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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.12.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911217028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891121702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891121702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-12
- Tag1891-12-17
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December. * Fürst BiSmarck hat in seiner jüngsten Ansprache an die Ciegeuer Deputation auf die Abdicalion des Reichs tags bei den Handelsverträgen hingcwiesen, wenn derselbe in wenigen Tagen das Begutachten und zur dauernden Einrichtung machen will, was Herren vom grünen Tisch in Heil eines Jahres im Geheimen auSgearbeitet haben. „Darin liegt politisch ei» sehr bedauerliches Ergebnis;. Wenn der Reichstag daS auf sich nimmt, so schädigt er sein Ansehen iiu Volke. Der Reichstag ist daS unentbehrliche Bindemittel unserer nationalen Einheit. Verliert er an Autorität, so werden die Bande, die uns zusammenhalten, geschwächt. Unser Zusammenhalten im Reiche beruht auf den Ber- trägen, welche die deutschen Regierungen mit einander geschlossen haben, aber auch auf der gemeinsamen Vertretung im Reichstage. Diese widerstandsfähig und in Anseben zu erhallen, ist unsere nationale Ausgabe. Das sind, wie die „Nationalliberale Correspondenz" mit Reckt betont, sehr ernste und auch treffende Worte. In der Thal liegt schon in der Regelung hochwichtiger Zweige der Gesetz gebung aus dem Bertragswcge eine empfindliche Beein trächtigung der Rechte bcS Reichstags, und die Herren, die jetzt mit Hurrah in ei» paar Tagen die Sache durchjagen, sollten doch auch einmal diesen GesichtSpuncl inS Auge fassen. Man könnte vielleicht auch einmal andere Fragen, z. B. dir sociale und Arbeilcrgesctzgebuug, aus dem Bertragswcge zu regeln suchen und die Parlamente vor die Entscheidung: Ablehncn oder Annebmcn stellen. Man kann in den weitesten Kreisen dcS PublicumS gegenwärtig die Frage hören, wozu der Reichstag eigentlich da ist. wenn er vor eine unabänderlicke vollzogene Tbatsache gestellt wird, der gegenüber er fast noch macht und hilfloser dasteht, als der selige BvlkSwirthschaftSrath, der mit seinem Gutachten wenigstens gehört zu werden pflegte, bevor die Sachen fix und fertig waren. Der Reichstag bat freilich formell das Recht, an den Verträgen Abänderungen vorzuncbmen; eS liegen ihm auch Anträge in dieser Richtung vor, aber thatsächtich muß er darauf verzichten, wenn er die Verträge nicht wieder allen Wechselsällen prcisgeben will; eine Abänderung ist praktisch gleichbedeutend mit der Ab lehnung. DaS ist eine außerordentlich peinliche Zwangslage, tu freilich mit der Natur von Verträgen nothiventig ver bunden ist, einigermaßen aber dadurch gemildert und gut- gemacht werden kau», daß in Zukunst mehr Fühlung mit den sachverständigen Kreisen innerhalb und außerhalb des Parlaments vor dem Abschluß derartiger Vereinbarungen genommen wird. Die übertriebene Geheimthuerei, zumal sic doch nicht vollständig durchgefuhrt werden konnte, bat sich als der Sache schädlich erwiesen, und ihre nacklheilige Wirkung auf die betheiligtcn BolkSkrcisc, die ihre Wünsche und Forderungen nicht zum Ausdruck bringen konnten, wird durch die Ucbcrhastung der Behandlung im Reichstag noch verstärkt. * Herr Richter, der sich mit seinem näheren Anhang bei der Bcrathuug der Handelsverträge sekr zurück- gehalten und das Eintreten für dieselben mehr den ehemaligen Secessionisien überlassen hatte, hält es an der Zeit, in den Dein der Begeisterung seiner Parteigenossen einen guten Scbuß Wasser'zu gießen. Die „Freist Ztg," schreibt heute: ..Man hat sich nachgerade im Reichstage in Lobeserhebungen über die Handelsverträge ergangen, welche über deren wirk liche Bedeutung für den internationalen Verkehr weit hinauS- reichen. Der eigentliche Werth der Verträge beruht in der Ermäßigung der Getreidezölle. Alles Uebrige ist durchweg von recht minimaler Bedeutung. Nicht- ist verkehrter, als zu glaube», daß diese Handelsverträge geeignet seien, der deutschen Ausfuhr einen neuen Aufschwung zu geben, mebr Arbeitsgelegenheit für die Industrie zu schaffen, und wie die schönen Wendungen alle heißen. Man wird froh sein können, wenn cs um die Ausfuhr der deutschen Industrie nach den HaiidelSverträgen nicht schlechter bestellt sein wird, al- vor denselben. Dasjenige, was die Handelsverträge an Er- Icichleruug der Ausfuhr bewirken, wird mehr als ncutralisirt werden durch die bevorstehende» Zollcrböbungen in Ländern wie Frankreich, Spanien, Rumänien. Dazu kommt, daß in den contrabirendcn Ländern selbst Zollerhöhungen bevor- stchcn, welche die Handelsverträge nur ermäßigt, nicht abzeweudet haben. Ta- gilt von Italien und gilt in noch lchercm Grade von der Schweiz. Je eingehender man die Handelsverträge skudirt, desto mehr gewinnt man den Ein druck, daß dieselben nur einen gewissen äußeren Rabmen für eine Vertrags Politik stecke», daß aber die Ausfüllung dieses Radmcus im Einzelnen noch nicht bewirkt ist, sondern neue Verlragsverhandluiigen bedingt, bei denen cS daraus ankvmmt, ernslhafle ZoUherabsetzungen für wichtige deutsche AuSsuhr- rnikel bei den contrabireuden Staaten durch weitcrgehende Eoiicessioncn für deutsche landwirthschaftliche und industrielle Erzeugnisse zu erzielen." Man sicht daraus zugleich, wie sich von, freisinnigen Standpunkt die Rübe und Stabilität auS- Nilliml. die sich fortan für ein Jahrzehnt in unserer HandelS- trlilik jcstsctzcn und die werthvollste Folge der Verträge sci« sollte. * Der deutsche Botschafter Gras Münster ist »ach Paris zurückgckehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen. Der Deputirte Millcvoye wird an den Minister rer auSwärtiKe» Angelegenheiten Ribot eine Inter pcllativn wegen der Differenz mit Bulgarien richten. * Mil den Borarbeite» für die Börsen resorm ist der Oebeimralb Ga mp, der seiner Zeit so heftig gegen die Er neuerung de« jetzigen ReichSbankgesetzeS kämpfte, betraut. Gamp soll nicht gerade ein Freund der Börse sein. Die WahlprüfunzS-Conimission de- Reichs agS wählte an Stelle des Abgeordneten Schmieder, der lekanntlich den Vorsitz niedcrgelegt bat, den Abgeordnete» Rickerl z»m Vorsitzenden und den Abgeordneten Fritzen zu dessen Ssellvertreter. ' E« gilt, wie der „M. Z," auS Berlin gemeldet wird, für sedr wabrkcheiulich, daß Schweden und Norwegen c iien engeren Anschluß, al« er bisber besteht, an daS jetzige Svstem der deutschen Handelspolitik anstreben wird. Dies entspricht den Tbatsache»; was weiter darüber in der Presse auslancht, ist einstweilen mit Borsicht aufzunebm«. * Anläßlich der Berathung einer auf Ncnderung eme» Pe»^»»»1atzr« gerichtet« Eingabe in der Petitious- commission de« Reichstages hat jüngst ein Vertreter des ReichSschayamteS die Erklärung abgegeben, daß in der ReichS- vrrwaltuug ebenso wie in der preußischen Staatsverwaltung grundsätzlich davon Abstand genommen werde, einem Beamte», welchem die Entscheidung über seine Versetzung in den Ruhe- tand und die Höhe der ihm «stehenden Pension bereits bekannt gemacht worden ist, noch eine Gehaltszulage zu be willigen, wenn nach dieser Bekanntmachung, aber vor dem Austritt des Beamten auS dem Dienst, Umstände, sei eS Gehalts aufbesserungen durch den Etat oder Vacanzeu, eingetreten sind, welche die Bewilligung einer solchen Zulage gestattet haben würben, wenn die Pensionirung nicht verfügt Word« wäre. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur bei Bewilligung der durch den zweiten NachtragSetat für 18909t ermöglichten Gehaltserhöhungen insoweit gemacht worden, als denjenigen Beanlten, welckc am l. April 1890 ein niedrigere- Gehalt als das im Nachtragsetat für ihre Claffe vorgesehene Mindcst- odcr EinheitS-Gehalt bezogen und welche die entsprechende Zulage wegen ihres inzwischen erfolgten Eintritts in den Ruhestand oder Ableben- nicht mehr erhalten haben, der aus die Zeit seit dem >. April 1890 entfallende GeballSunterschicd uachgczahlt bczw. der erhöhte Gehaltssatz bei Festsetzung der Pension oder deS Wittwcn- und Waisengeldes, sowie bei Gewäbrung der Gnadencompetenzen zu Grunde gelegt ist. Dies ilt auch nur auf besonderen Wunsch aller zur Feststellung des Etats berufenen Factor« geschehen. * Deutschland war bei den österreichisch-schweizerischen Handelsvertrags-Unterhandlungen ganz solidarisch mit Oesterreich. Die deutsche Reichsregierung erklärte, so lange die Schweiz sich nickt mit Oesterreich verständigt habe, würden die deutschen Delegieren ihr« Unterschrift nicht unter den deutsch-schweizerischen Vertrag setzen. * Ueber die Ergänzungswahlen zur Berliner Stadtverordnetenversammlung wird von dort ge schrieben: „Die Wahlen habe» durch die sechs Stichwahlen in der dritten Abthcilung ihr Enke erreicht. Die Agitation war bei allen drei Parteien (Liberalen, Bürgcrparlci und Socialdemokraten) namentlich in den letzten Tagen ganz außerordentlich rübrig. Die Socialdcmokraten. die bereit- über dreizehn Sitze im „Rothen Haus" verfügen, setzten alle Hebel in Bewegung, um in den beiden Stichwahlen, bei denen sie heute betheiligt waren, als Sieger her» vorzugchen, denn derBesitz von lüMandateu warfürsie deshalb ganz besontrr« werthvoll, weil sie dann di« Bcrechtiauug erlangen würden, in die wichtigsten Deputation« einen Ver treter zu entsenden. Die Bürgcrparteiler hatten bei der Hauptwahl am 17. November vier Mandate zu verthcidigcn gehabt, kcinS davon konnten sie im ersten Mahlgang be haupte», und am Mittwoch sollte eS sich darum entscheiden, ob die Partei zur gänzlichen Bedeutungslosigkeit im „Rotben Haus" herabsinken würde, denn wenn ihr dieses Mal kein Sieg zufallen würde, hätte sie nur noch drei Vertreter und müßte (fünf können erst einen Antrag stellen) auf jede Tbätigkcit in der Coinmunalvertretung ver zichten. Darum entwickelten die Bürgcrparteicn eine fieber hafte Agitation. Die Liberalen standen ihr darin nicht nach ; sic hatten von ihren acht Mandaten im ersten Wahlgang nur drei zu behaupten vermocht, hatten jedoch sechs Stichwahlen auSzufechte» und so die Möglichkeit, noch ein Mandat über ibren Besitzstand zu erobern. Die Bethciliaung war recht rege; die Bürgcrparteiler wurden auf der ganzen Linie geschlagen; in allen vier Sichwahl«, in denen sie betbciligt waren, sielen sie durch, die Socialdemokraten gingen in einer Stichwahl als Sieger hervor, währrnd fünf Mal die Liberalen triumphirten. Die Liberalen haben nach deni Ausfall der Stichwahlen ihren Besitzstand behauptet, die Socialdemokraten vier Litze gewonnen, die Bürgcrparteiler vier verloren. In der Berliner Stadtverordnetenversamm lung werden also sitzen 14 Socialdemokraten, Z Bürgcr- partciler und 109 Liberale oder solche Männer, die mit den Liberalen in den wichtigste» Dingen zusammengeken." Dieser Schilderung gegenüber bleibt die Thatsachc bestehen, daß in dem Berliner Stadtverordneten-Collegium die socialdcmo- kratischc Partei immer mehr an Boden gewinnt. * Bei der Berathung des MilitairctatS in der bayerischen Kammer besprach Agbeordnetcr Sckauß, indem er auf den Bortrag de» Professors Billrotb zurückgriss, die Vor sorge für die Verwundeten in einem zukünftigen Kriege. Krieg-minister Safferling erwiderte, eine zu große Vermehrung der Träger und Fahrzeuge habeihreBedenken. DaS Hauptaugen merk wäre daraus zu richten, daß bei der ersten Unterbringung eine ausreichendere Hilfe geboten werde als bisher. Der nächste Etat werde eine Vorlage enthalten, um Mittel zu schaffen, die gcsamuitcn SanitätSkrästc möglichst nahe au dir Kämpfenden heranzuzichen und die langrii Rücktransporte der Verwundeten zu erfparen. D«r Militairetat wurde ein stimmig angenommen. * Am DienStag fand im ReichStagSwablkreiS Bayreuth eine Ersatzwahl für den verstorbene», der nationalliberalcn Partei angebörigcn Abg. v. Fcustcl statt. Der Wahlkreis war von 1871—74 fortschrittlich, von da au ununterbrochen nationallibcral, seit 1877 von Fcustcl ver treten. Bei den vorjährigen Dablcn wurden abgegeben 6925 nationalliberale, 6071 dculschsrcisinnigc, 1102 social demokratische und in der Stichwahl 9068 nationalliberale und 7897 freisinnige Stimmen. Bei der Wahl am DienStag standen sich gegenüber der nalionalliberalc Rechtsanwalt I>r. Casselmann, der dcutschfreisinniae Regierung-- Ralh I>r. Papcllier und der socialdcmokratische Candidat Frau'. Die neuesten Nachrichten lassen den Sieg oes national liberalen Candidatea im ersten Wahlgang als voll ständig gesichert erscheine». * Au« Würtemberg wird der Kölnischen Zeitung" geschrieben: Die Temeinderathswahlen haben riese« Jahr eine mehr als gewöhnliche Bedeutung, weil sie die ersten unter dem durch die BerwaltungSreform geschaffenen neuen Zustand erfolgten sind und unsere Demokratie alle Hebel in Bewegung gesetzt halte, um auf der ganzen Front z» siegen und dann „die Stimme de« Volk»" nach be währtem Recept »uSzunntzen Da« Ergcdniß ist «ber sehr kläglich. Die Demokratie hat am 6. December in Ulm einen oberschwäbischen Parteitag gehalten, auf welchem die beste Art, daS Cenlrum zwischen Donau uud Bodensee zu entwurzeln, berathen und nebenbei für die Ulmer Genossen Stimmung gemacht wurde; aber am 7. De- ccmbcr quittirte die Ulmer Bürgerschaft mit einem völligen Sieg der deutschparteilichcn Liste. Ebenso siegte diese m einer Hochburg der Volkspartei, wo diese allmächtig zu sein glaubte, in Tübingen. In Stuttgart wurden am l l. vier Nationalliberale, ein parteiloser Conscrvativer und vier Demo kraten gewählt, von welchen zwei auf den nationalliberale» Zettel gesetzt worden waren. Unter den Gewählten ist Reichs- tagSabgeortoeter Payer an letzter Stelle; ein nationalliberaler Buchdindermcistcr bat ihn noch um 50 Stimmen überholt. Wenn nicht die deutsche und die conservativc Partei, und zwar in Folge beiderseitiger Fehler, sich entzweit hätten, wenn sic vielmehr wie sonst sich über einen gemeinsamen Zettel ver einbart hätten, so würden nur zwei von Len Nationalliberale» angenommene Demokraten gewäblt worden sein; cS giebt aber freilich Viele, die gegen eine kleine vcmokratische Fraktion aus dem Stuttgarter RatdhauS als ein belebendes Element gar nichts haben. Die Conservativen als Partei uud die «ocialöemokraten gehen in Stutgart leer auS; letztere haben auch in Heilbronn ihren einzigen Sitz eingebüßt. * DaS gleichzeitige Tagen der Synoden der evan- elischen Kirchen Augsburger und Helvetischen ckenntnisses in Ungarn wird von der gesammlen ungarischen Presse als ein bedeutsames Ereigniß gewürdigt. Mau wirft Rückblicke auf die drangsalvolle Vergangenheit dcS Protestantismus, freut sich der Errungenschaft der con- fcssioncllcn Gleichberechtigung und hält mit Befriedigung Heerschau über die geistigen und die socialen Kräfte, welche die protestantischen Kirchen Ungarns gegenwärtig aus- weisen. Der Gedanke der Union zwischen der resormirlen und evangelischen Krrche A. B. Ungarn« wird vielfach erörtert. Die Union liegt in der Luft", sagt „Pesti Naplo", „eine Union, welche in der gemeinsamen Organisation und Leitung der protestantischen Kirchen Ungarns diesen erhöhte Kraft und Geltung sichern müsse, woraus auch dem einheitlichen magyarischen Nationalstaat nur Vortheil erwachsen könne." DaS Letztere ist entschieden richtig, denn die Union würbe hauptsächlich dazu benutzt werden, den evangelischen Gemeinde» deutscher und slowakischer Zunge die magyarische Kirchen- unk Schulsprache auszuwingen. -» -» * * In österreichischen Abgcordnetcnkrciscn circulirte gestern daS posiriv anftrclendc Gerücht, daß Verhandlungen zwii'chrn dem Grasen Taasfe und den Führern der deutschen Linken im Gange seien. * In der Debatte im österreichische» Abgeordneten haus am Mittwoch erklärte der Abg. Gregr, die Iung- czechen würden gegen das Finanzgesctz summen. Während die früheren Regierungen in Holrschuheu auf dem böbimschen Volke herumtrampcltcn, theile Graf Taasfe als seiner Hof mann mit Lackstiejclettcn an dasselbe Fußtritte aus. (Beifall bei den Zuugczeche».) Der Empfang dcS Kaisers in Prag habe die Anhänglichkeit dcS böhmischen Volke« an die Dynastie als über allen Zweifel erhaben bezeugt. Der Jubel galt dem Könige Böhmens, aber nicht dem Regicrungssnstcm. AuS Haß gegen die slawische Nationalität schließe Oesterreich die unnatürlichsten Bündnisse mit dem Erbfeinde de« Reich«, klammere sich krampfbast an daS Deutsche Reich, setze sogar seine eigene Existenz aus- Spiel. Der dem Abg. Gregr crtbeiltc Ordnungsruf wurde durch dessen Aeußeruizg herbeigesührt, die KonigSwahl von 1526 wäre anders ausgefallen, wenn die Vorfahren die Mißhand lung ihrer Sprache und Nationalität vorausgesehen hätten. Als der Abg. Gregr darauf sortsuhr, die Wiederherstellung de« böhmischen StaatSrechteS würde ber Monarchie und der Dynastie zum Glücke gereichen, gegenwärtig fördere man die Abneigung und den Haß gegen den Staat, erfolgte der Ordnungsruf. Gregr schloß unter dem lauten Beifall der Iungczcchen, daS Reich möge Frieden schließen mit den Völkern auf der Basis der Gerechtigkeit. — Der Abgeordnete Lienbacher trat als Oesterreicker und Deutscher den Ausführungen Gregr'S entgegen und begrüßte die neuen Handelsverträge freudig, weil dieselben auf einem großen Gebiete eine Vereinbarung schüfen, wo die politischen Freunde sich wie Feinde bcbandelt batten. Er könne jedoch in das Triumphgcschrci bezüglich der materielle» Gewinne nicht einstimmcn, allerdings hätten die Landwirthe in den Alpenlänbern keine Ursache zur Freude. Lienbacher bemängelte daS Bicdseuchenübcrcinkommen mit Deutschland und verlangte die Schließung der Grenze gegen die Viedeinfuhr, sowohl im Osten, wie im Sübosten. Kolsberg begrüßte die neuen Handelsverträge mit großer Befriedigung, weil dieselben die Schaffung stabiler Verhältnisse in Mitteleuropa be deuteten. Nachdem die Slowenen Ferjancic und Gregorec die Beschwerden der Slowenen vorgcbracht hatten, wobei crsterer erklärte, die Deutsch - Conser vativen unterdrückten die Slawen nicht, weshalb auch die Slowenen im Hobenwartclub verblieben, drückte Prinz Carl von Schwarzenberg Namen« seiner Ge sinnungSgenoffen, sowie der übrigen Czcchen» welche dem Iungczechcnclub nicht angeboren, tiefe Entrüstung aus über die Beleidigung deS patriotischen Gedankens von Seiten Gregr'«. Ter Sieg deS HanseS Habsburg auf dem Weißen Berge sei rin Glück für Bödmen und die creckische Nation gewesen; er könne versickern, da- böhmische Volk Kege keinen Haß gegen den Gesammtstaat. Wohin solle sich das böhmische Volk wenden? Solle eS etwa bei dem deutschen Nachbar oder im Nordosten Anschluß suchen ? Der E»ld»siaSmuS des böhmischen Volkes während des Besuches der Prager Aus stellung durch den Kaiser sei die beste Widerlegung der Rede Gregr'S. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.) * Der Rector der böhmischen technischen Hoch schule warnte die Studenten nachdrücklich vor einer thatigen Theilnahmc an der Politik und empfahl ihnen das Studium fremder Sprachen. * AuS Rom wird vom 16. December gemeldet: In dem morgen statlsiudcnden öffentlichen Consistorium wird der Papst dem Vernehmen nach dem Cardinal Gruscha und zwei ander« ne» ernannten Cardinälen den CardinalShut anfsetzcu. Hierauf werden in einem geheimen Consistorium 18 Erzbischöfe und Bischöfe präconisirt werden. Man nennt unter ihnen die Erzbischvft von Zara und Kalocsa, die Bischöfe von Przemysl, MunkacS und ZypS, sowie den Bischof von Paderborn. Endlich soll auch die Präconisation voa 5 Erzbischöfen und Bischöfen ln imi-tabu« stattfinden. * In der italienischen Deputirtclikamiiier forderte der Ministerpräsident di Rudini de» Abgeordneten Imbriani aus, die Interpellation, betreffend die Beziehungen Italiens ru den Vereinigten Staaten NordaincrilaS, zurückzuziehe». Ferner erklärte der Ministerpräsident, daß er Iliibriani S weitere Interpellation betreffs der Pelegosa-Insclu nickt acceptircn könne. Imbriani bestand auf beiden Interpellationen. Tie Verhandlung über dieselben wurde jedoch von der Kammer abgelelmt. * Wir haben mitgetheilt. daß die französische Re gierung die Ermächtigung verlangt battc, mit den Ländern, deren Handelsverträge mit Frankreich am l. Februar 1892 ablaufcn (Belgien, Holland, Schweden und Norwegen, die Schweiz, Spanien und Portugal), Abkommen zu treffe», durch welche der Mindesttarif ganz oder theilweise auf die Waareu derjenigen Länder angcwenket würde, wellbe bereit wärm, auf französische Waarcn ihre niedrigsten Zollsätze an- zuwcndeu. Außerdem möchte die Negierung da» Recht haben, die Bestimmungen der abgelaufencn Handelsverträge aufrecht zu erhalten, welche sich nickt aus Zölle, sondern auf Schiff fahrt und den Schutz dcS geistigen EigentbumS be ziehen. Der ZoUauSsckuß der Abgeordnetenkammer, in dem der Gesetzentwurf zuerst zur Berathung kam, hak sich bereit erklärt, der Kammer zu empfehlen, daß sie der Regierung die verlangte Ermächtigung crtbeilc, doch mit der Einschrän knng, daß die Abkommen, die sie treffen wird, jeden Augen blick von Frankreich gekündigt werden könne» und daun zwölf Monate später hinssällig werden. Der Minister de« Aus wärtigen, Herr Ribot, bat dem ZollauSschnsse gegenüber seine Zweifel ausgesprochen, daß die fremden Mächte sich darauf cinlassen würden, für die dloßc Anwendung deS MindcsllarisS ans unbestimmte Zeit Frankreich die Rechte eines meist begünstigten Lande« cinzuräumcn, und dieser Zweifel dürfte sich namentlich Belgien »nd Spanien gegenüber als sehr be rechtigt Herausstellen. Dock von jetzt bis zum l. Februar kann daS französische Parlament schwerlich eine Lage ändern, an deren Herbeisükrung eS anderthalb Jahre lang mit fana- lischcm Eifer gearbeitet Kat. * Die „lyazette de France" in Pari- nennt da- Borget,« der französischen Regierung gegenüber Bulgarien einen plumpen Fehler. So behandle man lein Volk, das »m seine Unadbäugigkeit kämpfe. Diese Politik werfe Bulgarien in die Arme de« Dreibundes. * Es siebt scsi, daß einzelne russische Provinzen, wie Njäsan und Kasan, zu Schauplätzen bcdcuklichcr Ord nungS- störnngcn geworden sind, und daß die Behörden sich viel fach außer Stande gezeigt haben, der cin,eis;enkc>i Anarchie zu steuern. Der erlassene» AuSflikrvcrboic wegen stockt der Handel fast vollständig. Von einer in V.lracki kommenden Einfuhr kann unter den gegebenen Umständen uickl die Rede sein. Während die größeren Häuser sich zur Untbäligkeit verurthcilt sehen, stehen zahlreiche kleinere Geschäftsleute vor dem Bankerott. Wohin man sieht, herrschen Verlegenheiten und Stockungen, die der Natur der Sache »ack in unauf haltsamer Zunahme "begriffen sind und ihren Höhcpunct vor aussichtlich erst um die Mitte dcS nächste» Jahre- erreicht haben werden. ES wird eine Reaclion der VolkSstiinmung cintreten, wie sic seit dem Jahre 185« in gleicher Stärke nicht mehr erlebt worden ist. * Polnischen Blättern zufolge sei wegen Zunahme der Bauernnnruhen der Belagerungszustand m den Noth- standsbczirken bevorstehend. * Prinz LoniS Napoleon ist mit seinem bisherigen Rang als Oberstlieulcnant von TisliS in da« zu Piatigorsk garnisonirende Nischn, Nowgorover Dragoner-Regiment ver setzt worden. * Ueber den Conflict zwischen Bulgarien und Frankreich wird Folgende- a»S Sofia gemeldet: In Folge der Ausweisung des fraiizösische» Journalisten Chadournc hat bekanntlich Herr Lancl, der französische Geschäftsträger, an die bulgarische Regierung eine Note ge richtet, in welcher er gegen die Ausweisung protestirte, weil sie eine „flagrante und vorbedachte Verletzung der Verträge" bilde, und verlangte, das? die Maßregel rückgängig gemacht werde und die bulgarische Regierung fick schriftlich ver pflichte, den erwähnte» Correspendeiileil im Falle seiner Rückkcbr »ach Bulgarien nicht behelligen zu wollen. Die Note schloß mit dein Verlangen, die bulgarische Negierung möge innerhalb '24 Stuiitcu antworte». Die bulgarische Regierung antwortete daraus Folgende«: Die lmlgariiche Negierung glaubt, den tyeianle» der sranzSsijchen diplomatischen Agentie a» die wiederholte» Borslellungen erinnern zu sollen, welche sie bei Mr. Lanet gegen den als sranzösischen Staatsangehörigen seiner Llisvrge linieruehenden Correspondenlen geniacht, der seit einer gewissen Zeit eS sich zur Anfgabe gemachl batte, i» der europäische», insbesondere der sranzösischen Presse in snsieinaiischer Weise salscke, gegen Bulgarien »nd dessen Negierung irindücbe Nachrichten zu verbreiten. Es sei dem Geronten der siaiizvsiichen Vertretung belannt, das; die bulgarische Negierung bei zwei verschiedenen früheren Anlässe» die Ausweisung des erwähnte» tLvlrespoiidcnten bereits beschloss« hatte, daß sie aber von der Ausführung dieier Maßregel Abstand genommen hatte, in der Hossliiiug, der Evrreipvndcnt werde, Dank den der diplo matischen Vertretung seines Vaterlandes gemachten Andr»t»ngen und in Folge der ihm jetbst zugekoiiimeiieii Warnungen, seine Haltung gegenüber der Negierung eine- Laude- andern, welches ihn, seil langen Jahren Gnslfreuiidl'chasr gewährte. Ter Correspoiidenr subr indeß fort, in de» Blättern lügnerische Meldungen zu ver-sientlicheii, welch« geeignet waren, Bulgarien lin Anstande j» discrahtttren und Lurch seine Wühlereien i», Innern der Negierung Schwierig keiten zu bereiten Ilm einer derartigen Sachlage ein E»de zu machen, sab iich die bulgarische Negierung, ohne irgendwie einen Eingriff in die Verträge z» beabsichtigen, n ihrem großen Bedauern in dte Nothwciidigkeit versetzt, diesen Eorrespondenten, dessen Anfenl- halt in Bulgarien eine Aciahr für die Nuhe de- Landes bildete, ouszuweisen, Tic von der Regierung ergriffene Maßregel bildet übrigens nach Ansicht derselben keine Vertragsverlepiing, weil die Verträge keinerlei Verfügungen in Betress der Behandlung solcher Ausländer enthalten, weiche sich in die iiinerpolilijchen An gelegenheiten de« Landes mengen «nd durch ihre Handlungen oder «christen der Negierung in Fragen der öffentlichen Ordnung, sowie in solchen, welch« die Achtung der Landes-(fnstitntionen betreffe». Schwierigkeiten schaffen wurden. Die bulgarilck>t Negierung glaubt sich im Siechte, den Priucipien zu folgen, ivelch« alle Staaten leite».
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