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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.11.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189211183
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18921118
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18921118
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-18
- Monat1892-11
- Jahr1892
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.11.1892
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J«sertio«SpreiS Die 6gespaUme Petitzeile 20 Reclameu unter dem RedacttonSstrich (4ge- spalten) SO-4, vor den Familtennachrichten (K gespalten) 40/4- Größere Schriften laut unser«» Preis« verzeichaiß- Labellartscher und Ziflerusatz »ach hdherem Tarif. aktra-vril«,ra (gesalzt), nur mit btt Morgen«Ausgabe, ohne Postbeförderuog SO.—, mit Postbesörderung » 70.—. Itnnahmeschluß für Inserate; Abr»d»An-gab«: Lormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn» und Festtag» früh */,9 Uhr. , Vet den Filialen und Annahmestell» je eia» halbe Stunde früher. Aulerat« find stets an die SrpeUttta» zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» tu Leipzig. 5W. Kreitag den 18. dkovember 1892. 86. Jahrgang Wegen der Vufztager fällt die heutige Abend-Ausgabe aus Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, Ven diesjährigen Christmarkt betreffend. Wegen des am 17. Dccember 1892 beginnenden Christmarktes, auf welchem feilzubieten nur hiesige» tÄcmrinvkMttgtirdcrn gestattet ist, verordnen wir hiermit Folgendes: 1) Diejenigen, welche Stände auf dem Christmärkte zu erhalten wünschen, haben sich bis Mittwoch, den 23. Rovcmbcr d. A., bei unserem Marklinspector Neulich (Najchmarkt 1, 3. Stockwerk) zu melden. Später eingebende Anmeldungen muffen unberücksichtigt bleiben. Für die Zuweisung eines Standes und die Ausfertigung des Scheins hierüber sind 25 zu entrichten. Wird diese Gebühr nicht sofort entrichtet, so wird über den Stand anderweit verfügt. 2) Wer einen ihm zugrwiesenen Stand nicht fpätrstruS am 18. December besetzt hat, ist desselben verlustig, hat auch zu ge wärtigen, daß ihm für spätere Christmärkte Stände nicht wieder überwiesen werden, sobald er nicht einen genügenden Behinderungs grund nachweist. 3) Der Aufbau der Buden aus dem Christmarkte ist am 14. December gestattet, wogegen das AuSpacken der Maaren nicht vor Mittags 12 Uhr des 16. December beginnen darf. 4) Der Verkauf der Maaren findet bis zum 24. December 12 Uhr Mitternachts statt, doch ist am 18. December, dem in den Christmarkt fallenden 4. Adventsonntag, der öffentliche Handel in Läden, aus Straßen und Plätzen erst nach beendigtem Vormittags- gottesdicnste, das ist nach 10'. Uhr Vormittags, gestattet. 5) Die Inhaber von Lhristmarktsiänden dürfen nur ihre An- gchürigrn und solche Personen al» Verkäufer vrrwenbcn, welche ständig i» ihren Diensten oder hier wohnhaft find, und es werden alle Stände sofort eingezogrn, an denen aus wärts wohnhafte selbstständige Personen, welche nicht hiesige Gemeindemitglicder sind, als Verkäufer betroffen werden. 6) Während der Tauer des Christmarktes (17. bis 24. December) bleibt den hiesigen Verkäufern von Töpfer- und Steingutwaaren die Benutzung des Töpferplatzer wie zeither gestattet. 7) Sämmtliche Buden und Stände, sowie die aus dem Auaustus- vlatz zum Feilhalten mit Christbäumen benutzten Plätze find von den Inhabern noch am 24. December bi- Mitternacht 12 Uhr zu räumen. Hierbei sowie bei den unter 8 erwähnten Arbeiten ist alle« die Ruhe der Thristnacht störende Geräusch zu vermeiden. 8) ES bleibt auch diesmal gestattet, die für den Christmarkt benutzten Buden auf dem Markte noch am 25. und 26. December sichen zu lassen. Es haben aber die Miether sowohl, als auch die Verleiher der Buden dafür zu sorgen, das) sämmtliche Buden nach Ausräumung der darin befindlichen Maaren sofort gut geschloffen, das heißt, die Klappen zugebolzt, die Thürrn verschlossen oder ver nagelt, sowie die Budenplanea nebst den dazu gehörigen Planen« stangen beseitigt werden. S) Sämmtliche Christmarktbuden, soweit dieselben nicht mit Ein- willigung der Meßbudendeputation in der Neujahrsmeffe benutzt werden sollen, sind am 27. December abzubrechen und deren Fort« schaffnng muß noch an demselben Tage erfolgen, auch bis Abends 8 Uhr beendet sein. 10) Das Legen von Trittbretern vor den auf dem Marktplatze ausgestellten Christmarktbuden ist nicht gestattet. 11) Der Verkauf von Christbänmen wird vom 17. December ab ans dem Angustusplatze gegen ein Standgeld von 3 vil für jeden gleichmäßig großen Platz gestattet, jedoch unter ausdrücklichem Verbot des Einschlagens von Pfählen oder sonstiger Beschädigung der Oberfläche dcS Platzes. — Wegen Ausstellung der Christbänme »nd sonst allenthalben ist den bezüglichen Anordnungen unseres Marktinspectors unbedingt Folge zu leisten. 12) Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden mit Geldstrafe bis zu 60 ^l oder entsprechender Haftstrafe geahndet werden. Leipzig, am 27. October 1892. Der Rath »er Stadt Leipzig. IX. 18835. vr. Georgs. Stahl Bekanntmachung. Das von Frau Johanne Friederike Hchnold geb. Reinhardt, Wittwe des Herrn Friedrich Eduard Hehnold hier, zum Andenken ihres Sohnes, dcS ktnck. obem. Rudolph Otto Heynold gestiftete Hchnold'schc Familienstipendium soll auf 3 Jahre an einen aus der Universität Leipzig studirendcn jungen Man», welcher der Familie der Stisterin oder der ihre- Ehemannes anzehört, und im Mangel eines solchen an einen bedürftigen Studenten der Universität Leipzig, dessen Vater Leipziger Bürger ist, vergeben werden. Indem wir bemerken, daß die Stifterin die Tochter des 1841 zn Bautzen verstorbenen StellmachermeisterS Christian Reinhardt »nd ihr Ehemann der Sohn des GcneralacciseinnehmerS Friedrich Hcynold ebenda war, fordern wir Alle, welche sich um dieses Stipendium bewerben wollen, auf, ihre Gesuche binnen 4 Wochen und spätestens bis zum 17. Dccember dieses Jahres einzureichen. Leipzig, den 12. November 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. Ii>. 4499. G vr. G e o r g i. Ass. Lampe Bekanntmachung, dir iilirchenvorstandswahl in der Andreasgemeinde hetrcffcnd. Nach unserer Bekanntmachung vom 3. November d. I. hat nun- nichr eine Ergänzungswahi des Audreaskirchenvorslandes slattzusindcn, und zwar scheiden nach 8-17 der Kirchenvorstands, und Synodal- vrdnung folgende durch das Loos bestimmte sechs Herren: Landgerichtsdirector Grusel, Landgerichtsdirector Hallbaucr, Zimmernieister Frz. Mrhrr, Brandversichcrungs-Ober-Jn- spcctor Thümmler» Bankier R. virweger und Amtsgericht-- Actuar Wols aus unserem stirchcnvorslande aus. Dieselben sind jedoch sämmtlich wieder wählbar. Die Wahl selbst soll nun Dienstag, den 22. Rovember, von Vormittags 10 Nhr an ununterbrochen bis Nachmittags 5 Nhr in der sechsten Bürgerschule (Zimmer der VoUsbibliothek, im Erdgeschoß) fiattsinden. Tie Sttmmzrttri, auf denen sechs Gcmeindcgliedcr der AndrcaS- geineinde, welche da« 30. Lebensjahr überschritten haben, nach Tauf- und Familiennamen, Stand und Beruf zu verzeichnen sind, müssen persönlich abgegeben werden. EUahlbrrcchtigt sind Alle, welche aus Grund ihrer mündlichen oder schriftliche» Anineldunq in die Wahlliste eingetragen sind. Wir bitten alle dazu Berechtigten herzlich und dringend, von ihrem Wahlrecht an dem oben bezeichnet»» Lage Gebrauch zu machen und dabei nach 8 8 der Kirchenvorstandsordnung ihr Augenmerk „aus Männer von gutem Ruse, bewährtem christlichen Sinn, kirch« licher Einsicht und Erfahrung" zu lenken. Leipzig, den 15. November 1882. Der Wahlausschuß kür »ie Kircheu»,rftau»««atzl in der AnprroSgkmetndr. Vr. pdll. Schumann, ?. Die mit 3000 Ansangsgehalt und Pensionsberechtigung auS- gestattcte Stelle eines VuchhnltrrS bei unserer Stadtcastc ist baldigst zu besetze». Bewerber, weiche die dopvelte kaufmännische Buchführung voll ständig beherrschen und selbstständig darin arbeiten können, wollen bez. Gesuche bis 20. dicsrS Monats bei uns einreichcn. Leipzig, den 17. November 1892. Der Rath Ser Stadt Leipzig. vr. Georgs. Schulze. Bekanntmachung. Am 11. November l. IS., Vormittags gegen ''«10 Uhr, ist in dem Grundstück itörncrstraße Nr. 25 hier der Lrichnam eines ncu- grborrncn, völlig auSgetragcnen KiltVrS weiblichen Geschlecht!) alligrsunden worden. Der Leichnam hat in einer im Treppe», ausgang dlS Hinterhauses links befindlichen Nische gelegen und ist in eine rolh- und weißcarrirte Windel eingcwickelt gewesen. Das Kind hat »ach der Geburt gelebt. Wir ersuchen, etwaige Wahrnehmungen, die zur Ermittelung der Mutter des Kindes zu führen geeignet erscheinen, ungesäumt zur Kenntniß unserer Crtmitialabthcklung zu bringen. Leipzig, Len 16. November 1892. Das Poltzeiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. N. Versteigerung. TicnStag. dcn 22. Rovrmbrr, vormittags 11 Uhr sollen im Hofe de« hiesigen PosthalterrigrundslückS, HoSpitalstraße Nr. 4,6,8, fünf zweijpännigc und fünf einspännige ausgemujlcrle Postwagen unter dcn unmittelbar vor dem Ausgebot bekannt zu machenden Bedingungen gegen sofortige Bezahlung öffentlich versteigert werden Leipzig, 5. November 1892. KaiserltchrS Postamt 10. Oehme. Holzversteigeruna l. den 24. Rovemder 18! Donnerstag, den 24. November 1892, sollen «ms dem Dresdner Bahnbose in Leipzig und zwar: Rachm. 2 Uhr an der Productenladestraße in Reustadt: 300 Stück alte kiefern« und 100 m » eichen« Bahnschwellen und Rachm. 3 Nhr an der Prodiicreustraßr in volkmarüdcrs: 200 Stück alte kieferne und 250 m » eichene Bahnschwellen unter zuvor bekannt zn gebenden Bedingungen meistbietend gegen sofortige Baarzahiung veräußert werden. itöntgl. Rbthktlungs-Lngcnicur-Bureau II. Leipzig. In der ernsten Zeit, die wir durchleben, obwohl unserem Batcrlandc nicht unmittel bare Gefahr droht, kostet es ernsten Leuten doppelte Ueber- windung, wenn sie mit Trägern von Gesinnungen kämpfen müssen, denen man am liebsten den Rücken zukehrte. In diese unangenehme Nothwendigkeit sehen wir uns versetzt, da wir heute wieder aus Herrn Harden's „Zukunft" zurück kommen. Wir hätten sie wahrhaftig gern ganz ignorirt, wenn es uns nicht als Pflicht erschienen wäre, die in diesem neuen Unternehmen eine Heimstätte findenden, nicht allein undeutschen, sondern wahrheitSwidrigen, deutsch feindlichen und daher unser nationales Empfinden be leidigenden Bestrebungen zu kennzeichnen. Es ist dabei unvermeidlich, daß die Person Desjenigen gestreist wird, der die „Zukunft" ins Leben rief und — möge er sich noch so sehr auf Programme berufen, in denen dagegen Bcrwabrung eingelegt wurde — die volle Verantwortung für deren Aeußerungen zu tragen hat. Wenn Herr Harden in Nr. ft seiner Wochenschrift unter dem Titel: „Kaiserlich Russisches Reptil", sich darüber beklagt und meint, man suche „mit den unsaubersten Mitteln" seine „Existenz zu ver nichten" und seinen „Namen zu beflecken", so sei ihm darauf erwidert, daß. wenn die von ihm verleumdete deutsche Presse auf politische und journalistische Flecke — und um solche handelt eS sich hier — aufmerksam macht, nicht sie dieselben erzeugte. Wenn Jemand zu behaupten wagt, die Ncdactcure der deutschen Zeitungen sainmt »nd sonders, „manchmal auch ganz einfach im Solde der englischen Börse", hetzten Deutschlands Volk zum Kriege — eine den feindlichsten russischen Blättern entnommene Unterstellung —; wenn er weiter die Hoffnung ansspricht, diese feigen Hetzbrüdcr beim Ausbruch des verausziebenden (!) Krieges „auf offenem Markte gelyncht zu sehen", bann sollte eS ihn doch nicht Wunder nehmen, wenn man sich den Deutschen (!), der daö sagt, etwas näher ansicbt. Aus dcn Ton des Artikels soll nicht näher eingegangen werden. Die Menge der daselbst gebrauchten Schmädworlc läßt auf einen reichen Schatz an diesen BertheidigungSwaffen schließen; Jedermann giebt sich wie er ist, meist »och von seiner vorthcilhaftesten Seite, und Mangel an gesellschaftlichen UmgangSformcn ist ein Erziehungsfehler, dcn nur ablegen kann, wer nicht allein gelegentlich Zutritt zur guten Gesell schaft hat, sondern in ihr lebt und in sich die Voraussetzungen birgt, um ihr Wesen sich anzucignen. Gegen einige sach liche Behauptungen des journalistischen EngroS-Licseranten, wie man ihn wohl im Gegensatz zu den „Zeilenschrcibern", mit welcher Bezeichnung er seine Gegner treffen will, nennen kann, müssen wir uns aber wenden. Daß man den Herausgeber der „Zukunft" als „Söldling Rußlands" und als „biSmarckischcs Reptil" hingestellt habe — zwei einander recht widersprechende Eigenschaften —, ist neu; wir sind nirgends diesen Äcußerungen begegnet. Ta wäre eö doch richtiger, sich in der Verteidigung auf thatsächlich gemachte Angriffe zu beschränken und nicht noch der eigenen Phantasie entspringende Borwürfe auf sich selbst zn häufen. ES sei hier eingeschaltet, daß Herr Harden, welcher kürzlich »och sagte: „Mein persönlicher Standpnnck zn der Frage der deutsch-russischen Beziehungen ist genau der, dcn auch der frühere Reichskanzler vertritt. In der „Zukunft" aber ist nicht mein persönlicher Standpunkt maßgebend", sich nachträglich als Berfasser dr« Artikel«: „PobedonoSzew" zu erkennen giebt und damit einen Einblick in die literarische Werkstatt, wo die russische Wahrbeit fabricirt wird, bietet. Erbringt er nun auch nur den Schein eine« Beweise- für seine Verleumdung der deutschen Presse? Nein, er ver sucht daö nicht einmal. Giebt er, wozu ihn daS „Deutsche Wochenblatt" aufforderte, die russischen StaatSgesctze und die Satzungen der griechischen Kirche^an, welche, wie er be- haupteie, dem Oberprocurcnr dcS Synods verbieten, sich mit den Angelegenheiten der hcterodoxen Bekenntnisse zu beschäf tigen? Nein. Hat er, der cs unternahm, ein Lebensbild Pobe- donoSzcw'S zu schreiben n»d Deutschland zu beweisen, daß seine Zeitungsschreiber einen sich nur im Kreise strengster Pflichterfüllung bewegende» hvbenStaatsbeamten als „schwarzen Man»" auSgestvpft bältcn, »m auf denselben „wacker zu schießen" — bat er, fragen wir, die an den Kaiser von Ruß land gerichteten Berichte Pobedonoszew's über die .Fremden Eoiifcssionen", oder dessen Schreiben an die Schweizer Prediger gelesen? Nein, und abermals nein! Und doch maßt er sich ein Unheil über dieses wirklich „schwarzen Mannes" Thun und Treiben an. Woher bat er seine Kenntniß geschöpft? Außer „gelegentlichen Aeußerungen deS Fürsten Bismarck" bat Herr Harden, wie er selbst angiebt, zu seinem Artikel die Werke von Mackenzie-Wallace, Leroy-Bcaulieu^ Cyon und Voguö benutzt, „ernstliche und gründliche Studien über die politischen und socialen Zustände deS Zaren reiches" gemacht, „von denen der deutsche DurchschnittS- journalist selbstverständlich keine Ahnung hat." Jeden falls verrälh sein Artikel diese „ernsten Studien" nicht, auch bieten die bezeichnet» Werke weder für die in ihm ent haltenen unwahren Behauptungen, noch auch für daS Thema: „PobedonoSzew" die genügenden AnhaltSpuncte. Und wie steht eS mit den gelegentlichen Aeußerungen de» früheren Reichskanzlers? Sie lasten sich nicht controliren, aber man darf doch die entschiedenste Verwahrung dagegen einlegen, daß auch nur eine einzige aus jenem Munde stammen könnte, die für die in der „Zukunft" enthalten gewesene Charakteristik de- modernen russischen Torquemada verwertbar gewesen wäre, denn Fürst Bismarck ist ohne Zweifel viel zn gut über dessen Handlungen und Bestrebungen unterrichtet, lim ihn nicht für einen zwar übelbeleummidetcn, keineswegs aber v e rleumdeten Widersacher aller nicht griechisch-orthodoxen Unterthanen des Zaren anzusehen. ES ist daS ein zum Princip erhobener Mißbrauch de-Namen» unsere» gewaltigen früheren Reichskanzlers, wenn HcrrHardett tei jeder Gelegenheit die selbstgefertigte Legitimationskarte hervorzleht, auf welcher zu lesen steht: „Vertreter der politischen Ideen de» früheren Reichs kanzlers". Wer sich in seinem Auftreten sicher und zu dem selben berufen fühlt, bedarf solcher Deckung nicht, wer aber, ohne danach gefragt worden ru sein, gleich in die Tasche fährt, um seinen Legitimationsschein hervorzulangen, macht sich verdächtig. Ter PobedonoSzew - Artikel ist übrigen» nur ein, wenn auch sehr greifbare- Symptom für dir in der „Zukunft" vertretenen Tendenzen. Doch sie vertritt ja, wir Herr Harden versichert, sonst nicht». Sein Standvunct ist für die „Zukunft" nicht maßgebend, sie ist allen Anschauungen geöffnet, vom „KreuzzcitungSmann bi» zum Nihilisten" kann sich Jedermann dort tummeln. DaS ist ja daS Eigenartige dieses politisch-literarischen Unternehmens, daß eS eine Av- lagerungSstätte für Alles bilden soll; dann bedarf eS aber zur Herausgabe dieser Wochenschrift durchaus nicht eines Talentes, welche-, wie die „Nowoje Wremja", Herrn Suworin'S Blatt, von Herrn Harden so schön sagt, Heine'sche Geistesschärfe mit der glänzenden Schreibweise eines Schiller und Goethe vereinigt. Eine internationale politisch - litera rische AuSgußstelle könnte billiger Weise auch von einem „gebildeten Hausknechte" versehen werden. Daß der gegenwärtige Vorsteher derselben, der so eifrig Rußland studirke, wie er versichert, keinen Rüsten „von auch nur sub alternstem Einfluß" kennt, kann man nur bedauern. Wenn er doch die Beziehungen zu der ihm befreundeten Correspon- dentin der „Now Wr." benutzt hätte, um mit dem Propst der russischen Botschaft in Berlin, welcher soeben für dieses Blatt über den Alt-Katholici«i»us geschrieben hat, bekannt zu werden! Herr Maltzcw hätte ihn doch über den Oberprocureur deS SynodS unterrichten können! Auch Herr Suworin selbst, sein Mitarbeiter und zugleich Herausgeber jcneS deutschfeindlichsten Hetzblattes, ist ihm gänzlich fremd, er kennt ihn nur als den besten Feuilletonisten und erfolgreichen Dramatiker. Herr Suworin führt allerdings eine gewandte seuilletonistlsche Feder, daß er aber als Dramatiker eine Bedeutung besäße, ist uns, die ja nur zu den deutschen DurchschiiittSjournaliste» zählen, neu. In welcher europäischen, Herrn Harden zugäng lichen Sprache mögen Suworin'S Werke erschienen sein, daß er sie kennen zn lernen vermochte? Denn er ist, nach eigenem Geständniß, nicht im Stande, russisch zu lesen. Noch erübrigt, aus einen Aufsatz der „Zukunft" ein- rugchcn, der in noch viel höherem Maße die an die Adresse ihres Herausgebers gerichteten Borwürfe ver dient. Das ist der in Nr. 3 enthaltene „König PhaLthon", der bisher gar nicht gehörig gewürdigt worden ist. Um das zu thun, sei eine kleine Erzählung gestattet: In irgend einem Reiche erwartete die Bevölkerung die Heimkehr dcö LandcSfürsre». Der Eisenbabnzug, der ihn der Residenz Zufuhren sollte, hatte sich verspätet und ungeduldig harrte die Menge. Da ries aus der Mitte derselben heraus ein Mann: Wird denn der alte (eS folgte ein kräftige« Schimpfwort) nickt endlich eintreffen? Sogleich stürzte man über ihn her. Du hast die Majestät beleidigt, dcn Herrscher einen — genannt! Bewahre, lautete seine Antwort, Ihr seid eS, die sich dieses Frevels schuldig machten, ich meinte meinen Bruder, dcn ick mit jenen, Zuge erwartete. Viel leicht stellt Herrn Harden auck ein Verwandler zur Verfügung, dem er „König Phaöthon'S" Purpurmantcl umhängen kann. Diese Form der Allegorie, dies Art. zwischen dcn Zeilen lesen zu lasten, wobei man sich einen Nuckzug deckt, LaS ist eine ganz specifische Kunst, moralische SchwZelsäure unter da» Volk z» gießen »nd daS berabzusctzcn, was ihm lieb und theurr ist. „König Pdatsthon" ist durchaus den Tendenzen russischer und französischer Blätter entsprechend, da« deutsche monarchisch« Gefühl beleidigt diese« Machwerk auf da- Empfindlichste. Ein deutscher Mann ist r» nicht, der diese- zu schreiben ver mochte. Hier haucht un» rin fremder Seist entgegen, jener frivole Geist, der keine Hcimath kennt und mit diabolischem Pergnügen von seiner Befähmung zum Zersetzen, zum frivolen, juristisch schwer faßbaren Verflachen heiliger Anschauungen, tief gefühlter Empfindungen des Volkes Gebtauch Macht, um sich den Nimbus der Ueberlegenheit zu verschaffen. Diesen Geist zn bekämpfen, halten wir für nnstre heiligste Aufgabe, besonders in der gegenwärtigen schweren hblitischen Zeit. Wir wollen uns sammeln und Testen bie Thür weisen, die eS wagen, in welcher Form eS auch sei, zur Freude der unser Vaterland uni- lauerndtn Feinde, da« herabzusetzen und zu begeifern, was de» Mittelpunü unseres politischen und nationalen Leben« bildet. Zum Schluß noch eine Bemerkung. Wenn Herr Harden sich darüber betlagt, daß er, der muthig seine Person prcisgebe, mit hinter der Anonymität verborgene» Gegnern kämpfen müsse, so ist daS nicht» als ein Fcchterknnstgriff. Für daS, was ein Blatt bringt, pflegt, fall« sie sich nia>t ausdrücklich da egen verwahrt, dessen verantwortliche Redaction in erster inie einzutretcn. Die neuen Grundsätze, welche Herr Harden für seine „Zukunft" aufstelll, sind für andere Blätter nicht maßgebend. Die Zeit wird lehren, ob ihm auch nach dem „König Phatztho»" alle die Thüren offen stehen werden, durch welche er vor besten Erscheinen einzudrmgen wußte. Wir hoffen, nicht. 0. Deutsche- Reich. lDLI Verltn, 17. November. So viel auch bisher von dem beim BundeSrath cingebrachten bayerischen Antrag aus Beschränkung de« HausirhandelS bekannt ge worden ist, die leitenden GesichtSpuncte, von welchen die bayerische Regierung auSgegangcn ist, sind bislang einer Er örterung nicht unterzogen worden. Zunächst enthalt der An- trag die Bestimmung, daß Handelsreisende, die auf Grund de» s. 44 der Gewerbeordnung ihr Gewerbe ohne Wandergewerveschein auSübcii, Bestellungen auf Maaren nur bei solchen Gewerbetreibenden sollen suchen dürfen, in deren Gewerbebetrieb Maaren der angebotenen Art Ver wendung finden. Ferner soll auch Derjenige, der an seinem Wobnort oder am Sitze seiner gewerblichen Niederlassung im Umherziehe» von Hau« zu Hau» oder an öffentlichen Orten haustrt, al» Hausirer betrachtet und an die Er werbung eine» WanderaewerbescheineS gebunden sein. Endlich soll der Gewervebetrieb im Umherziryen allgemein nur so weit gestattet werden, al» ein Bedürfniß für diesen Gewerbebetrieb im Bezirke der die Erlaubniß rrtheilenden Behörde vorhanden ist. Es sind die» im Wesent lichen jene Forderungen, welche vielfach in den LandeS- vertrrtungen, Gewerbevereinen, in sonstigen Versammlungen und in der Presse zum Schutze de« seßbaflcn Gewerbes gestellt wurden. Bei den lebhaften und allgemeinen Klagen über die Zunahme de» HausirhandelS wird das Vorgehen der bayerischen Regierung in weiten Kreisen mit großer Befriedigung aus genommen werden. Es ist zu hoffen, daß BundeSrath und RrichStag baldigst die gewünschte Abhilfe der derzeitigen Miß stände durch Annahme des bayerischen Antrages herbeifübren werden. 8.6. Berlin, 17. November. Die wahrhaft ungeheuer liche» und in ihrer Totalität wohl nur den wenigsten Juristen bekannten Verschiedenheiten, welche leider noch immer in Preußen auf dem Gebiete de« Erbrecht« herrschen, er fuhren dieser Tage anläßlich eine- concrrten Falle« wieder einmal eine drastische Illustration. E« bandelte sich nämlich um die Frage, ob ein in Ostpreußen geborenes unebcliches Kind seine in Frankfurt a. O. gestorbene Großmutter auf Grund de« VerwandtschaslSverhältniffeS beerben könne. Das Kammergericht hat diese Frage an- dem Grunde ver neint, weil hier da» in Ostpreußen — der Geburtsstätte des Kinde« — für Erbrechte giltige Allgemeine Landrecht heran gezogen werden muffe, wonach daS Kind nicht in die Familie, seiner unverehelichten (in diesem Falle längst verstorbenen) Mutter eingelreten sei. — Hierzu mag nun bemerkt werden, daß da» betreffende Kind, wenn es rn der Mark Branden burg und nicht zufällig in Ostpreußen das Licht der Welt erbnckt hätte, nach märkischem Recht erbberechtigt gewesen und zu einem ganz hübschen Vermögen gekommen wäre. Derartige Fälle sind leider alltäglich. Um alle die provinziellen und noch in der Provinz vielfach gesonderten, sowie die unzähligen localen Erbrechte gründlich kennen zu lernen, würde eine nestorianische Lebensdauer erforderlich sein. Wir wollen hier nur auf einige Sonderrechte Hinweisen. — In Pommern herrscht da« lübische, in Westfalen ein pro vinzielle» Erbrecht; in Rheinland gilt der Coke Napoleon, in Ost- und Westpreußen das Allgemeine Landrccht In der Mark Brandeuvurg gilt das Kurmärkiscke Provinzialrecht, wobei aber in der Altmark und einigen anderen Theilen mannigfache Besonderheiten Vorkommen. So gilt in der Niedrrlausttz, obwohl sie zur Mark geschlagen ist, nicht da« Kurmarkische, sondern da« Niederlausitzer Provinzial recht, wahrend in der zu Schlesien gehörigen Ober- lausitz die Oberlausiyer Provinzialordnnng, im übrigen Schlesien aber wieder rin besonderes Provinzialrecht maßgebend ist. Auch Schleswig-Holstein hat ein solche», während für Hannover und Hessen-Nassau da« Gemeine Recht Geltung hat. Dabei zweigen sich aber überall noch locale Sonderrechte ab. Co gilt z. B. jfür CottbuS und Peitz die „Cottbuser Willkür", für Zttllichau die „Züllichauer Willkür" rc. di- in- Unendliche. DaS Resultat solcher Zu stände sind unendliche Proceffe und Vorkommnisse, die dem gesunden Menschenverstände schier unbegreiflich erscheinen. — Man hat für da« Bestehen dieser „Gesetze und Rechte", welche sich wie eine ewige Krankheit forterben, angeführt, daß man den Leuten ihre liebgewordencn Rechte habe lassen wollen. Aber nur die Wenigsten kennen diese „Rechte", welche, theklweise au« uralter Zeit verrührend, jetzt in der verkehrs reichen Zeit zu den sonderbarsten Inkonsequenzen führen und oft die heiligsten Interessen der Familie verletzen. E» ist wahrlich dir höchste Zeit, daß da» neue bürgerliche Gesetzbuch hi» Wandel schafft-
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