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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921104011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892110401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892110401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-04
- Monat1892-11
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Georgi. Krumbiegel. Bekanntmachung. Nachdem der seitherige Rathsreserendar Herr vr. Zar. Carl Ailhrlm August Rothe die zur Erlangung eine- selbstständigen Richieramte» erforderliche Prüfung mit Erfolg bestanden hat, ist ihm die Stellung als RathSassrssor von uns verliehen worden. Leipzig, deo 2. November 1892. I». ^Ö8. Her Rath der Stadt Leipzig. 1682.l)r. Georgi. Größe!. Bekanntmachung. In dem der Stadtgemeinde Leipzig gehörigen Eckgebäude an der Markthalle — «urprtnzstrahe Nr. 14 — sind folgende Mieth- räume, ai»: 1) das an der Brüderstratzr gelegene BerkausSgrwölbe ^ von 37,74 qm Flächengehalt mit einem Nebenraum von 17,80 qm und einem im Kellergeschoß unter dem Gewölbe befindlichen Lagerraum von 36,10 qm; 2) da- an derselben Straß« gelegene VerkaufSgcwölbc L von 32,19 qm Flächengehalt mit einem größeren Nebenraum von 15,80 qm und einem kleineren von 2F5 qm, sowie einem im Kellergeschoß unter dem Gewölbe befindlichen Lagerraum von 21,70 qm; 8) das an derselben Straße gelegene BerkausSgewölbe 6 von 32,lO qm Flächengehalt (ohne Nebenraum) mit dem darunter im Kellergeschoß befindlichen Lagerraum von 21,70 qm; 4) da- an der Ecke der Brüder- und Kurprinzstraße gelegene BcrkaufSaewSlbe v von 56,30 qm Flächengehalt (ohne Ncbenrauin) mit dem darunter im Kellergeschoß befindlichen Lagerraum von 45,50 qm sofort aus sechs Jahre zu vermicthen. Miethgesuche werden auf dem Rathhause, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, entgegengenommen. Leipzig, am 24. October 1892. Ter Rath dcr Stadt Leipzig. vr. Georgi. Krumbiegel. Bekanntmachung. Die Leuchtkraft d«S städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 24. bis 30. October 1892 im Argandbrenncr bei 150 Litern stündlichem Eonsum da» 18,5 fache dcr Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Da» specifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,434. Leipzig, am 1. November 1892. De» Raths Deputation zu den Gasanstalten. Stelle für Militairanwarter. Für di« Aiigcnheilanstalt der Universität wird ein nnvcr- heirathrtee Mttitatranwärter als Pförtner und Diener für den 16. diese- Monat- gesucht. Die Stelle trägt 500 Gehalt bei freier Station. Bedingungen sind: Gesundheit und nüchternes Verhalten. Bewerbungsgesuche find an das Unterzeichnete Rentamt zo richten, wo auch persönliche Vorstellung zu erfolgen hat. Gesuche solcher Personen, welche nicht im Besitze eine» Eivil. Versorgungt-Scheine» sind, bleiben unberücksichtigt. Leipzig, am 2. November 1892. Universitäts-Rentamt. Gebhardt. Bekanntmachung, die Anmeld««, zur kircheiivorftaiidawahl in her Andreas Archen,emeinde detrcsfrnd. Nach K. 17 der KirchenvorstondS- und Synodalordnung findet demnächst eine Ergänzungswahl des AndreaSkirchcnvorstandcs statt. Stimmberechtigt sind alle selbstständigen, indem Andreaskirchipiel wohnhaften Hausväter (Haushalrungsvorstände) evangelisch-luthe- rischen Bekenntnisses, welch» da« 25. Lebensjahr vollendet haben, verheirathet oder nicht, mit Ausnahme solcher, die durch Verachtung de« Wortes Gotte« oder unehrbaren Lebenswandel ösfentlichcs, durch nachhaltige Besserung nicht wieder gehobene« Aergerniß gegeben haben oder von der Stiminberechtigung bei Wahlen dcr politischen Gemeinde ausgeschlossen sind, sowie derer, welchen durch Beschluß der Kircheainspection die kirchlichen Ehrenrechte entzogen worden sind. Alle, welche ihr Stimmrecht ausüben wollen, haben sich entweder mündlich oder schriftlich anzumelden. Mündliche Anmeldungen werden in der ^ sechsten Bürgerschule («rndtstraße 60), valk»bit>1i«theksztmmer im Erdgeschok recht». Montag, den 14. November, «. Dienstag, den 15. November ununterbrochen von Vormittags IC Uhr bt« Nachmittags 4 Uhr entgegengenommen. Schriftliche Anmeldungen mit genauer Angabe 1) de- Vor- und ZunainenS, 2) de« Stande» oder Ge werbes, 3) des Geburtstages und -Jahres, 4) der Wohnung können »on deute a» bis Dienstag, den 15. November, Nachmittags 4 Uhr in der Ktrchcirerpedttio«, Arndtstratze 3«k, abgegeben werden. Zum AadreaSkirchspiel gehören nachstehend« Straßen, bez. Straßentheile und Plätze: Altenburger Straße. Nrndtstraße, Bayerische Straße Nr. 57—99, 54—62, Brandvorwerlstratze, Elisenslraße Nr. 69—77, 54—60, Fichtestraße, Hardenbergstroße, Kaiser Wilhelmslraße, Kaiserin Augusts straße, Kantslraße, Lürnerstraße Nr. 2— (dir rechte Seite). Krön prinzstraße, Lößniger Straße Nr. l l— von der Körnerstraße bis zur Kaiserin Auguftastraße, Mahimannstraße Nr. 2—16. Molike- maßt. Scharnhorststraße, Schenkendorsstraße, Cchleußigrr Weg von der Mahimannstraße tu südlicher Richtung, Eteinstraße, Südplatz Südstraße. Bei der Wichtigkeit und Bedeutung der bevorstehenden Wahl für da» kirchlich« Leben unsrer Gemeind« fordern wir alle stimmberech- tioten Glieder der AadreaSgemeind« dringend aus. sich recht zahl- reich an der Wahl zu bethetiigeu uud die Uamelduag zo derselbrn rrchizeitig zo bewirke». Leipzig, de» 3. November 1892. »er «a»lau»Ich»k für »t« »trchenbarstandSwahl her >»hrea«k»rche«,e»etnde. vr. pl». Gchumanu, k. Das Papstthum der Gegenwart. DaS Papstthum ist zwar immer eine internationale Macht jewesen, aber nicht in deni Sinne von heute, die Macht des sapstthums hatte ihren Sitz und Ursprung im Mittelalter in der freiwilligen Unterordnung der weltlichen Fürsten unter das geistliche Oberhaupt dcr Christenheit. So war es mög lich, daß während der Herrschaft dcr Inquisition der Papst eine Slrafaewalt über alle Christen der civilisirten Erke auS- üdte, wie sie in dieser Ausdehnung mir von den schrecklichsten Despolen ausgcüdt worden ist. Wer sich dcr Macht des Papstes nicht widerstandslos dengle, wer etwas Anderes zu glauben sich unterfing, als was von Rom aus vorgeschriebe» lvurde, war für die Inquisition reif, und der Feuertod war das regelmäßige Cnde der peinlichen Untersuchung und der daraus gegründeten Urtheilsfällung. Diese Strafgcwalt hat mit dcr Reformation ihr Ende erreicht, dcr Staat erstarkte in dem Maße» als die Kirche an ihrer empfindlichsten Seite angegriffen wurde; daS Papstthum hat jetzt nur noch geistliche Strafen zur Verfügung. Von diesen macht eS aber einen so umfassenden Gebrauch, daß die Wirkung noch immer eine sehr starke ist. Die Ver weigerung des kirchlichen Begräbnisses ist eine ebenso scharfe Waffe in der Hand der katholischen Geistlichkeit, wie die Versagung der Absolution, nicht minder die Unauflöslichkeit der Che biS auf die Ausnahmen, welche der päpstliche DiSpens ermöglicht. Die Bestimmungen über die Mischehen sind zwar vom Staate überall angesochrcu worden, aber in kirchlicher Beziehung gelten sie dennoch. Durch diese Mittel hat sich die katholische Kirche einen Einfluß aus ihre Anhänger ge- ichcrt, der so stark ist, daß er daS Bestehen eines Staates m Staate erreicht hat. Tenn was ist die Centrumspartci onst, als eine Partei, welche ankere internationale und innerstaatliche Ziele verfolgt als die übrigen deutschen Staatsbürger? DaS Eenlrum maßt sich an, dem Lande, in welchem eS lebt, Gesetze vorzuschreiben und die Zu- 'timiiiung zu Geldsorderungen der Negierung von der Ge währung von Vortheilen für eine auswärtige Macht, daS lpstlhum, abhängig zu machen. Die Nolle, welche Windlhorst als Abgeordneter deS preußischen Landtage« und de« deutschen Reichstages ein- ange Reihe von Jahren bis zu seinem Tode durchgeführt hat, war die eines Vertreters dcr angeblichen Rechte des Papstes, sie entsprach also nicht der Aufgabe, die ein deutscher Abgeordneter zu erfüllen hat. Er hat es dahin gebracht, daß die gcsammte Falk'sche Gesetzgebung rückgängig gemacht worden ist und daß der sogenannte Friedcnöjchluß vom 10. Mai 1887 auf den Trümmern der staatlichen Rechte der katholischen Kirche gegenüber zu Stande gekommen ist. Damit ist die Partei aber keineswegs zufrieden, sie verlangt vielmehr die Herrschaft der Kirche über die Schule und die Zurück- derufung der auSgewiesenen Jesuiten, um dann nicht nur über die deutschen Katholiken mit voller Kraft die Herrschaft der Kirche zur Geltung zu bringen, sondern auch die Axt an die Wurzel des Protestantismus zu legen. Die katholischen Bischöfe in Preußen baden seit dem 10. Mai 1887 das Recht, Geistliche in ihren Diöcesen anznstellen, wie es ibncn beliebt. Diese Geistlichen sind in besonderen Pricsterseminaren vorgebildet, in welchen der Lehrplan einen künstlich beeinflußten Bildungs gang erzeugt, der mit den Zwecken deS preußischen Staates außer Zusammenhang steht. Und die Herren vom Centruin waren aus dem besten Wege, auch die «schule unter die Herr schaft der Kirche zu dringen, wenn nicht die öffentliche Meinung sich mit größter Entschiedenheit dagegen erklärt hätte. Die Einwirkung auf die Gesetzgebung christlicher Staaten ist aber nur eine Seile der internationalen Bedeutung deö Papstlbums; dieses maßt sich auch an, der auswärtigen Politik ihre Bahnen zu weisen. Der Papst verlangt, daß die deutschen Katholiken ihn bei seinen Bemühungen zur Wieder erlangung der weltlichen Macht unterstützen, und ohne Wci tcrcS wird seit einer Reibe von Jahren bei allen Katholiken, tagen in Deutschland die Rückgabe deS Kirchenstaates oder eines TheileS davon als erster Programmpunct festgesetzt Lange Zeit hindurch ist diese Forderung von den Theil- nchmern der Katholikentage gedankenlos gebilligt worden, erst in neuester Zeit hat sich Herr v. Schorlemer - Alst be wogen gefunden, zu erklären, daß dcr Dreibund sich sehr Wohl mit dcr Wiederherstellung des Kirchenstaates vereinigen lasse. Die päpstliche Presse hat ihn darüber belehrt, daß diese Auffassung irrthiimlich sei, und dadurch da« werthvollste Zeugniß für die Tdalsache geliefert, daß der die Wiedrr- ausrichlung der weltliche» Macht deS Papste- betreffende Programmpunct von der Tagesordnung deutscher Katholiken tage adgcsctzt werden muß. Dcr Papst ist ein unvcrsöbnlicher Feind deS König» von Italien und deshalb selbstverständlich auch deS Dreibundes, denn der Dreibund ist ein unüberwindliche« Hinderniß für die Wiederberstellung der weltlichen Macht des PapstthumS; deshalb setzt auch der Papst alle Hebel in Bewegung, um den Dreibund auszulösen. ES ist unmöglich, die päpstliche Politik auf allen ihren Schritten zu verfolgen, welche diesem Zwecke dienen; aber die Bemühungen, die sie aufwcndct, um sich mit Frankreich in daS beste Einvernehmen zu setzen, sind offenkundig. Die Anerkennung der französischen Republik durch den Papst ist so recht dazu geeignet, den inter nationalen Charakter des beuligen PapsttbumS in daS hellste L'cht zu setzen. Der Papst dätte alle Ursache, Frankreich ru zürnen, weil die Regierung gegen den Klerus und zum Theilauch gegen den Episkopat mit dcr größten Rücksichtslosigkeit verfährt, aber um höherer Zwecke willen werden diese Hand lnngcn dcr Feindseligkeit und Mißachtung gegen das Papst, thum stillschweigend geduldet. Die Landbevölkerung in Frank reich ist noch immer gut päpstlich gesinnt, und das führt über die bestehende Unbequemlichkeit mit Leichtigkeit hinweg. Wenn eS dem Papstthum gelänge, Italien vom Dreibund adzuziehen und Frankreich zum Kriege gegen Deutschland zu treiben, dann wäre der Hauptschritt zur Wiederausrichlung des Kirchenstaate- geschehen — so ist dir Politik beschaffen, welche daS Oberhaupt der römisch - katholischen Kirche zur Richtschnur erwählt hat. E» ist wobl bekannt, welchen Einfluß PiuS IX. auf die Ereignisse ii Verkündung ficht auf die erfolgt ist, da sie geschehen. Trotzdem ist dcr Nach- olgcr PiuS' IX. vom Kronprinzen Friedrich Wilhelm, nachhcrigem Kaiser Friedrich III., und von Kaiser Wilhelm II. in Nom besucht worden. Das mögen inter nationale Höflichkeits-Handlungen gewesen sein, aber das Papstthum ist durch sie zu einem Nimbus emporgehobcn worden, der ihm dis dahin gefehlt hatte. DaS Papstthum ist unersättlich, je niehr man ihm zugestcht, desto mehr will es haben Leo XIII. hat in der Tdal eine internationale Macht erklommen, wie kaum ein anderer Papst vor ihm, er ist mehrfach zum Schiedsrichter i» internationalen Streit ragen erkoren worden; Fürst BiSinarck hat ihn sogar veranlaßt, seinen Einfluß auszuwendcn, um da» Septeunat zur Annahme im deutschen Reichstage zu dringen; die deutschen Angelegenheiten sind überhaupt so vollständig in die Hand der CcntnimSpartei gelegt worden, daß cS nicht möglich ist, dieser Partei noch größere Machtvoll kommenheit zuzugestehen. Alles umsonst! Die katholische Kirche will in Preußen und Deutschland nicht die zweite Stelle ciniiehmkn hinsichtlich ihrer politischen Macht, ja sie begnügt sich nicht einmal mit Gleichberechtigung, nein, sie will herrschen. Und daS kann ihr niemals eingeräumt werden. Die katholische Kirche hat den Mulh gehabt, den Protestantismus als solchen anzugreisen, sie glaubt daS protestantische Deutschland ru ihren Füßen zwingen und durch ihre internationale Machtstellung auch in geistlicher Beziehung die Führung übernehmen zu können. DaS war ein Fehler, den die Leiter des Centrums und ihre Auftraggeber noch schwer bereuen werden. DaS protestan tische Bewußtsein ist erwacht und cS wird sich in einer Weise geltend machen, daß die Päpstlichen sich darüber wundern werden. * Deutsches Reich. L Zittau, 2. November. Es scheint nun doch, als ob cs mit der Herrschaft deS ReichStagSabgeordncten Buddeberg in unserem Stadtverordneten-Collcgium, dessen langjähriger Vorsteher er war, zu Ende sei. Nachdem er bei den letzten Wahlen nur noch mit bedeutend verringerter Stimmenzabl wieder in daS Collegium gelangte, vermochte cr mit Hilfe seiner Getreuen nnv einiger Unentschiedenen sich dock von Neuem auf den Sitz de» Vorsitzenden emporzusckwingen. Lange sollte die Herrlichkeit jedoch nicht mehr dauern, denn nunmehr bat cr (wie bereits gemeldet) den Vorsitz frei willig niederge legt, und wir glauben nicht, daß cr Neigung hat, sich wieder um das für ihn so dornenvoll gewordene Amt zu bewerben. Wie eö gekommen ist, daß Herr Budde- burz einen derartigen Act von Entsagung an sich selbst voll zogen hat, darüber giebl dcr in den „Zittauer Nachrichten" ani heutigen Tage veröffentlichte Bericht über die letzte Sitzung linscrer Stadtverordneten zur Genüge Auskunft. ES erhellt daraus, daß wegen der ganzen Art und Weise, wie Herr Buddcderg in der letzten Zeit sein Vor- leheramt verwaltet hat, insonderheit wegen der beleidigenden Ausdrücke, deren er sich bei Leitung dcr Verhandlung und in der Debatte gegen die Mitglieder deS Collegiums, die ihm entgcgcntreten zu müssen glaubten, bediente, ein direkte- Mißtrauensvotum gegen ihn gestellt war. Dieser An trag, der an Klarheit und Offenheit nichts zu wünschen übrig ließ — er lautete: „DaS Stadtverordnetencolleqium wolle dem Herrn Vorsteher Buddeberq ein Mißtrauensvotum aussprechen wegen seines un- parlamentarische» geichaflsorduungLwidrigen Verfahrens überhaupt und seines ungebührliche» Verhallens dem Stadtrath gegenüber." wurde in der gedachten Sitzung vom Stadtverordneten Eisold in vortrefflicher Rede begründet. Herr Buddcderg mochte suhlen, daß er zu weit gegangen sei — hatte er doch einem Vertreter deS StadtralhcS die Worte entgegen ge schleudert: „Er solle sich nicht wieder unterstehen" — und brachte folgenden Gegenantrag ein: „Indem ich erkläre, daß der in unmittelbarer Erwiderung auf eine mir zugesügte Beleidigung dem Herrn Stadtrath Fischer gegen über gebrauchle Ausdruck „sich unterstehen" ein in der Zornes erregung incorrect gewählter und unangemessener gewesen ist, beantrage ich, das Sladtverordnetcncollcgium wolle mit dieser Er klärung den Vorgang in dcr letzten Sitzung bei Besprechung d«S Berichts über die Armciiversvrgung pro 1890 al« erledigt ansehen und über den Antrag de» Herrn Stadtverordneten Essold zur Tages ordnung übergehe».'" Durch diese Entschuldigung erreichte Herr Buddeberg nur so viel, daß dcr gegen ihn gerichtete MißtraucnSantrag mit 12 gegen 8 Stimmen abgelehnt wurde. Als sein eigener Antrag, der ibm ermöglichen sollte, an der Spitze deS Collegiums zu bleiben, zur Abstimmung kam, ergab sich Stimmengleichbeit (lO gegen 10 Stimmen) und da der stell vertretende Vorsteher, Schäfer, eS ablehnte, in diesem Falle den Ausschlag zu geben, so mußte auch der Budde derg'schc Antrag als abgelehnt betrachtet werden. Herr Buddcderg hatte also eine empfindliche Niederlage er litten, die ihn schließlich dazu bestimmt hat, daS Amt des Stadtverordneten-VorsteherS freiwillig niederzulcgen. Nach der Abstimmung bemerkte ein Mitglied deS Collegium«. daS Ergebnis; dcr Stimmengleichbeit müsse dock für Herrn Buddebcrg eine Mabnung und zugleich ein Beweis dafür sei», daß selbst seine Freunde im Collegium nicht alle mit seinem Verhalten und seiner GeschaslSfübrung einverstanden seien. Aus dieser Thatsacke könne sich Herr Buddeberg eine Lehre ziehen, daß er i» Zukunft sein Verhalten ander- und seine Geschäftsführung maßvoller zu gestalten habe. Es ist freilich hart, wenn sich Jemand, der gewöhnt ist, den Dictator zu spielen, da- sagen lassen muß, ohne dagegen eine Einwendung macken zu können. HerrBuddeberg hat cS unter solchen Umständen für da« Klügste gehalten, d>e Flinte in das Korn zu werfen. Daß diese Vorgänge auf die öffent lichen Zustände in unserer Stadt und namentlich auf unsere poiitischcn Verhältnisse von einschneidender Bedeutung sein werten, da« kann keinem Zweifel unterliegen. Herr Budde- derg schaltete und waltete wie ein kleiner Eugen Richter in einen «r- Zittau, dese deutschsreisinnnige Herrlichkeit hat aber ei barten Stoß erlitten, von dem sie sich sicher nicht holen wird. »». Berlin, 2. November. Einen erfrischenden Hauch nationalvolilischen Leben« rmpfängtaegenwärtig der Norden vom Sude« d«> Reiche«. In München» Stuttgart, Hridrl berg, Mannheim u. s. w. hat die nationalliberale Partei während der vorigen Woche größere Versammlungen abge- Ipaltcn, die zunächst daö erwünschte Gegenstück zur Kehlhcimcr Wahl bilden. Wenn bei letzter Gelegenheit sich leider gezeigt hat, daß der alte Geist de- Hasses gegen die neuen Verhält nisse im Reiche noch lebendig ist, so zeigt das nationale Element im Süden doch auch, daß eS den ihm zugcwiesenen s siatz ebenfalls in ungeminderter Freudigkett und mit aller ursprünglichen Kraft noch behauptet. Ader daS ist eS nicht allein und ist auch im Augenblicke nicht daS besonders BemcrkenSwerthe an den erwähnten Versammlungen; denn daß in: Süden der Geist der Treue zu Kaiser und Reich ortlcbt, wird ja durck einen Sigl hoffentlich niemals verdunkelt werden. DaS Wesentliche, was uns aus den Ver handlungen gelegentlich der nationallideralen Tagfahrten in den großen suddeutschen Centren dcr Politik entgegentritt, ist der Geist ernst-entschlossenen Pflichtgefühls, das sich jetzt geltend macht. In dem Momente unserer iizneren Entwickl ung, da daS Vertrauen zur sichern Führung erlischt, greift man selbst mit ans Steuer und sorgt mit vor, daß dem Gemeinwesen kein Schaden zustößt. Je mehr daS Vertrauen ur Stetigkeit, zur vollen Unabhängigkeit dcr regierenden Personen gegenüber den widrigen Strömungen deS Ultra- montaniSmuS und ParliculariSinuS hinschwindet, desto that- krästigcr regt cs sich in denjenigen Vo'kSkrcisen, wo man daS Brdürsniß solcher Stetigkeit und Unabhängigkeit von jeher als daS oberste Bedürsniß einer gedeihlichen Entwickelung des ecinten jungen Reiches erkannt hat. DaS ist eS, was mit ober Befriedigung erfüllen darf, — nicht aus Parteirück- ichlen, weil eS gerade die Nationallideralen im Süden sind, die hier führend eingreiscn, wiewohl sich nicht leicht sagen ließe, wer sonst dazu Beruf und Fähigkeit in so hervorragen der Weise besäße, wie diese Partei — sondern vor Allem deshalb, weil sich hier eine im Volke vorhandene Kraft offen bart, die vollen Ersatz leisten kann, wo die Kraft der Leitung bei den verantwortlichen Stellen im Reiche versagt oder ehlerhaft sich zu bethätigen sucht. Daß cS gerade eine Heeresfrage ist, um derentwillen die selb st de st im inenden volkskräfle sich in Bewegung gebracht sehen, läßt den Uuter- chied zwischen Sonst und Jetzt nur um so deutlicher erscheinen, so unerquicklich eS auch an und für sich ist. Denn leicht ist eS den Scheuß, Elben und anderen im nationalen Schaffen ergrauien Politikern des Südens :wiß nicht geworden, vor Beginn der parlamentarischen erhandlungen bereits nach allen Seiten hin so bestimmt er kennen zu lassen, daß die ehemalige vertrauensvolle Opferwillig- keit überall im Lande einer außerordentlich zurückhaltenden, a besorgten und im Vertrauen schwachen Stimmung gewichen st. Ader e? war Pflicht, dieses Wahrzeichen auszurichlen, ehe chlimmere Folgen hervortreten könnteu, und der unerbittlichen Pflicht haben die süddeutschen Nationalliberalen so ernsten gemessenen Sinnes genügt, wie sie froder Pflicht in ver gangenen Jahren voll freudiger Antheilnahme genügten. DaS mag den Norden zur Nachahmung anfeuern und frisch beleben. ? Berlin, 3. November. (Telegramm.) Dcr Kaiser wird, von Stuttgart kommend, sich nach PieSdorf begeben, um, der Einladung des Grafen Wedel! entsprechend, an den von demselben veranstalteten großen Jagden theilzuncbmen. — Ferner wird der Kaiser sich, dem Vernehmen nach, kommenden Montag nach Stettin bez. Kiel begeben, um dort der Ver eidigung der Marinetruppen persönlich beizuwohncn. — Der Bundesrath beschloß heute die Wiedervorlegung des Ent wurfs de«Gesetze« wegen Abänderung deS Strafgesetz buchs an den Reichstag. — Dcr „Reichs-Anzeiger" bestätigt, daß die Börsen-E nquete-Commission sich gestern bis Anfang Januar 1893 vertagt hat. — Die „Börsen-Zeitung" erfährt au« guter Quelle, dir Untersuchung wegen un rechtmäßiger Veröffentlichung de« Inhalts der Militair- vorlage sei eingestellt worden. Ueber die Gründe dieser Einstellung verlautet nicht«, vielleicht wäre aber gerade daS da« Interessanteste an der ganzen Sache. — Dem „D. B. H." wird aus Men gemeldet, Lothar Bücher habe kein politisches Tagebuch hinterlassen, dagegen ein während seiner AmtSdaucr genau geführtes historisches Revertorium. Aus seinem Nachlaß soll hervorgehen, daß zwischen ihm und dem Grafen Herbert Bismarck stets das beste Einvernehmen geherrscht habe. Woher der Wiener Berichterstatter deS „D. B. H." diese Mittheilung schöpft, wird nicht gesagt. ES ist deshalb auch nicht möglich, sie auf ihre größere oder geringere Glaubwürdigkeit zu prüfen. — Für die Reichstags-Ersatzwahl in Arnswalde- Frirdeberg ist nunmehr der Wahltag auf dea 24. November anberaumt worden. — Unter den Ursachen, welche den ultramontancn Uebermuth herbeigeführt haben, spielt, wie die „Post" zu treffend hervorhebt, das Buhlen der .Kreuzzeitung" und ihrer Hintermänner um die Gunst deS Centrums nicht die kleinste iolle. Wer es nicht eilig genug haben kann, das ruorv tu norvittum dem Ccntrum gegenüber praktisch auSzuübcn, kann sich nicht wundern, wenn der Versuch unternommen wird, dem deutschen und preußischen Protestantismus einschließlich deS kirchlichen SummepiskopuS den Fuß auf den Nacken zu setzen. Die Früchte der politischen und kirchlichen Reaction reifen schneller, al« dies angesichts des konservativen Parteitages Manchem lieb sein mag. — Die von einer Berliner Börsenzeituug gebrachte Be hauptung, daß au« Sparsamkeitsgründen wenigsten- bei einem Theil der Schnellzüge ZuschlaaSkarten fürRetour- billetS neu «ingcsührt und daß die sog Saison karten aufgehoben werden sollten, wird vom eisrnbahn-officiösen „Berliner Actionair" als ein „Product der bekannten Thüringer Entenzüchterei" bezeichnet. — Bezüglich der Gehaltsaufbesserung für die BolkSschullehrer bat der Minister dcr UnterrichtS- enbeiten nachstehenden Ci reu larcrlaß an die könig lichen Negierungen gerichtet, der die vor längerer Zeit officio- in Aussicht gestellten Maßregeln angiebt: „Nachdem di« auf Ausbesserung der unzulänglichen Besoldungen der VolkSschullebrer zielenden Matznahmen durch die Versuch« einer gesetzlichen Regelung «inen längeren Busstand erfahren haben, ist es tm Interesse der Volksschule wie de« LrhrerslandeS unbedingt erforderlich, da« Reformwerk bald »um Abschluß zu bringen und e« ist dir« weseuUich erleichtert durch de» Umstand, daß durch dt« Ler» anlaguug zur Eiukononenstru« grSßer« Klerheit über dt«
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