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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920905029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892090502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892090502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-09
- Tag1892-09-05
- Monat1892-09
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Extra »veilase« (gesalzt), nur mit d«« Morgen-Ausgabe, ob ne Posibeiörderung 60.—, mit Postbejorderung 70.—. Ilnnatfmeschluß für 2nlernte: Abend-Aurgabe: Bormitlag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» Haide Stunde früher. Inserat« sind stets an die Grtzktzttla» zu richten. Druck and Verlag von E. Polz in Leipzig. Montag den 5. September 1892. 88. Jahrgang politische Tngesschau. 7 Leipzig, 5. September. Abweichend von den meisten Blättern, auch liberalen, haben wir die bochossieiösen Bemerkungen, die die „Nordd. Allg. Ztg." "" denZusanimentritl dcöMainzerKatboliken - tage« knüpfte, als dem Zwecke der Ermulhigung ultra- montaner Ungcnirtbeit gewidmet erachtet und die eingeflossrne Mahnung zum Biaßbalten in der Tonart al- ncbcnsächtiche- Beiwerk angcseben. Diese Auffassung findet nunmehr ihre volle Bestätigung. Die Regierung spricht, abermals in der „Nordd. Allz. Zig ", dem Cent nun wegen dcS Verlaufs der Mainzer Versammlung ibre höchste Anerkennung aus und erwartet von ihren Nachwirkungen offenbar das Beste. Nicht die Haffner mit ihrer kaum verblümten Aufforderung an den Kaiser und da« evangelische Volk, zum KatholiciSmus „zurück- zukebren", nicht die Ballestrem und Lieber mit ibrer gar nicht verblümte» Eipressersprache gegenüber der Krone haben cxcedirl, ausfallend unk tböricht zugleich ist jener Theil der deutschen Presse, welcher an den Mainzer Vor gängen Anstoß genommen hat. DaS Centrum hat daö Privilegium, die Gefühle der überwiegenden Mehrheit der deutschen Nation zu verletzen, eS ist stark und darf sich deshalb erlauben, was Anderen versagt bleiben muß. Daraus läuft die Ccnsur binauS, welche die Regierung der Mainzer Versammlung crlbeilt. Wenn sonst im politischen Kampf ein Alaun, der auf Vornehmheit Anspruch macht, in den Ton der Gasse verfällt, so wird da- von Niemandem, auch nicht von der Regierung, belobt, wen» aber Gras Ballestrem dergleichen thut, so verdient er eine Bürgerkrone, er bringt ein „Opfer", denn eS muß einem Grasen doch sehr Kart ankvmmcn, wie ein Farbach oder Grillcnbcrgcr zn rede». Und da Graf Ballestrem für Rom und gegen die Atheisten die Fahne des Demagogen geschwungen, so kann ihm nur „parteiische Vor eingenommenheit" die Anerkennung versagen. Wir für unfern Theil freilich finden, daß die Negierung mit dieser Verherr lichung des Mainzer KalbolikenlagcS ibr eigenes Licht unter den Scheffel stellt. Roch bewunderungswürdiger als der Opfermuth des Grafen Ballestrem dünkt unö die Sclbst- cntäußerung der Regierung des Kaisers und Königs, die sich in der Belobigung der Cent rums- sührer kundgiebt. Denn Gras Ballestrem hat in Mainz dem König mit weiteren „Schlappen" gedroht, fall» er wieder beschließe» sollte, wie er über die Schulvorlage beschloß, er hat ferner in Bezug auf inner- italiemsche Angelegenheiten Ansichten geäußert und Forde rungen gestellt, die eine vollständige Abkehr von der auf den Dreibund gegründeten Friedenspolitik bereuten, jener Friedens politik, an der unerschütterlich fcstzuhalten der Kaiser als die Hauplausgabe seiner Regierung zu wiederholten Malen be zeichnet bat. Die Bekämpfung dieser Politik durch den Grafen Ballestrem findet die „Norddeutsche Allgeni. Ztg." „werbend" und „erziehend", d. h. das Regierungsblatt erachtet cs für löblich, daß der »ltramontane „Edelmann" sich von der Hohe, der ihm durch Geburt angewiesenen Stellung herabgelassen ha!, um unter „Bürgern" Gegner der RegierungSpolitik in ihren wesentlichen Pnnctcn zu werben. Doch dieser Widersprum soll allem Anschein nach seine Lösung finden, indem vie Regierung die Centrnmspolitik zu der ihrigen macht, pcrmutblich in dem Glauben, daß man im Innern nach der Pfeife dcS UltraniontanismuS tanzen und ihm in der auswärtige» Politik cv.tgegenhandcln kann. DaS dürften aber selbst größere Diplomaten, als wir sie zu besitzen scheinen, nicht aus die Dauer zn Wege bringen. ES ist wohl nicht zu weit gegangen, wenn man angesichts der Kundgebung in der „Norddeutschen Allgem. Ztg." den Staat wieder an dem Pnncte angekommen siebt, auf dem er sich bei der Ein bringung der Sckulvorlage befunden hat. Da- Centrum wird zu klug sei», um die sofortige Wiederkehr dieses Gesetzes zu verlangen, eS wird sich durch die Durchdringung der ganzen Politik mit dem klerikal-reactionairen Geiste vorerst für „sein" Schulgesetz und für die — Bewilligung der Militairvorlage entschädigt halten. Diese wird, nachdem vr. Miguel seinen Widerspruch zurückgezogen hat, im nächsten Winter kommen und wir werden eS wobt erleben, daß das Cenirum, welches vor fünf Jahren da- Septcnnat als einen Verratd an Freiheit und VolkSrcchten brandmarkte, daS Ouinguieniiium zu den selbstverständlichsten Dingen von der Welt rechnet. Warum auch nicht? Nimmt doch die „Nordd. AUg. Ztg." von ihrem Lobe nicht einmal jene Stelle der Ballestrem'schen Rede aus, an der gesagt wird, der „Rütli- bund reicht von Bennigsen dis Bebel". Als dieses Wort be kannt wurde, mag es mancher Liberale ob seiner Albernheit verlacht haben. Wir fürchten aber, daS Lachen wird Allen in Deutschland, die nicht auf Lieber und Hammerstein schwören, bald und gründlich vergehen. Der Ballestrem'sche Satz ist nicht? anderes als eine Umschreibung des Caprivi'schcn „die christlich, hie atheistisch";-Graf Caprivi ist zwar nicht mehr preußischer Ministerpräsident, aber in Main» scheint man PnhaltSpnncte gehabt zu haben, daß sich Gras Eulenburg die „Weltanschauung" seines Vorgänger» zu eigen gemacht. Ter Liberalismus, der unseres Erachtens die Consegucnzen der Vorlegung des preußischen Schulgesetzes nicht gezogen und die BürgschastS-Bedeutung seiner Zurückziehung überschätzt hat, wird sich voraussichtlich in die Stellung einer langwierigen Abwehr gedrängt sehen. Ist diese stark und zäh, so braucht man nicht im Geringsten daran zu zweifeln, daß der Angriff, wenn bei den Wahlen die Zeit dazu gekommen ist, zum Siege sübrt. Um dahin zu gelange», wird freilich den Liveralen das Centrum, nicht in seiner politisch grundsatzlosen Diplomatie, wohl aber in seiner inner« Festigkeit zum Muster diene» müssen. Die „Nordd. Allgem. Ztg." lobt, was stark ist. DaS muß man beherzigen. Es ist ausgefallen, daß Herr von GierS, der russische Minister des Aeutzern, bei keiner Durchreise durch Berlin dem Grafe» von Caprivi keinen Besuch abgcstattet bat. Nach einer Petersburger Meldung hat der russische Geschäfts träger Gras Murawicw dem Grasen Caprivi daö Bedauern dcö Herrn von GierS ausgesprochen, daß dieser ihm wegen seines leidenden Zustandes — eine Geschwulst am Bein hindert ihn angeblich am Auftreten und Gehen — keinen Besuch machen konnte. klebrigen« glaubt man auch in Petersburg, wie von dort gemeldet wird, daß Herr v. Giers nicht über den Herbst binaus im Amte bleiben werde; man schließt kies aus der auffallenden Tbalsache, daß daS amtliche Dementi des Auswärtigen Amtes gegen die in Bulgarien veröffentlichten Schriftstücke sofort, nachdem Gebcimratb Schischkin die Leitung des Ministeriums übernommen hatte, erfolgte. Ob Herr Schischkin zum Nachfolger des Herrn v. Gierö a»S- ersehcn sei, wird von mancher Seite noch als ungewiß betrachtet; man ball eS »icbt für unmöglich, daß der Berliner Botschafter, Gras Schuwalow, Herrn Schischkin vorgezogen wird. Bei den im Herbste stattfindende» PräsidentschaftS- wablen in den Vereinigten Staaten wird, wie eö mehr und mehr den Anschein gewinnt, daS deutsche Element die demokratische Partei nnlerslützc». In Ncw-Hork bat sich eine „Deutsch-Amerikanische Vereinigung für die Erwählung Grover Cleveland'S" gebildet und in deren Namen und Auftrag haben die Herren Karl Schurz, Oswald Ottcndorfcr, William Steinway, Henry Villard, Louis Wind- müller und Gustav H. Schwab einen Ausruf erlassen, in welchem sic ibre dcutsch-anierikanischen Mitbürger auffordern, für die Wahl Clevcland's zum Präsidenten der Vereinigten Staaten einzutretcn. In diesem Ausruf wird Clcvcland als ein durchaus ehrlicher Mann geschildert, zu dessen hervorragenden Eigenschaften außerordentlicher moralischer Muth und uner schütterliche UebcrzengungStrcne gehören. Man brauche nur aus die Entschlossenheit zn verweisen, mit welcher er, trotz der viel fachen Neigung seiner Partei im Süden und fernen Westen zur freien Silberprägung, ohne jedes Zaudern vor den Ge fahren dieser Neigung in der ausdrücklichsten Weise gewarnt habe. Der stärkste Beweis seines selbstständigen Pflicht gefühls liege aber in der Thalsache, daß er als Präsident wie als zweimaliger PräsidentschastScandibat von denjenigen handwerksmäßigen Politiker», bei denen das Sclbstwoht stets das Hauptziel ist, wie auch von de» unlauter» Elementen in seiner Partei überhaupt, niemals begünstigt worden sei. Nicht weniger habe Grover Cleveland durch ein ungewöhn liches Maß von politischem Scharfsinn und staatömännischer Voraussicht sich ausgezeichnet. Nicht allein habe er in seinem entschlossenen Auftreten gegenüber der Silberfragc davon einen glänzenden Beweis gegeben, er habe sich auch durch sein weises Verhalten in der Tarifsrage eine der hervorragendsten Stelle» sür alle Zeiten in der Geschichte der Republik gesichert. Er habe erkannt, daß die Schutzzollpolitik, wie sie seit Jahren mit immer sieigendcnFordcrungen von der republikanischen Partei getrieben werde, ein stetig wachsender Schaden sei, dessen Hebung sofort und entschiede» in die Hand genommen werden solle, und furcht los habe er dieser seiner Erkennlniß in seiner berühmten Botschaft an den Congreß Ausdruck gegeben. Die Unterzeichner des Aus rufS fordern deshalb ihre Mitbürger zu ernster Arbeit auf. um die Wahl Grover Cleveland'S zu sichern. Der Ausruf schließt mit folgenden Worten: „Wir zögern um so weniger mit diesem Appell an unsere Landsleute, als das Programm der demo kratischen Partei bezüglich der Hauptfragen durchaus be friedigend ist. Es verlangt Reform des CivildiensteS. Es befürwortet absolut glcichwertbige Circnlationömittel von Gold, Silber und Papier und die Abschaffung de« verderb lichen sogenannten Sherman-GesetzeS. Es will unv wird dem bestehenden Raubsystcm der Schutzzollpolitik, daS nur zur Bereicherung der Industriebesttzer und der Ausdeutung der Blaffe des Volkes dient, ein Ende machen und den Vereiniglen-Staatcn Haushalt wieder nach dem guten Grund sätze einrichlcn, daß die Bedürfnisse des Staates allein daö Maß der erhobenen Zölle zu bestimmen haben." Der Nedacteur der „Nspubligne sraiitzaisc", der franzö sische Teputirte Nein ach, dringt in der „New-Rcview" die Hoffnungen der Franzose» in Betreff der Räumung Egyptens zum Ausdruck. Herr Reinach ist ehrlich genug, cinzngestehe», daß kein Franzose erwartet, die erste Handlung dcö neuen englischen Ministeriums werde die Räumung Egyptens sein. Aber Lord Rosebery wird nach der Ansicht dcö französischen Publicistcn gezwungen sein, eine der bis herigen entgegengesetzte Politik Frankreich gegenüber ein- zuschlagc», und er wird daö mit jener Herzlichkeit thun, welche seine Partei von ihm fordert. Deshalb wird die Erörterung über die Frage von jetzt an einen ganz anderen Ton anncbmen. Es ist tröstlich, meint die „Morning Post", daß die Franzosen nicht mehr verlangen, daß die Engländer Hal« über Kopf heraus müssen. Jetzt fordern sie nickst« weiter, als die Neutralisiruna des SuezcanalS und des NilthalS, »in aus Egypten eine Art Belgien zu machen. Herr Reinach kann allerdings Gladstonc, Morlcy und alle cinflnßrcichen Radicalen sür seine Wünsche ansührcn. Eö ist ihm deshalb sonnenklar, was solge» wird, sobald Sir Charles Dilke seinen Antrag aus Räumung Egyptens gestellt hat. Herr Reinach bat Reckt: England hat wieder Ordnung in Egypten geschaffen. Aber ebenso wird jeder Kenner der egyptische» Verhältnisse zugeben, daß sofort ei» CbaoS cin- trctcn würde, sobald England seine Truppen anö Egypten urückzicht. Die „Morning Post" führt mit sichtlichem Be- agen einige Sätze au« dem Artikel des Majors Otto Wachs i» der „Conlemporary Review" an: „Der strategische Werth EgNptenS bildet heule fast den Mittelpunkt der orientalische» Frage. Man kan» leicht verstehen, weshalb sich Rotbröcke dort befinden und wcsbalb sic dort bleiben müsse», wenn England nicht seine Stelle unter den Nationen ausgeben will. Englands Ehre und Existenz sind in Egypten mebr auf dem Spiele, als irgendwo sonst." Das bochconscrvativc Blalt ist indessen beruhigt: „So lange sich Lord Rosebery an der Spitze dcS auswärtigen Ministeriums befindet, werden diese Erwägungen von der Negierung, deren Haupt Gladstonc bildet, nicht übersehen werden." DaS Königreich Italien bekam in der jüngsten Zeit in Folge des Wiederauflebens des Räuberunwesens i» Stellten und auf der Halbinsel selbst in auswärtigen Blättern, und darunter auch in den Blättern der Italien eng befreundeten Staaten, Dinge zu hören, die keineswegs schmeickelbast klangen und im Lande selbst wurde allgemein daS lebhafteste Mißfallen über diese beklaacnswcrlbe Er scheinung geäußert. Es wäre vergebliche Mühe, schreibt die „Pol. Corr.", a» diese» Thatsachen cttvaS mildern zu wollen, man muß vielmehr, ganz abgesehen von den überaus eklatanten Fällen der letzten Wochen, einräumcn, daß die öffentliche Sicherheit in einigen Provinzen des Königreich« seit geraumer Zeit viel zu wünschen übrig läßt. Vielleicht mebr »och als durch die Räubereien und Gewalttbätigkeiten auf Eicilicn fühlt man sich dadurch beunruhigt, daß selbst die italienische Hauptstadt und ibre Umgehung von dem bezeich- ncten Ucbel bedroht wird. Wenige Meilen vor den Thoren Roms treibt eine Bande von Misiclbätcrn ihr Unwesen, und in der Hauptstadt selbst kommen räuberische Uebersälle und freche Diebstähle allzubänsig vor. So wurden in Palestrina, einem bekannten alten Raubneste, vor Kurzem mebrere Reisende von einer vier Mann starken maökirlen Räuberbande Über fall«», mißhandelt n»d anSgeranbt. In der nächsten Nähe von Ron, ereignen sich räuberische Attentate so häufig, daß ein Spaziergang außerhalb der Mauern der Hauptstadt nicht eben ganz ungefährlich ist. Die Krage ist nun die, in welchem Maße die gegenwärtige Verwaltung für diese Zustände ver antwortlich zu mache» ist Zu diesem Punct ist zu betonen, daß man sehr unrecht thun würde, wenn man dem jetzigen Ministerium auch nur die geringste Schult hieran szumeflen wollte. Die jetzige Regierung hak diese Uebelstände als un liebsame Erbschaft von ihren Vorgängern übernommen. Es kann nicht verschwiegen werden, daß diese Zustände zu nicht geringem Theilc eine Folge des vom früheren Ministerium befolgten übertriebene» SparsyslemS sind. Zn unangebrachter Ausführung dieser Sparsamkcitsgrundsäye wurde» nämlich mehrere, zur Aufrechterhaltuna der öffentlichen Ruhe und Sicher beit früher ausgestellt gewesene Carabinieri- und öffentliche Sicherheit-stationcn, unter ihnen auch ein ca. 20 Mann starker Posten berittener Carabinieri in Palestrina aufgelöst. Die Folge» zeigten sich bald, denn schon kurze Zeit nachher verschlimmerten sich die öffentlichen SicherheitSzustände er heblich. Die gegenwärtige Regierung sicht eS al» eine drin gende Pflicht an. diesen Fehler gut zu machen und Italien die eines CulturstaalcS würdigen SicherbcitSverhältiiifse zu verschaffen. Sie bat die energischsten Maßregeln ergriffen, um das Näuberunwcscii anSzurottcn und ihm überall den Boden zu entziehen, und man darf übcrzcugt sein, daß sie dir Sache nicht auö den Augen verlieren wird. Die Verbreitung der Cholera liefert den englischen Frcmdcnhassern willkommenen Anlaß, die Frage der unbeschränkten Einwanderung nach England aufs Neue aus die Tagesordnung zu bringen. Täusche sich Keiner, es hat seit Jahre» in England, namentlich in Arbeiterkreisen, keine so tiefgehende Strömung gegeben, um eine gesetzliche Beschränkung der Einwanderung ycrbeizufübrcn. Gegen wen dieselbe in erster Linie gerichtet ist, bedarf keiner Erwähnung. Wenn die englische Regierung bisher allen derartigen Gelüsten stantbaft widerstand, so ist Wohl die Furcht vor Wieder- vcrgcllungöniaßrcgeln der Hauptbewcggruud. Jetzt, wo die Cholera England bedroht, erheben sich viele Stimmen, um allen armen Einwanderern die Landung in England zu ver bieten Am liebsten würde man eS scben, wenn da» auf dem Verwaltungswege geschehe. Aber die« ist unmöglich. Wie der Londoner Berichterstatter des „Manchester Guardian" mit Recht hcrvorhcbt, wäre dieses ein Eingriff in die Rechte des Parlaments. „Die Krone", so führt Professor Dicey auö, „kann Feuilleton. Hannibal's mächtiger Lrrthum. Skizze au» dem Leben der Schwarzen. Bon Philipp Berge». Nachdruck «ndolni. (Fortsetzung.) Mitleidig trat Liberty näher. „Seid Ihr gefallen, Mutter?" ^ „Die vermaledeite Tonne ist unter mir zusanimcngebrochen. Sic sah fest und stark genug au«, aber eS war Schwindel. Diese» ganze Han» ist au» Schwindel zusammengesetzt ah, ob, mmm!" Mühsam richtete die Lady ihre .10» Pfund vom Boden aus und rieb, leise stöhnend, mit der flachen Hand diejenigen Stellen ihres Körper», die am meisten ge litten batten „Nun komm', Töchtercken, führe mich ins HauS, ich habe Dir etwas Wichtige« mitzutheilcn." „lind ich Dir etwas Spaßiges! Solomon war hier." ,Ma»? Solomon?! Wahrhaftig, er muß beute frei ge kommen sein. Nun kenne ich auch die Hllhnerdicbe, die prächtigen HcrzcnSjungcn, die keine Seele vcrratben wird. Jeder bat sie lieb und verabscheut den Geld sack Hannibal, denn Jene besitzen in ihren kleine» Fingern mehr Schlauheit, al- dieser in seinem ganzen Ochsenkepfe!!" Unk unter Thräncn lächelnd stützte die edle Frau sich aus die Schulter ihrer Tochter und wankte zurück in da« ver einsamte HauS, während draußen da» Geräusch der Diebs- jagb io der Ferne verhallte. IN. Auf der Landstraße zwischen Pleasantville und Clear Spring-, einen« dolpiige», zerklüfteten Fahrweg, bewegte sich in früher Morgenstunde rin einsamer farbiger Reiter, dessen Pferd in gemächlichem Tempo dem letztgenannten Ort zutrabte Die Goldstrablen der beißen Sommersonne Louisiana» zitterten gleich blendenden Flammen über den weiten, stillen Maisfeldern, die mit Diyriaden grüner, sederbnschgeschmückter köpfe Uichrlnd zum tiefblauen Himmel «mporsatzrn. Ringsum herrschte tiefe- Schweigen, der Gesang, mit dem die Vögel da« Erwachen des Morgens zu begrüßen pflegen, war ver stummt und die gewaltige, erschlaffende Hitze de» TagcS be reits in ibre Rechte getreten. Nnr tics unten, im Schallen der stämmige» Halme, wo brenncildretbe Feucrlinicn — die Keilern Dirnen zwischen dem ehrbare» Getreide — keck ihre Häupter erbebe», ertönte da» Gluckse» eine» einsamen Feld Kuhns. Am Rande der seldabgrenzenden, spiegclstille» Wasserscheide», über welche sich die Maisbalme s>cund- nachbarlich hinüber- und herübernciglan, saßen in langen Reihen, unbeweglich, grünbrännliche Br Ns rösche und glotzten mit latzcnjänimerlichen, übernächtigen LSchck'lern und stieren Ochsenaugen empor inö Gewirr der Slumzel, Blätter und Büsche, wo Goldkäfer mit leisem SnriRn beachtensivcrthc Flugercrciticn auosührtcn und zwischen k», Lücken die ferne HimmclSblänc sck'iminerte, in welcher diq Geier, winzige» Feucrsünkchen äbnlich, ihre majestätischcn akdeise zogen Der einsame Reiter sah und körte von alledem nichts In tiefen Gedanken ritt er seines Wcgec. Jetzt hielt cr sein Pferd an und schaute mit vorgebaltenen Händen über die Felder hinweg in die Ferne, bi» seine Augen an einem I einen, wcißschimmcrndcn Hause basten blieben. , Naiv it is", mur melte er, während er» höhnisches Lächeln in dem drnklen Gesicht enipcrzuckte, „dort ist'S — nun heißt e» schlru zu Werke gehen! llnri-) up, Liza. Iirur) np l" unk der Gaul nickte verständnißinnig, um seinen Weg nunmehr etwa« schneller als bisher fortzusetzen Jene« weiße HänScken, da» wie ein großer Pilz innittcn der MaiSpflanznugcn stand, war die Shanty der berüchtigten Hühncrdiebe Solomon und Cäsar Snnffbop. Gew'bnlick wurde das Häuschen nur von einem der saubere» Drüber gehütet, während der Andere irgend eine gemeinschaftlib ver- ickrildete Strafe absaß — beute aber waren Beide tahcim. Casar zimmerte draußen an der alten wackligen Pfo te des Gartenzauns und pfiff nach dem Tactc seiner Hamme schläge ein Liedchen, der gelehrte Solomon befand sich im Innern de- große» PilzcS. Hier stand er v>»r einem kleinen vcr staubten Fenster, sockt wie besessen mit den Armen in ter Lust und ließ eine gewaltige Sännipsrede vom Stapel. Wem seine Philippica galt, war freilich nicht so leicht zu erratheo, denn Solomon befand sich dem Augenschein nach ganz allein !»> Zimmer. „Du Ding, Du Kröte, Du vermaledeiter Giftpilz", schrie er, „ich lasse mich mit Haut und Haaren aussresscn, wenn in Dir sür einen einzigen rochen Cent Ehrlichkeit und Wahrheit steckt. Wärst Tn gewesen, was Du schienst, dann Kälte sic den ekelhaften Niggcrdanty Hannibal niemals gcheiratbct. l.nolc Iioro, >ou —" Solomon sprang vorwärts und hob die alte eiserne Schraube drohend empor (denn an sie war seine noble Ansprache gerichtet) — „luolc Iivro, )ou! Man soll mich einen Maulesel nenne», wenn Du jemals am Sarge eines gehängten Niggers gesessen hast — nun, hast Du? zcig'S zetzi und strafe mich, wenn ich lüge, nun? — Hahaha! Tu bist Nickt», als rostiges Eise», daS zum Teufel geben mag!" Bei diesen Worten machte der erboste Solomon einen Lustsprung und schleuderte den armen Talisman aus das Fcnstcrbret, daß cs krachte, raffle ilm wieder ans, um das Experiment zn wiederholen, verscbltc aber diesmal sein Ziel und das Eisen fuhr klirrend durchs Fenster, das sofort in tausend Scherbe» zersprang Und wäbrend noch das Klirren der fallenden Glassplitter schallte, erhob sich auch draußen ein unheilkündcndcr Lärm. Die Schraube war einem im Hose stehenden Maulthicr a» den Kops geflogen, das vor schreck aus einen niedrigen Kaninchenstall sprang und hier Alle» kurz und klein schlug» worauf eS wie toll über die Felder davonstiirmte. Solomon stand noch auf demselben Flecke im Zimmer. Er hatte die Hand zum Munde erhoben, wie eine Person, die plötzlich von hcsligrm Slanncn ersaßt wird. „Heiliger Moses, was ist DaS?" stammelte er leise, „wahrhaftig, sie ist doch echt!!" Mit dem Ausdruck der Furcht in de» dunkle» Zügen trat er auf den Hos hinaus und bob die Schraube wieder auf, »m sie ehrfurchtsvoll an seine Lippen zu drücke». „Verzeihe mir. Du großartiges Ding", »inrmelle er, „Du bist doch echt, an Deinem Zorn erkenne ick c». Ich war ein ganz vermaledeiter Narr. Dich auch nur einen Augenblick für gewöhnliches alle« Eisen zu nehmen. Du warst eS ja, die uns gestern Abend beschützte, als Hannibal« beulende Rotte uns über die Felder jagte, Du warst eS ja auch, die — doch ball! Wa» — scb' ich recht?I" Ter Sprecher hielt inne und starrte ungläubig in» Weite Aus dem schmalen Fußwege, der zur Shanty der Gebrüder Snusfbox führte, war der einsame Reiter erschienen und trabte geradenwegs auf daö Räuschen zu. Hinter sich her zog cr den entwichenen Maulesel, den er unterwegs aus- acsangcn hatte. Eine Sccunde nur starrte Solomon den Näherkommciiden an, dann wandte er sich ab und verschwand hinter dem Hänschen Hier befand sich ein Hühncrstall, eine fünf Fuß Hobe, ans alte» Latten zusammcngczimincrte Baracke, deren wackelige Tbür von Solomon eilig mit einem Strick zugcbuntc» wurde. Ter Reiter war bereits an der Psorte erschiene» und ließ seine Blicke über Haus und Gärtchen unk über den gespannt, fast erschrocken dastehenden Caesar schweifen, den, sich sofort auch Solomon zugesellle. „Einen gesegnete» Morgen wünsche ich Euch, GentS", sagte der Fremde böslich. „Dieser Bursche hier ist, calcnlir ich, der Eurige. Ich habe ihn cingcsangcu." „Ihr habt veidainmt Recht, Fremder", ließ sich die Stimme des gelehrten Solomon vernehmen, der seinem Bruder heimlich einen ermunternden Rippenstoß gab, „das Thier gehört uns. Und der, welcher eS sür »ns cingcsangen bat, ist, wenn ich diesen meinen Augen trauen darf, kein Anderer, als der reiche Hannibal Millstone — stimmt es?" ES stimmt", cntgcgnclc der Fremde lachend, „ich bin so gewiß Hannibal Millstone, als ibr Briden die ehrlichen Burschen Caesar und Solomon Snussbop seid. Ta» stimmt hoffentlich auch?"! Solomon nickte stolz mit dem Kopfe. „Ibr mögt Gift daraus nebnnn, Sir. Und waS mich persönlich betrifft, so sebt Ihr in mir den Professor Solomon, der von manchen nicht nnersabrenkii weißen Leuten als der gelehrteste farbige Gentleman in dieser Gegend angesehen wird." „Ab, sehr erfreut, Eure Bekanntschaft zn macken, Sir", sagte Hannibal, indem cr zur Erde stieg nnd den cingefanacnrn Maulesel dem Caesar übergab. „Wenn Ihr der gelehrte Solomon und als solcher der Aeltere von Euch Beiden seid, so babe ick ein Wörtchen mit Euch zu sprechen Hin, abm — da» Häuschen hier, und der Grnnd, aus dem e< stept, ist Euer Eigenthum — he?" (Fortsetzung folgt.)
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