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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.11.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921116026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892111602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892111602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-16
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Nach Allem, was man hört und bisher wahrgcnommen hat, wird es schwer, wenn nicht un möglich sein, die Regierung zu solchen Zugeständnisse» bei der Militairvorlage zu bewegen, daß eine Majo rität im Reichstag dafür zu baden Ware. Und anderer seits, wenn eine Berständignng nicht gelingt, so bleibt nur der Verzicht auf die Reorganisation des Heeres mit dem damit verbundenen Rücktritt dcS Reichskanzlers, oder die Auflösung des Reichstags übrig. Es heißt, die Regierung habe die letztere Entschließung schon sehr ernstlich ins Auge gefaßt und gebe sich über den Erfolg neuer Wahlen unter der Fahne ihrer Militairvorlage ganz seltsamen Illusionen bin, die de» Ansichten alter anderen Beobachter und offenkundigen Zeichen der Zeit geradezu ent gegengesetzt sind. Aus diesen Selbsttäuschungen würde sie nun ohne Zweifel durch den Ausfall der Wahlen etwas unsanft erwachen, und sic würde sich dann zu Maß regeln entschließe» müssen, zu denen sie sich besser entschlossen Kälte, cbe die Dinge so auf die Spitze getrieben worden. Diese Ausblicke in die Zukunst sind trüb und unerfreulich, und sic erklären es wohl, wenn das Gefühl der Unsicherheit und Mißstimmung im Lande immer weiter um sich greift. Das sind keineswegs die Zeile», wo eine staatskluae und vor sichtige Regierung daS Unheil des Landes zweckmäßiger Weise hcrauösordert. Die durch die militairischcn Forderungen veranlaßten Reichssteuervorlagen sind, wie die „Nat.-Lib. Corresp." kört, jetzt im Reichöschatzaint scrtiggcstcUt und werden nach de» vorangegangeiien Vorbesprechungen unter den Bundes regierungen voraussichtlich ohne Schwierigkeiten durch den BunveSralh gehen, so daß sic wahrscheinlich noch während der Berathung der Militairvorlage im Reichstag cingcbracht werden können. Es sind die bekannten vier Gegenstände, welche zu einer Erhöhung der Neichseinnahmen Herangehen werden sollen: Tabak, Bier, Branntwein und Börse. Selbstverständlich werden diese Vorlagen abgelehnt werden, wenn die Militairvorlage fallt. Sie werden also auch auf die Wahlbewegung eiiiwirteu, wen» die ReichSregicrung zur Auslösung des Reichstags sich entschließt. Um so bedenklicher würde eine solche Maßnahme werden. Aus UngarnSHauptstadt kommt heute die telegraphische Kunde, daß das Cabinet Weckerlc nunmcbr gebildet ist, indem der Präsident des obersten Gerichtshofes, Karl Hieronymi, das Portefeuille deS Innern übernommen hat. 1)r. Weckerle selbst führt das Präsidium im neuen Ministerium und bleibt außerdem Finanzminister, in welchem Ressort er bereit« von allen Seiten anerkannte Erfolge erzielt hat. An Stelle des Ministers für Croaticn, Iosipovich, der seine Ent lassung cingereichl hat, tritt Graf PejacsevicS. Zum StaatSsecretair des Ministeriums dcS Innern ist Graf Julius Andrassy in Aussicht genommen. Was den neuen Minister des Innern betrifft, so verlautet über ihn, daß er bis zum Jahre 1882 Staatsscretair des VerkebrSministeriums war, wo er den ersten Grund zur neuen Eisenbabn- pvli'.ik Ungarns gelegt halte; er wurde dann DirectiouS- prästdent der ungarischen Linien der österreichisch- ungarischen Staatsbahn und verblieb in dieser Stelle bis zu der im Vorjahre erfolgten Ablösung dieser Linien durch den ungarischen Staat. Er gilt als bedeutender VerwaltungS- sachmann. Er beschäftigte sich in hervorragender Weise ommen. ^ Minister literarisch mit der VcrwaltungSfrage, blieb dann den Partei wirren der letzten Jahre vollkommen entrückt und genießt großes Ansehen auch bei der Opposition. Seine Ernennung zum Minister beS Innern wird mit großer Befriedigung auszen Wie schon gemeldet, wird Graf Ludwig TiSza 4 am kaiserlichen Hoflager. Diese Ernennung rst freilich nicht »ach dem Geschmack der ungarischen Oppositionspartei und man kündigt ihre beflige Opposition an, da Graf TiSza in dem Verdacht strcngconservativer Gesinnungen siebt. Die Minister des neuen CabinctS hielten gestern Abend spät noch eine Eon- fereiiz ab. Am Sonnabend wird da« neue Ministerium den Eid ablegen. Der erste Gesetzentwurf, den da« neue Eabinet dem Abgeordnetenhaus unterbreitet, betrifft die Rcceptivn der jüdischen Religion. Heute Abend gedenkt Weckerlc nach Wien zu reisen, um dem Kaiser die Ministcrtisle zur Genehmigung vorzulcgeu. — Die erste Bedingung eines gedeihlichen WirkcnS des neue» CabinctS ist daS Fortbcstcbrn einer gefestete» Mehrheit und die Unterstützung der Regierung durch diese Mehrheit. Leider ist aber hiermit die Reihe der Be dingungen, von denen ein gedeihliches Ergebniß der RcgierungS- tbätigkeit in Ungarn abhäugt, unter de» heutigen Umständen nicht erschöpft. DaS ungarische Parlament befindet sich in einer abnormen Lage und mit dieser muß auch daS neue Ministerium rechnen. Wie wird die Haltung der Opposition sein? Welche Politik wird sic dem neuen Ministerium gegen über befolgen? Wird sie es mit jenerLoyalität behandeln,welche die Bedingung der ActionSsabigkeit deS Parlaments bildet, oder werden sich die alte» häßlichen Scene» wieder erneuern? DaS sind Fragen, deren Beantwortung man nicht anti- Ipiren darf, die aber in diesem ernsten Augenblicke der neuen Cabiiictöbildung nicht verschwiegen werden dürften. Minister präsident Weckerlc hat manche günstige Aussicht für sich, aber da» Land kennt ihn doch nur als finanziellen Fach- minister und nicht als führenden Staatsmann, nicht als Politiker, der das Gcheimniß innehat, die Menschen zu leite» und mit geklärten Ideen in leitender Stellung zu opcriren. In einen verwahrlosten Staatshaushalt Ordnung zu bringe», ist wohl keine leichte Ausgabe, unvergleichlich schwerer ist es aber, in verwahrloste Geister Ordnung zu schaffe». Eine nabe Zukunst wird zeigen, ob Dr. Weckerlc auch nach dieser Richtung hin ein Meister ist. Die Lage in Paris hat sich wieder einmal zu einer rcgelrecl'tcn Krisis zugespitzt, so daß das Unwetter jeden Augenblick loöbrecben kann und die Existenz dcS Eabinctö auf dem Spiele steht. Zn den mancherlei Verlegenheiten, Venen daö französische Ministerium sich auSgesctzt sicht, ist noch die sehr unangenehme und kritische Panamacanal-An- gelegenhcit hinzugetreten. In der Dcputirtciikainnicr wurde bekanntlich für den Antrag de« Abg. PontoiS, daß Ferdinand de Lesscpö und seine Gründer-College» vor die ordent lichen Gerichte gestellt werden sollen, die Dringlichkeit votirt, cbwobl man von der Ministerbank aus diesem Antrag widrrspracb. Inzwischen hat sich ergeben, daß im Ministerium selbst Über diese Frage keine Einigkeit besteht. Der Iustizministcr, welcher mit zwei anderen College,: fiir die gerichtliche Verfolgung der Panama-Gesell- schaftö-Gründcr ist, hat amtlich erklärt^ er habe den, General- procurator Auftrag zur Einleitung des gerichtlichen Verfahren« gegen Lcsseps und Genossen gegeben. Die Vergehen, wegen deren diese Personen angcllagt sind, sind VertrauenSmißbrauch und Betrug. Die Anklagebebörde glaubt in den Contraclen über die Ausführung der Bauarbciten für diese Dclicte Beweise gesunden zu haben. Ist die Lage schon an und für sich sehr böse, wenn in einer solchen Frage im Cabinet keine Einigkeit besteht, so will man obendrein bemerkt baden, daß Constans, der frühere Minister des Innern, dem man eine große Festigkeit gegen die Anarchisten und Radicalc» nachriihmk, hinter den Conliffen seit einigen Tagen sehr geschäftig ist. Lvnbet hat einem Freunde verratbcn, daß er, wenn er fallen solle, lieber bei dem Gesetz, welches die Preßfreiheit rinschränkt, falle» möchte. und dami^nr^Einklan^e ^ h^ die heute auS Paris einlaufenden . Berathung der Thal das Min.st-rium schon b°> der heutigen ^ ^ Kammer ihm diesen Gefallen deS GabinetS einem anderen Bret; man ' .d. Allgemein herrscht erst bei der Panamäfrageerfolge dün^M'^m ^ Spannung entgegen. _ In Rußland kann man weg'n des Zw'schenfa e mit den. Dampfer ..Olga" noch wun-rn.ch^zm Ruy- komne». Jetzt .veröffentlicht cmcr A 'odessaer Blatt W! ^ gleich angchbickt, ab;,.dampfen, als der ruman'A- Evmmanda, ßch de,„ Sä,.sie genähert und n»t groben W -n d>- "u, scrnung verlangt baße. Der russische Cap'.lam tza>.« horcht. Daraus sei eiiuge Tage ^mubiuß Boot zur „Olga" gekommen und habe die Kcrtauv v der Caiiilätscvmmission zum En,lausen . ub»>ß aber Hab- das russische. Fahrzeug von Gebrauch gemacht und auf der Sulma-Rhed Anker ^worsen als ihm wieder von den Rumänen in dem elben grölen a.one zugcrufen worden sei, das Schiff solle jlch ungesäumt eilt- jernem Noch bevor ..'.an sich auf der Olga" °on d°m E j staunen hierüber erholt, habe man den vernommem „bmcvrcr eim, luiuutv» — so tireiui.' In 5 Minuten s aber unmöglich gewesen, den Anker zu Heben, und ' sofort geschossen worden. Beim HmauSdampscn babe noch eine Stimme den Russen zugcrufen: „Wagt eS n'-bt wieder hierher zu kommen, sonst . . . ." Die übrigen Worte habe der Sturm verschlungen. Dir Darstellung wird wohl bis zu weiterer Bestätigung als einseitig gefärbt angesehen werden müsse». Zu denjenigen Staaten, welche mit schweren Finanz calanii täten kämpfen, gehört bekanntlich auch Griechen land. Die Gründe dieser Erscheinung dürften dann zu suchen sei», daß die politische» Machthaber m Athen sich nicht daran gewöhne» können, nach der Decke sich zu ureckcn, sondern daß sic sich darin gefallen, Griechenland etwa« Groß- macht spielen zu lassen, und in Folge dessen schon seit langer Zeit Ausgaben zu bestreiten haben, für deren Hohe nicht ge nügende Einnahmen vorhanden sind. Ueber die Thatigkcit Mr. Lowe's, des Abgesandten der englischen Regierung, welcher auf Einladung de« Minister-Präsideiitcn Trikupt- nach Athen kam, um sich von dem Stande der griechisch»» Finanzen zu überzeugen, veröffentlicht die „Nea EphimeriS", ein höchst ehrenwerthes und zuverlässig trikupistischcS Blatt, einen Artikel, worin man zum ersten Male einige Aeußerungcn des englischen FinanzmanneS und Ministerial ratkeS erfährt. Danach hätte Mr. Lowe dem Minister Präsidenten sein Befremden geäußert über den unver- hältnißiiiäßigeii Aufwand für niilitairische Einrichtungen, namentlich über die vielen überflüssigen Osficiersposteii höherer und niederer Art, die damit verbundene» Pensionen für die Inhaber und ihre Familien, sowie über die Militair- schulen, welche, während alle ankeren Studien jetzt — mit Recht — Lehrgeld kosten, die jungen Leute bald unentgeltlich zu einem Berufe bcranziehen, der ihnen wieder AltcrSver- forgung und alle möglichen Privilegien sichert. Ein Militair- Budgct von 18 Millionen sei für Griechenlands gegenwärtige Finanzverhältiiissc unberechtigt, eS sei denn, daß eS sich mit dem Hintergedanken eines Krieges trage, ein Gedanke, der noch viel unberechtigter sein würde. Die griechiscbc Armee sei selbst ii,itev den kleineren die nllevlekte an Schulung und Organisation. An eine Reform sei gerade jetzt am wenigste» zu denken. Dennoch würden, wir eS scheint, allerhand Einbildungen genährt von Macht und Besitz, die in der Wirklichkeit keinen Halt finden. Wie man sicht, berührte Mr. Lowe auch dir in den letzten Tagen nach kurzer Ruhe wieder in Gährung gerathenen Studenten- veryältmsse. Er sicht in der Carrivrc der zahlreichen Osficiere, hinter denen keine Soldaten stehen, nicht nur einen für den Staat sehr kostspieligen Luxus, sondern auch, unter den gegenwärtigen Verhältnissen» eine bloße Speculation der jungen Leute, ein du8i»6!>8 wie jedes Amt, welches nur ge sicherter sei, als jedes andere Studium, da der Osficier nicht, gleich dem Professor, Priester und Juristen, bei jedem Minister- Wechsel abgesrtzl werde» könne. Herr Trikupis, der bekannt lich selbst da« Militair-Budget herabgesetzt hat, soll in einigen Puncten Mr. Lowe widersprochen und bemerkt haben, in Griechenland ließen sich derartige innere Fragen nicht in der Weise, wie in anderen Staaten lösen. Wenn er damit die stetige Ohnmacht der Negierung gegen einen ungebildeten Chauvinismus und die Zügellosigkeit der Deputirteuherrschaft meinte, wird man ihm Recht geben müsse». Deutsches Reich. HZ Berlin, 15. November. Die Ausschüße desBunde-- rathö für Handel und Verkehr, für Eisenbahnen, für Post und Telegraphie, für das Seewesen und für das Rechnungs wesen traten beute Vormittag zusammen und beriethen die ihnen überwiesenen Theile dcS NeichShausbaltSetatS. Um 2 Uhr fand sodann unter dem Vorsitz des StaatSsecretairs v. Boetticher eine Plenarsitzänig des BundeSrathS statt. In dieser wurden sämmtliche Etats, außer dem Militairetat, genehmigt. Der von Bayern gestellte Antrag wegen Ab änderung der Gewerbeordnung (velr. den Gewerbebetrieb im Umherziehcn) wurde dem Ausschuß für Handel und Verkehr und für Iustizwesen zur Prüfung überwiesen. Der Ent wurf von Vorschriften für die steuerfreie Ver wendung von uudrnaturirtrm Branntwein zu Heil-, wissenschaftlichen und gewerblichen Zwecken wurde nach den Anträgcn der bezüglichen Aus schüsse, wonach die Vorschriften am 1. April 1808 in Geltung treten sollen, angenommen. Ferner wurde die Verein barung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Oesterreich- und Ungarns einerseits und Deutschlands andererseits rück- sichtsich der bedingungsweise zur Beförderung zugelaffcncn Gegenstände, sowie der Entwurf zweier neuer Änlaaea zurBerkehr-ordnung für dicEisenbabnenDeutsch- landS, dem Anträge der Ausschüsse entsprechend, an genommen. — Die Erweiterung der am I. Deeember ablauseoden Ermäcdtigung des BundeSrathS, die Sätze d»S Vertragszolltarifs auch Staaten ohne Meist begünstigungs-Anspruch zu gewähren, bis zum 1. April l808 kann nur unter dem GesichtSpuncte verstanden und ge billigt werden, daß die Regierung Aussicht zu haben glauvt, bi« dahin zu dauernden Abinachiingcn mit den in Betracht kommenden Ländern oder wenigstens einen, derselben zu ge langen. ES bandelt sich bckaunitich vorzugsweise um Spanien und Rumänien und sodann um Rußland lieber den Fortgang der Verhandlungen namentlich mit dem letzteren Staat sind allerdings in jüngster Zeit nur ungünstige Mittheiluligen an die Ocsseiitlichkeit gedrungen. 0. ll Berlin, 15. Noveiiiber. ES läßt sich nicht leugnen, daß die Anarchisten in Deutschland jetzt wieder kühner ihr Haupt erheben und ihre Reihen sich wieder zu füllen an fangen. Die Furcht, wclcbc die Anarchisten in Folge der schweren Bcrurtheilnngrn ihrer in den HochverrathSproceß Camicii verwickelten Genossen ergriffen und wieder in ihre dunklen Schlupfwinkel getrieben batte, scheint bereit« ge schwunden zu sein In den letzten Wochen bat die anarchistische Gruppenbildung stärkere Fortschritte gemacht, wenn auch die F-nilleton. Dämmerungen. Roman in drei Büchern von Rudolf von Gottschall. 89j Nachdruik rrrtoien. (Fortsetzung.) Der Graf batte bisher das Operettentheater nicht besucht; er war »u sehr durck, seine Geschäfte in Anspruch genommen; doch er hatte gelegentlich und erst vor Kurzem Erkundigungen über diese Teresa Stern eingezogen und erfabre», baß ibr Lebenswandel nicbl tadellos sei und daß sic einem jungen Schriftsteller ihre Gunst schenke. „Lo kam der Sturm a»S dem Publicum", rief er mit seiner Stentorstimme, „gewiß irgend ein abgedankter Lieb haber! ES gescbicbt dem lcicbtfcrtigcn Ding schon recht, daß mau ihm einmal die Nutbe zeigt." Die Tischgenossen lachten zustiimnend; doch am andern Tische klirrten die Sporen; ein Stuhl wurde gerückt, Lieute nant von Schollen trat näher heran »nd fragte mit einer vor Zorn erstickten Stimme: „Wer wagt c- hier, eine anstänrige Dame zn beschimpfen?" A» beiden Tiscben war man ausgestanden, ein befreundeter Osficier wollte Schollen ziirückbaltcii: die anderen strichen sich kampflustig ihre Schnurrbärte: es war ja zur Attaque ge blasen worden — doch was hatte den jungen, stillen Freund angewandelt? „Da- habe ich gewagt, ich, Graf Febrentbal . . und ich wage noch mehr, als einer Dame den Ctrobkraiiz aufzusetzcn; ick, wage, Ihnen zu sagen, daß Sie sich hier in Dinge mischen, die Sie nicht« angehen." „Mein Herr. ." „Ich habe Ihnen meinen Namen genannt; man wird mich zu finden wissen." „Hier ist meine Karte, Herr Graf." Graf Fehrenthal empfing sie mit leichter Verbeugung. „Stoßen wir an, Bankdirector, auf das Gedeihen unserer Lctienmühle I" .. und die Gläser klirrten fröhlich zusammen. Der unliebsame Zwischenfall schien rasch vergessen . . die Osficiere hatten inzwischen sporcnklirrcnd das Felv geräumt. „Wie kommt die Taine zu solchem Ritter?" sagte der Bankdirector, „für Tbeaterdamen schlägt man sich doch nicht." „Irgend ein Brakenburg, der für Klärchen- Unschuld ins Feuer geht . . der gute Junge tbut mir leid." Er zog die zerknüllte Karte auS der Westentasche. „Schollen . . gute anständige Familie . . nicht einmal ruinirt! Manche Söhne au« solchen Häusern lassen sich lieber von Anderen eine Kugel vor den Kopf schießen, al- daß sie selbst die Mordwaffe in die Hand nehmen. DaS ist'S also nicht! „Blöde Iiigendeselci", wie der nach Paris desertiere deutsche Jude singt. Champagner ber, Kellner! Wir wollen dem grünen Jüngling die FuchStaufe geben, che wir ibn im ehrlichen Waffengang zu Boden Wersen." Der Bankdirector hatte sich im Stillen über die Ruhe gewundert, mit welcher der leidenschaftliche Graf sich bei diesem Handel benommen. Eckt ritterlich, wie er sich sage» mußte . . ohne Zornaiifwallungcn und Wutbauöbrüchc. In der That, da- Gebot der Standcsehrc zähmte das Witte Blut, und wo bestimmt und greifbar ein ernstes Handeln ge boten war, da schwand die aus Seelcntiefen aufstilrmeiicc Wildheit, die ihre Kraft auS grundlos vibrircndcn Gchirn- fascrn sog. Diesen Sturm aber sollten die Genossen bald zu ihrem Schreck kennen lerne»; denn kaum waren die ersten Gläser der Veuve Cliqnol geleert, als der Graf plötzlich auf- sprang, »lit der Faust auf den Tisch schlug, daß alles ziisamincnklirrte. Der Bankdirector und der Freiherr von der Acticnmühle batten sich hinter ihre Stühle geflüchtet; die Stimme deS Graft» batte etwas Nervöses, ExplvdirendeS, als hätte sich in sie der ganze Mensch mit allen seinen ge waltsam erregten Nerven gefluchtet. „Gesindel . . Nattern und Vipern . . fort von hier, Gezücht! Wie sie mich umwinden . . umflechten, ersticken! Immer diese Frauen . . diese schlangcnhäutigen Evastöchter! Kaum ruft man eine heim Namen, so schmiegt sic sich an nnS mit verbuhlten Augen und stößt i:n« den Dolch inS Herz. Eine nach der andern — oder sie klammern sich fest an uns und wenn wir sic abschiitleln wollen! Fort mit allen — fort mit rer Melusine, die mir die Pistole iu die Hand gedrückt, daß sch meinen besten Freund erschoß. Und wieder blinkt sie i» meiner Hand — ein Schatten huscht vorüber — ich kenne ihn nicht . . und wieder Mord! Gri massen deS Schicksals . . ich höre alle diese Stimmen von fern — sie spreche» mit mir. Fort, sag' ich, fort!" Die Kellner hatten das benachbarte Ammer abzespcrrt, um nicht durch den Lärm dieser stürmischen, laut hervor- gcschricnen Ergüsse die Gäste in den Nebenzimmern zu be unruhigen. Doch mußten sie an der Thüre Onarantaine halten, denn Neugierige drängten heran, um die Ursache des Lärms zu erfahren. „Lasten Sie diese Hallncinationen, Gras!" sagte endlich der Bankvirector, der sich ein Her, gefaßt hatte; „sie paffen wenig für einen glücklichen Bräutigam." Ten Grafen pflegten sonst beruhigende Worte noch mehr aufzuregcn und er wandte leicht seine sonst gegenstandslose Wiith gegen diejenigen, die ihm beschwichtigend zuspracken. TicSmc.l aber schien daS letzte Wort doch in seiner äecle ru haften. ° hin, und in einem ganz veränderten ruhigen Tone begann indem er sich nicdersetztc: „Reden wir von anderen Dingen I Ich schlage doch r die Acticn zu einem niedrigeren EourS zu cniittiren." „Meinetwegen", sagte der Bankdirector, und bald dre sich daS Gespräch wieder um die neue Gründung. Die A rcgung war vergessen; cs war einer jener Anfälle grundlos kamen, spurlos vorübergingcn; mit Mühe k'on man einen leichten Faden entdecke», durch den die stürm aufgcrolltcn Bvrslellu„gSrcis-n niil einem Erlcbniß zusamm b.ngcn, da« deu Grasen erregen konnte. Noch einmal r der Gr!ff" ^ Detail, dann erhob S-rftu?"°^° ' ' srcundiren, Ba: -rmeicr versengte sich dienstwillig: ^Selbstverständlich, Herr Graf." ,xersen stand in, Schuldbuche F-hrcnthal- der t Gründung deö neuen ActieiiunternehmenS hauptsächlich i Werk gesetzt hatte, um dem Baron, der sich deshalb in erst Linie an der Gründung betheiligte, die Möglichkeit zu ver schaffen, wieder ein zahlungsfähiger Schuldner zu werden. Dies spielte dabei eine größere Nolle, als die Blüthe der Industrie und da« Gemeinwohl, die mit goldenen Lettern vom Frvnlispiee des neuen Unternehmens leuchteten. Der Graf machte einen kurzen Spaziergang, unternahm einen wilden Ritt i»S Freie, und daun trieb eS ihn, Frau Abraham aufzusuchcil. Bei seinem Spazierritt hatte ihn plötzlich der Ring zu beschäftige» aiigesangcn, den er in ihren Händen gesehen; ste mußte ihm darüber nähere Auskunft erthcilcii. Es war einer ihrer GesellschaftSabendc; doch fehlten noch die Gäste, wenn auch die Kronleuchter sckon angezündct waren. Er suchte sie daher nicht in ihrer Vendita, sondern in Len oberen Räumen aus und wurde auch dort in ihrem Privalsalvn von ihr empfangen. „Sie zeigten mir »eulich einen Ring, der früher mein Eigcnthum war und de» ich a» ein Mädchen verschenkt hatte. Von wem erhielten Sie diesen Ring?" „Von der Eigcnthümcriii." „Sie kennen daS Schicksal jene« Mädchens?" „Ich war eine ihrer beste» Freundinne»." „Sie sind doch wahrlich kein Kind der Salzburger und Tiroler Alpen." „Nein, doch der Fremdenverkehr in diesen Alpen hatte mich und meinen Mann bestimmt, abwechselnd in Salzburg und Berchtesgaden, in Gastein und Zell unser Waarcnlager feilzubietcn. Wir befanden uns damals noch im Anfang unserer geschäftlichen Tbätigkcit; wir waren auf der Wander schaft, noch nicht seßhaft wie jetzt, denn wir mußte» un- erst einen ansehnlichen festen Besitz erobern. Die jungen Mädchen de« Städtchen« besuchten uns oft und ergötzte» sich am Anblick unserer glitzernden Schaustücke und kostbare» Maaren — und da kam auch nachher mancher Bräutigam in unsere Bude. Sein Mädchen batte irgend einen Wunsch ausgesprochen, de» er zu erfüllen sich beeilte. Damals lernte ick Käthe Stobitzer kennen — e« war rin schönes Mädchen, aber apart, gescheiter als die andern; doch eine Träumerin, die einsam in den Felsschluchten zu wandern, einsam auf dem Kabn durch de» >Lee von >4ell »u rudern liebte. Ich schloß mich dem Mädtbe»
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