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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.09.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920923010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892092301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892092301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-09
- Tag1892-09-23
- Monat1892-09
- Jahr1892
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Dtz btt Haaptexpedltto» od« de» i» Stadb- Eezlrk «nb de» Vororte» errichtete» AiiS- aadesteve» »bgeholt: vierteljährlich ^ll.Ssh »et tweimoltger täglicher Zust«N»»g t»< He»« » 5.50. Durch dt« Post bezogen für Deutschland »ud Oesterreich: viertelfädritch >ch 6.—. Direct» tägliche Krruzbandfludung tu« «u«la»d: monatlich ».-> Die M orge»-N»Sgab« «richeint tägNch'/,? Nhr, di« Abend-Ausgabe Wochentag« b Uhr. Redaciio« ,«d Lrpr-itioa: -*h«»««ONss« 8. Diel geSss Morgen-AnsgaVe. Filiale«: vtK Alt«»'« Eerti«. («lfrtü vsßd^ Univerfitüttstraß« 1. L»ui« Lisch«. S»th«ri»«,str. part. und Könl-splatz ^ WM.Tagtl>latt Anzeiger. Organ für Politik, LocalMichte, tzandels- und Geschäftsverkehr. JnsertionSpreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 2S Psg? Reklamen unter demRedactiontstrich (4ge« spalte») bO^, vor den üamilieuuachrichte» (6 geipalten) «O-ih. Größere Schrillen laut unserem Preis« Verzeichuiß. Tabellarischer und Zisserujatz »ach höherem Toris. Extra-Vellage« (gelalzt), nnr mit de» Morgen. Ausgabe, odne PosibesSrdernag 00.—, mit Postbesörderuvg 70.—>- Ännalsmeschluß für Änserale: Abeud»Au«gabe: vormittag« 10 Uhr. MargeN'Aurgabe: Nachmittag» «Uhr. Sonn« und Festtag« stich '/,9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle» je ela« halb« Stund« früher. Inserat« find stet« °» die Expedits««» zu richten. Druck «ud Verlag von E. Pol» ia Leipzig. ^ 487. Kreitatt den 23. September 1892. 80. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Kekauutmachun-. blatte« ist bei un« I. ans dem Nalh. Da« 38. Stück de« diesjährigen eiugegangea und wird bi» zum 17. Oktober Hause zur Einsichtnahme öffentlich au»HLug«n. Dasselbe enthält: Nr. 2049. Verordnung, betreffend das Bergwesen Im südwest afrikanischen Schutzgebiet. Born S. September 1892. Leipzig, de» 20. September 1892. D«r Math »er Ltatzt Lei»»«,. l)r. Georgi. Krumbiegrl. Lekanudnachung. Infolge Ablausen» der Wahlperiode scheiden demnächst au« dem hiesige» Kirchenvorstande ou«: di« Herren Schuldirektor Hemprl, Oekoaomterath Luder nnd Oberförster Schöuherr. Dieselbe» sind jedoch wieder wählbar. Dl« Airchen»«rsta»da-ikraä>iju»gSwahl wstd hiermit auf Eanntag, Neu v. vrtotzer 18-2, anberaumt; st» wird in der hiesigen Kirche von vormittag 11 Uhr bi« Mittag '/,1 Uhr durch persönliche Abgabe von Stimmzetteln erfolgen. „Stimmberechtigt sind alle selbstständige» Hausvälkr hiesiger Kirchgemeinde, welch« da» 2b. Lebensjahr erfüllt haben, mit Aus nahm« solcher, di» durch Verachtung de« Worte« Gölte« oder un ehrbaren Lebenswandel öffentliche«, durch nachhaltige Besserung nicht wieder gehobene« Aergerntß gegeben haben oder von der Sti»»n- brrechtiguag bet Wahlen der politischen Gemeind« auSgeschlosie» sind." „Wählbar sind all« stimmberechtigten Gemeindkglikder, di« das 30. Lebensjahr vollendet haben. Die Wähler haben ihr Augenmerk aus Männer von gutem Ruse, bewährtem christlichen Sinn, kirch licher Einficht und Erfahrung zu richten." Diejenigen stimmberechtigten Gemeindeglieder, welche sich an der bevorstehenden Wahl bethetligeu wollen, haben sich durch schriftliche oder mündlich« Anmeldung in «ine der drei Listen einzulrageu bez. eintragra zu lassen, welche von beut« an hi« mit Sonntag, de» 2. Hetaber tz. A-» Mittag« '/,1 Uhr in Len üblichen Geichästs- stunde» tm Amtszimmer de« Unterzeichneten (Königistraße 2ü). im Meldeztmmer der 2«. Polizeiwache (Tchulstroße 5) und tu der Wohnung de» Hern» Ktrchenvorsteher« Löuicker (Karlstraße 9) Le^-jig-Eonnewitz, a» 81. September 1892. «. «. Hass«, vors, de« Wahlou»schuffe«. Die LLnüarfrier -er Erklärung Frankreichs zur Republik. Seit dem 6. Mai 1889, dem hundertsten Jahre-tage der Verkündung der Menschenrechte durch die Nationalversammlung ia Versailles, hat die Reihe der Gedenktage begonnen, welche da« heutige Frankreich als die Grnudlage der gegenwärtigen Zustände betrachtet. Unter einer monarchischen Negierung würde di« Verkündung der Menschenrechte ebenso wenig gefeiert worden sein wie die Abschaffung de« KöniglhumS durch den Convent am 22, September 1792, unter der Herrschaft der Republik gestaltet sich die Erinnerung an diese Ereignisse zu Freudenfesten» an denen sonder barer Weife auch der Vertreter de- Kaiserthum- seinen Aotheil in Anspruch nimmt. Prinz Victor Napoleon spricht Lei diesem Anlaß nicht von den Anhängern de« Kaiserreich«, sondern wendet sich an die Vertreter de« Plebiscitgedanken«, weil diese ihre Macht stet» dem Volk willen untergeordnet hätten. Da« ist zwar eine gewalt same Art» «men Zusammenhang zwischen der Revolution und dem Kaiserreich herzustellen, aber die Bonapartisten haben sich ia von jeher darin gefallen, demokratische Grund sähe zu heucheln und die beiden Kaiser al« dir voll streckrr de« Volk-Willen» anzuseheo. Die Männer de« 4. September 1870 waren anderer Meinung, sie hielten da« »weite Kaiserreich für eine schwere Verirrung, di« man zu», Schaden de« Lande« viel zu lange geduldet habe, und darüber sind auch die heutigen Vertreter de« republikanischen Staat«gedaalen« in Frankreich einig. E» war keine glückliche Eingebung de« Prinzen Victor Napoleon, am Vorabend de- 22. September au« seiner bi«hrrigen Zurückhaltung heraus zutretr«; sein Streben, den Zusammenhang mit dem Kaiserreich nicht vollständig lösen zu lassen, hat ihn zu weit geführt, im heutigen Frankreich ist kein Platz mehr für Prätendenten von der Lrt de« Prinzen Victor und de« Grafen von Paris. Es ist damit nicht gesagt, daß nicht doch wieder einmal ein Umschwung nach der monarchischen Seite in Frankreick eintretcn könnte, denn mil Prophezeiungen kommt man in Frankreich nicht weit, dort sind die unerwarteten Ereignisse an der Tagesordnung Irgend ein Zufall, eine Erregung, von der da« ganze Volt erfaßt wird, spottet alle» Berechnungen, Zustände, die heute noch für fest gelten, sind morgen vollständig unhaltbar, weil die öffentliche Aufmerk samkeit von irgend etwa« Neuem gefesselt wird, was ihr Aussichten zu eröffnen und Ersolg zu verspreche» scheint. Wen» Frankreich alle die nachfolgenden Ereignisse feiern will, dann muß cS auch der Thronbesteigung Ludwigs XVIII., Karl'S X. nnd Ludwig Pbilipv'S gedenken, ebenso wie der Krönung Napoleon'S I. und des Regierungsantritte« Napo leon'« IU. Da« Alle« sind historische Gedenktage für Frank reich, wenn sich auch die Republik hüten wird, sie al« solche anzuerkeunen. Aber eö hat auch eine SchreckenSzcit gegeben, seit deren Herrschaft nun bald 100 Jahre vergangen sein werden, lieber diese Zeit besteht in republikanischen Kreisen keine rolle Uebcreiustimmung, wie die parlamentarische» Kämpfe wegen de« Verbots der Ausführung de« Sar- dou'schen TramaS „Thermidor" gezeigt haben. Clemenceail ist für die Meinung cingetrcten, daß die Revolution ein Ganzes sei, aus dem nicht irgend welche Theile auSgeschieden werde» können, aber im Ganzen wiegt die Auffassung auch bei den Republikanern vor, daß die SchrcckeiiSperiode nicht zu den alänzende» Abschnitten der französische» Revolution gehört. Die republikanische Staats form in Frankreich hat ihre Bestätigung durch die An crkennung des Papstes erhalten; erst seit dieser offen für die Republik Partei ergriffen hat, ist daS Gesübl der Sicherheit in Bezug auf die Dauerhaftigkeit der SlaalSsorm auch bei den Franzosen zum Durchbruch gekommen Alle Rede», welche der Präsident der Republik und die Minister bei feierlichen Anlässen halten,treffen in demAu-druck dcrHossnung zusammen, daß au« der Einigkeit der Republikaner das Heil der Zukunft erwachsen werde. Es wird dabei zwar immer ei» Loblied auf den Frieden angestimmt, aber der Grundgedanke aller dieser Kundgebungen ,st doch stet-, daß die herrliche französische Armee Gelegenheit finden werde zu beweisen, was sie wcrlh ist, und Frankreich wieder zu der Machtstufe zu führe», aus der eS sich im Jahre 1870 bis zum Kriege befand. Und so ist denn auch der leitende Grundgedanke bei allen Centenarfeiern seit dem 6. Mai 1889, daß die Republik die Quelle ist, au« welcher Frankreich seine Kraft saugt, und daß diese Kraft sich nicht bloS im Frieden geltend mache», sondern auch im Kriege bewähren werde. Prinz Victor Napoleon ist sich dessen Wohl bewußt, daß er von Zeit zu Zeit ein Lebenszeichen geben muß, wenn er nicht vollständig >n Vergessenheit gcrathen soll, und seine Hoffnung ist natür lich aus die Veränderlichkeit seiner Landsleute gerichtet. Wen» einmal die KriegSfackel angczl'mdet ist, dann läßt sich der Verlauf der Dinge gar nicht bestimmen. Feste Zustände giebt eS in Frankreich nicht, man kann höchstens eine relative Festigkeit zugestehcn, und diese ist jetzt sür die republikanische Staatsform erreicht. Dir gegenwärtigen Verhältnisse sind für die Zukunft in keiner Weise maßgebend, da Alle- heute unter dem Druck der Cholera steht. Wie die Franzose» gesonnen sind, läßt sich aber daran- entnehme», daß sie die ungestörte Abhaltung der Manöver al- eine Art moralischen Siege« über die andern Völker Europa« ansehen, die sich durch Rücksicht aus die öffentliche Wohlfahrt bewogen gesunden habe», die Manöver cinzuschränken oder überhaupt nicht abzuhaltcn. Frey einet spricht von den nächstjährige» Manövern bereits al« von einer letzten Probe, welche die französische Armee davon abrulegen habe, ob die Reserve mit den unter der Fahne befindlichen Truppen ein fest geschloffene« Ganze« bildet, so daß alle Theile organisch mit einander verbunden sind und sicher ineinander greifen. Wenn die Franzosen Znkmisl« Pläne entwerfen, dann handeln sie eigentlich wider ibrc Natur, weil bei ihnen „der mächtigste Herrscher stets der Augenblick gewesen ist. Solche Pläne verfolgt nicht nur der -Krieg- minister Freycinet, sondern sogar die Stadtvertretung von PoitierS beschäftigt sich bereit« mit dem Gedanken an die Präsidentenwahl, die erst Ende 1894 bevor steht. Immerhin ist eS rin gute« Zeichen, wen» die Franzosen systematisch Vorgehen und nicht blo» äugen blicklichen Regungen unterworfen sind, sie können sich dann doch nicht verhehlen, daß die Republik nur im Frieden Aussicht ans Bestand hat. und daß die Wohlfahrt und daS Gedeihe» des Lande« auch wesentlich von der Aus- rechthaltung de« Friede»« abhängt. Je umsaffender die Vor bereitungen sür den Krieg sind, je mehr die ganze wehrfähige Bevölkerung zu der Militairpsticht hcrangezogen wird, um )o tiefer greift ein Krieg in die aesammte Entwickelung ein, er muß nach Lage der Verhältnisse einen furchtbaren Charakter aniichiuen, weil die Wirkung der heutige» Waffen alle« bisher auf diesem Gebiete Dagewcsen« weil hinter sich laßt. Die Franzosen legen ans ihre republikanische» Einrichtungen großen Werth und haben das wieder mit der gestrigen Säcularseier der Verkündigung der Republik durch den Nalionalconvent bewiesen. E« wird auch bei diesem Anlaß nicht an überschwänglichen Reken gefehlt haben, eS bleibt nur zu wünschen, dag nicht unvorhergesehene Ereignisse ein- treten, die den natürlichen Lauf der Dinge überstürzen. Bleiben diese an», dann besteht Hoffnung, den Frieden auf unbestimmte Zeit zu erhalten, andernfalls sind wir dem Tcinpcramcilt unserer westlichen Nachbarn und dem Ilngcsähr preiSgegebe». * Unabhängigen, Buchdruckereibesiper Werner. Derselbe griff b!e Soclaldemokratie i» satyrischer Welse an und wie« ihr m.lircre Jnconsequenzen nach, so z. B. die, daß ihre Abgeordneten sin Reichstage gegen ba« Alters- und InvaliditatSgesetz ge- stimmt hätten, weil dasselbe nur «Ine verschleierte Armenpflege enthielte, während die Eocioldemokraten tm Rothen Hause die Annen- pfleg« resormire» wollte». Werner aiitwortete der zweite Partei« Secretair Fischer in gewohnter rabulistischer Weise, wobei er an de- erster«» Niiternehmerfland beißende Bemerkungen knüpste. Werner „aicrbrach Fischer'» Rede wiederholt mit dem Au-rus: „Nicht wahr!" Da» habe ich nicht gesagt!" und der neben ikm sitzende Tapezierer Wiidberger rief „Lüge!" Nun sprang eine ziemlich nahe sitzende Gruppe Eoclaldemokraten aus, ergriff Bierseidel, Stühle und Stöcke und hieb ans einzelne ihnen bekannte Gegner «in. Eine Rotte bearbeitete Werner, eine zweite umringte Wildberger, der hina»«geworse» werden sollte, aber freiwillig ging und ohne Mißhandlungen davon kam. Die Polizeibenmie» sprangen vom Podium hcrnntcr und der Schutzmann holte voin »ade» Revier Succur«. Die Schlägerei griff weiter um sich und pflanzte sich bi« in die Nebensäle und de» Barle» fort. Ter Polizeilieutenant und die Schutzleute waren bald hier, bald dort thallrästig einjireisend, und zwei Schläger wnrde» Mir», »ach Feststellung ihrer Personalien aber wieder ent- lassen. Die Parteigrößen Singer, Auer, Bambergcr u. A. blieben dabei gemiithlich in ihrer Ecke sitzen, dagegen wäre» die Stadt verordneten Zubeil und He»ke „mitte» mang". Nachdem die erst« Schlacht beendet, ließ der Polizeiofficter — ein hier »och nicht Deutsches Reich. 1! Berit», 22. September. Im Reichs-Ve »sichern» gS amte wird gegenwärtig eine Statistik zusammengestellt, welche sich auf die in der Land» und Forstwirthschast vor- kommcnden Unsälle bezieht. Eine solche Statistik ist bereits für die gewerblichen BerusSgenosscnschafien aus ka- Jahr i887 vorgenommen und hat, wie sic über manche bisher unausgekiarte Puncte Aufklärung gegeben hat, auch zu viel fachen Maßnahmen im UnfaUvcrhülungöwescn Anlaß ge geben. Die neue Statistik erstreckt sich auf daS Jahr l89t. Tie landwirlhschaftlichcn BerusSgenossenschaslen haben dazu das Material in Zählkarten, deren Text sich wegen der Möglichkeit einer Begleichung eng an den der Karten sür das Jahr 1887 -uigcschlosseu hatte, geliefert. Zwar ist noch nicht daS gcsammle Material im ReichS-Bersicherung-amt vorhanden, aber auck daScingelausene zeigt bereit-znrGcnüge, wie nützlich und zweckmäßig cS war, eine svicheStatlstik vorzunchmen. Schon dicZablcn,Weiche die laudwirthschastlichen Berusögenoffen- schaften ebenso wie die gewerblichen jährlich in ihren RcchnungS- rrgkbuissen niederlegcn müssen, hatten der Annahme, daß die Landwirthschast sich bezüglich der Unsallgefahr so außerordent lich von der Industrie unterscheide, «in Ende gemacht. Die nunmehr auf den Zählkarten niedergelcgten ausführliche» Beschreibungen über die einzelnen Unfälle in den land und sorstwirthscbaftlichcn Betrieben zeigen auch die Mauuig faltigkcit der Unsallgefahr in den letzteren. Die Be> arbcitung de- eiiigelaufenen und noch einzurcichenkcn Material« wird ja im Reich-- VersichcrungSamt eine» längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Man kann aber jetzt schon sicher sein, daß man eine völlig ausreichende Unter läge gewinnen wird, von der anö man eine landwirthschast iiche Unfallverhütung, wie sie u. A. auch im November 1890 vom preußischen LandeS-Ockonomic-Collegium verlangt wurde, schaffe» kann. Zn dieser Beziehung stehen die landwirth schastlicheu BerufSgeiiossenschasteu hinter deu gewerblichen noch zurück. Q Berlin, 22. September. Seit den Zeiten Knllttel-Dölcke «, d«S Rechl-consulenten in Dortmund, untrr dessen Knüttel-Präsidium die Soctaliktenschlacht im diesigen ilonceNhause geschlagen wurde, hat keine Partei wieder etn ädnliche« Schaustück zum Vesten ge- geben. Was aber di« Soctaldemokraten an Rohbeit am vor gestrigen Abend geleistet, da» läßt sich kaum annähernd schildern. In Uebel'« Tanzsalon in derNannyiistraße sollieLIeAnfstellung eine«social- demokratischen Candidaten sür den 1ä. i!oinm»»alwad>bejirk vollzogen werden, die in einer vor acht Tagen staltaesundenen Versammlung wegen Streite« und Tmnulte« nicht stattsinden konnte. Um 8 Uhr war der mäßig große Saal bereit« gefüllt, sünszehn Minuten später erfolgte die polizeiliche Absperrung. DaS Gro« der Bcrsammelien bestand au« Socialdemvkralrn, die Unabhängigen waren gleichfaU- recht stark vertreten und auch die Anarchisten hatten etn llontingent gestellt. Daß es zu groben Ausschreitungen komme» würde, bewiese» die Reibereien, dir schon vor der Eröffnung slaltsanden, noch mehr aber di« gefährliche» Werkzeuge, welche eine Anzahl Socialdemokraien in die Versammlung mitgebracht hatte. Der Stadtverordnete Bvglherr reserirte etwa '..Stunden, beständig stecken bleibend, über die städtische Verwaltung und den „freisinnigen Klüngel", dann sprach, bei lebhafter Unruhe der Bersammlnng, der Führer der dogewesener Fall — die Versammlung weiter tagen. Fischer setzte einen Speech in lieblicher schwäbilcher Mnndart sort; jedoch verbreitete er sich nicht über die Eonnnunalwahlen. sondern über den Meineid, wobei er die au« der socialdemvdralijchen Presse bekannten Erklärungen »»d Entschuldigungen vorbrachle. Eetbstverftäudiich ertönte» mit der Zeit die Ruse „Zur Sache!" und „Zur Tagesordnung!" Plötzlich enl- tand aberinal« ein furchtbarer Tumult und die feindliche» „Brüder" lagen sich wiederum tn den Haare». Die geringe Pvitzcimannscbast vc» mochie den Schlägereien nicht so bald Einhatt zu thu». Wahrend de« Pauken« entfernte» sich Viele und der Rest wurde schließlich durch die Beamte» z»m Beriassen de« Saale« gezwungen. Eine Anzahl Personen hatte bei diesen Holzereien erhebliche Verletzungen davonaetragen, wa» allerdings kein Wunder ist, denn auger mit Stühlen und Seideln wurde auch mit Ochsenziemern und Gnmmischlättchen geschlagen, welche Gegenstände von einigen Zractionellen mitgebracht worden waren. Ei» Anarchist entwand einem Schläger seinen Ochsenziemer und benutzte ih» gegen den Eigenthümer, und ein Unabhängiger wurde von eine», llollegcir mit einem Seidel und einem Stutzte in da« Gesicht un- aus einen Arm aejchlagen, ailßerdeii, erhielt er von einem Andern Schläge mit einem Ochsenziemer. Mehrere Dutzend Stützte und Gläser sind zertrümmert worden. Zur Ausstellung eine« Eandidaten konnte r« unter solchen Umstände» selbstverständlich nicht kommen. — Die „Kr.-Ztg." druckt die von der „Freisinn. Zeitung" geltend gemachten wirthschaftlicheii re. Bedenken gegen eine stark grsteizerte RecrutenauShebung und Präsrnzzisfer ab und bcmcrkt dazu: „Man wird nicht leugnen können, daß die vorstehend hervor- gehobenen Wirkungen einer aus dein Boden der zweijährigen Dienstzeit z» erreichende» höheren Wehrkraft de« deutschen Reiche- ernst« Beachtung verdiene». Freilich nicht in der von Herr» Richter beabsichtigten Richtung einer Ablehnung jeder Erhöhung de« Miiilairetats; wohl aber sind sie geeignet, die Nolhwendig- keit sorgfältiger Prüfling der Frage besonders dringend er scheinen zu lasse», ob nicht aus dem Boden der dreijährigen Dienstzeit unter Festholtung de« Grundsatzes, daß «ine weniger zahlreiche, aber völlig au-gebildete Truppe einer Vermehrung der Armee durch minder tüchtige Soldaten vorzuziehen, eine wirksamere Stärkung der deutschen Wchrkrast mit geringeren wirthschostlicheu und socialen Nachlhrilen zu erreichen sei. Auch da« Eentrum wird gut thuu, sich dieser Erwägung nicht zu entziehen, andernfalls könnte sich die Specnlation aus die bedingungslose Popularität der zivciiährigrii Dienstzeit später al« eine verfehlte erweisen." Wie wenig aber dir Ultramontanen geneigt sind, auf die zweijährige Dienstzeit zu verzichte», lehrt eine Auslassung der „Germania", wclche die Geneigtheit der „Kreuz Ztg." und drS „ReichSboten", große Summe» sür militairischr Zwecke unter Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit zu be willigen, sehr scharf kritistrt. „Mit diesem Programm", sagt da« CrntruiiiSblatt, „würde» die Conservativen, und ganz mit Recht, allein stehen". — Nachdem c- vorgestern iu einer socialdemokrati schen Versammlung zwischen „Alten" und „Zungeu" zu handgreiflichen A»Se>iia»der>ctzuiigcu gekommen ist (Siehe Q Berti»), haben sich die „Allen" entschlossen, zu ihren Ver sammlungen die „Zungen" küustig nicht mehr zuzulasscn. Der „Vorwärts" kündigt dicS drn AuSgcschlvssenen in einem sehr scharf gchaltciicn Artikel an, der solgcndcrniaßen schließt: „Lein Mensch hindert sie daran, selber Versammlungen einzi!- berusen und darin ihren Meinungen Geltung zu verschaffen. B c i F«r»iHets«. Professor Karl Lie-ermann als Historiker vud puklicist. Eine Studi« zu seinem achtzigste« Geburtstage (2V. September), von vr. Moritz Brasch. II. U»4dn>« »«»»>«» Di« Bestrebungen de« deutschen Volke« zur de« deutjchru Nanonalstaate« waren tbril« durch die Zntrr guen, therl« durch dir Waffengewalt der leitenden Regierungen zu nicht« gemacht worden. Die Reaktion erhob ücerall ,hr Haupt. Di« radikalen Führer steckten entweder in Gefäng nisse» oder waren in« Ausland gestoben. Die Gemäßigten zogen sich vom politische» Schauplatz zurück oder kebrte» sich rhrr« bürgerlichen Berus« wieder zu. Auch Biedermann nahm seine akademische« Vorlesungen wieder auf (i»«brso»dere über Staat«recht und neuere Geschichte), ohne daß die säch sische Regierung Einspruch dagegen erhob. Bon nun an war sein« Thatigkrit seinem gelehrten Berufe und der Publicistik gewidmet. Biedermann übernahm lSKO die Redaktion eine« groß geblauten rncyklopädischen Werke« „Germania", ohne dasselbe jedoch durchzufahren. Zwei Zahre später begründete er die palitisch»literarische Zeitschrift „Deutsche Annalen", ward« aber bald in Folg« eine« Artikel«, der sich auf den französischen Staattzftrei» vom 2. December bezog, in einen Preßproceß verwickelt, in Folg» deffe» er m«t nur zu Gesingnißftnas, verorthrilt (die er auch ver büßte), sondern auch seiner Professur verlustig erklärt wurde. Biedermann vcrlheidiate sich in einer Schrift „Zn eigener Sache" (l854). Ader cS blieb bei dieser Entscheidung. Herr von Brust, der nunmcbr allmächtige sächsische SlaatS- minister, hatte da« Betürsniß, an dem geistig hervorragend sten Hauptträger deS nationalen und constilutionellen Reichs- gedankcn« in Sachsen sein Müthchen ru kühlen. Biedermann'« gelcyrte Studien, denen er sich nun mit Eifer hinaab, bewegten sich hauptsächlich aus dem Gebiete der neuern Geschichte. ZnSbesondere waren eS die Cullur bcweaunacn de« 18. Jahrhunderts, denen er jetzt seine Auf merksamkeit zugewandt hatte. Au« diesen Studien erwuch set» große- kulturhistorische« Hauptwerk: „Deutschland >m 18. Jahrhundert" (4 Bande)*). ES ist ein in jeder Hinsicht, inhaltlich und formell, classische« historische« Werk, welches nicht schnell hintereinander erschien, sondern teste» Ausarbcitung einen Zeitraum von 20 Zähren umfaßt. E« umfaßt in Band I Deutschland- politische, materielle und social« Zustände, während die drei andern Bände Deutschland« geistige, sittliche und gesellige Zu stände im 18. Jahrhundert behandeln. E- geht also weit hinau- über den Inhalt einer bloßen Cultur- und Titlc»- acschichte, wie sie iu den Werke» Scherr «, Wack Smuth «, Klemm « u. A. enthalten ist, in denen übrige»« vermöge ihre« universalhistorischen Charakter« grade da« so interessante 18. Jahrhundert viel zu kurz kommt. Allerdings steht Band l de« Biedcrmann'schen Werke« in einem gewissen äußern Miß- verbällniß zu den übrigen drei Bänden. Die DarsleUnna der politischen, materiellen und sociale» Zustände Deutschland« (Verfassung-- und Verwaltung-Verhältnisse der dcutsckien Staaten, RechtsverhLltuisse, Preßwesen, bürgerlicher und ') Letpzt, I««-«. Verla, »«» g. I. Weber. politischer Gemeingeist, Militairwesen und Finanzwirthschast, sociale Classen und Besitzverhältniffe, Gewerbthäligkeil, In dustrie, Handel und Landwirthschast, Geld- und üreritwesen, Verkehrsmittel, BrvölkrrungSverhältuisse u. s. w) ist gründlich und überall aus den Quellen geschöpft. Es ist der geübte politische Blick, den man in der Darstellung heranSerkennt. Nichtsdestoweniger gehört doch sein Herz den geistigen Zu ständen Deutschlands. Hier fühlt er sich eigentlich heimisch; hier liegt der Schwerpunkt seiner Studien. Daher erklärt sich daS äußere Mißvcrhältnig diese« drei starke Bände um fassende» Thcil« zu dem erste» Theile de« Werke«. Wa- wir hier aber auch finden, ist mit da« Bedeutendste, wa» über die deutsche geistige Cultur de» l8. Zahrbundert« scit 50 Zahreu geschrieben worden ist. Gewiß sind solche Abschnitte, z. B. die über Leibniz^ Thomas!»«, Lesstnz, Kant, Herder, Goethe in unzähligen Spccialwerken eingehen der und detaillirtcr behandett worden, aber mit Bezug aus da-, waS au- der Wirksamkeit der genannten Männer »i die deutsche Cultur wie in da« allgemeine menschliche Cultur- idcal überhaupt eingesiossen ist, dürste die Darstellung Bieder mann'« unerreicht dastcbe». Und darin besteht der hohe Werth diese« Werke«. Die innige Wechselwirkung, in welcher die Beziehungen der wiffenschaftlichen, literarischen, künstlerischen, religiösen und sittlichen Zustände de- deutsche» Volke- im vergangenen Jahrhundert gercigt werden, ist meine« Wissen« hier zum erste» Male in wahrhaft pragmarischem Zusammen hänge daraestellt. Da- sonst vortreffliche Werk Heltner « über da» 18. Jahrhundert ist doch vorwiegend literarhistorisch gehalten, und dir anderen Seilen in dem Geistesleben der Nation werten nur insoweit von Hettner berührt, als sie sich in deu Litcraturproducten spiegeln. Die« reicht aber »och lang« nicht an di« Aufgabe einer geistigen Geschichte de« Jahrhundert« hinan. Allerdings sind fa auch ia Biedermann - Werk manche Partien zur Geschichte der schönen Literatur, die dier nach Zweck und Anlage de« Ganzen ja nur eine dienende Rolle einiiebinci» sollten, zu ausführlich und zu sehr inö Einzelne gehend behandelt. Dieses gilt z. B. von dem nm- sangreichsten Bd. U Abth. 3. Nichtsdestoweniger überwiegt doch auch hier der allgemeine kulturhistorische GcsichtSpmict, der aber jedenfalls durch deu Fortfall der literarhistorische» Detail» noch schärfer hervortrrten würde. — Im Großen und Ganzen hält sich Biedermann an die gesunde, prag matische, also die causale Bcrknüpsung der Erscheinungen de« geistigen Leben« anstrebenbe Darstellungsart der alte» Göttinger Schule und hält sich von jeder der Hegel'schcn Schnte entlehnten historischen ConstructionSmanicr fern. Er weiß sehr wohl, daß da« Ausweisen apriorisch feststehender „Ideen" im Verlause einer Geschichtsepoche nur so weit dem Historiker erlaubt ist, als hierdurch dem pragmatischen Ver fahren im Nachweise des ursächliche» Zusammenhang« der Er eignisse kein Eintrag geschieht. Seine ursprünglicheZttaehorigleit »nr kritischen Richtung Kant « hat in allen ethischen und staatlichen Fragen seinen Ansichten Idealismus und Schwung verlieben, seiner BehandlungSweise aber von streng wissen- schasilichen Fragen zugleich eine gewisse Umsicht nnd eine nüchterne Strenge gegeben, die jedenfalls dem wissen schaftlichen Charakter seiner historischen Werke zu Gute kommt. Man vergleicht in dieser Beziehung z B die schon mehr an da- GcscdichtSphilosopbisHe grenzende Darstellung des Hegelianer« Bruno Bauer in seiner vierbändiaen „Geschichte der Politik, Cultur »nd Aufklärung de« 18. Jahr hunderts", »ud man wird, so geniale Blitze Bauer in der historischen Construction auch zeigt, sdrm solideren Werke Biedermann « den Vorzug geben müssen. Und noch rin« andere bedeutsam« Seit« zeigt dasselbe. Seit den Zeiten Friedrich voa Schlegel'«, Schelliog'S «ud
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