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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921105013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892110501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892110501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-05
- Monat1892-11
- Jahr1892
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DHmmkWeNtApreiA k der Hauptexpedttioa oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten AnS- vabestellen abgehoU: vierteliädrllch^l4.b<h bei zweimaliger täglicher Zustellung «nS Haas 5L0c Durch di« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^4 6.—. Direct» täglich» tdreuzbandjeadung in» Luslaud: monatlich S.-^ Tie Morgen-AnSgabe erscheint täglich'/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. NeLacliou und Expedition: JotzauneSgaffe 8. DleErvedition istWochentags ununterbrochen geöffnet voa stütz 8 bis ÄbenLS 7 Uhr. Filiale«: Otts «le»m's «orttm. («lsretz Haha), Universitätsttrab» 1, Lauts Lösche, Satharinenstr. 14, pari, uud König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. 'chmerTaMalt Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. JasertiouSpreiS Die 6gespaltme Petitzrile 20 PsK vieclamea unter dem RedactionSslrich (4get spalten) 50/4, vor den yaiiiilienaachrichleu (6 gespalten) 40/4- Größere Schriften laut unser«, PrriS- verzrtchuiß. Tabellarischer und ZisserasaP nach höherem Tarif. Srtra-Bkilagcn (gesalzt), nur mit bei Morgen. Ausgabe, ohne Poslbeförderuiig ^4 60.—, mit Postbejörderuug 70.—. Ännahmeschluß für Inserate: «brud-Ausgabe: BonnittagS 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn« und Festtags früh '/,9 Uhr. vet dru Filialen und Annahmestellen je ela» halbe Stund« früher. Inserat« sind stets au dt« Expediti«» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz ka Leipzig. .H 5K«. Sonnabend den 5. November 1892. 8K. Jahrgang Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 6. November, Bormittags nur bis Vst- Uhr geöffnet. Lxp«6M«n 668 I.etp/.1«6r ^L«6t)1ittt68. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die Anbringung von Lrandcatasteri»»limrr» betreffend. An vielen Häusern der angejchlosjene» Bororle fehlen die Brand« l catasternununern entweder ganz oder sind nicht in der vorschrift smäßigen Weise angebracht. Nach tz. 34 der Ausführungsverordnung zu dem Gesetze, die iLandesbrandversicherungsanslnlt betreffend, sind diese Nummer» an Idem Haupteingange des GebäudecomplezeS in sichtbarer Weise und Igeinäß unserer früher deshalb erlassenen Betannlmachungen zuin IUnterschiede von den Hausnummern, welche über dem Eingänge zu »befestigen sind, zur linke» Seite de» Einganges beziehentlich deS »Hauslhüreinganges anzubringen. Alle die Hausbesitzer der angeschlossenen Vororte, an deren Grundstücken die Brandcatasternuminern sich nicht in Ordnung be finden sollten, erhalten daher hierdurch Auflage, bis längstens zum 8t. December dieses JahrcS diese Nummern in schwarzer Schrift aus weiften« Grunde bei Jermcidung einer Strafe von 10 ^ für den Fall der Zuwidec- dndlung in die vorgeschriebe»« Ordnung zu bringen. Wir bemerken hierzu, Laß unsere Braadcassengelder-Hebestelle rtadthauS, Obstmarkt 3, II.) angewiesen ist. auf Ausrage Auskunft über di« auf die Schilder zu bringende Nummer beziehentlich Be zeichnung zu «rtheilen, damit nicht aus Jrrthum falsche Nummer» tover Bezeichnungen angebracht werden, und weiter, daß Herr k Böhlitz (Mtterstraße 14. hier), welcher schon früher derartige Lch>ld-r ' gefertigt hat, dieselben zu dein Preis« voa 55 >4 daS Stück zu liefern bereit lst. Leipzig, den 6. Oktober 18S2. Der Rat- der Stadt Leipzig. " 8k«»rsl. Str^Reg. X Nr. 70. vr. Georgi. Bekanntmachung. Die nachstehend- unter G ausgeführten, durch Einführung der Wasserleitung entbehrlich gewordenen WassersürderungSanlagen sollen verkaiift werden. Di« Berkaufsbedtngungen liegen auf der Hochbauverwaltung deS liathsbauamieS, Ziminer Nr. 7, anS und können bei dieser Stelle gegen Erlegung von 50 /H bezogen werden. Angebote auf di« Anlagen sind versiegelt und mit der Aufschrift: „KaufSangcbot auf Wasserbefördcrungs-Anlagcn" > versehen, ebendaselbst, und zwar bis zum 21. dieses Monats, j Vormittag» 11 Uhr etnzureichen. Leipzig, am 1. November 1892. Der Math der Stadt Leipzig. - - L Id. 3633. S) D vr. Georgi. ichoriuS. nebst Pumpen- zu Reudnitz; nebst Pumpen. Herrn Gemeindeamtes in 1 stehender Gasmotor von 1 Pferdestärke anlage, ausgestellt im Keller der Realschule 1 stehender Gasmotor von 1 Pferdestärke anlage, ausgestellt im Keller de« früh, Sellerhausen, Wurzener Straße: 1 stehender Gasmotor von 1 Pferdestärke nebst Pumpen anlage, ausgestellt tm Keller der Polizeiwache in Letpzig- Reustadt, «lleestraße 11/12; 1 Pumpenanlagk, jedoch ohne Gasmotor, aufgestellt tm Rathhause zu Eutritzsch; 1 stehender Heitziustinotor von 1 Pserdekraft nebst Pumpen- anlage, früher in Connewitz, jetzt in Verwahrung der Oekonomie-Jnspection in der alten JohanaiS-HoSpitalscheune in der Platostraße befindlich. vermielhungen. I» den nachgenannten, der Stadtgemeinde gehörigen Grund Ücten find folgende Miethräume gegen viertel- bez. halbjährige lladiguiig anderweit zu vermiethen: 1) Markt Rr. 1 — Rathhau« — BerkaufSgewölbe Nr. 23 am Naschmarkt, 2) Raschmarkt Rr. 4 - «lte Börse - das anS 2 Abthei- lungen bestehende Gewölbe Nr. III, ö) Salzgätzchen Rr. 2 eine Hosniederlage, 4) Retchsstratze «r. 1 - Srlltrr» Hof — ». eine geräumige Wohnung in der III. Etage, >>. eine große Hofwohnung in der I. Etage, b) Vrühl Nr. 89 — Sonnenwelser — NiederlagSräume tm Hofe, 6) Supfergätzchen «r. 1 - ehemalige« Kramerhau« — ». die I. Etage, d. eine Kellerabtheilung, 7) Univcrfität-stratze Rr. 2» eine Kellerabtheilung, 8) Windmühlen strotze Nr. 7 der 1. Laden von der Brüder- straße au«, v) PetcrSstcinweg «r. 17 — Grüne Linde — eine kleine Wohnung, 10) Dresdner Stratze Rr. 22 — ehemalige« Thorhan« — der frühere Spritzenschuppeo, 11) Vlarschallftratze Rr. 8 — Renerwehrdepot — tn Leipzig-Reudnitz, eine Hofwohnung in der IV. Etage, 12) Gemrindeamt-ftratze Rr. « tn Leipzig-Linden«« ». Niederlagsräume im Parterre links, d. eine kleine Wohnung in der II. Etage. Tie Miethräume unter 1, 2, 6» und 9 sind vom 1. April 1893 und alle übrigen sofort zu vermiethen. Miethgesuche werde» aus dem Rathhause, I. Etage, I mmer Nr. 8, atgegengenommen. Leipzig, den 25. October 1892. Der Rath »rr Stadt Leipzig. 4080.vr. Georgi.Krumbiegri. Bekanntmachung. Kindergottesdienst zu St.'Johannis. Mit Genehmigung der küniglichrn Kirchcninspeetion z» Leipzig und im Einverständnis; mit dem tzirchrnvorstand z» St.Johannis wird vom Sonntag, de» 6. November d.J.. XXI. p. Tri»., Bormittags l l—12 Uhr in der Joliannts- kirchc nntcr Lcilnng des Herrn Diakon»» Rüling sonn täglich ttliidcrgottesdienst gehalten werden. Bon drmsribcn Tage an kommt der bisher in der erste» »indrrbcwahraiistalt, Thalstrastc, gehaltene tliiidcrgottco- dicnst in WcgsaU. Tiejcnigr» Kinder, welche diese» Gottes dienst besucht haben, versammeln sich am Sonntag, 1». No vember, Bormittag ",«11 Uhr noch rinmal in den Ränmcn der I. tzindcrbcwahranstalt und werden von da ans um 11 Uhr unter Glockengeläut Ser IovnnnlSkirche von dem bisherige» Leiter des »indergottesdienstes. Herrn LubdiakonilS I>r. Je »ein ins, und den Helferinnen tm Zuge in die Jotiaiiiiiskirche geleitet. Die übrige» Kinder, welche künftig am NinVergotteLdirnst i» der Jolinnniskirche thriinevmrii wolle», versamwrin sich nm °/«1l Nh» in Ser 111. Bürgerschnle iTnrnsaal). von wo sic »in 11 Nhr» unter Borantritt Ser Eonstrman- drn der JoliniiiitSkirchc, von Herrn Diakon»» Rniing unv Sen lirngrwoiiiirntn Heiser» und Helferinnen tm Zuge nach Ser Iohmlniskirche geführt wrrvrn. Wir richte» an alle Eltern Ser Jotzniintsgr»,rinde, Seren Bezirk umgrenzt wirv von der Dresdner Strafte, Nürnberger Strafte, Liebigstraftr,-ohaunisallcc, Hospitalstrasrc, Gerichts weg. Sic frcunvlichc Bitte, ihre Kindcr vom <». Jalirc a» nivglichst zahlreich sich an Viesen« »indergottrsvtcnst br- theiiige» lassen zu wollen. Leipzig, den SO. Oktober l fti»2. Die Geistlichen zu St. Johanni«. Pastor Tranzschei. Diakonus Rüling. Gefunden oder als herrenlos aiigenieldct resp. abgegeben wurden in der Zeit vom 16. bis 81. October 1892 folgende, zum Theil auch schon stiil,er gefundene oder voa verübten Diebstählen herrnhrende Gegen stände: ein Geldbetrag von 6 Mark. 2 Portemonnaies mit je 8 Mark, andere dergleichen mit geringeren Beträgen, zwei golden« Dameiruhrc», eine goldene Damenuhrkctte mit An hängsel in Herzsorm, ein goldener Ring mit Amethyst, ein goldener Ring mit Silbereinlage und ein goldener Ring mit weißem Stet» (bereits vor einigen Jahren gesunden), ein goldene- Kreuz, ein goldenes Medaillon, 2 Coralleiiarni- bänder, eine Lorallen-Halskette, ein vergoldeter Armreif, ein Schildkrot-Klemmer, 2 Taschenmesser, eine Schcere und ein Bandmaß, ein Cigarren-Elui, 2 Lcihhanöscheine, ein Stolen- Heft, ein Buch, betitelt: „ckosoto krault", ein Packet mit einer Anzahl neuen Büchern, ein seidenes Taschentuch. 3 Paar neue Handschuhe, 5 weiße Taschentücher, 3 Schürze» und 2 Taschentücher, 2 Filzhüte, eine zuaeschnittene Stoff- wesle, ein Frauenjacket - Aerinel, eine Plüsch-Nrisedccke, 2 Spazierstvcke, einige Schirme, ein Tragriemen, ein Packet Wäsche, eine Anzahl Schlüssel, ein GlaSbauon in Korbgcflecht, 2 größere Glasscheiben, eine Stemmleiste, ein Stab Band eisen, ein Handbeil, ei» Belocipkd-Pcdai» eine Pferdedecke, ein Sack Kartoffeln, ein sogenannter Schütze zu einem Wagen- aussay, zwei Kinderwagen, zwei Handwagen und «tn zugeslogener Canaricnvogel. Zur Ermittelung der Eigcnthümer wird dies hierdurch bekannt gemacht. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche während der Monate Juli, August, September und October 1891 Fundgegen- stände bei unS abgegeben haben, aus, Liese Gegenstände zurückzu- fordern, andernfalls hierüber den Rechten gemäß verfügt werden wird. Leipzig, am 2. November 1892. Das Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Ml. den Acten Neger soll ,all« a. S., den 26. October Gesucht oird der am 8. November 1861 zu Löslin geborene Maurer Franz August Ferdinand Treptow, velcher zur Fürsorge für seine der öffentlichen Acmenpstege anheim- ^gefallene Familie anzuhalten ist. Leipzig, am 25. Oktober 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. («r»e,-«»1. «bth. II.) L. VN. 6S1k. Heotschel. Stöber. Äendernng in der Zusammensetzung des Börsen-Vorstandes. ES wird hierdurch bekannt gemacht, Laß der als Mitglied der I. Abtheilung de» Börsen-Vorstandes ncngcmählte Herr Max Huth, Tirector der A. D. Credit-Anstalt, heute in sein Amt eingesührl worden ist und daß die Ablheilung an Stelle deS verstorbene» Herrn Eonsui Schmidt Herrn Fritz Mäher (Frege L Lo.) zu ihrem stellverlrcirn- den Vorsitzenden ernannt Hai. Leipzig, den 3. November 1892. Tie Handelskammer. A. Thieme, Vorsitzender. F. Puder, II. S. Bekanntmachung. Die Filiale der Universitäts-Bibliothek im Drier'schcn Institut wird am 7. d. M. der Benutzung übergeben und ist während de- Semesters täglich von 11—1 Uhr für die Ausgabe und Rückgabe der Bücher geöffnet. Leipzig, den 4. November 1892. Die Direktion »er UntversttätS-Bibliotbek. , vr. Fürstemann, II^O berbibliothekar. Äufrnf. ES wird um Mittheilung deS Aufenthaltes deS am 1. Juli 1848 zil Merzdors bei Riesa geborenen Handarbeiters Friedrich Hermann Sieger aus Leipzig zu den Acten I? 215 92 ersucht. >ll in einer Strafsache als Heuge vernommen werden. Der Erste Staat-anwalt. Da« Uriheil Bismarck's über die Militairvorlage. Die in unserer gestrigen Abendausgabe mitgetbeilten Aeußerungen, die Fürst BiSmarck dieser Tage Herrn Rechts anwalt vr. HanS Blum und einigen anderen Leipziger Herren gegenüber über die Militairvorlage gethan hat, verdienen, obgleich sie sich nur aus die Mittbeilungen der „Köln. Ztst." über diese Borlage und ihre Begründung stützen, die allgemeine Aufmerksamkeit doch in bohcm Grade. Und zwar schon deshalb, weil auch Fürst BiSmarck, obwohl er an dem Ent würfe seines Nachfolgers eine sehr scharfe Kritik übt, doch auch Mängel in unseren jetzigen militairischen Einrichtungen die Berbcsscrungcn entnommen werden können, ohne die Einzclstaatcn des Reiches unerträglich zu belasten. Dazu wird sich der Reichstag auch ohne Zweifel bereit finden lassen, denn daß Quellen nachgewiescn werden können, aus denen die Mittel für solche Verbesserungen ohne unerträg liche Lasten für die Einzclstaaten entnommen werden könne», unterliegt wohl keinem Zweifel. Je williger aber Fürst BiSmarck das Vorhandensein von Mängeln zngesteht und deren Beseitigung mit Hilfe neueröffneter Eteucrgnellen als wiinschenswerth bezeichnet, um so eindrucksvoller wird seine Warnung vor solchen Mehrausgaben für HeereSzwccke, deren absolute Nolhwendigkcit nicht nach- gcwiescn ist und durch welche eine unerträgliche Belastung der Steuerzahler berbcigcfübrl werden würde. Auch in dieser Warnung begegnet sich Fürst BiSmarck mit den Aus führungen, die seit Wochen durch den besonnensten Theil der deutschen Presse gegangen sind. Fürst BiSmarck berechnet die laufenden Ausgaben, die durch die Vorlage erforderlich werden würden, abweichend von seinem Nachfolger, auf 90 Millionen Mark jährlich, und er wird wohl damit un gefähr das Richiige getroffen haben, denn auf weniger, als beansprucht wurde, haben sich die Kosten von Militair- auSgaben noch nie belaufen. Der eigentliche Schwerpunkt der Kritik ViSmarck'S scheint unö aber nicht in seinen Bemerkungen über die mililairisch- technisckie Seite der Vorlage zu liegen, sondern in seinen Aeußerungen über die internationale Lage. Jni Jahre 1888 sagte Bismarck: „Wenn Rußland zum Kriege schreitet, dann gehen die französischen Gewehre von selber loS, dasselbe braucht bei Rußland nicht einzntrcte», wenn Frankreich den Frieden brechen sollte." In Varzin bat er dagegen gesagt: „Rußland wird keineswegs den Kriegsfall gegeben sehen, wenn ihn Frankreich vom Zaun brecken sollte, und für den höchst unwahrscheinlichen Fall, daß Rußland uns allein angrifsr, wird Frankreich erst mal Zusehen, wie sich die Sache ent wickelt, und dann entweder mitlhnn oder nicht." BiSmarck begründet diese McinungSändermig damit, daß Frankreich beute ungleich friedlicher und weniger schlagbcreit sei als im Jabre 1888, als der BoulangiömuS blühte, und er findet einen HaiiplbcweiS für die Friedensliebe der gegenwärtigen sranzöslschen Machthaber darin, daß sic den päpstlichen Segen für ihre Republik erbeten und erhalten haben. UnS ist nicht bekannt, daß dieser Segen erbeten worden ist, im Gcgentbeil wurde ganz Frankreich durch die republikfreundtiche Kund gebung des EardinalS de Lavigcrie in Algier überrascht, be- ondcrs durch die bei dieser Handlung mit unterlaufende bspielung der Marseillaise durch ein französisches Marinc- Musikcorps. Die Hervorhebung der angeblichen Friedensliebe Frankreichs hindert den Fürsten BiSmarck auch nicht, anzu- kUndigen, daß der Krieg »ach seiner Ueberzengung keinesfalls vor zwei b,S drei Jahren ausbrechen werde. Wenn die Friedensliebe der Franzosen nicht weiter reicht, dann kann sie nicht allzu ernst genommen werden. Ganz uiierschültcrtich ist das Vertrauen, das Fürst BiSmarck auf die Friedensliebe Kaiser Alexander'S setzt. Der Zar sei rin bedächtiger Herr, der nichts so sehr liebe als seinen ruhigen und bequemen Hausfrieden, so lange er ihn nur haben kann. Das russische Volk in seiner ganz über wältigenden Mehrheit wolle den Krieg auch nicht, nur die Presse, die Polen und die Juden hetzten in Rußland zum Kriege. Wir erlauben uns demgegenüber die be scheidene Bemerkung, daß die Presse in Rußland nur DaS veröffentlicht, was man ihr zu veröffentlichen erlaubt. Wenn aber der Zar wirklich so friedliebend ist wie ikn Fürst BiSmarck schildert, dann sind die Politik der Aufreizung und Herausforderung gegen Bulgarien und das stolze herrische Auftreten gegen die Türkei gewiß nicht die geeigneten Mittel, um dieser Friedensliebe Ausdruck zu geben. Erst noch in neuester Zeit hat der „Standard" die Sensa- tionSnacbricht gebracht, daß Rußland verlange, nach Belieben Kriegsmaterial durch die Darbancllcn z» führen. Die zweifel hafte Autorität des „Standard" wird allerdings auch dadurch nicht größer, daß „Wvlff'S Bureau" eine seiner Depeschen weiter tclegraphirt, wie cö in diesem Falle geschehe» ist; aber die beglaubigten Thalsachen genügen schon vollständig, um zu er weisen, daß ei» bequemer Hausvater, der seinen Hausfrieden über Alles schätzt, doch Wohl nicht so häufig die öffentliche Meinung Europas gegen sich m die Schranken fordern würde. Wir glauben aus der Entwickelung der internationalen Verhältnisse, wie sic sich besonders seit der französischen Flottcnkuiidgebung in Kronstadt gestaltet hat, den Schluß ziehen zu müsscn, daß man sich in Rußland nicht minder als in Frankreich mit KriegSgedankcn trägt, daß man aber mög lichst sicher gehen will und deshalb den Zeitpunct der Ent scheidung so weit als möglich hinauSschicbt. Daß Versuche gemacht worden sind, Italien vom Dreibund loszulösen, ist unzweifelhaft, und wen» jetzt die Erinnerung an den Wort- und Treubruch Frankreichs wegen Tunis wieder crnenert wird, so ist das nur die Nothwehr, zu welcher sich das Ministerium Giolitti im Kampfe gegen die Franzoscnfreunde genölhigt steht. BiSmarck erblickt m der Anerkennung der französischen Republik durch Leo XIII. ein friedliches Anzeichen, wahrend wir darin nur das Streben des Papstes erkennen, Frankreich die feste Grundlage zu geben, deren eS bedarf, um auch ohne monarchische Spitze an der Seite eines despotischen Verbündeten die KriegSsnrie zu entfesseln. Halten wir aber auch aus den dargclegten Gründen die internationale Lage für weniger friedlich als Fürst Bismarck, so kommen wir doch mit ihm zu dem gleichen Schluffe. Ist sogar nach seinen optimistischen Anschauungen dem Frieden vielleicht nur eine Galgenfrist von 2 bis 3 Jahren gegeben, so ist das ein Zeitraum, in dem sich große organisatorische Veränderungen in militairischer Be ziehung nicht zum Abschluß bringen lassen, während andererseits gerade in den ersten Jahren die Ueberlast neuer Steuer» sich besonders empfindlich geltend machen und wahrscheinlich gar manchen Industriezweig knicken würde. Mit unfertigen oder kaum eingelebtcn militairischen Neuorganisationen einer schweren Kriegsgefahr zu begegnen, wünschenswert!, erscheint, ^rnorgamianonen einer ,cyweren »kricgsgesabr zu degcgnen, AlS solche Mangel gelten ihm: der Mangel an Lfstcieren, während die Steuerkräste des Landes anS schweren Wunden Nnterofstc,ercn und Pferden ,m Frieden, namentlich b-, der ^ten, halten wir sür weit bedenklicher, als m.t bewährten, sorgsam gebesserten Organisationen und thunlichst geschonten Steurrkräften der Zukunft entgegenzusrhen. Artillerie. Er räth deshalb, daß der Reichstag sich bereit erklärt, diesen wirklich vorhandenen Mängeln abzubelsen, sobald man ihm die Quellen nachwrist» au« welchen die Mittel für Deutsches Reich. ss. Berlin, 4. November. Große Freude wird in den Hallen des Ecntrumö herrschen; die „Köln. Voiksztg.", die der Wittenberger Feier den galligen Festgruß brachte: „Die lutherische Reformation ist bei ihrer Götterdämmerung angekommen", hat einen EideShelfer gefunden — die„Eogi- tanteii-Allianz". Seil Jahren hat ste nichts von sich hören lassen. Sic selbst behauptet, bereits 1865 gegründet zu sein, und eS gehl eine dunkle Sage, daß a» ihrer Spitze rin vr. Eduard Löwcnthal steht, von dem der Adreßkalender zu erzählen weiß, daß er in der Friedrichstraße wohnt, also in einem fürnehmen Viertel, und von dem die Residenz bedauerlicher Weise ebenso wenig Notiz zu nehmen scheint, wie von der Allianz selbst. Böse Berliner Zungen behaupten sogar, daß die Allianz im Wesentlichen mit dem Präsidium gezählt sei. Die Wittenberger Feier gicbt ihr nun den lange gesuchten Anlaß, sich auf die Höhe der Lebens kraft, etwa des Egyei'schen allgemeinen EbristenihumS oder der ethischen Gesellschaft emporziischwingc», allerdings in nicht gerade besonders humaner Weise; denn sic thut beide Eoncurrentcn kaltlächelnd ab, um aus den Trümmern ein neues Reich zu gründen unter der Firma „uiilinigäilglich nothwendige nc»e Reformatio», Religio» des fortschreitenden, jeweilig besten Wissens und Gewissens". Etwas menschlicher wirb mit den „traditionellen Wettreligioucn" limgegangeii. Zunächst erhalten die Stifter im „Evgitanlcn-Apvstölic»m" cme angemessene Jnvalidilätö- und Altersversorgung. Mohamcd undButdha, Moses und EhristuS werden als göttliche Vorboten der eigne» göttlichen Bestimmung dcs Eobitanteii ancrkannt und an bestimmten Tagen »ach Gebühr gefeiert. Nehmen wir noch dazu, daß nach 11r. Löwenthal'S ernsthafter Meinung Luther, wenn er wieder auferstünde, an die denkwürdige Wittenberger Pforte die Thesen des Eogitantcii-EvaiigeliumS anschlagen und Kaiser und Reich jedenfalls seinem Zuge felgen würden, dann ist der Mantel fertig, unter dem alle Böller geborgen werden sollen, als da sind Resvrmsreunde aller Eonfessiono», Freimaurer, freireligiöse Gemcinderi, die Freunde ethischer Eultur uud schließlich — die Sociatistcii, und da« ist der Pserdefuß. Die CultuSvorstehcr der Eogitanten-Gemciiide», die vorläufig sämmtlich in;>Lrtih»s inlickolium ernannt sind, haben nämlich „energisch in das individuelle und sociale Leben einrugreifen" und auf die osficiellc Anerkennung deS Rechtes auf ehrenhafte Arbeit je nach den Fähigkeiten des Einzelnen hinzuwirkcn. Dahin gehört, daß alle EogitanlcumiUivnaire nach einem noch unbeftimmleii Maßstabe, sich zur productiven und unproductiven Beschäftigung Arbeitsloser verpflichteten. Für Staat und Genieindc versteht sich das natürlich von selbst. DaS hohe Präsidium gicbt sich begreiflicher Weise mit solchen Kleinigkeiten nicht ab: ES unterzieht sich beim Auftauchcu erster mteruativnaler Eonstictc der sauren Aus gabe, ,,durch schiedsrichterliche Intervention einen alle Theilc befriedigenden, gerechten Ausgleich hcrbcizusühren." Die junge Religion ist also äußerst vielseitig, wir furchten aber, daß ihr Schöpfer sein Talent noch recht lange in der Stille wird weiter bilden müssen, ehe er für seine Heerde selbst in Berlin die nöthigcn Schafe sinket. lD Berlin, 4. November. Am 14. d. M. Abends wird bekanntlich der socialdemokratische Parteitag hier- selbst eröffnet, und zwar in den neu erbauten Concordia- Sälen, die im östlichen Arbeiterviertel, dem sogenannten „Weberviertel", sich befinden. Die Verhandlungen werden voraussichtlich 5 bis 6 Tage in Anspruch nehmen. Die Zahl der gewählten Delegieren dürfte sich auf ca. 200 belaufen, eS befindet sich unter ihnen eine erhebliche Anzahl von Reichs tags- und LandtaaSabgeordneten und Parteibeamtcn. Hierzu komme» noch die ReichstagSabgeordnetcii, die kein Delegirten- mandat erhalten haben, aber alö Mitglieder der Fraction e» ipso an den Verhandlungen thcilnebmcn dürfen, und die Mitglieder deS Partcivorstandes. Gäste a»S dem AuSlandc werden nur wenige ein treffe». Die Presse wird durch min destens 40 bis 50 Personen vertreten sein. Außerdem sollen an „Genossen" und „Freunde der Partei" Einlaßkarten gegen Entgelt verabfolgt werden. Der heutige Tag ist der letzte, an dem aus den Reihen der Socialdcmokratie Anträge an daS Partciburcau eingereicht werden können. Die Zahl der Anträge auö Parteikreisen ist diesmal eine ganz bedeutende. Die Debatten über Vollmar und den Staatösocialis- muS werden mindestens einen vollen Tag in Anspruch nehmen. Die Mehrzahl der localen Parteibeschlüsse fordert vom Parteitage, daß er klipp und klar gegen die staatSsocialistische Schwenkung Stellung nehme. Ob und wie dieser Streit auf dem Parteitage beendigt werden wird, läßt sich nicht vorausbestimme». Sehr viele Reso lutionen sind gefaßt worden, die auSsprcchc», jährliche Parteitage seien überflüssig und das dafür auSzugcbende Gcld könne bessere Verwendung finden. Tic Kosten eines Parteitages sind dort aus 30 000 ^4 veranschlagt worden und diese Rechnung ist richtig. Jeder Dclegirtc erhält pro Tag 6—10 ^ Diäten, hierzu kommt noch das Fahrgeld hi» und zurück, daS macht im Durchschnitt pro Kopf und Tag ca. 15 auf 7 Tage 105 .6 x 200 Delegiere ---- 2l 000 Mark. Rechnet man hierzu die vielen Druckkosten, Porti, Saalmicthe rc., dann dürsten die Gesammtunkoslen wohl gegen 30 000 -6 betragen. Hier gehen die Sammellisten alltäglich herum, die Beiträge fließen aber sehr spärlich. Eine erregte Debatte wird auch der „Fall Schuhmacher" Hervorrufe», der gezwungen werden soll, sein Reichstagsmandat nicdcrznlegen. Die Parteileitung steht auf seiner Seite. Betreffs der Maifeier wird ;cdensallS wieder ein den „schlechten Verhältnissen" ang^astter Beschluß gefaßt und eine allgemeine Feier am I. Mai nicht empfohlen werten. Auch bezüglich der Productivgenossenschaftcn, Schntz- controlmarken und BoycottS sind zahlreiche Anträge gestellt worden, deren Mehrheit sich gegen ienc ausspricht. Der Parteitag kann aber auch hier nur seine Ansicht äußern. Die „Genossen" werden in dieser Hinsicht übrigens stets thun, was ihnen aut dünkt. Bei der Besprechung der von den Frauen gestellten Anträge dürfte eS zu hitzigen Wort gefechten kommen, obgleich nur wenige weibliche Delegirtc gewählt sind. Die Frauen fühlen eS sehr wohl, daß sie in der Tbat als gleichberechtigte „Genoffen" nicht anerkannt und behandelt werden und daß man sich ihrer nur dann erinnert, wenn st« »u einer Leistung herangezogen werden sollen. Ihre
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