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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.10.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921010013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892101001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892101001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-10
- Monat1892-10
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Ds ß« Hauptexpedttio» »der de» i» Stadt, bezirk ,»d de» Vorort»» errichtete» No«, oabestelle» «tgrtzolt: Rerteliährltch^lSchH «et zweimaliger täglich«, g,ft»N»»> t»« Hau« ^l E. »»rch di. Höft bekamt für Deutschtaud »ud Oesterreich: vierteljährlich -ch 8.— Direct» täglich« Kreuzdandsenduna t»S A»sla»d: mooatlich >.—. Die M°rge»A»«g»b« er,chei»t täglich'/,? Uhr. dt» Lb»d->»Sgab« Wochentag« 5 Uhr. Lrkrti», »,» Er-etzitio«: z»»«,»eSg,sfe 8. Di» Lyedttiou ist Koch«» tag« »»»»terbrvche» geöffuet »m, früh 8 bi» «d»»d» 7 Uhr. FM«!«: vtt» ««»« » «orti». t«lfr»d H«H,X Uuiversitättktrab« I« L««t» Lösche, Kakhariueustr. 1«. pari, »ad K-ut-S-la» 7. Morgen-Ausgabe. mMrIllgMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, tzandels- «nd GeschMverkehr. JasertloaSprei- Die Kgespaltme Petitzeile 20 Psg.' Reclamen unter dem RedactlonSstrich läge» spalte») 50-H, vor de» Familieuuachrichte» (6 geipalten) 40^. Gröbere Schriften laut unserem Preis» verzeichmb. Tadellariicher und Zisiernsatz nach höherem Toris. Eptr«'Beilage» (gefalzt), nur mit de, Morgen-Autgobe. ohne Poslbesörderung SO.—, mit Poslbesörderung 70.—. Aanahmeschluß für Inserate: Ubend-Au-gabe: vormittag« lO Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen ze ein« Halde Stuude früher. Auserat« sind stet« an di. Ertzetzitia» «u richte». Druck »nd Verlag von E. Pol» in Leipzig. 5l8. Montag den 10. Oktober 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Lekarmtmachung. Mit Zustimmung der Herren Stadtverordnete» haben wir b,. schlossen, nach Maßgabe de« Plane« T. V. 5630 k. X. 5826 die Fluchtlinien der Bartenstraß« in Leipzig-Anger-Crottendorf aus deren Slurdehnuug von dem Areal» der Eilenburger Bah» di« zur Kreuzung mit der Sarlstraß, und d«r Strasi. OO in einem Abstande von 23 Metern festzuftellen. Dieser Plan liegt bei unserer Tiefbau Verwaltung (RathhauS II. Stock Zimmer Nr. 23) vier Wochen, vom Bblausr des Tage« »ach der Ausgabe der die erst« Einrückung dieser Bekanntmachung enthaltende» Amtsblätter an gerechnet, zu Jedermanns Einsicht au«. Widersprüche gegen den Plan sind innerhalb dieser Frist bei deren Berlust schriftlich, »,ter genauer Ansatz« »er Wohn««» »er Beschwerdeführer, bei uuS anzubriagen. Leipzig, de» 5. October 1882. ^ 1«90. Der »oth »er Stadt Letpria. vr. Beorgi, vr. Redlich. Bekanntmachung. vorzuoehmender Reia>gu»gsarbeilen halber bleibt die Geschäft«, stell, de« Aichamte« «oota», »e» IS. Oktober, für de» Verkehr geschlossen. Leipzig, am «. Ottobrr 1882. Der Math »er Stadt Leipzig. > e o r g t. Freyberg. Aufforderung. Am 30. September ». o., Abend« in der 10. Stunde, ist die Berkänserin in der an der Eck« des Theater- und Fleiicherplatzrs ausgestellten Trinkhalle beim verschließen der aus der Hinterieite angebrachten Thür« von zwei hier tu Hast befindlichen Manns- Personen plötzlich «»gepackt. zu Boden gedrückt und schließlich von der «inen Mannsperson ihrer Geldtasche, welche sie in der einen Hand getragen hat, beraubt worden. Al« sie wieder emporgekominen und e« thr gelungen, sich wieder in den Besitz der Tasche zu setzen, ist st«, von dem Räuber bedrohlich verfolgt, aus deu Bürgersteig geeilt, wo sie vorübergehend. Leut, gesunden. welche, nachdem sie von dem Vorfälle Kenntnis erlangt, sofort zur Verfolgung der beide» Mannspersonen verschrttt»» sind. Unter de» Verfolger» hat sich auch ei» älterer Herr befunden, welcher nicht »h«r geruht, al« bi» bi» brMrn Mannspersonen ding- fest gemacht grwrsep sind, und schließlich auch die Verkäuferin bl« an dt« Polizeiwache aus dem Naschmarki geleitet hat. 'ch ersuch« oua dieseu Herrn, sich baldmöglichst im hiesigen aericht-gebäud«, Zimmer 1SL, za seiner Vernehmung al« Zeug« rinzustade». Leu»»,»eicht Leip»t«. de» 7. October 1892. Tobta», Uuters^R. Lekanntmachunß. Di« für bi« bevorstehenden Grmetndewahlen ausgestellte Wahl liste wird von Montag, 3. October d. I., ab zehn Tag« laug in der Vorhalle der Sh»agoge zur Einsicht für di« Gemetude- mttalteder anlliegen. Innerhalb derselben Frist kann gegen die Aufnahme oder Weg laffung eine« Namen» schriftlicher Emspruch bet dem Unterzeichneten Vorstände erhoben werden. Gemäß 1 54 der revidirtr» Gemeiudo-Orduuug «rache» wir vor stehende« hierdurch bekannt. Leipzig, den SO. September 1892. Der Vorstau» »er LsraetttischruArligtanSaeineintze „Lettzrtg. OsNsvtliods üanäsklstu'LnÄalt. ^nmatäong«» »um Lintritta in äw vatzrllaguadttzollnng reorckou vtonataa, cko» 11. »»4 Rlttreoed, äe» 12. Oktober ro» 11—12 vtzr 7«r»lttug» ouizxsgoogsuowmou. ä»k»»b»»prÜk»»Lr vonaaratug, äoo IS. Ootodor, krdd 7 vbr. V»rl VmlOrmmi. Virvotor Politische Tage-schan. * Leipzig, S. October. Da« preußische Staatsministerium hat sich, wie schon telegraphisch gemeldet worde« ist, i« ein -r gestern ab» gehaltenen Sitzung mit der ihm vom Reichskanzler „zur Kenntnißnahme" überreichten Militairvorlage beschäftigt und damit bewiesen, daß eS jenem MißverstLndniß fern steht da- in der Form dieser Ueberreichung einen versuch zu, „Vergewaltigung" erblickte. Ueber da« Resultat dieser Be< rathung liest noch keine Nachricht vor, doch ist wobl anzu< nehmen, daß in seiner einzigen Sitzung dir wichtige und jedenfalls umfangreiche Vorlage noch nicht bewältigt werden konnte, obgleich ,hre Grundzüge de« Mitgliedern längst be kannt und von ihnen gebilligt worden waren. Jedenfalls aber wird di« preußische Brrathuag nickt längere Zeit in Anspruch nehmen, al« die in den anderen vundrSstaaten und ebenso wie in diesen mit der Billigung der Gvunvbestimmungen de- Antrag« enden, so daß der Bundesrtaih schon in der nächsten Zeit au die Beratbung herankretrn) kann. Hoffentlich werden bau» auch der wesentlichste Inhalt) der Vorlage und ihre Hauptmotive veröffentlicht, so daß die uncoutrolirbaren Gerüchte verstummen, die zum Nachthgil« der geplante« Reform verbreitet sind. > Bei den durch die neue Militairvorlage, ihre Bewilligung im Reichstag vorausgesetzt, verursachten ID osten muß e« al« vollkommen selbstverständlich betrachtet werden, daß die Deckung durch Bermrhruog der eigienen Einnahmen deS Reich« vorgenommen, nicht etwa, durch Matricular- beiträge den BuodeSstaaten zugeschoben wird, welche, ins- besondere Preußen, in ihrer gegenwärtitzen finanziellen Lage zur Erfüllung dieser Leistung keinesweg s im Stande wären Die Gegenstände, welche bei einer ver mehruag der Reichs einnahmen in Betracht kommen könn en, sind nabeliegcnd und wenig zahlreich. ES sind v, irzugSwrisr Tabak, Bier, Branntwein vnd gewisse Gtemvrlabgaben ES wird wohl, wenn man nicht eine.» einzelnen Erwerb« rweig gar zu sehr mit Steuern bedrüösen will, nicht» übrig bleiben, als die Last auf dir verschiedenen in Betracht kom menden Gegenständ« zu vrrtheilen Dne« liegt auch offenbar im Plan der Regierung. ES finde» hinsichtlich aller der genannten Steuer - Gegenstände Erheebungen und gesetz geberisch« Vorbereitungen statt, di« lüisher zu feststehenden Ergebmffe» nicht geführt haben / und jedenfalls auch wartigen, daß die Jungrzechen nur die gelehrigen Schüler dcr Allczecken sind und daß sie heule genau das Gleiche tbun, was ihre politischen Lehrmeister vor zwei Jahrzehnten gethan haben. Dieser Satz ist der Schlüssel zum Bersländniß der ganzen jungcrechischen Bewegung. Der giebt sich nämlich einer großen Täuschung bin. der sich den Geist des czechischen Volke« als erfüllt von Mäßigung und Versöhnung vorstellt. Wenn wirklich jemals dieses Volk eine Taubcnnalur aus» zeichnete, so haben sich die Allczechen genug Mühe gegeben, um den Geist der Versöhnung in starren Trotz zu verwan deln. Und mit Erfolg! Sic haben die Atmosphäre für die Jungczechc» präparirt, sie haben daS Volk bis in seine Tiefen aufge wühlt, sie baden eö zum heiligste» Widerstande entflammt. Dir Alrczechcn sind die ehelichen Väler der jung- czechlschcn Bewegung und was heute deren Um und Auf bildet: die brutale EinschüchtcrungSmethodc dcr staat lichen Autorität, das haben die Altczechcn schon in den «>Ucr Jahren versucht. Da kamen die berüchtigten kaiserlichen Rescripte aus weichem Papier, die Moskau-Pilgerfahrt Ricger's, die Aufforderung zur Steuervcrwcigerung. di« HochverratbSprocesse, von den Angcschuldiglen bcrbcigewiinscht, nm sich vor der ganzen Nation die Strahlenkronc deS Martv- riums umS Haupt zu flechten — lauterMittelchcn anS derNiegcr'- schen Hausapolbeke, deren heutiger Besitzer llr. Ed. Grcgr ist. Außer den angesübrtcn Gründen: dcr Adoplirung dcr alt- czechischen Lchrmclbvde und der Versündigung dieser Partei am czechischcn VolkSgciste, hat noch vornehmlich ein Umstand die jungczcchischen Erfolge gezeitigt; wir meinen die Art ihrer Agitation. Darin find sie wahre Meister. In Oesterreich giebt eS zur Zeit überhaupt nur zwei Parteien, die sich ans die Agitation verstcben, die Antisemiten und die Jungczcchen. Man hat oft diese Bergparteien den großen politischen Parteien als Muster agitatorischen Wirkens vorgcMrt. Wir glauben aber mit Unrecht. So scrupelloS in der Wahl ihrer Mittel wie die Jnngcrechen kann eine ernste, ihrer Verantwortung sich bewußte Partei nicht sein. Sie genirtcn sich, um nur ein Beispiel anzuführen, bei den Wablen nicht, dem Volke »u erzählen, baß sie das böhmische Staatörccht erreichen wurden, worauf dann die Sleucrleistnng beinahe aufhörcn würde. Um gegen den Großgrundbesitz festen Fuß zu fassen, versprachen sie dahin zu wirken, daß Niemand mehr »iS 1000 Metzen sein Eigen nennen solle. Man hat sich oft in Oesterreich den Kops darüber zerbrochen, wieso eS komme, daß eine radikale Bewegung, wie eS doch die jungczrchische ist, gerade in den, mehr einer conservativen Auffassung zuneigenden bäuerlichen Bezirken, so festen Boden fassen konnte, während beispielsweise eine andere radikale Bewegung, die sozialistische, in Deutschland nur mit großer Mühe auf dem stachen Lande Verbreitung findet. Die Art dcr jnnaczechischen Agitation, diese« rücksichtslose, unermüd liche Wühlen, die Vorspiegelung materiellen Wohlstandes sind der hauplsächlichste CrklarungSgrund für diese auffallende Erscheinung. In Betreff der Lage in Ungarn ist heute zu melden, daß nun auch dcr „Pestcr Lloyd" die Gerüchte über eine CabinetSkrisiS demenlirt. Man sei einig in der Forderung, die Staatshoheit gegen den KlcruS zu wahren. In Kürze werde die Regierung Gesetze über die Matrikel -Bcrstaat lichung, die Judeosrage, die Religionsfreiheit und ein Ehe> gesetz einbringen. Nur daS Magnatenbaus könne gefährlich werden. Von anderer Seile wird die innere politische Lage fortwährend als gespannt bezeichnet, doch gewinne eS den Anschein, daß die bestehenden Gegensätze im Ministerium vielleicht doch ausgeglichen werden dürften. erst in einem vorgerückteren Stadium der ReichötaaS- cssion zu GcsetzeSvorlagen führen werden Die „Nal.-Ab. Lvrresp." glaubt gut unterrichtet zu sein, wenn sie annimmt, daß überall nur Veränderungen der Steuersätze, ohne Umwälzung der Grundlagen der bestehenden Besteuerung, beabsichtigt sind. Insbesondere dürfte dies bei den Ver brauchssteuern zutreffen. So dürfte beim Tabak nicht eine umwälzende Aenderung des ganzen Steuersystems, sondern nur eine Erhöhung deS Zolls und eine entsprechende Erhöhung der Steuer in Frage kommen; über die neuen Sätze, welche vorgeschlagen werden sollen, Angaben zu machen, ist heute noch verfrüht. Eine Abänderung der Branntweindesteuerung dürste in einer Minderung de- den bevorzugten Brennereien gewährten StruernachlasseS, etwa von 20 auf l5.ck, geplant ein. Auch eine etwaige Erhöhung dcr Brausteuer dürste ich in mäßigen Grenzen ballen und da« Rescrvatrecht der üddeutschen Staaten in keiner Weise antasten. Wenn dcr lieickstag mit der Regierung zu einer Verständigung über daS Militairgesey kommt, wird er auch die Pflicht anerkennen müssen, eine genügende Vermehrung der Reichseinnahmen zu bewilligen. Bis jetzt liegt daS parlamentarische Schicksal der Militairvorlage noch völlig im Dunkeln. Ganz unbe rechenbar ist die Haltung des CentrumS. Obgleich die Blatter dieser Partei erst jüngst wieder versichert haben, sic werde die Vorlage streng sachlich prüfen, wirft jetzt die „Germania" die Frage auf: „Wird Graf Caprivi Kanzler bleiben?" und erklärt: Enthält die Militairvorlage wirklich die zwei Forderungen einer Erhöhung der Präsenz um 80000 Monn und einer Erhöhung der jährlichen Geldopfer um 60—70 Millionen Mark, dann fällt ie sicher, mag sie im Uebrigen enthalten was sie will. Hat also Gras Caprivi Lce Absicht, mit der Vorlage zu stehen und zu fallen, dann wäre also sein Sturz sicher, wenn die Vorlage den bisher mitgetheilten Inhalt hat und nicht im BundeSrath wesentlich ge- mildert wird. Er klingt wenig günstig für das Schicksal dcr Vorlage, Wenn das leitende CentrumSblatt bereit« so bestimmte Stellung nimmt. Indessen, da« Centrum wird wohl noch mit sich reden lassen — vorausgesetzt, daß eS nicht selbst bei der Militairvorlage in di« Brüche geht. Trotz der vielgerühmten Einigkeit im ultramontanen Lager gehen in diesem sehr selt same Dinge vor sich, besonder- inDayerfi, wo daSCeatrum unter den strengen Katholiken mehr Gegner hat, als ander wärts im Reiche und wo das „Bayerische Vaterland" de» vr. Sigl der Parteileitung gar oft die schwersten Ver legenheiten bereitet. Und dieser selbe vr. Sigl ist jetzt, wie bereits gemeldet worden, im Krlheimcr Wahlkreise als selbst ständiger ReichStagScandidat gegen den officiellcn CentrumS- candidaten, den Bierbrauer Rauchenecker, ausgestellt. Es wäre für die „Semmelschmarrn - Partei", wie vr. Sigl da« Centrum zu nennen Pflegt, eine schwere Schlappe, wenn ihr diese festeste Burg des UltramontaniSmuS entrissen würde und deren Mandat an den „bayerischen ThersileS" überginge. Aber auch wenn vr. Sigl bei der Wahl selbst unterliegt, so wird er doch während de« WahlfrldzugS dem Centrum viel zu schaffen machen, mit der ihm eigenen ungcmesscncn Rück sichtslosigkeit alle Schwächen und Blößen deS „Patrioten thum»" aufdecken und ihm bei dem Landvolke eine moralische Schädigung zufügen, die schwerer in- Gcwickt fallen wird, al- Besitz oder Berlust eine- halben Dutzend« Mandate. In Bayern macht man sich denn auch bereit- aus eine „Hey" von ganz ungewöhnlicher Art gefaßt, wie folgende, uns au« München zugehenbe Zuschrift beweist: „Wie «in Hohn des Schicksals hörte ich die Kund« an, daß ein Theil der bäuerlichen Bevölkerung des Wahlkreises Kelheim (Niedcr- boyera) den Redakteur des „Bayer-Vaterlande-", vr. Stgl, zum Reichstags.Landidaten nominirt hat. Der Preußenfresser Sigl unter de» Preußen ln Berlin!!! Ursprünglich ließen sich die Wähler diese« Kreise« von der Leitung der Len«rum«part,j einen derselben genehmen Candidaten ausoctroiren: allein als dieser in seiner Eigenschaft als Reservelientenant gegen die zweijährige Militair- dtenstzeit sich aussprach, da war« um ib» geschehen und von einem LoMtiö mit bO Unterschriften („Unterschriften in Niederdayern 0 wurde vr. Sigl zum „Caesar" auSgerusen. Sigl in Berlin — die ve- schlußunsähiakeit des Reichetage- hätte ein End« und der Präsident würde tagtäglich ein volle« Hau« sehen. Es wird wohl nicht so weit kommen, denn das Centrum sührt an 7000 Stimmen gegen Sigl inS Feld, vor denen ein Umfallen selbst angesichts ver Povu- laritätde« ,,Batcrland".Bramarba» kaum zu erwarten ist. Tie allge- mein« Urberraschuiig über die Candtdatur Sigl theilte De. Sigl selbst und nur zögernd, immer noch einen Reinsell fürchtend, nahm er von dem Ausruf zu seiner Wahl au« einem.niederbayeriichem Blatte Notiz und fügte in Vorahnung der kommenden Dinge elegisch bei: „Man kann nunmehr in Len nächsten Togen aus ein ausgiebiges Habrrfeldtreiben gegen vr. Sigl gesaßl sein". Natürlich hat da« Club- organ des CentrumS sofort die Ordre cootra Stal ausgegeben, abcr andcre kalholisch^onjervativ« Blätter, welch« die Bockiprünge de» CentrumS nicht mitmachen wollen, sonst aber ultramontan sind, proclamiren den Preußensresier al- genehmen Caudidate» und schneidigen Volks- mann, der „nicht nach der Pfeif« der adeligen Junker de« Centrum« tanzt, sondern die Wahrheit frei und osten herausiagt". Und vom Candidaten Rauchenecker wird gesagt: „Einen Mensche», dem der Officier höher steht al« der Bauer und Bürger, wühlt heutzutage kein vernünftiger Bayer!" Andere katholisch« Blätter rüssein den Tentrum-candtdoten, weil er gegen die Windthorst'schen Sieso- lutiouen verstoßen habe. — kurz, e« geht drunter und drüber und die Aufstachelung der nirderbayeriichen volksuiasten kann die üppigsten Frücht« zeitigeu. vr. Sigl ist übrigen« keineswegs gewillt, sich ohne Gegenwehr schlagen zu lassen; er will deu Wol>l- krei« „bearbeite»". Dt« Art seiaer Arbeit ist j« tm ganzeu Reiche bekannt." Durch da- herausfordernd« Auftreten de» jung czechischrn Abgeordneten Eym, in dem österreichischen DeleaationSauSschuß, ist die öffentliche Aufmerksamkeit wieder in erhöhtem Maß« auf die Junge zechen gelenkt worden. Man kann nicht ander« sagen, als daß diese unstreitig zu den intrreffantrsten politischen Parteien Oesterreich« geboren. Ihre letzten großen Wahlsiege bei der Erneuerung de- böhmischen Landtage« und de« RcichSratheS waren geradezu ^ „ , etwa« im parlamentarischen Leben de« Donaustaale» noch ihnen „freie Arbeiter" für Kamerun überlassen "habe. Der nicht Erlebte«. Die Jungczechen warfen mit einem Ruck die „Soleil" läßt sich gar au« Bordeaux folgende Geschichte Allczechen au« dem Sattel und scklugen sie so aufs Haupt, daß noch heute alle politischen Wiederbelebungsversuche er folglos sind. Man bat oft nach der Wünschelrulhe dieser Erfolge gesucht. Allein für den Beobachter der politischen Verhältnisse bieten die jungczechischen Siege nicht« Räibsel- hafte«. Um sie zu verstehen, muß man sich eben vrrgegen- Da« Cabinet Loubet scheint keinen Ausweg aus der schlimmen Lage, in welche e« sich wegen seine« absoluten Mangels an Bersländniß und Energie iu Betreff dcr Vor gänge in Carmaux gebracht hat, zu finden. Die gemäßigten republikanischen Blätter in Paris verlangen übereinstimmend den Rücktritt deS Ministeriums wegen der Vorgänge in Carmaux, wo völlige Anarchie herrscht. Ein Ministerwechsel wird allgemein al« unvermeidlich an gesehen. Man glaubt in Pari-, daß Angesicht« dcr zunehmenden socialistischen Umtriebe ein Ministerium Constan« oerufen werden wird. Die jüngsten militairischeu Operationen der Franzosen in Dahome haben nach den darüber vor- iiegenden, allerdings noch sehr lückenhaften telegraphischen Nachrichten einen Sieg für die französischen Waffen ergeben. DaS ExpeditionScorpS de« Oberst Dodd'S hatte am 2. October den Uebergang über den Fluß Ncme vollzogen Entgegen den Erwartungen, die man auf Grund früherer Kniidschaftung hegen mußte, machten die Dahomeer diesen Uebergang nicht streitig, sondern sie conccntrirten sich etwa ichn Kilometer vom Ueme entsernt in einer befestigten, unter Andern! auch durch Artillerie vertbcidigten Stellung. Un weit davon hat denn auch der blutige Zusammenstoß statt gefunden. König Brhanzm, der selbst befehligte, verfügte Über 10 000 Mann. D«e Dahomeer fochten mit großer Tapferkeit, besonders die Amazonen. Nach dreistündigem Kampfe gab Behanzin den Befehl zum Rückzug. Unter den neun grtödteten Franzosen befinden sich «in Capitain und ein Lieutenant, unter den 32 Verwundeten dcr Direktor der Artillerie und zwei Lieutenant«. Der Rück zug der Dahomeer war ungeordnet; sie verloren 200 Mann Dir französische Colonne marschirt jetzt gegen die Hauptstadt Abomc. Die Truppe Dodd'S besteht au« 230 europäischen Fußsoldaten, K—700 Mann Senegalesen, 200 SpahiS und 3—400 Artilleristen. Die Artillerie feine« Corps umfaßt 24 GrbirgSaeschützr verschiedenen Caliver« und 9 Hotcbkiß- kanonen. Daß dir Deutschen in Dahome die Hände im Spiel haben, gilt den Franzosen al« sicher. Sie behaupten, daß die deutschen Händler von Weidah dem König« Behanzin dir Artillerie geliefert haben, wogegen dieser melden: läßt sich gar au« Bordeaux folgende Geschichte ^Zwei wohlgekleidete Männer^ knüpften in verflossener Nacht mit zwei Untrrosficierrn au« Senegal, die im Begrif sieben, nach Dahome zu gehen, Bekanntschaft an, und schlugen ihnen vor, gegen Zahlung einer Summe von IO OÜV Fr. in der Armee Behanzin^ Dienste zu nehmen. Dir beiden llntrrofficier« setzten hiervon den Polizricvmmiflar in Kenntniß, welcher seinerseil- sofort die Gerichisbc! de von diesem Werbungsversuch benachrichtigte. Man b»U c >e Werber für deutsche Officiere, eS wird ihnen eifrig »ach- gestellt." Diese Untcrofsiciere scheinen im Flunkern Be deutende- zu leisten. Ta« englische Cabinet gedenkt seine Beratungen über die Ausstellung de« Programm« für die nächste Tagung des Parla ment« zu eröffnen und am >0. November wird Lord Salisbury dem Festmahle des unionistischen Ver eins der Nonconsormisten beiwohnen und eine große Rede halten. Die Ruhepause im politischen Leben Englands findet damit ihr Ende, der Kampf um die Durchführung de« großen i ZlaneS, Irland Homerulc zu geben, beginnt. John Morley at mit größtem Eifer dem Werke Gladstonc'S aus der irischen Insel selbst vorgcarbeitct, er hat da, wo seine Machtsülle nicht auSreichtc, selbstständig einzugrrisen, die Lösung schwie riger Fragen angebahnt. Die conservativen Blätter werfen dem neuen irischen Regiment freilich vor, daß dcr Vorschlag Morley'-, einen Ausschuß einzusctzcn, welcher in Sachen der auügcwieseucii irischen Pächter beraten und beschließe» foll, ei» Notbehelf schwächlichster Art sei. Die liberalen Unionisten sind dcr irischen Pächtcrfrage bisher nicht näher getreten; sie führen den Kamps gegen Homerule vom Standpuncte dcr Reichseinheit. Die Dubliner HandelS- ammer, deren Vollzug«rath zum größten Theil au« Unio- »isten besteht, beabsichtigte, dem neuen Vicckönig von Irland eine BcgrüßungSadrcssc zu überreichen, in welcher die Auf- rechlhallung dcr legislativen Union zwischen Irland und Großbritannien als wesentlich für das Gedeihen der Industrie »nd de« Handels Irlands betont wird. Lord Houghton lehnte eS ab, die Adresse iu dieser Fassung anzu- nchmen. Deutsches Reich. OI Berlin, 9. October. Der Riß in der „Freien Volksbühne" erweitert sich immer mehr und c« muß nächsten« zum definitiven Krach kommen. Der Eassircr Türk hat ohne Wissen und Zustimmung dcr übrigen Vorstands Mitglieder, die in der vorigen Generalversammlung beschlösse- außerordentliche Generalversammlung auf den t2 d nach dem ConeerthanS San«s»»i«i eiuberuseii und da« dazu gemietet, säst gleichzeitig aber ist ihm rin Schreiben de- Vorsitzenden der „Freien Volksbühne", vr. Wille, zu- gcgangen, worauf ihn dieser von seiner Pflicht, die Ver sammlungen anzuzeigen und anzumclden, so lange ent bindet, dis er — Türk — wieder an den Vorstands sitzungen Theil nehmen werde. Alle- die- und die Be sorgung de« Local« werde er, Wille, selbst ausführen. Tie Fractioncllcn werden sicher die von Türk aunoncirte Versammlung besuchen; erscheint dort Wille mit seinen Getreuen nicht, dann fliegen die Unabhängigen hinaus und Türk wird Vorsitzender. Gehen aber Wille und der Schrift führer Kampfmeyer in die Versammlung, dann haben sie sich bereit- factisch der Türk'schen Disposition und Machtanmaßung gefügt. Es sollte un« nicht Wundern, wenn in der beregten Versammlung Ochsenziemer und Gummischläuche eine eben solche Rolle spiellen, wie in den jüngsten Communalwähler- versammlungcn. — Die socialdemokratische Partei- cassc erzielte im verflossenen Monat eine Gcsammteinnabme von ca. 7300 ES figuriren unter dieser Einnahme „Der Mann im Mond" mit 750 und „Weither" mit 3000 Außerdem sandten größere Beträge: M. Z. 300 Arbeiter dcr Hamburger Tabakarbeitcr-Genossenschaft lOO Baut- Wilhelmtchasrn 300 München, Greiz und Worms je 100 A. B 150 und die Berliner Wahlkreise 2000 ^ Für Maifestzeichen gingen ein 32 l --6, sür die Kinder deS verstorbenen Abgeordneten Reimer 86 ^k, für die Kinder de« verhafteten Schriftstellers Päu» 94 -6, sür KurowSki'S Kinder io und siir Fritsche'S Kinder >6 Der Cassircr Bebel erklärt die Sammlungen für die Kinder sür geschlossen und bittet gleichzeittg, solche Spccialsamm- lungen künftig zu unterlassen; eintretcnde Bedürfnisse würden au« den allgemeinen Mitteln dcr Partei befriedigt werten. An Geld fehlt es der Parteicafle freilich nicht, Herr Bebel ist aber nur deshalb von diesen Specialsammlnngeu so wenig erbaut, weil sie sehr wenig eingcbrackt haben. — Alle« soll in der Sociajdemokratie ccntralifirt und in eine Zwangsjacke gesteckt werden. Der Berliner Arbeiter-Sängerbund hat eine Delegirten-Conferenz sämmtlicher Arbeiter- Sängerbunde Deutschland« einberuse», die Weih nachten hier abgehaltrn werde» soll. Dem Berliner Arbeiter- Sängerbünde gehören die meisten Arbeiter-Vereine <175 mit 4500 Mitgliedern) an. Mebrere Vereine, deren Mitglieder ebenfalls Socialdcmokraten sind, habe» sich dem Bunde nicht angeschlofsen, um ihr SclbstbestimmungSrecht zu wahren. Aus der Conscrenz soll berathen werde», welche Mittel anzuwcntcn sind, um alle Arbeiter-Gesangvereine Deutschlands mit Haut und Haaren dcr Socialdemokratie zu überliefern. Der Vor schlag gehl dabin, ein Liederbuch ycrzustellcn, das in allen Vereinen ausschließlich und obligatorisch eingesübrt werden muß Die ausziinehmendcn Lieder müssen vom Ausschuß resp. der Dirigenttn-Commission grprüst werden. Die Noten dcr Vereinigung sollen am Kopse die Ucberschrift „Vereinigung der Arbeiter-Sängerbund« Deutschlands" führen. — Ein Aussatz der Harden'schen „Zukunft" über da« Thema „Fürst Bismarck und die Militair-Vorlage" gewinnt dadurch an Bedeutung, daß ihn die „Hamburger Nachrichten" ohne weitere Bemerkungen abdrucken. Wir ent nehmen ihm folgende Stellen: „Fürst Vi-marck hat nie «ln Hehl daraus gemacht, baß er für den Militairetot etwa frei werdende Geldmittel nicht zu einer Ver mehrung der numerischen Stärke verwendet hätte, sondern zur Lon- solidirtzng de« Vorhandenen, insbesondere zur Beschaffung der ge nügenden Anzahl von Officieren und Unierotficieren, sowie von Ge schützen und Bespannung, an denen es »amenllich hier und da manqelt. Tee Beriuch, die Dienstzeit abzukürzen und den drillen Jahrgang nur noch al« eine Art von Strafkolonie gellen zu lassen, hätte in ihm stet« einen entschiedenen Gegner gesunden. Zwei Jahre lang hat die jetzige Regierung die Militairvorlage zurückgedalien, weil sie in weiser Selbsterkenntnis; sich nicht die Kraft und den Einfluß »»traute, die Berwirklichnng der fogenannteu Scharnhorst'« scheu Gedanken durchzuietzen, von denen General Berdü »inia« vor eilig »»«geplaudert hatte, vielleicht sollt« da« volksfchutgeietz und dt« neu« Weudnng der Polrupoltttk ihnen dt» weg« ebnen. Aber
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