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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921102017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892110201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892110201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-02
- Monat1892-11
- Jahr1892
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SlboimerrreietSpreiS st, der Hauptexpedition oder den im Stadt» bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zivetmaliaer täglicher Zustellung in» Han» >l 5.50. Durch di« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direct» tägliche ikreuzbanLsendung in» Ausland: monatlich 9.— Die Morgen-AuSgabe erscheint täglich'/,7 Uhr, di« Adeud-Ausgabe Wochentag- 5 Uhr. Le-artion und Erpe-itioa: JohanneSgasse 8. Dl« Expedition ist Wochentags ununterbrochen geSjsaet von früh 8 bi» AbeudS ? Uhr. Filialen: Ott« Ale««'» Lortim. (AlsreH Hahn)» Uoiversitätsitrab« 1, Louis Lösche, Sathariarostr. 14. part. und AönigSpIatz 7. Moegen-Ausgabe. KiWgerIiUMM Anzeiger. Organ für Politik, LocalgesWte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Jusertio«SpreiS Die Ogrspaltme Petitzeile 20 PsL Reklame» unter dem RedartionSstrich (4gt« spalten) 50-4, vor den Familieunachrtchte» (S gespalten) 40-4- (Lrößere Schriften laut unser«» PreiS- verzeichuiß. Dabellartschrr nnd Zifsrrnsatz nach höherem Tarif. Extra-vettagra (gesalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne PostbesLrdernng ^l 60.—, mrt Postbesörderuog ^4 TO.-» Jinnahmeschluß fir Inserate: Ab»ud-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» SUHL. Sonn- und Festlag» früh '/,9 Uhr. Lei de» Filialen und Annahmestelle» j» «iaa halbe Stunde früher. Inserat» find stets an di» SxZeditia» zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» 1» L»lvjig« 580. Mittwoch» den 2. November 1892. 88. Jahrgang' Amtliche Bekanntmachungen. 50 Mark Belohnung. In der letzte» Zeit find in den vcrfchirücnstc» Straften der Vorstädte von den dort befindlichen Wiisfcrposten die »lessingcnen, an der Vutzrnsettc schwarz lackirlc» Verschlnft- kapscl» abgeschraubt und gestohlen worden. Dieselben dürfte» in zerschlagene,» Zustande als altes Messing zum Verkauf gebracht worden sein. Indem wir auf die Ermittclnng des ThätrrS die oben ausgcworfenc Vclohnung aussrtzen, ersuche» wir, jede sach dienliche Wahrnehmung schleunigst zur kcnntnttz unserer Crimiualabthetlung zu bringen. Leipzig, den 2». Oktober 1802. v. L. »701. Da» Poltzeiamt der Stadt Leipzia- Vretschnetder. vr. Bekanntmachung. Nachdem die Zustellung der Declarationsaussordcrungen für die Einschätzung zur Einkommensteuer aus das Jahr 1833 an die be- theiliglen Steuerpflichtigen in der Hauptsache beendet ist, wird nach 8- 33 der zum Einkommensteuergesetze vom 2. Juli 1878 erlassene» Ausführungsverordnung vom 11. October desselben Jahres hierdurch bekannt gemacht, daß es auch denjenigen, welchen eine DeclarationS- auffordcrung nicht zugegangen ist, sreisteht, eine Leclarattvu über ihr Einkommen bt» zu« SO. November dieses Jahres abzuaebeu. Aügabestellen sind: für Alt-Leipzig im Stadtbause, Obstmarkt 3, Erdgeschoß. für Leipzig-Neudnitz, Leipzig - Anger - Vrottcudorf, Leipzig-Thonberg und Lcipzig-Ncurcudnttz im Math Hause zu Leipzig-Reudnitz. für Leipzig-Neustadt, Leipzig-Ncuschönefeld, Leipzig- vottmarSdorf» Leipzig-Sellerhausen und Leipzig- Neusrllcrhausen im Nalhhanse zu Leipzig - Volk- «arsdors, ür Leipzig-Eutritzsch im Rathhanse daselbst, ür Leipzig-Äohlt» im früürrcu htemeindramte daselbst, ür Leipzig-Ltudenau, Leipzig-Plagwttz. Lcipztg-Kletn- zschacher und Leipzig - «chleutzig im Ru hhause zu Letpztg-Plagwitz uud für Leipztg-Goniicwitz und Lripzig-Lötznig im frühere« Gemeindeamt« zu Leipzig-iionnewitz. An den eben bezeichnet«» Äcjchäftsslclle» werden zu diesem Zweck« Declarationssormulare ans Verlangen »»entgeltlich verabfolgt. Gleichzeitig werden alle Vormünder, ingleichen alle Vertreter von Stiftungen. Anstalten, Pcrsoncnperetnen, liegenden Erb schaften und anderen mit dem Siechte des Vcrmögcnserwervs aus- gestatteten VermögenSmassen aufgesordert, für die von ihnen bevor mundeten Personen, bezw. für die von ihnen vertretenen Stiftungen, Anstalten u. s. w., soweit dieselben ein sleuerpslichtigcs Einkommen haben, Declarationen bei uns auch dann einzurcichen, wenn ihnen deshalb eine besondere Aufforderung nicht zugeheu sollte. Leipzig, den 29. October 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Georgt. Koch. Bekanntmachung. Bei unserem Stadtorchester, welches den Dienst im Theater, dem GewandhauSconccrt und bez. in den Kirchen zu versehen hat, sollen möglichst bald die Stelle je eines Aspirantrn für u. II. Violine mit dem Jahresgehalt von 1200 ^l (900 ^l vom Theater und 300 vom Concert), sowie b. Posaune und beziehentlich Eontrabaft mit dem Jahres- gehalt von 1500 X, und zwar von 1200 für Posauue vom Theater und vou 300 für Contrabaß vom Loucert, wiederbesetzt werden. ES werdea auch Bewerbungen für das Instrument Posaune allein angenommen. Die Anstellung erfolgt zunächst auf ein Probejahr. Geeignete Bewerber, welche sich einem Probespiel zu unterziehen haben, wollen ihre Gesuche nebst Zeuznißabjchrtfteu und einem kurzen Lebenslauf bi- spätestens zum IS. Novcmdrr d. I. bei unS eiureicheu. Leipzig, de» 27. October 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. In. 4296. vr. Georgi, Oberbürgermeister. Wilisch, Ass. Bekanntmachung. Kindergottesdieust zu St. Johannis. Mit Genehmigung der töniglichen »trchcninspeetion zu Leipzig und t« Einverständnis, mit dem »irchrnvorstan» zu St. Johannis wird vom Sonntag, den <t. November d.J., XXI. p. Drin., Vormittag» 11—12 Uhr in ver Johannts- kirche unter Leitung de» Herrn DiatonuS Rüting sonn täglich AtuSergotteadienft gehalten werden. Von demselben Tage an kommt der bisher in der ersten Aindrrbcwahranstalt. Thalstraftr, gehaltene KtnderaottrS- dtcnst in Wegfall. Diejenigen Kinder, welche diesen Gottes dienst besucht haben, versammeln sich am Sonntag, t». No vember, Vormittag'/.II Uhr noch einmal in de» Räumen der 1. Sinberbrwabranstal» und werden von da aus um II tthr unter Glockengeläut der Johanniskirche von dem bisherige» Leiter des Kliidergottesdirnstrs. Herr» TubdiatonuS Vr. Jeremias, nnb den Helferinnen im Zuge in die Johanniskirche geleitet. Die übrigen Kinder, welche künftig am Kindergottesdieust in der Johanniskirche tdeilnehmen wollen, versammeln sich um '/.II Uhr in der III. Bürgerschule (Turnsaal), von wo sie um II tthr. unter Vorantritt der Eonstrman- drn der Johanntskirche. voa Herrn Tiakonus Rnling und den neugewonnene« Heiser« nud Hrtserinnen im Zuge nach der Johauniskirchr geführt «erden. Wir richten an alle Evern der JahnniiiSgrmetnde, deren Bezirk umgrenz» wird von der Dresdner Ltraste. Nürnberger Stratze.Ltrbigstratze.Jobaiiiiisaller.Hoapvalftrahe, Gerichts weg, die freundliche Bitte, ihre Kuidcr vom « Jahre an möglichst zahlreich sich au »tese« Kinder,«ttesdienft de- ttzeiiigen lasse, in wollen. veipsi». »— »0. Oktober 18S2. Dt« Getftltchen »u St Johanni«. Paftar Tranes«»!. Atakaems Nkttn» Bekanntmachnng, die kircheiivorstandswahl im Liithrrkirchspirl betreffend. Für Las Lutherkirchwiel sind nacl> der Bekannlniachung LeS KirchenvorstandeS vom 1b. October 1832 sechs Kirchenvorsteher zu wählen. Die Wahl soll Freitag, den II. November 1802, im vcichthanse der Lulherkirche von Vormittags 10 Uhr bis Nachmittag» L Uhr (ohne Unterbrechung in den Mittags stunden) slatlsinden. Stimniiurechligt sind Diejenigen, welche auf Grund rechtzeitiger Anmeldung in die Wählerliste ausgenominen sind. Die Wahl hat zu erfolgen durch persönlich zu bewirkende Ab- gäbe eines Stimmzettels. Jeder Wähler kann sein Wahlrecht nur l» eigener Person ausüben. Jeder Wähler hat sechs Gemeinde« Mitglieder, welche dem Lntherkirchspicl angchüren und mindestens 30 Jahre alt sind, nach Tauf- und Familiennamen, Stand« oder Beruf genau zu bezeichnen. Wir fordern hiermit die stimmberechtigten Gcmcindegliedcr auf, den II. November 1803 innerhalb der obengenannten Stunden ihr Wahlrecht auszuüben und ihr Augenmerk auf Männer von gutem Ruse, bewährtem christlichen Sinn, kirchlicher Einsicht und Erfahrung zu richten. Leipzig, den 1. November 1892. Ter Kirchcnvorstand der Lntherkirch«. HanS von Sehdewitz, Pfarrer. Diebstahls-Bekanntmachung. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1) eine silberne ikylinderuhr mit Goldrand und Secunde, einer eingedrückte» Stelle am Rande uud mit auhäugender, lang- gliedriger Tonbläkctte, am 15. v. M.: 2) rin Winterüberzteher von dunkelgrauem, starkem Stoff mit blau- und gelbgestreistem Futter, 2 Reihen Knöpf« und Billet- täjchchen, am 21. v. M.; 3) ein Lommrrüberzieher von glattem, hellbraunem Stoff, mit einer Reihe Knöpfe, dunkelbraunem, hellgesrreiftcm Schooßfutter und einer Actentasche in letzterem, am 29. v. M.; 4) ein Dame»-Regenmantel von bräunlichem Stoff mit Gürtel, braunmelirtru Horoknöpseu und brauasechenem Henkel, am LS. v. M.; 5) ein Winterüberzieher von grünlichem, glattem Stoffe, mit roth- und schwarzgestreiftem Schooß- und blau« und schwarzgeilreiskem Aermelsutter, Kettchenhenkel, Sommetkrageu uud schwarzer Bordra- riusassung, am 30. v. M.; 6) rin Paar kalb- und ,t« Paar rtndlederue Reitstiefeln» am 22. v. M-: 7) ein grofzer Rcisekoffer, grau, mit schwarzen Bäudern, zwei blau- und wclßgcstreisten Einsätzen und dem Signnm „X. V. oder ,.L. V.". am 24. v. M.; 8) eine eisern« Knopf-Lochmaschine, schwär» lackirt, am 29. v. M.: 9) rin Badeofen-Aussatz, ca. 1'/, m hoch, bestehend au- einem Flammenrohr und einem sogen. Mantel voa Kupfer, seit Anfang September d. I.; 10) eine Holzkisit, signirt: „0. 8. 8395". mit Kurzwaaren» meist KnÄrngrrathschaften, am 27. v. M. Etivaiae Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Thatcr sind ungesäumt bet unserer Lrimtaal- Nbthcilnng zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 1. November 1892. Da» Povzeiamt der Stadt Leipzig. Bretschaeider. Submisston. Die Glaser-, Maler- und Anstreicherarbettrn für den Ren da» der II. kathol. Kirche und des vinerntinsstifteS in L.-Rc»dnitz sollen im Wege der Submilsion vergeben werden. Kosrenanschiagssormular sowie die Bedingungen sind im Bureau der Architekten Kratz ch Meurer, Bayerische Straße 42b, 1. Et., gegen Hinterlegung von 2 zu entnehmen. Die Offerten sind mit diesbezüglicher Aufschrift bis zum 10. No vember 1892 an das Kathol. Pfarramt t» Leipzig abzugeben. Leipzig, den 27. October 1892. Hubert Schmittmanu, Superior u. Pfarrer. Sparkasse in -er parochie Schönefeld zu Leiprig-Neudnih, Grcnzltr. Nr. 2. Wegen Reinigung der Geschäftsräume bleibt die Sparcaff« am nächsten Sonnabend, den 5. November 1892. geschloffen. Robert Ltrbert, Direktor. Die Nede -es Kaisers in Wittenberg. Wie die ganze Festfeier in Miltenberg am Gedenktage dcS Thcscn-AnscklageS an der Schloßkirche einen würdige» und erhebenden Charakter trug, so war auch die Rede deS Kaiser- getragen vom Geiste der Duldsamkeit und von der Achtung der Ucberzengung Andersgläubiger, mit denen die Protestanten doch in den Grundlehren der christlichen Religion übcrein- stimmcn. Der Kaiser erklärte alS oberster Bischof der evan gelischen Kirche, daß unser evangelisches Glaubensbckenntniß unS noch heute mit der gesammten Christenheit verbindet und daß in diesem Bekenntuiß ein Band deS Friedens liege, da» auck über die Trennung binauöreiche. Zn dieser Milde des Ausdrucks und der Aussassung zeigt sich der echt christ liche Geist der Liebe, welcher die ganze Christenheit umfaßt, mag auch ein großer Thril ihrer Diitglieder Wege de» Hasses und der Herrschsucht wandeln. Daß die Kirche der Wiedergeburt bedürfe, daß ihr viele schwere Gebrechen anhasteten, wurde von vielen Zeit» und Glaubensgenossen LutberS anerkannt, aber sie fanden nicht den Muth, dem mächtigen Bau deS PapstthumS gcgenüber- zutrctcn und die Stellen zu bezeichnen, wo er der Unter stützung und Erneuerung bedürfe. Aus den zähesten Wider stand stieß das Lutherwrrk bei der katholischen Geistlichkeit; sie hat sich mit allen Waffen, die Macht und alter Besitz, Klugheit und Ränke an die Hand geben, gegen das Eindrangen eine« neuen frischen Geistes in die Kirche gewehrt und dadurch der Entwickelung der Menschheit schwere Hindernisse bereitet. Die Reformation hat nicht den Umfang und die Ausdehnung erreicht, auf welche ihre Ansäng« biawrisrn, die katholische Kirche hat ihre Macht in der Hauptsache erhalten und stellt sich heute wieder, 250 Jahre nach dem dreißigjährigen Krieg«, auf den Standpunct, daß die Reformation ein Wert d«r Abtrünnige» war nnd daß di« gesammte Christen heit durch das Sacranient der Taufe dem Papste unterthan sei. PiuS IX. stellte diese Behauptung zuerst in einem Briese an Kaiser Wilhelm auf, und jüngst ist sie auf dem Katholiken tage in Mainz vom Bischof Hasincr wiederholt worden. Die Gesammlhaltung des Katholicismus ist feindlich gegen den Protestantismus, die Art und Weise, wie die Vertreter der Katholiken ihre Forderungen in protestantischen Ländern geltend machen, ist anmaßend und unerträglich. Wir können keine Schulen brauchen, in denen der Lehrplan von Bischöfen gemacht und der gesammte Unterricht nach dem römischen Schema behandelt wird. Wir bedürfen für die folgenden Generationen der freien geistigen Entwickelung, die durch leinen Dogmenzwang eingeengt wird. Zn Uebereinstimmung mit dieser berechtigten Forderung bat Kaiser Wilhelm in Wittenberg gesagt: „Es giebt in Glaubenssachen leinen Zwang, hier entscheidet allein die freie Ueberzeugung des Herzens, und die Ueberzeugung, daß sie allein entscheidet, ist die gesegnete Frucht der Reformation. Wir Evangelischen befehden Niemand um seines Glaubens willen, aber wir halten fest an dem Bekenntnisse des Evangeliums bis in den Tod." Diese Worte werden überall lauten Bei fall und freudige Zustimmung erregen, wo der Geist de» Protestantismus noch lebendig, wo er nicht verknöchert ist durch Zeloten, welche sich zu Sittenrichtern über die pro- tcstantifche Welt aufiverfcn. Es ist der Geist der Toleranz, der religiösen Duldsamkeit, welcher sich in diesen Worten Geltung verschafft, und gerade dieses Geiste- bedürfen wir in den Kämpfen der Zukunft, um über eine Richtung in der evangelischen Kirche Herr zu werden, die sich darin schon allzulange über die Maßen breit macht. Ein gläubiges Gemuth fühlt sich durch da- tiefere Eindringen in sein religiöses Leben verletzt, eS findet sich nach seiner Weise mit den einzelnen Sätzen deS Glaubens ab und hat daö Bestreben, das Wesen der christlichen Religion nach seiner Einsicht zu erfassen und zu deuten. Christus wurde einst befragt, worin denn eigentlich der Kern seiner Lehre bestehe, und er antwortete: „Liebe Gott über Alle- und deinen Nächsten wie dich selbst." Da- ist auch ein Glaubensbekenntniß; läßt es auch die Person des Stifters der Religion völlig außer Betracht, so ist doch das Wesen deS protestan tischen Glauben- darin vorzüglich auögedrückt. ZedeS Glaubensbekenntniß läßt der persönlichen Auslegung und Deutung Spielraum, u.>d wenn man diesen verkürzt, so legt man dadurch den Sta'chel deS Zweifel- in das gläubige Gcmüth; wenn aber die freie Ueberzeugung de- Herzens ari der Prüfung dcS ZnhaltS sich entwickeln kann unbeschadet der Worte und Formeln, welche das Vekcnnlniß bilden, dann ist damit zugleich der Grad von Gläubigkeit erreicht, der erst mit dein Tode endet. Feststehend muß das Bekenntuiß schon au- dem Grunde sein, weil sonst eine endlose Verwirrung an Stelle der nöthigen Festigkeit treten würde, und außerdem ist ein Abschluß in dem Sinuc nöthig, daß nicht durch Päpste uud Concilien neue Glaubenssätze aufgestellt werden können, die jeder gläubige Christ als geltend anzuerkcnncn hat. Da durch gcrath die Leyre in ein bedenkliche- Schwanken, das zu seelischen Conflicten führen muß. Der evangelische Glaube ist gegen solche Erweiterungen geschützt, und kein evangelischer Geistlicher, der so ist, wre er sein soll, wird von seinen Gemciudegliedern verlangen, daß sie das Glaubensbekenntniß genau in dem Sinne verstehen sollen, wie er selbst es versteht, wenn sic cs nur als den festen Grund betrachten, auf welchem sich ihr Glaube aufbaut. Der Gegensatz zwischen KatholiciSmuS und Protestantismus ist durch dre Vertreter dcS rrstercn ohne Schuld der Pro testanten in einem Grade verschärft worden, daß eine Aus einandersetzung über die Grenze nothwcndig geworden ist. Die Protestanten können sich von ihren katholischen Glaubens- Verwandten keine Vorschriften darüber machen lassen, welche Sonderrechte sie den Katholiken einräumen sollen, eö ist vielmehr notbwcndig, daß beide Bekcnntnißsormen entweder friedlich zu gleichem Zwecke Zusammenwirken, oder, wo das nicht möglich ist, eine jede für sich bleibe. Es ist sehr bedauerlich, daß der confesstoueUr Friede gestört ist, aber das ist durch die Ucbergriffe Pius' IX., besonders aber durch die Vermischung von politischen und religiösen Zwecken geschehen, und an dieser krankt unser gesammte- politisches und religiöses Leben. Die Kundgebung in Wittenberg konnte dieses Moment nickt wohl zum Gegenstände der Erörterung machen, eS würde darunter die Bedeutung und Erhabenheit de- ganzen Festes schwer gelitten haben, eS würde ihm dadurch das Gepräge eines in die Kämpse unserer Zeit eingreifenden Ereignisses verliehe» worden sein. Die Zukunft deutet aber aus Kanipf zwischen den beiden Consessionen und zwar auf schweren, stets verschärften Kampf dis rum Siege der einen Partei, der darin bestehen würde, daß entweder der Katholicismus den Protestantismus unterdrückt, oder daß umgekehrt die katholische Kirche genöthigt würde, sich innerhalb ihrer Grenze» zu bewegen. Keine- von beiden wirb in abseh barer Zeit geschehen, vorläufig ist eS der Kampf ohne Enke, der sich vor uns alS Zukunftsbild gestaltet; daß der Patriotismus über die angeblichen Pflichten gegen die Kirche die Oberband gewinnen sollte, ist unter den bestehenden Verhältnissen nicht vorauszusetzen, wir haben in dieser Beziehung in den letzten 22 Zabren so viele Er fahrungen gesammelt, daß wir diese Hoffnung schlecht hin als aussichtslos bezeichnen können. Alles, was uns übrig bleibt, ist die Zuvcrsiwt auf die mächtige Wirkung der Zeit, aus den fortschreitenden Geist der Entwickelung und aus den Durchbruch der Einsicht, daß eS so, wie eö bisher gegangen ist, nicht weiter geben kann. Der KatboliciSmuS in seiner heutigen Gestalt bildet eine fortdauernde Gefahr für den Zusammenhang de- deutschen Reiches. DaS Centrum ist ein Keil, welcher in die deutsche Einheit bincinqelrieben ist, die Abgeordneten aller katholischen Länder, die im Reichs tage vertreten sind, bedeuten ebeusoviele Feinde unserer Einheit und unserer geistigen Freiheit. DaS Machtwort, welches alle diese Leute zusammenhält, wird im Vatikan ge sprochen, die Angehörigkeit zum deutschen Reiche kommt für sic erst in zweiter Linie in Betracht. Da- ist ein unhaltbarer Zustand, dem ein Ende gemacht werden muß, wenn sich nicht die schlimmste» Folge» daran- entwickeln sollen. * Deutsches Reich. SS. Berlin, 1. November. Die General-Versammlung de- „Deutschen Verein- gegen den Mißbrauch geistiger Getränke" hat, wie mitgethcilt, beschlossen, bei BundeSrath und Reichstag die Aufrechterhaltung und Annahme de-Trunk- suchtSgcsctzentwurfö zu beantragen. Alle Hochachtung vor den geistigen Kräfte» diese- verdienten Vereins, — aber in diesem Falle bat er sich etwa« naiv gezeigt. Die Bewegung gegen Miß brauch geistiger Getränke und der in, vorigen Zahre veröffent lichte TrunksuchtSgesetzenlwurfkerRegierung richten sich vorAllem gegen die Schnapssäuferci. Nun aber gedenkt die Regierung daö Bier beträchtlich höher zu besteuern, also die Ableitung deS TrinkbedürsnisseS vom Branntwein auf ein unschädlicheres Getränk zu erschweren, wie darf man sie da an jenen Gesetz entwurf erinnern! Indessen, die Zeiten ändern sich und vielleicht auch die Regierungen, und so wird der Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke vielleicht doch nicht umsonst gewirkt haben, wenn er selbst in diesem Zahre Regierungen und Reichstag an die Pflicht mahnt, so weit an ihnen liegt, Abwebrmaßregeln gegen einen am Mark deS Volke- zehrenden schleichenden Feind zu treffen. Allerdings wäre eS höchst ungerecht, wenn man für da- bis herige Schicksal deS TriinksuchtSgesctzentwurfS die Regierung verantwortlich machen wollte. Dieselbe hatte den Entwurf im Sommer 189l, also außergewöhnlich frühzeitig, veröffent licht, um dem Elaborat eine leidenschaftslose und sachliche Kritik zu sichern. Dieser Zweck ist nicht erreicht worden. Die radicale Presse hat den Entwurf sozusagen unbesehen in Grund und Boden kritisirt und, wie gewöhnlich, die specielle GesetzgebungSsrage unter allgemein politische Gc- sichtSpuncte gerückt. DaS war dantbar für den Agi tator, konnte er doch wieder einmal den Paladin der un veräußerlichen Menschenrechte spielen, und bequem für den Kritiker, der bei dieser Behandlung der Frage seinen Mangel an Sachkcnntniß nicht zu verrathen brauchte. Ein anderer kleiner Theil der Presse bat, gemäß seiner traditionellen Sympathie für polizeiliche Beschränkungen aller Art, dir Vorschläge der Regierung ebenso unbesehen acceptirt und dadurch ein: fruchtbringende Erörterung so wenig gefördert, wie eS durch die demagogische Betrachtungs weise geschehen ist. Nur die mittelvarteitiche Presse yat die Beurthcilung so angegriffen, wie sie angegriffen werden mußte: durch motivirte Stellungnahme zu den in Betracht kommenden Principirnsrage» und gewissenhafte Prüfung d'r einzelnen Vorschriften des Entwurf«. Leider ist der in dem weinseligen Köln im Herbst I89l abgehaltene deutsche Zuristenlag nicht diesem Beispiele, sondern dem der — Andern gefolgt. Die Redner bewegten sich mit löblichen Aus nahmen auf der Oberfläche der Fragen, im Vordergrund stand die Bebauptung, das TrnnksuchlSgesey sei ein Classengcscy, das die oberen Zehntausend privilegirc. Ein Redner äußerte sogar die Ansicht, da- Gesetz sei gegen die arbeitenden Ctasscn gerichtet. Nun ist es vielleicht koch nicht so profund, wie dieser und andere Herren glauben möge», wenn inan ein Gesetz deshalb als ein Elassengesctz brankmarkt, weil eS aus äußerlichen Gründen allerdings auf einige BcvölterungS- classen mehr, auf andere weniger Anwendung finden kann. Unser Strafgesetzbuch kennt Delicte, welche sich in den soge nannten unteren Classen seltener ermitteln und verfolgen lassen, alS in den wohlhabenden Standen. Man hat darum doch nicht von Classengcsctzen gesprochen. Die Frage liegt denn doch noch immer so, ob die Branntweinpest am Marke des deutschen Volkes zcbrt oder nicht. Man ist darüber auf dem Zuristenlag in Köln seitens der Gegner eines gesetzlichen Eingriffs ziemlich vornehm hinwcggegangcn. Ein Redner hat dies damit begründet, daß man sich in der „Stadt mit dem guten Wein" mit dieser Sache nicht befassen solle. ES sind aber nicht die Wirkungen de- Rüdesbeimrr, die sich in unseren Gefängnissen, Kranken- und Irrenhäusern, bei der Armenpflege rc. in erschreckender Weise bemerkbar macken, sondern die des Schnapses. Es mag ja einer gewissen Anschauung von Gleichheit entsprechen, wenn man die Acrmercn unbehindert dem mörderischen Fusel huldigen läßt, nur weil man nicht gleichzeitig die Reichen an dem unmäßigen Genuß von Cognac und Champagner zu Verbindern vermag. Den Trunksüchtigen „aus dem Volke" und ihren Angehörigen leistet man aber mit solcher Gleichberechtigung einen schlechten Dienst und dem Gemeinwohl einen noch schlechteren. AuS diesem Grunde haben die demokratischsten Völker Europas gesetzliche Maßnahmen gegen die Trunksucht getroffen, auch die englische Freiheit, die ja sonst unsere Radikalen meinen, hält den alljährlichen Ruin von Tausenden von Existenzen durch ein verheerendes Laster nicht für eine nolhwcndige Voraussetzung ihres Fortbestandes. Und i» Deutschland wird schließlich auch das öffentliche Interesse über die populäre Phrase siegen. Diese Erwartung wird sich um so rascher erfüllen, je bestimmter die Negierung die jenigen Puncte ihres Entwurfs prciSgiebt, welche, ohne dem gewollten Zwecke erheblich zu dienen, eine Quelle von Cbicancn gegen die Gastwirlhe bilden. Es ist nicht angänglich, wie der Entwurf cs wollte, dem Gastwirlhe, der wie jeder andere Gewerbetreibende Geld erwerben will, zum Schutzmann, unter Umständen zum Sanitätsbeamten zu mache» nud ihn zu bestrafen, wenn er die ihm auserlcgtcn öffentlichen Functionen nicht nach den Wünschen der OrtS- polizei erfüllt. Die Regierung hat offenbar nach dein Worte gebandelt: „Wer viele- bringt, wird Jedem etwa» bringen"; eS bat sich aber nunmehr gezeigt, daß einzelne unverdauliche Speisen den Appetit an dem ganzen Menu verderben können. X. Berlin, t. November. (Telegramm.) Wie aus BrcSlau gemeldet wird, will der dort erscheinende „General anzeiger" auS bester Quelle erfahren haben, daß die Reichs- rcgierung sich einem eventuellen Compromißvorschlage in der Frage der Militairvorlagc nicht ablehnend gegeu- überstcllen werde. Es fanden sogar Erwägungen statt, ob zur Zeit die Hälfte der Forderungen ausreichend sei. Man scheine zu solchen Zugeständnisse» bereit. Tie „beste Quelle" deS Breslauer SensationsblailcS fließt augenscheinlich aus dem Tintensafse seiner Redaction. Im BundeSrath, der zunächst das Urtbeil seiner Ausschüsse abzuwartcn bat, bevor er selbst Beschlüsse fasten kann, können zur Zeit derartige Erwägungen gar nicht stattsinden. Und wenn sie stattsinden könnten, würde man sie nach den jüngsten Vorgänge« gewiß nicht auSplaudern, am weaigsten an d«
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