Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.10.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189210236
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18921023
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18921023
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-23
- Monat1892-10
- Jahr1892
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.10.1892
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
t> der Hanptrrpeditio, od« de» t» Stadt» tqirk «ad de» Vororten errichtete» AoS- Deutschtand n»d Oesterreich: virrteljLdrlkch -4 k.—. Dtrect» tägliche Kreuchand'endung tat Ausland: monatlich 9.—. LieMorgen-Ausgabe erscheint täglich>/,7 Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentag» 5 Uhr. Ardactioa oud LrpkLitioa: L»h««»e»,affe 8. Dte lkrvedttiou ist Wochentag» ununterbrochen getssurt van früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filiale«: ktt, ««,«'» «orttm. («lfre» Hatz»). Universitätäirrab« 1, Lont« Lösche. ikathariornstr. Ich vart. und «ünigt-Iah 7. nWgcr,Tagtl>latt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- nnd Geschäftsverkehr. . J«sertio«SpreiA Die 6 gespaltene Petitzeile LS Psg^ Reklamen unter dem Nedactionsstrich lägt» spaltet» 50^, vor den Familieauachrichten tügejpallen) 40 aj. Größere Schritten laut unterem Preis verzeichnis. Tabellarischer und Ztssernjatz nach höherem Tarif. Extra »Beilage« (gesalzt), aur mit ter Morgen-Ausgabe, obne PosldekSrderung LU—, mit Postdejvrderuug ^ 70—, Ännal,meschl«ß für Inserate: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags «Uhr. Sonn- und Festtags friid '/,9 Uhr. Lei den Filialen und Aunadmeslelle» »e ein» halb« Stund« sruher. Laserat« find stets an dt« Extzedtttan zu richten. Druck nnd Verlag von E. Pol» i» Leipzig. 543. Tonntag den 23. Oetoder 1892. 88. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. In der Mnaelrgenüeit. den Raubankall a»f den Eclddrteftraaer in der Königsstratze dctr., ist a« LI. diese» Manat» eine Anzetgr, U. 8. unterzeichnet, »ittrl» eingrschrtedenrn Brios» dem Polizriamte vier zu- gegangen, in welcher der Anzeigeerstatter die Ansuicrt- iawtett auf eine bestimmte Person lenkt, dtr er l»r; vor »er Thal in der Mürnbrrarr Ltratze »ach der Käniasstraftr zu habe geben sehr». Nachdem inzwischen sich ergeben ha», Satz diese Mttthcilung für die Untersuch»»» vo» Werth sei» und eine nähere AuskuustSerttzctluug den via»» der letzteren »rsrntlich fördern kann, wird »er Schreiber dieser Anzeige hiermit ausgHorbert, sich ungesäumt an Bnrraustelte der »äniglichen Staatsanwaltschaft, Harkartftrasze II. I., z» ueldrn. Labet wird gleichzeitig bekannt gegeben, bas; aus; er »er bereit» au»grsetztrn Belohnung von Em- »unbert Mark auch die kaiserliche kber-Poftbireetton eine velahnuug »an Zweihundert Mark Inr denjenigen anSgesrtzt hat, dnrch dessen Hilfe die Er greifung der Verbrecher gelingt. Leipzig, «« SS. vrtober 18S2. KSuigttch« Staatsanwaltschaft. >mxel. Die Sitzung der Stadtverordneten sollt in dieser Woche aus. „ Leipzig, de» 23. October 1692. Der Stadtverordnetcn-Vorfteher. vr. Schill. Lekanntmachung, die 8-hluug leerstehender Wohnungen brtr. Wie alljährlich, soll auch in diesem Jahre am 1. November eine Zählung leerstehrnder Wohnungen und Geschäft-local« durch unser lutistisches Amt vorgenommen werden. Wir fordern demgemäß dt« Herren Hausbesitzer und Hausner- «alter auf, die ihnen zugehenden Formulare vollständig und richtig uszufülle» und zur Wiederabholnng nach 3 Tagen bereit zu halten. Letpätg» de» LI. October 1892. Der »at» der Stadt Lelbzig. de. r Sb X. IsSL. vr. Georg i. Hasse. Gesucht wird der am 4. November 1852 in Bnnaburg geboren« Handel-mann Earl August Schtldt. welcher zur Fürsorge für seine Kinder anzuhalten ist. Leipzig, de» 20. October 1892. Der Math der Stadt Leipzig. Armcnamt Abth. II. X. L. II, 1S332.Hentschel. Mr. er Thama»-«trcheuexpcditton. Thomä-ttrchhof 29. am 2« 27. October auch in der Sakristei der Thoma-kirche ab. Lekaniitmachung, »ie A»«eld««g »nr l»irchenvorstand»wähl in der Ttzoma»- ktrchgemeinde betreffen». Nach 8- 17 der Ittrchenvorsland». und Synodalordnung findet demnächst eine Ergänzungswahl de« Tbomaskirchenvorslandes statt. Stimmberechtigt sind alle selbstständigen, in dein Thomaskirch- spiel wohnhaften Hausväter (Haushaltungsvorstciiide) evangelisch- lutherischen Bekenntnisses, welch» das 25. Lebensjahr vollendet haben, verheirathat oder nicht, mit Ausnahme solcher, die durch Verachtung des Worte» Gottes oder «mehrbaren Lebenswandel öffentliches, durch nachhaltige Besserung nicht wieder gehobene» Aergerniß gegeben luden oder von der Stimmberechtigung bei Wahlen der politischen Bemeinde ausgeschlossen sind, sowie derer, welchen durch Beschluß der Aircheninspection di« kirchlichen Ehrenrechte entzogen ivorden sind. Alle, welch« ihr Stimmrecht auSüben wollen, haben sich entweder »ündiich oder schriftlich anzuinelden. Mündliche Amneidungen werden in der Sakristei »er TbomaSktrchr Mittwoch, den 26., und Danneratag. de» 27. October. un »nterbroäM von Bormittag» IS Uhr bt» Nachmittag» 4 Uhr emgeaenqenommen. Schriftliche Anmeldungen mit genauer Angabe 1) de« Bor. und Zunamen«, 2) de» Standes oder Gewerbes, 8) de» Geburtstages und .Jahre«, 4) der Wohnung löimen vo» heut» au bt« »um 27. vctater, Nachmittag» 4 Uhr, io der und gegebe» werden. Fum ThomaSttrchsptel gehürea nachstehend« Straße» bez. Sttaßrn theile und Plätze: Alter AmtShof. «arfaßgäßchen Nr. 1—11, Banhofftraße Nr. 1 bi» 7, 2—8, Beethovenstraße, Brüderstraße Nr. 1—23, 2—28, Kleine Burgqasie, Lurgstraße. Earl Tauchnitzstraß« von der Promenade bis zur Mo.zartstraßk, Leutralstraß», Torocheenpiatz Nr. 1, 4 und 5. Torvtheenstraße, Elstersttaße Nr. 2—48, Erdmannsttaße Nr. 1—17, Ferdinand Rhodeslraße vo» der Carl Tauchnitzstraß« bi« zur Mozart- straffe. «leine Fteiichergaffe von Nr. 1-7, Frankfurter Sttaße Nr. 13-23, Gottschcdsiraße, Arassssiraße von der Carl Tauchnitz, bi« -vr Mozartsttah«, Grimmaiiche Straße Nr. 2—18. Harkortsirahe, pärtelstraße Nr. 2—18, Jablonowstysireße, Slostergasse, König«, vlatz. Kramersiraße, kurprinzstraße, Lainpestraße Nr. 1 und 2, Leplayslraß«, Lessingstraße Nr. 1—29, Liebigstraß« Nr. I—II. Markt Ar. 10—17, Markthallenslr., Mozarts», rech»« Seite von der Stmson> vnd Wilhelm Seyfferthstraß« auS, Moritzstraß», Mühlgaffe, Münv gaffe Nr. 2—28, Neumarkt Nr. 2—40, Nürnberger Straße Nr. 26 -54, Obstmarkt. Peterskirchhos, Peterssteinweg Nr. 1—15, 2-8, Petcrsstraße, An der Pleiße, PoniatowSkvslraße, Preußer- gißchen, Promenadenstraße Nr. 1—21, 2—24. Sioßplatz Nr. 1—11, Noffsiraff« Nr. 2—22, Rndolphstraße Nr. 3—7, 2- 8, Schillerstrab« Nr. l—3, Schloßgasse, Schulstroße, Schwägrlchenstraße, von der Veeihovensttaße bi« zur Mozarlstraße. Simsonsttaße Nr. I, Sporer- aäßchen, Sternwartenstraße Nr. 1—47, 2—22, Thomasgäßchen, rhmnaSkirchhos, Thomasichule «Hillerstraße 6-10, Echreberstr. 9), ldvmasiussttaße Nr. 9—17, 8—24, Lurnerstraße Nr. 1—25, 2—20, UlriLSgasse, Wächterstraße. Weslsttaße Nr. 1—15, 4—10 und da« Wärter Häuschen im Johannapark Kat. 6. Nr. 57, Wilhelm Seyffrrth« straße, Windmühleastraße Nr. 1—39, 2—24, Zimmerstroffe. Tie stimmberechtigten Glieder der Thomatktrchgemeind« fordern wir hierdurch dringend auf, sich an der bevorstehenden Wahl recht zahlreich zu betheiliaea und zu diesem Zwecke ihr« Lumeldaug in einer der gedachten Arten rechtzeitig ,» bewirke». Leipzig, den 23. October 1892. Drr vatzlan»schotz für »»« »trch»»Vorst««b»w«hl b«r ThO««»ktrch,,mrtnbe. v. Pa»t, Besitzender. Sau-Arrat, st »tchstn Rät» de« B«tz«»«f» »,d der H«rth»«lb»»g schä» t»«t>>h Hot btstsg g> «wänrse» »« h> jfWg>t>> Leklmntmachung. Wegen Neinlguiig der wcschästSrLumr können in unserem Melde- amte, Wächlerslrahe 5, am 24. «nd 25. diesrS Monat» in Slbideilung 1, Buchstabe X.- I,. jsur bleibende Einwohner) nur Lringiiche Gejchuiie erledigt werden. Leipzig, am 19. October 1892. Tas Polizriamt der Stadt Leipzig, v. R. 3732. Bretschneider. Hiersemann. Jur Lage. ÜS lastet der Truck der Ungewißheit über da« Kommende auf dem gesammie» politischen Lehe». W*a» die Negierungen und daö Boik der europäischen Großmächte wolle», liegt klar » Tage, »nd wo cS nicht der Fall ;» sei» scheint, ist die Inklarbeit künstlich herbeigcführt. Am stärkste» leidet aucscn- chciulich Teulschland unter der Ungunst der Berhäliiiisse, welche Schweigen über TaS zu cmpsehle» scheint, was Alle bewegt und beschäftigt. Gras Caprivi hat de, Ueberreichung der Militairvorlagc »n Bundesratste eine große Rede gehalten, ür weiche den Hörer» »»idetingleS Schweigen zur Pflicht gemacht worden ist. Wir haben bisher rergchlich auf irgend eine zuverlässige Kundgedung von ainllichcr Seile über die Slellungnadnie der preußischen Regierung zu den Beschlüssen der Mainzer Kalholikeiiversanimlnng gewartet, sic ist nicht erfolgt. Tagegen hat eine (irllärung de» Pro- icssorS Harnack über da« evangelische Glanhenödekenntniß licsc Erregung in orlbvdopcn Kreisen hcrvorgerufen, die gcsainmte übrige evangelische Welt drückt Harnack ihre Zustimmung darüber au«. daß der persönlichen Aussassung aller aus Wunder gegründeten Lehre» volle Bewegung«- rcibeil zu lassen ist. Bisher ist kein Schritt geschehe», der wie ein Ketzergericht gedeutet werden könnte, aber inan bat auch nicht vo» amtlicher Seite für Harnack Partei ergriffen. Aller Augen sind ans die Feier rur Einweihung der iviedcr- hergcsteUtcn Schloßkirchc in Wittenberg am 3l. Lctobcr gerichtet, weil bei diesem Anlaß der König von Preußen und deutsche Kaiser als Oberhaupt der evangelischen Kirche in Teulschland eine Rede halten wird. d.e hoffentlich dir zukünftige Stellung der beiden Eonsessioncu zu ein ander genau seststrllen und die Grundsätze bezeichnen wird, nach welchen sich das schwierige Bcrbältniß regeln soll. Wir bedürfen einer solchen Klarstellung von autoritativer Seite um so mehr, als unser Partei leben unter der beherrschenden Position, welche da« Centrum im preußischen und bäuerischen Landtage wie im dcutschen Reichstage einnimint, schwer leidet, so daß allmälig da« Interesse an den öffentlichen Angelegenheiten schwindet und eine Verdrossenheit und ein Mißmulh Platz greisen, die stets den Anfang des Niedergänge« der Völker bcdcntct haben. Wir bedürfen einer Erhebung unsere« prolcstan tischen Bewußtseins, wenn wir nicht de» Ankergnind unseres nationalen Dasein« verlieren wollen, wir iönnen un« nicht immer und immer wieder aus den kalltttZwcckiiiäßiglcil«- Standpunkt de« parlamentarischen Leben« stellen, wenn wir nicht unsere idealen Güter darüber cinbüßen sollen. Seit dem Jahre 1879 sind alle Vorlagen der Regierung in Preuße» und im Reiche nur mit Rücksicht aus die Ecntrum«partei auSgearbcitet worden; man hat ibr Zugeständnisse über Zugeständnisse gemacht, um die Bewilligung der für die Staat«- und Roick«- auögabcn nöthiacn Mittel zu erlangen, die Volksvertretung ist in Folge desseloenStrebciiS allmälig fastganza»« einer Volls- vcrlretung zu einer Interessenvertretung herabgesunken. Wir haben nur noch Parteien, welche die landwinhichaftlichen, die industriellen, die kirchlichen und die socialen Interessen ver treten, aber Fragen, die da» ganze Volk in seinem Lebensnerv treffen, kommen im Parlament kaum noch zum AuSlrage, sondern außerbalb diese» Kreise». Die Universitäten, die Städte, der liberale Gedanke haben dem preußischen Volks- schulgesctzentwurf den Todesstoß versetzt, im Parlament selbst ist die Entscheidung nicht gefallen. Wir haben stet« der Meinung Beifall gezollt, daß zuerst daS Leben sichergestellt sein »lusi, bevor die übrigen bereck- tigtcn Forderungen rrsülll werden können, aber wie gestaltet sich die Sache, wenn die Anforderungen, welche zur Sicher stellung dcS Lebens erhoben werden, so groß sind, daß dar über die Lust am Leben verloren geht, daß die Sorge ui» die Herbcischasjung dcS täglichen Brode« alle anderen Empfindungen in Len Hintergrund drängt? Wenn e« erst so weil gekommen ist, daß selbst die bcstgcsiniitcn nationalen Kreise sich einer neuen Militairvorlage von vorn herein ablehnend gezenüberstellen, wie e« bei der jetzt de», BunteSralbe vorliegenden der Fall ist, dann muß bereit- die Grenze überschritten sein, die für alle» menschliche Thun gezogen ist. Deutschland ist ein armes Land im Vergleich mit Frank reich, aber auch in Frankreich werken bereits die ungeheuren Militairlasten al« drückend empsunben, und in Folge dessen werten die Colonial-Angclcgeiihcilcn in einer Weise ver nachlässigt, wie man cS nicht für möglich ballen sollte. TaS stolze Frankreich demüthigt sich vor den HovaS auf Mada gaskar, e« schlägt sich mit chinesischen „Piraten" in Tonkin verum, ohne dadurch seine» Besitzstand im Lande zu be festigen, r« eröffnet einen regelrechten Krieg gegen da- König reich Dahomey, um nach mebrwöchigen Kämpfen zu der Urbcrzcuaung zu gelangen, daß e« den Kamps mit un zureichenden Streitkrästen unternommen hat. Wir wissen ganz genau, au» welchem Grunde die Ver mehrung de» deutschen Heere« an maßgebender Stelle für nötbig erachtet wird, c« ist derselbe Grund, der dem Kriegs- Minister v. Verdy du VernoiS die Worte in den Mund legte: „Dir Lage ist ernst, sehr ernst." E« war schon damals all gemein bekannt, daß die französische Armee der deutschen an Zahl der Soldaten nicht unbedeutend überlegen ist. Seitdem sind mehrere Jahre vergangen, in welchen sich da» Zahlen- verhaltniß »och weiter zu Deutschlands Ungunsten verschoben haben mag, aber es müssen noch andere Gründe binzutrctcn, die an maßgebender Stelle den Entschluß zur Reife gebracht haben, daß nunmehr da- höchste Maß der militairischrn LeistungSfäbigkeit zur Thal werden müsse. Gras Eaprivi lzat diese Gründe im BunteSrathr ent wickelt, und eS gekört keine besondere Propbetengabe dazu, um sie an der Hand der Tbatsachen, wenn auch >n anderer Form und in anderer Reihenfolge, auszuzählen. Dir An- »ährr»n> Nutzlaud« «n Frankreich, welche in dem Arooftädter Flottcnbesuch und vielen anderen Kundgebungen, besonder« von französischer Seite, Ausdruck gesunde» bat, ist osten Var eine sebr crnsle Tbalsachc, die sich nicht durch die Bcmertung abseriigcn läßt, daß dadurch da» europäische Gleichgewicht wieder bcrgcstelll werden sollte. Die Politik, welche Rußland in Bulgarien verfolgt, in Verbindung mit den diplomatische» Schritten, die e« in Koiislanimopel unlcrnominen bat, ui» den Sultan gleichsam zur Rede zu stellen über die Freundlichkeiten, die er Slambulow erwiesen, ist gewiß nicht leicht zu nebme», sondern deutet viclmebr unzweiselbast daraus hi», daß Rußland seine alten Pläne mit größter Bcbarrlicbleit weiter versorgt. Man lönnle auch noch bi»;» füge», daß Griechenland sich vor Abbruch der Beziehungen zu Rumänicn über diesen Schritt mit Rußland verständigt bat, »>» zu zeigen, daß Rußland teine Gelegenheit unbenutzt laßt, seine» E»»>uß auf der Balkaubalbiiisel zu stärke». Das alle« sind Grünte, um die deulfche Wcbrkrast zu größter Leistungsfähigkeit zu entwickeln, aber sic reichen nicht hi», lim eine» »inercn Zwiespa.t zu hegen und zu einer dauernde» Einrichtung zu machen, die dem deutschen Welen fremd und für da« xrolestanlischc Deutschland im höchsten Grade verletzend und unerträglich ist. Wir wolle» ein Deutschland, da» die Kraft besitzt, sich seiner äußeren Feinde zu erwebren, aber wir wollen die Bereitstellung der letzlcn Mittel zur höchsten Entfaltung der Wehrfähigkeit nicht um den Preis der geistigen Abhängigkeit von einer bcrrschsüchligcn Geist lichkeit, die niemals ihren Zweck erreichen kann, sondern stets an der Gleichgiltigkeit der Schüler ei» unüberwindtiches Hinkcr- niß für ihre BclcbrungSvcrsuche finden wird. Tic Hilfe, welche un« die Gciftlichlcil ,»l Kampfe gegen den SoeialiSm»« bringen kann, ist gering, denn sic kann das Lebe» nicht in andere Bahnen leiten, al« in denen cS sich »aturgcniäß bewegt. Wenn der von zelotischcn Geistlichen geleitete Schüler die Schule verläßt und auf die Straße hinanSlrilt, dann wirkt der Pulsschlag de« wirklichen Lebens, wie die Ver hältnisse cS gestalten, aus ihn ein; in der Familie wird er auch nur in den seltensten Fällen die Bestätigung der Lekreu an- treffcn, die ihm in der Schule von geistlicher Seite cingeflößt worden sind, nnd so muß die ganze, mit so viel Mühe und umiöthiger Aufregung ins 'Werk gesetzte Bewegung an dem Widerspruch zwischen den Wünschen der Geistlichkeit und den Anjorderungen der Zeit scheitern. * Deutsches Reich. 88. Berlin, 22. Oelober. Selbst die Harmkosen, die sich bi» zur Stunde die Ezislciiz eine» FortschrittöringcS in der Berliner Gemeindeverwaltung habe» auSredcn lassen, werden jetzt die Täuschung gewahr, denn der Ring droht sich zu lösen oder doch zu lockern, und das dabei ver ursachte Geräusch dringt an Jedermanns Ohr. E« wieder holt sich eine oft beobachtete Erscheinung. Noch eben in de» Fällen Duncker. Stryck, Weber und Löwcl zeigte sich die terroristische Kraft de« Ringes in ihrer größte» Stärke nnd Rücksichtslosigkeit, aber mit diesen „Erfolge»" bat er offen bar seinen Hvbcpunct überschritten, und die auf einmal zum allgemeinen Erstaunen laut werdende Kritik aus dem dculsch freisinnigen Lager lnüpst zum Theil gerade an die jüngsten Kraslprobcn an. Tic unter der geheimen Oberleitung des Herrn Eugen Richter agirendcn Eomnlunaltyranncn er sabrcn plötzlich ganz ernslbaste Opposition. Ihre letzten Stücke waren allerdings auch sebr stark, namentlich die Hetze gegen Slryck und der Fall Löwcl. In der letzteren Angelegenheit gestattete sich die herrschende Eliguc eine Heraus fordcriing der öffentlichen Meinung, wie sie selten erlebt worden ist. Ter Tcuischfrcisinnige Löivcl hatte bemängelt, daß etlichen städtischen Koblcnlicscranlcn der Betrag der zn stellenden Eauliou biiiansgesctzt wurde, wäbrcnt bei anderen Lieferanten die bisbcriacn Eantioncn als genügend er achtet und von einer sehr großen Firma sogar gar keine Eaution verlangt worden ist. Ter Tciitschsreisinnige Löwcl fand dies nicht volllommen eorrcct und besonders bedenklich deshalb, weil — seiner Meinung nach sicher mit Unrecht — sich im Publicum die 'Ansicht von der Bevorzugung jüdischer Lieferanten bilden könnte. Der Etatlrath Mamrolb, der die Entscheibung über die Eautionen ;» treffen bat, ist »änilich Jude, die begünstigten Lieferanten sind cs gleichfalls, und der Mann, von dem man eine beträchtlich ködere Eaution verlangte, ist Christ. Herr Löwcl wollte nichts weiter als den bösen Schein vermieten wissen, vor dem Verdacht anti semitischer Ansichten mußte ihn schon seine langjährige Zugehörigkeit zur deulschsreisiniiigen Parte, schützen. Ta« ibat aber Alles nichts, der — Ebrist wurde verbrannt. Herr Löwcl wurde förmlich vervcbint und dadurch zum Austritt aus der betreffenden Deputation gezwungen. Herr Mamroth wurde unmittelbar nach dem Vorfall zum Vorsitzenden einer weiteren Deputation gewählt, wodurch seine Macht- besugniß, gerade in geschäftlichen Tiiigcn, eine außer ordentliche Erweiterung erfahren hat. Solchem Verfahre» gegenüber reicht die Milch frommer Denkungsart selbst bei Leuten nicht au«, welche sich bisher durch erstaunliche Lammesgeduld über einen reichlichen Besitz jene» den Regierenden so angenehmen Saftes auSgcwiescn habe». Das Murren ist hereiis so laut geworden, daß der Hochmögenke sich genötbigt sicht, in seiner „Frcis Zlg." von einem Eommunal-Neptil Beschwichtigungsartikel schreiben zu lassen — rin höchst seltener Fall. Der Unmutb über die Assaire Löwcl wiegt jedoch federleicht gegen die offene Kriegserklärung, die da» „Berliner Tageblatt" an die regierende Eliguc ergehe» läßt. TaS Blatt des Herrn Messe ist politisch zwar voll kommen einfliiß- und bcdcntungüloS, aber auf coniinunalcm Ge biete liegt die Sache ander-, und der völlige Frontwechsel, den e« in deni „Götterdämmerung im Rotben Hause" Uberschriebencn Artikel vornimmt, schließt jeden Zweifel daran au«, daß Herr Mosse den Boden ge nügend vorbereitet für seinen überraschenden Schritt be funden hat. Uebcrraschend dcSbalb, weil der Artikel mit einer an dieser Stelle niemals erlebten Frcimütbigkeit geschrieben ist. E- wirb nickt nur dir Epislenz eine» Ringe», von „Cliquen unk Eotcrien" zugcstandrn, sondern — wo ist die Parteiknute, Herr Richter? — eingeräumt, daß bei der Cliguenbiltung und Cliguenpolftii da« deutschfrrisinnig» Partei-Interesse maßgebend ist. „Wir sind doch", so lautet der Tadel über di« geübte Behandlung der Parte» als Selbstzweck, „wir sind dock nicht freisinnig, um freisinnig zu sein, sondern weil wir glaube», daß die Wohlfahrt des Volke» bei der freisinnigen Partei am besten ausgrdoben ist." Folgt die Feststellung, daß dieser Glaube i» Bezug auf die Berliner Eiattverordnklen Bcrsaniinlung getrogen bat, daß dort viel mehr ein „Schlendrian" ciugcrisscn ist. DaS ist aber lange »och nickt Alle». Der Artikel gicdt zu, daß der verstorbene Herr v Forckeiibeck. weil er selbst eine redliche Natur gewesen, leinen Blick für da» Strcbcrtkn m batte,daSsich an ihn krängte. „Daker gelang c« kleineren Geistern in der Stadtverordneten versaniiiiliiiig, zn Eiusluß zu gelangen, welche in ibrer Selbir- übcrichätzuug sich für Götter ballen und keine anderen »eben sich dulden." Mit dieser Selbstüberschätzung geht das deutsch reisinnigc Blatt »un sürckterlich in» Gericht. Wir brauchen nickt weiter zn ciliren, denn das „Lcipz. Tagebl." bat die Kraiislelle» de» „B. T." über den „co mm» na len Chau vinismus, der keine selbstständige Meinung anerkennt und in jeder Kritik einen Verralh an der gute» Sache siebt", über die „BerauschunZ der Stadtgötter an der ewigen Wiederholung dejsen, was Berlin Große« geleistet bat, ebne zu prüft», ob es auch weiter Großes leiste"; über den cingctretcnen „Stillstand", die an Stelle der Sachkunde sich breit machende „öde 3c o n t ine" mit all ihre» schlimmen Folgen, über da« Hintertreppenwesc» ,c. bereits mitgclbeilt. Die End ziele diese» Angriffes, der seiner Natur nach weitere nach sich ziehen muß, wird man nickt überschätzen dürfen. Wabr- sck'kinlich sind sic richtig mit dem Worte gekennzeichnet: öl» tt>i> guo z'v me melle — köre auf zu mißwirtbschafte». tamii ich auch einmal »iißwirthschafleu kann. Aber ans diese Zwecke kommt es nicht so sebr an, als aus den Umstand, daß cm keulschsreisiiiiiigeo Blatt, da» biSber in der Be weihräucherung der Stadtverwaltung es allen zuvorgethan, irgendwelche Zwecke nickt zu compromitliren befürchten muß, wenn es eine derartige Sprache führt. Der Berliner deutsch- freisinnige Ring ist i»S Wanke» gekommen, und da der eommunale Terrorismus — trotz der Ableugnung des Herrn Richter — mit der politischen Tyrannis eng verknüpft ist, können die Berliner Borgängcr für die Entwickelung de» deutschen GcsammtliberaliSmuS höchst bedeutsam werden. O. II. Berlin, 22. October. Die neue Militair vorlage soll von der Socialdemokratir all besonderer AgitationSstosf benutzt werden: in den nächsten Tagen sollen die „Genossen" überall in Protesten gegen diese Vorlage ihre Meinung z»ni Ausdrucke bringen. In Süddeutschland entfaltet in dieser Hinsicht die Socialdemokratie eine ganz außerordentlich lebendige Agitation; am Montag werden sewobl vo» Volttnar in München, als auch Grilleiiberger in Nürnberg über das gleichlautende Tbcma: „Die nclic Militair Vorlage und die abermalige Belastung dcS Volkes" sprechen. Auch die Frauen sollen gegen die neue Militair Vorlage, so weit cS möglich ist, Stimmung macken. Bemcrleiiswcrlo ist, daß gerade die „Gleichheit", daö social demokratische Blatt sür die Arbeiterinnen, gegen die Militair- Vorlage eine» Artikel bringt, der an Heftigkeit Alles über- trifft, was da» Blatt früher geleistet. Es beißt in dem Artikel: „Es ist geradezu ei» Verbrechen gegen ibre Interessen »nd ibrc heiligsten Gesukle, wenn die proletarischen Frauen nicht in den Ruf cinstinimcn: „Für den Militarismus keinen Mann". Wenn Jemand da» Recht bat, dein unersättlichen Moloch Militarismus zuzunisen: „Bi« hierher und nicht weiter", so sind cS die Frauen de» Proletariat», so sind cS jene Frauen, die Schulter an Schulter mit dem Galten, dem Sohn, dem Bruder den barten Kamps um eine jamincrbasle Existenz ringen. Cie vor Allem baden da» Recht zu der Erkärung: „Keinen Man» und keinen Groschen!" Und nickt blos da« Recht, auch die Pflicht, ihrem Wabr- svrnch zur Geltung rn verhelfen." Socialdemokratische Agi tatoren baden wicdcrvolcntlich dieser Tage in Bcrsammlniigen erklärt, daß sie bestimmt bosse», angesichts der Mehrbelastung de»Volkes durch die neueMilitair-Vvrlagc mit 3 Millionen Stimme» beiden nächsten NeichStagSwahlen auswciscn zu können. * Berlin, 22. October. (Telegramm.) Der „Reicks- anzciger" veröffentlicht einen Erlaß de» Kaisers an den EultuSniinister, worin er über die Vorkehrungen gegen die Ebolcra nnd deren nmslchtigc und einsichtsvolle AuS- sübrung seine lebhafte Befriedigung anSspricht. Wen» cS unter Gottes Beistand gelungen sei, die Ebvleragefabr er jolgrcich zu bekämpscn, so baden die ansopscrnden. pslichttrcncn und zielbcwns.lcn Arbeiten der Behörden und einzelner Beamten dazu weftnilich beigetragen. Allen Betkeiliglen spricht der Kaiser seinen Dank nnd seine besonderer Anerkennung an». — Ferner veröffentlicht der „RcichSanzeigcr" die Ernennung des Oberconsistvrialpräsidcntcn von der Goltz zum Vicepräsidciiten des evangelischen Ober- kirchenralheS. — Ausländische Blätter, voran der „Figaro" gefallen sich wieder einmal in allerlei Ausstreuungen üdcr einen angeblichen KrankheitSzustand des Fürsten Bis marck. Das „Hirsch'sche Tel.-Bureau" bat darüber mit Kreisen, welche tirecle Beziehungen mit Barzin nnterdaltcn, Rücksprache genoinmcn und versichern, daß sich der Fürst reckt wobt befinde. Täglich nnlernimmt er längere Spaziergänge, liest stundenlang und untcrbält sich vielfach mit Perfonc», denen er aus leinen Spaziergängen begegnet. Ter Tod Lothar Bucker's, der sein ganze» Vertrauen besaß, hat ibn allerdings tief getroffen und in ibm eine schwcrmüthigc Stimmung bcrvorgcruftn, der er bisher nie zugänglich ge wesen war. Sein jonstigc« Befinden ist jedoch sehr zufrieden stellend. — Ter Wagen des Kaiser« stieß gestern Nachmittag am Pots damer Platz mit einkm leichlen Break zusammen, dessen Deichsel den Mantel de» Kaiser» durchbohrte und seine» Wagen beschädigte. Ter Kaiser blieb unverletzt und setzte die Fahrt fort. — Kaiserin Friedrich bat 50 Guineen zu dem Fond- bei ge steuert, welcher bezweckt, zum Andenken an den verstorbenen Sir Morel Mackenzie da» von ihm gegründet« Hospilal sür kehl» köpf kranke zu vergrößern. — Nach dem „Hamburg. Eorr." ist sür Preußen pro >893 91 ein Mcbr von Matricularuinlagcn sür den ReichshauShalt von 15 Millionen zu erwarten, dem ein ent sprechendes Plus bei den Uebrrweisungen nicht gegenübersteht. (Fortsetzung tu der 1. Beklage.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite