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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921101015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892110101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892110101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-01
- Monat1892-11
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JuserttouSpreiA Die 6 gespaltene Petitzeile SO AM Reklamen unter dem RedacttoaSstriL («ge» spalten) bO>ö, vor den Famtlieuaachrtchtr» (Sgespattr») öüch. »rößer, Schriften laut nufer« -»««. verzeichnst- Tabellartfcher >»d Ziffer,!«, »ach höher«» Takts. Extra-Beilagen (gefalzt), aar mit bei Morgen-Aulgabe, ohne Posibefördenuig 80.—, mit Postbesördernug 7L—^ Äunahmrschlnß für Inserate: Abeud-Au-gabe: vormittag» 10 Uhr. Morgea-Au-gab«: Nachmittag» öllhL. Sonn- und Festtag» früh '/F Uhr. V«i den Filialen »od Aanabmestellan je «i»« halb« Stund« früher. -»senkt« sind stet« »n dt» «ltzetzttt«» zn rtcht» Druck «ud Verlag vou I. Pol> t» Leipzig. ^ 558. Dienstag den 1. November 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die Zählung leerstrhendrr Wohnungcu betr. Wie alljährUch, soll auch in diesem Jahre am 1. November eine Zählung leerstehender Wohnungen und Geschüstslocal» Lurch uujcr statistische» Amt vorgenomme» werden. Wir fordern demgemäß di« Herren Hausbesitzer und Hau-ver- Walter auf, die ihnen -»gehenden Formulare vollständig und richtig auSzufülleu und zur Wtederabholung nach 3 Tagen bereit za halten. Leipzig, den 21. Oktober 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. 8t. ch 1492.De. Georgs.Or. Hasse. Bekanntmachung, die Ausnahme schulpflichtiger Kinder t» die vereinigt« Aretjchule betresst ud. Diejenige» Litern, welche um Aufnahme ihrer Ostern 1893 schulpflichtig werbrnden Kinder iu die Freischul« nachzuluchen gesonnen sind, haben ihre Gesuche van jetzt ab bt» spateste»» den 12. November d. A. in der Schulexpedition, alte Waage, Katharinenstrabt 1, 1. Etage, Zimmer Nr. 4, Vormittag» von 9 bis 12 Uhr und Nachmittags von 3 bis 8 Uhr persönlich anzubringen und di« ihnen vorzuiegendea Fragen vollständig und der Wahrheit gemäß zu beantworten, auch gleichzeitig ein Zeugniß über das Alter de» auzumeldeaden Kinde» und den Impfschein vorzulegen. Leipzig, am 29. Oktober 1892. Ter EchulauSschust der Stadt Leipzig. Walter. Letzuert. Politische Lagesschau. * Leipzig, 91. Oktober. Der Herr Reichskanzler ist, wir von verschiedenen Seiten versichert wird, der felsenfesten Ueberzcubuna, daß die neue Militairvorlage im BunbeSrathe und im Reichstage ohne wesentliche Veränderungen werde angenommen werden. Die „Nordd. Allgem. Ztg." bestätigt diese Behauptung d^rch einen bereit» telegraphisch siguallstrten Artikel, io dem c» heißt: „Mau säugt au, au- dem Bekanntiverden der Prehäußerungen, welche seit der Milttairvörlage erfolgt sind, da» Facit zu ziehen, und die Gegner der Vorlage bereiten sich ein billige- Vergnügen durch die Lonstatirung, die „gesammte unabhängige" Preß» habe nun ihr „Verdikt" über die Vorlage zum Besten gegeben. Auch wir haben diese Prehäußerungen mit Aufmerksamkeit verfolgt: in- dessen nicht da» mindeste BemerkeuLloerthe oder Charakteristische darin gefunden. Die zwar mit vieler Entschiedenheit, aber doch bedingt votireuden Organe werden ihre Gründe zu solchem Ver halten haben und dasselbe auS den Erfahrungen zu rechtfertigen vermögen, di« man dither bet säst allen Militairvorlagen größeren Umfang» gemacht hat. Bei jeder derselben wurde ansaug« eine sehr lebhaft« und energisch« Opposition laut, welche nnrtatl, mutauöi» just dl«selbeu Diug« zu Gehör brachte, die wir heute vernehme»; und j« Wetter mau nvch vom Stadium der eigentlichen parlamen- torischen Entscheidung entfernt war, desto kleiner erschien in der Press« dt« Zahl der Freund« der Vorlage »nd desto vereinzelter kam deren Meinung zu Gehör. Begann dann die «rnsthnste parla mentarische Behandlung der Vorlage, halte man in der Commission die letzten, nur dort mögliche» Aufklärungen erhalten, so änderte sich auch »ach Außen da» Bild. Wir erinnern nur an di« Ueberraschung, weich« z. B. di« bedeutsam« Red« hervorries, durch welche am 9. April 1830 der Abg. Rickert sein „Ja" dem Nein de» Abgeordneten Richter bezüglich der damaligen Vorlage entgegenstellte. Diese und ähnliche Erfahrungen berechtigen, daran festzuhalten, daß die Re- sumS» über di« „allgemeine" Stimmung, wetch» man heut« sammelt und von Seiten der Gegner der Vorlage sructificirt, positiven Wertd nicht haben und über da» Schicksal der Vorlage noch keinerlei Aus- schlich verschossen. Die politische Prophetengab« der Zeitungen hat nur in seltenen AnsnahnreMeu Im thatsächlichea Verlaus der Dinge eine Begründung erhallen." Wenn wir auf diese Auslassung etwa» näh,r eingeben, so geschieht die» keineswegs in der Absicht, eine Lanze für die politische Prophelengabe der Zeitungen zu brechen. Diese Gabe ist im Allgemeinen nicht groß. Im vorliegenden Falle aber bat kein Anderer und Geringerer als Graf Caprivi selbst dafür gesorgt, daß der nichtofsiciöscn Presse das Prophezeien leicht wurde. Wa» sein vom Fürsten Bis marck auf ihn übcrgegangene», an da» Hau» und nicht an de» Herrn gewöhntes Leiborgan über daS Schicksal früherer Militairvorlagen sagt, hat daher für die jetzige Vorlage gar keine Bedeutung. Fürst Bismarck hat sich stet» ge hütet, der Opposition gegen seine Vorlagen selbst die Waffen in die Hand zu drücken. Er würde im vorigen Herbst weder in Osnabrück über di« französisch-russische Verbrüderung (wenn eine solche während seiner Amts führung überhaupt einaetreten wäre) in so optimistischer Weise sich geäußert haben, wie sein Nachfolger, noch bättc er im Reichstage über .uferlose militairische Pläne sich lustig gemacht, die schon ein Jahr darauf das Ufer gewonnen haben. Da» ist denn doch ein gewaltiger Unter schied zwischen einst und jetzt, ein Unterschied, über den der fetzige Herr Reichskanzler sich unbedingt klar werden muß. wenn er, ohne auf Handelsgeschäfte mit dem Ecntrum ein- tilgehen, eine Mehrheit für die neue Vorlage gewinnen will Er kann und wird doch nicht verlangen, daß der Reichstag annimmt, der Kanzler sei im vorigen Jahre weniger unter richtet und weniger sachverständig gewesen al» heule. Man wird mit seinen eigenen Waffen gegen ihn kämpfen, und weil das Kanzlerwasfeu sind, sollte gerade der Kanzler sie nicht unterschätzen und in seinem Leiborgane wie nicht vorhanden behandeln lassen. In seinem eigenen und im Interesse der Vorlage thäte er besser, die .Norddeutsche Allgem. ^tg." zu der Versicherung zu veranlassen, daß er in der Lage sem werde, siegreich den Kampf mit dem Kanzler vom Vorjahre anfziinehmcn. In Luxemburg spricht man seit einiger Zeit viel von einem seltsamen Project: von der Gründung einer inter nationale» Spielbank. Die großherzoglicke Nkegierunl bat vor einigen Jahren die Verwaltung de» Bade- Mondor übernommen und große Anstrengungen gemacht, diesem einziger lusemburgischen Badeorte größeren Zuspruch zu verschaffen D«e Anstrengungen sind aber nicht von Erfolg begleitet gewesen. Die Regierung kommt nicht einmal auf dir Ver waltungSkosten. Da bot ein fraozosische» Eonsortium der luxemburßt che, Re-irruug fL, bl« Coacesfie» der Errichtung eines internationalen Spielhause- in Bad Mondorf eine bedeutende jährliche Geldlcistung. man spricht von 300 000 Franc». Bedenkt man, daß die gesammten Einkünfte des luxemburgischen Staate» im Jahre keine 800 000 Franc» betragen, erwägt man ferner, daß die Er richtung eines Spielhauscs in großartigem Stile viele Fremde »ach Luxemburg ziehen und daselbst eine „Fremdcnindustric" begründen würde, so wirb man begreifen, daß der Plan etwas verlockendes a» sich hat. WaS die Regierung zurückhäit, die Eoncession sofort zu ertbeilen, ist das Schamgefühl, und zwar mit Recht. Die Entscheidung wird daher der Kammer iberlasscn werden, die sich noch in dieser Session mit dem Plane zu befassen haben wird. DaS Project ist schon früher unter dem Ministerium Tornaco aufgeraucht, scheiterte aber infolge der Intervention deS damaligen Luxemburger Bischofs AdameS, welcher sich an König Wilhelm Hl. der Niederlande um Ablehnung der Eoncession wandele. Der König entsprach dem Wunsche deS Bischofs. Wir werden sehen, ob die luxem- durgischeKammer sich von den gleichen Gefühlen leiten lassen wird. Sollte das nickt der Fall sein, nüP so würde nach unserem Dafürhalten für die deutsche Reichsregierung die dringende Veranlassung »erliegen, bei der luxcmburgiichcn Negierung energische Vorstellungen dagegen zu erheben, daß in uiiiiüttci« barer Näbe der deutschen Grenze ein luxemburgisches Monaco aufgerichtet wird. In den Niederlanden steht die Wahlreform auf der Tagesordnung. Da- politisch sonst so tobte Land be schäftigt sich gegenwärtig mit dieser interessanten politischen Frage, und die ganze Presse von den großen Amsterdamer und Notterbanier TagcSblättern bi« zum kleinsten Wochen blatt beteiligt sich mit Begier an der Erörterung, wie in Zukunft >n den Niederlanden das Wahlreckt beschaffen sein soll. Von dem allgemeinen Stimmrecht kann keine Rede ein, weil dazu eine neue Revision der Verfassung mit verschiedenen Parlaments-Auslosungen nothivcndig wäre, wozu Niemand Lust hat, als die Socialisten, und diese zählen hier aar nicht. Die Frage, uu. * bi- e« sich handelt, ist lediglich dir, ob auch die Analphabeten zum Wahlrecht zugelassen werden sollen oder nicht. Die Zahl der ganz Unwissenden wird für Holland auf lOO OOO angegeben, um die die Regierung die Gesammtzabl der neuen Wähler vermindern möchte, während die Katholiken in der Unfähigkeit des Lesens und Schreibens noch keinen Grund zur Ausschließung vom Wahl recht erblicken. Darüber wird man sich wobl nicht lange streiten und die beste Lösung wird die sein, daß die Regierung gleichzeitig mit der Wahlreformvorlagc einen Gesetzentwurf bebufs Einführung de» obligaten Volksschul »Unterrichts einbringt. Wir haben schon gemeldet, daß zu den Besorgnissen wegen Dahomey in Frankreich sich recht unerfreuliche Nachrichten aus den französischen Eolonien in Ostasicn hinzu- acsellt haben. Die Grenze von Toukin wird wieder stark beunruhigt. Cbinesische Banditen, reguläre oder entlassene Soldaten unternehmen kühne Raubzuge. Sie verschonen ckinesiscke Dörfer, selbst solche, wo cS viel zu holen gäbe, unv suchen sich nur anamitiscke Dörfer als Bcuteobjecte auS, wo sie rauben, Frauen, Kinder, Vieh rc. wegsührcn, ein Hand werk, daS sie schon seit Jahrhunderten betreiben. Die Grenz bewohner wurden in Folge dessen mit Waffen versehen, damit sie sich gegen diese Ueberfälle nach Möglichkeit selbst schützen. Die Piraienbanden sind zahlreich und lauckcn gleichzeitig an verschiedenen Puncten auf. Alles läßt darauf schließen, daß die chinesischen Mandarine von Uün-nan und in den beiden Kuang diese Räubereien begünstigen. Diese Mandarine, die stck um die ihnen auS Peking zugehendcn Befehle wenig kümmern, sind den Franzosen äußerst feindselig gesinnt. Acußcrlich heucheln die Chinesen überall gegenüber den Franzosen lebhafte Freund lichkeit. Von anamitischen Banden wird Tonkin jetzt weniger belästigt. DaS Kesseltreiben gegen diese Banke» war eben vv» Erfolg begleitet. Nichtsdestoweniger fühlt man sich in Paris wegen der obenerwähnten Vorgänge etwas beunruhigt und man ist geneigt zn glauben, daß die Ent- senrung neuerlicher Verstärkungen sich als nolbwentig er weisen wird. Zunächst sind nun die genaueren Mitthcilliiigen abzuwarte», die der auS Jndisck-Ebina zurückkedrendc General Reste machen wird. Jedenfalls regt sich aber schon jetzt gegen den General-Gouvcriicur Lanessan, der keinen seiner bedeutenderen Mitarbeiter bei sich fcstzuhalten vermag, in der öffentlichen Meinung einige Unzufriedenheit. Der neuerdings zwischen Italien und Frankreich Wege» der Annexion von Tunis entstandene Streit beginnt iiunier mehr Staub aufzuwirbcln, und die beider seitigen Beschuldigungen Werren immer zugespihlcr und leiden schaftlicher. Von diplomatischer Seite wurde in den letzten Tagen versichert, daß, wenn auch Frankreich wirklich Italic» nicht formell versichert baden sollte, daß cS nicht nach Tunis gehen würde, doch darüber gar kein Zweifel bestände, daß diese Versicherung in aller Form und ofsiciell der Türkei gegeben worden sei, welche noch heute gegen die Be setzung von Tunis protestier und dem gegenwärtigen Zustande der Dinge ihre Anerkennung versagt. Die Besetzung bleibe ein Gcwallack mit allen Merkmalen der Illoyalität. ES wird behauptet, der italienische Botschafter Reß» mann habe durch seine Klagen über die frühere Doppel züngigkeit Frankreich» seine Stellung in Paris zu einer schwierigen gemacht. Da eS sich um Dinge, die der Ver gangenheit angehören, bandelt, glaubt man in diplomatischen Kreisen nicht, daß die Abberufung Rcßmann'S, der in Paris bisher psrsoua z;r»ti8silUL gewesen, nolhwendig werden wird. In Nom wurden einige bisher unbekannte Telegramme ver öffentlicht, welche General Cialdini als italienischer Bot schafter in Paris s. Z. in der TuniSaffairr an den Minister präsidenten Cairoli richtete. Die neuen Enthüllungen thun unwidertealich dar, daß der damalige französische CabinelSches Jule« Ferry Italien thatsächlich aus da» Schnödeste anlog, indem er die Occupalioa al- nur vorübergehend dar- stellte. Ferry selbst dictirtr die BrrubigungSdepesche, welche General Eialdiui alsdann an Eairoli sandte. Soviel ist außer Zweifel, daß Frankreich in der Luai«-Aua,l«-rah»it Jlaiie» ,,-o»üh«, nicht schön nn» l«tz«l ,«handelt hat. Man kann nicht sagen, daß die auswärtige Politik Griechenlands iu neuerer Zeit, seitdem sie mehr und weniger von Rußland und Frankreich sich in daS Schlepptau hat nehmen lasse», wvhlberathcn ist. DaS Vorgehen Griechen land- zuerst gegen Bulgarien und dann gegen Rumänien zeigt nichr Nervosität, als ruhige und klare Beurthcilung der gegebenen Verbältnisse. Wenn der Dünkel in Athen nicht gar so groß wäre, dann müßte man sich angesichts der allgemeinen Kritik, welche daS Verhalten Griechenlands ge sunden hat, doch etwas ernüchtert fühle». Die Frau, von der man am meisten spricht, ist selten die beste. So geht cS auch mit Griechenland. ES giebt zu viel Anlaß, von sich sprechen zn machen. Heule liegt cS sehr nahe, einmal eine kurze Parallele zu ziehen zwischen den beiden bei der griechisch- rumänischen Streitfrage in Frage komnicnden Staaten, die in ihrer politischen Entwickelung und Geschichte vieles Ge meinsames haben Da hätte nun Herr TritupiS besser gc- than, die Aufmerksamkeit nickt zu sebr auf die Hellenen zu richten. Wiewohl Griechenland unter viel günstigeren politischen Verhältnissen aus die eigenen Füße zu stehen kam, hat eö sich von Rumänien in jeder Beziehung weit überholen lassen. Die Be völkerung Rumäniens beträgt etwa 8 Millionen und wächst beständig unv stark, der Grund- und Bodcnwcrth hat sich beinahe verhundertfacht, das Budget ist im Gleichgewicht, die Staatspapiere stehen ui pari, und wer ». B. 1880 den Muth hatte, StaatSpapicre zu kaufen und in Händen zu halten, hat ein glänzendes Geschärt gemacht. Rumänien besitzt jetzt 9000 Kilometer Eisendabnen, von denen es mehr als 2000 selbst baute. ES führt Baut»» zu Friedens- und Kriegszwecken auf, wie die Brücke Über di« Douau bei Ezernawoda und die Be festigungen von Bukarest, ,^vwie GLlay-Fokschaiii, die in Europa nicht übertroffcn werden. Es kann im Notbfall so fort 150 000 Mann wohlgeschulter Truppen mit 900 Kanonen in« Feld rücken lassen und unter der energischen Oberaufsicht de» Königs wird an der Vervollkommnung der Armee unab lässig weiter gearbeitet. Für Schulrwecke ist außerordentlich viel geschehen. Kurz, enormer Fortschritt auf allen Gebieten. Und wozu hat c« »nn Griechenland in derselben Zeit gebracht? Tief genug steckt es in politischen und finanziellen Schwierig keiten. will eS ein paar Millionen aufnehmen, so muß e» von Thür zu Tbür laufen und, wie TriknpiS erfahren hat, auch dann noch ohne Erfolg. Sein Papiergeld steht tief, das Agio beträgt 40 »'g. Etwa 800 Kilometer Eisenbahnen laufen durch da» verarmte Land. Griechenland bat bei einer Bevölkerung von 2200000 ein Budget von 96 000 000 Ein nahmen Mid lOOiiOOOOO Ausgaben. Rumänien bei einer 2>,imat größeren Bevölkerung und weit größerem Neichthum nur 180809 000 Ausgabe» wie Einnabmen (1892), wobei eiwa 45 Millionen auf die Steuer» fallen, das Uebrige aber Staats-Revenuen sind, Domänen, Wälder, Eisenbahnen u. s. w. Der Grieche, viel ärmer als der Rumäne, zahlt doppelt so viele Steuer. Der rumänische Innenhandel beläuft sich aus 810 Millionen im Jahr, der griechische erreicht mit Mühe 2lü Millionen. Die Parallele ließe sich noch weiter aus- sübren, um zu beweisen, daß Griechenland doch keinen Grund hat, Rumänen gegenüber den Gcrngroß zu spielen. Deutsche- Reich. »ü. Berlin, 9l. Oktober. Mit dem Herannahen der preußischen LandtagSscssion pflegen sich ziemlich regelmäßig die mehr over minder langen Betrachtungen über daS StaatS- eisenbahnsvstem in Preuße» einzustellen. Im kommenden Winter verdienen dieselben auizemeine Auf mcrksamkeit, denn eS wird sich zeigen, daß die preußischen Finanzen in Wirklichkeit noch weniger günstige sind, al« cS zur Zeit schon erscheinen mag. Je mehr aber diese Ungunst der miiaiizlagc im größten Bundesstaate hervortritt unv berücksichtigt sein will, desto weniger kann die NeickSfinanz Verwaltung daran denken, etwaige Mehrausgaben sür Heeres zwecke anS einer Steigerung der MatrikularbeitragSlast zu entnehmen. Daß LaS preußische StaatSeisenbahnsystem — wenn auck nickt zu einem „tobten Pmicte", so doch zu einem kritischen Momente gediehen ist, läßt sich nicht mehr in Ab rede stellen. Die Betrachtungen der Blätter gehen einstweilen noch lim den springenden Pu»ct herum; sie wenden sich mehr der Organisation de« Betriebes zu. Auch hier ist an der Hand der Erfahrung und auf Grund alter guter Rath- sckläge, die von dem Vorgänger de« Herrn Thielen in den Wind geschlagen wurde», viele« zu verbessern. Die Leitung deS Betriebes im DirectionSbezirk ist und bleibt schwerfällig, umständlich und gegenüber entscheidender Augenblickssragcn energielos, so lange sie von der kollegialen Berathung und von jeder Marginale zu den höheren OrtS einzureichenden Berichten abhängt. Die Arbeit in den Direktion-- und Be- tricbsämtcrn ist mit der halben Anzahl von Kräften zu ermög lichcn, wen» daS überflüssige Schreibwerk entb«l>rl werden kann und wen» dem oberen Betriebsleiter die persönliche Entschlossen heit auch dazu wieder sreigcgcbcn wird, daß er da- Arvciten in jenen Acmtern wieder mit einem frischeren, eifrigeren Geiste er füllen kann. Gewiß sind an diesen Stellen auch erhebliche Erl sparuiigcn möglich. Doch der Schwerpunkt der Eiscnbahnfinanz reform liegt in dem Berbällniß zum StaatSfinanzwesen, und eS wird Zeit sein, die ernste» Stimmen zu würdigen, die hier einen durchgreifenden Wandel verlangen, andernfalls da« Jabrzebnt nicht zu Ende geben werde, bi« man rückläufig wieder am Puncte des VeräußernS oder Verpachten- der StaatSbahncn angelangt sein würde. ES wird auch von diesen Sachverständigen nicht verlangt, daß die Eiscn- baynverwaltung von der StaatSfiaanzverwaltung völlig unabhängig gemacht werden fall. Ein Mitwirkungs recht de- FinanzministerS ist bei einer langen Reihe von finanziellen Entschließungen der StaaiSbahnverwaltung un abweisbar geboten. Aber die Abhängigkeit darf sich nicht auf jene Posten und ContiS erstrecken, die daS Abnutzung«- und ErncurrungSivescn betreffen. Es kann Vorkommen und kommt säst jedesmal in wirthschaftlich gedrückten Zeilen vor, daß da» Bahnmatrrial weniger in Anspruch genommen, also weniger abgenutzt wird, als eS den Durchschnitt entspricht, oder daß ErneuerungSbedürfniff« eben noch um ein Jahr vertagt werden können. In solchen Jabren den Urbrrschus gänzlich al« Dividend« vertheilt», d. h. de« Staat«säcke »ufützre», heißt,,,» di« einfachste, Uedat« de» kanfwänaisch soliden Wirthschaft verstoßen. Bi» zur durchschnittlichen Höhe muß die Abnutzungsquote, soweit sie nicht verbraucht ist, zurückgelegt werden und diese Rücklage muß der Bahnvrrwattung jederzeit verfügbar bleiben, der Staats verwaltung völlig vorenthalten sein. In guten Jahren wird sich auch ein oder da- andere offene Eonto für durch greifende technische Neuerungen einrichten lassen u. s. w. Wäre nach diesem, bei Privatbahnrn überall bewährtem System seit l882 auch beim StaatSbahnsyftem verfahren worden, so hätte Preußen für Erneuerungen und Neuerungen eine halbe Milliarde auS Betriebseinnahmen, statt au» An leihen verausgabt, d. h. es waren alljährlich im Durchschnitt 50 Millionen weniger für Staatszwecke flüssig geworden. Verzögern läßt sich nun aber der Uebrrgang zu diesem rationellen System der Rücklage» und offenen ContiS nicht mehr, wenigsten» nicht mehr ohne Gefahr für daS StaatSbahnsyftem überhaupt. DaS mag dem Finanz- minisicr im gegenwärtigen Stande der Dinge wohl manche unruhige Stunde verursachen, denn eS wird schwer genug sein, dir StaatSfinanzwirthschaft ohne dauernde Fehlbeträge sortzubetreiben. Um so lehrreicher ist eS aber für den oder vie Leiter der Reichsfiiianzwirthschaft; sie müssen erkennen, daß eine erhöhte LeislungSfähiakeil zu HeereSzwecken bei den Einzet- kaaten nicht vorhanden ist, daß im Gcgenthcil die finanziellen Interessen der Ciiizelstaateu jeder namhaften Erhöhung der NcichSauSgaben geradezu widerstreben. Wie unter solchen Umständen dir Prüfung der allgemeinen volkSwirthschaftlichen Interessen und ihrer Tragfähigkeit angesichts der Militair- vorlage im BundrSrath und demnächst im Reichstag auS- fäll», wird überall mit gespannter Aufmerksamkeit erwartet. * Berlin, 3l. October. Die Stellungnahme der Social demokratie zur Heiligkeit de« Eide« ist in letzter Zeit rum Gegenstand lebhafter Eröterung gemacht worden. Von focialdemokratischer Seite wird, anscheinend mit tiefer sitt licher Entrüstung, der Vorwurf znrnckgcwicsen, daß nach den Anschauungen der Socialdcmokratc» unter Umständen der Meineid, namentlich wenn da« Parteiinteress« diesen fordere, nicht verwerflich sei. Den ersten Anlaß zu erneuter Aus einandersetzung über da« berührte Thema bat im Mai d. I. ein Hamburger Staatsanwalt durch dir Erklärung gegeben, "aß nach .ocialdemokratischen Grundsätzen der Meineid acht zu verdammen sei, wenn durch denselben ein Genosse vor Strafe geschützt werden könne. Damals prolestirten sechs große socialistische Volksversammlungen „gegen diese unerhörte Beleidigung der größeren Mehrzahl der Hamburger Bürger". Noch hatte der von Hamburg auS entfachte Enl- rUstunzSsiurui sich nicht gelegt, als der Uittyillc der Social- dcnwkralen durch einen Vorfall in BreSlau neue Nahrung erhielt. Hier hatte im September d. I. der Vorsitzende der Strafkammer, als gegen den Redakteur der socialistischen „Volksmacht" wegen Preßvergekcn« verhandelt werden sollte, dir zn vernehmenden Zeugen besonder- eindringlich zur Wahr heit ermabnt, indem er darauf hinwieS, daß die socialdemo- kratische Partei lehre, man könne zu Gunsten beschuldigter Parteigenossen auch falsch schwören. Diese Aeußerung, deren genauer Wortlaut nicht in Betracht kommt, sofern der Sinn der Rede richtig wicdergegeben ist, hat die Presse und die Parteileitung der Socialdeuiokratcn zu einer Reihe heftiger Proteste gereizt: hat doch gar eine Breslauer Entrüstungs- Versammlung über den betreffenden LandgerichtSdirector ein ^BolkSgericht" abgehalten. Der einrelne Streitfall als solcher hat jcdock für unS wenig Interesse; ob der Vorsitzende der Strafkammer thatsächlich eine Bcnierkung, wie die ihm zu- grschriebene, gemacht hat oder nicht, ist für unS belanglos der principiellen Frage gegenüber: Billigt dir Socialdcmvkratie unter Umstände» den falschen Eid, der ihrem Partei-Interesse dient - — Zur Beantwortung dieser Frage haben Presse und Gerichtsverhandlungen im Laufe der Jabre ein reiche- Material geliefert, welches nut erschreckender Deutlichkeit erkennen läßt, daß der Meineid in den Augen fanatischer Socialdemokraten in der Thal ein Kampfeömittet ist, von dem die Genossen ge gebenen Falles sonder Scheu Gebrauch gemacht haben. Eine Sammlung solcher Zeugnisse für daS dem Meineide von social- drinokratischcr Seile entgegengetragene verhüllte Wohlwollen liegt eben jetzt in einer Broschüre „Meineid und Socialdemokratie" (Verlag R. Wilhclnii) vor. Die Citatc sind vorwiegend dem in Zürich erscheinenden „Socialdemotrat" und dem Organ der Unabhängigen („Socialist") entnommen. Der „Social- deniokrat" ist viele Jahre lang da- ossiciellc Organ der deutschen Socialdemokraten gewesen; wenn nun auch im Jahre >888 durch eine Erklärung der socialdemokratischen Fraction deS Reichstage- dem „Socialdemokrat" auS taktischen Gründen sein osficieller Charakter abgesprochen ist, so kann die Partei doch schwerlich die Verantwortung für daS zurück- weisen, WaS seiiierzeit, atS da« Züricher Blatt noch ihr ofsiciellcs Organ war, in demselben offen und laut hundertfach wiederholt worden ist. Daß die Rechtfertigung de« Meineids dabei bäufig in die Form einer Warnung vor dem Meineide gekleidet wird, ändert an der Sache nichts. Hier einige Beffpiele: In einem Leitartikel mit der Ueberschriit: „Die verhalten wir un» vor Polizei und Gericht?" macht der „Socialdemokrat" auf die schweren Strafen der bürgerlichen Gesellschaft sür Meineid auf merksam und meint dazu: „Daher muß sich Jeder genau überlegen, ob in einem Proceß, in dem er eine Rolle spielt, ein wider besseres Wissen abgegebene» Zeugniß nicht mehr Unheil al- Vortheil stiften kann. — In solcher Weise wird die Warnung vor dem Meineid in der socialdemokratische» Presse stet» begründet durch den Hinweis „aus da« Siisiro", welche- der ertappt« Meineidige läuft; man solle sich überlegen, ob «» richtig wäre, um einer mehrmonatigen Gefängnthstrafe zu entgehen, durch «inen Falschrtd viel« Jahre Zuchthaus «inzuhandeln. Mehrfach versichert der „Social- demokrot": ..Wenn Jemand um einen Freund, den eine ehrenhaft» Handlung auf die Anklagebank gebracht hat, vor langer Gesängaibstras« und einem Justizmord zu bewahren, «in Zeugniß ablegt, durch welche» er sich selbst der Gefahr de» Zuchthauses aussetzt (also falsch schwört!), so begeht derselbe wohl eine strafbare, aber keine ehrlose Handlung. Lhrio» kann da» nur sein in den Augen eines Menschen, der keinen Sinn für Ehre hat." — Ja dieser Tonat geht e» durch die Spalten de» „Socialdemokrat" weiter; wen nach einer Vermehrung der Beispiel« gelüstet, mag da» citirte Büchlein Nachlesen. Aber auch in andern socialistischen Blättern de» Ans- und Inland«» begegnen wir wiederholt Be- schSatgungn» de» Meineid»«. Dt« „Verl. Bolkltrtbüne" brachte im vorige» Jahr« «inen Artikel „Moralisch« Flausen", ta welchem «» heißt: „Gewi-, »ir rathe» de» Arbeiter», »o st, dem d»rch d» G»«»t »Lterstadte» »ad ihm auch sonst Ich»» d»»I«»hk»ch
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