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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.10.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921004022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892100402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892100402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-04
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Nachmittag» von 5—7 Uhr, die Jn»ki„»cschastsstki1c Paunsdorf jeden Montag und Donnerstag, Nochminags von 3—6 Uhr. rparcafskn-Perwaltnng. Dyck. Politische Lagesschau. * Leipzig, 4. Oktober. Wenn die in Aussicht stehende Mil itair vor läge, nach dem sie veröffentlicht sein wird, so viel überflüssigen Streit bervorruft, wie sie schon jetzt verursacht, so stehen wir vor der Schwelle einer heillosen Konfusion. Früher, wenn eine derartige Borlage kam, bat man sich kaum gefragt, woher sie kam; ob sie beim BundcSrathc von Preußen im Name» deS Königs von Preußen oder vom Reichskanzler im Namen deS Kaiser- cingcbracht wurde. Man war überzeugt, daß jedenfalls zwischen den maßgebende» Stellen nicht nur im Reiche und dem führenden deutschen Staate, sondern auch in allen anderen deutschen Staaten über die Grundzüge der Borlage das nötbige Einverständniß bereit» erzielt sei. Jetzt hat die Nachricht, daß die neue Militairvorlage dem preußischen Ministerium zugcgangen sei, eine Fülle von Erörterungen hervorgerusen, die den Anschein erwecken könnten, als sei nickt nur zwischen dem Reiche nnd den Einzelstaaten die Fühlung verloren gegangen, sondern als bestände sogar eine Eifersucht zwischen dem Reiche und Preußen einerseits und zwischen Preußen und den übrigen Staaten andererseits. Wäh rend nämlich auf der einen Seite Beschwerde darüber er hoben wird, daß die Borlage dem preußischen Ministerium zu spät zugegangen sei und Preußen dadurch, daß der Antrag als Prästdialantrag vom Reichskanzler ini Rainen deS Kaisers dem Bundesrathe vorgelegt werde, in eine gewisse Zwangs läge gcrathe, wird von anderer Seite die Bcbauptuiig auf gestellt, die Befassung des preußischen Ministeriums mit der Borlage sei ein staatsrechtliches Novum, welches den Beweis liefere, daß der Reichskanzler Graf Eaprivi» seitdem er nicht mehr preußischer Ministerpräsident ist, von seinem Nachfolger zu einer Art von Eapitulation gezwungen worden sei. Aus der einen Seite giebt man zu verstehen, der prclißisckc Finanzminister Llr. Miguel süble sich zurückgcsetzt, aus der anderen giebt man sich den Ansckcin, zu wissen, daß die übrigen Staaten da- Berlangen Preußens, aus die Gestaltung der Borlage noch vor ihrer Turckbcralbung im Bundesratbe einen Einfluß zu gewinnen, eine Zurücksetzung erblickte» Diesem Streite gegenüber sei zunäcksl der Tbatbestand fest gestellt, über Len unser genau insormirter Berliner tzZ Eorrc spondent sckrcibt: „Die Militairvorlage ist, wie wir allein zu melden in der Lage waren, am vorigen Donnerstag dem Bundesrath z» gegangen. Die Nachricht wurde von gewisser Seile zunächst an gegweifelt, alsdann dahin „berichtigt", daß die Vorlage — die von uns angegebene Zeitdauer der Giltigkeit wurde nun als richtig anerkannt— nicht dem Bundesrath, sondern dem preußischen Staatsministerium zugegangen iei. Es wurde dabei darau bingewiesen, daß ja der Bundesrath erst am 6. Lctober „zusammen- trete". Dem gegenüber müssen wir uniere Mittheilimg ausrccht erhalten: die Militairvorlage ist nickt dein SlaatSunnistcriui», iondern dem BundeSrath zugegangcn, und zwar nicht als Antrag Preußens, sondern Namens des IkaiserS durch den Reichskanzler, eine iogenannte Präsidialvorlage. E» handelt sich um die ^riedenspräienzstSrke de» deutsche» Heeres, und die Auffassung c» cheint ganz biniällig, daß der itaiscr durch de» Kanzler die Vorlagen ür LaS Reich nicht solle an de» Bundesrath gelangen lasje» können, ohne vorher das preußische StaatSministcriiiin zu besingen ES handelt sich eben, wie gesagt, nicht um eine preußische Angelegenheit, nicht um eine» Antrag Preußen». Tie einzelne» Bundesstaate» ind im Bundesrath vertreten und die BundeSbevollmächtigie» geben ihre Stimme» nach der Instruction ihrer rcipecliven Regierungen ab, welche in Preuße», in Sachien, in Bauer», Württemberg rc. durch die einzelnen StaatSminislcrien sistgestcllt wird. Jiffosern werden ich also ebeiffo bar preußische, wie die andere» bundes staatliche» Ministerien noch mit der Militairvorlage z» befassen haben, wie sie sich ja auch mit zahlreichen andere» Vorlagen, welche durch den Reichskanzler dem BundeSralh zugchcn, zu belassen haben. Ganz merkwürdig ist die Auffassung, daß die Mililairvorlage nicht an den Bunde»ralh gelangt sei» könne, da dieser erst am 8. „zusainmentritt". TaS zeugt vo» einer völlige» Unkenntnis, unserer 'Verfassung. Ter Bundesrath tritt nicht erst am 8. Oktober zusammen, er ist vielmehr iinmer constituirt, auch wenn keine Sitzungen abgel alten werde». I» dieser Beziehung hat er Aehnlichkeit mit dem StaalSministcrium. Ter Bundesralh ist ein Verwaltuiigskorper, kein Parlament, »nd der Bundesrath kan» nicht wie der Reichstag vertagt oder gar geschlossen werden, klebrigen» sind ja auch in de» letzten Woche» ciue ganze Reihe aiiderer Vorlagen, al» Anträge Preußen», Bauern», und durch den Reichskanzler an den Bundesrath gelangt, wie die 'Novellen zum Mililairpensionsgesetz, zum ReichSdeamtcn-CautionSgcsetz u. v. a. Das, also der Bundesralh in der vorigen Woche keine Sitzung abhielt, konnle doch kein Grund sein, keine Vorlage au ihu gelange» zu lasse», wie thörichlerweise mehrfach behauptet wurde. Tie unchlige Mililair vorlage ist ober nicht nur a» die Bevvllinächliglcn zum Bundesralh und deren Stellvertreter in je einem Exemplar gesandt worden, eS sind vielmehr für die einzelnen Bundesregierungen iinmer eine größere Zahl von Exemplaren zur Beringung gestellt worden. Und so haben nicht nur die preußische», sondern auch die sächsi sche», die bäuerische», die württcmbcrgische», badischen und anderen Minister je ei» Exemplar erbaltcn, und selbstverständ lich werden sich die StaatSininislericn sämmtlicher Bundes staaten mir der Vorlage beschäftigen, um die Bevollmäch tigte» beim Bundesrath zu instruircn. Wenn dieser durchaus cvrrecte Weg iniikgehallen ist, erscheint c» thüricht, von einer „enpitis ilimiuutio' des preußische» StaatsminislcriumS z» sprechen, cs sei denn, daß man der Ansicht wäre, der Bundesralh werde durch das preußische Siaalsiiiinisterium regiert und der Rcichskniizicr sei nur ein Organ dieses Ministeriums. Von einer „Krisis", von einem stampfe deS preußischen StaatSministeriumS gegen de» Reichskanzler ist gar keine Rede." Hiernach ist gegen die formale Behandlung der Vor lage nicht das Mindeste cinzuweuden, weder von Preußen, noch von irgend einem anderen deutsche» Staate kann vo» einer Zurücksetzung Preußens oder eines andere» Staate» ebensowenig die Rede sei», wie von einem migercchtferligten Borcinflusse Preußens aus den Bundesralh. Und wen» beule die „Rat.-Ztg." als etwas Unerhörtes meldet, die Borlage sei dem preußischen Ministerium „lediglich zur K c n n t n i ß n a h m e" zngegangen , so kann dies »icklS als ein bedauerlicher tzirrtbum sein, da ja Preußen so gut wie die anderen Staaken das Reckt und die Pflickt bat, im BunteSrathe Stellung zu der Borlage zu nehmen. Und da der Reichskanzler eine erwünschte Erledigung im Bundesrathe nur dann erwarten kann, wenn er nickt »nr der preußischen, sondern anck der Stimmen der andern großen Bundesstaaten sicher ist, so ist anck anzunebmcn, daß er gleich bei der Feststellung der Grundzügc deS Antrages der Z» stimmung dieser Staaten sich versichert bat Daß der Reicksschatzsecretair v. Maltzabn mit den Finanz- Ministern der Bundesstaaten schon in Bcratbnng über die Deckung der Unkosten verhandelt hat. ist ja bekannt. Wir können also den ganzen Streit vorläufig nur als ciue» Streit um deö Kaisers Bart betrachten, der freilich ei» Eymptoin deS allgemeinen Mangels au Bcrtrauen zu den Lenkern deö neue» Eurscö ist. Sollte sich wider alles Er warten Herausstellen, daß nur die formale Behandlung der Borlage eine corrcete, die Verständigung unler allen maßgebenden Factoren dagegen eine Mangel Kaste gewesen sei, so würden die ernstesten Besorgnisse gerechtfertigt sein In der baherischcn EcntrumSpartei scheinen sich merkwürdige Dinge vorzubereite», wovon die llmwantlunz eines bisherigen ultramoutanon Hauptorgan», des „Bayer. Eouricr", m ein unparteiisches farbloses Bjatl und dessen Angriffe gegen einige EcntruinSsührer ein Symptom sind. Die „Germania" sckrcibt darüber einen ganzen Leitartikel in erregtester und bctrüdtesler Stimmung. Spaßig ist die Klage: „Eben erst bat die Generalversammln».; der deutschen Katholiken in Main; eins Resolution beschlossen, worin an gesichts der Gefahr, welche der katholischen Presse von Seiten der sogenannten farblosen Zeitungen drobt, alle Katholiken ausgesorterl werden, sich von der Unterstützung dieser Schäd linge scriiznhaltc». Jetzt hat sich ein Münchener Eenlrums- organ von rühmlicher Bergangenhcit in eine» solche» Partei- und farblosen Schädling mngewandelt." Man wird wohl noch etwas erleben vom „einigen" Ecntrum. Nach den aus Pest vorliegenden Berichten ist die Stimmung in beiden Delegationen eine sehr günstige und läßt einen glatten und raschen Verlauf der Be- ratkungcn erwarten, der Wohl auch den meisten Tkcil ncbmcrn mit Rücksicht auf den wenig befriedigenden vssenl licken Gesundheitszustand in der ungarischen Hauptstadt erwünscht sein dürste. Gegnerische Versuche dürften nur von den Mitgliedern der ungarischen Opposition nnd vo» den Jungczcchen auSgchc», welche letztere cs sich schwerlich versage» werden, der Tripelallianz etwas am Zeuge zu flicke», was aber den Dreibund wohl nicht in Gefahr bringen wird. Die ungarische Opposition scheint den Kriegsminister wegen der Umgcstallttiig der Genietruppen bekämpfen zu wollen. Bei der Art, wie die Delegationen zusammengesetzt sind, können solche Versuche ersahrungSgemäß aber schtimmslensattS nur z» einer Verzögerung der Ausschußberatbungen durch einige Nedclämpsc führen. AuSfübrticheS über die Verhand lungen in den Delegationen, welche am Montag begonnen haben, tbeilen wir unter Oesterreich Ungarn mit. Wenn sich auch nur ein Theil der Verheißungen ver wirklicht, mit denen daS italienische Eabinct aus Anlaß der bevorstehenden Wablcn die italienischen Bürger erfreut, dann wird daS Ministerium Giotitti stolz aus seine Tbatcn sein können. I» dem am Sonntag abgehallcnen Ministerrath wurden die cudgiltigcn Maßregeln bclmss Sicherung deS Gleichgewichts im Staatshaushalte der beiden nächsten ElatSfahre beschlossen. Jede neue Be lastung der Steuerzahler ist ansgcschlosscn. Der den Erlaß, belrcsfend die Kamiiicrauslösuug, begleitende Bericht wird ausführlichst von der Herstellung des Gleichgewichts durch Ersparnisse und VcrwaltungSinaßregcln Handel». Im Militair- bauöhalle werden weitere sieben Millionen erspart werden. Da die Grundzügc tcr imicrcu und äußere» Politik seitens der großen Parteien nubcstrilteii sind, wird der Bericht außer der HauShaltSsragc nur die socialen nnd wirtlffckastlichen Vorschläge berühre», von welchen die Regierung die Herbei sührung der wiinschcnswcrtken Parteitreu»»».; erwartet Unter diese» Vorlagen befinden sich Vorschläge, betreffend die AuSslände, Unfall-Versicherung, die Neugestaltung der Handels kammern u. A. In englischen Marinekreisen bat man mit Be sricdigung Kenntnis! genommen vo» der Fabrrleistung eines neu eingestellte» Dampfers der Orient-Linie» Gesellschaft, welcher die Strecke von Plumoutb »ack dem King Georges Sund in SUdaiislralie» in 28 Tagen und 13 Stunden zurück gelegt hat. Da die Entfernung von Plymouth »ack jenem Pilnete ziemlich mil jener »ach Bombay, Madras und Ealeulla zusamincnsällt, so schein! sich auö rer erwäbntc» Fabrtleistung die Möglichkeit der Wicderbcnutzung des Seeweges um das Eav der guten Hoffnung i» marine strategischer Beziehung zu ergeben. Zwar batEngland mit seiner Besctzlkaltung dcs NillankcS auch seine schwere Hand au die Suezcanatvcrbinkung gelegt, indeß fühlt man sich anscheinend dieser letzteren Position doch nickt so unbedingt Herr, um mit voller Gcmiitdsrnbc i» die Zukunft zu blicke». Tie Möglichkeit einer Blockade des Suezcanals durch einen seeniäcktigen Gegner ist gegeben, während andererseits, wen» dringende Nolb Wendigkeit die Erpcdirnng vo» Truppen nach Indien während deS Hochsommers ersorderlül' »lachen sollte, der unvermittelte Eintritt in die furchtbaren Temperaturen im Rotken Meere de» schlimmsten Einfluß aus europäische Körpcrconstitutioncn üben müßte. Tcr Weg um daS Eap hingegen ist vor eindlicker Blockirung, so lange England sein maritimes .lcbergcwickl bcbauptet, absolut sicher, desgleichen sind die anitäre» Bedingungen auf dieser Route ungleich günstigere. Nur der größere Zeitaufwand tonnle und kann die Eaproule dinier der Route durch de» Suezeanal znrückstebcn lassen. Wenn aber die jetzt im Ban befindlichen Renconstructioncn der prioatgesellschastlicken Riesendampfcr dartlm», daß eine Fahrtgeschwindigkeit des eingangs erwähnten Dampfers al« Rormallcistnng gerechnet werde» kann, dürfte, wie man an nimmt, auch die Admiralität wieder mehr als biöker ibre Gunst der lange vernachlässigten Eaprontc znwcndrn und ihre Benutzung namentlich für KriegSzciten in« Auge sassen. A»S diplomatischen Kreisen verlautet, daß die Pforte nk, erst mit den Eabinette» von London, Berlin, Wie», Rom und Sofia in Verbindung zu setzen gedenke, cbe sic die letzte russische Rote beantworten werde. Rach den bisherigen Erwägungen sott die Antwort auS zwei Theilcn bestehen Ter erste Tbcit wird sich mit dem Besuche de« Herrn Stambulow in Konstantinopet befassen, während im zweite» Tbeil die Mission Djeniat Bens aus der Ausstellung i» Pkilippopel erörtert werde» soll. Was den Besuch Slam butow'S betrifft, so wird die Pforte ertlärcn, daß sie diese Angelegenheit als geordnet betrachte »nd den mündlich abgegebenen Versicherungen nichts binzuzusügen habe. Auf die AuSstcllniigSaiigelcgcnhcir will die Pforte auch nickt mebr zurückkommeii. Dies ist schließlich eine sehr natür liche Abfertigung, da Ost-Rumelien »ach den Bestimmungen deS Berliner Vertrages ciue türkische Provinz ist, die sich nur unter bulgarischer Verwaltung beiindet. Gerade so wie der Sultan Eommissarc nach Salonicki, Smyrna »nd Damaskus senden würde, falls cS dort Ausstellungen gäbe, betrachte er cS für seine Pflickt, einen Eommissar nach Pbilippopcl zu schicken. DaS habe mit der bulgarischen Frage nichts zu Ibun »nd cbeniowenig mit der Stellung deS Fürsten Fer dinand. da Osl-Rninclien selbstständig seinen Tribut an die Türkei entrichte. Der Konftanlinopler Eorrespondent der „Polil. Eorrcsp." sagt ebenfalls, daß die russische Rote keine Eonsegnenzen nach fick ziehen werde nnd daß der türkische Botschafter in Petersburg an dortiger amtlicher Stelle die Ansicht der Pforte, welche im Gegensatz zur russischen Ans fassung siebt, zur Kenntniß z» bringen beauftragt sei. Gleich zeitig erfährt aber derselbe Eorrespondent, daß die russische Botschaft die Absicht habe, nnnmcbr der Pforte eine 'Note zu überreichen, in welcher die Forderungen wegen Rück er st a t t u n g der K riegssch »> d erhoben werden sollen. Run, auch diese letzte Forderung wird an dem bekannten Gleich niulb der Türken einen zähen Gegner finden, »nd zuletzt wird Rußland sick> wobl buten, um einiger Millionen Rubel willep Krieg mit der Türkei anzusangc». Deutsches Reich. xn. Berlin, 3. Oktober. In zwei Berliner Blättern bat sich über die während der Anwcsenhcil der kaiserlichen Prinzen in WilbelmSböbc verfügte Absperrung de« dortige» prächtigen Schlossparks eine ausschließlich von Bcwobncr» Easscls geführte Fehde abacspielt, von der löblicher Weise die große Mebrzahl tcr Zeitungen auch dann keine Kenntniß nahm, al« daS Organ der kiirbcssischcn Parlirularistcn in seiner Weise in den Streit cmgrisf. Nun aber vcrwcrthcn auch in Süddcutschland dein Reiche feindlich gesinnte I Organe die Maßregel deS HofmarschallamtS, und damit Fersilletsn. Dämmerungen. 81 Roman in drei Büchern von Rudolf von Gottschall. NachNuS »erboten. (Fortsetzung.) Herr von Senden batte sich nicht sehr verändert; das Grau der wenigen Haare, die seinen Scheitel umkränztc», war weißer und silberner geworden, aber die vicl.zcrühiiitc Ruhe und Würde deS Alters batte sich bei ibm nicht ei» gesunden. Sein Kopf hatte bis zur hoben Glatze hinauf etwas rosig Angcalühle«, wie vom Morgcnlicht umstrahlte Glet scher; in seinen bellen funkelnden Auge» lag etwa« phantastisch Hin- und Hcrschweisentc«, daS nur selten zur Ruhe kam, dann aber einen gemüthvollen Ausdruck annabm. Um seine Lippen, von denen die Rede wie Milch und Honig quoll, schwebt« stets ein freundliches Lächeln, am meisten, wenn er den andern irgend eine neue Großtbat erzählen konnte, die er vollbracht. Dann rieb er sich die Hände und nahm eine so triumphircnde Miene an, daß nichts übrig blieb, als ihn zu bewundern. Ja, er war eitel, der alte Herr, und er hatte Grund dazu; denn kein Anderer war so wie er darauf bedacht, sein Schloß, seinen Garten zn verschönern, feine Wirtbschast zu vervollkommnen; er wußte Alle» bcrbeizusckaffc», wovon die Zeitungen berichteten; jede neue Erfindung deS LnruS, jede neue Einrichtung der Ha»«- und Lantwirthsckaft, und da« Bebagen, mit dem er von seinen Erwerbungen sprach, tbeiltc sich unwillkürlich den Hörern mit. Ersah offenbar die Welt, wie sich selbst, im rosigsten Lichte und war dabei liebenswürdig genug, daß Niemand sich veranlaßt sah, da« Bebagen zu stören, da« er um sich verbreitete... nickt einmal seine Frau, welche am meisten mißtrauisch gegen seine Triumphe war; >-nn dir Frauen lassen ungern andere gelten, als die sie selbst davon tragen. Nnd Frau von Senden, zu welcher der Gatte jetzt den weitgereisten Ankömmling führte, war eine ruhige Frau, eine schlank» Blondine, viel jünger al- ihr Mann und von jugendlichem AuSscben, scbr besorgt für die Erhaltung ihrer Reize, aber nnbckümmcrt um alles, was den Gatten beschäftigte; sic glaubte nicht an sein überlegenes Genie, aber sic ließ ihn gewähren; sic war sanfter GemütbSart und glcickgiltigen Sinnes und sie betrachtete das als Borzüge, welche ihr^cinc lange Jugendlichkeit verbürgten. Irgend ei» schweres Schicksalewcttcr war nicht über ihr Leben bingczogen — »nd so brauchte sie sich nickt zur Abwehr auSzurüstc» mit einem Aufgebot von Eharakterstärkc, die sie sich mübsam hätte erobern müssen, da cs nickt eine Mitgift ihrer Natur war Sie empfing Enrico mit vieler Freundlichkeit, denn der junge Mann hatte sich ihr stet« durch die äußeren Vorzüge seines Wesens, für welche sie sehr empfänglich war, cmpsohlen. Doch wo blieb Marie? Vergeblich suchte Enrico sic überall: sie war nicht unter dem Flor der Damen zu sehen, welche sich im großen Salon neben der HauSberrin versaiu mclt batten, auch nickt unter den jungen Mätchenblumc», die in dem geschmackvollen Bildercabinct c»ff Eauseusen und Fauteuils einen aninutbigen Kranz bildeten. Enrico eul fcrntr sich in aller Stille aus der Gesellschaft, eilte treppauf, treppab, in der Hoffnung, der Tochter deS Hauses vielleicht allein zu begegnen . . vergeblich! Er begab sich in den Garten, und da er ganz erfüllt war von dem einen Bilde, das er aus jedem Lanbcn- gang, an« jedem BoSquet, mil den Augen de« Geistes berror treten sab, bemerkte er nur ganz flüchtig die Wunder der Gartenkunst, welche der GutSbrrr in der Zwischenzeit bcrbei- gczaubert batte; eS sielen ihm nur die riesigen Farrcn aus, mil den mannesdicken Stämmen, und ein entzückender Rescn- slor, der an die Gärten vo» SckiraS erinnern mochte; doch die Noscnkönigin wollte sich nicht zeigen. Verstimmt trat er wieder in den Saal und mischte sich in die Gespräche der Herren. Da war besonder- ein schneidiger Gras mit solda tischem Schnurrbart, der geneigt schien, mit ihm eine Lanze über da« transatlantische Land der Verheißung r» brechen. Enrico batte schon öfter« von diesem Grafen Fehrentbal sprechen höre», der keineswegs zu den Granden gehörte, welcke sich von der Zeit abscklossen; im Gegcntbeil, er war bei sehr vielen Acticnunternehmungcn bethciligt, auch Aus sichtSrath bei mehreren derselben und wo eine nenanftauchcndc Gesellschaft sich mit seinem Namen decken wollte, da zögerte er nicht, ihr denselben zur Verfügung zu stellen. Diese Groß muth wurde ibm glänzend versilbert und er galt sür eine» mehrfachen Millionair. Das Merkwürdigste dabei war, daß er die« alles nur als einen erlaubten Sport betrachtete, etwa wie daS Hazardspiel im Jockcyclub, sich keineswegs in eine Linie mit den Bvrseiimitlionairen stellte, sondern dieselben als einen untergeordneten Menschenschlag betrachtete, als eine Art von Jagdhunden, welche halfen, ibm die Freute deS Hallali z» bereiten, während er sich nachher um die ganze Meine nickt weiter lnmmerte, mochte sie sich nachher in ihrem Stall, der Börse, bchabcn wie sie wollte. Dabei war der Gras sehr gefürchtet wegen seines scharfen, tiefeinschnei tcndcn Spottes und seines heftig aufbrausenden Wesen«, er war von hoher kräftiger Gestalt, nicht nncdcln GesicklS- zügen nnd einem beherrschenden Adlerauge. Freundlichkeit der -Litten konnte man ibm nicht »achrühmen; wo cS darauf an kam, batte er ein schroffes, vornehm ablehnendes Wesen. „Nun, Sie kommen ans dem Lande der GlcichbeitStölpcl", sagte er zu Enrico, „ich hoffe nicht, daß Sie an diesen, Wundcrlandc Gefallen gefunden babcn. Es ist ei» kolossaler Tcrmitenbau; aber eS sind dock nur kleine und unangciicbmc Thierchen, diese Ameisen, die dergleichen z» Stande rringen. Ja wenn- in der Welt nicht« Unincßbare« »nd lln wägbare« gäbe, dann würde da« «Ltcrncnbanner, da« über diesen Pfeffer »nd Geldsäckcn flattert, da« Banner der Weltcrlvsiing sein. So aber verwandeln sich diese prahlerischen Sterne nur in die Sternschnuppen der Eultur .. nirgend« in der Welt blickt man weniger z» den Sternen empor, al« in diesem Reiche, welches die seltsame Laune hat, sich niit ihnen zu schmücken." „Es ist ein der Wildniß abgernngener Nicsenstaat", vcr setzte Enrico. „Mcnschcukrast und Menschciigeist haben sich in gewaltigen Anstrengungen bemüht, ihn zu schaffen, und wenn das feinere geistige Nervensystem bei dieser llcbcranstrcngung der Muskeln und unter der Nachwirkung derselben noch etwas geschädigt ist» so wird die Zeit auch dafür eine» Ausgleich finden." — „DaS glaube ich nickt", versetzte der Graf, „einem Parvenü wird man stet« ansehcn, dag er vo» gestern ist. Wer sich mit den Ellenbogen Bahn gebrochen hat, der wird wahrscheinlich Locker im Acrmel haben ... und die Enkel sind wie die Großväter ... daö ist ja bekannt." Der Geheime SanilätSrath Mcrzel nickte znslimmenb; auch einige andere nahestehende Herren lächelten verständniß- voll, denn der Graf erfreute sich großen Ansehens in diesen Kreisen. Enrico brach die Debatte ab, um in dem Bildercabinct sich »mziiseben, ob sich die Tochter de« Hauses inzwischen bei ibre» Frcnndinncn eingcfnnden. Und in der That, kaum war er an die Tbiir getreten, als eine Jungfrau von lieblicher Bildung freundlich lächelnd auf ihn zutral und ibm die Hand entgegenstreckte; cs war Marie, er hatte sie kaum wiedcr- erkannt; da« halbe Kind, eine zierliche Sylphide, aber von bestrickendem Liebreiz, batte sich zn einer stattlichen Jungfrau entwickelt,aber ihre tiefblauen Augen hatten noch den unvcrlorcncn kindlichen Ausdruck, etwas Treues nnd Inniges; ja, sie war cS noch ganz, die Marie mit dem rübrendc» Gesichlckcn, rührend durch das Harmlose »nk Seclenbastc. daS Unberiibrte und Unbcrükrbarc; denn wer hätte nickt gewünscht, daß diesen ruhigen Spiegel einer zarten und schönen Natur kein Hauch der Welt und tcS Lebens trüben möge? Und so unbefangen nnd unbekümmert um die andern trat sie dem Jugendfreund entgegen; so ganz verloren in die Freude des Wiedersehens, die laus ihren Auge» wie aus Scclcnticfe ausleucktetc. Nicht so unbefangen blieb Enrico .. daS war ja keine Fremde, das war ja seine Reisebegleiter!» in den Prairic» deö Westens, unter de» Stürmen de« LeeanS; sic aber wußte nichts davon und er glaubte fest, Buße dafür thun zu müssen, daß er sie ohne ihren Willen, in seinem Herzen, in seiner Phantasie über den Lccaii und in die Einöden de« fernen WcltthcilS getragen. Und so stand er ihr fast zagbast gegenüber, wie ein Bilderstürmer, der ein au» dem Heilig- thum geraubte« Bild in die Ferne geflüchtet. Und doch, eS war ja nicht mebr dasselbe; die Zeit hatte ibrcr zarte» Er scheinung sattere Farben, ihren zierliche» Formen mehr Fülle gegeben. Und wie sic ibm so entgegenkam . . er hatte das Gefühl eines süßen Rausches, während er früher in ihrer sanften Zuneigung ein stilles, beruhigendes Genügen fand. Treue Liebe batte er schon damals dem Kolken Mädchen geweiht . . doch jetzt bestürmte ihn ein mächtigeres Gefühl.
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