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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.10.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921005023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892100502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892100502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-05
- Monat1892-10
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«886 und die hervorragendsten Kämpen einer jeden Partei, sowie deren wichtigste „Hilfskräfte". Ter Kampf würde zunächst uni -vragc.i finanzieller Natur entbrennen, die in Vrrdindung um cem ,uiigsl vollzogenen Personenwechsel in den leitende» Sphären des FinanzrefforiS ständen. Taö Blatt knüpft daran^inc lebhafte Klage über die Isolirung desNeichSratbS der öffentlichen Meinung gegenüber und den vollständige» Mangel einer jeden authentischen Berichterstattung über die Brralhungen dieses Körpers. Deutsches Reich. 88^ Berlin, 4. Oktober. Die erste Sitzung des Bun- deSrath nach den Sommerfericn ist nicht, wie die „National- Zeitung" gemeldet, auf den 8., sondern bereits aus Donners tag, Len »>. October, anberaumt. Alsdann werten, wie seit vielen Jahren, die regelmäßigen Sitzniigcn wieder am Donnerstag jeder Woche abgehalten werden Tie Militair- vorlage steht diesen Donnerstag noch Nictit zur Bcratbung. Inzwischen sind heute dem BunteSratb wiederum zwei Vor lagen zugegangen. Durch den Ncickskanzler eine iin RcichS- eisenbahnauit bearbeitete Denksckrift, betreffend die Ab änderung der in der BerkebrScrtnung enthaltenen Be stimmungen über die Beschaffenheit deS Papiers zu Eisenbah» frachtbricsen, ferner ein Antrag Bayerns, betreffend die Abänderung des ZollverwaltungS- kcsteii-EtatS für Bayern. Jnzwisltien dauern, da die Militairvorlagc noä> iniiner nicht betannt gegeben ist und anderer Stofs den Zeitungen mangelt, die „kritischen" Besprechungen dcö unbekannten Gesetzentwurfs fort, nnd nachdem einmal durch die „ National - Zeitung" taö Signal gegeben war, folgen die radicalen Organe hochbeglückt auf dem Wege, einen Kampf dcö Reichskanzlers gegen taö StaatSministcriuni zu constrniren, und ganz täppisch gebe» einzelne Eorrespondeiitcn bereits so weit, ein „Duell" Eaprivi Miguel zu verkünden! Wie sollte da die „Freis. Ztg." nicht frohlocken? Und doch liegt schlechterdings nichts, gar nichts vor, waö zu einer solchen Annahme berechtige» könnte. Merkwürdigerweise sind eS auch Blätter, welche sonst nicht warm genug für eine stramme Eoncentration der Reichs verwaltung und RcichSgefetzgebung eintrele» können und oft sich als die geborenen Hüter der Reichsbokeit gegenüber allen particularistifchcn Bestrebungen kiiistellen. die beute entrüstet darüber tbun, daß die Bortagen für den BundeSrath durch den Reichskanzler nicht vorher dem preußischen StaatS- niinisteriuni vorgelegt werten. Aber der Reichskanzler hat dock als solchcrtcm preußischen StaatSmittifleriuui ebensowenigBorlagen zu machen, wie dein sächsischen oder dem bayerischenPkinislcrium. Und logifcherweifc wie nach den Borschrifte» der ReichS- versassuiig- sind auch fäinmtlichc srübercn Militairvorlagc», seitdem und so lange wir ein deutsches Reich haben, durch den Reichskanzler dem BundeSrath zugegaiige», ebne vorher irgend ein SlaatSministeriui» passirt zu haben. Nicht Preußen beantragt dieses Gesetz über die sirictenspräscnzstärke, sondern die ReickSregierung, das heißt Namens des Kaisers der Reichskanzler. Niemals vordem ist darüber Lärm geschlagen worden, daß so — und das ist der allein gesetzlich zulässige Weg — verjähren wurde. Diesmal aber glaubten übereifrige nnd, wie wir versichern können, unberufene freunde dem ,suianz»ii»ister einen Gefalle» thu» zu sollen, indem sie ihm eine Logik unterschoben, welcher er völlig sernsteht — ebenso fern wie de» bezüglichen AuSjükrnngcn der „Rational- Zcilung" Wenn ein Eorrespontcnt der „Rbcin.-Westfälischen Zeitung" sich rann, aus AnSjührungen der „Nativnal-Zcitnng" fußend, ein Phantasicgcbildc zurechlstntzt, das iu der Behauptung gipfelt, Gras Eaprivi nnd Iw. Miguel würde» nicht lauge mehr in demselben Ministerium zusammen bleiben, so beweist er eben nur, daß ihm die Thaiiacheu, welche in Frage koinnicn, sowie di« persönliche» Berhältnisse in maßgebenden Kreisen »och immer so unbekannt sind, wie ehedem. Aus Gras Caprivi'S Vorschlag wurde seiner Zeit .Herrn Miguel das Finanzportcfcuille angcboten, Herrn Miguel s Programm fand und findet die volle Zustimmung des Reichskanzlers. Seit Gras Enlcubnrg das Minister präsidium übernommen, haben keinerlei „Reibungen" zwischen dem NeichSkanzleramt und dem preußischen Staalsininistcriuni stattgcfundcn, der Finanzminister besindet sich in keinem Gegensatz zu Gras Eaprivi, und sicher wird taö StaatS- ministcrium die preußische» Bevollmächtigten dahin instruircn, im BundeSrath für die Militairvorlagc zu stimmen. — Die kaiserliche Jagd in der Schorshaide unter bleibt dem Bernchmc» »ach deswegen, weil der Finoweanal. die Oder und die Umgegend als verseucht anzuschcn sind. — Die Kaiserin wünscht, daß init den vom Verein Berliner Kausleute für Hamburg gesammelte» Geldern besonders Fürsorge für die verwaisten Ktndur getrosten werden mochte. — Tie Tabakenquetc-Comniission ist »ach der „F. Z" gestern Vormittag im RcichSschatzamt zusammen getreten. — In Sachen Paasch hat der Justizminister den Antrag ans Bestrafung wegen der gegen seine Person in den Paasch'schen Schriften enthaltenden Beleidigungen zurück- grzogen. — Nach einer Entscheidung des CultuSministerS kan» die von einem Lehrer im AuSlande im Schuldienst zugcbrachte Dienstzeit bei der Pcnsonirung nur dann ganz oder tkeilweisc angercchnct werden, wenn die- durch besondere persönliche oder Familienverhältnisse de» Lehrer» gerecht- scrtigt wird. — Wie die „Nordd. Allgem. Ztg." meldet, wird der Eolonialratb auf den 24. October berufen. — Al» neue Mitglieder traten hinzu: Fürst zu Wied und Freiherr v T ucker-Nürnberg, sowie Oberstlieutenant v. PalSzieux, der Flügeladjutant des Großherzogs von Weimar. — Der Rechnungssührer der Wissmann-Expedition, v. TtppelS- kirch, der Wissmann bis Quilimane begleitete, kehrt« zur Bericht erstattung an das Coblenzer Antijclavereicomilü zurück. Er be zeichnet dem „Hamb. Corr." zusoige die Aussichten aus eia Gelingen des Unternehmens als durchaus gute. — Die Sinnwidrigkeitcu, die in Betreff de» Landtag»- wabl rechts bei der Eintheilung der Wähler aus Grund des neuen Einkommensteuergesetzes zu Tage treten, sind noch viel gröber und bedenklicher, als bisher gemeldet worden war. Da gegenwärtig in Berlin im ersten Wahlbezirk «ine Nach wahl für den verstorbenen freisinnigen Abgeordneten Klotz stattzusinden hat, werten die AbtbcilungSlisten jetzt für die Wahlmännerilachwahieu anfgclczt. Zum ersten Male sind hierbei die Sleuergrenzen der drei Wablabtheilungen aus Grund des Gesetzes von, 2t. Juni 1882 für jeden llr- wahlbczirt besonders ermittelt und seslgestcll». Dabei hat sich u. a. Folgendes herausgesteUt: In einem Bezirke, wo der Gebeimrath v. Bl eich röter wohnt, der sich zu einem Jahreseinkommen von nahezu .1'/» Millionen eingeschätzt hat, schließt die erste Elasse mit einem Steuerbctrage von 138,055 die zweite Elasse mit einem Stenerbetrage von li8lti -e/ ab; in der ersten bat nur ein Wähler, in der zweiten haben süns zu stimmen; in einem andere», der einen Theil des reichsten Thiergartenviertcls umfaßt, Hort die zweite Elasse mit einem Stenerbetrage von 14,187 .«e aus; wer weniger Steuern zahlt, fällt in die dritte Elasse. Umgekehrt giebt es Bezirke, wo schon ein Steuerbetrug von 102 ^ Stimmrecht in der ersten Elaste, einer von 30 Stimm recht in der zweiten Elasse giebt. Sv ist cS möglich ge worden, daß von den preußischen Ministern nur der Land wirlhschastSiiiiiiister v. Heyden in der ersten, Miguel und Thiele» in der zweite», alle anderen Minister aber, der Reichskanzler an der Spitze, in der dritten Elasse wählen. Bei solchen Ergebnissen des geltende» Wahlrechts wirb dessen gesetzliche Abänderung wohl allseitig als dringende Aufgabe erkannt werden. — Ter „M. Z." gilt eS als feststehend, daß der für den October verkündigte konservative Parteitag erst im December stattsinden soll. Als Grund wird die Notb- wendigkeit eines vorbergegangenen persönliche» MeinungS austausches der Parteiführer angegeben, die erst Landtag und Reichstag vollzählig »ach Berlin führen werde». — Fürst Leopold von Hohenzollern wird zum Besuch morgen in Berlin bezw. in Potsdam eintressen. — Die von verschiedenen Blättern in der letzten Zeit verbreiteten, lheilwcis auck von uns wicdcrgegebeneu Nach richten über die i» Aussicht genommene Reform der Eisen bahn Verwaltung werde» von der „Köln. Ztg." wie folgt richtig gestellt. Eö bandelt sich um zwei Eommissioncn, die zu diesem Zweck in Thätigkcit sind; die eine, vor längerer Zeit schon zusammengetrcten, hat die Frage zu prüfen, wie sich die Organisation der Eisenbal, »verwalt ung, die l88<> in ihren Grundzüzcn neu geregelt worden ist, inzwischen bewährt habe, und wie weit die Abänderungsvorschläge, die in sehr großer Zahl und von den inannigsachstcn Seilen auö dazu gemacht sind, Anspruch aus Berücksichtigung haben. Vorsitzender dieser. Commission ist der Eisrnbahn-DirectlonS- Präsident Pape in Brvinberg, Mitglieder sind zwei Vortragende Rache deS Eilenbahnniinisleriiliiis, zwei Mitglieder königlicher Eisen- bahudireclionen und zwei Tirectorc» von Belriebsäintern. Er ist bekannt, daß die jetzige preußische StaatSba hnverwa ltung in dem Ruse steht, sehr kostspielig zu sein, kostspieliger als die Verwaltung des früheren kleine» Ltaatsbahunetzcs und der Privat hahnen, kostspieliger auch als die süddeutschen »nd manche aus ländische Verwaltungen. Ferner wird von vielen Seite» die Ueber- handnahine des Schreibwerkes im Verkehr der einzelne» Behörden untereinander beklagt. Die Commission hat die Ausgabe, eingehend zu priisen, wie weit diese Klagen begründet sind, sie siebt erst im Beginn ihrer Arbeiten, die voraussichtlich »och längere Zeit in Anspruch nehme» werden. Bestimmte Vorschläge sind »och nickt ausgestellt; das Ministerium hat also noch gar nicht zn solchen Stellung nehmen könne». Die zweite Evminissicn ist aus höheren Beamten zu sammengesetzt und tritt in den nächste» Tagen in Berlin zu sammen; sie wird sich mit der Frage beschäftigen, in welcher Weise der Bildungsgang der höheren Eiscnbahn- bcamten zu regeln sei. Schon zu Anfang des JabrcS hatte der Minister einen entsprechenden Abändcrungü- plan den DireetionSpräsidcntcn zur Begutachtung zu,gesandt; über die jetzt cingetrcsfencn Berichte soll Liese zweite Eom- mission berathcn. — Gegen die Direction der Großen Berliner Pferde- Eisenbahn-Acticn-Gcscllschast richtet sich cinProtest, welcher von einer Gruppenversammlung der im OmnibuS- und Pferdcbabnenbelriebc beschäftigten Arbeiter vorgestern einstimmig gefaßt wurde »nd der bei Gelegenheit auch in der Stadtverordnetenversammlung durch die socialdemokratischen Stadtverordneten vertreten werden soll. Eine Versammlung der Pserdebahnbediensteten re. hat aus gleicher Veranlassung schon vor Kurzem stattgesuntc» Daransbin war seitens der Direction der Großen Berliner Pserde-Eiscnbahn Gesellschaft, wie in der gestrigen Versaminluiig uiitgetheilt wurde, daraus bingewirkt worden, die Angestellten von weiteren Versamm lungen scrnzubaltcn. Die Furcht vor Entlassung — zwei Entlassungen sollen tbatsächlich erfolgt sein — batte dann in der zweiten Versammlung ihre Wirkung nicht verfehlt: die Pferdebahnbediensteten Waren fast gänzlich auSaeblieben Gegen diese Hintertreibung deS Coalition-rrcbte« beschloß die Versammlung einen kräftigen Einspruch. Zur Beförderung der Agitation unter den Arbeitern der VerkehrSgewerbe wird am 12. d. M. der Abg. Bebel in einer öffentlichen Versamm lung sprechen. — Die „Mittbrilungen au» dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus" bringen folgende Erklärung: „Zum jüdischen Neujahrsfeste bot Rudolf Prager im „Börsen- blatt für den deutschen Buchhandel" vom 17. Sevlember d. I. an: „Gratulationskarten mit dem Portrait Bujchoss's I«) Stück 70 baur franco Berlin." Müssen wir diese Art und Weise, mit dem Portrait eines Freigesprochenen öffentlich Geschäfte zu treiben, als durchaus unpassend ablehnen, so verdient es die schärfste Rüge, wenn der „Israelit" noch «ine Annonce über diese Neujahrskarten ausnimmt. Einzelne Juden scheinen eS nicht zu begreifen, daß sie durch ein tact- und würdeloses Benehmen den Antisemitismus geradezu provoctren. Wir haben uns stets gegen jede antisemitische llnterdrückungsmanir gewandt, bewahren uns aber auch das Recht, jüdische Hebelgriffe, wo wir sie entdecken, energisch znrückzuweiien. wie eS ja auch in unserem ersten Ausruf betont worden ist." * Potsdam, 5. October. (Telegramm.) Der Kaiser ist um 8 Uhr 4 Min., von Rominten kommend, hier ein- gctroffen. Aus dem Bahnhose waren die drei ältesten Prinzen anwesend. Bald nach seiner Ankunft fuhr der Kaiser nach dem Marmorpalais, die drei Prinzen folgten in einem zweiten Wagen. * Ptarieiiwerver, 4. October. Für die Reichs tagS- ersatzwahl Stuhe-Maricnwerver wird Herr H. v. Doni- mirSki auf Hintersee (Westpreußen) als Eandidat der Polen ausgestellt. * Pose», 4. October. Der Geistliche MatuszewSki, der bei der Regierung die Erlaubniß zur Ertbeilung des Unter richts in der biblische» Geschichte in polnischer Sprache nachgesucht hatte, erhielt den Bescheid, daß der seinerzeit (aus Grund der Oberpräsidialbestimmungen vom 27. October 1873) von dem Kreiöschulinspector neben dem Religionsunterricht in der polnischen auch in der deutschen Sprache eingesübrle Unterricht um so eher sortbestehen könne, als in den sprachlichen Verhältnissen der Schule eine Aendc- rung nicht eingeireten sei, weSbalb dem Antrag, den biblischen Geschichtsunterricht nur in der polnischen Sprache ertheilcn zu lassen, keine Folge zu geben sei. (I Breslau, 4. October. In der Redaction der social- demokratischen „Volksmacht" wurde nach dem Manuscripl einer Notiz in Nr. 38: „O. welche Lust, Soldat zu sein!", welche Vorgänge auö dem Ncisser Garnisonleben behandelte, erfolglos Haussuchung abgehalten. Der Oberst des be treffenden Regiments hatte Strafantrag gestellt. * Breslau, 4. October. Sämmtlickc schlesische Handels kammern, sowie die Handelskammern von Sorau, Evttbu« und Frankfurt a. d. O. ersuchen um Wiedereinführung der Schnellzüge BreSlau-Berlin; ein Erfolg gilt als wahr scheinlich. * vrannschwctg, 4. October. Der socialist ische Landcsparteitag für Braunschweig und de» Harz, der der Eholeragefahr wegen verboten war, ist jetzt gestattet worden und wird am nächsten Sonntag in Wolfenbüttel slattsindcn.« * Tarmstadt, 4. October. Die evangelische Landesstziiodc nabin deute eine mit Preußen vereinbarte militairkirch- licke Eonventio» an, nach welcher in allen Garnisonen Hessens, mit Ausnahme von Mainz, woselbst die seitherigen Verhältnisse bestehen bleiben, selbstständige Militair Kirchen gemeinden gebildet werden. Die Synode wird zwei Mitglieder mehr erhalten, welche seitens der hessischen Division aus ihrer Mitte ernannt werben. * Karlsruhe, 4. October. Der Großhcrzog nnd die Großherzogin begeben sich Donnerstag zur Tbcilnahme an der Feier der goldenen Hochzeit des GroßberzogS und der Großherzogin von Sachsen-Weimar nach Weimar, woselbst sie bis zum Montag zu verweilen gedenken. * München, 4. October. Das General-ComitS deS bayerischen Laildwirtbschaftlicken Vereins wies, der „F! Z" zufolge, die aus der Tagesordnung der nichtöffent liche» Sitzung sichenden beiden Punctc: Güterzcrtrümmerung und Wahrung der Interessen der deutsche» Landwirthschaf» bei einci» russische» Handelsverträge nach längerer Debatte an die Ausschüsse zurück. * Ans öcm Reichst«»», 3. October. Obgleich die Ministerialvorstände jetzt aus dem Urlaub wieder zurück sind, erfährt man doch noch nichts über die Vorlagen, die den L a » d e S a u S s ch u ß in seiner nächsten Session be schäftigen werden. Vielleicht wird man nunmehr, nach dem die wichtigsten GesctzcSmaterie» nach deutschem Muster geordnet sind, eine Pause eintrcten lassen, damit sich die Bevölkerung erst in den vielen neuen Ge setzen zurcckt finken kann. Aus die VerwaltnnaSreform wird die Regierung voraussichtlich in diesem Jahre nicht wieder znrnckkomnie», nachdem der Landesausschuß sich in der letzte» Session de» Vorschlägen deS UnterstaalSsecrctairS v. Koller gegenüber wenig entgegenkommend gezeigt hat. Mehr Neigung dürfte im Schooße der LanveSvcrtrelung für einen andern Plan bcsteben, nämlich für die Errichtung eines VerwaltungSgerichtShoseS, der seinen Sitz in der Stadt deS OberlantcSgerichtS, Kolmar, erhalten würde, und für die Einrichtung eines eigenen Rechnungshofes. Bisher wird das elsaß lothringische Rechnungswesen vom OberrechnungShofe des deutschen Reiches besorgt,' natürlich gegen entsprechenden Beitrag. E« würden durch diese Errichtungen allerdings Mehr kosten entstehen; allein die Finanzen de« Lande« sind fort gesetzt überaus günstig Auch für das nächste ElatSjabr er- wartet man einen Ucbersckuß von mindestens zwei Millionen Mark, der freilich wobl zum nicht geringen Theil durch die in Aussicht siebenden Höheren Matricularbeiträge in Anspruch genommen werden wird. Ter LandeSauSschuß wird übrigens voraussichtlich erst im Januar zusammentreten und zwar zum ersten Male in dem neuerbauten prachtvollen Gebäude auf dem Kaiserplatz in Straßburg. Oesterreich-Ungar». * Wien, 5. October. (Telegramm.) Der Berliner Eorrespondent der „Pol.Eorresp." bezeichnet die Ansicht, daß die Abberufung des deutschen Militairbevollmächtigten in PeterSburg, Billaumc, eine Verschlechterung der deutsch- russischen Beziehungen bedeute, als unrichtig. VillaunieS Abberufung bänge auch nicht mit der Abberufung deS Grasen Kutusoff zusammen, sondern sei eine längst bescvloffene Sacke gewesen, welche lediglich aus militairische Rücksichten zurück- zusühren sei. Ebenso sei den anti-deutschen Artikeln, da die selbe» nicht von maßgebenden rufsiscken Personen stammten, keine Bedeutung beizulegen. — Der Ausschuß für da« Straf gesetzbuch hat mit 8 gegen 7 Stimmen die Beibehaltung der Todesstrafe beschlossen. Frankreich. * Paris, 4. October. Der Ministerrath trat heute Abend zusammen nnd bcrieth dem Verncbmen nach über die Vorgänge i» Earmaux. Der Minister für öffentliche Arbeiten Vielte soll in der Sitzung erklärt haben, er werte in der Kammer im Falle einer Interpellation über diese Angelegenbeit einen Gesetzentwurf über die Umgestaltung der Gesetzgebung, betreffend die Bergwerke, ankündigen. In der am nächste» Donnerstag stattfindenden Sitzung des MinistcrrathS wird über die Frage entschieden werten, ob die Beisetzung Ernest RenanS im Pantheon statt finden soll. Ter Finanz!»mister wohnte der heutigen Sitzung des Ministerralbs nicht bei. Tie Frage der Petit Bourse kam daher in der heutigen Sitzung nicht zur Sprache. — In der gestrigen Abendsitzung des Processes gegen die Bergleute aus Earmaux vernahm das Zucht- polizeigericht den Maire von Earmaux, Bergarbeiter Ealvigiiac. Derselbe gab eine Darlegung der Enlstebung des AusstandeS und erklärte, er habe sich nach Mög lichkeit bemüht, die Ordnung am 15. August aufrecht zu batten, und kein Bergarbeiter habe daran getackt, dem Director Humblot nach bei» Leben zn trachten. — Die Per handlung wurde dann auf heute Vormittag vertagt. In der keutigen Sitzung verurtheiltc der Gerichtshof to ausständige Bergwerkearbcitcr aus Earmaux wegen Bedrohung des Minentirectors Humbtot mit Gewatttbäligkciten zu Strafen von 8 Tagen bis 1 Monaten Gcsängniß. * Ans Anordnung der französischen Regierung haben, wie die „Köln. Ztg." meldet, die Präsecten allen nicht aus drücklich gestalteten OrdenSniederlassungcn und Schulen, in die die Jesuiten allmälig als Lehrer oder in andern Stellungen znrückgctebrt waren, uiitgetheilt, daß die Gesetze vom Jahre 1880 in ihrer ganzen Strenge angewandt werden würden, und daß man, wie nach der Austreibung, nur drei Mönche i» jeder Niederlassung in dem Amt als Wächter dulden werde. Die Jesuiten baden in Folge dessen bereits ihre beiden Nieder lassungen in Paris, in die allmälig sämmtlicke Patres zurück- gekehrt waren, verlassen. Italien. * Rom, 5. October. (Telegramm.) In der Kirche Santa Maria dell' Anima fand gestern anläßlich des Ge burtstages deS Kaisers von Oesterreich eine feierliche Messe statt. Der Geschäftsträger und die gesammten An gestellten der österreichischen Botschaft, sowie die Eardinälc Rampolla und Hohenlobc wohnte» dem Gottesdienste bei. Ter Papst hat an den Kaiser ein Glückwunschtelegramm abgcsandt. — ES soll eine päpstliche Encyklika bevor- stcben, um, nachdem man in den katholischen Krc-sen Geneigt heit zeigt, an den Wahlen tbeilzunchmcn, den Katholilcn neuerlich das Verbot der Theilnahme an den Wahlen ins Gedächtnis zu rufen. Grotzbritamrien. * London, 5. October. (Telegramm.) Der Congreß der Eisen arbeiter hat gestern durch eine Resolution den Achtstundentag mit 42 gegen 15 Stimme» verworfen und dagegen den Zehnslundcnlag angenommen. * Die britische Ostafrikagesellschaft hat, wie schon kurz gemeldet, der englischen Regierung die Antwort betreffs Uganda übermittelt. Es wird der „Voss. Ztg." darüber folgendes niitgetkeilt: London, 4. October. Lord Rosebery empfing gestern die Antwort der britischen OstasrikageseUjchast. Dieselbe laulet: Nach gehöriger Berachjchlagung und m Anbetracht der Wichtig keit der damit verknüpften nationalen Jnlercffen hak das Direktorium beschlossen, dieVorschiägederRegierungder Königin betreffs der Verschiebung der bevorstehenden Räumung Ugandas in Gemäßheit der vorgeschriebe»«! Bedingungen und Zciisrist anzunehmen. Dahin- gehende Weisungen sind folglich dem Verwalter der Gesellschaft in Mombosa drahtlich gesandt worden, damit dieselben dem gegenwär- tigen Befehlshaber in Uganda, Copitain Williams, übermittell werden können. — Der Entschluß des Direktoriums, die Besetzung des Seenbezirks in der vorgeschlagene» Weise sorlzusctzen, wurde von der Hoffnung eingegeben, daß das provisorische Abkommen Früchte tragen möge, dir der Sache der Humanität und dem und ging mit ärgerlichen Mienen und Schritten daneben aus nnd ab Seine vobe kräftige Gestalt überragte die ringsum sich geschäftig tnminclndeii Kutscher, Diener, Fuhrleute. Da sie! sein Blick auf da« kleine Gefährt und aus die bleichen Züge deS Mädchen«, das in Gedanken versunken dasaß. Es lag ein eigentbümlicher Reiz in dem schwernii'itbigcn Ausdruck des lieben kindlichen Gesichtes. Sie deiucrktc eS nicht, wie sie von dem vornehmen Herrn beobachtet wurde. Sie batte ihr Haupt aus ein Bündel gestützt, in welchem sie einen Tbeil deS Gepäckes barg. DaS Auge des Fremden bastele mit wachsendem Antheil aut ihr: sie »lackte den Eindruck einer Verwaisten, Hilflosen: und wie sie so in Gedanken die Hände faltete, eS war ein rübrende« Bild! Doch schien es nicht gerade Mitgefühl, wa« sich in der Brust des Beschauers regte, seine Blicke batten eiwaS Fragendes, Forschendes, er winkle dem Bedienten und gab ihm einen kurze» Bcscbl. Dieser wandte sich an den Führer deS kleinen GcsäbrteS, der gerade mit dem Hausknecht zusammen die hölzerne Krippe beiseite rückte, au- der da« Pferd sein Futter gerupft Ein kurze« Zwiegespräch. Der Bediente kcbrtr zu seinem Herrn zurück Es ist Teresa Stern eine Schau spielerin, die sich in die Residenz bezieht Der Graf zuckle leise mit den Achseln: er schien in irgend einer Erwartung getäuscht zu sei». Er slica wieder in den Wagen — noch einen Blick ans das Mädchen, da« er trotzdem nicht ganz aus den Augen verlieren wollte .. eine Schauspielerin ist ja keine Blume, dir un Geheimen blüht Die Rosse zogen a» und weit bintcr dem Wagen de« Grasen Fcbreiitdal trabten mühselig die Dorfklepper welch, die jungt Künstlerin der Stadl zufuhrten Dritte- Eapilek. Da« WohnbauS der Familie RiSpori balle zm.i, lcinee schloßäbnlichen Ebarakler, wie dasjenige de- Herrn von Senden : aber e- war immcrbi» in einem schönen parkartigcn Ganci, gelegen, ein ansehnliche« städtisches Haus mit niedreren Stock werken; reckt« neben der Gartenmauer befanden sich dir Wirlb schaft-grbäute.Ltällc unvScheuern.kieetwa«. ,nVerfallgeratbei. waren, e< bröckelte der Kalk ab von den Mauern und durch »ine Lücke derselben hatte man den Einblick in da« Gehcimniß der Ställe und konnte gelegentlich den würdigen mit stalllicken Hörncrn gcschniücktcn Kopf de« die Hecrd« führenden Zugslicr« erblicke», der wie ein indischer Go»t den Wallfahrer» den Genuß seiner Herrlichkeit gönnte: auch die Schasställe batten einige Mauerlücken aufznweisen »nd das Enscinble der blökenden Gemeinschaft klang allzu lebbaft an das Obr der Vorüberwandernden Tie eine Scheuer balle etwas Hinfälliges und wurde durch äußere Stützt", ausrccbt gehalten: die andere zeigte in ihrem Dach- einige unausgkbcsierte Offcnberzigtciicn. »nd der Storch, der sich dadurch nicht abschrcckcn ließ, auf dein First seio Nest zu bauen, konnte, wenn er droben spazieren ging, bis zur Tenne unten derabschauen. Einige schmutzige Kinder, die sich neben den Enten und Gänsen „n WirthschastSdose lumnielten, gehörten nicht de» Knechten der GntSderrsckaft an, sondern eS waren die Kinder deS Inspektors, der offenbar, um die Stimmung des Beschauers nicht zn stören, sie in cinein verwahrlosten Zustande sich bcrumtrctdcn ließ, welcher der Verwabrlosung der ganzen Wirthschast entsprach Da» HauSscdervieb badete sich in einer trüben Lacke in der Mitte deS HoscS nnd die Kinder belustigten sich damit, Steine in das schlammige Wasser zu werfen Das war die Schattenseite de« Gutes Buderodc, die Landwirtbsckaft wurde offenbar als ein wenig einträgliche- Gewerbe behandelt, daS nm Gotte» willen betrieben wurde, weil ein Rittergut dock einmal aus diesen Betrieb angewiesen ist. Alles, Gebäude, Gesinde und Viehstand aschenbrödcltei hier um die Wette. Aus der andern Seite des Garten« befand sich ein Labors- corium, ein stilvoll gebaute«, mit architektonischem Schmuck -eich verzierte- Gebäude mit einer hohen Este Ein sauber beschnittener Heckengang führte au- dem Garten zu seine» fast immer verschlossenen Eingangspforte; au- der Esse abe» strebte eine Rauchsäule gerade aus in den wolkenlosen Himmel Auch der Garten, der da« WobnbauS von allen Seiten um gab, war wohlgepflegt: rin langer TaxuSzang sübrtr durch da« Gittertbor zum Eingang deS Hause«, ring« umgeben von kleinen Meisterstücken der Teppickgärtnerri und geschmückt mit allerlei Bildsäulen italienischer Dichter und Denker, Fürsten und Staatsmänner, nach rem Verbilde de» Prato della vallr m Padua, nnd hinter dem Hause waren Anlagen mit blühenden Ziergebüscken und schattigen Bäumen, mit allerlei Spring brunnen, BoSquctS und Rondel», mehr an Versailles als an Windsor erinnernd. Die RiSpori stammte» auS Italien .. warum der Vater deS jetzigen Besitzers die Heimath verlassen und nach Deutsch land herübcrzczvgen war, blieb ein Gebeimniß; man sagte, er habe flüchten müssen; einige behaupteten, wegen politischer Umtriebe, andere, weil er durch seine Freigeisterei mit de« Kirche in Zwiespalt gcratben war. Jedenfalls hatte er i, Deutschland den protestantischen Glauben angenommen. Auf einer Bank in de» Anlagen saß Enrico mit dem wettcrbrauncn Wirtbsckastsinspector Sckleger zusammen, der sonst ein wortkarger Mann, diesmal sein Herz auSsckütteke. um de», auS Amerika zurückgekchrten Sohn de« Hause» sein ganze« Leid zu klagen. „Sie können « nicht glauben. Herr RiSpori", sagte er. wie die Wirthschast zurückgegangcn ist. Für un- giebt'« kein Betrieb-capital mebr; das verpufft alle« da drüben in der Esse Wir müssen unS immer mit dem Wohlfeiler» und dem schlechten bebelsen. Wo soll eine ante Ernte Her kommen bei so erbärmlicher Aussaat! Wie soll die Schafzucht aufdlüben, wenn keine tüchtigen Böcke angckaust werden, «eia chemischer Dünger kommt in die Felder — und da drüben treiben sie Tag und Nacht eine gebeimnißvolle Chemie, du nicht« einbringt; kein neue« Ackergrrätb wird angeschafft, mit den alten zerbrochenen Pflügen müssen wir den Acker bestellen; und von den Saat- und Dreschmaschinen, di« auf den Rittergütern ihre Schuldigkeit thun, darf bei un» gar nicht die Rede sein, und wa« an den Baulichkeiten zusammenstürzt, da« bleibt in Schutt und Trümmern liegen.' „Ich habe mich selbst davon überzeugt", sagte Enrico „daß e« so nicht sortgeben darf. E« ist ein schöner na« großer Besitz, ^in alte« Erbe, da- wir gut zu verwalten ver pflichtet sind. Haben Sie denn nie meinem Vater eindring liche Vorstellungen gemacht?" „Er kört ja nickt darauf . da ist sein Factotum, mit rem er Tag und Nacht zusammen brütet, der graue Berg geist. wie sie ihn nennen, obsckoa er oft in allen Farben spielt, wenn er da wie rin Salamander au« dem feurigen Ofen berauSkommt. Dieser Basilio Simili« ist sein Orakel weiß Gott, woher ihn der Herr bezogen hat; doch der läßt nichts. aufkommen, was nicht da drüben verarbeitet werden kann. Und dabei gebt Alle- dort so geheim vor sich . . man ersähet niemals, wa« sie da brauen . . der SimiliS schweigt wie ein Todtensckädel." „Da« muß ander« werden, lieber Sckleger", versetzte Enrico , „zwar wird mein Vater auch mich nickt in seine Gc beimniss« einweihen, um so weniger, al« ick ein Fachmann bin und sie durchschauen könnte, doch ich will für einige Zeit aus dem Gute bleiben, ehe ich mir eine Stellung verichaffe oder mir eine Fabrik gründe. Schreiben Sie mir nur zunächst da« Nötbigstc aus, wa- die Wirthschast verlangt, ich werke mir schon Gebör verschaffen! Verlassen Sie sich auf mich " „DaS Nöthiasre? Act, bester Enrico, wo soll ich da den Anfang macken? DaS Nötbigste fehlt überall . . indeß, ick schreibe meinen Wunschzettel voll und lasse Ihnen die Aus wahl. Etwa« wird doch geschehen . . wenn Sie » nur loS- eisrn können . . daS wird Mühe machen." Und der Jnspcctor Schleger griff militairisch grüßend an keine Mütze und schritt sporenklirrend von dannen. Er war seit langer Zeit in Diensten de-HanseS, auch als die Wirtb- schast noch bessere Tage gesehen. So lange Alle« im alter- guten Gleise war, da war er ganz auf seinem Platze. Aber ihm fehlte da« beredte Wort, um Herrn Ri«pori den ganzen Jammer der Wirtbsckast darzustellen, seitdem dieser sich von ihr abgewandl und der Magie ergeben batte; er begnügte sich mit gelegentlichen kurzen Berichten und gab seinen Em pfindungen nur Ausdruck durch Achselzucken und Seufzer. Er batte e« in Bezug aus die letzteren sogar zu einer gewisse» Virtuosität gebracht, deren Leistungen er für seine Begeg nungen mit dem alten Herrn aufspartr; denn im Uebrigen war er rin strenger Machthaber, von keiner weichen Em pfindsamkeit angekränkelt und alle hätten von ihm eber ein Dutzend Kernfluche, al« einen einzigen Seufzer erwartet. (Fortsetzung folgt.)
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