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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921124014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892112401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892112401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-24
- Monat1892-11
- Jahr1892
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A-otmeme«tSpreiA k der Hanvt«ip«ditton oder de» tm Stadt» beztrt und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlichst4.Ü0, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Lmus ./i 3.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich -/t 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandjendung in- AuSIaud: uionatlich 8.— T ie Morgen.«u»gabe erscheint täglich»/,? Nhr. die Abend-Ausgabe Wochentag- 5 Uhr. Nedaclion und Erpeditiou: Johannesgasse 8. Die Ehvedttion ist Wochenrag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis AbeaLS 7 Uhr. Filialen: Dtt« »lemm'a Sortim. (Alfred Hahn)» UaiversitätSÜrahe 1, Louis Lösche» ttlllhariueustr. 14» pari, und König-Platz 2. Morgen-Ausgabe. EM.TWMalt Anzeiger. Organ für Politik, LocalgesWte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. JnsertionSprei- Die 6 gespaltene Petitzeile SO Psg. Reklame» »ater dem Redaction-strich (4g«i spalten) LO>^, vor den Familieauachrichte» (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis« verjeichniß. 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Wir bringen hiermit zur öffentlichen Kenntnib, daß wir die Herren: 1) Kischrrolicruicistcr Carl Wilhelm Müller, 2) Aifihcrmctstcr Adolf Vase ^r. angewiesen haben die Flüsse, Flutbrinncu und Teiche hiesigen Stadt- bezicks mit Einschluß der einverleiblen Vororte, soweit diese Ge- Wasser al» (Sisbahncn benutzt werden, jedoch mit Ausschluß der öffentlichen Eisbahnen am Schleußiger Wege und vor dem Frank furter Thore, während des gegenwärtige» Winters sorgfältig zu überwache». Es ist daher den Anordnungen derselben, sowohl seitens der In haber der Eisbahnen, als auch seitens der die Eisbahnen Besuchen- den unbedingt Folge zu leiste». Insbesondere ist das Betreten des EiscS und das Schlittschuh laufen, bevor solches aus der fraglichen Eisbahn von de» Oben genannten für unbedenklich erklärt worden, verboten. Es haben auch die Inhaber der Eisbahnen ans bezügliche Anordnung und namentlich bei eingetretencm Thouwettcr den Zutritt zu ihren Bahnen ferner nicht zu gestatten. Befinden sich aus Eisbahnen, welche be- fahren werde» können, ei-sreie oder nicht genügend sichere Stellen, so sind dieselben in gehöriger Weise abzuspcrren. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden mit Geld strafe bi- zu 60 >l oder mit tzast bis zu 14 Tagen geahndet werden. Leipzig, am LI. November 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. IL. 20595. I>r. Gcorgi. Stahl. Lekanntmachung. Die Leuchtkraft des städtischen Leuchtgase- betrug tu der Zeit vom 14. bis 20. November 1892 im Arganbbrenner bei 150 Litern stündlichem Konsum das 18,6 sachr der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Das specifische Gewicht stellt sich tm Mittel auf 0,438. Leipzig, am 21. November 1892. Des Raths Leputattvn zu de»» Gasanstalten. Mrchenoorsteher-rvahl in dem Kirchspiel St. Thomae. Nach Ablauf ihrer Amtsdauer scheiden aus dem Kirchenvorstondr der Thoinasgemeinde demnächst aus: Hosbaumeister Brückwald, Bankdireclor vr. Aiediger, Kaufmann und Stadtralh Mruner, Lehrer Maligner, Professor vr. Sohm» Uhrmacher Welse und Kaufmann Zweiniger. - . Es sind demnach sieben Kirchenvarsteher auf 6 Jahr« durch die Thoma-gemeind« zu wählen. Die Antscheidruden sind wieder wählbar. Die Wahl ist von »ns auf Donnerstag, den 24. November d. I.. angesetzt und wird in der Sakristei der Thomaökirchc von Vor mittags 10 Uhr bis Nachmittags 4 Ubr (ohne Unterbrechung in Leu Mittagsstunden) stattfinden. Dabet ist Folgendes zu beachten: 1) Stimmberechtigt sind Diejenigen, welche aus Grund recht zeitiger Anmeldung in die Wählerliste ausgenommen sind. 2) Die Wahl hat zu erfolgen durch persönlich zu bewirkende Abgabe eines Stimmzettels; jeder Wähler kann sein Wahl- recht nur in eigener Person nusüben. 3) Jeder Wähler hat sieben Aemctndegltcdcr, welche dem Pfarrsprengel der Thomaskirche an gehören und mindesiens 30 Jahre alt sind, »ach Taus» und Familiennamen, Stand und Berns genau zu bezeichnen. Wir fordern hiermit die stiminberechtigten Gemelndeglieder auf, Donnerstag, dr» 44. November, innerhalb der obengenannte» Stunden ihr kirchliches Wahlrecht au-zuüüen und ihr Augenmerk auf Männer von gutem Rufe, bewährtem christlichen Sinn, kirch licher Einsicht und Erfahrung (Kirchenvorstands - Ordnung 8. 8) zu richten. Leipzig, den 12. November 1892. . Der Wahl-AnSschnh - sür die Kirchenborstandswahl der Thomasktrchgemetnoe. v. Pank. Ingenieur-Gesuch. Tie Stelle de» Stadt-Ingenieur» ist vom 1. April 1893 hier anderweit aus 2 Jahre unter Vorbehalt halbjährlicher Kündigung zu besetze». Ansangsgehalt 3000 Besonderer Werth wird darauf gelegt, daß Bewerber im Tiefbau und im Wasserfache tüchtige Kenntnisse und praktische Erfahrungen haben, außerdem ist Kenntniß tm Garsache erwünscht. Bewerbungen sind bi« SO. November 1892 hier «In,„reichen. Jena, am 22. November 1892. Der Semelndevorstand. Bürgermeister Singer. Ein -Franzose über die Ursache des Krieges von 187VI71. R. Die französischen Blätter fahren fort, in Anknüpfung an den bekannten Artikel der „Hamburger Nachrichten" triumpbirend zu verkündigen: „nun sei erwiesen, daß nicht Frankreich, sondern Deutschland dir Schuld an dem Kriege von 1870/7l trage"! Dem gegenüber dürfte eS anaezeigt sein, an die Darstellung der wahren Sachlage aus der Feder eines angesehenen fran zösischen Schriftstellers zu erinnern, der Augen zeuge aller der Vorgänge war, welche der fran zösischen Kriegserklärung vom 19. Juli 1870 vor ausgingen und zu dieser führten. Es ist das Sorel in seiner „Ilistoirv äiplomuiigue cle I» guerre srunoo-aUe- manlis" („Diplomatische Geschichte des französisch, deutschen Krieg-"). Der einfache Verlauf der Begebenheiten, oie sich damals in Paris zutrugen, wie Corel ,hn erzählt, beweist unwider leglich Zweierlei: 1) daß eS der vielberufenen „Einser Depesche" nicht be> durfte, um das französische Ministerium zu dem Entschlüsse und die Kammern z» dem Beschlüsse, den Krieg an Preußen zu erklären, zu veranlassen: 2) daß nicht die „Emser Depesche", sondern ganz andere Momente den Ausschlag gegeben haben, man daher nicht sagen kann, diese Depesche sei schuld an dem Kriege von 1870/71. Hören wir SorellS Erzählung! Am 14. Jul, früh erhielt der französische Minister de« Auswärtigen, Herzog von Gramont, von dem französischen Geschäft-träger in Berlin Mittheiluug über di« am Abend vorher in der „Nordd. Allg. Zeitung" erschienene („Emser") Depesche. Seit 9 Uhr des Morgens war der französische Miinsterrath versammelt; Gramont sagte (wie er selbst in der Schrift ,.!.a biauco et I» Vnwso", >»ag. 206, zugestanden bat) mit Bezug auf jene Depesche: „Diese Nachricht erhöht zwar die Verwicklung, aber ändert nichts an den fried lichen Dispositionen der Regierung". Der Minislerrath ging gegen Mittag auseinander, ohne etwas beschlossen zu haben. Am Nachmittag trat er wieder zusammen. „Unterdessen", sagt Sorel, „war die Situation verändert; die Er- regung-in Paris war groß". Nicht die diploma tische Situation war verändert, sondern nur die Lage deS Ministeriums, insofern und weil dieses, „unschlüssig und schwach", wie eS nach Corcl's Ansicht war, sich unter dem Drucke der von der Kriegspartei immer stärker aufgeregten öffentlichen Meinung befand. Jetzt brachte der KriegSministcr Leboeuf (der gleich Gramont jenem Drucke am meisten nachgab) seine College», die andern Minister, zu dem Entschlüsse, die Reserven ein zu berufe». Kaum aber war Leboeuf fortgcgangen, um die Aus führung dieses Beschlusses tinzuleiten, da „wurden die anderen Minister wieder unsicher". Einer nach dem andern sprach sich für den Frieden aus, nachdem die Candidatur Hobenzollern zurückgezogen sei. Der Gedanke ward angeregt: „ein europäischer Congreß solle das übernebmen, was Gramont dem König von Preußen batte zumuthen wollen, dir Bürgschaft gegen eine Wiederkehr der Candidatur Hohenzollern. Für jetzt sei die Zu stimmung des Königs zum Rücktritt de- Prinzen eine genügende Losung." (!) Um 6 Uhr erhielt Leboeuf vom Kaiser ein Billet, „worin dieser seine Bedenken gegen dir Einberufung der Reserven äußerte". Inzwischen aber — wir lassen wiederum Sorel sprechen drängte und drängte die Kriegspartei; das Volk aus der Straße ries: „Nach Berlin, nach Berlin!", die Kaiserin bearbeitete ihren Gemahl im kriegerischen Sinne! Am Abend erbielt Gramont durch die Vertreter Frank reichs in München und in Bern Kunde von der Mittheilung der „Emser Depesche" an die dortigen preußischen Gesandten. Gramont sagt darüber in seiner Schrift (S. 228): Europa erfuhr, daß dem französischen Gesandten der Zutritt zum König verweigert worden sei, die Veröffentlichung einer Beleidigung macht deren Ausgleichung schwierig, Frankreich mußte nun Krieg anfangen." Hier beginnt daS falsche Spiel Gramont'S, welches er dann in der Kammer fortsetztc. Fürs Erste war die Depesche nicht den großen „europäischen" Mächten, sondern nur veu preußischen Gesandten bei den deutschen und „einigen befreundeten" Regierungen mitgetbeilt worden, offenbar zu dem Zwecke, um nöthigenfallS darüber Rede stehen zu können, waS König Wilhelm gegenüber den unerhörten französischen Zumutbungen gelhan habe. Zweitens war nicht jetzt erst eine „Veröffentlichung" >eneS Vorganges erfolgt, denn eine solche lag weit gewisser in dem Abdruck der „Emser Depesche" in allen Zeitu ngen, als in ihrer ve rtr aul ich en Mittheilung an die Gesandten. Von jener Veröffentlichung aber batte Gramont selbst noch am Morgen gesagt: „Sie ändert nichts an den friedlichen Dispositionen der Regierung!" Drittens hatte die französische Regierung selbst die Thatsache, daß dem französischen Gesandten der Zutritt zum König verweigert worden sei, keineswegs für eine „Belei digung" angesehen. Denn, hätte sie dies, so hätte sie dafür sofort eine Genugtbuung oder dock Erklärung fordern müssen. Weder aber batte dies vrr Botschafter, Gras Bene deit,, auf eigne Hand gethan (im Gegentheil batte er noch nach jener Abweisung (!) den König durch den Adju tanten bitten lassen, „er möge ibm »erstatten, sich von ibm vor der Abreise des Königs nach Coblenz zu verabschieden", waS denn auch in der freundlichsten Form von beiden Seiten geschehen war), noch war er dazu durch Gramont angewiesen worden! Genug, eine einfache Zusammenstellung notorischer Thatsachen, wie sie theilS Sorel, tbeilS Gramont selbst an die Hand giebt, zeigt unwidersprechlick, daß weder der Abdruck der „Emser Depesche" in den Zeitungen, »och deren Mittheilung an die preußischen Gesandten »ach der bis dahin beobachteten Haltung der französischen Regierung einen be rechtigten Grund abgeben konnte zu einer Kriegserklärung. Da- scheint denn auch die Uebcrzeugung der französischen Minister — mit Ausnahme Gramont'S und Lebocuf'S — gewesen zu sein. Denn als am Abend um lv Uhr der Ministerrath zum dritten Mal zusammcutrat, „war dessen Stimmung eine überwiegend feindliche". „Noch gegen lO Uhr" — so berichtet Sorel — „schien eS sicher, daß die Mobilisirung unterbleiben würde". „Da brachte man", fährt er fort (und bezieht sich dabei aus die Aussage Lebocuf'S vor der parlamentarischen Untersuchung« commission), „dem Herzog von Gramont eine Depesche, auf deren Grund nun die Mobilisirung beschlossen ward." „WaS war daS für eine Depesche?" fragt Sorel. Wäre die „Emser" Depesche die entscheidende Ur sache zur Kriegserklärung Frankreich« gewesen, so müßte sie irgendwie identisch sein mit dieser spätabendlickcn Depesche, welche nach der Aussage Leboeuf'S erst deu Entschluß zur Mobilisirung gezeitigt hat. Denn bis dahin, und selbst noch am späten Abend — „bis gegen ll Uhr" —, war die Mobilisirung nickt beschlossen, war sie sogar, wie Sorel sagt, unwahrscheinlich. Derselbe Sorel nun hält es für völlig unglaublich, daß jene Depesche die Emser Depesche gewesen sei. Denn sagt er, die Depesche selbst war schon seit dem Morgen, ihre Mittheilung an die Ge sandten seit dem Abend bekannt, auch konnte letztere allein, wenn nicht die Depesche selbst eS that, unmöglich „einen Kriegsfall bilden". Gramont bat indirect selbst bezeugt, daß jene Depesche, welche die Mobilisirung veranlaßte, mit der „Emser Depesche" nicht- zu thun hatte. Einmal bat er in eben jenem Ministerrathe eine andere Depesche vorgelesen, wonach Preußen bereits gerüstet haben sollte (WaS falsch war); sodann hat er bei seiner Vernehmung und in seinem Buche eine Geschickte erzählt von einem Gespräche BiSmarck S mit den, englischen Botschafter (welches aber schon am 13. Juli stattgcfundcn batte), worin Bismarck angcblich die Absicht geäußert haben sollte, wegen der beleidigende» Zuiiiuthuilgeii an den König entweder deren Zurücknahme oder eine Ehrenerklärung von der französischen Regierung fordern zu wollen. Ob das eine oder andere dieser „neuen Momente" einen wirklichen Grund zum Kriege abgab, gehl unö »ichtS au; jedenfalls aber beweist daS Vorbringen derselbe», daß man die sogen. „Emser Depesche" entweder über haupt für ungeeignet, ober doch keinesfalls sür ausreichend hielt, um damit den Entschluß zum Kriege vor den Kammern zu motiviren. Eben die» zeigt das Verhalten der Minister Gramvnt und Olivier (des Ministerpräsidenten) vor der Deputirtcnkammcr. Gramont sprach vo» der Verweigerung einer Audienz ganz im Allgemeinen, nicht, wie die Sache doch lag, einer bloßen nochmaligen Audienz niit Bezug auf eine bereits wiederholt verhandelte Angelegenheit. Olivier betonte zwar das „noch malige", stellte aber daS Verlangen Bencbetti's so dar, als bade dieser nur eine Forderung vortragen wollen, „deren Gerechtigkeit unanfechtbar war." DaS allerstärkste Zeilgiliß gegen sich selbst haben übrigens dir kriegslustigen Minister Gramont, Lebouef, Olivier ab gelegt, ka sie — trotz widcrholten Verlangens der den Kriegsfall nicht anerkennenden Minderheit der Kammer — die Vorlegung der Depeschen, welche ihrer Be hauptung nach die Kriegserklärung nothwendig machten, hartnäckig verweigerten! Wären jene Depeschen — also auch die „Emser" — der Oeffcnllichkeit über geben, wären sie von der Kammer geprüft worden, so Würde aller Welt klar geworden sein, daß nicht jene Depeschen, sondern ganz andere Gründe, vor Allem die Furcht der Minister vor der aufgeregten, zum Theil durch sie selbst erst aufgeregten öffentlichen Meinung sie zum Kriege gedrängt haben. Aber, sagen die französischen Blätter, die „Hamb. Nach richten" erklären doch jetzt: „wenn Graf BiSmarck damals durch die Veröffentlichung der Depesche darauf hingewirkt Hab«, die Franzosen bis zur völligen Urbernabme der In itiative und der Schuld am Kriege zu reizen, so habe er sich um Deutschland wohlverdient gemacht." Die „Hamb. Nach richten" stellen eS also doch wenigsten- al» möglich bin, daß Graf BiSmarck diese Absicht gehabt habe! Die Sache liegt, scheint unS, so und so allein verstehen wir auch den Artikel des Hamburger BlatteS: Die französische Regierung batte in der spanischen Sache Zumuthungen über Zumuthungen, eine unverschämter, als die andere, an den König gestellt. Sie wollte offenbar entweder den König zur Kriegserklärung reizen (wie dieser selbst zu Benedctti sagte) — dann wäre, wie sie hoffte, Preußen als Störer deS europäischen Friedens in den Augen Europas im Unrecht gewesen — oder, wenn der König sich Alles gefallen ließe, Preußen, als vor den Drohungen Frankreichs zurück gewichen, drmüthigen. DaS mußte verhütet werden, und so that Bismarck etwas dem AebnlicheS, was man im studen tischen Leben „sich i» Avantage setzen" nennt. Indem er die ebenso feste, als würdige Zurückweisung, welche der König den französischen Zumuthungen hatte angedeihen lassen, öffentlich constatirte, zwang er die französische Regierung, entweder selbst da- zu thun, wozu sie Preußen batte nöthigen wollen, nämlich: den Krieg zu erklären und damit als Friedensstörer vor Europa dazüstehcn, ober aber sich vor Preußen zu demllthigen, indem sie jene Abweisung ihrer Forderungen ruhig hinnahm. DaS und nicht« Andere- hat BiSmarck gethan, und dafür muß Deutschland ihm ewig dankbar sein. Die wahre „Initiative" zum und die wahre „Schuld" am Kriege von 1870 ist und bleibt bei Frank reich; die „Emser Depesche" bat lediglich die von sranzösischer Seite versuchte Jntrigne, diese Schuld dem friedliebenden König Wilhelm zuzuschieben, mit einem kühnen Streiche durchhauen. Die Emser Depesche. * Der vorstehende Aufsatz, der den unanfechtbaren Nach weis führt, daß die am 13. Juli 1870 von dem damaligen Grasen BiSmarck durch die Presse veröffentlichte und den preußischen Gesandten bei den deutschen und einigen befreun deten Regierungen mitgetbeilte Depesche den Krieg nicht ver- anlaßt, sondern höchsten« dir französische Regierung gezwungen haben kann, entweder vor Preußen sich zu demüthigen oder offen al« Friedensstörer bervorzulreten, war bereits gesetzt und umbrochen, als aus Berlin folgende Depesche eintraf: Das soeben vom Reichskanzler Grasen v. Caprivi im Reichstage verlesene Telegramm des GeheimrathS Abelen au» Em« vom IS. Juli 1870, Nachmittag« 3 Uhr 50 Minuten, an da- Auswärtige Amt lautet: Se. Majestät schreibt mir: „Benedetti fing Mich auf der Promenade ab, um auf eine zuletzt sehr zudringliche Art von Mir zu verlangen, Ich sollte ihn autorisiren, sofortzu telegraphiren, daß Ich sür alle Zukunft Mich verpflichtete, niemals wieder Meine Zustimmung zu geben, wenn di« Hohenzollern auf die Candidatur zurückkamen. Ich wie-ihn, zuletzt etwa- ernst, zurück, da man ä tont jamai» dergleichen Engagements nicht nehmen dürfe, noch könne. Natürlich, sagte Ich ihm, daß Ich noch nicht- erhalten habe und daß, da er über Pari« und Madrid früher benachrichtigt sei als Ich, er eS wohl rinsähr." Auf dir obige Zumuthung und auf de« Grafen Eulen burg und meinen Vortrag wurde beschlossen, Benedetti nicht mehr zu empfangen, sondern ihm nur durch einen Adjutanten sagen zu lassen, daß Se. Majestät jetzt von dem Fürsten die Bestätigung der Nachricht erhalten habe, die Benedetti au-Paris schon gehabt, und dem Botschafter nicht- weiter zu sagen habe. Se. Majestät stellt Ew. Exccllenz anheim, ob nicht diese neue Forderung Benedetti's und ihre Zurückweisung sogleich, sowohl unfern Gesandten als in der Presse mitgetheilt werden sollte. Diese Meldung bildet eine bocherwünschte Ergänzung zu dem oben stehenden Aufsätze, denn sie erbringt den Beweis, daß Bismarck vollständig im Sinne und im Aufträge seines Monarchen handelte, als er die echte Emser Depesche rcdi- girte, veröffentlichte und versende». Bekanntlich lautet die rcdigirte Depesche folgendermaßen: Nachdem die Nachricht von der Entsagung deS Prinzen von Hohenzollern der franzö sischen Negierung amtlich mitgetheilt worden, stellte der Botschafter an den König die For derung, ihn zu ermächtigen, daß er nach Paris tclegraphirc: der König verpflichte sich für alle Zukunft, niemals wieder zuzu- stimmen, wenn die Hohenzollern aus diese Candidatur zurückkämen. Der König lehnte jedoch ab, den französischen Botschafter nochmals zu empfangen, und ließ demselben durch den Adjutanten vom Dienst sagen: „Se. Majestät bade dem Botschafter nicht« weiter mitzutheilen." Nur Milderungen hat also BiSmarck an der Emser Depesche vorgeuomnicii, nur das in diesem Actciistücke als „Abfangen" und „Zudringlichkeit" bc-cichnete Auftreten Bencbetti's mit den schoiieiidsten Worten bezeichnet, uni auch den Schein zu vermeidcn, als sollten in Deutschland die Leiden schaften entstammt werde». Nur die nackten Thatsachen hat er in der Veröffentlichung sprechen lassen, die ihm sein König an heimgestellt Halle. Die Mittheilung der echten Emser Depesche durch deu Reichskanzler Grafen Caprivi macht dabcr einer ganzen Fluth von Lügen und Entstellungen ein Ende, einer Fluth, die in den letzten Tagen nocy durch eine „Enthüllung" der „Neuen Freien Presse" über ein angeb liches Geständniß BiSmarck'S betreffs der von ihm vor an,»mmenen radicalen Aenderung der Emser Depesche zum Jubel der socialdemokratischcn und ordinair demokratischen Presse vermehrt worden ist. Graf Caprivi wäscht durch seine Mittheilung vor aller Welt nicht nur seinen Vorgänger von dem Vorwurfe der Fälschung, sondern auch den bochselige» Kaiser Wilhelm I. von dem Vorwurfe der Mitschuld oder der Unentschiedenheit und Schwäche rein. Obgleich Gras Caprivi zweifellos durch das Echo, welches jene Lügen und Entstellungen in Frankreich geweckt hatten, gi seiner Mittheilung sich gezwungen gesehen hat, um eine Militairvorlage von einem Verdachte z» reinigen, so bat er sich trotzdem durch diesen Griff in die Acten des Auswärtigen Amtes ein Verdienst erworvcn und sich weit erhaben gezeigt über die Besorgniß seines LciborgancS, es sei noch nicht die rechte Zeit zur Enthüllung der Wahr heit. Indem er ihr vir Ehre gab, obgleich sie zur Ehren rettung für BiSmarck wurde, hat er sich den Dank aller Freunde des Vaterlandes verdient. Wir statten ihm den unsrigen um so lieber ab, je entschiedener wir unsre Stimme erhoben haben, um ihm gerade diese Pflicht an« Herz zu legen und den von ihm betretenen Weg ihm zu zeigen. Deutsches Reich. »s. Berlin, 23. November. Die „Drei B", so über- schreibt die „Köln. Ztg." einen Aufsatz über die geplante Mehrbesteuerung von Bier, Branntwein und Börse. Die parlamentarische Benamsung der Reichssteuer vorlage wäre damit gefunden. Der Einsal! des rheinischen Blattes erinnert übrigens an ein Stoßgebet, welches anfangs der sechziger Jahre in ultramontan-particularistischra Kreisen München- gehört wurde und lautete: A. ckuodi» O Dt uao 1 I-idsra oc>«, Oomine I Die beiden v waren die bei Hofe gut angeschrirbenen, aber den Urbajuwaren in der Seele verhaßten Herren von DönnigeS und Dingelstedt, da« „harte" T bezeichnet« den wegen seine- evangelischen Bekenntnisses und seiner freien Geistesrichtung auf der gleichen Höhe der Beliebtheit stehenden, vom schleSwig-holsteinischen Krieg her be rühmten und im Feldzug von 1870 noch berühmter ge worbenen General v. d. Tann. Brauern, Brennern und Börsenleuten sei der Münchener Seufzer mit der Ab änderung in „a tribu8 L" besten- zur Benutzung empfohlen. Die Tabakinteressentcn, die ihn vielleicht schon vor unserer menschenfreundlichen Recommandation gekannt und ailgewendet haben, sind „ab uuo T" ja einstweilen ver schont geblieben, worüber, nebenbei bemerkt, die „Kölnische Zeitung" höchst ungehalten ist. Die deutschsrrisinnig« Presse, soweit sie sich kritisch zu dem Entwürfe äußert, verwahrt sich vorerst nur gegen da« L, welches da« Haupt der Börscnsteuer bildet. E« ist übrigen- zu dieser Steuer wie auch zu den beiden andern zu bemerken, daß die Berechnung der mutbmaßlichen Erträgnisse nach dem osficiö« verlaulbarte» Text der Vorlage sich ander« stellt, als nach der unvollständigen Bekanntmachung im „Reichs-Anzeiger". Die Verdoppelung der Börsensteuer trifft nicht alle im sogenannten Börsensicuergeseye berangezogenen Geschäfte und wird nach der Schätzung der Regierung nur 13 Millionen Mark mehr ergeben. Ob auch nur diese Summe in den nächsten Jahren hereingebracht werden wird, ist sehr fraglich, da ver Ertrag der Steuer in den ersten sieben Monaten des lausenden EtatSjahreS um N/, Millionen Mark hinter dem gleichen Zeitraum des — selbst schon be deutend weniger als du- Jahr >889 90 einbringenden — Vorjahres zurückgeblieben ist. Andererseits wird der Ertrag auS der Aenderung deS Branntweinsteuergesetze- von der Regierung auf l2'/i Millionen Mark statt auf lü Millionen Mark geschätzt. Wa« die Biersteuer anlangt, so sollen die großen Brauereien mit mehr al« der doppelten Steuer getroffen werden. Trotz der recht bedeutenden, aber löblichen Schonung der kleineren Brauereien wird der Mehr« ertrag der Erhöhung al- ein sehr erheblicher angesetzt (mit
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