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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921028011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892102801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892102801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-28
- Monat1892-10
- Jahr1892
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Sptra-Brilagr» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ^ 70.—. Ännahmeschluß für Inserate: Abeod-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Margen-AuSgab«: Nachmittags 4 Uhr. Soun- und Festtags früh '/»9 Uhr. Lei den Filialen und Aunahmestelleo ,e eia« halbe Stunde früher. Inserat» find stet» au die Expedit!«» zu richten. ^ , . L«»«S Lösche, Katharineustr. 14, pari, «ad LösIgSpIatz ?. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. Druck oud Vertag von E. Potz in Leipzig. 552. Sreitaß den 28. October 1892. 8K. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Die Antritt»-B«rlefung de- ordentlichen Professors der Theologie Herrn I» 4-leoe« IU«tnrt«t findet nicht Sonnabend den 20. Oktober, sondern erst Mittwoch den 2. November 12 Utzr in der Aula statt. Leipzig, am 27. Oktober 1892. Der Rector der Universität. vr. Lipsiu». ' Sekamttniachung. Unter Hinweis aus die Bestimmung in 8- 368, 2 deS Retchs- strafgesetzbuchS wird den Grundstücksbesitzern bez. Garteninhabern diesiger Stadt bei Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 6V Mark oder eutsprechender Haft hiermit ausgegeben, ihre Bäume, Slräucher, Hecke» »c. von den Raupen des BaumwetsztinaS (Xpvria ("ratLezril, des Gotdasters (korlkevm Ostryvorrkokai, und des TchwammsptnnerS (Oenoriu I'iepnr) deren Vertilgung in den Monaten Oktober bis mit März zu erfolgen hat, gehört» säubern und die Schädling« vertilgen zu lasten. Gleichzeitig geben wir nachstehend »ul, T eine kurze Beschreibung der Lebensweise und der zweckmäßigsten Art der Vertilgung der a». gesührten Schmetterlingsarten. Leipzig, den 20. Oktober 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 18637. vr. Georg«. Stahl. T Vannttveilzltn, Gpori» OrutLsxi). Der Schmetterling, welcher nur in einzelnen Jahren in gefabr- trohrnder Anzahl erscheint, legt im Juli oder August seine gelb lichen bimförmigen Gier in regelmäßig geformten Häuschen bi- ISO Stück nebeneinander auf die Blätter der Pflaumen, Schlehe», Weißdorn, Traubenkirsche», Aepfel, Birnen nnd Mispeln. Dir Ränvchen verlast«» die Eier im Herbst und spinnen einige Blätter zu einem kleinen seidenglänzenden Neste zusammen, in welchem sie gemeinsam überwintern. Im Frühjahr beginnen sie ihr Zersiöruugswerk an Blatt und Blüthenknospeu der Umgebung ihres Neste». Anfang Mat verlassen sie da» Nest und lebe» einzeln, bi» sie sich Eude Juni verpuppe». Zweckmäßige BertilgungSwets,: ZerstSreu de- Neste« vom Oktober bis Avril. Moldaster (kortbsri» Okppsorrdo«»). Der Falter, welcher im Juni oder Juli erscheint, legt die Eier alS sogenannter „kleiner Eierschwamm" unter einer Decke seiner Asterwolle in langgestreckten Haufen meist an di« Unterseite der Blätter von Obstbäumen, Weißdorn, Birke, Eiche und anderen, Laub- Holz. Im August entschlüpfen den Eiern die Siäupchen, nähren sich von den nächsten Blättern, die sie, de« BlattsleischeS beraubend, skelettirea, häuten sich »um ersten Male und überwintern in einem großen gemeinsamen festen Gespinnste. Im Mär» beginnen sie von Neuem den Fraß, wetcher um so verderblicher ist, alS sie gesellig die KnoSpen angreifen und bei eintretender Kälte wieder Schutz in dem verlassenen Winterquartier finden. An der Fraßstelle über- ziehen sie di« Zweige mit einem lustigen Gewebe, welches sie ver- lasten, wenn die Knospen verzehrt sind, und gegen ein frisches Ge- webe an einer neuen Fraßstelle vertauschen. End« April zerstreuen sich die bis dahin gesellig lebenden Raupen und verwandeln sich Anfang Juni in einem losen Gewinnst in eine kahle braune Puppe. Zweckmäßige BertilgungSweis«: Sammeln und Vernichten der Winternrster im Herbst bt» zum Ende März. Schwammsptnner (Oouerür vwpar). Da- Weibchen dieser in beiden Geschlechtern sehr verschiedenen Schmetterlinge legt seine Eier End« August in großen rundlichen, mit der gclbgrauen Asterwolle sorgfältig bedeckten Haufen, sogenannten „großen Eieistchwämmeu", an Baumstämmen, Zäunen und Mauern ab. In diesen „Schwämmen" überwintern die Eier, um zeitig kn nächsten Frühjahr di« Räupchea zu ergeben. Die entschlüpften kleinen Rältpchen bleibe» während ihrer ersten Lebenslage aus diesem Schwamm vereint sitzen. Dies« Schwämme mit den darauf fitzenden sangen Räupchen nennt der Forstmann „Spiegel". Nach wenigen Tagen verlassen die Räupchen den Spiegel und zerstreuen sich dann sofort. Ihre Nahrung suchen sie an Lbstbäumen und anderen Laubholzartrn, auch an Berbcrizea, Rosen und Weiden, gehen selbst «es Topfgewächse über und werden auch krautartigen Pflanzen ver- derblich. Tie Raupe ist tm Juni erwachsen und verwandelt sich in eine matt schwarzbrauu«, mir gelben Haarbüscheln versehen« Puppe, die im Juli oder August den Schmetterling liefert. Zweckmäßige Brrtilgungsweise: Zerdrücken der leicht kenntlichen p. Spiegel vom Septems Die Beerdigung unseres verstorbenen Collegen, des Ordinarius der Juristensacultöt Herrn Geheinuath Ol». Vernhard Windscheid, Comthur pp., indet Sonnabend, den 29. dieses Monats Vormittags, die unmittelbar vorausgehende Trauer- cierlichkcit in der Paulincrkirche 10 Uhr statt. Für diejenigen Herren Collegen, welche sich am Conduct betheiligen wollen, stehen Laagen im Paulinerhofe bereit. Leipzig, am 27. October 1892. Der Rector der Universität. 1)r. Lipsius. Schwämme rrsp. veptemper bt» zum März. Letumnlmachung. Wiederholt haben wir in den letzten Jahren daraus Hinweisen müssen, wie auch bei uu» durch unvorsichtiges Gebahren mit Petroleum und Spiritus schwere, zum Lhetl töotliche Verletzungen von Personen verursacht worden sind. Um solchen UaglvckSsällen möglichst vorzubeugen, nebmcn wir daher bet Beginn der Jahreszeit, in der die erwähnten Stoffe zu Leucht- und Heizzwecken vermehrte Verwendung finden, Veranlassung, » r je»e« »«»«nichtigen »etahreu «t» Sptrttu« «»er Petr«lru«, insbesondere aber n»r brr Unsitte zu warnen, brennbare Flüssigkeiten direct in das Feuer zu gießen. Eine vor wenigen Jabren vorgekommene, mit Verletzung von Personen verbunden gewesene GaScrpl«fl«il glebt unS ferner zu sotgeuder ernsten Mahnung Anlaß. Wen» iu einem Raume Gas- geruch wahrnehmbar und ein Defekt der Gasleitung zu vermuthe» ist, so schließ« man sofort die Breunerhädne, dreh« den Haupthahn der GaSlestung ab, lüste den goSersüllten Raum und schicke eiligst zur GaSanstat« oder zu einem GaSschloster. Man hüte sich aber unter alle» Umständen, mit Licht in den betreffendrn Raum etn- zntreten, oder gar die Stell« a» der man ein AuSströmen von Ga« vernmthet „obzulenchten". An Elker» und Dtennderrlcha'ten ergeht da«Ers»che», ihre Kinder ober sovstiae» Pflegebefohteue» »nd ihre Dt«»ftle»t« Vorstehendem entspreche»» ,u verwarne,,. Leipzig, de» 21. October 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. vm. eib«. vr. Georgs. vr. R. I» Gemäßheit der 84 2 »nd 7 de« Regulativ« für Va-rohr- leituug», „d GaSbetevchtungS-Aalagen in Privat« rund stücken vom L März ISS» moche» wir htervurch bekannt, daß der Klempner Herr Ernst Sinter »Snt^stmß» Nr Lb, Ptt Uebermch«« solcher Arbeiten bet «»< sich »ngemrkdet und de» ^"^dr^hierz» Vorrichtung» »achgewiese» hat. Rath »er Stad» Leijwta. vr. »««rgt. Omstm». Gefunden wurden am 24. September d. I. in dem Hofe einc-s Grundstücks in Leipzig-EelleiHausen zwei zerrissene Fünsniarkscheine. Zur Ermittelung deS Eigentümers wird dieses hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Leipzig, am 2ö. October 1892. Las Polizei-Amt der Stadt Leipzig. B retschneider. Br. Aufforderung. Der vormalige Jnspector des Ritterguts Weißcnsand im Vogtland, Herr Leuthold, ist in einer hier wegen Wuchers anhängige» Unter, uchung alS Zeuge zu vernehmen und wird, da sein gegenwärtiger Aufenthaltsort nicht zu ermitteln ist, ersucht, letzter» baldmöglichst dem Unterzeichneten Untersuchungsrichter mitzuttieiten. stöntgl. Landgericht Leipzig, den 2ä. Letoder 1822. Tobias. Zur Lage. .Die Welt ist aus den Fugen", mit diesem Worte Hamlet'S ist die gegenwärtige Lage vielleicht treffend gekennzeichnet. Wohin wir unsere Blicke richten, sehen wir nichts als Krisen, lauter Neubildungen, nicht« Festes, was man als sichere Grundlage des Bestehenden betrachten könnte, aber auch unter den Neubildungen wenig, was das Vertrauen auf Dauer erweckt. Rußland ist ein großer, innerlich morscher Bau, der in allen Fugen kracht, und nur äußerlich durch eine große Militairmacht aufrecht erhalten wird. In Frank reich liegen die neuen Verhältnisse mit den durch die groß« Revolution erschütterten, aber nicht beseitigten alten im Kampfe. Die Anerkennung der republikanischen StaalSform durch den Papst hat die vorhandenen llcberlieferungen nicht zerstören können, und unter der republikanischen Oberfläche wirken die alten Kräfte, welche früher in Frankreich die Herrschaft auSübten, fort in der Erwartung einer Zeit, die ihnen gestatten soll, wieder eine active Rolle in Frankreich zn übernehmen. Man erwartete von der Wiederaufnahme der parlamen tarischen Arbeit eine Veränderung deS Ministeriums: sie ist vorläufig nicht eingetretcn, weil man sich dahin geeinigt hat, daß Loubet das Schiedsrichteramt in dem Ausstande der Arbeiter von Carmaux übernehme. Der Schiedsspruch ist gefällt, er stellt den Ausständigen die annehmbarsten Be dingungen, aber eS ist vorläufig ausgeschlossen, daß sie An nahme finden, zumal Hetzer wie Cleincnccau, Pelletan und Milleraud an der Arbeit sind, die Versöhnung zu hinlcrtreibc». ES kommt hinzu, daß die Lage in Dahvmcy keineswegs nach Wunsch ist. daß die Ansichten über den Handelsvertrag mit der Schweiz weit auseinander gehen, daß auch die Besorgniß vor anarchistischen und socialistischen Ausschreitungen überall zum Ausdruck kommt, so daß dir Krisis, die von Anfang der Zession an vordande» war, keineswegs beseitigt ist, sondern nur eines Anlasses bedarf, uni zum VuiSbruL zu kommen. In Oesterreich »Ungarn harren augenblicklich zwei sehr ernste Streitsachen de« AuStrageS, die Wohl zum Theil in einer verfehlten Politik der Regierung ihren Ursprung haben, die aber doch auch aus andere Ursachen zurückzusühren und die notbwendigen Folgen vorangehender Ereignisse sind. Die slawische Politik bat die deutsch-nationale Partei hervorgc- rufen und diese ist jetzt bis zuiii offenen Ungehorsam gegen die Anordnungen der Regierung vorgedrungcn. Tie Aus führung de« Bürgermeisters von Reichenbcrg gegen den Kaiser ist unter keinen Umständen zu billigen, und ebenso war r« eine Handlung de« UugcborsamS, daß der Bürgermeister von Troppau sich weigerte, die Maßregeln gegen die Cholera in beiden Landessprachen zn veröffentlichen. Noch weil beklagenowerther ist die Weigerung der Radi kale» im ungarischen Abgcordncleiihause, die für den 2. No vember geplante Versöhnungöfcier ins Werk zn setzen und die Vertagung dieser Feier aus unbestimmte Zeit. Ob in Folge dessen Graf Szapary zurücktrelcn wird, ist ungewiß, von der einen Seite wird eü behauptet, von der anderen bestritten. Wenn man ibn sür die Unziemlichkeiten der Abgeordneten EölvvS und Graf Apponvi verantwortlich macht, so gebt man zu weil. Diese beiden Herren haben als Führer der Opposition schon oft genug die sckwarz-gelbc Fahne beschimpft, obne daß deshalb TiSza zurückzctrelcn wäre, man hat kein Mittet, um die Herren mundtodt zn machen, und laßt sie deshalb auf Grund ihrer Immunität als Abgeordnete gcwäbrcn, aber man sorgt auch dafür, daß sie keine lhatsächlichcn Erfolge haben. Nun, Gras Szapary hat ihnen ja gesagt, daß in der Sache noch nicht das letzte Wort gesprochen sei, also wird er Wohl noch ein Mittel in Bereit schaft habe», um seinen Zweck zu erreichen. Italien steht unmittelbar vor Neuwahlen, welche endlich Rettung auS dem langen finanziellen Wirrsal bringen sollen, an welchem Italien leidet. Da« Programm Giotitti'S bat allgemeine Zustimmung gesunden, aber da« will nickt viel sagen, weil die italienischen Wähler ebenso schnell für eine Sache zu begeistern als gegen sie rinzunehmcn sind. Es kommt also darauf an, wer da- letzte Wort hat und daß diele« Wort gewichtig ist, sonst ist alle bisherige Müde um sonst. Ta« Schlimme in Italien ist, daß frühere Minister regelmäßig zur Lpposiliou übergeben, an Witert'ackern wird e» also Giolilli uickl fehlen. Erklärte Gegner sind Colombo und CriSpi, und Rudini gekört zu den rer- stecklen Gegnern. Im Allgemeinen bat die Regierung nicht ungeschickt operirt. die Reden Genala'S und Pelloup' wäre» sehr wirkungsvoll, und wenn dann unmittelbar vor den Wahl« noch «»sg, HauptschlLg, gegen di« Gegner gcsiibrt werde», dann wird da« Wahlergebnis! wobt den Wünschen dcö Ministeriums entspreche». Daß die Frage der E, Neuerung des Dreibundes nach Ablaus der kaum verein barten Frist schon jetzt erörtert und leider von einsiußreichcr Seile verneint wird, ist ein schlimmes Zeichen sür den Geist, welcher bei unserem Verbündeten herrscht. Auf der Balkanhalbinsel besteht die größte Verwirrung. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Griechenland und Rumänien sind wegen eine« ErbschaftsstrcileS a»S dein Jahre 1865 abgebrochen worden, natürlich im Einverständuiß mit "Rußland. Ob König Georg auch vor dem Ouasi- StaatSstreich vom 29. Februar in Petersburg angcsrag^ balle, ist nicht bekannt geworden, aber wahrscheinlich. In Serbien ist daS fortschrittliche Ministerium gestürzt und durck ein liberales ersetzt Worten, zu welcher Veränderung der russische Gesandte Persiani nachtraglick seine Zustimmung gegeben har. Die Sachlage in Serbien wird durch diesen Machnpruch kaum verbessert, die Unzuverlässigkeit Serbien« ist in Oester reich Ungarn bekannt, und darnach richtet sich die Politik der benachbarten Großmacht. In Montenegro ist man der Regie rung des Fürsten Nikita überdrüssig und wünscht statt seiner den Thronfolger Danilo als Herrscher. Daß die Occupatio» Bosniens und der Herzegowina von russischer Seite stclS als eine offene Frage behandelt wird, ist selbstverständlich, sie kann aber nur durch einen Krieg endgiltig entschieden werde». Das wichtigste Land der Balkanhatbinscl ist aber Bul garien. Dort ist der Herd aller russische» Ränke, um von dort aus da« Rad der Zeit ins Rollen zu bringen. Die Türkei wird nicht als LehnShcrrin Bulgarien- an gesehen , sondern Rußland verfährt dort, als ob es Herr im Lande wäre. Der Sultan wird zur Rede gestellt, wenn er den leitenden Minister freundlich empfängt und einen Abgesandten zur Eröffnung der Au«' slellung in Philippopel schickt. Dadurch soll der Berliner Vertrag verletzt worden sei». Die Türkei hat darauf nickt bestimmt genug geantwortet, die Meldungen, welche darüber in Umlauf sind, klingen wie eine Bitte ui» Entschuldigung. DaS ist nicht der Ton, der einer ihres Rechts bewußten Mackt ziemt, und Rußland darf leider mit seinem diplo- malischen Erfolge zufrieden sein. Die Skizze, die wir vorstehend von der politischen Lage entworfen haben, zeigt eine außerordentlich düstere Färbung, sie hätte aber ohne Beeinträchtigung der Wahrheit noch weit düsterer gehalten sein können. Wir babcn dabei Eng land ganz au« dem Spiele gelassen, dessen asiatische und afrikanische Politik ibre sehr bedenklichen Seilen zeigt, »nd wir babcn unsere Gedanken über Frankreicks Absickten verschwiege», weil wir Wiederholungen, wo sie nicht unbedingt »olhwcnkig sind, vermeiden. Nock zwei andere Seiten unserer gegen wärtigen Zustände, die kirckcnpolitiscke nnd die sociale, haben wir als dem heutige» Zwecke nicht entsprechend auSgeickiedc». Beides wird die öffentliche Anfmerksamkeit »ach der Eröffnung de« preußischen Landtages und de« deutschen Reichstages ohnehin in so hervorragender Weise beschäftige», daß wir genölbigt sind, diesen Frage» unsere höchste lEbeilnahme zu widmen. Die Nutzanwendung der vorstehende» Antculuugci, aus die Mililairvorlage crgicbt sich von selbst. In einer Zeit allgemeiner Spannung, während einer Regsamkeit und tbeib weisen Verirrung in einem großen Theile Europa«, in einer Periode deS wirihschaftlichen Niederganges, ist kein Raum sür eiuschueiveude HeercS-Reorganisalionen. * Deutsches Reich. «». Berlin, 27. October. Tie Kelbrimcr Wahl bildet noch immer den Gegenstand der Erörterung, nnd leider wird dabei die Warnung der „Hamb. Nachr.", sich von diesem Einzelergebniß nickst- sür den Zerfall des EcnlrumS zu vor- sprechen, nicht genug beherzigt. Ein ii» Ucbrigc» sehr cr»sl> Haftes Berliner Blall kommt sogar zudem Schlüsse: „Es ist nicht anders: für daS Ccntrum beginnt die Götterdämmerung". Der Optimismus des Grasen Caprivi scheint ansteckend zn wirken. WaS ist denn da« Ccntrnm'? Doch nichts andere« als die politische Organisation de« Ult ralnonlanisnius in Deutschland. Und dieser Macht gerade jetzt clwaö von Schwindsucht anzumcrlcn, dazu gehört ein besonders or ganisirte« Auge. Vernünftigere« dringt dir „Kreuz zeilung" zu dem Wahlergebiiiß bei. Dem Satz sreilich: „Der Kampf in Kclhcim war lhalsächlich ein Kamps zwischen den Ullramonlanen, welche sich zum Reichsgedanken bekehrt, und denen, die es mcht gcthan haben" — diesem Satz kann nickt beigcstiniml werden. Ultramontan und zum RcichS- gctanken bekehrt sein, ist eine cnulrnckictln in uckjecUi. So viel aber ist richtig, daß nächst der Mililairvorlage die reich«- freundlichen, von den nicderbaycrischc» Bauern so wenig wie von der RcichSregieruiig richtig gewürdigten neuerlichen reicks- sreundlichen Allüren de« CenlrumS cL waren, welche Herrn Dr. Sigl die Summen zugebracht haben. Lä Berlin, 27 Oclobcr. Gestern Abend wurden hier zum socia ld emokratischen Parteitage in den sechs Wabl- krcisen 13 männliche und 2 weibliche Delegirle gewählt. ES befinden sich darunter drer Stadlvcrordnele, ein Revacleur und die übesrau eine« RedacteurS. Einige andere Delegirle sind Candidalen sür ^a» Rothe Hau« gewesen resp. bekleiden Vertrauensposten. Sämmtlicke (Aewablte kann man als sraclionSsreundlich bezeichnen. Interessant ist es. daß trotzdem zwei Proteslbeschlüss« gegen Vellmar'« SlaalSsocialiSmuS ge> soßt wurden, auch im vierten Wahlkreise, dem radicalste». verlangt wurde, di« Maifeier solle am 1. Mai stattfindcn und der Parteitag möge vom „vorwärts" „specielle Rechnungslegung" fordern. — Die „Freie Volksbühne" halt am 31. dö. MlS. abermals eine GeneralversamnUnne ab. Sie bat gegen den früheren Cassirer Wildbcrger einer öroceß auf Herausgabe deS VerciiiSvennögcnS angestrengt. »>-. Wille erläßt einen Aufruf zur Gründung einer „Neuen ien Volksbühne". Bekannte Schriftsteller sowie ein Re gisseur haben den Aufruf mit unterzeichnet. Diese Volks bühne stellt sich die Aufgabe, in erster Linie die Dichtkunst und die Bühnenkunst durch Theatervorstellungen. Decla- »lalioncn und belehrende Vorträge zu cutlivircn, außerdem aber auch musikalische Kunstwerke von tüchtigen Kräften vorsübren zu lassen. — Eine socialdemokratische Volksversammlung bat ihre Entrüstung darüber ausgesprochen, daß einer ißrer Führer, Türk, Mitglied der „Deutschen Gesellschaft sür ethische Enltnr" geworden, owie darüber, daß Bebel in diesem Verein einen Vortrag ballen wollo. Die Herren werden sich zuruckzieben müssen. Eine offenlliche Kellnervcrsammlnng sprach dagegen nach einem Vorträge de« Vorsitzenden der ArbcilerbitbungSschute ibre Entrüstung darüber au«, daß der Parkeisecrelarr Auer die Bestrebungen diese« Verein« alü „BitduugSspiolorei" be zeichnet hatte. * Berti», 27. October. (Telegramm.) Der „RcichS- anzciger" veröffentlicht einen Erlaß des Kaiser«, der den Reichstag zum 22. November einberuft. — Der „Verein Prinz Friedrich Karl" vcrsammcitc sich am heutigen Jahrestage der liebcrgabc von Metz in, „Kaiscrhofc", um das Andenken des Prinzen zu ehren. Der Kaiser, welcher dem Fcstniable beiwohnte, gedachte in warmen Worten der hohen Verdienste, die der Prinz um Armee und Vaterland ick erworben. — Wie der „Norddeutschen Allgcm. Zlg." au« Hoskrcisen »lilgetheilt wird, hat der Kaiser, der sia> ans da« Lebhafteste sür die Wittenberger Jubelfeier intercssirt, in diesen Tage» wiederholt der Begeisterung gedacht, mir welcher sein bvchscliger Vater die Pläne zum Ausbau der Wittenberger Schloßt,rche verfolgte, und sein tiefstes Bedauern darüber ausgesprochen, daß eö Kaiser Friedrich nicht vergönnt war, diesen Ehren- und Iubcllag mit begehen zu können. — In Bestätigung der gestrigen Meldung, bet,essend die Audienz des Reichskanzlers Grasen Eaprivi bei dem Kaiser wird aus Potsdam von wohlunterrichlclcr Seite berichtet: „Sicherem Vernehmen nach hat cs sich bei de», gestrigen Immebialvortrage de« Reichskanzlers bei Sr. Majestät lediglich uni die vorzeitige Veröffentlichung der Mililairvorlage gehandelt. Der Kaiser zeigte sich über den noch nicht ausgcllärlcn Fall sehr ungehalten nnd ordnete eine strenge Untersuchung au, die sich nur aus die Persönlichkeit Desjenigen erstrecke» sott, welchem die Indiüercliou zur Last zu legen >si. Anderer seits darf es als feststehend angesehen werden, daß man von einer Verfolgung gegen den oder die Schuldigen im LandesvcrrakhSprvecssc (?) endgiltig Abstand genommen hat. — Die „"Norddeutsche Allgemeine Zeitung" lbcitl anö dem Protokoll vom 21. Tcceuibcr 1881, betreffend d,e deutschen und französischen Besitzungen an der West küste Afrikas und in dcrSüdscc, mit, daß bis zur nörd lichen DcinarcationSlinie die Thätigkeil sraiizösischcr Reisender nur einen Wissenschaft tichcn Charakter haben könne, da Frankreich vertragsmäßig verhindert sei, irgend welches Bc- sitzrcebt auf diese Gebiete hcrznlcilcn, und Dcnlschlanb der Zugang zum Tschad sec gesichert sei. Unter dem Titel: „Warum muß Deutschland feine 29 ehr macht verstärken?" wird in einigen Tagen im Verlage von E. S. Mittler öe Sohn von sachverständiger Seite ans eine "Broschüre erscheinen, welche die Militair- vvrlagc vom politischen und militairischen GcsichtSpuncle er örtern tvird. Die Schrift wird die Ursachen und die Ziel punkte dieser Vorlage klar hcrvorhebcn. — I» den staatliche» Artillericwcrkstätte» zu Spandau stehen größere Arbeiterin tlassungcn bevor. Tic hauptsächlichste» Bestellungen sind auSgesührt und neue vorläufig nicht zu erwarten. 0n jeder Werkstatt werden un gefähr 5>oo Mann, namentlich Holzarbeiter, Schlosser, Schmiede und Sattler beschäftigungslos. Die ArliUcrioweristättcn batten mebrcrc Jahre hindurch einen bisher noch nicht erreichten Hobe» Arbeilerbcslaiid. — Die „Staatsbürger-Zeitung" stellt fest, daß gegen Ablwardt noch nicht die Anklage wegen Beleidigung Ludwig Loewe's, Kühne s nnd der Militairbchörken erhoben worden sei. UebrigcnS werde nicht die Mitilairbchörde, sondern die 3 Büchsenmacher von der Staatsanwaltschaft als beleidigt angesehen. Als Sachverständige Ahlwardt's seien Professor Lazarus und SanitätSralh Reumann vorgcschlagcn. — In England ist im vergangenen Iabre eine Brücke mit gußeisernen Trä gern einaeslürzl. Dieses Vorkommnis; bat dem Rcichs-Eiscnbabnaml Anlaß gegeben, Erhebungen darüber anzuslellcii, wie viele Eiscnbabnbrückc», bei denen Gußeisen zu tragende» CoustructionSlbeitcn verwendet ist, ans de» cuien Iabrzehnlc» des Eisenbahnbaucs in Deutschland ausschließlich Bayern noch vorhanden sind. Dazu schreibt der „Reichs-Anzeiger": „Seil dem Inkrafttreten der aus Grund der Artikel 42 und 43 der NkichSrersasjunq vom BnndeSratb beschlossene» Normen sür die Eonsirucllon und Ausrüstung der Eisenbabnen Deutschlands vom >2. Juni 1878 müssen nämlich bei Brücken aus Eise» oder Stahl die tragenden Theile der Ueberbauconslructioiien au« ge walztem oder geschmiedetem Material dergeftellt werden. ES hat sich ergeben, daß von der früheren reichlichen Anzahl gußeiserner Bruacnüberliaiilen gegenwärtig nur noch (>3 vorhanden sind, hei denen tragende Theile aus Gußeisen besiehe»: außerdem sind noch bei einigen Brucken mit eisernen Ueberbauien zwischen den ichmiedtkiserne» Hauvltrager» Versleisunqen aus Gußeisen angebracht, die indesi eine Beanspruchung durch die Brnckeiibelasinng nicht er leide». Bon den erwähnten 63 Brückenüberbaulen sollen in de» nächsten Jabren 33 beseitigt, bezm. gegen schmiedeeiserne ausgeivechjelt werden, jo daß alsdann nur noch G) übrig bleiben, eine sebr gering« Anzahl, wenn man in Beirackr zieht, daß nach dein neueste» Jahr gang« der Slatislik der Eisenbahnen Deutschlands iin Ganzen 10772 Brücken auf den deutschen Eisenbahnen (ausschließlich der bayerische«) vorhanden sind. So lange diese wenigen -tauwerke mit gußeiserne», übrigen» soft ausschließlich auf Druck beanspruchten EonftruckonStbrilen noch bestehen, werden sie fortdauernd in der sorgsamsten Weis« überwacht." — Ehrcn-Sigl, der CcntrninSdissitciit, kündigt in einem Leitartikel über die Kelheimcr Wadl au, daß er den Ver such, ein RrichSla-Smandat zu erlangen, wiederhole» wird.
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