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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.10.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921005023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892100502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892100502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-05
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DaS preußische Ministerium wird dadurch in dieZwangölagc versetzt, entweder gegen denMonarchen zu votiren oder sich ohne Weiteres dem Reichskanzler zu fügen." Dazwischen erklingen allerdings auch noch einige komische Ruse, die in der Mit- theilung der Militairvorlage an das preußische Ministerium eine Unterwerfung des Reichskanzlers unter diese- Ministerium erblicken, aber mit Recht werden die Alarmrufe der letztere» Art überhört. Was an den anderen Wahres ist, läßt sich schwer entscheiden. Auch die „Nat.-Lib. Corr.", die sich heute mit der Angelegenheit befaßt, erklärt, nichts Genaueres zu wissen, »eint aber doch, eS müsse ein Feucrchc» wenigstens glimmen, dessen Ursache und mögliche Folgen folgendermaßen erörtert werden: „ES scheint, daß die Trennung der Remter des Reichs- kanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten früher, als man erwartet hatte, aus eine kritische Probe hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit gestellt wird. Die Vorgänge bei Vorbereitung der Militairvorlage scheinen dazu Anlaß zu geben. Wa« sich dabei wieder abgespielt hat, ist freilich noch nicht ganz klar ersichtlich, soviel aber laßt sich deutlich erkennen, daß bei einer der wichtigsten Vorlagen der neueren Zeit das noth- wendige Zusammenwirken und enge Einvernehmen zwischen der Reichs- und der preußische» Regierung nicht hcrgeslellt, die letztere vielmehr von der Mitwirkung mehr, als cs zuträglich sein kann, ausgeschlossen worden ist. Nach dem formellen Staat«, recht dos Reichs mag die Mittheilnng des vom Reichskanzler als Präsidialvorlage ausgehenden Gesetzentwurf« an das preußische StaatSministermm' lediglich zur Kenntnißnahme ohne Abgabe eine« Votum« unanfechtbar sein, und wir sind wahrhaftig auch die Letzten, welche unberechtigten Ansprüchen «nd particularistischen Empfindlichkeiten irgend eine« Bundesstaates Unterstützung gewähren möchten. Da« Erstarken der Reichsregicrung und ihre Fähigkeit zu selbst- ständigerBewegung muß als einer der fundaiiientalsten (öruiidiutze in dem Programm jeder nationalen Partei festslehen. Aber anderseits muß es auch alS eines der unerläßlichsten Erfordernisse der Reichspolitik betrachtet werden, daß sie den Regierungen der Bundesstaaten das ihnen zukommende Maß von Mitwirkung und Einfluß aus ent- scheidende Beschlüsse gewährt und insbesondere mit dem größten derselben Gegensätze und Reibungen nicht auskommen läßt. Friktionen zwischen Reichs- und preußischer Politik können wir nicht ertrage». Es hat aber den Anschein, als obder Keim zu solchen in dem vorliegenden Fall enthalten sei. Die Aussichten der Militairvorlage im Reichstag werden gewiß auch nicht verbessert, wenn sie von vornherein mit dem Anschein auftritt, daß wichtige, zum Rath und zur Mitarbeit berufene Stellen übergangen worden und Laß bei der sachlichen Prüfung die wirthschastlichea und finanziellen Gesichtspuncte hinter den mili- tairischen unbillig »urückgetretcn sind. Diese Einführung der Bor- tage, die ja ohnehin schon io ungemein starke Bedenken gegen sich hat, ist gewiß keine glückliche." Daß die Trennung der Aemter deS Reichskanzlers und deS preußischen Ministerpräsidenten die Verständigung zwischen dem Reichskanzler unv dem preußischen Ministerium erschweren muß, liegt aus der Hand. Und daß bei längerer Fortdauer dieser Trennung Differenzen cintreten können, ist oft genug nachgewiesen worden. Daß aber solche Differenzen gerade bei der so eminent wichtige» Militairvorlage eingetreten sein sollten, können wir trotz allen Rauches nicht eher glauben, als bi« wir durch die Thatsachen eines Anderen belehrt werden. Am wenig sten können wir unS Vorsteven, daß der ReickSschatzsceretair Frhr. v. Maltzahn, der in München, Stuttgart, Darmstadt u. f. w. mit den Finanzministern Uber die Deckung der init der Militairvorlage verbundenen Forderungen confcrirt hat, mit dem preußischen Finanzministcr sich nickt ausgesprochen und verständigt hätte, und für säst undenkbar ballen wir cS, daß der Gesetzentwurf dem preußische» Ministerium nur zur „Kenntnißnahme" vorgelegt worden sei. Der Reichskanzler kann koch Preußen nicht anders behandeln, als die übrigen deutsche» Staaten: er kann dock nicht für Preußen den Satz anssteUen wollen ..(.'nucollurii vuluutas »uproiua lox", während er die übrigen Staaten auffortcrt, durch ihre BuiideSratbSbevollmächligteil Stellung zu der Vorlage zu nehmen. Und wenn er wirklich in dem Irrthum sich be funden hätte, die preußischen Minister seien dadurch, daß der Kaiser die Vorlage für den BundcSrath genehmigt bat, gezwungen, trotz aller etwaigen Bedenken Za und Amen zu dem Entwürfe zu sage», so können wir nicht glauben, daß die preußischen Miniflercollegen dcü Grasen Eaprivi teSbald Lärm in der Presse schlagen ließen, statt entweder den Schein von „Rätben der Krone" abzuthun, oder mit klarem Pslichtbcwußtseiu »ach rein sachlichen Gründe» ihr Volum üher de» Gefetz- cntwurs ahzugcdcn. Wir sind der Ansicht, daß lediglich rin Mißverständlich vorliegt, das zu den seltsamen Gerückten Anlaß gegeben bat, und hoffen ans eine baldige Aufklärung. Für heute theilcn wir nur »och eine Auslassung unseres Berliner 88'Eorrespondentcn über die Angelegenheit mit und bemerken zu dieser lediglich, daß cS zur Benrtbeilung der Sachlage nicht allein darauf ankomnit, ob Gras Eaprivi die Pläne deS Dr. Mignel billigt, sondern auch darauf, ob Miguel mit den Plänen des Grasen Eaprivi sich einverstanden erklären kann. Kann der preußische Finanzminister daS nicht, so wird er, auch wenn die Militairvorlage i»> Namen deS Kaisers als Präsidialantrag im BundcSratbc cingebracht worden ist, Manns genug sein, seine Ansicht an der rechten Stelle mit allem Nachdruck zu vertreten. Eine höchst überraschende Mittheilung geht der officiösen Wiener „Pol. Corr." aus Rom zu. Sie lautet: „Der neue preußische Gesandte bei dem heiligen Stuhle, Herr v. Bütow, ist soeben hier eingetrossen. Die Ucberreichung de« Beglaubigungsschreibens wird demnächst erfolgen. Nach der Abreise de« Herrn v. Schlözer war inan der Meinung, daß Preußen gegenüber dem Vatikan dcmonstriren wolle und daß dessen Posten vacant bleiben werde. Heute ist cs auegcmacht, daß der Abgang de- Herrn o. Schlözer hauptsächlich i» Folge der intimen Beziehungen erfolgt«, welche derselbe noch immer mit dem Fürsten Bismarck unterhielt. Tie Eile, mit welcher sein Nachfolger ernannt wurde, be weist, daß die Beziehungen zwischen dem Vatikan und der Berliner Regierung durchaus normal sind. Tie innere Politik Preußens, wo das Centrunl seine Kamps- stelluna gegen die Regierungsparteien ausgcgebe» hat, kann dieselben nur verstärken. Es ist wahrscheinlich, das, bei dem nächsten Cansistorium ein deutscher Bischof — entweder der Fürstbischof von BreStau oder der Erzbischof von Köln — den Purpur erhalten wird." Hiernach bat daS preußische Ministerium trotz des Rück tritts der Grafen Eaprivi und Zedlitz sich entschlossen, de» Weg nach Rom weiter zu wandeln, den man mit der zweiten Bolksschuloorlage betreten hatte. Wozu dann aber jener Rücktritt und die Beseitigung jener Borlage durch königliche Initiative? Die österreichisch-ungarische Thron re de, womit die Berathungen der Delegationen eröffnet wurde», fft sehr entgegenkommend und Vertrauen erweckend abgesagt. Sehr bemerkt wird, wie man ans Pest berichtet, daß sie sich bezüglich der Mchrfordcrung des Kriegsministers daraus be schränkt, sie als eine nicht unerwartete und zumeist wicdcrbolt erörterte Anforderungen betreffende zu bezeichne». Wie sehr man an höchster Stelle überzeugt ist, daß die Bewilligung dieser Forderung keine Schwierigkeiten kosten werde, ersieht man daraus, daß c« unterlassen worden ist, die selbe durch Hinwcffe auf etwaige äußere Gefahren zu unter stützen. Die Thronrede ist vielmehr bestrebt, die auswärtige Lage als eine befriedigende darzustcllcn, indem betont wird, daß sich die heilbringende und den Frieden erhaltende Wirkung deS ZusammenstebenS mit den Verbündeten bcwäbre und daS Rubebetürsniß der Völker und die Sorge für das materielle Wobl einen maßgebenden Einfluß auf die inler nationalen Verhältnisse auSübc. Hierdurch erhält die Thron rede einen freundlichere» Ebaraktcr, als ihn die vor jährige getragen, die in einem Gegensätze zu der diesjährigen gestauten, indem sie wiederholt und nachdrücklich ans die politischen Gefahren kingewiescn hatte. In der österreichischen Delegation kam eS, wie schon gemeldet, zu einem scharfen Zusammenstoß zwischen dem Junge zechen Eum und dem Minister des Aenßcren Grasen Kainoky. Zuletzt erhob Eym noch Einsprache gegen die von ihm behauptete Unterstützung auswärtiger Blätter aus den dem Grasen Katnoky zur Verfügung stehenden Fonds. Dieser verlangte von dein Dclcgirtcn Emn zu wissen, welche Zeitungen cs seien, auf welche dieser hin gedeutet habe. Wenn der Telegirtc Eym dieselben nickt anzugeben wisse, müsse er das Ganze, was vorgebracht wurde, als erlogen bezeichnen. Der Minister erklärte, daß er gar keine Heilungen snbvcntionirc. Emn bedauerte, daß der Minister in einer ihm unerklärlichen Aufregung sich dcü ganz unparlamcntarischcn Ausdruckes .erlogen" bedient habe, und sagte: „Ich verlange, daß der Herr Minister diesen Ausdruck zurückzieht. Ich dm Journalist und werde die betreffenden auswärtigen Zeitungen hier nicht öffentlich nennen; ich bin aber bereit, dem Minister diese Zeitungen sammt den deircssenden Artikeln vorzulegcn." Minister Graf Kalnoly erklärte hierauf, er sei weit cnlsernt, das Wort .erlogen" in Beziehung zu dem Herrn Dclcgirtcn zu dringen. Er habe diese« Wort gebraucht, weil er vorauösetzte, daß Eym von Andere» böswilliger Weise bintergangen wnrdc und daß man ibm ein Märchen ausgcbnndcu habe, da er, der Minister, keine Zeitungen subvlcntionirc. Hierauf wußte der Zungezeckc Eym nichts weiter zu sagen und die von ihm hcraufbcschworcne erregte Scene batte damit ein für ihn nicht besonders günstiges Enke gefunden. Die Wirren, deren Schauplatz lange Zeit der schweizerische Canton Tessin war, dürsten mit der am letzten Sonntag ersetzten Annahme des neuen Ver fassungs-Entwurfes vorläufig ibr Ende erreicht haben. Die Zustimmung zu der neuen Verfassung ist mit sehr großer Mehrheit erklärt worden, was seinen hauptsächlichen Grund wohl darin hak, daß die frühere conscrvativ-ullramontane Majorität sich in letzter Zeit in zwei Fractionen gespalten hatte, von denen die gemäßigtere, den Rathslblägen des soeben zum BunkeSrichter ernannten Herrn Svldati folgend, sich ebenfalls für die neue Verfassung erklärte. Das Verlangen der Tessincr Liberalen »ach Abänderung der eine ultramon tane Parteibcrrschaft begünstigenden Verfassung bildete de» Ausgangspunkt der Wirren, welche den Tessin in jüngster Zeit heimsuchtcn. Die llltramontanen suchten die Bewegung durch verfassungswidrige Acte zu vereiteln. Da krack, IHR» die Septembcrrevolution aus, welche die starre ullramontane Herrschaft stürzte nnd die Acra der gemischten Regierung einleitete. Man erinnert sich der versöhnenden Tbätigkeit des eidgenössischen EmnmissarS in Tessin, des Obersten Künzli. Außerdem ergab sich aus dem Zwang der Lage selbst die Nolhwendigkeit eines Zusammenarbeitens beiter Parteien. Es gelang, in gesetzmäßiger Weise einen Verfassungsrath zu Stande zu bringen, in kessen Schooß nnn eine lange Reihe von TranSactioncn stallsank, welche schließ lich den dem Volke vorznlcgendcn Verfassungseiilwurs auf einer Basis zu Stande brachten, die eine Aiiiiabmc durch die Majorität zu sichern schien. Die vornehmsten Mittel, welche sich als wirksam erwiesen, um die Schroffheit der Gegensätze in den Anschauungen und Interessen zu mildern, waren eine bedeutende Erweiterung der unmitlelbareii Tbeilnakine des Volkes an den StaatSgcsckäften und a» der Ausübung staat licher Rechte, sodann die Einführung de« sogen. Proportivual- vcrsabrenS, d. b. der Minoritätenvertrctung bei allgemeinen Wahlen. Die neue Verfassung deS Eantons Tessin charaklerisirk sich in erster Linie als ein Versuch, in einer möglich» weit gehenden Abwendung vom System der repräsentative» Temo- kratic nnd der Annäherung an die reine und unmitielbare Volk-Herrschaft Garantien zu gewinne» gegen die Einscitigkeil und die Ungerechtigkeiten eines fckrvffcn ParteireginicntS. Der Erfolg allein kann lehren, ob die Rechnung nicht trügt. ES unterliegt jetzt keinem Zweifel mehr, daß der spanische Pater Martin zuin Grnerat deS Jesuitenorden« oterzuni .schwarze» Papst" gcwäliltwordcn ist. Wenn muh durch eine sehr heilsame VerfassuiigSbcsliinninng diesen unverjöbntichcn Gegnern der evangelisch lutherische» Kirche unser engeres Vaterland Sachse» ein für alle Mal verschlossen ist, so glandc» wir doch von de» näheren lluistänten, welche dieses Mat mit der Wahl des Iesuitengencrals verknüpft waren, Notiz nehme» zu sollen. DaS Kloster Loyola bei Bilbao, das gewöblich offen steht, blieb am letzten Sonntag den ganzen Tag geschlossen. In diesen letzte» Tage» laö man darin 80 Messen. Uni 5>e Ubr traten die Patres in der für sic vorbcbaltencn Eapclle zusammen und verharrten einige Zeit i» stillem Nachdenken. Dann körten sic eine vom interi inistifchc» General gelesene Messe an. Gegen sieben Ubr körte man draußen Litaneien und das 1'augo linguu singen. Nachdem die Monstranz ausgestellt worden, begaben sich die Patres in einer Proccsfio» »ach der Bibliothek, wo die Wahl stattfindcil sollte. Die Jesuiten, welche die Beichte abiiabmc», verließe» die Beichtstüble. Um zcbn Uhr war das Wabl- gesck'äsl beendigt und Pater Marti» z»»n Gcneral gewählt. Nach der Bekaiintmachnng deS Wahlergebnisses sangen die Jesuiten da« I-innlato und das Do I)o»ui. Der neue Jesuiten- gcneral ist im Iabre 1846 in Melgar, Provinz Burgos, geboren. Sein Vater wollte anfangs nicht zngebe», daß er in de» Jesuitenorden eintrat, trotzdem folgte der junge Geistliche im Iabre >865 dem Wunsche seines Herzens. Nach der Revolution von 1868 wurde er mit seinen übrigen Ordensbrüdern a»S Spanien vertrieben, kcbrte aber unter der Restauration zurück und leitete dann in Bilbao die Zeitschrift „DaS heilige Herz". Bald darauf wurde er Rector der Universität Salamanca und führte einen langen Frdtrstreit mit dem Bischof Izauierdo, der >»it der Erklärung seine« Gegner« endete, daß Pater Marti» der erste Theologe deS Lande« sei. 1485 wurde er Provincial von Eastilie» und 1801 ging er als Generalvicar nach Rom. Er soll ans außer seiner Muttersprache Italienisch, Französisch nnd Englisch vollständig beherrschen. Der neue General wurde vor Kurzem als Aiibänger einer abwartenden, neutralen Haltung deS Ordens geschildert, dem widerspricht jedoch, daß die österreichische nnd die spanische Regierung sich geeinigt hatten, einen andere» Eandidaten, de» Pater Urrahnr», ai de» Vertreter der Nichteinmischung dcö Ordens in die Politik vorzuschlage». „Nicht ohne Aufregung" erwartet man, der „Now. Wr." zufolge, in Rußland die demnächst bevorstehende Eröff nung der Herbstsessio» deS NcichSralhS. Biele Um stände gäben diesem sonst so gleichgiltigcn Ercigniß ein besonderes Interesse »nd riefen Erwartungen wach, die zunächst anknüpften an die Personen von drei wahrend de« Sommers neu ernannten Mitgliedern diese« höchsten gcsetzberathenden Körper- des Reiche«: StaatSsecretair Polowzow, Senator Tatisch tsckew und Gcheiinrath AnastaSjcw. DaS Peters burger Publicum werde aber nicht nur durch die Erwartung der belebende» und erfrischenden Wirkung de« Eintrittes jener drei i» ihrer An bedenkenden Persönlichkeiten i» Auf regung versetzt, sondern mehr noch durch die hartnäckig nm- lausenden Gerüchte, eS stehe mit der Eröffnung der Reichö- ratvS-Sesslon die Aufnahme einer regelrechten „Eampagne" mit gegen einander ankäinpfentcn, gleichsam als „Parteien" organisirten Gruppen bevor. Alan nennt sogar die „Sprecher" Feuillctsn. Dämmerungen. Roman in drei Büchern von Rudolf von Gotischall. 4j «t-chdruck »erden». (Fortsetzung.) So ist mir'- wieder ergangen . . . hier in dem stillen Dorfe, wo ich kurze Zeit au-ruden wollte. Alle- brach über mir, um mich zusammen . . . mein Dolch ist scharf, ick griff darnach, aber ich habe mein Werk nur bald gelhan. Wieder weil' ich unter den Lebenden und ich klage nicht darüber. Es lastet jetzt nicht mehr der zermalmende Druck auf mir ... und ich kann eS ertragen, fortzuleben. Grau in Grau liegt Alle- um mich; aber mein Auge schweift ruhig Uder die Einöde und meine Seele schwebt darüber mit gleichgiltigem Flug. Die letzte Stadt, in der wir lange verweilten, war eine Garnisonstavt; mir fehlte eö nickt an den Huldigungen der Officiere; dock» sie hatten keine andern Folgen, al» daß sie die Eisersncht meiner Eolleginnen erweckten. Diese Sträuße und Kränze ... sie mahnten mich nur an beraubte und entvölkerte Gärten . . . nnd welchen Werth sollte daS Lächeln für mich haben, da« meinen Vorgängerinnen wie Nachfolgerinnen in derselben baren Münze auSgezablt wird! Da war freilich ein Osficier, der besondere Anstrengungen machte, meine Gunst zu erobern . . und oft wollte e- mir scheinen, al« .ob ich dem Lieutenant von Schollen etwa« mehr wäre, als eine vorübcrflichente Bühnrnrrscheinung. Doch wa« konnte ich ihm fein, da ick, mir selbst nickt« war? Grau in Grau.. daS war mein Leben! Und Liebe und Leidenschaft konnten da nicht anf- leuchten .. sie verschwanden mit in dein zerfließenden Nebel Er that mir leid, wie ich selbst mir leid tbat.. warum? Ich wußt' eS nicht ander«, weil ich eben lebte! Er inachte mir eine aufgeregte Scene; er wollte mit seiner Familie brechen, seine Laufbahn ausgeben, wenn ich die Seine werden wollte! Nicht- wäre ich geworden al« eine Kette, die er mühsam durch« Leben nachschlrifrn würde. E« berührte mich einen Augenblick wie mit zarte» Händen und ich glaubte säst, eine Thräne stand in meinen Augen. War e« wirklich ein Herz, daS sich mir zuwendcte? Ich habe ja nichts zu bieten, doch cS rührte mich. Eine Seele, die a- mich glaubte, während ich diesen Glauben längst verloren: ich empfand ein unsägliches Mitleid. Mir war«, als müßt' ich auch ihn von der thöricbtc» Sehnsucht befreien, die ibn verzehrte — mochte er liebend an meinem Grabe trauern! Ich bin jetzt ruhiger . . mein Arzt, I»r. Bingen, bat mir Muth zugesprochen. Solch ein Mann ist mir noch nie be gegnet, er ist nüchtern, kalt nnd fest. Er möchte auch meinen Ebrgciz wecken. Doch er bläst in die Asche, an- der kein Funken emporsteigt. Er schiebt meine Schwcriiiutd und Ver zwciflung auf die traurigen Verhältnisse der kleinen Bübnen, und er mag Recht haben. Ich hatte mich hineingesnnten, und doch . . cS liegt eine von »nS unbemerkte Wirkung in einer trostlosen Umgebung. Man gewöknt sich daran, aber die Gewohnheit hat ikren selbstmörderischen Stachel. Man krankt im Innersten wie an einem geheimen Leiden nnd gebt dock ruhig seine« Weg« und achtet nicht darauf; man wird irre an der Menschheit, wenn die Menschen, die nus umgeben, solche unglaubwürdige» Geschöpfe find, unglaub würdig, weil sie sich durch nicht- von dem legitimiren, wa« in unser» Träumen unS die Menschheit als groß, edel, herr lich erscheinen läßt. Da war unser Direktor, der kleine Krämer mit der blauen Brille, der uns Vorschüsse auf Wucberzinsen gab, selbst aber von seinen Gläubigern gehetzt wurde, deren Zahl er trotzdem immer zu vermehren wußte; er war der^ Befehlshaber seiner Trupve; wir standen in seinem Sold; er sah auf unS oerab mit seiner Tantippe von Frau, deren einzige Kunst daS Schminken war und die sich dadurch um unsere Gesichter verdient machte iin Interesse deS Geschäfte«, uns im klebrigen aber wie Inventarstücke behandelte, die man mit den ankeren auf den Transportwagen packt. Und die« bochmütbige Paar, da« uns durch seine Gaaenzahlungen in Sklaverei hielt, besaß nicht« . . dasselbe nicht-, wie wir . ja »och weniger. Sic setzten unS den Fuß auf den Nacken als Machthaber — und ihre Macht bestand in dem Gelbe, da« sie nicht batten Ein starker, stattlicher Mann, der zum Herrschen geboren schien, unser Regisseur, beugte sich tief vor der Frau Xantippr; er setzte die Stücke in Secne, ohne sie zu kennen; seine ganze Weisheit kam au« dem Sonssleur- kasten. In der Tbat, unsere Souffleuse, ein kleines be herztes Frauchen init vielem Mutterwitz, war sein Orakel, das befragt nnd nnbcfragt die Proben leitete. Da;» ein erster Liebhaber, der mich als sein Modell dc- trachtetc, an dem er seine Studien machen wollte, bis ick ihm einmal deutlich zeigte, daß ich von Fleisch »nd Blut war, nicht in seinem Sinne, doch in dem meinen. Die Marmorhand der schönen Galathee rubte schwer aus ihm. Und nun da« Gesinde und Gesindel, daS um so einen arm seligen Thespiskarren berninlungert. Alles spielte gelegentlich mit. Dr. Bingen Kat Recht. Der Mensch wächst mit seinen höheren Zwecken, aber er schrumpft zusammen ,n einer niedrige» gemeinen Unigebunz. Nun, ich werde ja sehen, ob in den künstlerischen Kreisen der großen Stadt ein anderer Geist weht nnd ob dieser Geist mich aufzurichten vermag; denn ich bin einmal eine gebrochene Blume , und dock kann ick, Nie manden deshalb anklagen. Es giebt ja überall in der Welt mißgeborene oder durch irgend einen Zufall verkümmerte Geschöpfe; ich bin eins derselben und da« ist eben unabänder lich; solch ein geknicktes Leben führt man aber am liebsten iin Verborgenen. Ich muß mick leider vor aller Welt zur Schau stellen, nur um mir de« Leben« Unterhalt zu verschaffen; denn Nähen, Waschen, Bügeln und Komödie spielen .. das ist so Frauenarbeit, und daS wiegt Alle« gleich in der Waagschale. Doch hoffe ich, wenn mein Beruf niir Muße gönnt, in einem kleinen oürgcrlichen Heim in aller Stille leben zu können. Dn weißt, daß ich zum Bruder meiner so früh verstorbenen Mutter ziehe; er ist au« dem Städtchen Zell ini öster reichischen Alpenland schon seit Jahren in die »orkisibe Residenz übergcsictclt und ernährt sich dort als tüchtiger Bäcker meister; ich weiß, daß er ein Mann von echtem Schrot und Korn ist »nd ich werde mich sicher füblen unter feinem Schutze Gerade in solchen kleinen Verhältnissen liegt ein Gegengewicht gegen den falschen Zauber der Bühne. Und nun muß ich Dir noch bekennen, daß mir'- schwer wird, mich von diesem Ort zu trennen, an dem eine so schlimme Er innerung für mich haftet; ich habe mich so hineingcwohnt in daS stille Thal und mir werden die naben Berge mit ihren Windmühlen, die fernen mit ihren Burgen fehle» und fehlen wird mir auch l>r Bingen, der brave Arzt, durch dessen Pflege ich dem Leben zurückgegeben bin. Solche Ruhe unv Klarheit, wie er sie besitzt, ist unschätzbar für meinen unsteten Sinn; das Leben schien mir nickt fo verworren wie sonst, wenn ick ihm in'S Auge sab, wenn ick seine Worte hörte, aus denen die Uederlcgcnbcil eine« bedententcn Geistes sprach. Nun, lebe wohl! Wie immer Deine Teresa." Bald nackber saß die junge Künstlerin in dem schlickten Strobwägelcken, da« der Wirth für sie batte anspanncn lassen, Koffer und Gepäck neben sich. So gering der Besitz einer Künstlerin ist, sie bat immer mebr Habseligteiten mit sick zu führen als andere Frauen in gleicher Lebenslage. Sckwcr- ninthig saß sie ans dem nnbebaglichen federlosen Sitz; die Stöße de« Wagens sckütteltcn sic bin »nd ber; so nncrguick lick» war ja anch ihr Leben. Die sonnige Landschaft ringsum versetzte sie nicht in heitere Stimmung. Die Dörfler sah sie mit schwerer Arbeit beschäftigt; so ginaS von der erste» Frühe des Morgen« bi« zum späten Abend, Alle«, um sich de« Leben« Nothdnrst zu erringen. DaS glückliche Volk der Gefilde er- sckien ibr nicht beneikenSwcrtb; lobntc denn da« Leben solche Müde, solchen Schweiß? 'Wie eintönig da« Säen, Pflügen und Ernten — nnd dabei noch die verhagelte Saat, die überschwemmten Felder! Immer dasselbe . . wie eintönig der Sonnenschein — mit seiner alltäglichen Beleuchtung — tagüder kein anderer Wechsel, als daß die Bäume am Heer- Weg kürzere oder längere Schatten werfen. Vor cincin Gasthof, der i» der Mitte de« WcgS nach der Stadt lag, hielt da« Wägelchen an; der Roffelcnker wollte seinem Gespann kurze Rast gönnen. Teresa stieg nickt auS, sic sab träumerisch vor sich hin, mitten unter dem Lärm der Stallknechte, welche Krippen »nd Eimer her- bcischlepptcn Da kam anch ein herrschaftliches Gespann herbei mit schnaubenden Rossen und hielt vor dem Gehöfte still, der Livröebedicnte und der Kutscher sprangen vom Wagen. Der Hauskneckl wurde berbeigerufcn; e« war etwa» am Zaum zeug zerrissen. Ungeduldig verlieh auch der Herr den Wage»
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