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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.10.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921012020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892101202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892101202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
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Tabellarljcher und Zifsernsatz »ach höherem Tarif. Artra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-An-gabe, odne Posibeiörderung Lp.—, mit Poslbejvrderung ./L 70.—. Ännahmelchluß für Inserate: Abead-Au-gabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Sonn, und Festtags früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annalmieslellen >e ela» halbe Stunde früher. Laserat« sind stet» an die Expedition zu richten. Druck and Verlag von E. Polz in Leipzig. 52Z. Mittwoch den 12. Oktober 1892. 8«. Jahrgang politische Tagesschau. * Lripzlg. 12. Oktober. Daß der Reichskanzler die neue Militairvorlage nicht veröffentlichen mag, bevor sie im BundeSratbe durchoerathen ist, ist natürlich. Auch wenn vor der Fertigstellung der Vorlage alle Bundesregierungen mit den Grundrügcn sich einverstanden erklärt haben, kann über die Einzelheiten im BundeSrathe noch manche Meinungsverschiedenheit entstehen, die zu Abänderungen führt. Und cS wäre der Brrathung im Reichstage nickt förderlich, wenn man ihm eine Vorlage zugehen lassen müßte, die von der früher veröffentlichten in dem einen oder dem andrren Punkte abwiche. Aber wenn nun einmal Stillschweigen bewahrt werden soll, so be wahre man e« auch ordentlich und verschone die durch allerlei CurSschwankungen bereits genugsam ver wirrte Welt mit halben und zusammenbanaslosen osficiösen Andeutungen, die nur die Wikbegier und Reugier steigern, dir Verwirrung vergrößern, das Vertraue» aus die zur Be wahrung de- Geheimnisses verpflichteten Wissenden wahrlich nicht vergrößern und die bodenlose Zerfahrenheit unseres Parteiwesen- noch bodenloser macken. Wenn irgend etwas geeignet ist, den „BennruhigungSbacilluS" zu züchten, so sind eS diese osficiösen Brocken und Happen, die den gesündesten politischen Magen verderben, den tranken vollends rui- niren und den üppigsten Nährboden für jenes mikro skopische Ungeziefer bilden, da- trotz seiner Kleinheit von keinem Reichskanzler fortgelacht und fortgespottel werden kann. Tausendmal politischer wäre eS, wen» man von berufener Seite die Osficiösen mit der zeitgemäßen Beantwortung der Frage betrauen wollte, warum ina» sich entschlossen hat, zuerst ein Loch in die Re ich« - finanzen zu reißen und dann erst für einen Flicken auf diese« Loch zu sorgen, statt eS umgekehrt nach guter HauSväterart zu machen. Es wäre ja, nachdem der Herr Reichskanzler einmal zu erkennen gegeben hat, er halte e« nicht für nöthig, sich die Frage vorzulegen, mit Welchen Parteien er ein wichtiges Gesetz zu Stande bringen könne, so ganz unmöglich nicht, daß er auch wegen der Bedeckung der mit der Militairvorlage verbundenen jähr lichen und einmaligen Kosten sich keine Kopfschmerzen machie. Gerade deshalb aber wäre eS erst recht am Platze, die bis in hochconservative Kreise hinein wegen des GeldpunctcS beun ruhigten Steuerzahler darüber auszuklären, warum man den Reichstag nicht zuerst fragt, ob er evcnt. so und so viel Mil lionen aus dem Tabakrauch mehr verdichten, aus dem Bierkrug mehr herausdrückcn oder der Börse mehr auSquetschen kann und mag, ehe man ihm mit neuen Forderungen zu mili- tairischen Zwecken auf den Beutel rückt. Bevor man weiß, ob man Geld für einen gewissen Zweck auSgeben kann, muß man sich klar darüber sein, ob man überhaupt Geld auszugeben hat. Nun kann man ja allerdings sagen: das Reich hat immer Geld, so lange die Einzelstaaten Welches haben, und stimmen diese im BundeSrathe für eine neue Militairvorlage, ohne der Bewilligung neuer Rcichs- einnahmcn sicher zu sein, so verpflichten sie sich, durch erhöhte Matricularbeiträge vor den Riß zu treten. Aber eine solche Erklärung ist nur eine Ausflucht, ein Spiel mit Worten. Die Einzelstaaten, die sammt und sonders alle Ursache haben, eine Erhöhung der Matricularbeiträge nicht zu wünschen, lassen sich eine solche nur unter der Voraussetzung gefallen, daß der Reichstag mit dem BundeSrathe sich schleunigst über neue Reichseinnahmen einigt. Wenn also demnächst dem Reichstage zugemuthet wird, ein kostspielige- Militairgesetz zn sanctwniren, bevor er über die Beschaffung der Mittel im Klaren ist, so liegt die Vermuthung mindestens nahe, er solle sich durch diese Sanctionirung selbst in die Zwangslage setzen, entweder dem Reiche neue Stcuerqucllen um jeden Preis zu eröffnen oder den Fluch der durch erhöhte Matricular beiträge gequälten einzeistaatlichen Steuerzahler auf sich zu laden. In eine solche Zwangslage sich versetzen zu lassen, kann der Reichstag, der in der letzten Zeit schon wiederholt FtiiiHeton. Dämmerungen. Roman in drei Büchern von Rudolf von Botischall. zOj «-»druck »eedoten. (Fortsetzung.) Das Hau- de- Bäckermeisters, in welchem Teresa wohnte, lag in einer engen Gasse; cS strömte einen behaglichen Brod- geruch aus, welcher auf die vorübergehende Armuth einen ebenso anlockenden wie webmütbig stimmenden Eindruck machen mußte, wenn die Groschen fehlten, um diesen Lockungen nachzugehen. Unten am Ladcnsenster stand eine semmelblonde Verkäuferin, welche aut die Fragen des DoctorS sehr wort karg antwortete, es Wonne wohl hier ein Mädchen, aber sie wisse seinen Namen nicht. Vom Hose her kamen wciß- geschürztc Bäckerjunaen, an deren Händen noch der gearbeitete Teig klebte. Der Doctor hielt eS für bester, seine Frage nicht zu wiederholen, sondern er stieg zum ersten Stock empor, wo die Wohnung de- Bäckermeisters war und klingelte. Eine resolute, dicke Frau öffnete. „Vom Theater?" fragte sie nur kurz angebunden. „Rein", versetzte der Doctor. „So bedaure ick, meine Nickte ist nicht zn Hause!" „Bitte, sehe» Sie nur genauer nach! Ich bin vr. Bingen, Praktischer Arzt, und komme, mich nach dem Befinden der lungen Dame zu erkundigen, die vor einiger Zeit meine Patientin war." „So, so." Die Frau Bäckermristerin musterte den fremden Herrn, der etwa« Solide«, Bertraurneinflößrnde« in seinem Wesen hatte. „Gestern war rin anderer Herr Bingen da; wir konnten ihn nicht empfangen; doch wenn Sie wirklich praktischer Arzt find ... . Der Doctor überreichte sein« Karte. „Nun, ich werde nacyseben und die kleine kugelrund« Frau -mg hurtig hinein, um den Besucher anzumelden und kehrte »bevso hurtig zurück. So bereitwillig wurden sonst nur dem keine beneidenSwertbe und besonder- würdige Rolle bat spielen müssen, nicht wünsche». Er kann sich derselben auch leicht entziehen, indem er die Durchberatbiing der Militairvorlagt so lange binauSzögert, bis ihm eine Steuervorlage zugegangc» ist und er sich überzeugt hat, daß der vorgeschlagcne Weg gangbar ist und auf ihm in der Tbat jene Goldadern sich offnen, aus deren Ertrag die milttairisckcn Neuforderungen bestritten werden können, lind hält der Reichstag auf sein Recht und seine Würde, so läßt er sich aus eine Entscheidung über die Militairvorlage nicht eber ein, als bi« er Uber die BedeckungSfraae mit sich und de», BunteSrathe im Reinen ist. Will die ReichSregicrung taS vermeide» und die Militair vorlage rasch zu Ente berathen sehe», so >»uß sie sich ent schließen, klipp und klar die Gründe darzulcgcn, auS denen sie erst den ReichSsäckel belaste» und dann erst ibn füllen lassen will. Eine solche Darlegung — wir wiederholen e« — wäre tausendmal politischer, als das verwirrende und verstimmende ossiciöse Gaukelspiel niit Fetze» der bundcü- räthlichen Geheimnisse über den Inhalt der Militairvorlage. Tie Herrschaft der Ultramontanen in Belgien ist bekanntlich wesentlich mit durch die Uneinigkeit der Liberalen herbeigesührt worden. Neuerdings bildete die Wahlreforni einen bösen Zankapfel zwischen der ge mäßigten liberalen Partei, a» deren Spitze die ehemaligen Minister Frdre-Orban und Bara steden, und den so genannte» Progressiste», die der Führung Paul Ianson'S folgen. Nach neueren Nachrichten bat nun der Letztere im PersassuiigöauS'chliß der belgischen Deputirlciikainmcr einen Wahlreform-Entwurf vorgelegt, der aller Voraussicht nach die so lange ersehnte Einigkeit in> liberale» Lager schaffen wird. Der Brüsseler Abgeordnete hat erklärt, (eine Partei müsse für die neue Verfassung den Grundsatz aufrecht halten, daß das Stimmrecht allen Staatsbürgern ge bühre, denen nicht der Genuß politischer Rechte entzogen worden ist. Heute sei das Stimmrecht ein Privilegium Weniger, morgen müsse eS Gemeingut der Nation werden. Deshalb schlägt der Abgeordnete Janson die Einführung deö allgemei neu Stimmrechts »ach dem Grundsätze vor, daß jeder Staatsbürger, der das 25. Lebens jahr zurückgelegt hat und mindesten« seit zwei Jahren im Wahlbezirke wohnt, das Wahlrecht be sitzen soll. Ausgeschlossen sind nur die ganz Unwissenden »nd die Unwürdigen, denen der Geiniß der politischen Rechte durch besondere- richterliches Uribeil »('gesprochen wurde. Mit diesem Entwurf wird sich die ganze liberale Partei in Belgien einverstanden erklären, und da die Regierung ohnehin schon zur Ucberzcuguiig gelangt ist, daß sie ikr Haus standsystem nicht durchzubringen vermag, so dürfte das von Janson vorgeschlagcne „gemilderte" allgemeine Stiminrecht schließlich zum Gesetze werden. Auch die Frage der Reform des Senates inacht weitere Fortschritte zur Lötung und inan darf hoffen, daß das belgische Parlament, wenn eö Anfang November zur ordentlichen Tagung Zusammentritt, die Lage wesentlich geklärt vorsinden wird. In Wien hat eS Aussehen erregt, daß dieses Mal der Ministerpräsident Graf Taaffe vom deutschen Kaiser bei dessen Anwesenheit in der österreichischen ReichSkaupIstadt so sehr ausgezeichnet worden ist, unter Anderem durch Ver leihung de« höchsten preußischen Ordens, während er früher in ziemlich ostentativer Weise übergangen wurde. Man bringt diese Kundgebung der kaiserlichen Huld mit gewissen inneren Vorgängen in Oesterreich, insbesondere mit der ver änderten Haltung deö Grafen Taaffe gegenüber den deutschfeindlichen Bestrebungen der Ererben und Slowenen in Verbindung — ob mit Recht, darüber wird im Augenblick keine volle Klarheit zu beschaffen sein. Tbatsachc ist, daß die österreichische Regierung neuerdings bemüht ist. die Deutschen zu ihrem Recht kommen zu lassen. Die Slowenisirungsbestrebungen in Krai» hatten in dem Landes Theaterdicner, welcher Rollen brachte und Proben ansagte, die Pforten geöffnet. Oswald trat in eine Küche mit blankgescheuerten Gerald- schäften und einem stattlichen Kochofen, welche hier das Vor- zimmcr bildete. Dann führte ihn der Weg durch ein Kinderzinimer, in welchem aus dem einen Tisch die Bleisoldaten aufmarschirt standen, während auf dem an dern die ganze Puppengardcrobe auSgebrcitet war. Hier hausten die Enkel des Bäckermeister«, die Kinder seiner verstorbenen Tochter, die er zu sich genommen, da der Schwiegersohn meistens ans Reisen war. Tie beiden Rinder waren sehr erschrocken, als der fremde Herr eintrat. Rose bedeckte ihr Gesicht mit der carmoisin- farbigen Schürze ihrer schönen Puppe, während Georg den Deckel der großen Schachtel, in welcher die Gardecavallerie einquartiert war, krampsbast zuhielt, damit der Fremde nicht etwa Lust bekomme, Roß und Reiter mit sich zu nehmen. AuS diesem Zwischengemach führte die eine Tbür in die von Teresa bewohnten Zimmer, während man nach der entgegen gesetzten Seite in die Wohnräume der Bäckcrfamilic gelangte. Der Doctor mußte sich sagen, daß hier im Sckooße der Familie da« arme Mädchen wohl geborgen war, „sicher vor de« Fremdlings Witze und vor eignem Unverstand". Teresa erhob sich vom Pianino, wo sic einige Noten durcb- blättert batte, ging dem Gast entgegen und begrüßte ibn mit herzlichem Händedruck. DaS blondlockige Mädchen mit den rehbraunen Augen war so anmutbig wie immer; doch obschon ihre Wangen sich geröthet, nachdem sie alle Folgen ihrer thörichten Tbat überwunden, so lag immer dieselbe tiefe Trauer in ihren Zügen und auch ihre Augen navnien nach kurzem, freudigem Ausleuchten wieder den schwärmerisch Lüstern Zug an, der ihnen auf dem Krankenbette eigen war. DaS Zimmer selbst war traulich und bescheiden, aber geschmackvoll eingerichtet. Die Fenster freilich gingen auf den Hof, in testen Seitengebäuden sich die Backöfen befanden und eine hohe Este ließ einen krrzrngraden Rauch zum Himmel steigen. „Wir gefällt eS Ihnen in der Stadt bei dem Theater?" versetzte der Doctor, indem er sich in einen Plüst'stubl an« Fenster setzte und den Blick bald auf Teresa ruhen ffieß, bald hmauSsah auf de» Hof, in welchem die Bäckergesellen mit Präsidenten Baron Winkler seit langen Iabrcn einen eifrigen Förderer, der damit allerdings nur den Aufträgen des Ministeriums Taaffe gerecht wurde. Von Laibach auö wurden dann von den Slowenen jene Vorstöße nach Kärnten und Südsteicrmark unternommen, welche zur tdeilweisen Slawisirunz der Schulen und Gerichte selbst in ganz deutschen Gegenden führten Die Amt-Wirksamkeit de« Kramer Land- pstcgerS bildete daher slctS einen Beschwerdepunct der deutschen Abgeordneten ii» RcichSrathe, aber fest und unerschütter lich saß Baron Winkler auf seinem Posten, beschattet von der Gunst de« VersöhnunzSininisteriumS. Erst die vor einigen Monaten zwischen dem Grafen Taaffe und den Führern der vereinigten deutschen Linken gepflogenen Per Handlungen wegen Vejcitigniig der hauptsächlichsten Bcschwcrde- punctc der Deutsche» brachten Gerüchte, daß die Stellung dcS Kramer Statthalters erschüttert sei. Diese Gerüchte haben jetzt ihre Bestätigung gefunden, denn es wird aus Wien gemeldet: „Der «rnincr Landespräsidcnt, Baron Winkler, wurde unter Verleihung eine» hohen Ordens pcnsionirt. Sein einstweiliger Nachfolger ist der Statlhaltereiratk i» Äraz, Baron Hein, beste» endgiltige Ernennung erst erfolgen soll, wen» er stch bewährt. Hei» ist ei» Sohn des verstorbenen Justizminisler« Hein, welcher, damals noch Advocat in Troppau, der erste Präsident des öfter, reichlichen Abgeordnetenhauses war. Hein ist zwar kein deutscher Parteimaiin, aber auch nicht slowenisch gesinnt. Die Deutsche» er- warte» von ihm ein unparteiische» Wirken." DaS Verdienst, den Distanzritt Berlin-Wien politisch auSzubeuten, gebührt dem russische» Blatt „Nowosli", das sich schrecklich darüber freut, daß die „kriegerischen Brandenburger eine ernste Lection erhalten haben". Man habe in Berlin, als man den Wettstreit an regte, bestimmt gehofft, daß die berühmten „preußischen Ulanen aus derselben Stufe stehen, wie die österreichische» Reite» ossicicre". „Aber ach — cS gab ein ganz anderes, die Eitelkeit der Brandenburger verletzendes Rcjultat, die Eitel keit, die seit den Siegen von Sadowa und Sedan sich so stark aufgeblasen batte. Nickt nur, daß die österreichische» Ossicicre in erdrückender Weise ihre Rivalen besiegt haben — nein, sie haben sie zudem in eine Lage versetzt, die sich am besten mit dem französischen ^rickwulo" bezeichnen läßt. . " Nicht ohne Lächeln könne man die Berichte von dem Mißgeschick dcS Barons Reiyensteiu oder de« Herzogs Günther von Schleswig-Holstein lesen, von dem jämmerlichen Auszuge mancher anderer der deutschen Ossicicre, die im Schiimtze watend ihre Pferde hinter sich Herzogen. Gewiß könne man bei einem Wettbewerb Mißerfolg erleiden, aber — in solchem Grade! Kleine Erscheinungen leien oft die Vor boten großer Ereignisse. Man sei jetzt Zeuge gewesen der ersten Niederlage, die die deutsche Armee seil 1870 erlebt habe, und der Ausgang deö cavallcrislischen Wettbewerbe« habe gezeigt, daß „iogar die österreichische Eavalleric" ii» Stande sei, ihren früheren Bezwinger zu besiege». Der Teufet sei also nickt so schlimm, als inan ih» male. „Die patzten, nur au Rüstungen und kriegerische Rivalität denkenden „Sieger" haben jetzt die erste Lection erhalten, i» Er wartung einer weiteren, eriistlichereii, die ihnen ohne Zweisei zu Thell werden wird, wen» Eurova sich einmal entschließt, all diese» verderbliche» Bcrmcliriingen der Truppen und KriegbnLgrts gründ- tich ein End« zu machen." Man kann es den österreichischen und ungarischen Blättern überlassen, dem russische» Blatte die rechte Antwort zu er- lbeilen und ihm verständlich zu machen, daß Sieger und Besiegte zusaiiimcnstchcn, wenn cS gilt, russische Anmaßungen zurückzuweiscn. Wenn die „Eorr. de l'Est" gut unterrichtet ist, so hätte sich Herr von Gier« definitiv von der Leitung der auswärtigen Politik dcS russischen Reiches zurück gezogen. Nach einer Petersburger Meldung der genannte» Eorrefpondenz wäre die Krankheit des Ministers mit Rück sicht ans sei» Hobes Aller und seine schwächliche Eonstitution binnen kurzer Zeit nicht zu keilen. Dagegen hatten die Anztc sich dahin geäußert, daß Herr von GierS noch eine Reibe von Jahren leben könne, wen» er die schleckte Jahreszeit unter günstigeren klimatischen Bedingungen zubringen würde. Als kies dem Zaren mitgctheilt wurde, schlug er Herr» von Gier« selbst vor, cmcRcise zu machen und sich auszuruben, intciu er ibm gleichzeitig zu verstehe» gab, seine Absicht wäre, de» Minister bis an sein Lebensende an der Spitze des diplomatischen Personals zu belassen. Herr Schischkni hätte, ebenst' wie die« GierS während der letzten Lebensjahre Gortsckakow'S getban, die lausenden Angelegenheiten zu erledige». — Die Leitung der auswärtige» Politik Rußlands wäre soiiiit den Hände» des Herrn von Gier«, der nur au der Spitze deö diplomatischen Personals verbliebe, definitiv abgcnomme» und Schischkin in Zukunft als der wahre Minister der auswär tigen Angelegenheiten zu betrachten. Der Wahlfeldzug in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist in vollem Gange. Wen» die kämpfenden Parteien dieses Mal von den gcränschvoUcil Liraßeiitimzügcn Abstand zu nehmen scheine», so wird die Agitation durch Flugblätter, die sich namentlich mit der Zoll frage beschäftigen, noch lebhafter atö sonst betrieben. Wenn nickt ganz unvorhergesehene Ereignisse eintrcte», so bat ent schieden der Eandikat der demokratischen Partei, Eleve land, die bei Weitem größere» Aussichten, gewählt zu werden. Wir tbciltcn schon mit, daß im Lause der stylen Zeit drei hervorragende RcchtSgclehrte, die bisher An Hänger der republikanischen Partei und ihres Eanditateu Harrison waren, sich für Elevclaiid erklärt bade». Es sind dies der Buntesgeneralanwalt im Eabinct Garsield'S, Wahne McVcagh, Richter Gresbam von Indiana und Richter' Eoosty von Michigan. Gresham besitzt große» Emslus! im Westen bei ber VolkSpartci, die ibn zum Präsidcntschast«- candidatcn ernenne» wollte. Wahrscheinlich werden deshalb die Demokraten in Indiana und vielleicht auch in Illinois siegen. Die jüngst in den Staaten Maine, Vermont, Ar kansas, Florida und Georgia abgebaltciien Staat«- »nd städtischen Wahlen zeigen, daß die Stiiiimcnzahl der Demo kraten dort rugenommcn hat In Maine haben die Repu blikaner 20 Proccnt ciiigcbüßt, obwohl das nationale repuli- kanische Eomitö alles Mögliche aufgcbotcn bat. Ter Blainc'sche Flügel der republikanische» Partei i» Maine scheint nicht für General Harrison stimmen zu wollen. Blaine selbst bat sich der Stimmabgabe enthalte». TaS jetzt in Amerika cingesübrte australische System der geheimen Wahl koinint den Demokraten im Norden sehr zugute »nd verhindert Ein schüchterung und Bestechung. In Florida batte die repu blikanische Partei keinen eigenen Eanditate» ausgestellt, sondern sich für den Eantidatcn der Votksparlei erklärt. Da« Er gcbiiiß war ein überwältigender Sieg der Dcmokrate», so daß die Volkspartei im Süden alle Aussichten verloren zu habe» scheint. Der Führer der Bvlkspartei im Staate Georgia ist nicht in den Eongrcß gewählt worden. Die Demokraten besitzen in diesem Staate eine Mehrheit von über 7<>o«m Stimmen. In Florida sind die Neger gegen die VolkSpartci. Die demokratische Mehrheit beträgt ungefähr ooo, während sic 1888 12»oo betrug. In KansaS beläuft sich die Mebrbcit der Demokraten aus 5,0 ooo, die größte seil dem Bürgerkriege. Der Zerfall der Volks partei »n Süden zeigt wieder, daß bei Präsibciitschaslswalilen keine dritte Partei aufkomnie» kann In Siid-Earolina haben sich die Demokraten mit dem Farmerbunde »nd der VolkSpartci sür die Staatswahlen vereinigt. Alle drei aber haben fick verpflichtet, im November geschloffen sür Elevclaiid zu stimmen. Im Nordwesten gehen die Demokraten mit der VolkSpartci zusammen. Da« Hanptintcressc conecntrirt sich jetzt aus den Staat Ncw-i))ork. Die Republikaner babc» den gewandten Politiker Ouai von Penusylvaiiicu nach Ncw-'.>)ork kommen lasse», um sich seine Erfahrungen zu Nutze zn machen. Es soll namentlich sein Verdienst sein, daß General Harrison im Jahre 1888 gewählt wurde. Im Lause der Broden und sonstigen Backwaaren bin- und bergingen und hin und wieder ein fröhliches Lied ertönte. Sie hatten ei» gute- Gewissen; sie trieben ein »raltcS Gewerbe »nd machten cs möglich, daß der Menschen älteste und frömmste Bitte er füllt werde: Unser täglich Brod gieb »nS heute! Sie saß lange schweigend da, ehe sic antwortete; ihre Blicke rubten aus ihm; sie wollte den wobltbuenden Eindruck ganz und voll genieße», den seine Rübe. Festigkeit uud Klar heit, sein ganzes so wenig ausdringliches »nd dock so herzig meinciiteS Wc)cn auf sic auSiibte. Es war wie ein Sonnen blick für ibr dunkle« Leben. „Mein Wvhltbätcr", sagte sic mit inniger Rührung, „wie freut cS mich, Sic wicderzusrhcn. In diesem Augenblicke gebt mirS aut, recht gut!" „Und sonst... wen» kein alter Freund zu Ihnen kommt?" „Es ist immer dasselbe.... ich ängstige mich vor dem Leben." „Und warum?" „Da« kann ich eben nicht sagen... ich habe das Gefühl, daß alle, die mir näher komme», mir und sich selber Unheil bringen. Ich icke die Gestalten wie durch einen Nebel.. . sie wachsen unheimlich, gespenstisch! Da« läßt sich nicht be schreiben; da- liegt eben im Gefühl!" „Hier sind Sie ganz sicher ... ganze Cavallcrieregimcnter ballen Wache vor Ihrer Thür, wenn sie auch nur aus den Spielschachteln berauSreiten. In der Tbat, Sie haben die besten Wächter — Kindheit und Unschuld." „Ich strebe nach etwas Vergeblichem, Unerreichbarem, nach Zurückgrzvgenbeit und Einsamkeit bei einem Beruf, der mich fortwährend mit der großen Menge in Berührung bringt. Ich sehe sic zwar nur als eine dunkle verworrene Masse von Köpfen vor mir; ich höre nur den Zusammciiklana von hundert beifallklatschenden Händen. aber alle diese Blicke sink auf mich, die Einzelne, gerichtet. Man kümmert sich um mich und wir viele sind darunter, die niich beackren — und der Gedanke schon ist mir, um mit Schiller « Heldin >u sprechen, Gräuel und Entwürdigung! Und dann die Proben, die College», die Kritik — unvermeidliche Feste, von denen ich mich nicht fernbalten darf. Es ist alle« so beängstigend, so bedrohlich . . e« sind des Leben« unentflichbare Schrecknisse et ist eben da« Leben selbst!" „Fassen Sie nur Mnth . . und wenn Sie mit dem heitern Sinn, mit dem Sie Ihre Rollen aiiffasseii und durchführen, die Dinge und die Menschen anscbe», so werden Sie alle« Gespenstige und Drohende verlieren." „Und liegt in mir selbst nicht eine unheimliche Macht? Ich möchte alle von mir stoßen . . und ick ziehe sie an, sie »»iflattcril mick, wie die Nachtschmcitcrlinge die Lampe. Und wenn ich auch die Läden schließe . . sie sind doch da, sic stieben auS allen Winkeln hervor. Da ist der Officio, der sich früher so heiß und dringlich, nicht blos um meine Liebe, nein, auch um meine Hand bewarb. Er ist liier — er sprach mich neulich auf der Promenade a». Er hat sich hierher versetzen lassen — ich fürchte, mcinclwcgc»." „Sie haben cö ja i» Ihrer Gewalt, Jeden zurückzuweisen, dem Sic Ihre Gunst weigern." „Ja, doch ich kann diese Wünsche nicht lobten . . sie ver folgen mich . . ich sübl's, als hätten sic greifbare Gestalt ge nominell In der griechische» Sagentiindc, die ick Pflicht- mäßig stutirte, den» ich muß ja Osscnhach'sche Göttinnen unk vicldinnen spiele», las ich neulich von der Bremse, von welcher des Zeus Geliebte Io über Land und Meer gejagt wurde, nachdem Zeus sic in eine Ruh verwandelt .. sowie diese Bremse dir Io, verfolgt mich der Gedanke an die Leitenschast, die sich an mich bester .. cs snnimt »nd surrt mir im Ohr von »nauszesprockenen Anträgen; ich fühle da« glühende Verlangen, taS wie ei» brennende« Eisen mich ver seng," „DaS sind tbörickite Anwandlungen von Geistersehern .. erregte Nerven .. Sic sind c» so gewöhnt durch Ihren Beruf, sich in andere dineinzudenkcn und hinciiizusiiblen. daß Sie dies unwillkürlich von der Biibne aus taS Leben über tragen. Alle diese Verfolger, die Sic sich so schrecklich anS- malcn, sind machtlos; Sic brauchen bloS mit dem Kopse zu schütteln und der ganze Schwarm stäubt in alle Winde!" „O nein! ES aicbt Glutbaugen, in die ich scbcn muß, die mich bannen. Ick erzittere innerlich davor: doch in dem Schauer, der mich ersaßt, liegt zugleich eine Art von süßem Grauen, da- mich zuweilen zwingt, wo ick stieben mochte. Reiten Sie mich vor diesem Gefühl .. meine Seele wird
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