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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921025025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892102502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892102502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-25
- Monat1892-10
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Den» sind auch die Mitglieder des Bundcörathö zur Gebcim- baltung der Vorlage verpflichtet worden, so hat diese buch auch zur Kcnntniß von Personen kommen müssen, lie dem BuudeSrathe nicht angehören. Und unter diesen Personen mag sich wohl die eine oder die andere de sunden haben, die eS für verdienstlicher hielt, Klarheit über tcn wichtigen Entwurf zu verbreite», als die durch jenes risiciöse Treiben genährte allgemeine Unzufriedenheit und Mißstimmung noch mehr anwachsen zu lassen. Ein wirk liches Gebeimniß plaudert überdies die „Köln. Ztg." gar nicht auS, denn fast Alles, was sie mittheilt, ist schon früher .burchgesickert"; cS erscheint nur in geordneter Form unk gereinigt von allerlei Hutbaten, die wahrscheinlich der Phantasie der Herren Ofsiciösen entstammten. Völlige Klarheit schafft freilich auch die Mittheilung des rheinischen Blattes noch nicht, aber das scheint nicht die Schuld seines Gewährs mannes, sondern die Schuld der Vorlage selbst zu sein, die davon absicht, die Zaht genau anzugehen, um die künftig die Präsenzziffer erhöht werden soll. Es wird bekanntlich gesagt, die vorgeschlagene IabrcSdnrchschnittSstärke betrage 492 069 Mann, während jetzt bekanntlich die Maximalstärkc 486 989 Mann beträgt. In der erstcren Ziffer ist aber die zahl der Unterofficicre nicht einbegriffen, während sie in der letzteren einbegriffen ist. Diese Verschicdenartigkeit der Berechnung erschwert die Feststellung der Erhöhungs ziffer ungemein. Die „Köln. Ztg." berechnet sie auf 72037, die .Hamb. Nachr." auf 63 533 Mann, die „Nat.-Ztg." und „Nat.- Ab. Corr." meinen, die Erhöhung werde hinter 90000 Mann nicht wesentlich Zurückbleiben. Daß die Erhöhung des FriedenS- siandeS eine sehr bedeutende sein soll, ergiebk sich jedenfalls »ns der vorgeschlagencn künftigen Zahl der Truppentheile. ?caä, dem jetzt geltenden Militairgcsctz von 1890 zahlt das tausche Heer: Infanterie 538 Bataillone (»ach der Vor lage künftig 7ll), Eavallerie 465 EscadronS (künftig 477), sstlbartillerie 43t Batterien (künftig 494), Fußartilleric ZI Bataillone (künftig 37), Pioniere 20 Bataillone (künftig 24), Train 21 Bataillone (künftig ebenfalls 21); außer dem würden 7 Bataillone Eisenbahntruppen künftig bc- sonkerS im Gesetz aufgcführt sein, in dem solche Trüppcn- lbeile jetzt nicht ausdrücklich stehe». Es würden somit neu sormirt werden: 173 Bataillone Infanterie, d. h. im All gemeinen vierte Bataillone bei den Insanteric-Rcgi- mcnlcrn, ferner 12 EScadronS Eavallerie, 60 Batterien Feld- attillerie, 6 Bataillone Fußartilleric, 4 Bataillone Pioniere; außerdem kämen noch 7 Bataillone der jetzt im Militairgcsetz nicht besonders aufgeführten Eisenbabntruppcn in Betracht. Tie durch diese Forderungen geschaffene Klarheit ist jedenfalls keine erfreuliche — auch scheint sie zu beweisen, daß alle Nach richten, die von einer Ermäßigung der ursprünglichen For derungen wissen wollten, in das Bereich der zu taktischen Zwecken rusgestreuten Fabeln gekörten. Auch was sonst auS der Mit teilung der „Köln. Ztg." bervorgcbt. ist nicht eben geeignet, die durch die früheren osfieiöscn Meldungen hcrvorgcrufene Beunruhigung zu beseitigen. An Stelle der jetzigen facul- laliven zweijährigen Dienstzeit, welche der Armee einen stets vorhandenen Stamm von ca. 45 000 Mann gedienter drei jähriger Soldaten sickerte, soll die gesetzliche zwcifährige Dienst zeit treten, von der nur beim Borliezen bestimmlcr straf- älliger Handlungen abgewichcn werden bars. Tic Beschaffung tcS jetzt schon nicht mehr in nöthigcr Anzahl vorhandenen AuSbiltungSpersonalS der Ofsteicre und Unterossicicre soll durch Erweiterung des CadcltcnevrpS und der Unlcrossicier- chulcn, durch Erhöhung rer Eapilulantenlöbnunge» und Ein- übrnng eines CapitutantenHantgelreS erfolge». Ob taö .'cstcbcntc Manco aus diese Weise gedeckt werten kann, muß ich zeigen; bisher bat man »icbt den Eindruck gehabt, dag die Lö>n»g dieser Aufgabe leicht fallen werte, »nd nack der geplanten Vermehrung der Truppen werten sich die Schwierigkeiten naturgemäß erböhcn. Und warum baS Alles? Die „Begründung", die gar Manches enthält, was in die Vorlage bincingchörte, ist gerade über die überaus wichtige Frage des Warum scbr schweigsam. Sic beruft sich aus Verhältnisse in Frankrcich und in Rußland, die dem Grafen Eaprivi bereits bekannt waren, als er im vorigen Herbst in Osnabrück in der zuversichtlichsten Weise über die Weltlage, die friedlichen Absichten aller Mückle und den unbedenklichen Charakter der „französisch russichen Wechsel wirkungen" sich aussprach und im Reichstage über die Militair- schriftstcller sich lustig machte, wclchePläuc» das Wort redete», die jetzt durch die Mititairvorlagc verwirklicht werten seile». Hat der Herr Reichskanzler demnächst im Reichstage und be sonders in der Eoinmission nicht noch ganz andere „Motive" vorzutragcn, die mit Rücksicht auf taö Ausland in der „Begründung" mit Schweigen übergangen sind, so könne» wir der „unrechtmäßig" enthüllten Vorlage ei» günstigere»' Prognostiken als der ofsieiöS enthüllten nicht stellen unl finden eö scbr erklärlich, daß die „Boss. Ztg." den Parteien zuruft, mit Vorbereitungen zu den Neuwahlen für den Reichstag nicht zu zögern. Tie ungarische EabinetSkrisiö ist auf ihrem Höhe- punct angclangt, und es muß nun in der allernächsten Zeit entweder nach der oder jener Richtung eine Lösung erfolge». Die über den möglichen AuSgang der Krisis vorliegenden Meldungen widersprechen sich zwar in bedeutendem Maße, aber das Wahrscheinlichere ist, daß der Rücktritt Sza- pary'S zwar »och nicht als Thatsachc betrachtet werben kann, wobt aber erwartet werde» muß. Der Anlaß zu dieser für Tzapary ungünstigen Wendung scheint sein Mangel an Voraussicht und kraftvoller Initiative in der Denk mals-Angelegenheit gegeben zu baden. Ofsiciös wirb gcmcltct, daß Erzherzog Alb recht ein Schreiben an den Kaiser richtete, worin es heißt, Szapary bade durch seine Unbedachtsamkeit das Ansehen der Armee geschädigt. Der Kaiser sei geradezu erschüttert über die Feindseligkeit bei Besprechung der Vergangenheit und er habe zu dem .Hoiivct- ministcr gesagt: „RicinalS kann ick» einem Cabinctschcs einen solchen Mangel an politischer Voraussicht verzeihen." Die plötzliche Abreise des Kaisers von Götöllö nach Wien wird denn auch ganz allgemein auf die tiefe Verstimmung des Monarchen wegen der Haltung des ungarischen Minister Präsidenten zurückgesührt. Diese Verstimmung sei nickt sowohl durch den Zwischenfall selbst, als durch dcffen Rückwirkung auf das Ausland herbeigcsührt worden, da bereits mehrere auswärtige Vertreter darüber an ihre Regierungen berichteten. Wenn sich alle diese Miltheilnngcn bestätigen — und es »st kein Grund vorhanden, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln —, dann dürste das Ministerium Szapar» allerdings keine längere AintSdauer mehr haben. Als Eantidatcn für die Ministerpräsidentschast werben jetzt schon genannt: der ge meinsame Fiiianzmiiiistcr von Kalla», tcr frühere ungarische Finanzniinistcr Eoloman Szcll, tcr frühere Ministerpräsident Eoloman Tisza und der Banuö von Kroatien von khncn- Hadcvary. In Paris wird beute die Bekanntgebung des Schiedsspruches des französischen Ministe» Präsidenten Loubet in der Streitsache der Carmauxer Berg arbeiter erwartet. Der Maire von Earmaiip, der Berg arbeiter Eatvignac. wurde in de» letzten Tagen vom Ministcr- präsiteiilcn empfangen, worauf Loubet mit den Abgeord nctcii Millerauk, Pelleta» und Elemcnceau, de» Ver trauciiSmännern der Arbeiter von Carina»», eine längere Besprechung abhiclt. lieber tic Ansichte» Loubct'S verlautete bisher nichts Bestimmtes, auch Calvignac hüllt sich in Stillschweigen. Derselbe war stets von einer Schaar wißbegieriger Zeitungsmänner um schwärmt ; er verrielb jedoch nichts über die Unterredung, die er mit Minister Loubet batte. Bia» will wisse», Loubet babe ver langt, Calvignac solle freiwillig seine Stelle bei tcr Gruben- gesellschast ausgeben, tic dies als auSreichciidc Geniiglbiiiiiig ansebeii »»k ihn daraus wieder anslcllc» und zugleich beurlauben werke. — In Saint Tcniö fand eine Vollsversauiintiiiig zu Gunsten der Carmauper Ausständigen statt. Die Anar chisten, die cbciisalls erschiene» waren, begänne» eine Prü gelei, die großen llmsang annal»» und in der auch tie Messer und Revolver eine Rolle spielte». Mehrere Personcn würbe» verwundet, vier Anarchisten vcrbaflct. Die Anarchisten Ware» in der Minderheit, erhielten schwere Prügel unk wnrbcii hinanogeworfc». Zn anderen Verrichtungen gelangte da»» du» Versammlung v'chl mehr. In der französischen Hauptstadt mehren sich die Besorg- Me. daß der ErobernngSzug in Dahoincy seine» guten Ausgang nebinen »verte. Der „Figaro" veröffentlicht eine aus Miluai» kreisen stammende Darstellung, »vorin kein Feldzüge noch eine monalclaiigcDauer vorauSgcsagt wird. Dem Obersten Dodds werde» schwere Fehler vvrgeworfen, namentlich der Vormarsch gegen Abomeh ohne genügentc Verstärkungen. Es ist bekannt, daß die cingetretenc Regenzeit die ganze Gegend in einen Sec »»ngewantell hat. Totrs hätte, so beißt cs in dem gedachten Artikel, klüger daran gelba», Witdab anstatt Tabenie» zu erobern. Zur Tlirchsührung seines Plans seien nicht drei, sondern zwanzig Millionen Franke» nötbig. Tic Wendung der Dinge in Dabomeh bat deshalb in Paris thalsäcklich bereits in hohem Grade Bciiiirntngling hervorgcrufcn und nickt zum Geringsten sind cS, obwohl sie eS noch zu verbergen suchen, die Regierungskreise, welche an dieser Empfinduiig Thcil nehme». Die Wablbew cgliiig i» Italic», welche bisher nur geringen Anspruch aus Beachtung erheben kennte, beginnt an Kraft und Lebhaftigkeit und wegen bcsoiitcrcr bcrvor- trctcndcr Erschein»».»»» auch an Bedeutung für das Ausland, insonderheit für die iiiir Italien verbündeten Staaten z» zunebnien. Eine solche Erscheinung, die maii nicht als cr- trculich bezeichnen kan», ist der Umstand, daß die radiealen Elemente tcS Landes ihre Stunde gckeiiimc» glauben unk unter Ausbietung aller Mittel, nicht blos tcr ehrlichen, daran gehen, fick' im nächste» Parlament.' eine starke Stellung zu ver schaffe». Niemals, selbst bei Lcbzcilcn Garibaldi s nicht, sind bei einer Neuwahl so außerordentlich viel radicale Canditatcn aus gestellt »vorteil wie dieses Jab». Man zählt deren beute bereit» I7o und jeder Tag bringb weitere. BemcrkcnS- werthcr noch als die große Hakt der radiealen Bewerber, ist der Umstand, daß sich fast alle diese Candikatcn den Wählern als Freunde und Anhänger der Regierung vorstcUcn und von dieser auch dafür anerkannt werken. Um die Unterstützung des Ministeriums gegen einen conservativen Canditalen zu gewinne», hat tcr radieale Bewerber nur nöthig, zu erkläre», daß er „lcgalitariv" sei, d. h. aus dem Boden der Verfassung siebe. Wenn er sich dessen weigert, wie cS ;. B. Fclice Cavallotti lbut, so treten die ofsiciösen Blätter n»b die Regierlingsmascknne allerdings nickt für ihn ein, aber sic hüte» sich auch, seinen Gegner, der fast immer ein Coiiscrvalivcr ist, zu unterstütze» Von dieser Taktik gebt die Regierung nickt einmal in dem Wahlkreise Tram ad, wo der Conservalive Beltrani den »instälhigcn republlkanischen Fana liker Imbriani zu verdränge» sucht. Was ist denn nun aber ter Grund zu dieser besremtcnden Haltung tcr gegenwärtigen italienischen Regierung? Der Grund für tic einseitige Bevorzugung der Rakicaten ist leicht erkennbar. Giotitli will sich ii» ihnen ein. Art Leibgarde gegen CriSpi, seinen stärksten Rivale», schassen und ter Auörotlungskricg gegen die Conservalive» soll Herr» di Rudini matt setze». Es fragt sich nur, ob ter Plan getingen wirb. So viel ist sicher, daß Giolilti ein sehr gefährliches Spiel treibt. Seine raticate» Freunde sagen ibi» zwar, »vir stehen aus Len» Boten der Versassliiig, »nd ergtanbt cs. Scbr viele andere Leute glauben cSaber nickn. Sie erinnern sich, daß die „Lcgatitari" Jahrzehnte hindurch die Monarchie bekämpft haben »nd erst jetzt, vierzehn Tage vor de» Neuwahlen, ihr monarchistisches Herz entdecken. Die Vermulhuiig liegt vcrzwcisclt nabe, daß ihr LiebcSscurr für die Republik ,» ihrem Herzen nicht gänzlich erloschen sei, sonder» nur für die Wablzcit von der Begierde, ein Mandat zu erringe», gedämpft werde. Daß der eine oder aiidere dieser Caiikidaten ehrlich seine liebe»zcugung geändert bat, kann man gtanben, aber I7o solcher Bekehrungen! Hier liegt entweder eine Art Wunder oder eine von den radiealen Führern auSgegebFiie Parole vor. Wir glaube» da« Letzlerr und können die Herren „Lcgalilari" vorläufig noch nichl als sichere Stütze» der verfassungsmäßigen Ordnung in Italic» - anerkennen. Aus Canada kam vor einiger Zeit die Mcl'.Lhg. daß da» russische Kanonenboot „iLabiaka" drei eng tische Lchissc mit Sccbunbssängrr» etwa 5<> Secmcite» von der russischen Coppe» - Insel »» Bebringsmecr entfernt »vidcrrccht tich mit Beschlag belegt habe und daß die englischen Seeleute — im (Ganzen 84 Mann — nicht »nr aus de»» russischen Kriegsschiffe, sonder» auch an» Lande, in Pclropawlowök, von den »nsiischc» Behörden in der schänd lichste» 'Weise behandelt worden seien Anfang September waren die Maiinich.isten der drei consiScirtc» Schiffe wieder in Victoria, Vnlisch Columbia, eingerroffe» und batten ihre Leiten in c>ncm Memorandum geschildert, welches durch die canadische Regierung ter englischen Ceiitralrcgieruiig über mitlelt iviirtc. damit letztere in Petersburg Vorstellungen erbebe. Llglcich Rnßlaiid bisher allgemeinem Gebrauch gemäß anerkannt batte, daß die Territo>ialgcwä»er fick nur aus eine Cniserniing von drei Seemeile» erstrecken und nur innerbatb dieser Grenzen eine Jurisdiction des betreffende» Staates gestattet ist, bat der Coinmaiideiir tcS „Sabiaka", Capiiain von Lcwre», die englischen Schiffe dock» in einer Eni scrniiiig von 50 Seemeile» von der russische» Küste mit Beschlag belegt und dabei noch die Aeußerung gelba», baß er alle Scchlintssänger oder selbst nur mit Salz beladene Schiffe consiscircn »verte, „auch wen» er sie looo Meilen vo» »tissiick'en Besitzungen cnlscrnt finde." Was die Mann schaffen über ibre Bcbaiidlnnz ans dem russischen Kreuzer nud i» dem »nssischeii Hafen erzählen, ist unerhört. Jetzt wird »li» die Nachricht bekannt, daß Rußland in dieser Angelegenheit klein bcigegeden, die Angelegenheit aber in eine» recht mcrkwürdigcii Weise zur Erledigung gebracht hat. Die russische Regierung bat nänitich in London erklären lassen, daß der Capitain de« russischen Kanonenboote» in einem Aiisalt vv» Wahnsinn gehandelt habe und in eine»» Irrcnhausc untcrgebracht worden sei. Feuilleton. Dämmerungen. Roman in drei Büchern von Rudolf von Gottschall. 2ll Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Doch alle diese Gefühle spielen bei mir nur auf der Oberfläche und geben mir nur einen gewissen tie und cliie siir neue Rollen; lies im Herzen aber wohnt mir die Gleich giltigkeit gegen die ganze Traumwelt des Lebens, die in risionairer Beleuchtung vor mir vorüberziebt. Toch cS ist nicht mehr ganz so wie früher ... ick» muß eine kleine Beichte ablegen. Ich habe einen Mann kc»ncn gelernt, mit dem mich eine unerklärliche Snmpalhic ver bindet . . . auch für ihn ist das Leben ein Traumgesicht, aber se>ne Näbe gerade weckt in mir ein Etwa», was über den Traum binausgcbt: ein Gcsübl des Leben», festeren PulS- schlag, Wünsche, die ick in meinem wunschloscn Leben nickt kannte. Er ist nickt schön und ich zweifle, daß er ein be- tentender Dichter ist; meine Licke wird für die Welt eine Unbegreiflichkeit sein; aber was kümmert'» mich? Ich glaube, daß »vir für einander bestimmt sind; unsere Gedanken be gegnen sich immer, ich wacke ans meinem Traumschlas auf, wenn ick ibn erblicke ; er ist mir etwa» Reue», und da» ist mir unschätzbar; denn ich sah und fühlte bisher immer nur das Alle. Ich bade Dir neulich von dem geistreichen Arzt geschrieben, dessen ganze» Wesen so sanft dernhizend auf mich wirkte, daß c» in seiner Nähe wie ein stilles (Gefühl de» Glückes über mich kam. Und noch immer empfinde ich eine leise Neigung, die mich zu ibm zieht . . und ich sehe sein Bilk wie durch einen webmllthigen Flor. Ei» merkwürdiges Zufallsspiel. . der Dichter ist sein Bruder, toch in jeder Hinsicht sein Gegcnbild . . glühend, leidenschaftlich, von wild erregter Sinnesart, ebenso rastlo» in seinen kcrauSsordernten Gctankenspriingen, wie jener maßvoll ist in klarer und küklcr Erfassung der Dinge. Hier der Hafen . dort da» stürmische Meer . . aber eS zieht mich hinan» in den Sturm, der Erd' und Himmel vermischt . . mag er mein webende» Gclock zerzausen, meine offene Brust zerquetschen, den Schaum und Gischt der Tiefe mir ins Antlitz schlendern; er entfesselt auch in mir den Sturm, der nieincs Blute« und meines Geistes träge Wellen aiifwühlt, und in der Gefahr, in der man sein Leben einsetzcn muß, erkennt man erst seinen Werth, und daß cS nickt ein so gleichgiltig Ding ist, wie cs nns scheint, wenn wir am User sitzen und »nS die Haare ablrockncn Findest Du nickt, daß ich anders schreibe, als sonst! Unser Umgang färbt ab . . »nd ich bade mir unwillkürlich etwa« vom Kraststil de» Dichters Lothar angceignet. Ich wobne nickt mehr bei nicincin Onkel, auch daran trägt zni» Thcil Lolbar die Scknlt. ES war dort Altes so kleinbürgerlich, so sainilienbaft. Lothar ist ein Dichter, ein Künstler . . er hält etwa» aus Stimmung. Und eine Küche, in welcher die HauSsran hcrumarbeitet, ein Wohnzimmer, in welchem tic Kinder spiele», als Dilrck,ga»gSrä»»ie passiren zu müssen, da» ist für eine» sck'wärmeri»chc» Liebhaber eine Karte Zumnthung: man sicht dock, die Prosa, zu der das alle» subrt; cS sind sehr beunruhigende Resultate. Stimmung ist Alles in der Kiinst, in der Liebe . . und »venu man de» Pinsel in einen Farbentops taucht, so will man nicht sehen, daß man ihn später in eine» klcistertopf tauchen muß. Ich habe ihm jene Zumuthung erspart; ich nahm ibn nickt an, wenn er zu mir kam . . ich sagte ibm auch den Grund und er verlangte, daß ich auSziehc. Es kam noch etwas hinzu, »vaS »icinen Entschluß befchlennizte: daran aber trugen Onkel und Tante Stobiycr die Schuld. Es sind kreuzbrave Leute: aber »vo cö ihren Nutzen gilt, da nehme» sie» nickt so genau mit der Moral. Beileibe denken sie sich »ichl« BöscS dabei — aber darin besteht ja ihr Unrecbt. Sic »vollen baS A und das B, aber daß das C darauf folgt, davon wollen sie nichts wissen. Ihre Geselle» batten gestreikt .. ein nach- abmcnSwcrthe» Beispiel für uns Künstler und Künstlerin»«». Wir sollten der Direction auch einmal ihre» überheizten Ose» kalt werden lasten, denn wenn wir nichts einbringen, wo komme» denn die guten warmen Semmeln her? Durch den Streik der Gesellen waren aber tie alten Leute in große Verlegen beit geralbcn; sie konnten ibre Micthc nickt bezablc» und fürchteten, ter Hausbesitzer werbe sic an die Luft »ctzcn. Uni da» zu verhindern, bedurfte e» liebenswürdiger Fürsprache, und obsckon die Tante sich sonst alle» Liebenswürdige zutraut, so war sie dock» für diesen Ernstfall bedenklich. Und da dachte sie an mich, und auch Herr Stobiver fand diesen Gedanken sehr praktisch; denn der Hausbesitzer, rin Herr Fabcr, sei sehr cmpsänglich für weibliche Schönheit »nd »verte mir als ciiieni hübschen Märchen ein ge »icigtes Ohr schenken. Ei» wenig TicbSgelüst, ein wcnig Kuppelei . . das verträgt sich mit dem Gewissen tcr ehr barste» Bürgersleute, »vcnn'o nicht anders acht! Tenn sie schickten mich dock, in eine offenlunrige Gefahr »nd balle»'» übernvinmcn, mich zu beschützen. Was kümmerte mich aber Herr Faber? Ich tbat gern meinen Verwandten diesen Gefallen . . ick fand den Herrn bei einer Flasche Rolbivcin, der ganze Tisch war mit GctdroUen bedeckt. Es war tcr große Festtag der HauSeigenthümer .. der Erste des Onartat». Er erhob sich ungern von seinem Lehnstuhl, »achkcm er mit den Froschaugen an» seinem quabbeligen Gesicht zu mir berübergebtinzelt: er hielt cö für nötbig, galant zu sein . . ick batte ja, wie ick» »nr zu bald erfuhr, Eindruck auf ihn gemacht. Ich brachte mein Anliegen vor, nicht sehr ver bindlich, nickt derart, sondern ganz geschäftsmäßig. „Herr Stobitzcr!" sagte der freundliche Herr, indem er niir »nd sich ein GlaS Wein eingoß, „hätte mir keine an- mutbigcre Villstellerin schicken können. Ich bin eigentlich scbr für Pünktlichkeit und im Micthscontracl sichen Paragraphen, vor denen ich den Hut abziebe, und auch jeder Miclhcr soll sie respcctiren. Wer den Termin nicht innehäit . . der möblirt eine» schönen Tags die Straße. DaS ist mein Stand- plinct. Doch . . ich kann auch Ausnahmen uiacbcn . . stoßen Sic an mit mir, Fräulein! Ick liebe die Gerechtigkeit, doch auch die Schönheit . . und diese könnte mir einen Streich spielen, daß ich die andere darüber vergäße." Und in diesem Tone ging es fort mit zudringlicher An näherung; er zeigte ein »iciiscklichcS Rühren, gewährte meine Bitte, wollte sich aber dann ein wcnig das Haus und die Wohnung ansehcn »nd auch mich besuchen. Ich widersprach nicht, beeilte mich aber, die frohe Kunde von der Stundung tcr Miethe nach Hause zu bringen und dann selbst so rasch wie möglich da» Feld zu räumen; ich wollte nicht als eine Art von Pfand Zurückbleiben, auf das tcr Vermicthcr Beschlag legen konnte: ick wollte den braven Leuten den schweren Kampf zwischen der dankbaren Willfährigkeit gegen den gütigen Mietksbcrrn und ihren verwandtschaftlichen Pflichten gegen ibre Schntzbesoblene ersparen. Bei ihnen war ick ein preiSgegcbcne» Opfer; überall sonst konnte ick einem Zudringliche» die Thüre weise» Ich zog aus, zuerst in ein Hotel: dann miethete ich zwei Zimmer in einer Villa mit dem Blick ans einen schönen Garte», in dem mir auch eine duftige IaSiiiiiilaube zur Verfügung steht. Ich habe zunächst den Verkehr mit »icinen Verwandten abgebrochen; sic kennen meine Wobiiung nicht . »nd baS ist ihnen selbst willkommen. Ick» aber süblc mich hier freier als in jenen dumpsen Ge »lächern der engen Gassen ... hier rauschen die Wipfel, hier düsten die Bliinicii, »nb breit stutbct der Mondschein mir in« Zimmer. Ick, habe eine angcnchnic Loge, auS der ich die große Komödie de» Lebens mit ansebeii kann, mit ansehcn, leider auch mitspiclcn! Und diese offenherzige Komödie auf den Brctcrn spielt sick, leichter, als die andere, zu der uns kein Direktor cngagirt hat. In der Tbat, eS wird mir immer schwerer, hier mit- Zliwirkc», und ick, fange a», »icine Stichwörter z» vergessen. Die erhabene Gleichgiltigkeit, mit der ich die Gestalten wie in einer lutc-rnu mugicir vorüberziehcn sab, geht mir täglich nicbr vcrlvrcn: sie gewinnen Lebe» und Vlut und strecke» die Arme nack, mir ans .. . und ich süht' cS imnicr mehr, daß meine Pulse schlage» wie die ihrigen und daß ich Ihres gleichen bin. U»k da ist auch Lieutenant von Schollen in der Residenz eingclroffen ... er ist sicher versetzt worden: er kennt unscrn Direktor, und so sah ich ibn während eines Hwisckienactc» aus der Vübiic. Er begrüßte mich ... ick, sab's an seiner Miene, seinen Blicken ... er ist noch der Alle gebliebe» . . . »nd ich muß eine neue Bedrobung meiner Ruke befürchte»,! Unk bin ick, denn selbst noch, wie ick, war? O nein ... ick kann ibn nickt mehr zurückivcisc», wie früher, mit dem selbstgcivisscn Gleickmuth einer gegen alle» irdische Glück abgehärteten Seele .. . nein, nein, r» regt sich in mir eine Empfänglichkeit dafür, die mich in Schrecken setzt; doch nimmer bei >bin würbe ich dieses Glück suchen ... unk wie soll ick ibm jetzt gcgenüber- trctcn? Mutb, M»tl>! Tie Großberzogin von Gerolstein wird gleich den Säbel schwinge», den ihr Vater trug .. . die Noten liegen ausgeschlagen . . jetzt bin ich ganz aus mich gestellt, und wen» ick, leine Träumerin mehr bin, so muß ich eine Heldin werken. Herzliche Grüße! Deine Teresa." zFortjetzung,'olgt.)
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