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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.10.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921015024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892101502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892101502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-15
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Der von mebrercn Seiten ausgesprochenen Ansicht gegen über, baß die Militairvorlage infolge der ablehnenden Stellungnahme der CcntrumSpreffe „in einer Versenkung verschwinden" und vielleicht gar den Grasen Caprivi nach sich ziehen werde, führten wir gestern aus, daß aus die Aeußerungen der klerikalen Blatter nicht daS Geringste zu geben sei und daß daS Centruin schwerlich den Mann seines Herzens leichten Herzens fallen lassen werde. Der gleichen Meinung begegnen wir heule in der freiconservativen „Pvst", die aus verschiedenen Aeußerungen klerikaler Redner und Blätter den Schluß zieht, das Centrum lasse seine Presse nur deshalb eine so ablehnende Haltung gegen die in Aus sicht stehende Bvrlage einnehinen, um dem Reichskanzler die Macht des CcntrumS recht fühlbar und ihn zu Gegengaben williger zu machen. Und eine» neuen Beweis dafür, daß die Truppen des seligen Windthorst heute wie cbcmalS ganz im Geiste des großen Handelsmannes a»S Meppen handeln, er halten wir durch die Meldung aus Frankfurt a. M, daß die dortigen Ullramontanen cS waren,' die dem demokra- li s che n Candidaten Funck zum Siege über den nationalliberalen Grimm vcrhalfcn. Das „christlich-konservative" Centrum, daS erst noch jüngst den „Freisinnigen" in Löwcnberg seine Unterstützung versagte, wollte zweifellos durch seine Stellung nahme in Frankfurt a. M. dem Reichskanzler begreiflich machen, daß eS einen principiellen Standpunkt gar nicht ein- nimmt, sondern nach dem Motto: „Hier stehe ich, ich kann auch anders", seine Haltung ganz von ZweckinäßigkeitSgründen abhängig macht. Und der Herr Reichskanzler kennt sein Ccntrum sehr gut und möchte ihm daS Cinschwenke» so gern erleichtern. Aber da er in der Jesuitenfrage sich gebunden hat und im preußischen Ministerium nicht allmächtig ist, so muß er nach anderen Mitteln suchen, um die Garde des Herrn Windlborst zufrieden zu stellen. Seine journalistischen Hilfsarbeiter stellen daher nichts Geringeres in Aussicht, als die Zu stimmung desBundesratheS znreinjährigen Bewilligung der Präsenzziffer des Heeres. DaS war bckannllich im Jahre 1887 ein LiedliiizSwunsch Windlhvrst'S und ein Licblingswunsch zugleich der Demokraten. Wir können nnS freilich nicht denke», daß der BundcSratb und daß besonders die preußische» Stimmen desselben zu einem Zugeständnisse bereit seien, daS jedes Jahr im Reichstage einen Kainpf „in die Präsenzziffer des Heeres entfesseln würde. Aber die „Kreuzztg." versichert, daß die „Voss. Ztg.", die vor einigen Tagen meldete, die Reichsregierung sei gewillt, die cui- jäbrigc Bewilligung der Präsenzziffer des Heeres obne Weiteres zuzugcstchen, „in der Thal berechtigt war, sich dabei aus eine ganz zuverlässige Quelle zu stützen". Run wird man ja Horen, ob der Wind in der Ceiitrunisprcsse umschlägt. Ganz wesentlich wird die Lösung dieser Frage davon abhängcn, wie die geheimen Nachrichten der Hintcrtrcppcnpoliliker des CentrumS auS dem preußischen Ministerium lauten und ob dort irgend welche Neigung besteht, eventuell auch ein Schers- lcin zur „Begütigung" der Ullramontanen beizutrage». Lauten die Nachrichten ganz ungünstig, so werden die Erben des Herrn Windthorstzsich wohl begnügen mit Dem, was sich in Bezug aus eine gründliche „Verbesserung" der Mililairvorlage erreichen läßt, und sich mit der Hoffnung tröste», daß, so lange Caprivi im Reiche da« Steuer hält, das Cenlrum wenigstens ein Bischen mit drehen darf. Bekanntlich wird sich der Reichstag nach Wiederbeginn seiner Sitzungen zunächst mit einigen handelspolitischen Vorlagen zu bescbäsligcn haben, deren Erledigung vor dem 1. Dccember eine Nothwendigkcit ist. Cs sind vorzugsweise die Abmachungen mit Spanien und Rninänicn, die nur eine provisorische Giltigkeit, eben bis zu dem genannten Termine, haben und voraussichtlich bis dabin zu einer Crneucrnng ge langen werden. Ferner ist erforderlich eine neue Regelung der ebenfalls bis zum t. Dccember reichenden Vollmacht des BuntcSrathü, die ermäßigten Zollsätze der neuen Handels verträge auch solchen Staaten zu gewähren, die einen Anspruch ausMeistbcgünstigungnicht besitzen. DiesislnamentlichR ußland gegenüber von großer praktischer Bedeutung, da Differential zölle die Getreideausfuhr dieses Landes sekr empfindlich treffen könnten, lieber den Stand unserer bandelspolilischen Ver handlungen mit Rußland werden seit Wochen und Monaten unllarc, widersprechende und mit bewußter Absicht gefärbte Mittheilungen durch die Presse getragen, und da ist cö nicht ab zusehen, ob wir rechtzeitig zu jenem Termin ;n einem Ab kommen gelangen werde», welches für uns des bobcn Zu geständnisses der Gewährung der Gleichberechtigung werth ist. Viel Vertrauen wird inan nach dem bisherigen schleppenden Verlauf der Verhandlungen nicht haben können. Ru», Deutsch land kann cS wobt ruhiger abwarlen als Rußland in seiner wirthschaftlichen Zerrüttung. Einige Weiler liinzlikoinmende Abmachnngen mit kleineren überseeischen Ländern werden Wahl keine Schwierigkeiten bereiten. Cs ist begreiflich, daß, je länger die gegenwärtige fran zösische Republik sich in Folge des Mangels an bedeuten den und hervorragenden Männern in de» monarchisch ge sinnten Kreisen ihres Daseins erfreut und die gegen ihre Existenz gerichteten Bestrebungen zu vereiteln im S lande ist, die Zahl der sogeiiannken llcberlänser auS dem monar chischen in daS republikanische Lager sich immer mehr vermehrt. ES giebt eben nur zu viele Menschen, denen der Erfolg imponirt und die um ihrer Vortheilc willen Frieden mit den bisherigen Gegnern schließen. So ist bekannt lich auch in diesen Tagen ein Haupt der Rechte»., der Baron v. Mackau, der eine wesentliche Stütze des BoulangiSmnS war, aus einem SaulnS ein Paulus geworden und in die republikanische Partei abgcschwcnkt. Dieser Mann beugt sich beute vor der Tbatsache, daß das Land seit zwanzig Jabren republikanische Wahlen getroffen bat. Er hat 1875 gegen die republikanische Verfassung gestimmt, muß aber, ob schon er weiß, damit viele» Freunden und treuen Wasscngesährle» Schmer; zu bereiten, anerkennen, daß die große Mehrheit der Wähler zur gegcnwärlige» Stunde die Aufrechlerhaltung der Republik will. „Ich glaube, unsere Forderungen werden an Schärfe gewinnen, wenn sie nicht mehr mit den auf eine andere politische Ordnung gerichteten Bestrebungen zusammen geworfen werden können, von denen das Land sich täglich mcbr zu entfernen scheint." Baron Mackau erkennt also die Republik an, aber nicht das Regiment der Republikaner. Bon dielen erwartet er nichts Gutes, nicht die mindeste Gerechtigkeit, das mindeste Wohlwollen, die mindeste Höflich keit. Er will ihr Regiment innerhalb der Republik stürzen und sucht sich dazu nicht ungeschickt den Kampsplatz auS: die Gcmeindcfrcihcit. Es ist aber doch »och sehr fraglich, ob die Republikaner diese Art von neue» Bundesgenossen brüderlich in ihre Arme schließen und sic willkommen heißen, oder ob sie nicht vielmehr der Anschauung huldigen, daß gegenüber solchen „Bekehrten" Mißtrauen von nölhcn ist. Es könnte sich sonst leicht ereignen, daß die Republik ans der ne» gewonnenen Anhängerschaft alles andere, aber keinen wirt lichen Beistand empfing. Zu den Schwierigkeiten, mit denen gegenwärtig die franzö sische Regierung zu kämpfen bat, gehört bekanntlich der französisch-schweizerische Handelsvertrag, welcher der französischen Schiitzzollpartei ein schwerer Stein des An stoßes ist. Vor mehreren Tagen bat in Paris ein Minister- rath statigesunden, in dein über diese Materie recht lebhaft verhandelt wurde und über den erst jetzt greifbare Einzel heiten bekannt werden. Die Debatte begann damit,daß man dem HandelSminister JulcsRo che Vorwürfe machte iiberscineviclbe- sprochene Rede von St.Eticnnc. Der HändelSminister antwortete mit größter Festigkeit und ohne sich im Mindesten beirren z» lassen: Tie Vertragöverhandlungen seien außer ikm von den Herren Ribot und Devclle geführt worden. Er und seine beiden Eollegen hätten die wichtigsten Aetcnsliicke gezeichnet, und darum seien sie alle, und nicht bloS er allein der Schweiz gegenüber verpflichtet. Er sehe darum nicht ein, wcöhalb er nicht berechtigt gewesen, die Verantwortlichkeit de- gesammten EabinetS zu cngagiren. Die wirthschaftlichen lleberzcugnngcn seiner Eollegen blieben ja von seiner Er klärung unberührk :c. Hieraus nahm ein anderer Minister, Devclle, das Wort und setzte in etwas erregtem Tone auseinander, Roche habe durch seine Erklärung die Gefahr eine» Eabinelöslurzcö keransbeschworen, da die Kammer keinerlei Neigung zeige, den Vertrag anznnehmcn. Roche antworlcle, die Rücksicht auf einen Eabinctsstur; dürfe keine Rolle spielen, wo eS sich um die Einlösung eines gegebenen Wortes handle. Es wurde noch längere Zeit hin- und bergercdct; cs zeigte sich wobt auf verschictcnen Seiten die Reigung, den Vertrag dem Porlcseuille zu Liebe zu opfern, aber Roche gab nicht einen Fuß breit nach und zeigte einen nnerschüllerlichen Wille», die Durchdringung der Eonveiition im Parlamente zu versuche». So wurde denn am Ende das Prineip festgestcUt, daß der den Vertrag betreffende Gesetzentwurf den Kammern vorgelcgl wer den solle. Hierauf wurde die Methode der Vorlegung bcrathen, wobei »»an zwei Rücksichten zu beobachten Halle: einmal die Rücksicht darauf, daß ein Terrain geschaffen werde, um Operationen zu ermöglichen, welche die Erzielung von Con- ccssionen seitens der Schutzzöllner bezwecken, zweitens die international-politische Rücksichl auf die allgemeinen Be Ziehungen zur Schweiz, welche cS erforderte, daß man Vor sorge treffe, um eine eventuelle Ablehnung der Eonvcnlion seitens der Kammer nicht als feindselige Demoiislralio» gegen die Schweiz erscheinen zu lassen. Wie inan übrige»» in der Schweiz über vaö Verhalkkw Frankreichs denkt, daS bekundet folgende Mittkeilnng der „Neuen Zürcher Zeitung": Bern, 14 Lctobcr. Tie „Zürcher Zeitung" betont, wenn Frankreich das Handelsabkvinnien init der Schweiz nicht genchinigc, werde das Schweizer Volk den Unterschied in seinen Vandcls-Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich bald merken und dies äußerlich zeige». Deutschland sei der Schweiz beim Hnndcisverlrag verscandlg und wvh.wollend cnlgcgengekoininen, während Frankreich eine kurzsichtige, egoissische, alle Nationen vc» letzende Handelspolilik treibe. Bei den letzten FolkethingSwablen in Dänemark ereignete eS sich hckannllich ;n Vieler llcbcrraschnng, daß die „Moderaten" siegten »nd die Linke, welche das Ministerium Estrup ans daS Heftigste bekämpfte, ungemcin znsanimcn- schmolz. Ter Anführer der Linken, Berg, und seine Anhänger glaubte», das Ministerinin znm Falle bringen zu können, in dem sie ihm gegenüber die sogenannte VerhandlungSpolikik zur Anwendung brachten, das heißt alle Vorlagen der Regierung unerledigt ließen. In Folge dessen ist ein Budget seit einer langen Reihe von Jahren niemals zu Etanke gekommen Nach dem Ausfall der jetzigen Wahlen hatte die gesammte dänische Presse mit An nahme der radicalc» Blätter die Hoffnung ausgesprochen, daß diesmal eine Bcrsländigung zwischen dem Ä1>i»isterinm und dem Folkcthing staltfindcn und ein ordiinngsmäßigcS Budget zu Stande konimcn werde. Am ll. October stand nun im Folketlniiz der Staa lSvoranschlag für das Finanzjahr t8!)!!!t1 in erster Lesung aus der Tagesordnung. Tie Debatte brachte zwar noch wenig BemerkenswerlbcS und gab über die Stellung der Parteien nur wenig Auf klärung. Bojsen von der moderaten Partei war der erste Redner; er räumte ein, daß die finanzielle Vorlage der Regierung rein von neuen EonstielSpunelen sei, allein die Slroil- fragcn ständen nach wie voraus der Tagesordnung. So leicht, wie das Ministerium sich die Sache gedacht zu haben schiene, ginge es nicht. Die Perbandlungö-Polilik habe gute Resultate anbahncn Helsen und dem Ziele eines sruchlbarcn Ausgleichs genährcl, auch sei der StaatSvvranschlag mit seiner günstigen Bilanz eine erfreuliche Ueberraschung gewesen. Redner cinpsabl der Kamincr, die bisherige Politik fortzusetzcn, da diese ohne Zweifel von serncren günstigen Erfolgen begleitet sein würde. Professor Scharling betonte als Wortführer der Rechten die versöhnliche Gesinnung seiner Partei. Trvtz mancher Schwierigkeiten sieht cS danach auö, als wenn jetzt für Dänemark die budgetlose Zeit zu Ende ginge. Der Preissturz der Erzeugnisse der englischen Landwirthschaft bat »cncrdiiigö einen llinfang gewonnen, welcher in einer fast allgemeinen Herabsetzung der ländliche» Arbeitslöhne seine» Ausdruck sindel. Die Trade Union der Landarbeiter hat sich infolge dessen an daS sveialkcnwkratische Parlamentsmitglied Joseph Arch mit der Anfrage gewandt, ob nicht die Proelaniirung eines allgemeinen Streiks anzuralhcn sei. Mr. Arch bal sich aber dagegen erklärt, weil jetzt auf allen ErwcrbSgebieten eine tiefe Depression vorhanden sei, »nd bat den Fragestellern geralhe», da« koinmende Frühjahr abznwartcu. Die Lage der englische» Landwirlhe gestaltet sich immer trostloser. Tie Angclegenbcit der griechischen Schulen in Bul garien schein! nach den heule von verschiedene» Seiten vor liegenden Berichten vollständig bcigclegt zu fein, und zwar gebührt daS Verdienst dieser ruhigen Erledigung ebenso der Pforte, die eS in Sofia nicht an bezüglichen Ratlsschlägcn fehle» ließ, wie der bulgarischen Regierung, die bereitwillig den Wünschen des Suzcrains nachgekommen ist. Dagegen ist der griechische» Regierung von mehreren jener Cabinete, an welche sie sich gewendet hatte, bedeutet worden, daß die Adresse, an welche sie ihre Beschwerde gerichtet Halle, nicht die richtige gewesen sei und daß als Form» für ihre Be schwerden nur die Pforte angesehen werden könne. Deutsches Reich. ss. Berit», 14. Oclober. Die „Frcis. Zig " berichtet: „„Komint ein Columbus, Dir TeinHeil zu retten, mein Deutsches Volk, schlag' ihn nicht auch in Ketten!" Mit dieser Strophe wollte der Lehrer Hermann Jahn seinen Prolog ausklingen lassen, de» er sür die EolnmhnS scicr der „historischen Vereinigung" am Mittwoch im Bingcr» saal deö Nalhhauscs gedichtet hatte. Eultusmiilister 1>i. Bosse wohnte der Feier bei^ und cs ist 'auin anzniiebincn, daß der selbe an der obigen Strophe Anstoß gcnoinnicn bähen würde. Eine Localeorrcspondcnz meldet aber, daß diese Schlnßslrophe mit Rücksichl auf den anwesenden Minister wegge lassen wurde."" Die „Freisinnige Zeitung" hat ganz recht mit ihrer Bermuthnng, daß der CnlinSminister an den nnterdriickten Versen keinen Anstoß genommen hätte. Es war aber, und Herrn Richter dürfte dies nicht unbekannt sein, durchaus nicht die Rücksicht aus den Eullusministcr, svneer» eine dem Rcdacteur der „Frcis. Zig." höchst »ncr- wünschlc Erwägung, welche jene» Eensurslrick veranlaßle. Man fand nämlich noch rechtzeitig, daß die Verse ans de» Fürsten Bismarck Passe», beziehungsweise aus die nnerbört unwürdige Behandlung, welche dieser Größte und Verdienteste der Nation erst kürzlich wieder in der Presse jener Partei erfahren hat, die im Berliner Natbl'ausc die herrschende ist. Es ist eine erfreuliche Regung des Scham gefühls, welche die Unlerdrücknng jener vom Dculschfrcisinn, Feuilletsi*. Dämmerungen. Roman kn drei Büchern von Rudolf von Gottschall. ZZ> Nachdruck »erdolen. (Fortsetzung.) An einem Tage, an welchem er die Runde bei den Theater- damen machte, die er ebenfalls gelegentlich abphotograpliirte, körte er zu seinem Erstaunen zweimal den Namen der Frau Abraham nennen: zuerst von der zweiten Liebhaberin, Käthe Blau, einer jungen Dame mit schwärmerischen Zügen, denen inan die Trauer über die Erfolglosigkeit ibrcr künstlerischen Bestrebungen anmcrkte. Sie wirkte eben oft als gesanglose Liebhaberin in Operetten mit — »nd wenn einer der von ihr dargcstcllten Schönen Dichter und Componist ein Lied zugcwcntet hatten, so vereinigten sich die Rotbsiislc des Regisseurs und des CapcllmcislcrS, dasselbe zu streichen-, sic gekörte eben zu den bösen Menschen, die keine Lieder haben. Daher der ewig schmollende Zug um ihre Mundwinkel, den böswillige Freundinnen ihr sogar als Koketterie auSlegten; denn mit diesem „muffigen" GcsichtSauSdrucke, den sie zur Schau trug, stand ihre katzenarlige Beweglichkeit und Ge schmeidigkeit und daS Begehrliche ibrcS ganzen Wesens in zu ausfallendem Widerspruch. ES war, als cb der Kops einer Bild säule der Melancholie aus den Leib der Statue einer Bacchantin gesetzt worden wäre. Ihre Freundinnen nannten sie immer „das blaue Wunder" oder auch „daS betrübte Eichkätzchen". Sie erzählte ihrem Besucher von einem neuen Verehrer, der ibr allabendlich Kränze zuwende, obschon sie, wie sic mit ihrem schmerzlichen GesichlSauSdrucke hinzufügte, doch nicht allzu oft dckeutendc Nolle» spiele. „Es ist Herr Bankier Seitcr, ein alleinstehender Millionair, ein Herr in seinen besten Jahren. Seine Visitenkarte hängt stets an seinen Kränzen. Möglich, daß meine traurige Ge- mütbsart ihn anziebt... er ist ja auch traurig, denn er ist Wittwer. Ich terute ihn im Salon der Frau Abraham trunen." „Jm^Salon der Frau Abraham?" fragte Lothar erstaunt. „Sic basen sehr vornehme Ausdrücke, um ein Möbellager zu bezeichnen." „Ach spreche nickt von ihrem Möbellagcr, sondern von ihrem Sajon." „Ich kcnne nur ihr Möbellagcr." „Da kciincn Sie nur die Puppe, nicht den Schmetterling." „Ein Salon? Doch sic hat mir nie ein Wort davon gesagt!" „Tann wurde» Sie von ibr nicht für voll gehalten. Tic Herren müssen ins Gewickt fallen, die Dame» dürfen zu leicht hcfnndcn werden." In den Augen des blaue» Wunders zuckten einigt lustige Flämmchcn und um die Lippen ein Läckeln, das bald wieder verschwand und der verdrossenen Trübseligkeit Play machte, welche die Unterlivpe herunterzog. Die Mittbeilung des Fräuleins Blau beschäftigte Lolbar aufs Lebhafteste. Sein zweiter Besuch galt der geseicrlcn Nebenbuhlerin der Teresa Stern, einem neckischen, lustigen, toboldartigcn Mädchen, Leontine Eckcrdt, einem Sprühtcufelchcn der Operette. DaS war ei» Liebling des PublicumS, gegen den die ernste Teresa nickt anfkommen konnte. Das brünette Kind mit den kurzgeschnittencn Haaren, dem kecken NäSchcn, den sunkelndcn Augen, de» vollen Lippen und einem zierlichen Körper von überaus anmutbigcn Bewegungen hatte der Chronik des Theaters noch wenig Stoff gegeben: sie war überall zugegen, ließ sich feiern i.ud verherrlichen, lächelte fröhlich, wenn ibr Triumphwagen immer neue» Vorspann erhielt, batte keine Scheu davor, in einem großen Herrcnkreise die einzige Dame zu sein, prüfte den gcseljschast- licken Boden nicht, aus dem sic sich bewegte, mochte derselbe »och so unterhöbll sein — und bei alledem halte sic nie eine nachweisbare Liaison; cS durste sich nie ein bevorzugter Berebrcr ihrer Gunst rühmen ; sie war liebenswürdig gegen Alle, aber sie war blitzartig verschwunden, wenn sie ein schwärmerischer oder stürmischer Bewerber sesseln wollte Und wenn fick auch einer ernstlich nm ihre Hand bewarb: sie schien durchaus nickt geneigt, ihre Freiheit zu opfern Lothar batte, el>e sein Herz von Teresa gefesselt wurde, diesem Wiltseurr den lebhaftesten Antheil geschenkt; er batte es an Liebes erklärungen nicht fehlen lassen, die aber stet« mit lustigem Lache» ausgenommen und abgelcluit wurden. Und wenn er diese Unerreichbare jetzt inebrmals wieder besuchte, so geschah cS nicht des Modells wegen, obschon sich Lcontine trefflich durchs Fenster zeichnen ließ und obschon er die Ansichten eines berühmten Romanschriftstellers lhcille, daß man ein Modell haben müsse, nm einen lebenswahren Charakter zu schaffen, »ein, cS geschah um TcrcsaS willen. Hier konnte er von ibr hören, hier vielleicht sie gelegentlich selbst lrcsscnz denn die beiden Nebenbuhlerinnen verkehrte» freundlich mit einander, so weit eS TcrescnS menschenscheue Sliinniungen erlaubten; und so schnippisch Leontinc den geniale» Lothar behandelt batte, als er ihr selbst den Hof machte, so entgegenkommend war sie, wenn cS galt, seine Neigung zu Teresa zu begünstige». „Es ist eigentlich unrecht", sagte sie, „wenn ich meine Hand dazu biete, sie mit einer Freundin zusaminenzubringcn. Sic sind ein Kraftmensch, ein Genie, ein Ungeheuer . . wenn man näher Hinsicht, bcinerkt man, daß Ihnen Feuer auS dem Munde dampft. Sic wollen ja die ganze Welt »msturzen, und Ihre Schuld isl S nicht, wen» sie noch so leidlich fort besteht. Auch sind Sie nicht »ici» Geschmack, Herr Lotkar .. da« wissen Sic! Und nickt einmal Ihnen zu Liebe bin ick so bereit, die Steine auS dem Wege zu räume», die zwischen Ihnen und Teresa liegen. Nein, nur um der Freundin willen geschieht eS. Ich möchlc sic ansrütteln aus dem ewigen Halb- schlaf, in dem sie sich befindet, auS der grunklosc» Traurig keit, die ihr zur ander» Natur geworden ist . . und dazu gerade sind Sic z» brauchen, obschon Sic im Ganzcn ziemlich »»brauchbar sind, Herr Lothar! Doch Sic sink eben «prciig- stofs und dazu geeignet, das Gewölbe einer lebendig Begrabenen zu sprengen!" „Nun, da Sie so wohlwollende Absichten hegen, so ver schaffen Sie mir reckt bald die Gelegenbeit, inu Teresa zu sanimenzukouimen. In ihrer Wohnung ist sie ganz unzu gänglich." „Ich weiß cs. . sie bat eine Garde von Bäckerjungt» und schreienden Kindern »in sich . . eine wirkliche Tanle, die sich als solch« legilimircn kann u»v dir nicht zum feinen Gebäck gehört, einen Onkel von grobem Schrot und Korn." „Nun . . und Sie wollen mir Helsen?" „Ich will'S . . doch eS ist nur dann möglich, wenn Sic im Salon der Madame Abraham als Gast erscheinen." „Ich werde die würdige Dame bitte», mich einzuladen. Und Teresa . „Man muß sich ibrer mit List und Gewalt bemächtige», wenn man diesen Meblwurm ans Mcbl und Kleie berausgrabcn will. Ick feiere morgen meine» GcbnrtS tag . . und da bat mich und meine Freundinnen Frau Abraham ani Abend zu sich cingeladen. E« ist dies sehr liebenswürdig von ihr; aber sie weiß anck, daß wir ibrem Salon zur Zierde gereiche»; das glauben Sic dock anck, Herr Lothar? So vcrwabrlost sind Sic doch nickt, daß Sie »nsern Werth für ciiic» derartigen Salon unterschätzen ?" „Derartig? Welcher Art ist derselbe denn?" „Soll ick Jbncn eine »cbcrraschung verderben? Kommen Sie und überzeugen Sic sich selbst. Teresa kennt ihn ebenso wenig wie Sie . . ich sagte ihr nur, daß wir mein Gcbnrls fest »n Salon meiner Freundin feiern wollen . . und sic kann »nd will sich nickt ansschlicßcn. Ob sic daS zweite Mal z» Frau Abraham kommen wird, das wage ich nicht z» entscheiden." „Sie selber aber besuchen den Salon wohl oft?" „Gewiß, mich sicht weder Wind, noch Wetter an, und wo ich mich amnsirt, dahin gebe ich und müßt' ick bei den sieben Todsünden das Entröe bezahlen. Ich bin ein tapferes Mäd chen, Herr Lothar, und webre mich meiner Haut, und die Meinung der Well tiimmcrt mich nickt. Nur dann, wenn man ansingc, mich häßlich und nnaiigenchni zu finden, würde ich einiges Gewicht daraus legen und den SchiedSrichterspruch meines Spiegel« in Anspruch »cbnicn." WaS ihm die kleine kecke Lcontine niitgctbeilt. daS machte einigen Eindruck ans Lothar. . vor Allein aber trieb il>» seine Sebnsucht, Teresa wicterzusclien, in das Möbellagcr der Fra» Abraham, die, wieder in ibr Kopftuch gcküllt, beim Scheine deS ewigen Lämpchens wie eine bnnle Larve hinter ihrem Pulte bockte Als Lolbar sein Anliegen vvrgebrachl, warf sic ihm auS ibrcn Adlerauge» einige scharf- prüseiidc Blicke zu: „Diese Lcenlinc ist ein thöricht geschwätziges Mädchen; eS handelt sich um ein Geheimniß . . ich habe meine Gesell-
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