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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.09.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920907016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892090701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892090701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-09
- Tag1892-09-07
- Monat1892-09
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ALo«»eme«tSPreiS h« Hanptrrpedifto, od« d» t» Stadt» Peztrk m>d d» Vororten «erichletea >»«» vobestelln, abgehvlt: »t«trljübrltch^>4.S0^ »K zwetmaltz« tigltch« gast»«»,, i>« Hau« SSO. Dnrch die Post bezogen für Peatfchlaad »nd Oesterreich: vierlei,abrlich ^8 S.—. Direkt» tägliche kreuzbanbsendung in« AnSIaib: monatlich -»l 9.-- Die MorgenMalgab» erscheint tiigNch'/,7 Uhr, di« Abend-Ausgabe Lochentagt 5 Uhr. Ledaciion und Ln>e-itlo«: ' Johanne»,aste 8. Dle Trvedition ist Wochentag- nnanterbrvch» getffaet von früh 8 bi» «bach» 7 Uhr. Filialen: vtt» Le««'» Sorti«. (Alfred Hahn), Univerfititsstraße 1, Laut« Lisch». Katharinenstr. 14, Part, und könkgt-latz V. ^si57. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Lrgan für Politik, LocalgeMte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. JiisertioriSpreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg.' Keclamen unter dem RedaetionSstrich (4 ge» spalten) 50 vor den Famitienaachrlchtei» (6 geipalte») 40 »L- Größere Schriften laut unserem Prelt« verzeichaiß. Tabellarischer und Zisserusatz oach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nnr mit der Morgen-Au-gabo, ob ne Poslbesürderuag ^!t 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.—. Ännalimeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormiliagt 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,9 Uhr. Lei des Filialen und Annahmestellen je «los halbe Stunde früher. . Inserate sind stet» an die Expedits»» zu richten. Drack und Verlag von L. Polz ia Leipzig. . Mittwoch den 7. September 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Ausschreibung. Für den Anbau der 10. Bürgerschule iu Leipzig-Dolkmarsdors sollen uachstehend« Arbeiten vergeben werdeo: 1) Zimmerarbeiten, 2) Stetnineparbettea, 3) Kieulpaerarbeiten, 4) Dachdeckerarbeilea, 5) Elsen arbeften (Walzeis. Träger), 6> Blltzableitung und Klingelanlage, 7) Glaserarbeiteu, 8) Tischlerarbeiten, 9> Schlojserarbeiten, 10) Maler uud Anstreicherarbeiten. DI« Anschlagtformulare nebst Bedingungen können im Bureau de» Architekten Herrn Fr. Hanuemann, Alte Elster 10, gegen Zahlung von >l 1,00 entgegen genom'nea werden. Dir Angebote sind versiegelt und mit entsprechender Aufschrift versehen btt 12. September Abend» 5 Uhr, Rathhaut ll. Ober geschoß, Hochbauamt, Zimmer Nr. ü, eiazureichen. Leipzig, am 5. September 1892. D«r Rath »er Stadt Leipzig, ld. 3845. vr. Georgt. In Gemäßheit der 8A. 2 und 7 det Regulativ» für Ga-rohr- leitungeu uud Gatbeleuchtungt-Anlagen iu Privatgrundstücken vom 2. März 1863 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Paul Wanschura, Promenadrnstraße Nr. 24, zur lieber,«ahme solcher Arbeiten bei un» sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen oachgewiesea hat. Leipzig, den 5. September 1892. Dtt Rath »er Stadt Leipzig. X. 6562. vr. Georgt. Wolfram. In Gemäßheit der 88 2 und 7 de» Regulativ» für Ga»rohr> leitungen und Ga»beleuchtu»g»anlagcn in Privatgrundstücken vom 2. März 1863 machen wir hierdurch bekannt, daß der Schlosser Herr Paul Rr»«Bftrr, Brühl Nr. 15. zur liebernahm« solcher Arbeiten bei uu» sich angemeldet and de» Besitz der hier», erforderlichen Vorrichtung«» »achgewieseu hat. Leipzig, de» 5. September 1892. D«r Rath »rr Stadt Leipzig. X. 6439. ör. Georgi. Wolfram. Lekanulmachung. Wegen Vornahme von Pslosterarbeiten wird p«m 8. p. Pitt, «h die Kochstratze auf der Strecke von der Arndt« bi» zur Scharnhorststraße, «ährend der Dauer der Arbeit für allen Kahrbrrkehr gesperrt. Leipzig, am 6. September 1892. ^ Der Rath per Stadt L«tp»tg. IX. 16058. vr. Georgt. Stahl. Bekanntmachung. In dem der Stadtgemcinde Leipzig gehörigen Eckgebäude an der Markthalle — ttnrprtnzstratze Rr. 14 — sind folgende Mieth. räume, als: 1) da» an der Brüderstraße gelegene verkanstgemülde 4 von 37,74 qm Flächengehalt mit einem Nebenraum von 17,80 gm und einem im Kellergeschoß unter dem Gewölbe befindlichen Lagerraum von 36,10 qm; 2) da» an derselben Straß« gelegene verkaufSgeMSlbr v von 32,19 qm Flächengehalt mit einem größeren Neben' raum von 50,80 qm und einem kleinereu von 2Z5 qm, sowie einem im Kellergeschoß unter dem Gewvlb« befind« lichen Lagerraum von 21,70 qm; 3) da» an derselben Straße gelegene Berkanstgetnöldr 6 von 32,10 qm Flächengehalt lohne Nebearaum) mit dem darunter im Kellergeschoß befindlichen Lagerraum von 21,70 qm; 4) da» an der Ecke der Brüder« und kurprinzstraße gelegene ver'aussgewölbe v von 56,30 qm Flächengebalt (ohne Nebenraum) mit dem darunter im Kellergeschoß befind« lichen Lagerraum von 45,50 qm sofort ans sech» Jahre zu vermiethen. Miethgeiuche werden aus dem Rachhause, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, enlgegtnommen. Leipzig, d«» 2». August 1892. Dr» Rath »er Stadt Leipzig. vr. Georgt. krumbiegel. Lekanntmachun-. Für Michaeli» d. I. sind 4 AuLstattungtspenden im Betrage von 77 25 >4, 6? ^ 58 40 64 und 40 » 56 -4 an diesige arm« unbescholtne Frauen, welche sich in der Zeit zwischen Michaeli» vorigen und Michaeli» d. I. verheirathet haben, von un» zu vergeben. Dt« Spende von 40 64 >4 kann nur an ehelich Geborene, die von 40 ^ 56 ^ nur an hiesig« Büraerstöchter »er« geben werdea. Gesuche sind unter Beifügung der Ebeschliehung». bescheinigung, eiuet von zwei hiesigen Bürgern bet Bürgerspflicht auigestellten Zeugnisse» über die Unbescholtenheit und Bedürftigkeit der Bewerberin und einer Geburt-bescheinigung bi» znm 30. d. M auf dem hiesigen Nachhause, 1. Obergeschoß, Zimmer 11, eiuzureicheu. Leipzig, de» 1. September 1892. L»r Rath d»r Sta»1 L»tptt» Vr. Georgt. Wagner. Freiwilliger Verkauf. Auf Antrag der Erben de» Herrn vr. Karl «lepander Ludwig Reich«! i» Bläuenthal soll da» zu besten Nachlasse gehörige, in sehr schöner Gebirgsgegend und hart an der Post- und Eisenbahn« station Blauenthal gelegene Besttzihum, Folien 1, 2 und 3 de« Grundbuch» für Unterblauenthal, von 126 k» 90,1» Wald, 53 k» 5.4 » gutem Ackerboden, 53 d» l»H » Wässeruagswiesen nüt bedeu« «enden Wafferkräften, drei Hotzschleiserrien, Brauerei uud Brennerei, auch Hochwüdjaad und Fischerei, am « Lrta»er 18»» Rachmitt«,» I vhr i« hiesige» Gerichttgebänd« versteigeN werden. Gebote V»»«» auch »vr de« Termin« schriftlich «»gebracht «erden. Dt« kauslbediugungea solle» im Termin« bekämet gemacht «erde», «erde» aeef verlange» auch leorher schriftlich «ttgetdei:«. Näher« «»»kaust über da» Brfitzthum giedt Harr Walther Reichel Vlanantbal. ««de,stock, a» T «aptemb», l«2. «»»tllktch Süchstsch«« «»1«,eri««. »"»sch. Verpachtungs-Anzeige. Freitag, den S. September 18SS, Nachmittag« 2 Uhr oll die Nutzung der am Uebergabebahnhose Leipzig gelegenen Ländereien, und zwar 2VS «r Feld «nd 7» «r Wiesen, unter zuvor bekannt zu gebenden Bedingungen össenllich meistbietend verpachtet werden. Pachllnslia« wollen sich Nachmittag» 2 Uhr au der Schöneselder Windmühle einfinden. Leipzig, am 1. September 1892. Königliche» Adthetlungsingenienr-Vnrea» H. Lekauutmachuilg. Dir Ausgabe von Spaagogenkarlen findet Donnerstag, de» 8. September» vormittag» 10—12 Uhr und Arettag» den v. Septemder, vormittag» 10—12 Uhr ia der Gemeindekanzlei (Sqnagogengebäude, 1 Treppe hoch) statt. . Wir bitten, bei Abholung der Karten die dishertge» Karten und die dietjährtgen Grmrtiidrftenrrauittungrn »litzubringen. Leipzig, den 4. September 1892. Ter Vorstand der Israelitische» ReligionSgemeinde zu Leipzig. Nußland und Frankreich. Seit dem Besuch der französischen Flotlenabtheilung in Kronstadt sind Franzosen und Russen nicht müde geworden, ihre gegenseitigen herzlichen Beziehungen bei jeder Gelegen- heit öffentlich sundzugeben und die allgemeine Aufmerksamkeit daraus zu lenken. In neuester Zeit hat die Reise der fran zösischen Theilnehmer am internationalen Eisenbabneongreß nach Moskau, wo er staltfindct, zu glänzenden Empfang«- seierlichkeiten in Rußland Anlaß geboten, während in Frank reich die Anwesenheit des Herzogs von Leuchtenberg und de» russischen Minister» des Auswärtigen v. Giert in Aix let Baint zu einer Begegnung de« Präsidenten Carnot mit dem nahen verwandten de« Zaren und zu Besuchen der Minister Ribot und Freyeinet b«i Gier« geführt hat. Besonder« auffallend muß die Art uud Weise genannt werden, wie die französischen Delcairten des internab.onalcn Eisenbahneongresft« von militairischer Seite in Warschau ge feiert worden sind. Einen« Ccuverain können nicht größere Ehren erwiesen werden. Zwei Regimenter halten Ausstellung in Ecmpagniesront genommen und begrüßten die französischen Gäste mit ihren Damen, alt sie die Front entlang fuhren, mit lautem Hurrah. Dann fand ein Vorbeimarsch der Laternen- und Fackelträger der Regimenter statt, der mit einem Zapfen streich schloß. Bei dein darauf folgenden Festmahl, welches das LfficicrcorpS den französischen Gästen gab, brachte der Generalmajor Fonlon. der Eommanteur de» Grenadier- Regiment-, dessen Chef der deutsche Kaiser ist, ein Hoch a»S, in welchem er daran erinnerte, daß Frankreich und Rußland sich im Krimkricge zwar alt Feinde gegenüber gestanden, sich aber trotzdem achten und lieben gelernt hätten, wie die In schrift des bei Sebastopol errichteten Denkmals bezeuge: „Ten tapferen Söhnen Rußlands und Frankreichs." Es ist klar, daß man derartige Aufmerksamkeiten nur den Angehörigen einer Nation erweist, der man die Eigenschaft einer Bundesgenossin zuerkcnnt, und wenn auch biSber der formelle Abschluß eines Bündnisses noch nicht erfolgt sein mag, so ist koch aus einer ganzen Reibe von Vorgängen, die sich seit einem Iabre abgespielt haben, zu entnehmen, daß die beidsrftitige Absicht auf ein Bündniß gerichtet ist, das nicht nur BertbeidigungSzwecke verfolgt, soliden, auch für den Angriff berechnet ist. Die Legende von der Wiederherstellung dcö gestörten europäischen Gleichgewichts bat außerhalb Rußlands und Frankreich- nirgends gläubige iseelen gefunden, uud i» diesen beide» Ländern weiß man ganz genau, in welcher Absicht die gegenseitige Annäherung geschebcn ist. Das europäische Gleichgewicht im russischen und sranzösischen Sinne ist gleichbedeutend mit der Eroberung der Balkanbalbinsel und der Revanche Frankreichs sür die Niederlagen in den Jahren 1876 unk 1871. Weiche Gestalt der Ausgleich annehmen soll, bängt von der Größe des Sieges ab, der natürlich stets von den Angreifern als ihnen gewiß vorausgesetzt wird. Wir versagen es uns, das Geheimniß, welches die Sendung de< Herzogs von Leuchlenberg nach Air le« BainS umgiebl, zu lüsten, solche Versuche sind zwecklos, die Phantasie sensationslüsterner Correspondenten pflegt bei solchen Anlassen ohnehin da- Aeiißcrste zu leisten Aber seltsam klingt es, wenn von Rußland aus besonder» hcrvorzehoben wird, daß der Mittelpnnet sür die Gestaltung der auswärtigen Politik Rußlands St. Peters burg sei und bleibe, daß also den Besuchen französischer Minister bei Herrn v. Gier« nur die Bedeutung von damit sich dort in voller Ungestörlheit Ereignisse vollziehen können, die das Licht der Oeffcntlichkeit zu scheuen haben. Nach den vorliegenden Meldungen fand die Unterredung der beiden französischen Minister Ribot und Frencinet mit Gier in Gegenwart de» Botschafter» Baron v. Mohrenheim statt, rin« Beränstaltung, die mit den Formen rer Höflichkeit nichts zu thun hat, sondern offenbar ein Beweis für die Wichtig keit der Gesprächsthema«;» ist. Höflichkeitsbesuche pflege» auch nicht von mehreren Personen, die nicht durch enge Familienbande verknüpft sind, gemeinschaftlich abgestatlel zu werden, weil sie lediglich persönlicher Natur sind. Wenn die Minister de» Auswärtigen und de» Krieges mit dem Minister de« Auswärtigen und dem Botschafter einer sremden Macht eine Ecnserein abhalten, so kann diese nur den Zweck haben, wichtige Angelegenheiten zu besprechen, oder Beschlüsse zu fassen, die schon vorbereitet sind. Wenn Herr Schischkin bemüht erscheint, sich in eine Art feindlichen Gegensatzes zu seinem Vorgesetzten v. G erS zu bringen, so ist daS ein diplomatischer Schachzug, der Niemanden täuschen kann. Außerdem besteht der angebliche (s-egensatz nur der Form, aber nicht dem Inhalt nach, denn da« Organ de» russiscven Auswärtigen Amt-, da» .Journal de El. Pet-rS- bourg", hatte schon vor der Einsetzung de- Stellvertreters de« Herrn von Gier« die Veröffentlichungen der russischen Aetenstücke durch die bulgarische Zeitung „Cwotoda" als Fälschungen bezeichnet. Wenn also jetzt ^err Schischkin die Form eines Rundschreibens an die Vertreter Ruß lands im AuSlande wählt, um diese Fälschung nochmals zu bestätigen, so bedeutet das lediglich eine Fortsetzung der bisherigen auswärtigen Politik. Frankreich ist die einzige Macht, die sich Rußland m seinen Maßnabinen gegen Bulgarien rückhaltlos angeschloffen hat, Frankreich erklärt die Hinrichluiige» in Sofia gleichfalls als Morte, sein Vertreter ist der Eröffnung der Ausstellung in Philippopel fern geblieben, es giebt sich überhaupt bei allen Vorkommnissen auf der Balkanhalbinsel als der getreue Genosse Rußland» zu erkennen, es billigt Alle», was diese Macht tbut, nicht aus Uebcrzeugung, sondern aus ZweckinäßigkeilSrücksichlen. DaS sind die wahren Bundesgenossen, die gleiche Freunde und gleiche Feinde haben, die blintliiigS Allen« znstiiiinien, was der andere Tbeil thut. Leider rst nur die Zeiilage den beiderseitigen Wünschen gar nicht entsprechend. Rußland und zum Thcil auch Frankreich sind von der Cholera heimgesucht, besonders jenes i» einem Maße, daS jede auswärtige Aetion unbedingt verbietet, also sind alle Sympathie Klindgebllngen nur sür die Zukunft berechnet, und wie sich diese gestalten wird, läßt sich nicht vorder bestimmen. Vorläufig beschränken sich die beite» Freunde daraus, ihre innige Uebereinstiiiiiiiung vor aller Welt bei jedem irgend zulässigen Anlaß auszu- drücken »nd dafür zu sorgen, daß Europa unansbörlich daran erinnert wird, daß die beiden Hanpl-Mililairmächte bereit sind, ihre Heeressäulen im gegebenen Augenblick vereint marschiren zu lassen. Unsere deutsche» Partei-Verhältnisse sind gewiß nicht mustergiltig; wir gehen einem schweren parlamentarischen Kampfe entgegen, dessen AuSgang noch »ich: abzusehen ist, aber wir können »nS doch weder mit Rußland noch mit Frankreich vergleichen, wenn wir die Mängel in Erwägung ziehen, welche beiden Mächten anhasten. Frankreich hat bisher eine stetige Negierung noch nicht erreicht, der Bestand des Ministeriums ist stets vom Zufall abhängig, ja eS tritt sogar zuweilen der Fall ein, daß die Mehrheit, die ein Ministerium stürzt, erst zum Bewußtsein der Bedeutung ihre- Votum» kommt, wenn das Ereigniß bereit« geschehen ist. Auch di« sociale Frage zeigt in Frankreich ein ganz andere« Gesicht, weil dort Kräfte ihre Thätigkeit »u Gunsten unruhiger Köpft entfalten, gegen die gesetzliche Schutzmittel nicht wie in Deutschland z» Gebote stehen Wir glauben deshalb, daß wir der Entwickelung deS russisch-französischen EinvernehinenS obnc Besorgniß zusehen können. Rußland ist ans absehbare Zeit nicht in der Lage, loSzuschlage», und Frankreich thut »icbtS ohne Rußland. Mag auch Italien an den Folgen seiner Vergangenheit kranken, so ist doch der Dreibund eine so Achtling gebietende Macht, daß wir dem russisch-französischen Bunde unter allen Umständen ge wachsen sind. * Deutsches Reich. 88 Berlin, 5. September. DaS Befremden über den Sonnabend - Artikel der „Nordd. Allg. Ztg.", in welchem, aiitnüpfend an den Mainzer Katholikentag, dem Centrum und den Ultramcntanen alle Anerkennung ausgesprochen, ja sogar Bewunderung gezollt wird, ist allgemein, und die Miß billigung dieses Artikels findet ihr Echo biS weit in die Reiben der Conservativc». Es ist oft von dem Ungeschick der Lffi- eiösen gesprochen worden, aber mehr als durch diesen Arlilcl ist dir Regierung vordem wohl noch nicht „compromittirt" worden, und wir glauben, cS liegt hier ein dringender Anlaß vor, daß die Grafen Caprivi und Eulenburg unzweideutig kundthu», daß sie jede» Einverständnis! mil dieser Preßleistung znrückweisen. Die Ausführungen dcS BischfS Haff»er und seine Forderung, Laß die Protestanten zur katholische» Conftssio» „zurückkehren", werden selbst von der „Krcuzztg." als gesäbrliche Uebcrlreibungen gegeißelt, wenn freilich auch dieses »lit den Ultramontanen seit längerer Zeit verbrüderte Blatt die Forderung der Rückberusuiig der Jesuiten Überhört »nd an der Resolution über die Wiederherstellung deS Kirchenstaates nichts auSznfttze» findet. Ganz wie im vorigen Jahre vor Beginn der ParlamcnISsaisvn wird auch diesmal kaö Centn»» von der „gvuvernementale»" Presse »nischmeichelt und die Regierung von den ultramonlanen Blätter» mit Lob und Bertrauciisällßcningeii überschüttet. Hat man sich wirklich bereit» hinter den Coulisse» so frübzeitig verständigt und steht un» abermals eine Ucberraschiing bevor wie mit dem Volksschulgesetz? Wir denken, unser Reichskanzler nnd unser Ministerium »lüssen davon überzeugt sein, daß weder im Reiche, noch in Preußen eine Regierung möglich oder gar von Tauer sein kann, welche Lei» Genius der Nation entgegen sich auf eine klerikal-ortbodoze Mehrbeit zu stütze» sucht. Wir wollen nicht den Kamps gegen die Regierung, sondern wir wollen diesem Kampfe Vorbeugen, und darum äußern wir unsere Besorgniß» wenn wir lebe», daß die Regierung aus falschem Wege ist, nicht, wie Graf Caprivi versichert. über den Parteien steht, sondern im Schlepptau de« Ultra- moiitaniSmus und der Reaction sich befindet. 6H. Berlin, 5. September. Trotz aller Anstrengungen der Herren Schröder und Genossen ist die rückläufige Be wegung in der Bcrgarbeiierbewegung nickt aiifzuhaltcn; Herr Schröder, welcher augenblicklichNicdcrschlesicn bereist, soll zwar nach Gelsenkirchen über seine große» Erfolge daselbst berichtet haben, aber aus untrüglichen Quellen können wir meide», daß L. Schröder seiner alten Gewohnheit treu ge» blieben ist und den Mund mächtig voUgenomnien hat. Der Vorstand muß fortgesetzt Mitglieder, wclcke ihre Beiträge nicht aezahlt, au» de» Listen streiche». Um die noch übrig bleibenden Mitglieder zusammen zu halte», sucht man die Bildung von Consumverciiie» mit alle» Kräften zu fördern. So bat sich auch dieser Tage in Eickel unter der Firma .Eonsumverein Flora" ei» solcher Verein gebildet. Recht löblich ist daS Bestreben, den Mitgliedern für den Winter möglichst billig Kartoffeln zu sckaffen, »n vorigen Jahre soll dadurch mancher Roth gesteuert sein. — Die Wahl von ArbeiterauSschüssen. durck welcke bekanntlich da« Ver- hältniß zwischen den Arbeitgeber» und Arbcilnebmern eine wesentliche Förderung erfahren bat, ist Le» Führern der Aergarteiterbcwcaunz ein Dorn im Auge, und da sie die Wahlen selbst nicht verhindern können, so habe» sie versucht, Leute ihrer politischen Bestrebungen in die AuSscküsft zu wählen, bis jetzt aber mit wenig Glück; unk ihre iüngsten Versuche bei den AuSschußwablc» für die siScalischen Werke in Staßfurt dürsten ebenjalls keine» Erfolg haben. Wenn hier und da min in der Presse auö den Reden ein zelner Agitator»,, der Schluß gezogen werden sollte, daß im Herbst u»S ei» neuer Bergarbeiterstreik in Sicht stände, so können wir positiv versichern, daß die Hauptlciter der Bewegung absolut nicht daran denken, ernstlich in eine Lohn bewegung einzulreten; alle Vorbedingungen dazu fehlen auch gänzlich — kein innerer Zusammenhalt der Mitglieder.voll ständige Leere in den Casse», keine Aussicht ans Hilfe von auswärts — in Anbetracht dieser Tbatsacken können selbst die heißblütigsten Agitatoren nicht im Enljerniesttn an eine» Streik denken. (D Berlin, 6. September. Der französische Geograph Elis^e ReeluS, der vor einigen Monaten als Professor nach Brüssel berufen wurde, und der bekanntlich ein enragirter Anarchist ist, bat in Folge Ersuchens der Redaetion de« revolulionaireii BlalteS „Sempre Avanti" in Livornv, seine wahre und aufrichtige Meinung über Ravachol kund zu geben, folgende Antwort erlheilt: SLvreS, 2S. Juli 1892. Werlbe Genosse»! Ich bin sür nicht» verantwortlich, wo» die eapitcillstlschen Zeitungen sage», welche iimner aus» Oleratbewohl, ihren Launen und Leidens»,aslen de» Augenblicks gemäß schreibe». Hätten Sie die „Nevolte" gelesen, in welches Blatt ick manchnial schreibe »nd mit dessen Haltung ich vollständig eiuverstaiiden bin, so wurden Sie gesehen haben, das, ich weit entfernt bl», die Handlungen Ravachot't zu verdammen. Im Äegentheil, ick bewundere seinen Muth, seine Gutherzigkeit, seine Seclengrüßc, de» Großmuth, . mit welchem er seinen Feinde» oder besser, seinen Derräthern ver» ' giebt. Ich kenne kaum Menschen, welche ihn an edle». Betragen überragte» . . . Ich behalte mir die Frage vor, inwieweit es an» gemessen ist, das eigene Neckst bi» ans» alleräußerste durchsetzen zu wollen und ob nicht andere Rücksichten, angeregt durch einen Geist meiischlicker Solidarität, die Oberhand haben sollte». Jedoch bin ich nichtsdestoweniger einer von denen, welcke in Ravachol einen Helden von ungewöhnlichem Edelmuth erblicken. Wie dem aber auch sei, mein« Meinung thut wenig zur Sache. Tie der Lapitalisten ist von gar keiner Bedeutung. Sucht sie unter Euch selbst. Eure eigene Meinung, wohl durchdacht und anvcruiengt, ist die wahre und gute. Mit brüderlichem Gruß ElisSe NeelnS. -Berlin. 6. September. (Telegramm.) Der Kaiser befahl, die Vorbereitungen zu seiner Reift z» den Manövern des 8. und l6. ArilieeovrpS einzustellen, da die Manöver der Choleraaefahr Wege» aufgegeben sind. — Die Entscheidung, ob die Manöver de» dreizehnten (würtkembergischen) und deS vierzehnten (badischen) ArmeeeorpS stallsinden werden, ist der „Nationalzeilung" zufolge den betheiliglen Negierungen anheim gegeben. — Der Berliner Polizei-Präsident ist, dem Vernehmen der „Kreuzztg." „ack, vom Minister des Innern aufgefordert worden, sich baltinöglickst darüber zu äußern, ob und in welchem Maße die diesigen Bäcker niit ihre» Preisen für Backwaare dem bedeutenden Sinken der Getreidepreise seit vorigem Jahre Rechnung getragen haben, und ob eventuell eine bezügliche Einwirkung auf dem in den 88- 73 »nd 7 l der Reicks - Gewerbeordnung vorgesehenen Wege sich empfiehlt. Die eilirlen Bestimmungen der Gewerbeordnung laute»: Die Bäcker und die Verkäufer von Vackwaaren können durch die LrtsvolizeibebSrde aiigel,alten werden, die Preise und da» Ge wicht ihrer verschiedene» Vackwaaren für gewisse von derselben zu bestimmende Zeiträume durch eine» von außen sichibaren Anschlag am Berkaussloeale zur Kenntnis, des PiiblieumS z» bringen. Dieser 'Anschlag ist kostensrei mit dem polizeiliche» Stempel zu versehen und täglich während der Verkaufszeit auSzuhängeii. Wo der Verkauf von Vackwaaren nur nach den von den Bäckern und Verkäufern an ihre» VerkaiisSIocale» aiigeschlagene» Preise» erlaubt ist, kann die LrtSpolizeibehördc die Bäcker und Verkäufer zugleich anhalte», in, Verkansslocale eine Waag« mit den ersorderlichei, genickte» Gewichten aiisznsiellen und di« Be nutzung derselben zuin Nachwiegen der vertaiisle» Vackwaaren zu gestatte». — Wie der ,Ostfte-Ztz." berichtet wird, hat der Kaiser beschlossen, am l?. d. M. noch eine zweite Flottenschau in der Bucht von Heringsdorf stattsinkeu zu lassen. — Der Magistrat läßt jetzt der Stadtverordueteii-Versaminliing die ossieielle Miilheiluiig zugehe», das, der Lberpräßdent von Berlin »iittelsl Erlasse» vom 14. d. M. den Beschluß, »ach welchem da» Gehalt sür die Stelle de» Oberbürgermeisters aus 30 000 jährlich, sür die Stelle de» SladtralhS Nr. Weber aus 7000 und sür den Fall, daß derselbe wieder gewählt wird, aus 10 500 fest, gesetzt ist, genehmigt hat. — Ter General-Inspeetor der Fußartillerle General der Artillerie Sal Ibach hat Berlin verlasse». * Tikslt, 4. September. Hier geht man, wie die „T. Z." ersähet, mit dem Plan »m, einen littauisch-polnischen Wahlverei» zu begründen. lü Hamburg, 5. September. Wegen Beschimpfung von Gebräuche» der lutherischen Kirche hatte sich der Ouaiarbeiter Berthold Bette vor dem Landgericht zu veranlworten. Der Angeklagte hatte aus dem StistuiigSftst de» Verbandes der Hafenarbeiter am 30. April d. I. den »Pastor St. als Apostel Reisender" vorgetragen. Dabei war er aiigetban mit dem Habit eines LeicheiilrägerS mit schwarzem, langem Mantel und großer, sttiftr Halskrause, ähnlich dem Ornat der hiesigen Pastoren. Er hat, wir die Anklage be hauptet. daS Stück in Pastoralen, Tone vorgetragen und dem Schlußsätze da« Wort »Amen!" beiaesügl. Der Angeklagte glaubt nicht, daß er »» Stande lei, im Predigerton zu sprechen; er findet auch in der Wahl des CostümS eine Be- sckimpfling der Einrichtungen und Gebräuche der lutberischen Kirche nicht. Tie Behauptungen der Anklage werten durch die Beweisaufnahme» bestätigt. Die Angelegenheit war durch die tei dein Feste servirenden Kellner, die an dem Vortrage Aergerniß genominen halten, zur Kenntniß der Behörde ge langt. Der Staatsanwalt beantragte 9 Monate Gefängniß und sofortige Verhaftung deö Angeklagten, daS Urtheil lautete auf 4 Monate Gesangniß - Halle (Westfalen), 5. September. DaS amtliche Er» aebniß der ReichStagSwahl im Kreise Halle Herford ist folgendes: Hammer stein (Eons.) erbielt 7630, DeliuS (nat.-lib.) 316», BuSkühl (freis.) 188l, Zwiener (Svc.) 1785 Stimmen; zersplittert waren 28 Stimmen.
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