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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189210021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18921002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18921002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-02
- Monat1892-10
- Jahr1892
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1892
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E> 9» P«»pt»ipitzitt»» »9» 9e» im Vt«9^ 9e»trk «d de» Vorort» errichteten To«- oavestelle» »bgeholt: viert«! jöhrlich ^«4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Han« bLO. Durch die Post bezogen für Deutschlaad und Oesterreich: vierteljährlich >l S.—. Direct» tägliche Kreuzbaudjeaduug tut Aulland: monatlich äil S.—> T le M orgen^lulgab« erscheint täglich'/,? Uhr, di« Abead-Aulgab« Wocheatagt 5 Uhr. Ne-artto» »n9 Lrpeditiou: AatzaaueS-affe 8. DieErvedttto» istWoch»tag< nuunterbroche» geäffuet »o» früh 8 bi» Abend« ? Uhr. Filiale«: Ott« Me»«'« Lortt». (Slfretz Hahn), Universitättstrab» 1. Loui« L-sche. Latharineustr. 1t, pari, uud KöoigSplatz 7. WpMr.TMblalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. JUferttmerprei» Die Sgespaüene Pctttzeile «0 Pfz^ Veelame» »ater dem RedactionSstrtch (tg«> spalten) 50-^, vor den Familieouachrichte» (6 gespalten) 40/^. Lräßer« Schriften laut unserem V»is- verzeichuib. Tabellarischer und Zisserasatz »ach höherem Tarif. Extra-vetlagea (gefalzt), anr «U de» Morgen.Ausgabe, ohne Postbesärderuug 60.—, mit Postbesörderung 70.—^ Äunahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morg«n-Ausgabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn« und Festtags srüh '/,9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestell» je ein« halb« Stunde früher. Inserat» sind stets an die Gxtzrvitta» zu richten. Druck and Verlag von E. Pol> t» Leipzig. .H« 5V4. Sonntag den 2. October 1892. 88. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. GeffeMche Sitzung der Stadtverordneten Mittwoch, pea'S. October 18S2, Abends S'/, Uhr i« Sitzungssaal» am Maschmartte. Tagesordnung: l. Ergänzung-Wahl für den gemischten Ausschuß für öffentliche Gesundheitspflege. II. Bericht über die-Rathsvorlagen, betr. ». den Rechnung-- abschluß und Betriebsbericht der Gasanstalten aus das Jahr 1889, sowie die Specialabrechnungen zur Tabelle X des Betriebsberichte« der Gasanstalten aus das Jahr 1889; d. Ankauf einer KokSbrechmaschine nebst Zubehör; c. Gas rohrlegung und Vermehrung der Beleuchtung in der Delitzscher Straß«. m. Bericht deS Stiftung-au-schusseS über verschiedene Stiftung», rechnungen. IV. Bericht de- StiftiingS-, Finanz-, Bau- und Oekonomie- auSschuflcs über die Vorlage, betr. Ueberweisung eines an der Arndtstraße gelegenen Platzes an das Armenamt zum Neubau des Waisenhauses. V. Bericht des Stiftung», und Finanzausschusses über: ». di« Rechnungen des ArmenamtrS aus die Jahre 1889 und 1890; d. Bertheilung der baaren Nachlässe einheimischer Armen» Hausbewohner bis zu dem Betrage von 100 an die Insassen deS Armenhauses. VI. Bericht de- Finanzausschusses über: ». die Schulkassen» Rechnung der Schulgemeinde Neustadt bei Leipzig aus die Zeit vom 1. April bis 31. December 1889; d. die Rechnung über die Pötzsch-Stistung für da- städtische Museum auf das Jahr 1890; o. die Rechnung über antbrilige, dem Museum au- der Stiftung für di« Stadt Leipzig zukommende Zinsen auf da» Jahr 1891; ä. die Rechnung über dir Theobald Petschke-Stiftung auf da- Jahr 1891; e. die Rechnung über die von der fr. Gemeinde Lindenau bei dem landwirlhschast- lichen Creditverein« zu Dresden ausgenommen« Anleihe von 846 300 -si; k. die Rechnung deS Leihhauses und der Spar kasse aus da- Jahr 1891; x. Einstellung eine- Beitrages in Conto 7 zu Gunsten der Centralstelle für Arbeiter-WohlfahrtS- Einrichtungen in Berlin; l>. Erhöhung der Pos. 47 in Conto 1 de- diesjährigen Haushaltplanes. VII. Bericht d«S BauauSschusseS über: ». Nachverwillignug für Erneuerung der Roststäbe der t FeacruaaSaaiaßea der Tentralheizung in dem städtische» Museum; b. Ausführung baulicher Herstellungen wegen Vergrößerung der Rath-wache; o. Umbau der Aborte der Mädchenabthetlungeu der VI. Bürger und Vl. Bezirksschule. VIII. Bericht de» Bau-, Oekonomie« und Finanzausschusses über ein Abkommen mit Herrn Becher in Leipzig-Lindenau wegen Herstellung der verbreiterten Schlipp« und Regulirung der Flucht der Liudeastraße und de» Marktplatzes in Leipzig Lindenau. Lekauntmachunz. Da» 15. Stück des diesjährigen Gesetz- und Verordnungs blattes für das Königreich Sachsen ist bet uns etngegangen und wird bis zum 18. Oktober aus dem RathhauSsaal« zur Einsicht- nahm« öffentlich auShängcn. Dasselbe enthält: Nr. 77. Urkunde über die Stiftung der Larola-Medaille; vom 17. September 1892. Nr. 78. Gesetz, die Notariatsordnnng für da« Königreich Sachsen betr.; vom 5. September 1892. Nr. 79. Gesetz, die Kostenordnung für Notar« betr.; vom 6. September 1892. Nr. 80. Verordnung zu Ausführung der NotariatSordnung und der Kostenordnung für Notare vom 7. Sep tember 1892. Nr. 81. Verordnung, die Abänderung der Verordnung zur Aus führung der Gewerbeordnung für da» deutsche Reich vom 28. März 1892 betr.; vom 1b. September 1892 Leipzig, am 29. September 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Krumbiegel Auctions-Lekanntmachung. Mittwoch, den 5. Oktober diesrs Jahre», vormittag» von 9 Uhr an, sollen im Stadthaus«, Eingang Mühlgass« Nr. I, verschiedene Wirthschaftsgegenstände, Kleidungsstücke, Taschen uhren, eine Ladentafel und verschieden« andere Gegenständ« KN den Meistbietenden gegen sofortige paare vezahlnng ösfent lich versteigert werden. Leipzig, am 29. September 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. Ick. 19060/11. vr. Georgi. Hübschmann 16 50 - — . 4 - — » 10 - — - 5 » — » 1b . — . 5 - — - 3 » — - 2 . — . 1 18 10 6 3 SO durch Herrn Frieden-- Achter Müller, Leipzig-Lindenau, über- Lekanntmachrmg. Im Monat September dieses Jahres gingen an freiwilligen Gaben bei uns ein: Sühne in Sachen P. '/. St. - - - B. '/. E. - - . R. '/. Sch. . - - F.'/. G- - - - W.'/. Sch. - - - B. '/. B. . . . B. '/. st- - - - T. B. - - » L. '/. H. - - - P. '/. K. - - . R. '/. R. « - » S. '/. K. . . . Sch. '/- B. Von Herrn Franz Weidner der Armencasse wieseneS Finderlohn durch das Polizciamt, Sühne in Sachen C. M. M. N.. - - - Fr. W. /. H. H.. von Herrn Jacob Plaut durch die Fa. H. C. Plaut für die Armencasse „Leipzig-Gohlis", Sühne in Sachen Ab. '/. Pi. durch Herrn Rechts anwalt Melos, von Herrn Kaufmann Schlotthauer der Armencasse übenviesenes Finderlohn durch das Polizeiamt, Sühne in Sachen C. H. V. A. K. - » - Sch.'/.Sch. . . . K. '/. A. - - - W. '/. L. - - - Sch. '/. I. ... F. '/. W. . . . K. '/. T. . . . K. '/. T. . . . K. '/. L. - . . L. '/. B. von Herrn Siegmund Nelke der Armencasse überwiesene Sitzungsgelder Herrn Rechtsanwalt Hautz hier, 3 . — bO . — 150 . — 10 . — 3 - — b . — 6 - — 2 . — 3 . — 5 . — b . — 9 . — 9 . — b . — 4 . — 6 . — durch Herrn Frieden». Achter ThebuS, Leipzig - GohliS, in einer ConcurSsache durch 428 SO Summa, worüber hierdurch dankend quittirt wird. Leipzig, den 1. October 1892. Do« Armenamt. Hentfchel. Schick«. Me VettMons-Tagung. Gestern sind die Delegationen de» österreichischen und ungarischen Parlament« in Pest zusammengetreten, um über die gemeinsamen Angelegenheiten der beiden NeichShälften zu beratben. Zum GeschäftSkrciS der Delegationen gehören die auswärtigen und die HcercS-Angelegenbciteii sowie die Ncickö- sinanzen, endlich die Verwaltung der Provinzen Bosnien und Herzegowina. Den Schwcrpunct der Berbandlungc» pflegt die österreichisch-ungarische Politik auf der Balkanhalbiiiscl zu bilden, rS scheint aber, daß bei den diesjährigen Bc- rathungen auch die Beziehungen Oesterrcich - Ungarns zu Deutschland und Italien und zur römischen Curie eine ge wisse Bedeutung beanspruchen werden, während die HecreS- Angelegenheitcn aus dem Grunde mehr znrücktretcn, weil die Forderungen für diesen Zweck verhältnißmäßig gering sind. Die Verhandlungen der Delegationen sind ein Gradmesser für die europäische vage, und wir dürfen cs mit Gcnugthuuiig aussprechen, daß sie seit einer Reihe von Jahren an Schärfe wesentlich verloren, an Sachlichkeit dagegen gewonnen haben. Verstummt sind die Klagen über die militairiscl'en Maßregeln Rußland» an der Grenze, Schweigen wird beobachtet über die Vergewaltigung Bulgariens durch rus sische Werkzeuge. Auch die serbischen Angelegenheiten sind seit einigen Jabren weit ruhiger behandelt worden als früher; cS hat sich eben gezeigt, daß die öffentliche Verurtheilung der russischen Politik von einer Stelle aus, wo sie überall vernommen wird, nicht immer rathsam erscheint, weil dadurch eine Aufregung erzeugt wird, deren Ende nicht abzuschen ist. Graf Kalnoky hat seine Politik in dieser Beziehung ge ändert, er faßt die Verhältnisse der Balkanstaatcn, soweit sie die österreichisch-ungarische Politik berühren, un abhängig von Rußland in» Auge und gicüt so sein Urthcil darüber ab. Der Zweck wird auf diese Weise eben so gut und sicherer erreicht, als wenn die Empfindlichkeit Rußlands gereizt wird. WaS hier gesagt ist, gilt der im Interesse Oesterreich- Ungarns gebotenen leichten und glatten Abwickelung der DelegationSgeschäste, denn ohne diesen Nächstliegenden Zweck wäre eS allerdings sehr wünschenSwerth, daß die himmel schreienden Gcwaltthaten Rußlands gegen Bulgarien strenge Richter fanden, deren Urtheile in Europa lauter Zu stimmung begegnen würden. Hoher als ein solcher, wenn gleich sehr wünschenswerther moralischer Erfolg steht aber vorläufig die Rücksicht auf Erhaltung deS Friedens, der bei den bekannten Bestrebungen Rußlands leicht durch scharfe parlamentarische Verhandlungen Oesterrcich-UngarnS gefährdet werden könnte. Um auf Rußland einen Druck auSzuübcn, bedarf eS einer allgemeinen Kundgebung der öffentlichen Mei nung de» übrigen Europa, für die gegenwärtig noch kein Raum geschafft ist, der sich aber hoffentlich in nicht zu ferner Zeit finden wird. Wie Oesterreich-Ungarn gegen Bulgarien gesonnen ist, hat sich noch vor Kurzem bei Eröffnung der Ausstellung in Philippopel gezeigt, bei welchen! Anlaß Kaiser Franz Josef seinen Sympathien für Bulgarien so rückhaltlos Ausdruck verliehen hat. In St. Petersburg weiß man ganz genau, WaS Oesterreich-Ungarn in Bezug auf diesen Balkanstaat denkt und wünscht, aber man nimmt davon nur soweit Notiz, als man offene Gewaltschrittc unterläßt und der Wirkung der Zeit das Uebrige ankcimstellt. Die Verhältnisse in Serbien sind noch sehr unklar, cS läßt sich heute noch nicht übersehen, ob daü neue Ministerium Bestand gewinnen wird, oder ob eS nur eine vorübergehende Erscheinung ist. In Serbien handelt cS sich für Ocslerreich- Ungarn darum» daß Regierung und Volk dafür Vcrständniß zeigen, wie verhängnißvoll eine zu starke Hinneigung zu Rußland für das Land werden muß. Der junge König ist nicht mehr lange von der Vormundschasl der Regentschaft abhängig, er wird in kaum zwei Jabren die Politik deS Lande» selbstständig bestimmen, und offenbar mit Rücksicht auf diese» bevorstehende Ereignis) ist jener Umschwung erfolgt. Im Laufe der diesjährigen Dclegationötagnng sind aber auch Angriffe der Jungezechen gegen den Dreibund zu er warten, eine bcklagenSwerthe Verirrung, die freilich gar kirne Aussicht auf Erfolg bat. Die Ezcchcn vergessen immer, daß die auswärtige Politik Ocstcrrcich-UiigarnS nicht im Interesse eines TheilcS, sondern deS ganzen Reiches be schlossen und befolgt wird. Wenn Podlipny glaubt, daß sich Czechen lind Franzosen die Hand zum Bunde reichen könne», obwohl Oesterreich-Ilugarn dem Dreibünde angehört, so »st e« zwar ein Capitalverbrechcn, diesem Glauben durch Tbat- fachen Geltung zu verschaffen, aber e« verdient auch noch einen anderen Namen, der mit der Strafgerichtsbarkeit nichts gemein hat. Die Frage ist mehr pathologischer als crimina- listischer Natur und wird auch von der österreichisch-ungarischen Gesammtregieriing so behandelt werden. Irgendwelchen Ein fluß auf die Gestaltung der auswärtigen Politik Oester reich-UngarnS werden die Czechen niemals erhalten, ebenso wenig wie cS iknc» gelinge» wird, das svgenaniiic böhmische StaatSrrcht zum Siege zu führen über das österreichische StaatSrecht. DaS Vcrhältniß Oesterrcich-UngarnS zum Papsttbum ist eine der schwierigsten Fragen, die überhaupt bestehen. Politisch ist die Gegnerschaft ausgesprochen, kirchlich ist eine säst vollständige Solidarität vorhanden. Mag auch das Berhältniß zwischen Kirche und Schule in neuester Zeit in Tirol geregelt worden sein, mag sich in Ungarn daö Streben kundgeben, die Grenze der kirchlichen Autorität näher fest zusteUcn und die Macht der romisch-katholischen Kirche z» beschränken, so ist doch die Gewohnheit stark geling, um ihr »och lange Zeit das Uebcrgewicht über alle Rcformversuche zu sichern. Die diesjährige Delegation«-Tagung wird voraussichtlich nicht ohne aufregende Momente vorübcrgcbcn, aber irgend welche durchgreifende Veränderung der Lage ist von ihr nicht zu erwarten. Die internationalen Beziehungen sind beute so geartet, daß die Neigung, eine Verwickelung bcrbcizilsührcn, äußerst gering ist; der Grundgedanke aller Kreise, die aus Action ihr Augenmerk gerichtet habe», ist die Erfassung des geeigneten ZeitpuncleS für die Ausführung ihre Pläne. Daß die Gegenwart diesen Wünschen nicht entspricht, bedarf keines Wortes, aber die Schwierigkeit, den Zweck im Auge zu be halten und trotzdem Friedensliebe Ziizjhcuchcln ist nicht zu unterschätzen. Die Tagung der Delegationen gewährt dem Grase» Kalnoky vollauf Gelegenheit zur Bekundung seiner diplo matischen Geschicklichkeit. Er kann durch scheinbar absichts lose Bemerkungen große und wichtige Gebiete der auswärtigen Politik kennzeichnen und der öffentlichen Aufmerksamkeit empfehlen, er kann durch treffende Urtheile Rußland und die römische Curie zu vorsichtigem Auftreten nöthigen und dadurch wesentlich beruhigend auf die Entwickelung der internatio nalen Verhältnisse cinwirken. Natürlich kaffen sich ein gewurzelte Vornrtheile durch solche Mittel nicht beseitigen, aber der Uebcrgang von Gedanken zu Handlungen ist wenig stens dadurch wesentlich erschwert. Alle parlamentarischen Verhandlungen haben den Vortbcil, daß durch sie weiten Kreisen bekannt wird, WaS ein Volk über Fragen von Be deutung denkt; eine Vereinigung, die in ihrem Geschäftskreise hauptsächlich auf die auswärtige Politik angewiesen ist, hat auch Aussicht, beftimnlenden Einfluß aus die Gestaltung dieser Politik zu gewinnen. d Deutsches Reich. S8. Berlin, t. October. Die conservative Pro- gramm-Revision, welche von denHammerstein und Stöcker durchgescyt werden soll, bat nach täglicher Versicherung der „Krcuzzciimig", dcö „RcichSbotcn" und deS „Volk* die „Durchdringung deS StaatSlebenS mit dem Chri stellt hum" zum einzigen Zweck. WaS darunter in Bezug aus bestimmte politische Aufgaben zu verstehen ist, lassen die Herren im Unklaren. Mit großem Eifer bestreiten sie gleichzeitig, baß der Antisemitismus den greifbaren Inhalt jener dunklen Rede bilde, der Antisemitismus sei eine Coiisegiienz deS christlichen StaatSgcdankcns, er decke sich aber nicht mit ihm. Vergeben« fragen die Profanen, darunter nicht an letzter Stelle gnlconservative Leute, inwiefern unser StaatSwescn unchristlich sei und wie man cS eventuell anzu- grcisen habe, um cS zu vcrchristlichen. So lange diese Fragen unbeantwortet bleiben, so lange lastet auf den Extremen der gegründete Vorwurf, den „christlichen Staat" al« eine» demagogischen Bebels in derselben Weise zu benutzen, wie die Soeialdcmvkratic den Arbeitern einen paradiesischen ZukunftS- staat vorgaiikclt. An einem Punctc zwar läßt sich bereit« ermesse», wie daS politische Christenthum deS Herrn Stöcker sich im Leben a»S»el>mcn würde an der Sonntagsruhe. Nicht an der jetzt gesetzlich vorgeschriebencn, sondern an der SoniltagSruhc, wie sie die Träger der „christlichen StaatS- idec" als nothwcndig und leicht erreichbar den Masse» par- aestcllt haben. Bekanntlich gestattet die Gewerbeordnungs- Novelle den Gemeinden, mittelst OrtSstatutS eine strenger« al- die im Gesetze vorgeschriebenr Sonntagsruhe festzusetzeu. Gleich vielen anderen Städten hat die Reich«hauptstadt von dieser Befugnis) keinen Gebrauch gemacht. Dieser Umstand Kat Herrn Stöcker seiner Zeit veranlaßt, mit den Social- dcmokratcn erfolgreich um die Palme zu ringen. Im Februar dieses JabrcS bemerkte er hier in einer Rede über die Sonntagsruhe: „Mich hat es aus daS Ticssle empört, daß die Berliner Stadt- verord'.ielcn-Vc'rsamluug cs ahgelebnt hat, aus dcn Erlaß eine« diese Sc'iiutagoruhe helrcjseiidcn Leissintuts ilgcnd wclchen Einfluß auS- zuube». ES würde in der Thal bedauerlich sei», wenn Berlin bauernd ohne ein solches Lrtsstatut bliebe, denn die allgemeinen Bcsüminuugc» mit ihren 5 Siundcn zulässiger SonntagSarbeit können unmöglich für die großen Siüdle geilen, sic sind getroffen unter dem Gesichlspuncte, daß nach dcn kleinen Orten an den Sonntagen die Landbevölkerung zinn Einkäufen kommt, daß aber auch in dcn große» Städten, wo man volle 6 Tage zum Einkäufen hat, der Sonnlag »och mit 5 Stunden belegt werden soll, daran bat kein Mensch gedacht — und ooch sichen wir jetzt vor dieser Thatiache in Berlin. Unser Ziel »st eS, die Sonntage für alle Handliingsgehilie» völlig frei z» machen, auch für die kleinen Orte. Für die llcbergangszeit mag man in den kleinen Orten zunächst an den 5 Stunden senhalten, vielleicht 3 Stunden Bor» »liUligs und 2 Clunben NachmiilagS' nach 5 Jahren kann man diese 5 Stunden aus 3 reducire» und so auch in den kleinen Stödten versuchen, den Sonntag allmälig frei zu machen, denn dt« Hand- lungsgehilscn bedürfen in der That des freien Sonntag«." Vor sieben Monaten also wollte Herr Stöcker: in den großen Städten sofortige» Schluß der Geschäfte während deS ganzen Sonntags und Anbahnung deS gleichen Zustande« in de» kleinen Städten und ans dem flachen Lande, er war „ansS Tiefste empört", daß die Stadt Berlin, so weit an ihr lag, dieses sein Ideal nicht verwirklicht halte. Heute hat sich seine Empörung und die seiner Gesinnungsgenossen voll ständig gelegt, der von der „Kreuzzeitling" mit außer gewöhnlicher Wärme als Abgeordneter für Sagan-Sprottau cnipsohlciie Herr v. K litzi» g durfte z. B. noch tiefere Empörung äußern über die Last der Sonntagsruhe und zwar nicht der von Herrn Stöcker verlangten, sondern der viel beschränkteren bestehenden. WaS Herr Stöcker als zu wenig und deshalb de» Geboten des ChristcnthilmS zuwiderlaufend verdammte, das verdammte der Vertrauensmann der Stöckcr- schcn Richtung als zu viel und darum als ein »von Gott Fsirilletsn. Die Volksschauspiele in Meran. Bo» vr. Max Bogel. Meran, Ende September 1892. „Zu Mantua in Banden, der treue Hofer lag". — DaS zu Herzen gehende, einfache Lied eine- Oldenburgers entspricht gerade so dem Sinn und Wesen des Tiroler-, wie der National- gcsang de» „Landes der lvOO Seen", der erst durch die Melodie eine» Hamburgers zündete, sich unwillkürlich in daS Herz jede» Finnen schrieb. Und hier, wie dort haben wir ein urwüchsige» Volk voll Naturkraft und unauSlöschbarer HeimatbSliebe, ringend im Kamps um Vaterland und angestammte- Herrscher haus. Bauern sind r», Völker von Bauern, die in unglück licher Erhebung Wundertbaten vollbringen und über da- Meer reicht der blonde Nordländer dem svnnengebräunten Sobne de» Südens die schwielige, tapfere ManneSsaust. Wie oft sind rS Dichtungen, Gesänge, die in knapper Form ein Stück Geschichte in alle Welt hinauStragen! Mehr noch als den jodelnden, künstlichen Salontiroler kennt man allcr- wärtS daS Hoserlied und auch dem „Volke im Lande" brachte cS die leicht faßbarste, oft einzige historische Kunde. Bon vornherein konnten daher Darstellungen volkStbüm- licher Art, welche die Aufstände im Land Tirol unter Andrea» Hofer zur Vorführung bringen, bei allen Gebildeten vcr- ständnißvolle Theilnahme voranSsrtzcn, sie dursten aber auch einer hohen und nachhaltigen Wirkung sicher sein, weil Natur- Wahrheit und Naturtreue beim spielenden Volke, baS unter freiem Himmel im eigenen Lande seine ehrenvollsten Thatcn wiedcrgicbt, selbst Bühncnscheu und Ungcübtheit, wie Un geschicklichkeit im Schauspielern in den Hintergrund zurück drängen mußte. Das haben die Aufführungen im Vorarlberg wie die Hoferspicle in Brixlcga gleich schlagend bewiesen. Karl Wolf, ein Mcraner Kind, dessen Rns als „Dichter vom Burggrafcnaint" schon weit über seine ebenso schöne wie enge Heimath hinanSgedrungen, erkannte zuerst, daß der eigent liche Boden für ein Nationaltheater, welches allgemeineres Interesse erwecken durste und dessen Ruhm sich bli schnell ver breiten würde, nur Meran sein könnte. Kein Ort im Land Tirol bat so günstige Vorbedingungen auszuweisen wie die ehemalige LandeShauplstadt. Ihr Ruf als stetig wachsender, mit allem er denklichen Comfort ausgerüsteter Curort, die geradezu einzige, paradiesisch schöne Lage mit großartiger Umgebung, welche neben scßbaft werdenden Fremden auch immer mehr Touristen und Durchzügler anlockt, verbürgt ja schon an fick einen Stamm von Zuhörern und Zuschauern. Nicht leicht können ferner anderswo so weit in den Herbst hinein und so früh zeitig im Lenz Vorstellungen unter dem HimmetSdach statt- sindcn, wie in diesem südlichen Eden, wie denn cnick that- sächlich die Festspiele bi» Ende October jeden Sonntag Nachmittag vor sich gehen und Anfang März bereit» wieder beginne» dürften. Aaz» kommt, daß ein großer Theil der Ereignisse des JakreS 1809 in Meran selbst unk im Burg- grasenamt sich absxielte und daß Wiege und Wohnhof vom Sandwirth im nahen Passcicr nur wenige Stunden von Meran entfernt liegen. Tic vielen Hotels und Pensionen, welche im Frühherbst und Spätlcnz meist wenig Gäste zählen, machen die Wohnungsfrage, die an anderen Orten viel Schwierigkeiten bereitet, nicht nur zn einer gelösten, sondern zu einer für die Besucher in angenehmster Weise gelösten. Wenn nun auf der andern Seite von Alters her in jedem Tiroler ein Stück vom Komödianten steckt, und Bauern theater immer eine große Nolle spielten, so steht das Ge- sellen-Theater, in welchem Mcraner Bürger und Biirgers- kindcr der dramatischen Knust pflegen, in ganz besonderer Blütbe. Tort erhebt sich die Darstellung über das gewöhn liche Niveau, und eS war somit leickt, geschulte, ja hervor ragende Kräfte für die Hauptdarsteller zu finden. Die Anfangs September in Meran tagende Versammlung de- Deutschen und Lesterreichischcn Alpcnvcreins bot eine günstige Gelegenheit, die Volksschallspiclc z» eröffnen. Jinmcr- bin wäre eS nicht möglich gewesen, innerhalb weniger Monate alle Vorbereitungen zu treffen und den Plan zur glücklichen Durchführung zu bringen, wenn nicht der Dicblcr zugleich Re gisseur und der geeignetste Studiciimcister für das Bancrnvolk gewesen wäre. Als Sccretair der Curvorstelniig bat Wolf »eit langen Jahren alle Feste »nd Arrangements geleitet,»id dabei c», geniales Gcsct'ick an den Tag gelegt, als Volks- und DialectichriftsteUer ist er in die innersten Gcivobnhcilcn deS BurggräslcrS ringelebt uno wird von den Bauer» als einer der Ihrigen betrachtet. Tic Beschaffung der erforder lichen Gcldluittel — eine, wie gewöhnlich, im Aiii.iug offene liitd lästige Frage — wurde dadurch ermöglicht, daß die Stadt Garantie sür die Hälfte, Curvorstebung und die Bozen- Mcraiicr Baku sür je ein Viertel übernahmen. So konnte den» zur festgesetzten Zeit, am 5. September, zur Eröffnung de« Tlicatcrö mit einem ersten Stück: Tirol »m Jahre 1809 geschritten werden. Die Handlung besteht ans einer Reibe lose verknüpfter Bilder au» dcn Befreiungskämpfe», die durch die unsichtbar tliätige Mcraner Bürger Capelle mit geschickt zusammenge- stclltcn vielfach patriotischen Weisen sehr stimmungsvoll ein- golcitel uud oft auch während kor Entwickelung unterstützt werde». Ein lebendes Bild am Schlüße jeden AeteS erhöht die Wirkung. Diese, ganz besonders schön angeordneten wie auSgcsiihrlcn lebenden Bilder sind aber „lodt" zu nennen im Vergleich zu dem bmitoii Leben und Treiben, welches die Hunderte von Darstellern i» ihren bliiitsarbigen Trachten auf der Bübne bieten. Gleich im ersten Vilk, da» vor dem BaiiernbauS als Haupt- und Mittclstiick der Bühne einen Jahrmarkt ans einem Torse in Südtirol entrollt, tritt ein so natürliches Begrüßen, Feilschen, Schwatzen und Kneipen der in die schier »»glaublichüeii Trachten gehüllten Besucher in die Erscheinung, daß das Auge säum schnell genug alle Einzel- beite» miistorn kann. Bald fesselt dock die Figur des Kraxen- trägcrS Staubcr.dem BolschasterHosors. Er schürt dieGährung, welche dinch da» brutale Llustreten bäuerischer Soldaten ent standen ist unk während des allgemeine» Tumultes gelingt c-' ihm, den Hanpilentc» der Orte des BnrggrascnamteS die Mitlnciliiiig zu bcsiäligc», das; Hose» znm Kaiser nach Wien getingen, mir daß kalk die Stunde schlage» wird, wo eS hcißl: „Zeit ijc'.-, draus los!" — Wirkt schon taS feicrlicheLäutra
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