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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.12.1891
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911219015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891121901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891121901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-12
- Tag1891-12-19
- Monat1891-12
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Abo««ementspreiS 8> der HauptexpediNon odrr dcn im Stadt» beriet und deu Vororten errichteten Aus gabestellen abgrholt: vierteljährlich.^l4ck>0. bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Vau« 5.50. Durch die Post bezogen sür Teulschlund uud Oesterreich: vierteliührlich » 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendana tu» Ausland: monatlich 0.—. DieWvrgen.Riisgabe ericheint täglich '/«? Uh^ di« Abeud-Au'gabc Wochentag» 5 Uhr. Ne-action und Lrptdilio«: Äahainicsgajse 8. DI« Expedition ist uuunterbroche» g«> ösfurt von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. Filialen: Ott« Klemm« Eortim. tAlfre» Hat»), Uuiverjitätsuraße 1, Louis Lösche, Latharineustr. 14. part. und König»platz 7. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Morgen-Ausgabe 'chMtrNaMIt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- and Geschäftsverkehr. JnsertionsPreiS Morgen-Ausgabc: die Kgespaltene Petlt« »cilc 20 Rcclninen unter dcin RcdacÜon - ltnch l»gejpa»en> vor den Famii.en- nachrichier. (Ogcjpalten) 40 H. Abend-Ausgabe: die Kgespallene Petitzeile 40H,Reclainen unter dem Redactionsstrich <4gkipalten> I.sl, Famuiennachrichten uud Anzeigen verlorener Gegenstände <6gejpalten> 20-^ Größere Schritten laut unserem Pre:s- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffcrnjatz nach höhere!« Daris. Extra-Bcilagcn (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe . ohne Postbesörderung «1.—, mit Postbesörderuag 70.—. Ännalimeschlub sür Inserate: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Ndr. Margen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. kann- und Festtag» früh 0 Uhr. Bei deu Filialen und Annahmestellen je rin« halb» Stund« srüher. Inserate sind srer» an die Expedition zu richten. ^- 444. Sonnabend den 19. December 1891. 85. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Lonntag, den 20. December, Vormittags nur bis O Uhr jtvssnet. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Bei den hiesigen Postämter» Norden Sonntag, de» 20. Terrnibcr. Vir Packct-Annahinr- und Ausgabe stelle» «ic an Werktagen geöffnet sei». Leipzig. 18. Deecmbrr >801. Der Kaiserliche Lber-Posthireetor. Bekanntmachung. Nach tz. 4 de» nachstehend abgedruckten Regulativs der Frirdens- Wung sind die Unterstützungen au» dieser Ctistung am Tage des Friedensschlusses, sonach am 2. März zu vertheilcn und sordern wir diejenigen, welche »m solche Nnterstütziingen nachsuchen wollen, hierdurch aus. ihre Gesuche bis zum Ol. Januar 1802 mit Le» nölhigcn Bescheinigungen bei uns einzureichen. Spätere Anmeldungen würden sür diesmal unberücksichtigt bleiben müssen. Im Uebrigen verweisen wir auf unsere nachstehend wieder ab gedruckte Bekanntmachung vom 2l. Juni 1875. Leipzig, am 15. December 1801. Der Math der Stadt Lri-zia. La Vr. Lröndltn. amprecht. Bekanntmachung. Nachdem wir die Bestimmungen de» Regulativs sür die Frieden» slistung der Stadt Leipzig in einigen Puncten unter Zustimmung der Stadlverordiieten odgeändert baden, bringen wir das obgeänderre Regulativ nachstehend zur allgemeinen Kenntniß. §. 1. Der Zinrsub des Stlsrnngscaplkaler an 60000 .« wird aui 5 Proceitt lahrlich sesigesetzl. Tie Zinsen laufen vom 1. Januar 1871 an. K. 2. Die Zinsen werden verwendet zur Unterstützung solcher in Leipzig wohnhafter Invaliden und Angehörigen von Gefallene» oder verstorbenen Invaliden aus dem Kriege 1870/71, die einer Hilfe dringend bedürfen. Z. 3. lieber die Gewährung der Unterstützung beschließt eine ans je 3 Milglicdern des Raths und der Stadtverordneten zu bildende Deputation. tz. 4. Tie Bertheilung der Unterstützungen findet regelmäßig alliährlich am Doge des Friedensschlusses statt: ausnntstnswetic können Unterstützungen auch außer dieser Zeit nach Ermessen der Deputation gewährt werben. tz. 5. Ueber Einnahmen und Ausgaben wird der Rath alljährlich Rechnung oblegen. 8. 6. Abänderungen dieses Regulativs bleiben dem überein stimmenden Beschlüsse des Rath» und der Stadtverordneten vor behalten. Leipzig, am 21. Juni 1875. Der Nath der Stadt Leipzig. Or. Koch. G. Mechler. Die bei dem kiesigen Leihhaus« in den Monaten Januar, Februar und Mär; >801 versetzten oder erneuerten, ober nicht wieder eiugelösten Piünder sollen vom 1. Februar 18S2 ah im Erdgeschosse de» Lcihdauses öffentlich versteigert werden. Das Einlösen und Versehen anderer Pfänder findet während der Avction von früh 8 bi» Nachmittag 2 Uhr in den gewöhnlichen Räumen statt. Leipzig, den 16. December 1891. De» Raths Deputation für Leihhaus und Sparkasse. Holzauktion. Mittwoch, de« !iv. Derembrr d. I., sollen von Vormittags - Uhr an im Forstreviere Eonnrwitz aus den Durchforstung». Schlägen in Abth. 35, 38 und 40 ca. 120 Eichrn-Dnrchsorituuga-Laughanfen und - 600 Eicheu-bcbrbänmc unter den im Termine öffentlich anshängendcn Bedingungen und der üblichen Anzahlung a» de» Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: im sogenannten Beipert am Schleußlger Wege Leipzig, am 11. December 1891. Des RathS Forstveputation. pro-ucttnliörfe zu Leipzig. Wegen de» Weihnacht-festes findet in nächster Woche, statt oin Sonnabend, am Donnerstag» den 24. December, ProductenbSrse statt. Leipzig, den 17. December 1891. Die 2. Abtheilung de» YSrsenvarftanhe». Georg Schroeder, stellvertretender Vorsitzender. Bleyl, Börsensecretoir. Bekanntmachung. Für di« städtische Gas-Anstalt zu Zeitz wird bchus» Antritts am 1 April 1892 rin Buchhalter gesucht, welcher mit der doppelten Buchführung vollständig vertraut sein muß. Anstellung erfolgt aui vierteljährlich« Kündigung bei 1200 .« Ansang»gehalt. Bewerber, beivnders solche, welch« in ähnlichen Stellungen bereit- mit Enolg thätig gewesen sind, wollen ihre Gesuch« nebst Zeugniffen und einem selbstgeschriebenen LebeuSlause sobalS alS möglich «tu reichen. Zet». de» 11. December 1891. Der Magistrat. Arnold. Beschloß. Dir SwangSprrsteigrrun, des Grundstück« Mohrungm, «r 12 und der aus den 21. Januar 1892, «ormitta, 10 Uhr a» beraumte versteigeruugltermio wer deu hierdurch an geh»»««. vrohemW,,,. deu 17. December 1801. »ßKlAttch«« RmtSgertcht Wohnhau« Die dentschfeindlichen Lestrebnngen in Oesterreich. Die Handelsverträge haben auf die Jungczechen eine Wir kung auSgriibt, als ob die Partei von Tollwut!, ergriffen wäre, und kiese Wutb ist durch eine Rede de« Abgeordneten Gregr znm Ausdruck gckoniincii. Diese Rede hat aber ; heilsame Rückwirkung gehabt, weil sie die Alt- czcchen zum Bewußtsein darüber gebracht bat, daß die czcchischc NationalitätSpölitik ibrc (Grenzen Kat, wenn ">e nicht zur Auslösung des GcsammtstaatS sübrcn soll. Wenn cs schon soweit gekommen ist, das; die Jungczechcn dem österreichischen Staate die Daseinsberechtigung absprechen, dann ist eS hohe Zeit, daß sich die staatScrhaltcnden Tbeile der Czechen von den extremen Elemente» lossagen und ihren Frieden mit der Dynastie unk der Regierung machen. Das ist denn auch geschehen, sowohl Prinz Schwarzenberg, als der alte Ezcckensührer Palackn haben sich entrüstet von den unpatriolischc» Aenßeningen des Jnngczeckcn Gregr abge wandt und ihre Zngebörigkeit zum österreichischen Gesanimt laate bekannt. Prinz Schwarzenberg versicherte, daS böbmischc Volk hege keinen Hast gegen die österreichische Monarchie, Gregr prach aber ausdrücklich von dem Wunsche der Ezechcn, ans der babylonischen Gcsaugenschast, in welcher sie durch Oester reich gehalten würden, loszukommen. Sowohl Gregr, als Herold unterscheiden zwischen der Dynastie und dem Rcgie- rungssyslem, sie weilen auf den Jubel bin, mit welchem der Kaiser von Oesterreich als König von Bödmen in Prag empfangen worden sei, und doch beklagt cs Gregr, daß die KöingSwahl im Jahre >526 aus den Erzherzog Ferdinand gefallen sei. Das sind Widersprüche, die sich durch persönliche Sympathie-Bezeugungen sür den Kaiser Franz Josef nicht lösen lassen, und dieser Widerspruch sinket sich auch in der Haltung der Altczeche». Der Unterschied zwischen Alt- und Jungczechcn bernbt lediglich in der Form, >n der Sache sind beide Partei-Gruppen einverstanden, weil ie Sonderrechte für die Czechen beanspruchen, welche ihnen nicht gewährt werden können. Rieger hat bei den AnSglcichS- Vcrhandlnngen den Nachdruck stets auf die Forderung deS Gebrauchs der czechischen Sprache als innerer Amtssprache gelegt und gab als Grund seine« beabsichtigten Rücktrittes aus dem politischen Leben die Nichtgewährung dieser Forde rung an. Es ist also der Au-gleich, um welchen rS sich handelt, und e« wird sich zeigen, ob der österreichische Patriotismus der Herren Prinz Schwarzenberg und Palacky ausreichen wird um den Ausgleich zu Stande zu bringen, an welchem die Deutsch-Liberalen BöbincnS fcstkallen, wie Plcner in der itzung res Abgeordnetenhauses vom 17. December mit größter Entschiedenheit erklärt hat. Dieser Punct ist von den Altczechen unerörtert gelassen worden, rin Zeichen, daß sic die deutsch - ctntralistische Bersassung, wie sie der Jungczecke Herold nennt, ebenfalls bekämpfen. ES ist überhaupt eine sehr wohlfeile Art, seinen Patriotismus durch allgemeine Redensarten dartbun zu wollen, wie Ber- sichcruugen von Treue sür die Dynastie und sür die Monarchie, trotzdem aber eine Politik zu unterstützen, welche aus die Auf lösung der Monarchie binarbeitet. Altczechen und Jungczechcn sind über den Grundgedanken einig, daß die Czechen einen ge schichtlich begründeten Anspruch auf die Sondcr-Entwickelung ihrer Nationalität innerhalb des österreichischen Gesammt- staatcS haben, und das ist ein Unsinn. Entweder fügen sich die Czechen den Gesamintstaats-Einrichtungen oder nicht, in dem erster» Falle sind sie Oesterrcickcr, im andern Czechen, aus welche das Wort Grcgr'S paßt, daß sie aus dem Gesammt- skaatS-Bcrbande hinanSstrcben. DaS ist eben daS Unglück der sogenannten Ausgleichspolitik, daß sie Ansprüche der Czechen groß gezogen hat, die niemals gewahrt werden können. Der Ausgleich bietet auf der einen Seite ru viel, auf der andern zu wenig, er ist deshalb als vcrfeblter -versuch zu betrachten, weil er die Berechtigung der czechischen Ansprüche tbeilwcise anerkennt, in der Absicht, dadurch die Mitwirkung der Czecken au der parlamentarischen Arbeit Oesterreichs zu gewinnen. Die Dcuttck-Böbnien haben um deS lieben Friedens willen ihre Zustimmung zu dem Ausgleich gegeben, aber nicht auS Ucverzeugung von der Nolhwendigkeit des Aus gleichs. DaS, was man so nennt, ist ein Zugeständniß an die Auslösungspolitik, durch welche Oesterreich vielleicht eine Zeit lang vor den thörichten Bestrebungen der Czechen sich Rübe erkaufen kann, durch welche aber niemals ein dauernder Zustand ausgerichtet wird. Tic Czechen stellen sich aus den nationalen Standpunct, sie sprechen von einem böhmischen StaatSrecht, sie wollen über ihre nationalen Angelegenheiten selbstständig entscheiden und das geht eben nicht. Innerhalb Oesterreichs kann es kein vom Gesammtstaat unabhängiges Böhmen geben, waS nur dadurch mit Oesterreich zusammenhängt, daß der König von Böhmen zugleich Kaiser von Oesterreich ist. Die Czecken haben stet-daS Borbild der Ungarn vor Augen, sie fühlen sich zurllckgesetzt. wenn ihnen nicht die gleichen Rechte eingeräumt werden In Ungarn liegen die Berbältnisse ander- als in Böhmen Ungarn hat stets eine gewisse staatliche Selbstständigkeit be wahrt, seine geographische Lage und seine nationale Ent Wickelung giebt ihm ein Recht auf die Sonderstellung, welche es Oesterreich gegenüber cinnimmt. Nichtsdestoweniger ist die Theilung de- GesammtstaatrS in zwei Hälften, die nur durck das Staatsoberhaupt, durck die Armee, die Vertretung im AuSlande und bestimmte Leistungen zu den Gesammt Ausgaben mit einander Zusammenhängen, nicht als rin Glück für die Monarchie zu betrachten. Ter Vertrag deS Jahre- 1867 war ein Au-kuoftSmittel, um über die bestehenden Schwierigkeiten hinwegzukommen, aber keineswegs eine Ein richtuna, welcke aus Mustergiltigkeit Anspruch erbeben kann Die Monarchie, welcher da« Hau» Habsburg al- Binde mittel dient, ist ein Völkergemisch, welche« nur durch die deutschen Bcstandtbeile zusammen gehalten wird, und deshalb ist eS fast unbegreiflich, daß in Böhmen die Lehre von der Feindschaft zwischen de» deutschen und slawischen Bestandthrilen der österreickischen Monarchie so eifrige Verfechter finden konnte. Die deutsche Sprache ist die Amtssprache und dir Armersprache und ohne diese Sprache ist dir Monarchie nicht zusammen zu halten. Auch in Ungarn ist man fich darüber klar, daß die Armee und die Vertretung im AuSlande gemeinsam fein muß für beide RrichShälften, während man i» Böhmen glaubt di« Armersprache abschaffen und °"ch.in d-n B-st-bungm AuSlande eigene Wege geben - Regierung znn, Borwnrs, daß sie unnatnrlichc - mil auf , nnLnissc Regierung znn, Borwnrs, oa« rannt de». Erbfeinde D-utscklant ' ""^st - ' i die Seile Nußla.idS und ,vrankrc,ckS. DaS nennt ^ ^ Aiikänglickleil an die Dunastic, ^ ^ ren LebenS- sprungs ist und das Bündniß »,,l Deutschland ,u den xeoe bedingungen OcsterreickS rechnet. . Pi^mirknng zu Das Uebermaß pflegt stets e.ue E-'3- äußern, ob wir uns aber >» diesem V _ ^-eckiickc geben dürfe», erscheint uns inchr alS zweifelhaft. L"ckä..!.k.-r eich.,et sich durch e.ne harrl.ckkc.t auch in solchen D.ngcn au-, welche d-m. gesund^ Menschenverstand auf Abwehr floßt». E s ^ Unsinn der czechischen TrennungSbeslrcbungen ,ü on ^ gesprochen unk geschrieben worden, daß eS unmvgi'ch > , clwas Neues in dieser Beziehung vorzubr.ngen aber aM t Czecken selbst sind alle gesprochenen und geschriebenen Worte der Jungczechcn zu Stande kommen, und alle B-mübuge dieser Partei, das Büntniß zwischen bester",ch und -d e. I ) land zu sprengen, sind vollkommen anSsichtöloS DaS bmdcU aber die Czechen nicht, sorlwähreiid ihre BeunrubignngS versuche z» erneuern und dadurch eine bockst unerqu> >ch '- ' lästigiiiigeincrgedeihlichenGesammlkntw'ckelungberdeiz snbrnr W,r können in der Sache nicht« tdun. als den Fallen, w° die politische Unfähigkeit der ^^n besonders w.dcr^ wärtigc Formen annimmt, davon unser» Standpunct dazu darzulegen. Dropsen hohle., ^lewe ans unk stets erneuerte Bedenken gegen unerträgliche Zustande tragen auch dazu bei. die öffentliche Rusmcrk-unke.t au d - Noit»vc»k,gkc,t ihrer Abstellung zu lenken. Dieser Pfl'ckt kommen wir gewissenhaft nach und hoffen dadurch wcingsu einen Beitrag zur Unschädlichmachung eme« den Frieden törcndcn Widersachers geliefert zu haben. Leipzig, 19. December. * Dem Leruehmen nach hatte der Kaiser die Reichs tagsabgeordneten aller Parteien, ausgenommen die Socialisten, zu gestern Abend mit Einladungen nach dem neuen Palais beehrt. * AuS der Rheinprovinz geht den „Hamburger Nach richten" von dem Vorsitzenden eine» dortigen Vereins ,m Namen deS letzteren eme Zuschrift zu, die sich mit den Grünten de« Mangel« an Vertrauen beschäftigt, welcher zur Zeit da« wirtbschasrliche und politische Leben Deutschlands beeinflußt. DaS genannte Blatt glaubt auf die Wiedergabe einzelner Stellen um so weniger verzichten zu sollen, als sic nach seiner Kcmitniß der Verhältnisse Ansichten zum Ausdruck bringt, die in weiten Kreisen gehegt werden. ES beißt in der Zuschrift: „Der Niedergang deS geschäftlichen Leben- sowohl im Pandel wie in der Industrie ist eine Wahrnehmung, die mit jeden, Lage empfindlicher wird. Bei ihrer Würdigung handelt r- sich nickt um OpliiniSnms und PcjfimiSinus; e» ist eine Thalsache, daß die Mehr- zahl ber Geschäftsleute und Gewerbetreibenden sich kaum einer so trüben und mulhlojen Zeit wie der jetzigen zu erinnern vermögen, und daß drei Viertel der Fabriken und Geschäfte besser thälen, ihre Thürcn zu schließen, als mit einem täglich größer werdenden Ber- lusle wriler zu arbeiten. Dir Frage geht von Mund zu Mund: woher kommt dieser Miß stand, was verursacht diese allgemeine Lntmuthigung? Der ab- gebrauchte Hinweis auf die „Ueberproduction" befriedigt nicht mehr; auch kann keine Rede davon sein, daß die Presse au der «ntmuthigun Schuld sei. Im Gegeuthril, die täglichen Vorkommnisse lehren, da die obwaltende Unsicherheit stärker ist als sie geschildert wurde. Line Hauptursache dieser besorgniserregenden Lage dürfte in der tagtäglich zunehmenden Auflösung de« politischen Vertrauens und zwar sowohl bezüglich de« inneren wie des äußeren StoatslebenS zu suchen sein. Da ist im Innern die Socialdemokralie: ihre Eoalltiouen bilden riu« Macht, welche das ganze Erwerbsleben be droht. Alle die gutgemeinten Wohlthaten, wie Krankenkassen jeder Art, Unfall-, Alter-- und Jnvaliden-Bersichrrungen, Sammelvereine sür besonder« Unterstützungen, sind in ihrer focialpolitischen Wirkung so gut wke wirkungslos geblieben; die beasichtigle Versühnung der Enterbten ward nicht erreicht. Tie Gesahr, die von unten heraus droht, wird mit jedem Tage größer und die Entschlossenheit, hier eine erlösende Wendung hrrbeizusühreu, fehlt. Was die internationale Situation betrifft, so ist die Welt mit ihren verschiedenen Nationen uud deren allezeit hervortreienden Neid und Mißgunst vornehmlich darauf augewiesen, erprobte Kräfte an den Spitzen der leitenden Staaten zu haben, denen große, Ber- trauen rinflößeiide Erfahrungen und Kenntnisse zur Seite stehen. DaS sehr scinsüdlig angelegte Vertrauen aus politischem Gebiete findet seinen Haltpunct hierin säst «klein. Dt» Beruhigung darüber daß nicht jeden Augenblick eine Ueberraschuug mir schweren Ent^ tSiischungen eintretea kann, basirt meist in dem feste» Bewußtsein daß dir diplomatischen Fäden in geschütten und bewährten Händen ruhen. So groß auch da» Vertrauen in die Regierungen sei» mag, e« kann doch nicht geleugnet werden, daß in der heutigen, schwierigen Zeit erfahrene, sturmerprobte StoatSmäuner von europäischer Auto- rität nöthig sind, um das Gefühl der Sicherheit zu erhalten. Wo baden wir aber jetzt Diplomaten, di« als hervorragende Größen w einflußreich die Wege vorschrriben, daß die Welt sich in dieselben fügen mutz? Der gewaltige Geist, der einst da- politisch« Schach- drei der gesammten civilistrtru Wett unter seinem schart wachenden ^uakd'elt.ist nicht mehr im ,«te; v«g»d,ich suchen wir seine« Gleichen bei einer andern Ration. daben geschichtlich es erfahren, welche Rolle der Neid der Völker gespiett hat. Do« Gefühl, da« sich nicht autspricht aber stich, und «rächtet die «elegenhett zu erhaschen. um sich zu be- und Heimtuckichste; eS trägt vor Allem dir Schuld, da» wir weiter und weiter rüsten müsse-, und so di. aegenseitige Furcht vermehren. " ' ' ES muß ,n der heutigen Lage rin baldiger Umschlag «intreten d" äuverläisige» Bewußtsein der Ruh« verleiht. Daß da« dülsw z^ezweistl^L Wirkung haben wird "" Sonneoberc, bat im Re,ch«tag de« Gerücht« erwähnt, daß der Finanzmini,ftcr V, '"Tranksurt schon dem Kaiser die Haudelsrer der' °°rg«schlaaen und daß der Reichskanzler unl Me der Ä .^^.'^ °°n Marschall daaejscn gewesen seicr '-^'3 _ authentisch mitgethtilt wird, ist diese» ganze Gerücht eme Erfindung. ' ' " °il» München wird geschrieben: Durch da« Ableben perr tkonr. Fischer ,n den oberbayer,scheu Landrath eiazu- treten und eS soll die Münchener CcutnimSparkck nunme««? ernstlich sick wir dem Gedanken beschäftigen, Herrn Konr. Fischer zur Nieterlegniig aller Ebrenslclleu auszusvrkcr». Der Entschluß sckcint der Partei etwa« spät zu koininen, denn zu deniselbcn hätte sic vor Jahresfrist bedeutend mebr Veran laffung gekabl als beute. Die Aufforderung ist jedoch bisher unterblieben, man vcrinulbct wobl kaum mit Unrecht, ans Furcht vor Fischer'- JndiScretion. Ans eben diesem Grunde wirk sie wobl auch neck länger ans sich warten tassen. Tie Herren Partcisübrer deS CentrumS sind Herrn Konr- Fischer gegenüber wohl in der peinlichen Lage jenes Kindes. daS die selbe treffend mit den Worten kennzeichnet: „2 mögcl scbo, aber i trau ini halt net recht." * «- * * An» Wien wird berichtet: Gegenüber den Meldungen der „Nene» Freien Presse" von einer Consercnz zwischen dem Ministerpräsidenten Grafen Taasfc, den Abgeordneten .-lener unk Cblumecky, infolgedessen Gras Taaffe beab- chtige, den Kaiser die Ernennung eines Mitgliedes der Bereinigten Linken zum Minister oknc Portefeuille vorzu- schlagen, stellt die Presse fest, eS bättc» zwischen dem Minister präsidenten und den genannte» Abgeordneten allerdings Ver handlungen stattgcfundcn. Ueber daö Resultat sei jedoch nicht» bekannt geworden, zumal die streng vertraulichen Con- fercnze», unter dem Ausschluß jeder anderen Persönlichkeit, nur zwischen den drei Genannten stattgcfundcn hätten. * Im österreichischen Zollausschusse erklärte Lupul Bukowina), die Bortbcile der Verträge seien überwiegend, wozu nock ibrc politische Bedeutung komme. Prinz Liechten' tcin klagte, die Zeit sei so kurz gewesen, um die Ansichten- der Wählerschaft cinzubolen. Caprivi habe Deutschland daS Recht Vorbehalten, anderen Staaten dieselben Zollsätze zu gewähren, daS habe große Bedeutung für die Lankwirtbschaft. Amerika werde zweifellos den Zollsatz von 3,.50 für Ge treide bewilligt erhalten. Die zweite Gefahr drobe von Rußland, daS für die Ermässigung der Gctrcidczölle die Erleichterung der Jndustriezölle bieten werde. Oester reich tausche also sür vorübergehende Borthrile für die Landwirthschaft dauernde Schädigung für die Ge werbe ein, die sür einzelne deren Ruin sei. Deutsch land könne ohnehin die Agrarzolle nickt aufrecktbaltcn. Die Compensationen für Oesterreich im Orient seien sebr frag würdig Wien- Gewerbe seien schwer geschädigt. Er verlas dann zahlreiche Briese von Leuten, die auS den Verträgen ihren Ruin erwarten. Er bemerkte dann weiter, die Handels verträge wirkten nachträglich aus Industrie und Gewerbe und machten sociale Reformen unmöglich; deshalb werde seine Partei dagegen stimmen. Roscnstock bezeicknetc die Stabilität, welche die Verträge geschaffen, als von der Valutarcgeiung abhängig. Beer erkennt an. daß eS der Regierung gelungen ei, eine weitgehende Schädigung der Industrie bintan- zubalten; er bespricht die Verhältnisse der Leincnindnstrie »nd beantragt eine Resolution betreffend die staatlichen Erleichterungen bei Erzeugung der Leincnwaare. Di Pauli niniint gegen den italienischen Vertrag Stellung wegen deS WeinzollS, L. 5 des SchlußprotokollcS deS Vertrags sei ein politisches Monstrum. Heute schon sei dadurch i» Tirol der Grundwcrtb gesunken: die ProductionSkosten des Tirolerweins betrügen 20 Gulden, während Neapolitaner Wein loco Bozen 10 Gulden kosten werde. DaS sei eine ConfiScation von Grund und Boden, und die Entwcrtbnng des Grundbesitzes, sowie Bettelstab und Auswanderung sür Tirol. Zum Schluffe fragt Redner, wie sich die Herren wohl den Einfluß dieser Verhältnisse auf Welsch-Tirol dächten. Kalckberg tritt den Ausführungen deS Prinzen Liechtenstein und di Pauli s ent gegen und sagt Letzterem, Italien werde von dieser Clausel de« 8 5 niemals Gebrauch machen. Eine Acnderung sei undenkbar wegen der Einheitlichkeit der Verträge. * Die Städte Trient und Roveredo wählten drei An hänger der Abstinenzpolitik zu Landtagsabgeordneten. * Der schweizerische Ständerath ist dem Beschlüsse deS Nationalraths, betreffend die Amnestie der wegen Wahl- vergehcn bei den Wahlen zum tessinischcn Großrath vom Jahre 1889 Angeklagten, einstimmig bcigetretcn. Der vor den BundeSassisen anhängige Proceß ist somit niedergeschlagen. Auch die Bundesversammlung genchinigte einstimmig alle vom Bundesrath in der Tessiucr Angelegenheit gesaßlen Be schlüsse. * Nach in London eingegangcnen telegraphischen Mel dungen auS Blackburn ist daselbst unter den Baumwollen Webern ein Streik auSgcbroche». Die Arbeiter sordern eine 5procentige Lohnerhöhung. Viele Webstühle sieben still. * Der Sccretair deS englischen KricgsministcriumS hielt auf einem Unionisten-Meeting in Gatesbead eine Rede, in welcher er unter Anderem erklärte, daß die Regierung min 70 weitere Schiffe ausgerüstet habe. Dadurch lei England in den Stand gesetzt, jederzeit zwei europäischen Mächten zur Sec die Spitz« zu bieten. * Jmbriani erneuerte in der italienischen Kammer sitzung vom Donnerstag seine Anfrage wegen der oste, reichischen Occupatio» der kleinen adriatischen Insel Pela aosa. Rudini wiederholte, daß er ablehne, die Frage zu veantwortcn, da deren Erörterung das Landesinteressc becin trächtige. Jmbriani erwiderte, da« sei eine andere Sprache als gestern; er entnehme daran», daß — der Vorsitzende unterbricht den Redner. Jmbriani aber schreit: „Fcigbcit, Ihr seid keine Italiener." Er besteht aus seiner Anfrage und verlangt den NamenSausruf. Der Vorsitzende stellte daraus die Vorfrage, ob es zulässig sei, tagtäglich gleiche An träge einzubringen? Sonnino bittet Jmbriani. seine An- frage zurückzurieben, da die Regierung triftige Gründe ange geben bade. Jmbriani sagt, er hoffe, daß alle mit Sonnino einig seien. Ruse: Ja! Ja! Jmbriani zieht daraus seine Anfrage mit der Erklärung zurück, daß er annehme, die Regierung werde ihre Pflicht thun. * Der Correspondrnt der »Polit. Corresp." schreibt aus Berlin, 1b. December: Die Haltung des diplomatischcil Vertreter« Frankreich« in Sofia gegenüber der Ausweisung de« Journalisten Ehadvorne hat hier allgemein überrascht. Der Genannte bat durch Veröffentlichung sensationeller Nach richten, die sich in den meisten Fällen als vollständig ersunbcn haoen, » erwiesen und die ange» ^auen a schemlich daraus hmzieltrn, dir
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