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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921107017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892110701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892110701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-07
- Monat1892-11
- Jahr1892
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kn b« tzauptexvedittou oder den kn Stadt, bezirk und den Bororten errichteten Aus- y-deftellea abgeholt: vierteljährlich ^>4.50, bei tweknaliger täglicher Zustellung in« Haa« b^O. Durch di« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vieriel,üdrlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandseuduug tu» Ausland: monatlich 9.— Morgen-Ausgabe, Die Morgeu-AuSgab« erscheint täglich'/,7 Uhr, di» Lbeud-Ausgab« Wochentag« 5 Uhr. Nrdaction und ErpedUio«: JobanneSgaffe 8. Die Lrpedition ist Wochentag» ununterbrochen geäffuet von früh 8 bi» Abeud» 7 Uhr. Filiale«: vtt» «<»«'» Gorst«. («lfretz eWM.TGMM Anzeiger. JnsertionSpreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg.' tllerlamea unter demNedactionSstrich läge» spalten) bO/H, vor den gamilieuaachrichteu (6 gespalten) 4U/H. Größere Schriften laut unserem Pre!»« Verzeichnis). Tabellarischer und Zisternsatz nach höherem Tarif. Drtra-Beilagen (gesalzt), uar mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderung 60.—, mit Postbesürderung 70.—. 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Soweit ein Bcdürsnih hervortreten sollte, bleibt Vorbehalten, ihm auch uoch andere Waareugattuugen zu unterwerfen. 3) DoS Verbot erstreckt sich auf folgende Straßen uud Plätze: den Mark, dir Grimmaische und di« Universitätsstraße, den Neu markt, die Peters- und die Schillerstraße, die Schloßgasse, da« Barfuß-, Thomas-, Sporer-, Preußer-, Kupfer- und Gewandgäßchen, aus die Hain- und Katharinenstraße, di« ReichSstraße und aus da« Schuhmacher- und Salzgäßcheu. Da« Verbot erstreckt sich ferner aus die Fahrbahn de» Augustus- Platze« zwischen Grimmaischer Straße und Grimmaischem Steinweg, auf den Grimmaischen Steinweg, die Blücherstraße, die Kurprinz- straße lvom Stoßplatz bi« zur Windmühlenstraße), die Windmühlen- straße (von der Kurpriuzstraße bi» zum König-Platz), die Brüder, straße (von der Jablonowskysttaße bi» zum Königsplatz), die Leplaystraße, die Markthallen straße, den PeterSsteinmcg (bis zur Emilknstraße), die Fahrbahnen de« Königsplatzes, und endlich die- jenigen de» Roßplatzes bi« zur verlängerten Kurpriuzstraße ein- schließlich derselben. 4) Da« Verbot umfaßt vom 1. April bi» 30. September die Zeit von V,6 Uhr früh bi» 8 Uhr Abend»; vom 1. Oktober bis 31. März die Zeit von '/,7 Uhr früh bi« 8 Uhr Abends. 5) Während der unter da« Verbot fallende» Zeiten dürfen aus den von ihm betroffenen Lerkehr-räumen Wagen oder sonstige Fahrzeuge mst Maaren der unter 2 bezeichneten Arten nur zum Zwecke direct«» Durchfahren» und aur so fahren, daß die Maaren verdeckt gehalten werde«. Auch dürfen hierbei keinerlei Anpreisungen derselben durch Wort oder Zeichen erfolgen. Für die Einhaltung dieser Vorschriften sind di« Begleiter solcher Wagen in gleicher Weise verantwortlich, wie die Besitzer der Maaren. 6) Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen unter 1 — c> werde» gemäß tz, 366,10 de« Strafgesetzbuch» mit Geldstrafe bi» zu 60 ^ oder mit Hast bi» zu 14 Lagen geahndet werdeu. 7) Absatz S de» §. 1 der Markt-Ordnung vom 22. Avril und Absatz S da Bekanntmachung vom 13. Mai 1891 werdeu auf- gehoben. Leipzig, den 3. November 1892. Der Nath und »«» Pvltz«i-A«t der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Brrtschaetder. Stahl. Bekanntmachung, di« Aufnahme schulpflichtiger Kinder tu die vereinigt« Areischule betreffend. Diejenigen Eltern, weiche um Ausnahme ihrer Ostern 1893 schulpflichtig werdende« Kinder in dt« Fretschul« nachzusuchen gesonnen sind, haben ihre Gesucht van jetzt ab bi» spateste»» de« 1L. RvVeUtder d. A. in der Schulcxpedition, alte Waage, Katharinenstraße 1, 1. Etage, Zimmer Nr. 4, Vormittag» von 9 bi« 12 Uhr und Nachmittags von 3 bis 6 Uhr persönlich anzubringen und di« ihnen vorzulegenden Fragen vollständig und der Wahrheit gemäß zu beantworten, auch gleichzeitig ein Zeugniß über daS Aller des anznmeldendeu Kindes und den Impfschein vorzulegcn. Leipzig, am 29. Oktober 1892. Der Gchulausschuiz der Stadt Leipzig. Walter. Lehnert. Bekanntmachung. In Gemäßheit de» 8. 17 der Kirchenvorstand-ordnnng vom 30. März 1868 scheide» mit dem Ende diese» Jahre» die Herren Schneidermeister Haustmann, Schnlrath vr. Hempel, Gehetmrath Pros. vr. Kuntzc, Buchhändler mast, Geheimrath Pros. Vr. Wach und Fabrikant Wunderlich au» dem Ntcolaikirchenvorstaode aus Infolge besten hat demnächst durch dt« Ktrchengemeiud« «ine Neu- Wahl slatlzujuiden. Stimmberechtigt sind nach S- 6».». 0. alle in der Nicolai- gemeind« wohnhaften, selbstständigen, unbescholtenen, verheiratheten und nnverhetratketen Hau-väter evangelisch-lutherischen Bekenntnisse», welche da» 2b. Lebensjahr erfüllt haben und welchen nicht in Folge von Taus- oder Tranverwetgrrung oder au» anderen Gründen die Sttmmberechtigung uud Wählbarkeit entzogen ist. Wer sein Stimmrecht bet der bevorstehenden Wahl auSiiberz will, hat zunächst mündlich oder schriftlich dazu sich anzumeldea. Di« mündlichen. Anmeldungen werden am 14.. 15. und 1«. November d. IrS., an jedem dieser Tage vormittags von 11 Uhr bis Nachmittags » Uhr ohne Unterbrechung in der «»rprSitiou »er Ntcolatlirche, «icolaiktrchhos 4, Erdgeschoß, entgegen genommen. Bei schriftlichen Anmeldungen, welch« während dieser Tag« und schon vorher an derselben Stelle bewirkt werden können, ist Vor- und Zuname, Stand oder Gewerbe, Jahr und Tag der Geburt, sowie Wohnung de» sich Anmeldenden genau anzugcbrn. Wir fordern die stimmberechtigten Glieder unserer Gemeinde hierdurch auf, sich an der bevorstehenden Wahl, deren Tag später bekannt gemacht werden wird, zahlreich zu betheiligen und deshalb die Anmeldungen dazu, welch« in der angegebenen Weise längstens bis zum 16. November d. Ir»., Nachmittag» 3 Uhr, geschehen muß, nicht zu versäumen. Wir bemerken noch, daß in die Rtcolaikirch« der östliche und nördlich« Theil der Stadt rtngepsarrt lst und zu derselben folgende Straßen und Plätze gehören: An der ersten Bürgerschule, AugustuSplatz, Bahnhofgäßchen, Bahnhofstraß« von Nr. 1—14, Blumengoiie, Böiichergaßchen, Brühl von Nr. SS—77 und 20- 80, Larlstraße, Dörrten- straße, Dresdner Straß« von Nr. 1—23, Egelstraße, Felt;- streß«, Friedrich Ltststraße. Sartensttaß«, Gellertstraße, Georgenskahe, Gewandgäßchen, »oethestrahe.Goldhahngäßchen, Grimmaischer Steinwea, Grimmaische Straß« von Nr. 1—38 »nd von Nr. 20—34, Hallelch« Straß«, Inselstraße, Johannes, aaff« von Nr. 1—lb »nd 2—18, Johannisplatz von Nr. 1—7 Katharinen straße von Nr. 2—26, Köaigsslraße von Nr. 1—13 und 2—14, Krenzftraße, Kupsrrgähchen, Lang» Straße Magozingasse, Marienvlatz, Mariensttaße, Markt von Nr.I—3, Au der Milchinsel, Mittelgroß», Naschmarlt. Neumarkt von Nr. 1—3b, Nicolaikirchbof, Nicolaistroße, Nürnberger Straße von Nr. 2—24. Parkftraße, Plaueuscher Platz, Planerische Straß» 2, Poftflraß«, Ouerstrah», Ranstschet Gaßchen, Reichs- straße, Reudnitz« Straß«, Nitterstraße, Roßvlatz Nr 12—17, Roßftraße von Nr. 1—17, Tal. monsttaße, Salzgäßcheu Schillerstraße von Nr. 4—6, bchuhmacheraäßche». Schützen straße. LnuchaerStraß«, Universitätsstraße, Wintergarteiis:raß, 7. Nvmmber 1892. »orstemd »« St. Nicolai. Zwangsverjteigeruttg. Das im Grundbuche auf den Namen Varl Laut- Derlei ein- getragene, in Chemnitz (Carolinenstraße Nr. 2s gelegene, bisher als Sotel („Burg Wettin") benutzte Grundstück Nr. 1106» des Flur buchs, Nr. 311 Abtb. VI des Brandkatasters, Folium 4190 des Grundbuchs für Chemnitz, bestehend aus Wohngcbäuve mit An- lagen für GaS- und elektrische Beleuchtung, drei Nrdengkbiiudcn. (lorgarteii und Hosrani», geschätzt aus 300,000 soll an »iesiger Amtsgerichtsstelle zwangsweise versteigert werden und es ist der I«. November 1892, vormittags 10'/. Uhr, als Bersteigerungstermin anbcraumt worden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann in der Gerichtsschrriberei des Unterzeichneten Amtsgerichts eingeschen werden. LhkMNttz, am 4. November 1892. Königliches Amtsgericht, Adth. v. Ast. Grützner. Boijahn. Politische Tagesschau. * Leipzig, 6. November. In dem früheren Leiborgane deS Fürsten Bismarck, das dem jetzigen Reichskanzler mit gleicher Treue dient, der Nordd. Allgem. Ztg.", lesen wir heute: „Das „Leipziger Tageblatt" wußte dieser Tage zu „enthüllen", daß in Leipzig plötzlich ein deutscher Katholikentag geplant ei, und berichtete über Verhandlungen, betreffs des dazu auSeriehenen Locals, indem eS ankündigte, die Direktion des KryftallpalasteS hätte die Einräumung der Alberthalle und anderer Räume ihre- Etablisse ments zu dem gedachten Zweck verweigert. Wie sich jetzt heraut- stellt, handelt eS sich um «tue bereits seit Aosang de» Som mer- vorbereitete Versammlung der Katholiken imKünig- reich Sachsen, also um «ine Versammlung, welche den Provinzial- tagen in Schlesien, der Provinz Sachsen rc. entspräche." Die Autorität, aus welche die »Nordd. Allgem. Ztg." bei dieser .Berichtigung" sich stützt, ist die „Germania", deren Versicherung, eS bandle sich bei der in Leipzig geplanten Ver- ammlung lediglich um eine „Provinzialvcrsammlung", wie deren im Lause deS Sommers in Breslau, Neisse, Neustadt, Neurode, Berlin, Brandenburg und Magdeburg veranstaltet worden sind, vollständig genügt, um da» Leiborgan de» Grafen Caprivi mit himmlischer Seelenruhe zu erfüllen. Un» ve- iremdrt das ebenso wenig, wir e« unsere Leser befremden wird. Ist man es doch gewöhnt, daß an der Stelle, woher die „Nordd. Allgem. Ztg." Zorn, Entrüstung, Seelenruhe und Weisheit nimmt, die Autorität deS CentrumS und seiner Organe im höchsten Ansehen steht. Es fällt uns auch gar nicht ein, die Seelenruhe der „Nordd. Allgem. Ztg." uud ihrer Hintermänner stören zu wollen; möge» sie in ihrer Vertrauensseligkeit dem Centrum gegenüber sich auch ferner wiegen, bis ihnen die Augen gewaltsam aufgerissen werden. Lediglich zu Nutz und Frommen der sächsischen Protestanten erklären wir, daß die „Germania" bewußt oder unbewußt die Unwahrheit sagt, wenn sie behauptet, es habe sich ledig lich um eine „Versammlung der Katholiken im Königreich Sachsen gehandelt". Auch eine derartige Versammlung würde ein ungewohntes Unternehmen sein, das volle Aufmerksamkeit verdiente; aber «S handelte sich, wie wir von Anfang an behauptet haben, um die Veranstaltung eine» deutschen Katholikentages, der die Aufgabe erfüllen sollte, die sächsischen Katholiken in daS Fahrwasser der Veranstalter der letzten deutschen Katholiken tage zu lenken, Beschlüsse, wie sie in Mainz gefaßt worden sind, auch in einer Hochburg deS Protestantismus fasten zu lasten und ihnen dadurch ein besonderes Gewicht zu geben. Die „Köln. VolkSztg.", ehrlicher als die „Germania", macht denn auch gar kein Hehl daraus, daß dir CentrumS- leitung großes Gewicht ans da- Project legt: „Die Be mühungen für da» Zustandekommen desselben werden fortgesetzt". Erfreulicherweise ist man selbst in den Herrn Stöcker nahe stehenden Kreisen nicht so blind gegen die Bedeutung des Vorhaben-, wie daS Hauptorgan des Berliner ReichSkanzlerSpalaiS. Schreibt doch selbst der RcichSbote": „Die Katholiken werden «S nicht leugnen können, daß man in diesem Vorhaben eine Demonstration gegen das Wittenberger Fest siebt und dies als eine friedliche Kundgebung jedenfalls nicht auf sasten kann. Will man wirklich den Frieden, dann sollte man solche Demonstrationen unterlassen, zumal man erst kürzlich aus dem Mainzer Katholikentag seinem Herzen genug Lust gemacht hat. Wenn man die Kundgebungen dieses Mainzer Katholikentages ins- besondere die Brandreden de» Bischofs von Mainz, mit der rücksicbts- vollen Rede des Generalsuverintendenten Schnitze in Wittenberg, sowie denen der anderen Redner vergleicht, dann sollte man aus katho lischer Seite sich scheuen, «ine neu« Auflage des Mainzer Tages in» Werk zu setzen. Die Atmosphäre ist wahrlich genug mit Elektricität gefüllt, so daß der Ausbruch eines Gewitter« nicht unmöglich ist, zumal, wenn man die vatikanischen Jntriguen gegen den Dreibund und dadurch gegen den Frieden Europas in Betracht zieht. Wir Evangelische sind sehr tolerant, allein mau sollt« sich doch sagen, daß diese ewigen Anrempelungen mit solchen Reden, wie sie in Main; geführt wurde» und wie sie auch jetzt die vatikanischen Organe wieder führen von „dem rebellischen Urheber der sogenannten Reformation" und der letzteren als der Quelle der Revolution und, was dergleichen Beschimpfungen mehr sind, auch das ruhigste evangelische Blut in Wallung bringen. Man sollt« auch bedenken, daß eS auf unseren Kaiser nicht gerade angenehm wirkt, wenn er dadurch gewissermaßen al» ein Rebellen Häuptling dorgestellt wird." Die Aeußerungen, die Fürst BiSmarck nach den Mit theilungen des Herrn Dr. HanS Blum kürzlich in Varzin über die Militairvorlage geiiiacht hat, haben begreiflicher weise überall große- Aussehen erregt, und zwar nicht nur wegen der Gründe, dir der Fürst gegen die neueste Vorlage seine- Nachfolger» geltend macht, sondern auch wegen der wenigsten» scheinbaren Widersprüche, die zwischen diesen und früheren Ausführungen deS großen Staatsmannes herrschen. Auf einen dieser wenigsten» scheinbaren Widersprüche haben wir bereit- hingewiesen; andere falle» in die Augen, weil man sich der folgenden Ausführungen erinnert, mit denen Kürst BiSmarck am 6. Februar 1888 im Reichstage unsere bauernde internationale Lage und die Verpflichtungen, dir sie uns auferlegt, kennzeichnet«: „Ich geh« so weit in meinem Vertrauen, daß ich überzeugt bin, selbst dann, wenn wir durch irgend »tue explosiv» Erscheinung tu Frankreich, die Niemand vorher berechnen kann und dt» von der heutigen Regierung kl Frankreich sicher nicht beabsichtigt wird — wenn wir uns dvrch deren Eintreten tu einen französischen iKetetz aaewtckett fände», dnß darauf der russisch» nicht »n- mittelbar folge» würde, überhaupt nicht nothweadig folgen würde; umgekehrt, würden wir in einen russischen Krieg ver wickelt, so, würde der französische ganz sicher sein; keine französische Regierung würde stark genug lein, ihn zu hindern, auch wenn sie den guten Willen dazu hätte. Aber Rußland gegen über erkläre ich »och heute, daß ich keines Ueberfalls gewärtig Rn, und nehme von dem, was ich im vorigen Jahre gesagt habe, nichts zurück.... Daher dieses vierzigjährige Tableau, da» ich eben, vielleicht nicht zu Ihrer Erheiterung, ausgerollt habe — und ich bitte um Verzeihung; aber wenn ich ein Jahr hätte fehlen lasten von denen, welche Sie doch alle schaudernd selbst mit erfahren haben, so würde man nicht de» Eindruck haben, daß der Zustand der Bejorgniß vor großen Kriegen, vor weiteren Ver wickelungen, deren Coalitionsergebnisse Niemand vorher beurtheilen kann, daß dieser Zustand ein permanenter ist bei uns, und daß wir un« darauf ein- für allemal rin richten müssen; wir müssen, unabhängig von der augen blicklichen Lage, so stark sein, daß wir mit dem Selbstgefühl einer großen Nation, die unter Umständen stark genug ist, ihre Geschicke in ihre eigene Hand zu nehmen, auch gegen jede Coalitioa — (Bravo!) mit dem Selbstvertrauen und mit dem Goltvertrauen, welches die eigene Macht verleiht und die Gerechtig keit der Sache, die immer auf deutscher Seite bleiben wird nach der Sorge der Regierung —, daß wir damit jeder Eventualität entgegensetzen können, uud mit Ruhe entgegensetzen können. (Bravo.) Wir müssen, kurz und gut, in diesen Zeiten so stark sein, wie wir irgend können, und wir haben die Möglichkeit, stärker zu sein al- irgend eine Nation von gleicher Kopsstärke in der Welt (Bravo I) — ich komme darauf uoch zurück —, es wäre «io Vergehen, wenn wir sie nicht be nutzten. ... Wenn ich sage, wir müssen dauernd bestrebt sein, allen Eventualitäten gewachsen zu sein, so erheb« ich damit den Anspruch, daß wir uoch größer« Anstrengungen machen müssen, als andere Mächte zu gleichem Zwecke, wegen unserer geographischen Lage. Wir liegen mitten in Europa. Wir haben mindestens drei Angrtssssronten. Frankreich hat nur seine östliche Grenze, Rußland nur seine westliche Grenze, aus der es angegriffen werden kan». Wir sind außerdem der Gefahr der Loaljtion nach der ganzen Entwickelung der Weltgeschichte, nach unserer geographischen Lage und nach dem vielleicht mindern Zu sammenhang, de» die deutsch« Nation bisher in sich gehabt hat im Vergleich mit andern, mehr ausgesetzt als irgend »in andere- Volt. Gott hat un« tu eine Situation gesetzt, in welcher wir durch unsere Nachbarn daran verhindert werdeu, irgendwie in Trägheit oder Versumpfung zu gerathca. Er hat uns dt« kriegerischste »ad unruhigst« Nation, die Franzose», an dt« Sette ge setzt, und er hat in Rußland kriegerisch« Neigungen groß werden lasse», die in früheren Jahrhunderte» nicht in dem Maße vorhanden waren. So bekommen wir gewissermaßen von beiden Setten die Sporen und werden zu einer Anstrengung gezwungen» di« wir vielleicht sonst nicht machen würden." Zn Zeitungsartikeln und bei gelegentlichen Besuchen kann Fürst Bismarck unmöglich den inneren Zusammenhang zwischen dieser und seiner jüngsten Auslassung in überzeugender Weise darlegen und noch weniger rechtzeitig der Kritik begegnen, welche die Väter der neuen Vorlage bei deren Bertbeivigung im Reichstage an seine früheren und jetzigen Aussprüche an- legeu werden. Immer dringender wird daher der Wunsch, der Fürst möge seinen unsterblichen Verdiensten noch rin neue» dadurch hinzufügen, daß er seine begreifliche Abneigung gegen die Ausübung seines Mandates mit einem heroischen Entschlüsse überwindet und im Reichstage Stellung zu der Militairvorlage nimmt. Zu Wien und Pest drängen die Dinge in Bezug auf die ungarische Ministerkrisis einer Entscheidung zu. Der letzte Ministerrath war zwar von sehr kurzer Tauer, allein in unterrichteten Kreisen ist man, wie die „Neue Freie Presse" versichert, der einhelligen Ansicht, daß diese Beratbung der Minister zu den denkwürdigen gezählt werden muß. Was sich in derselben abgespielt hat, ist freilich mit aller Genauig keit nicht bekannt geworden; man ist vielmehr vorläufig darauf angewiesen, sich an Äußerlichkeiten zu halten. Honved- Minister Freiherr v. Fejervary, ist einige Stunde» nach diesem Conseil nach Wien zurückgekehrt, und bald daraus ist auch der Minister-Präsident Gras «szaparh daselbst erschienen und vom Kaiser in oesonderer Audienz empfangen worden. Der Ministerpräsident und mit ihm naturgeniäß daS ge- sammte Cabinet, scheinen entschlossen, ihr Schicksal mit der Entscheidung über die kirchcnpolitische Frage zu ver knüpfen und au» einer Abweisung^ deS vom Ministerium in dieser Frage eingenommenen «wtaiidpuncteS sofort die Consequcnzeii zu ziehe». Man hat demnach mit der Möglich keit, ja sogar mit der Wahrscheinlichkeit zu rechne», daß daS Ministerium Szapary schon in den nächsten Tagen in aller Form seine Demission geben wird. Es war bereits vielfach da» Gerücht verbreitet, daß die Demission de« Ministeriums schon eine vollzogene Thatsache sei und daß der Honved-Ministcr Baron Fejervary die Meldung hierüber nach Wien überbringe. Wir glauben indessen, so sagt die „Neue Freie Presse", daß das Gerücht den Ereignissen — möglicherweise nur um einige Tage — voraneilt. Es ist auch in diesem Falle Sache deS Minister-Präsidenten mid nicht eines Ressortministers, dem Monarchen Bericht zu er statten und eine eventuelle Demission de« CabinelS an höchster Stelle aiizuzeigen. Formell sind aber die Dinge gewiß noch nicht so weit gediehen. — Der „Magdeb. Zeitung" sind folgende neueste Telegramme über die Sachlage zugcgangen: Pest, b. November. Zwischen vorgestern und gestern erlitt die innere Lage eine vollständige Wandlung. Vorgestern waren sämint- liche Minister darin einig, von der Civileh« augenblicklich ab- zu sehe», wodurch der Verbleib des Ministeriums, selbst Szilagyi's und Csuky'S möglich geworden wäre, gestern früh wurde im Minister- ralhe die obligatorische Livtlehe in die Vorlchläge des Labinet« mit ausgenommen. Diese unvorhergesehene plötzliche Wandlung wurde dadurch hcrbeigesührt, daß der liberalere Flügel der Re- gterungspartei, darunler auch Koloman Tisza, noch am Donners- tag Abend, als die bereits einbcrusene Parleiconseren, wieder abgesagt wurde, mit sofortigem Austritt aus der Part« drohte, fall» daS Labinet nicht für dir obligatorische Tivilehe gemein sam einsiche. In parlamentarischen Kreisen hält sich die Annahme, der Honvedminisker habe gestern daS Rücktrittsgeluch des Gelammt- cabtnetS nach Wien mitgenommen für den wahrscheinlich ungenoin- menen Fall, daß der Kaiser die Vorschläge des Cabinets über die Einführung der obligatorischen Tivilehe nicht genehmigen sollte : man glaubt jedoch,derKaiierwerdkSzapary initderNenbildungdesLabiiietS betrauen, da an eine Rückkebr Tisza'S nicht gedacht und auch eine Verschmelzung mit der gemäßigten Opposition zunächst nicht beabsichtigt wird. Sowohl Kalla» als Szell würden, wenn sie mit der Cabinets- bildung betraut würden, eine Verständigung mit Appunyt herbei- führen; vhn« solch» Verständigung ist Szapary der Einzige, der die Wetterführung der Geschäfte aas sich »e-men kau», nur müßten di« Miaister Sztlagyt and Esaky aas de« küafttge» Eabtaet scheiden, was aicht viel zu bedeuten hätte. Es verlautet jedoch, daß auch Finanzminister Wekerle mit diesen beiden Ministern einem neuen Cabinet Szapary nicht angehören wolle. Diesfalls darf der Versuch der Bildung eines neuen Cabinets unter Szapary als endgiltig gescheitert be trachtet werden. Die niederländische Marine hat vor Kurzem einen Zuwachs erhalten in Gestalt des in Amsterdam vom Stapel gelaufenen Kreuzer« „De Kouinain der Ncberlandcn". Von der Bevölkerung wurde dieses Ereignis) mit wärmftcr Thcil- nahme begrüßt, was immerhin beweist, daß in den Nieder landen da» Interesse an maritimen Dingen noch nicht er loschen ist. Es könnte aber nicht schaden, wenn energischer auf seine Bethätigung hiogearbeitet würde, als gegenwärtig der Fall ist. Denn wenn schon die Verfassung des Heeres in den Niederlanden keineswegs auf der Höhe der technischen Vollkommenheit steht, so gilt da» in noch weil geringerem Maße von den Marinecmrichtungen. Nach dem Urtbeilc Sach verständiger müßte die gestimmte Kriegsflotte organisatorisch umgcstaltet und materiell erneuert werden. So wie sie jetzt ist, kann sie, nach dem Urtheil von derselben Seite, nicht die kleinste Seekricgsaction durchführen, so veraltet und un zureichend sind ihre Schiffe. Zur Zeit zählt die nieder- äudische Kriegsmarine in ihren Listen 89 Fabrzcuge, die im Ernstfälle die Küstenvertheidigung deS Mutterlandes, den Schutz der Colonien und de» niederländischen See handels übernehmen müßten, also drei der schwierigsten Aufgaben zu lösen hätten, während sie noch nicht einmal einer einzigen gewachsen sind. Der Marineministcr ver langt denn auch für sein Ressort die Einstellung von nicht weniger al» 35'/, Millionen Gulden behufs Be- chaffuug von 47 neuen Kriegsschiffen, eine verhällnißmäßig -öchst bescheidene Forderung im Vergleich mit den auf dem Spiel siebenden LebenSintereffen de- Staate-. Die Er- kenntniß, daß langjährige Unterlassungssünden gut zu machen sind, macht in den Niederlanden un verkennbar Fortschritte, ob aber das Phlegma deS Volkes sich zu einem heroischen Entschlüsse aufraffrn werde, muß die Zukunft lehren. Da« französische Cabinet hat am Freitag im Senat eioe Niederlage erlitten. Es handelte sich um einen Gesetzentwurf, welcher die Frage zu regeln bestimmt ist, ob die Coloniala rmee dem Krieg-minister unter stellt werden soll. Während seitens de« Ministeriums die Nothwendigkeit einer solchen Unterstellung betont wurde, lehnte der Senat den Vorschlag mit l3t) gegen 105 Stimmen ab, trotzdem daß Freycinet, Burdeau und Loubet mit großer Entschiedenheit für die Vorlage eingetreten waren. Freycinet legte io seiner Rede über die Colonialarmce dar, die Colonialtruphcn zählten mit Reserven 100 voo Mann. Da daS KriegSmmisterilim gegenwärtig damit besckästigt sei, die Reserven zu organistren, so sei eS sinngemäßer, daß diese Colonialarmce dem KriegSministcrium, nicht aber dem Marineministerium unterstellt werde. DaS letztere werde in schwierigen Zeiten die nationale Bertheidigung vervollstän digen; geschehe die» nicht, so werde ein neues Armee- corpS gebildet werden müssen. Aus diesen Aus führungen ergiebt sich, daß e» sich bei dieser Organistrung der Colonialarm« nicht um den Schutz und die «Sicherung de- colonialen Besitzes, sondern um die Schaffung eines neuen ArmeccorpS, deS zwanzigsten, handelt. Zn Frankreich pflegen Ministerien nicht durch den Senat, sondern durch die Tepu- tirtenkammer gestürzt zu werden, deshalb wird auch die in Rede stehende Schlappe an und für sich kaum sonderlich tragische Folgen nach sie ziehen. Doch liegt eS auf der Hand, daß daS moralische Aussehen des Cabinets aus dergleichen Zwischenfällen keinerlei Kräftigung erwarten dürfte. DaS Ministerium Loubet bat sich seine anfäng lichen Freunde nach und nach fast sämmtlich wo nicht zu Feinden, so doch zu verdrossenen Kritikern gemacht, welche an der NegierungSaction kein gute« Haar lassen. DaS wird ihnen in den meisten Fällen nur allzulcicht gemacht, und so geschieht eS, daß heute schon alle Welt in Frankreich das Ende deS Ministeriums mit Sicherheit vorauösieht. Der Zwischenfall mit der eolonialfeindlichen SrnalSabstimmung war eine erstmalige Verwarnung, wenn man so will, und kann seitens deS oder der Adressaten beherzigt oder auch in de» Wind geschlagen werden. Wenn letzteres geschehen sollte, so erscheinen die Tage des jetzigen Ministeriums allerdings gezählt, de»n eS dürste sich so leicht keine Rechtfertigung der mannigfachen Fehler des Ministerium« Loubet ausfindig machen lassen. Wir haben schon mehrfach von dem Auftreten deS social demokratischen MaireS von Saint-Denis bei Paris zu berichten gehabt, um darzuthun, wa» sich Alles die Socialistenpartei in Frankreich gegenwärtig erlauben darf, ohne von der dortigen Regierung in die Schranken zurück gewiesen zu werden. Eine neue That dieses Herrn erregt großes Aufsehen und hat die gemäßigten Pariser Blätter veranlaßt, die Regierung auszufordern, daß sie diesem kleinen Tyrannen auf die Finger klopfe. Der Maire batte sich schon kürzlich durch daS Verbot hervorgethan, daß Geistliche imAmtS- ornat mit dem Leichengefolge nach dem Friedbvfe ziehen, und am 14. Juli bei der Einweihung einer Büste der Republik solche Reden gebalten, daß die anwesenoen Lfficicre cS für an gemessen hielten, sich vor dem Schluß zu entfernen. Am Allerseelentaqe verlas er bei einer patriotischen Kundgebung an der Grufl der Soldaten, die im Jahre 1870 bei Saint- Deni« gefallen waren, eine Rede, deren Znbalt sich au» dem Schlußworte: „Vivo la rSziudligno soeinls!" errallien läßt. Der anwesende Oberst gab den ihn begleitenden Lfficierrn einen Wink und trennte sich in unverkennbarer Weise von der Municipalität, blieb aber auf der Stelle, bi- diese ab gezogen war. Man kann das Verhalten eine« Tbeil» de- Gladstone'schen Cabinets gegen die City-Corporation und das von ihr alljährlich im November zu veranstaltende Lord MayorS- Bankct als eine Art vou Boycott ausfassen, durch den der feindseligen Stimmung Gladstonr'S und seiner Leute gegen die stramm conservativ-gcsimtte City-Körprrscbaft deutlicher Ausdruck gegeben werden soll. Man will von liberaler Seite den Lord Mayor-Banketten dadurch ihre volitische Bedeutung nehmen, die sie alter Gepflogenheit gemäß besaßen. E« be- l staad der Brauch, daß di« letteadru Minister der Köaigm a»
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