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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.10.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921026026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892102602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892102602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-26
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Tabellarischer und Ztffaasatz nach höherem Taris. Ertra-Veilagea (gesalzt), aur mit de. Morgen-Ausgabe, obne Postbeförderuog 60.—, mit Poslbejorderuug 70.—. Ännahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uljr. Marge»-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Sonn- und Festtags srüh '/,9 Uhr. Bei den Filialen »nd Annahmestelle» je eia, halbe Stunde früher. Inserate sind stets au die ExpedlttO zu richte». Druck und Verlag von E. Polz ta Leipzig. -Hr 5t!>. Amtliche Bekanntmachungen. Ückllnntmachung. den Jahrmarkt in Borna betreffend. Der hiesige, diesjährige Jahrmarkt wird mit Genehmigung des Königlichen Ministeriums des Innern am 7. und 8. November d. I. abgehalte». Borna, am 25. Oktober 1892. Der Ltadtrath. Löscher. politische Tngesschau. * Leipzig, 26. October. Alle unS beute vorliegenden Blätter beschäftigen sich natürlich in erster Linie mit den Mitlbeilmigen der „Köln. Zta." über die Militairvorlage und alle — mit Aus nahme der osfieiösen — geben ihrem Bedauern darüber Aus druck, daß diese Miltbeilunge» einerseits die aufregendsten der frübcrcn Meldungen über die Hübe der gestellten Forde rungen bestätigen und andererseits ;n lückenhaft sind, um ein Urlticil über die Art zu gestalten, wie die Bälcr der Vorlage die Lösung der wichtigsten Einzelfragcn sich denken. So fcble» in den Miltbeilunge» des rheinischen Blattes die genauen Bestimmungen über die Hauptsache, die zweijährige Dienstpflicht. Es ist nicht klar, ob die für „durchführbar" gehaltene zweijährige Tienstpsiicht bei den „Fußtnippcn" (soll wohl heißen: der Znfantcrie) nur für die fünfjährige Dauer de-Z vorgelegtcn Gesetzes °^r für alle Zeile» gesetzlich sein soll. Die Bemerkung in dein bekannt gewordenen Tbeil rer Begründung, daß „im Grundsatz" die verfassungsmäßige dreijährige Dienstzeit aufrecht erhallen werden soll, regt zu lebhaften Vercnkcn an. Sollte inan beabsichtigen, den der zweijährigen Dienstzeit grundsätzlich widerstrebenden Tbeil rer Eonservativen dadurch zu gewinnen, daß man die Neuerung nur provisorisch mit der Aussicht auf ihre Wiedcrbcscitigung »ach fünf Zähren in Vorschlag bringt ? Kaum, denn Milikairs werten fick noch weniger wie Laien eine Borstellung von dem Zustande machen können, der rintreten müßte, wenn nach ftnfjährigcr» unter enormer Truppenvermebrung betriebener Anwendung der zweijährigen Dienstzeit die Frage der drei jährigen Dienstzeit und mit ihr die lcircnschasttichste Forderung »ach Beseitigung des süns Zähre bindurch tbatsächlich vorhanden gewesenen höheren Friedensstandes aufs Tapet kommen würde. L'aS die großen Mchrforderungen an Mannschaslcn und Geld anlangt, so wollen wir beule nicht nochmals darauf cinzchcn. Tie Wicht gewisscnbastester Prüfung, nachdem die Regierung ikre vertraulichen Ausschlüsse in der Commission gegeben, ist re» unserem Standpunkt etwas Selbstverständliches. Erwähnt muß aber schon jetzt werden, daß mit Hilfe der Mebr- auskebungen erlaubenden zweijährigen Dienstzeit sich eine große, die Kriegsstärke Frankreichs überflügelnde Streitmacht auch ohne Erhöhung des Friedensstandes ausbildcn ließe. Die Regierung will aber ganze Arbeit mache». Woher jedoch, um ge flissentlich nur ein mililairisches Moment zu betonen, woher will sie die für die starke Bcrmchrung erforderlichen Osficicrc und Unterofficiere nehmen, obwohl sie nicht einmal die für den jetzigen Präsenzstand nöthigen und bewilligte» AuS- bilrungskräfte besitzt? Bon den Eascrncn, Ucdungsplätzen u. s. w. ganz zu schweigen. Die Mittbeilungcn der „Köln. Zig." sind übrigens, wie gesagt, ein Torjo, und cS empfiehlt sich keineswegs, vor genauer Kennlniß der aus dem Bundes- rathe gekommenen Vorlage das Beispiel der rasch ab- urtbcilcnden dcutschsrcisinnigcn Presse Berlins zu befolgen. Daß die Vorlage, soweit sie jetzt bekannt ist, nicht Gesetz werken kann und wird, ist freilich eine Uebcrzeugung, der sich lein Unbefangener verschließen kann. Tein Wunsche der „Rationalzeilung", diese Frage möge nicht agitatorisch be- Mittwoch den 26. October 1892. 88. Jahrgang bandelt werden, können wir uns nur anschließcn, aber nicht ohne »nscr Bedauern darüber auszudrücke», daß durch die Art der Borbercitung dieser Vorlage und ibre nach Lage der Dinge zwecklos hohen Forderungen den Agitatoren ein derart ausgiebiger Stoff cntgegcugctragen worden ist. Der osficiöse „Pcster Lloyd" bat zwar das Bestehen einer ungarischen Min ist crkrisis entschieden abgcleugnet, dieses Blatt befindet sick aber mit seinem Dementi ganz allein und von allen anderen Seiten wird an der gcgcnthciligen Be hauptung ebenso bestimmt sestgebalten. Auch wir glauben, daß eine EabinclskrisiS vorhanden ist, deren Lösung nicht mehr lange aus sich warten lassen kann. Tic „Reue Freie Presse" meldet heute: „Tie plötzliche Abreise des Hofes aus Gvdöllö hat in politische» Kreise» den tiefste» Eindruck gemacht, und cs ist aller- wärts nur davon die Rede, das, der Hof, der sonst selbst in den bewegteste» Zeiten die grögie Zurückyaltung in Bezug ans Mani festationen beobachtet, mit dieser Abreise eine nicht mitzzuvcrstehcnde Kundgebung beabsichtigt habe. Man behauptet an unterrichteter Stelle zwar, daß der Kaiser genöthigt gewesen wäre, für kurze Zeit »ach Wien zu reise», da snr de» 96. d jener große inililairuchc Rath anbcrauint ist, der schon am 10. October in Aussicht genommen war, wegeil des Empfanges der deutschen Tistanzreilcr „nd der An kunft des deutschen Kaisers jedoch verschoben werden mußte. Dieser »lilitairische Rath gilt bekanntlich den Beförderungen in der Armee, und man wollte sogar wisse», daß der Kaiser »ach dein »lilitairische» Rathe wieder »ach Pest zilrückkehreil werde. Der deutliche Wink, der mit der Abreise des Hofes »ach de» verschiedensten Leiten hi» crtbeilt werden sollte, wird aber durch diesen Umstand in seiner Wirkung nicht beeinträchtigt. Ma» weiß genau, daß die Kaiserin »»ler allen Umständen bis lies in den Winter in Ungar» bleiben wollte, und nun hat auch sie Gvdollö snr lange Zeit verlassen. Wenn man bisher nur von einer Verstimmung bei Hofe sprach, so darf man jetzt offen bekenne», daß der Eindruck, den man daselbst von de» lüngilen Er eignissen empfing, derjenige der Indignation gewesen ist. Die Hal tung der oppositionelle» Presse gicbl Zeugniß davon, daß man auch in diesen Kreise» die schwerwiegende» Folgen zu vcrmuthen ansängt, die sich nun ergeben könne»!" Wir haben schon berichtet, daß namentlich von militairischer Seite aus und zwar durch de» sekr ciusiußrcichen Erz herzog Alb recht ein scharfer Protest gegen das Verhalten der magyarischen Chauvinisten erhoben worden sei, weil darin eine Verletzung der Ebre der Armee erblickt worden war Zn der Thal ist man,m österreichischen Ossicicrcorpo lief entrüstet über die Behandlung der Denknialsfrage im ungarischen Abgcordnetenbanse und ebenso über den Vorstand der Honvcd Vereine, der seinem nachträglichen Be schlüsse, dieDenkmalsenthüllung zu verschieben, noch den weiteren bcigcfügt hat, die Feier am 21. Mai, dem ZahrcStage der Einnahme Ofens durch die HonvcdS, abzubalten. Man erwägt in OssicicrSkreiscn» wie der tief verletzten Soldaten ckre Genüge gclhan werten könne, um so mehr, als das Präsidium des »»garischcu Abgeordnetenhauses bisher keinerlei Genugthung gab. Wohl bürste baS ungarische Eabinct aus Furcht für seine Stellung seinen ganzen Einfluß aufbietcn, um ein solidarisches Vorgehen der Armeekrcisc zu hinlerlreibe». Man erwartet indes; i» denselben, baß Kaiser Franz Zoscf der Armee Genügt huung zu verschaffen wissen werde. wirk. Wie konnte cS bei der schwächlichen Haltung der französischen NegierungSorgane von vornherein gegenüber de» Socialisien auch anders komme» ? Sie ernten jetzt nur die Früchte für das Versäumte und Unterlassene. Die Assaire in Earmaur und die gegen den Mitbcwcrb aus ländischer Arbeiter in Frankreich insccnirte Bewegung bilden die charakteristischen Hauptmomente der innere» politischen Lage der Republik. Der vierte Stand, das Proletariat, im Besitze des allgemeinen Stimmrechts, fühlt sich, nachdem in Frankreich alle anderen Autorilätsquellcn, mit Ausnahme der eben erwähnten, suslemalisch verschüttet worbe» sink, als den alleinige» Herrn und Meister und ist entschlösse», seinen Vor tbeil bis in die äußersten Eonscgucnzc» auszuimtzcn. Bei der Assaire von Carmaux bandelt es sich darum, Bresche in das Princip der staatsbürgerlichen Gleichberechtigung z» legen, indem man die Arbeitgeber zu Staatsbürger» zweiter Elassc degrakirt und den Arbeitern eine privilcgirte Stellung sichert. Zudem das Ministerium und die Kammer mit beiden Hände» »ach dem Schietsgcrichtsvorschlage griffe» und solchergestalt dem terroristischen Unfug der Streikenden in Earmaux de» Stempct der principieUcn Eorrcclhcit ausdrücklcn, baden sie zugleich ihre Unterwerfung unter baS Gebot der Wortführer des vierte» Standes vollzogen und können, wenn sic folge richtig bleiben wollen, de» Letzteren nichts mcbr verweigern, so ausschweifend und phantastisch deren Forderungen sich mit der Zeit auch gestalten mögen. Tie politische Ruhepause in England, welche in den letzten Monaten ab und zu nur durch Berichte über die Vorbereitungen des Eabincts Glabstone in Bezug ans die irische Frage unterbrochen wurde, erreicht mit diesem Monat ihr Ente. Für heule war der erste EabinctSratk angcscvt und aus den 28. d. M. wurde eine Sitzung des Geheim ratbcs »ach Schloß Balmoral berufe», in welcher die Königin eine Proklamation unterzeichnen wirb, womit das Parlament bis Milte Zanuar vertagt wirb, um dann zur Erledigung der Geschäfte zusammcnzulrclc». Die Parlaments Session wird somit nicht, wie bis jetzt angenommen wurde, erst im Februar, sondern bereits im Zanuar ihren Anfang nehme». Voraussichtlich dürste diese Tagung, in welcher die irische Reform GladstoneS den Brennpunct des ZnlcresscS bilden wirk, sich zu einer der denkwürdigste» gestalten, deren Schau platz der Wcstmiiiister Palast gewesen ist. Zu dem griechisch-rumänischen Eonslict wird de richtet, daß eine diplomatische Einmischung der Mächte, wie sic Griechenland augenscheinlich gern berbeisübre» möchte, schon deshalb ausgeschlossen ist, weil die rumänische Regierung nicht im Entferntesten daran denkt, sich gleichfalls an die Mächte zu wenden. Auch a» die Einsetzung eines Schicks gcriclitcS ist kaum zu denke», nachdem das bisherige Ver halte» der griechischen Regierung gezeigt bat, daß sic selbst die rumänischcu Gerichte als compctent anerkennt. Botschafter in Petersburg Hussein HuSni Pascha einen Erlaß gerichtet, von dem eine Abschrift dem russischen Minister übergeben worben ist. Die türkische Antwort vom 16. October beschränkt sich darauf, bcrvorzuheben, baß „während des kurze» AusenthalteS Stambulow'S in der Hauptstadt des türkischen Reiches nichts gesagt ober gclkan worden ist, waS eine Abweichung der aufrichtigen Politik der ottomanrschen Regierung, die streng auf der Aufrechthaltung der Verträge beruht, bedeuten würde." Die socialistischc Strömung, welche i» der fran zösischen Arbeiterwclt immer mehr zur Alleinherrschaft gelangt, dcbnt ihren Einfluß zusehends aus und macht sich innerhalb der französischen Republik auf einem öffentlichen Gebiet »ach dem andern geltend. Negierung und Kamnicr kommen nur noch so weil in Betracht und können nur noch insofern ikre verfassungsmäßige Stellung behaupten, als sic den von socialtcmokralischcr Seite ausgehenden Anregungen Rechnung trage», wohl wissend, daß bei jedem Versuch, das rollende Rad anszuhalte», nur sie selber den .Kürzeren ziehen würden. Es kommt hier wieder einmal der Satz zur Geltung, daß, wenn man Zcmand nur erst einmal den kleinen Finger reicht, rann in kurzer Zeit die ganze Hand ergriffen Nach ans Koiistantinopcl vorliegenden Milthciln»gc» hatte der Sultan dem russische» Botschafter alsbald »ach dessen Ankunft in üblicher Weise einen seiner Seerctaire geschickt. Dabei soll sich nun der Botschafter sehr energisch über den Besuch des bulgarischen Minislerpräsidci'teu Stambulvw ausgesprochen und versucht baden, gewisser maßen als Entschädigung ober Buße von der Pforte Zu geständnisse in der Mecrciiacnsrage zu erlange», lieber die Fori» tcr Antwort der Pforte aus die russische Note in Sachen des Besuches Stambulow'S sind widersprechende A» gaben gemacht worden; die einen stellten eine schriftliche Ant wort in Abrede, da eine solche auch der Tenor der russischen Note nicht erforderte, während die andern behaupte», cS sei eine förmliche Note in Petersburg übergeben worden Der Widerspruch klärt sich jetzt dabin ans, daß die Pforte dieselbe Form gewählt bat, wie der Minister des Auswärtige» Schischkin für die russische Beschwerde, d. h. sic hat an ihren Deutsches Reich. k. Plauc», 2.',. October. Der Nationalliberale Verein im 2.8. Rcichstagswahlkrcisc bat in seiner heute Abend i»i Hotel „Fürstcukallc" abgehaltcncn, zahlreich be suchten Versammlung beschlossen, von nun an aller vier Wochen eine derartige Bcrsa»ii»l»»g abznhallcn und die Tages fragen auf politischem Gebiete zu besprechen. Es sollen hiesige und auswärtige Redner gewonnen werden, die Sache tcr nalivnalliberalcn Partei zu fördern. Heute gab der Vertreter des hiesigen Nationalliberalc» Vereins ein sehr hübsches Referat über dasjenige, was er auf rem Parteitage i» Leipzig gesehen und gehört bade. Alle Tbeilnchmcr der Versammlung wären von dem Grundsätze beseelt, für den weitere» Ausbau der Partei cinzutrcten. Die Partei sei einig und erfüllt von dem nationale» Gedanken. Frohe Zuversicht und neue Begeisterung habe Zeder ans der Versammlung mit fortgctragen. Er schloß mit dem Wunsche, baß die Zn- Icrcsscn der Nalionallibcralcn in erster Linie dabin gehen mögen, beizutragc», daß unserem Volke die Größe, in der wir cs gesehen haben, erhalten bleibe. Die Versammlung,' in der auch zur Sprache kam, daß das „Leipziger Tageblatt" vor Allem als dasjenige Blatt zu gelte» bade, für dessen Verbreitung cinzutrclcn sei, nahm einen sehr befriedigenden Verlaus. L Berlin, 25. October. Zn parlamentarischen Kreisen nimmt man a», daß die Entsch eib ung üb cr d ic M ili t air - Vorlage sich nicht sehr in die Lange ziehen, jedenfalls noch vor Weihnachten erfolgen werbe. Keine Partei dürste ein Zntcreisc daran haben, die Bcrathungen unnöthiq auSzubchncn und die Erregung im Volke noch mehr anzujachcn, als eS ohnehin schon der Fall sein wirb. Der Schwerpunkt der Bcratbung wird in einer Commission liegen, in welcher ein gehende, jedenfalls vertraulich zu behandelnde Mittheilungcu des Reichskanzlers und des Kricgsmiiiistcrs zu erwarten sind. Allgemein ausgesaUcn ist die Dürftigkeit der „Begründung" des Gesetzentwurfs, soweit sic dis jetzt bekannt geworden ist. Es scheint, daß wichtige Gesichtspunkte zur Empfcklnng tcr Vorlage eben der Eommissionshcrathung im Reichstag Vor behalten sind. ( II. Brrlin, 25. October. Am nächsten DonncrSlag wird die Wahl des Stadlverordnetcn-VorstcherS statt- sindcn. Wie jetzt die Verhältnisse liegen, und sic werden sich bis zum Donnerstag nicht ändern, so wird Or. Stryck wicdcrgcwählt werden, wenngleich mit knapper Majorität. Man reckmet im Rothen Hause so, daß Stryck etwa 60 Stimmen erhalten würde, während ans !>>-. LangcrbanS io Stimmen sallcn würden. Die socialdemokratischcn Mit glieder werden entweder wie bei der Wahl des Oberbürger meisters weiße Zettel abgeben oder für Singer stimme». I»,-. Struck wird, falls er wieder gewählt werden sollte, die Wahl wohl annchiiicn. Am nächsten Donnerstag erwartet inan auch die Aufklärung übcr den vielbesprochenen Zwischen fall Löwcl Mamroth; ltadtrath Mamroth wird ans eine Zntcrpcllation genauen Bericht über die Geschäftsführung in der Brciiiimatcrialicn Deputation geben. Tie große Holz- hanklnngssirma Cäsar Wollbcim, welche ma» ohne Caution Licsenliigcil von Brennmaterialien erhalten batte, war immer Gläubigerin der Statt Berlin, ikr Guthaben soll sich zur Zeit der Vergebung tcr letzten Licserung ans mehrere Hundert tausend Marl gestellt haben. Das würde tie Lage ja gan» Fonilletsi». Dämmerungen. Roman in drei Büchern von Rudolf von Gotlschall. 22 NachtruL »ertöten. (Fortsetzung.) Kaum batte sie den Brief zugcsicgelt, als cs draußen klingelte und der Lieutenant von schollen sich melden ließ. Zn ihrer früheren Wohnung batte sie seine» Besuch abgelehnt; doch sic wollte sich nicht mcbr schüchtern unk scheu vor de» Menschen verbergen; sic wollte ihnen inS Gesicht sehen und iuS Gesicht sagen, waS sic dachte. Ter Ofsicier durste cin- lretcn. Curt von Schollen war reicher Eltern Sohn... er hatte bei den Kürassieren Dienst genommen und trug ihre Uniform. Sport und Hazard und andere standesgemäße Vcr gnügungcn machte er mit, ohne sonderliche Passion ; er hatte vor vielen Kameraden voraus, daß ibm auch größere Unfälle nickt die GemütbSrube zu stören brauchten; denn taS Geld war für ibn stets flüssig; der Vater war eben so frei gebig, wie er reich war, und er sab cS gern, wenn sein Sobn einen Auswanv machte, der das Ansehen der Familie bob. Toch Curt betrieb daS alles, wenn auch mit ritterlichem An stand, doch nur geschäftsmäßig, als etwas Unvermeidliche-: er trar im Grunde ein GemutbSmensch, und in die Diese ging, was einmal in seinem Gemüth Wurzel geschlagen. Er küßte Teresa die Hand und sah sic mit seinen treuen blauen Augen an, dankend und bittend zugleich. Er dankte ihr, daß sie ihn angenommen, und waS er rrbal, war tie Forttauer solcher Gunst. „Zch freue mich", sagte er, „Sie hier wicdergesunbrn zu haben; schon mehrmals Hab' ich Sie kort oben gesehen, im Lickt der ProsceniumSlanipen; aber mochten Sie die Gattin de- grimmen Blaubart oder des guten MenelauS sein . . ich sad in Zhnen immer nur daS reizende Mädchen, dessen Bild ich im Herzen trage . . »nd keine bunten Biibnenlappcn und kein« thorichten LperrNenlieker konnten cS mir verunzieren; !«d bedauerte Sie, daß Sir bisweilen ordinaire Empsintungen auSsprechcn mußten, die Zhnc» fremd sind, oder sich bewegen und umbcrbüpfen nach dem Tacle jener Rhythmen, welcher alle diese Marionetten in Bewegung setzt; ich bedauerte Sie, daß Sie oft Zbrem Gesicht eine» Ausdruck geben mußte», wie ibu die kecke Handlung verlangt, »nd ich verwünschte die Grimasse des höhnenden Spottes und des trunkenen Taumels, die Zbre Züge entstellte» ; ja, die Wahrheit zu sagen, cS schic» mir Zbrer unwürdig zu sein." „ES ist mein Melier, Herr von Schollen, wie eS daS Zbrige ist, Rccruten zu drcssire», daß sie fest im Sattel sitzen und die A»gc» nach links drehen, wenn der Prinz a»- gcriitc» kommt. DaS ist das drcssirte Gesicht, daS wir beide gemein habe», und ich kann mir auch etwas Schöneres denken für einen jungen Eavalicr, als das nach der llbr des Eom- niandoS aufgezogene Dienstgcsicht." „Sic wollen mich kränke» . . und das ist nicht schön von Zbnen! Auch ist cS nicht Zbr Ernst . . Sic wissen, daß unser Berus nicht in solchen Äußerlichkeiten aufgckt." „Ter unsere ebensowenig . . Herr Lieutenant. Auch bat c- sein Gutes, so tie Gefühle zu parodiren, wie wir s von Amts wegen thun. Ma» gewöhnt sich dieselben ab . . und cS ist bock» nichts lästiger als diese Gefühle" „Zmmer noch dieselbe GottcSlcugnerin, Teresa! Denn wer das Gefühl verleugnet, verleugnet Gott! Aber ich trage i» mir das felsenfeste Vertrauen, daß dies auch nur eine Maske ist, eine Schminke, mit der Sie sich außerhalb der Bübne ein Lstcnbachgcsicht anlügen, daß cS in Zbrem Herzen gan; ander- auSsiebt und daß Sie eine ausdauernde treue Liebe, die Zbnen jede- Opfer zu bringen bereit ist, belohnen werben " „Opfer . . Opser! Davon lebt die Liebe ja . . und hinterdrein kommt die Reue. Zch bringe kein Opfer, ich ver lange kein Opfer . . unser Leben darf nicht ein ununter brochenes Opsersrst sein. Dazu sind wir nicht aus Erden! llnb wenn ich Sic liebte ... ich glaube nicht, baß ich lieben kann und gewiß nicht mit einer Liebe, tie sür'S Leben auSreicbt. wenn ich Sie leidenschaftlich lieble . . wozu würde das führen? Sie sind ein Ebrenmann, Sie dielen mir Zbre Hand an; Sic beachten es nicht, daß Sie den Steigbügel verliere» und aus rem Sattel des ^isicierpfertcS fallen; Sie brachten e- nicht, daß Sic mit Zbrer Kannlie, mit dem Vater, Geschwistern und Veilem, mit allen Erinnerungen ZbrcS Hause- brechen müssen, vielleicht einer unsicheren Eristcii; anheiingezeben." „Zch bade mein mütterliches Erblheil . . daS reicht aus, mir einen häuslichen Herb zu grünte»." „Sic könncn's nickt verhindern, baß Sic scheel angesehen werten von allen Standcsgcnossen . . »nd ich könnt' cS nicht vertrage», wenn mich nur tcr Lalerncnanziindcr unseres Theater- scheel ansieht! llnt ick', ick, hätte »lick, cingcträngt in eine Familie, die mich verachtet. „FamoS, samos!" würden die Kameraden sagen, wenn sic bei der Bowle beisammen sitzen, „ich scbc sic noch i» den großen Ensemblescenen aus tcr Bülme bcrumlrippcln, wie sie in tcr „Fledermaus" ihren Tenoristen im Schlasrock carcssirt, oder wie sic dem guten König von Sparta Lcbrc» aicdt über das Verhallen der »ach Hause zurllckkcbrendcn Ehemänner, oder wie sic sick, „vcrolnmpt" für teil Apselmanu vom Zda ... ein solches Weib beklatscht mau, aber man beiralbcl cS nicht!" „Brr", sagt der Andere, „und wenn ich ihr als tcr Dame des Hauses die Honneurs macken sollte, ich würde immer fürchten, daß sic aus einmal loozulrällern ansängt wie in besseren Zeile», sich in eine Fatiniya, in eine Donna Zuanita verwandelt und mit dem gewohnten Elfte über den Parquelboten ihres Salons gleitet. Unter vier Augen . . ick, parire, ganz noch Operette, auch als Frau " Kurt stieß mit dem Säbel aus. „Wer solche Reden führen würde, den würde ich ernstlich zur Rechenschaft ziehen " „Wenn Sie's erführen . . doch daS ist die allgemeine Verschwörung des Klatsche-! Es zischt in allen Winkeln, aber sein Opser weiß »ickIS davon Zch aber würbe ans allen Schcingründc» der Ablehnung bcrauSmcrken. raß mir die Salons geschlossen sind, daß ich eine Geächtete bin." „Wir ziehen »nS ausS Land zurück . . in die Einsamkeit" WaS brauchen wir die Gesellschaft, die Menschen? Zbr liebes Gesichtchcn, Teresa, Zbre schönen, mir jetzt ach! so unvergeßlichen Augen, in die ick» dann immer und immer blicken könnte . . was brauche ich mehr zu meinem Glücke? WaS wurde uns seblcn. wenn mir u»S wahrhaft lieben? Und ich bete Sir an „Teresa!" Das war cm Ausleuchlen im Auge bcS LsstcierS, so sonnenhast. so bewältigend, baß cö Teresa fast bis zu Tbräuc» rührte; sie konnlc nicht umhin, ihm herzlich die Hand zu drücken und es währte einige Zeit, bis sie sich entschloß, das harte Wort zu sprechen, das ihr auf den Lippen schwebte: „Doch daS ist nichts für mich . . mein lieber Ritter ebne Furcht und Tadel! Sic vergessen ja ganz, daß ich mich dabei langweile» würde, ick, bin einmal au die bunte Welt um mich gewohnt: die grünen Wald- und Garten- dceorationcn würden mich rinschläfcrn . . und wahre Liede? Zch spreche ja nicht einiiial von mir. . nur von Zhnen selbst! 'Wurden Sie mich so aiibcten, wie jetzt, wenn ich Zhiicn alltäglich geworden bin? Tag für Tag . . Zakr sür Zabr . . ta bröckelt immer etwas von dem herunter, WaS auch noch so fest gefügt ist . . und WaS nicht auf festem Grund gebaut worden, das gcräth ins Wanken! Da kommen die Enttäuschungen, die GewisieiiSlftsse . . »ei», »ein, schützen wir »ns vor einer solchen Ziikunf», bleiben Sic mein Freund, Kurt, gestalten Sic mir, Sic mit diesem Namcn zu nennen . . Schleudern Sic mich nicht wie eine Brandfackel i» Zhr Leben. Bewahrt das Feuer und das Lickft, singt der Nachtwächter; nein, daS Licht will ich Zbnen nickt entziehen, wenn cS Sie erfreut, dock, mit dem Feuer wollen wir nicht spielen " Kurl erhob sich; seine Züge Halle» den Ausdruck tiefen Schmerzes angenommen, dock er raffte sich auf mit dem frischen Mutkc der Zugcnd, und wie mit einem kräftigen Ruck schüttelte er die lastenden Gedanke» von sich ab: DaS kann Zhr letztes Wort nickt sein, Teresa — wir alle wandeln uns, und auck Sie sind »ickl mebr so träumerisch verschlossen, wie früher. . . Sic sind munterer, leben diger geworden. Sie werden dem Leben noch manches ab- gewinncn, vielleicht auch Zkr Glück »nd das mcinige . . . ick werbe und warte!" Ta meldete die Zofe den I>r. Bingcr... und als Teresa den neuen Bestick, willkommen lfteß, konnte ftck Kurt einer risersüchligkn Anwandlung nickt envebrcn. „Es ist der Arft, der mir das Leben gerettet", sagte Teresa «nd Kurl verabschiedete ftck mit zärtlichem Handkuß, nicht ohne dem anwesende» Toctor eine» fragende» Blick zuzu- werfen. zFortsctzung folgt.)
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