unter bessere Bedingungen versetzte österreichische Eoncurrenz unS bringt, und ob die Kauskraft Oesterreich« für unsere Producte einer Steigerung fähig ist. und wie weit nnser Import in Oesterreich Transit nach Balkan und Orient ist, entzieht sich bisher meinem Urtheile. In der Liste der Industriewaaren sind eS etwa 30 oder mehr, deren Zollschutz gemindert werden soll. Aber so lange die betroffenen Industriellen nickt selbst klagen und sich an ihre ReichtagSabgeordneten wenden, damit diese für sie eintreten, kann ich in ick ihnen nickt aufdrängen. Dazu bin ich nickt sachkundig genug. — Wer ist Industrieller unter Ihnen? (Antwort: Fast Alle.) — Ta werden Sic sich die Liste vergegenwärtigen und sich nicht verhehlen, daß wir nicht nur der österreichischen und italienischen, sondern auch der französischen und englischen, ja sogar der amerikanische» Industrie, trotz Mac Kinlcy-Bill, wesentliche Erleichterungen zugestehen sollen. Denn die mit diesen Staaten geschlossenen Beiträge kann man nicht brechen. Die Amerikaner baden in dem Vertrage mit Preußen 1885 da« Meist- degüustlguiigSrecht erhalten, werden also nach Annahme der BcrlrLgc zu den neuen Zollsätzen importiren. Ihnen das unter Vorwänden zu verwehren, würde kort als Vertragsbruch ge deutet werden. Welchen Industriezweigen die« Ganze gesähr Ilch ist und welche eS weniger schädigt, daß kann ich nicht bcurtheilcn, und wie der Reichstag da« so schnell beurtheilen will, ist mir unerklärlich. Das Beunruhigendste am Ganzen ist mir die Abdication des NeichSIagS, wenn er in wenige» Tagen daS begutachten und nur zur dauernden Einrichtung macken will, was Herren vom grünen Tisch in Zeit eine« Jahres im Geheimen auSgearbeitet haben. Wer hat denn alle diese Aendcrungcn und Bestimmungen entworfen? Gehcim- rälbe, ausschließlich Eonsumenten, auf die daS Bibclwort vayi. Sie säen nicht, sic ernten nicht und sammeln nicht in die Scheuern — Herren, die der Schuk nicht drückt, de» sie für den Fuß der Industrie zurechtschneiten. — Die Bureau- kratic ist es, an der wir überall kranken. Ich würde nie den Muth gehabt haben, aus zwölf Iabre den Sprung ins Dunkle zu thun. Die Härten der neuen Verträge »verte» sich beim Gebrauche bald Herausstellen und sie werde» unabänderlich sein. Sich derselben jetzt, vor der endgiltigen Festlegung, bewußt zu werden, dafür bleibt der Industrie nicht Zeit Es war ja bisher Alle« ein Geheim- uiß. Wenn gesagt worden ist, unter der vorigen Regierung sei dieselbe Taktik des Verschweigen« beobachtet worden, so ist daS eine Fiction. Wir haben 1878 damit begonnen, die Tanf-Fragr in die Oeffentlickkeit zu werfen wir haben daS gemacht, wa« die Engländer „lair plax" und die Franzosen „curtc zur takln" nennen. — Dies mal war heimliche Vorbereitung beliebt, und der Reichstag soll sich iu wenigen Tagen mit dem Ganzen abflnden. Darin liegt politisch ein sehr bedauerliches Ergebniß. Wenn der Reichstag da« aus sich nimmt, so schädigt er sein Ansehen im Volke: Will er t« wahren, so muß er in so einschneidenden Fragen wenigsten« dir AnftandSsrist beobachten, in der eine sachliche Prüfung möglich ist. Die Schmerzen, wen» die neuen Stiefel erst an gezogen find, wrrdea folgen. Da« habe» unsere Abgeordneten dabei zethan? wird dann gefragt werden, und dir Antwort wird autcn: Sie haben zugcstimmt, weil die Regierung eS wünschte. Daß der Reichstag nicht die Möglichkeit habe, an den Verträgen zu ändern, ist eine weitere Fiction. Er kann hei jedem einzelnen Paragraphen sagen: Den wollen wir nicht, und werden ablehncn, wenn er nicht geändert wird. Der Reichstag ist in der Gesetzgebung auch über Zölle vollkommen gleichberechtigt mit dem BundeSralhe. Der Reichstag ist das unentbehrliche Bindemittel unserer nationalen Einheit. Verliert er an Autorität, so werden di« Bande, die unS Zusammenhalten, geschwächt. Unser Zusammen halten im Reiche beruht auf den Verträgen, welche die deutschen Regierungen mit einander geschlossen haben, aber auch auf der gemeinsamen Vertretung im Reichstage. Diese widerstandsfähig und in Ansehen zu erhalten, ,st unser« nationale Ausgabe. Hierzu würde ich auch in den jetzt vorliegenden Verhand lungen gern Mitwirken, aber nackdem alle Fractionen au« Gründen des FractionSinteresseS sich vorher verpflichtet habe», muß ich mein Auftreten für nutzlos halten. Ich weiß, wa« so ein FractionSbcschluß besagt, an ihm ist nickt zu rütteln» wie auch nachher die Haltung der Fraction wechseln mag. Angenommen wird daS Ganze so wie sc. Mein Hin- kommcn und meine Aussprache würden sich jetzt daraus beschränken muffen, die Urheber der Vorlage und die, welche sie annehmen, ohne Erfolg zu kntisiren und anzugreiscn. DaS ist eine Ausgabe, die mir wider strebt. Ich hoffe, daß der Reichstag selbst in Erkenntuiß seiner Stellung im Lande sich wenigstens vor einer Ueber- eilung hüten werde, unter der sein Ansehen leiden könnte. Ich bin zu einer so tiefgreifenden Kritik, wie ich sie üben müßte, wenn ich heute im Reichstage reden wollte, wenige« berufen wie Andere; ich bin 50 Jahre im Dienste dech Staates gewesen und Jahrzehnte lang an erster Stelle; gegen dessen Leiter öffentlich so auszutreten, wie ich müßte, wen» ich im Reichstage überhaupt redete, widerstrebt meinem Gefühle und ist mir peinlich, und c« müßten noch stärker« Gründe wie heute vorliegen,, daß ich diesen Widerwillen überwinde. Die Nötbigung dazu läuft mir vielleicht nicht weg, aber ich will eS noch adwarten. Tie« Alle« führe ich Ihnen als Entschuldigung an ich hier aus der Bärenhaut lieg«, anstatt mein erfüllen Mein Arzt ist, wie Sie sehen, wieder hergrkommen, um mich bei den Rockschößen sestzuhalten; er hörte von meiner Frau, daß ick nach Berlin wollte, und beeilt sich, den Flücht ling wieder cinzufangen. Ich schiebe meine Theilnahme an den Verhandlungen noch auf, so schwer auch die Sorge auf mir lastet, daß wir für zwölf Jahre an Zustände gebunden werden sollen, deren Wirkung heute Niemand übersieht, auch ihre Urheber nicht." Leipzig, 15. December. * In der Ansprache, welche der Taufe und dem Stapellauf de« neuen Panzerschiffe« vorauSgina, wie der Kaiser auf die stattliche Reihe von Schiffen hin, die bereits au« der bewährten Werft de« „Vulkan" hervor gegangen und denen sich zum Schutz der vaterländischen Küsten und zur Abwehr feindlicher Angriffe heute ein neue-, mit schweren Geschützen ausgerüstetes Schiff unter deutscher Flagge zugesellen solle. Der heutige Tag sei eine Er- innerung an den Tag des ZahreS 1874, wo bei schwerem Schncesturm der erste deutsche Panzer von der Hand Seiner Mutter getauft und unter den Augen Seine« BaterS von der selben Werst au« in« Wasser geglitten und der Flotte zugesellt sei. Dieses neue Panzerschiff solle nunmehr einen Namen tragen, der an den Mann erinnere, der jenen ersten Panzer mit zur Taufe getragen, an jene große Zeit, in deren Erinnerung Sein Herr Vater als Heros fortledc, in welcher Deutschlands Einigkeit erstritten und der Grundstein zu dem Baue gelegt worden sei, der später durch die deutsche Kaiserkrone seine Krönung erhalten Hab«. Da« neue Schiff solle einen Namen tragen zur Erinnerung an da« Schlachtfeld, wo der Kron prinz Friedrich Wilhelm den ersten Sieg der deutschen Waffen gegen den sich tapser wehrenden Feind erstritten habe. „So fahre denn hin in Dein Element, möge Deine Mannschaft stets in treuer Anhänglichkeit, Gottesfurcht und Tapferkeit den Eid lösen, den sie ihrem obersten Kriegsherrn und LandeS- hrrrn schwören wird. Ich taufe Dich „Weißenburg". * Der Kaiser hat unter dem 1. December seine Ge nehmigung zu der Abänderung de« BerechtigungSwesen« erthcilt. Die Reifezeugnisse der Oberrcalsckulcn in Preußen berechtigen somit zum Studium der Mathematik uud der Naturwissenschaften und zur Prüfung für da« böbcre Lehramt, zur Staat«prllf»ng im Bau- und Ingcnieurfach, zum höheren Forstsach und zum Bergsach. Die Reifezeugnisse der höheren Bürgerschulen, bezw. der gymnasialen und realistische» Lcbraiistalten mit sechsjährigem Lehrgang, sowie daS Verseyung-zcugniß nach Obcrsecunda sind ausreichend für alle Zweige de« SubaltcrndicnstcS Für die Landmesser und Markscheider und für die höhere Abtheilung der Gärtner- Lehranstalt bei Potsdam , für die Stcuersupernumerarc behält eS bei den bisherigen Anforderungen sein Bewenden Gleich zeitig veröffentlicht der „Reichsanzeiger" entsprechende Bor- »ckristen des Reichskanzler« in Bezug aus den Subalterndienst im Reiche. Die Bestimmungen treten mit dem 1. April 1892 in Kraft. * Der Reichskanzler hat in seiner jüngsten Rede im Reichslag noch für die gegenwärtige Session eine Reform de« UnterstühungSwohnsitzgesetzeS in Aussicht gestellt, die aus eine gerechtere Regelung der Pflicht der Heimath« gemeinde, für unterstützung«bedürftige Personen zu sorgen, binauSlausen soll Die Klagen ländlicher Gemeinden in dieser Hinsicht sind alt und nicht unbegründet^ sie beziehen sich daraus, daß in zahllosen Fällen die städtische Industrie die Arbeiter au« ländlichen Kreisen an sich zieht und sie vor Er Werbung eine« neuen UnterstühungSwohnsitzeS, wenn sie krank oder arbeitslos geworden sind, den HeimathSgrmeinden zur Pflege wieder zuschiebt; e« werden aus diese Weise vielfach ländlichen Gegenden nicht nur die Arbeitskräfte entzogen, sondern auch der Unterhalt der Weggezogrnen in Rothfällen ausgrbürdrt Die Angelegenheit ist in früheren Jahren wiederholt im Reichstag zur Sprache gekommen, ohne aber bei der Schwierigkeit de« Gegenstände« und den sehr ent aegengesetzten Meinungen zu einem praktischen Ergebniß zu führen. Die erneute Anregung seiten« der Regierung kann nur als erwünscht bezeichnet werden, freilich muß man ab- ivartcn, in welcher Richtung sich die Vorschläge bewegen werden. * Die „Kreuzzeitung" bemerkt zu der geschäftlichen Behandlung der Handelsverträge im Reichstag: „Wir stehen nicht an, dieselbe für einen im parlamentarischen Leben unerhörten Vorgang zu erklären und schieben die Verant wortung für die nach verschiedenen Richtungen, auch in Bezug auf da« Verhalten der Parteien zu einander, unaus bleiblichen Folgen allein dem ausschlaggebenden Eentrum zu." Die Freundschaft der „Krenzzeilung" zu dem Eentrum scheint durch die jüngsten Vorgänge einen empfindlichen Stoß erlitten zu baden. Der Eompagniesührer der ostasrikaniscken Schutztruppc, Ramsay, zuletzt zum Auswärtigen Amt commandin, ist, wie verlautet, zum Nachfolger des gefallenen Herrn v. Graven- rcutb in der Leitung der Expedition im Hinterlande von Kamerun als RcichScommissar betraut worden und bereit« auf seinen Posten abgcreist. * Uebcr die Niederlage de« Herrn Stöcker bei der Wahl de« Generalsynodal-Dorstandes berichtet die „Deutsch-Evangelische Kirchenzcitung": „Die Gruppe der posi tiven Union bestimmte in einer Sitzung, wo etwa 00 Mit glieder erschienen waren, durch Zettelwahl, da man die wahre Meinung der Gruppe wissen wollte, Stöcker gegen l5 Stimmen zum vierten Beisitzer des Synodal-Vorstande«; nicht zum ersten, da man vermieden wissen wollte, daß er jemals an die Spitze dieser Körperschaft trete. Diese Wahl wurde wie die übrigen den beiden anderen Gruppen mitgctbeilt, die Namen der Gewählten aus einen Zettel gedruckt und an die Mit glieder sür die Wahl vcrtheilt. Bei einem Theil der Gruppe herrschte von Anfang an ein Bedenken, Stöcker überhaupt in den Borstand zu wählen. Man fürchtete, daß dadurch Verstimmung bcrvorgerufen und die Hoff nung auf einen zukünftigen besseren Gang der kirchlichen Angelegenheiten gestört werden könnte. Die Eonsessionellcn hatten sich glrichiall» schlüssig gemacht, für Stöcker geschloffen rinzutreten; sie haben die«, mit Au-nahme einiger weniger ^ tglieder, die sich ihre Freiheit wahrten, auch anügeführt. desMlB der positiv«, Union. Hier wollten einige Mitglieder Stöcker « Wahl um jeden Preis hinter- treiben Mit der Mittelpartei wurde ein Einvcrständniß angebahnt; jedenfalls stimmte sie und die Mehrheit der positiven Union geschloffen sür Stöcker« Gegencandidaten. Stöcker unterlag mit inebr als zwanzig Stimme» dem Grafen von Zieten-Schwcriii. Die Majorität der Gruppe, die ibn ausgellellt, wählte ihn nicht. Man sagte zur Entschuldigung, eS bade sich nicht um Principie», sondern nur um die Person gehandelt. Stöcker erklärte sofort seinen Austritt au« der Gruppe. Mit ihm zugleich trat Graf Zicten-Schwcrin aus. Andere folgten. Die Ausgetretenen wollen am Schluß de« alten oder am Anfang des neuen Jahre« in Berlin zusammen kommen, um zu beschließen, WaS zu thun ist." * In der Einzelberathung der Handelsverträge im Reichstage wird die Wcinzollsrage eine hervorragende Stellung mit cinnebmen, da die veränderten Wein- und Traubenzölle in den Weinbau treibenden Gegenden Deutsch landS vielfachen Widerspruch erfahre». Diese Bedenken fanden, wie schon kurz gemeldet, Ausdruck in einer Versamm lung der Vertrauensmänner der pfälzischen National liberalen. ES wird darüber bcpeschirt: Neustadt a d. Haardt, 13. December. Zur heutigen äußerst zahlreich besuchten national.liberalen Vertrauens, männer-Versammlung der Pfalz waren auch di« Reichs, tagsabgeordncien Ilr. Buhl, Brünings und Klemm erschienen. Rechtsanwalt Hecht, der Vorsitzende des EentralauSschusseS, legt« unter stürmischem Beifall Verwahrung gegen di« Durch, peitschung der Handelsverträge ein. Hieraus sprach Reichs taasabgeordneter l>r. Buhl. Derselbe erklärte sich als aus gesprochener Anhänger der VcrtragSpolitik, äußerte sich dagegen höchst pessimistisch den Weintarife» gegenüber, in letzteren, Punct sich ein» wissend mit einer üollectiverklärung der pfälzischen Landtage- adgeordneten. Die allgemeine Stimmung war gegen di» Handels- Verträge; sie fand einen drastischen Ausdruck durch die Variation des Wortes Herrn v. Caprivi'S: „die patriotische Palz, die Jahr Hunderte das Schlachtfeld ausländischer Heere gewesen, wird letzt da» Schlachtfeld ausländischer Weine". Lin imperative» Mandat wurde den Reichstagsabgeordneten, weil gegen die Principien der Partei verstoßend, nicht gegeben. Die Stimmung der 350 an- wesenden Bertrouensmanner war aber sür die Ablehnung der Verträge. * In den deutsch-freisinnigen Blättern wurde kürzlich viel fach des Tage« gedacht, an dem vor jetzt 40 Jahren der Abgeordnete Ludwig Bambergcr wegen seiner Bctheiligung am Aufstande in der Pfalz i» vontumaciiun zum Tode ver- urtheilt wurde. Die „Pfalz. Pr." erklärt nun, wie es kam, daß die Verurtbeilung „in contumaciam" erfolgte. Sie schreibt Bei Kirchheimbolanden hat sich der damals 95 jährige Ludwig Bamderger hauptsächlich dadurch unvrrwelkliche Lorbeer» gesammelt, daß er im Aiigenblicke muthmaßlicher Entscheidung, aber auch un- verkeuubarer Roth seine eigene Person zum Heile der geiammten Ration schleunigst in Sicherheit zu bringe» wußte, eingedenk des alte» deutsche» Spruches: Der brave Mann denkt an sich selbst »»letzt. Sechzehn Freischärler, Mainzer Turner im Alter von 17—30 Jahren sollen es gewesen sein, wurden da- Opser eines in Uebereilung unsichtbar gewordenen Führer«: ihre Gebeine ruhen in dem Fried- dm» zu Kirchheimbolanden. Vor Jahren Hai man den Gefallenen daselbst «in würdiges Denkmal errichtet, bei dessen Enthüllung der ehemalige Führer Herr Ludwig Bnniberger ebeniall« durch seine Ab- Wesenheit glänzte. Da Herr B. in seiner Schrist: „Erlebnisse au» der Pfälzer Erhebung" über dir Art und Weise seiner Betheiligung um Kamps« zu Kirchheimbolanden bescheiden schweigt, möchten wir ihn häslichst bitten, uns hierüber nähere Mitthriluug machen zu wollen * Eine von socialisti sehen Wählern de« 19. hannöverschen Wahlkreise« abgebaltcnr Versammlung faßte nach heftigen Angriffen Schmalseld'S, de« Gegner« Bismarck's im Wahl kampfe, eine Resolution, in welcher die Erwartung aus gesprochen wurde, daß Fürst Bismarck sein Mandat nieder lege. Diese« Verlangen der Socialdcmokraten, deren Stimmen Fürst Bi-marck gar nicht erhalten hat, ist mehr als na>v. * D,e bayerische Abgeordnetenkammer erging sich am Montag über den Militairetat in einer lebhaften General drbatte, indem die Abgeordneten Wolf, Walter, Haus, Wagner, Schaedlcr und Beckh die Mißhandlungen und da« Beschwerde, recht im Militairstrasproceß, die zweijährige Dieostzeü, tue Pension irungen, die Beurlaubungen zur Theilnabme an der Ernte und dergl. besprachen. Der Krieg-minister wollte heute die Beschwerden beantworte». Bier andere Redner sind noch vorgemerkt, darunter die Abgeordneten Orterer und Schauß. DaS provisorische Steucrgcsctz sür da« erste Ouartal 1892 wurde ohne Debatte einstimmig angenommen * In Hessen-Darmstadt ist den Landständen ein Gesctzcnlwurs zur Aufbesserung der Gehälter der Wittwcn und Waisen der Eivilbeamlcn zuaegangen. Bei der gegenwärtigen Thcucrung »Hut die Aufbesserung sehr Nolh. * «> e> * Während Handelsvertrag« - Verhandlungen zwischen Oesterreich, Deutschland und Serbien demnächst be ginne» werden, liegen der „MontagSrcvue" zufolge noch keinerlei Anzeichen über die Geneigtbeit Rumänien- zur Abschließnng eine« Handelsvertrages vor. * Uebcr die Sitzung de« österreichischen Ab ge ordn eten- hauseS am Montag liegt folgende ausführliche Meldung vor: Im Lause der Budgetdebatte bei dem llcwitel „Beitrag zu den gemeinsamen Angelegenheiten" citirte der Abgeordnete Lueger ein« angebliche Neußerung de- deutschen Reichskanzler« v Toprivi und verwahrte sich dagegen, daß die „Judenlibcralen" mit den Deutschen in Oesterreich identificirt würden, sowie dagegen, daß die Czeche», Slowenen und Slowaken als zwots« mmc>rn> behandelt würden, und daß nur an Deutsche und Magyaren gedacht werde. Diese Nationen hätten, wie die österreichische Geschichte beweise, ihr Blut sür den österreichischen Thron geopfert. Redner wandte sich im Laufe seiner Rede sodann gegen die Handelsverträge und äußerte, dieselben lauteten nur zu Gunsten der Juden. Der natürliche Zug deS politischen Einflusses Oesterreich« sei nicht »ach Deutschland, Italien, der Schweiz oder Rußlaod gerichtet, sondern nach der Balkan-Halbinsel. — Ministerpräsident Gras Taosse erklärte: ' Obwohl er nicht im Hause anwesend gewesen, sondern sich im . Ministerzimmer bei einer Conserenz befunden habe, so sei er doch aus die soeben gehaltene Rede de« Abg. Lueger ansinerksam gemacht worden. Es sei ihm daher zwar unmöglich, ans die Details dieser Rede einzugchen, er sei aber in der sehr unangenehme», er möchte ast sagen, traurigen Lage, nicht nur im Namen der Regierung, andern Namens Oesterreich« sein tiefste« Bedauern darüber aus- zusprrchen, daß in solcher Weise in einem Moment» gesprochen werb«, wo die Möglichkeit geschaffen worden, das politische Büudaiß, welche« zwischen den drei Großmächten bestehe, nicht nur i» politischer, s,,dir» auch i» »uchschajüicher Bestehung zu festigen — (lebhafter Beifall) —, daß H, et»«u solchen Momente nicht »nr einzelne Großmächte angegriffen und ihre hervorragende», officlellen Persönlichkeiten, wie der deutsche Reichskanzler, in solcher Weise ge- schildert würden, in einem Momente, wo jeder gute Oesterreicher suhlen müsse, wie sehr er seinem Lande und Reich« diene, wenn er dasjenige, waS politisch abgemacht sei und WaS, wie er glaube, de» Frieden Europa« sichern dürste, auch in wirlhschciftlichcr Beziehung festige. (Beifall) In solchen Momenten so vorzugehen, sei — ec wolle nicht da« ärgste Work gebrauche» und sagen, eS sei nicht patriotisch — gewiß nicht politisch. >Lebhaftcr an- haltender Beifall.) Er wolle, wie bereits erwabut, sich gar nicht in Details einlassen und könne es auch nicht über das, was der Abgeordnete Lueger gesprochen, weil er nicht gegenwärtig gewesen sei. Eins jedvch sei ihm ausgefallen und das sei gerade gewesen, als er in das Haus eingelreieu sei und wo der Vorredner gesagt habe: „WaS hat Oesterreich sich politisch oder wtrthschasttich »ul Italien, mit Deutschland oder Rußland zu beschäftigen?" „Meine Herren! Ist Oesterreich eine Großmacht, oder nicht? lLebhastcr Beifall.) Darf sich Oesterreich weder politisch noch wirlhschastlich mit den anderen Großmächten auSeinandersetzcn, so ist es keine Groß- macht mehr! (Lebhafter Beifall); daS möchte ich ledoch von der Mi- nisterbank aus constatiren, daß Oesterreich, Gott sei Dank, noch eine Großmacht ist und es auch »ilt der Unterstützung der patriotischen Mitglieder dieses Hauses fernerhin bleiben wird." (Lebhafter, all- seitiger, langandauerndrr Beifall und HändeNatschen.) Der Minister präsident wird allseitig beglückwünscht. PI euer bedauert gleichfalls die Angriffe aus Eaprivi und schließt sich vollständig den Aus- sühruagen L«S Ministerprasidenieu an. Dipaul iconservativ) er- klärt, daß er und seine Parteigenosse» die Vorlagen ruhig und im Interesse der ackerbautreibenden Bevölkerung prüfen würden. Lueger hebt hervor, daß er den deutschen Reichskanzler v. Eaprivi nicht beleidigt und nichts Uupatriotische« gesagt habe und weist die Behauptung zurück, daß er ein Gegner deS Deutschen Reiches sei, der Reichskanzler Eaprivi dürfe >edoch nicht mit dem Deutschen Reiche identificirt werden. Abgeordneter Herbst erkennt dankbar an, daß Gras Taaffe so klar und entschieden ausgedrückt habe, WaS österreichischer Patriotismus sei. Er bedauere lebhaft den Ton, der letzt im österreichischen Parla mente angeschlagen werde Ter Generalderichterstatter Btlinski erklärte, von seinen Parteigenossen beauftragt zu sein, ganz ent- schieden gegen die Aeußerungen Lueger s zu protestiren. Tie Polen gingen von dem Standpuncle a»S, daß die Handelsverträge eines der größten Werke der zeitgenössische» Staatskunst und der gegen- wärtigen Wirthschaftspolttik seien. Ter wirthschastliche Frieden«- dund, der jetzt geschlossen sei, bringe die etvilisirte Welt dem Ideale de« ewigen Friedens viel näher, al« alle Beicylüsse der Friedens- congresse. Die Polen seien mit aller Entschiedenheit sür den Drei- bund, wie er bestehe, weil sic darin eine Gewahr des Frieden» und die größte Gewähr der Stärke und Kraft Oesterreichs erbtickten. (Leb- Hafter Beifall.) * Die in der sranzösischen Dcputirten Kammer gefallene Aeußerung, daß PiuS IX. italienischer Freimaurer ge wesen, wird auf Grund der Acten als gänzlich unbegründet erklärt, dagegen wäre derselbe Mitglied deS revolutionären GchcimbnndkS der Earbonari gewesen. * AuS Rom wird vom 14. December gemeldet: Unter den im beutigen Eonsistorium präconisirten Erzbischöfen be findet sich auch der Erzbischof von Posen und Gnesen Ur. von Stablewski. * In dem geheimen Eonsistoriuni an, Montag hielt der Papst eine Allocution über die Vorfälle anläßlich der letzten Pilgerfahrten und die sich daran knüpfenden Debatten. Hieraus wurden Msgr. Rusfo Scilla und Msgr. Srpiacei zu Eardinälen ernannt und t.', Erzbischöse und Bischöfe präconisirt. * Der am Sonnabend Abend dein scheidenden Bundes- Präsidenten Welti von der Berner Studentenschaft dar- gebrachte Fackelzug, woran sich nur die exclusiv römisch katholische Verbindung,Iöurg»nd>a" nicht betheiliglc, gestaltete sich unter der warmen Tbeilnahme deS nach Tausenden zählenden Publicum« zu cincr feierlich ernsten Kundgebung. „Wir waren so stolz auf Sie!" ries der Redner der Studenten dem Scheidenden zu „Sic haben unser Schweizerland m den schwierigsten Zeilen mit Würde und Staatsklugheit nach außen vertreten. Sie haben im Innern fest und unentwegt die Fahne des Gesammtvaterlande« hochgebaltcn! Glauben Sie, Ihr Bild ist eingegrabe» iu unsere Herzen unvergeßlich, unauslöschlich; eS wird unS al- Männer einst da- Ideal sein eme« schweizerischen, cmcs republikanischen
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