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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921125016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892112501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892112501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-25
- Monat1892-11
- Jahr1892
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Juni 1881, besonders auch in dessen 8. 12 enthaltenen Bestimmungen werden ans alle Personen erstreckt, die sich zu gewerblichen Zwecken eines Bierdruckapparates be- dienen, also insbesondere auf die Flaschenbierhändler. K. S deS Regulativ» vom 24. Juni 1881 wird aufgehoben und durch nachstehende Bestimmung ersetzt: Zwischen Luftpumpe und Windkessel ist ein sog. selbstreiniaender Oelsänger nach einem der vom Rathe der Stadt Leipzig ge nehmigten Systeme anzubringen. m. Im 8- 8 de- Regulativ vom 24. Juni 1881 ist hinter dem ersten Absätze folgende Bestimmung als zweiter Absatz beizusügen: In gleicher Weise sind die Apparate dann zu reinigen, wenn sie für längere Zeit autzer Betrieb gesetzt werden. Keinesfalls dürfen di« Leitungen während dieser Zeit unge reinigt stehen bleiben. IV. Die in der Bekanntmachung vom 2. März 1887 geforderte Anzeige von der Inbetriebnahme oder der Betriebsänderung bei pneumatischen Bierdruckapparaten ist mindeste«» 48 Stunden vor dem Zeitpunkt«, wo der Apparat in Benutzung genommen werden soll, an uns zu erstatten. Die Inbetriebsetzung darf sowohl bei neuen, wie auch bei den an einen andere« Ort umgesetzten gebrauchten Apparaten nicht eher erfolgen, als bis durch unseren Revisor die regulativ- mäßige Ausstellung deS Apparat- festgestell» worden ist. Die bisher nicht im Betriebe von Gast, und Schankwirthen, jedoch zu gewerblichen benutzten Bierdruckapparate sind erstmalig binnen 14 Tagen vom Erlasse dieser Bekanntmachung au bet uns anzumelden. V. Zuwiderhandlungen gegen di« vorstehend unter II., HI. und IV. getroffenen Bestimmungen haben die im 8 12 de» Regulativs vom 24. Juni 1881 gedrohten Strafen und Nachtheile zur Folg«. VI. Zur Ausführung von Punkt II. wird angeordnet. 1) Bon selbstreinigenden Oelsängern haben wir zur Zeit den vom Fabrikanten Robert Lange in Leipzig-Reudnitz und den vom Gastwirth Friedrich Jabtn Hierselbst hergestellten Apparat genehmigt. Modelle davou liegen bei uns, Naschmarkt 1, 2 Treppeu, während der gewöhnlichen Dienststunden aus. 2) Di« Anbringung der selbstreiuigenden Oelsänger hat an den nach Erlaß dieser Bekanntmachung neu ausgestellten Bierdruck apparaten sofort, an allen übrigen, schon jetzt in Gebrauch befind lichen Apporten bis zum 3 t. Oktober 18V3 zu erfolgen. Doch behalten wir un» vor, im einzelnen Falle sofortige Anbringung dann zu fordern, wenn di« jetzt emgesührtea Oelsänger bei der Re vision schmutzig befundeu werden. Leipzig, den 17. November 1892. vrrr Der Rath her Stadt Leipzig. 6908. vr. Georg«. vr. Roche. ivekanntmachung. Wir bringen hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß wir die Herren: 1) Kischerobermeiftrr Earl Wilhelm Müller. 2) Ftschrrmetfter Adolf Böse sr. angewiesen haben, die Flüsse, Fluthrinnen und Teich« hiesigen Stadt- bezirk- mit Einschluß der «inverleibteu Vororte, soweit dies« Ge- Wässer als Eisbahnen benutzt werden, jedoch mit Ausschluß der öffentlichen Eisbahnen am Schleußiger Wege und vor dem Frank- surter Thore, während de» gegenwärtigen Winter» sorgfältig zu überwachen. ES ist daher den Anordnungen derselben, sowohl seiteu» der In haber der Eisbahnen, als auch seiteu- der di« Eisbahnen Besuchen- den unbedingt Folge zu leisten. Insbesondere ist das Betreten de» Eise- und das Schlittschuh lausen, bevor solches auf der fraglichen Eisbahn von den Oben genannten für unbedenklich erklärt worden, verboten. Es haben auch die Inhaber der Eisbahnen auf bezüglich« Anordnung und namentlich bei eingetretenem Thauwetter den Zutritt zu ihren Bahnen ferner nicht zu gestatten. Befinden sich aus Eisbahnen, welche be fahren werde» können, eisfreie oder nicht genügend sichere Stelle», so sind dieselben in gehöriger Weise abzujperren. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden mit Geld strafe bi» zu 80 oder mit Hast bi» zu 14 Tagen geahndet werden. Leipzig, am 21. November 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 20595.Vr. Georgt. Stahl. Wegen Reinigung der Räume deS Leihhauses und der Spar- caffe werden diese am Freitag, den 3. December 18SS, für den Geschäftsverkehr geschlossen sein. Leipzig, den 24. November 1892. De» Raths Deputation für Leihhaus und Tparcasse. Steckbrief. Der Buchdrucker Peter Breuer aus Türen, bisher Redakteur der in Wurzen erscheinenden Wurzener Zeitung, hat sich der Be» büßung einer durch Unheil der II. Strafkammer de» Königlichen Landgerichts zu Leipzig vom 8. Oktober >892 ihm wegen Maiestät^ beleidtgung rechtskräftig zuerkannten Gesängnißstrafe von vier Monaten durch die Flucht entzogen. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das nächste GerichtSgefilngniß abzuliesrrn, hiervon aber sofort Nachricht anher zu geben. Leipzig, den 24. November 1892. Künigltche Staatsanwaltschaft. Häntzschel. Hlß. Die Einbringung der Militairvorlage im Reichstage. * Für die grobe Ungeschicklichkeit, mit der die Militair und dieEivil-Officiösen für die Militairvorla ge Slimnmng zu machen versuchten »nd Mißstimmung machten, kann man, wie sich jetzt hrrauSstellt, den RcichSkanzlerGrafen Eaprivi nur insofern verantwortlich machen, als er dir Herren bat gewähren lassen, ohne sie energisch auf die Finger zu klopfen. Er selbst versteht di« Sache geschickter anzufaffen. Es war ein taktisches Meisterstück, daß er, bevor er gestern in den Reichstag ging, um die Borlage zu befürworten, vom Kaiser die Eriaubniß sich erbat, die vielbesprochene „Einser Depesche" vom 18. Juli 1870 zur Kcnntiiiß des Parlamcnt« zu bringen und dadurch l) Besseres an dem Fürsten Bismarck zu tbun, als dessen Leiboraan, die „Hamb. Nach».", durch eine sehr ungeschickte Auslassung über die Manipulation deS Fürsten mit dieser Depesche an dem Alt-Reichskanzler getban; 2) einer unbequemen Interpellation wegen dieses Actenstückes oder vielmehr wegen ihrer Richlveröfsenllichung vorzubeugen; 3) die dankbaren Freunde des Fürsten sich zu verpflichten und endlich 4) mit dem Verdachte, daß sein Vorgänger unter Zustimmung deS hochscligcn Kaisers Wilhclm I. den deutsch französischen Krieg durch eine Fälschung entzündet, auch den etwaigen Verdacht zurückzuweisen, daß die neue Militairvorlage die Vorbereitung zu einem Angriffskriege bedeute. Wie gesagt, das war ein taktisches Meisterstück, das zwar die Erinnerung an die Veröffentlichung der bekannten „VerfemungSdepescken" nicht anslöscht, aber dem diplomatischen Geschick des jetzigen Kanzlers ein rühmliches Zeugniß ausstellt, das wir ihm um so weniger vorenthalten mögen, je mebr Antheil wir an der Herbeiführung der von dem Herrn Grasen ergriffenen Gelegen heit zur Erprobung dieses Geschickes haben. Es war der Ehcf- redactenr des „Leipz. Tgdl.", der den Vorstand des nationallibe ralen Vereins für das Königreich Sachsen vcrantaßte, die Emser Depeschen - Angelegenheit, die von der Socialdemokratie zu einer unerhörten Verleumdung des Altreichskanzlers nicht nur, sondern der ganzen deutschen Politik und zur niederträchtigsten Aufhetzung deS „unschuldig überfallenen" Frankreichs aus- gcbeutet wurde, wiederum öffentlich zur Besprechung zu bringen und Herrn Ilr. Hans Blum um einen Bortrag über dieses Thema zu ersuchen. Dieser Vortrag schlug Wellen weit über die Grenzen Deutschlands hinaus und fand, was ja bei der Natur eines großen ThcilcS der Presse vorauSzuseben War, neben vernünftigen Eommen- taren auch eine ganze Reihe der bösartigsten und dümmsten. Vielfach wurde er vermengt mit der schon erwähnten ungeschickten Auslassung der „Hamb. Nachr." und wurde dadurch erst recht Veranlassung zu einer Tragikomödie, in der dieselben Franzosen, die Napoleon III. wegen seiner Schuld an dem deutsch - französischen Kriege vom Throne ge stürzt und geächtet hatten, im Schafspelz die Rolle der vom Wolfe angegriffenen Unschuldslämmer spielten und den Ge noffen des Herrn Liebknecht DanteSküffe für die schmachvolle Besudelung deS Andenkens Kaiser Wilhelm'- I. zuwarseu. Ein hiesiges conscrvaliveS Blatt verlor bei diesem Schauspiel das Köpfchen so, daß eS mit wüthendem Gekläff Herrn Or. Blum nach den Waden fuhr, weil er daS verfängliche Thema der Emser Depesche „nicht zum Bortbeile deS Reiches" abaehandell habe! Wir wollen die unendliche Blödigkeit dieser politischen Leistung nicht weiter darlegen; sie ist gerichtet durch den Reichskanzler, den wir unsererseits auf das Ein dringlichste auf die Pflicht aufmerksam machten, nunmehr mit der schon zu lange verzögerten Veröffentlichung der echten Emser Depesche vorzugehen, endlich seinen Vorgänger, Moltke, Roon und vor Allen daS Andenken an den erhabenen Großvater unseres Kaisers von einem künstlich genährten Verdachte und die ganze deutsche Politik von einem Vorwürfe zu befreien, der gerade beim Eintritt de- Reichstags in die Debatte über die Militairvorlage nicht mehr auf ihr lasten dürfe. Und da diese unsere Mahnungen bei befreundeten Parlamentariern die Absicht hervorriefen, nöthigenfallS durch Interpellationen volles Lickt in die so schnöder Weise ver dunkelte Emser Depcschen-Affaire zu bringen, so kam für den Herrn Reichskanzler zu der günstigen Gelegenheit, sein diplomatisches Licht leuchten zu laste», noch ein sanfter Zwang.. Wir haben wohl einigen Grund, mit diesem Erfolge zu frieden zu sein, und sehen nicht ein, warum wir von einem solchen nicht reden sollen. Unsre Freunde und Leser haben einen Anspruch darauf, daß wir ihnen Rechenschaft von unserem Bestreben und seinen Erfolgen ablegen und ihnen beweisen, daß wir weder principiclle Feinde des jetzigen Reichskanzlers, noch geschäftSmäßigeZüchter von Beunruhigung^ bacillen sind, was Graf Eaprivi von jedem Blatte glaubt, das nicht mit ihm von Gesetzentwürfen zu Gesetzentwürfen springt und nicht seine jeweiligen Aussprüche über die rechte Kirchen- und Schul-, Welfen- und Polen-Politik, Sicherheit und Unsicherheit der politischen Lage, Bewährung und Nicht- bewährung, Zulänglichkeit und Unzulänglichkeit mililairischer Einrichtungen als unfehlbare Dogmen ansieht, die wir überhaupt nicht kennen. Wir züchten viel lieber Be- rnhigungS- als BeunruhigungSbacillen, suchen lieber Klarheit zu schaffen als Unklarheit. Aber eben des halb haben wir cS für nöthig gehalten, mit unseren schwachen Kräften dahin zn wirken, daß aus der mit schweren Wolken erfüllten politischen Luft schleunigst ein Ansatz zu nationaler und internationalcr Gcwiltcr- bildung entfernt, daß dem Drachen der vaterland-losen, ja reichSverrälherischen Berlcumdung der deutschen Politik der Kops zertreten, die »lit dem Kaiser Wilhclm I. und seinem Kanzler auch unfern jetzigen Kaiser und seinen ersten Nathgebrr verdächtigende Lüge von der Fälschung der Emser Depesche entlarvt und — rund heran- — endlich auch den berufenen Wächtern der deutschen Ehre und Sicherheit, denen bisher durch die Geheimhaltung der Emser Depesche die Hände gebunden waren, die Möglichkeit gegeben wurde, jenen fanatisch - verblendeten Hetzern, die biSber unge straft den Schöpfer der deutschen Einheit im Grabe beschimpfen, seinen treuesten Mitarbeiter, unsren Fürsten Bismarck, ans die unerhörteste Weise schniähen und verleumden und jenem Feinde, der schon wiererholt unsren Frieden störte und das Blut unsrer besten Söhne vergoß, ungestraft zn- rusen durfte: „Du bist da- schuldlose Opfer deutscher Fälschung und Eroberungssucht und hast ein geheiligtes Recht auf Revanche!" — da» elende und verbrecherische Handwerk zu legen. Nachdem Graf Caprivi die echte Emser Depesche spät, aber doch noch nicht zu spät kundgegeben, besten wir zu versichtlich, daß auch überall die richtige Eonsequenz ans dieser Veröffentlichung gezogen und nnnachsichtlick gegen die durch ihren Fanatismus gewissenlos gewordene Rotte — jeder Fanatismus mackt gewissenlos — vornegangen werde, die es in Zukunft noch wagt, ihrer utopischen Ziele willen, die Ehre der größten Deutschen in den Staub zu ziehen, die Vaterlandsliebe mit Lug und Trug au« den Herzen deutscher Männer zu reißen und den Erbfeind auf unsere so oft von ihn, verwüsteten Gaue zu Hetzen. — ^ ^ , Im weiteren Verlaufe seiner Rede hat Graf Eaprivi so großes dipIomalischeS Geschick leider nicht bewiesen, wie rm ersten Tbeile. Freilich hatte er hier ein »och größeres «stuck Arbeit zu bewältigen: er hatte sich selbst und seine viel besprochene, von uns erst unlängst im Auszuge wieder- gegcbene Rede vom 27. November vorigen Jahres zu desavouiren. Damals wußte er nicht« von der Noth- wendiqkeit, unS schleunigst noch mehr zu rüsten, und äußerte sich abfällig gegen die Rüstungsart, die er jetzt vorschlagt und vcrtheidigt. Die damals mit dem größten Nachdruck vorge- tragcne Auffassung von der allgemeinen politischen Lage und von deni Werlhc unserer jetzigen mititairischcn Organisation steht wie ein gewappneter Mann zwischen dem Reichstage und der Militairvorlage. Und diesen gewappneten Mann, den Grafen Eaprivi vom vorigen Jahre, hat Graf Eaprivi von gestern nicht zu überwältigen vermocht. Allerdings wies er auf die Möglichkeit hin, daß in Rußland die kriegerischen Elemente schließlich daS Uebergewicht erhalten und im Vereine mit Frank reich uns einen Krieg mit zwei Fronten aufzwingen könnten. Aber diese Möglichkeit hat auch im vorigen Jahre bestanden, und Graf Eaprivi hat nichts gesagt, was auf ein Näber rücken dieser Möglichkeit deuten könnte. Wird cS ihm ge linge», in der Commission durch vertrauliche Mittheilungen Das zu ersetzen, woran er cS gestern fehlen ließ, und jenen gewappnete» Mann zu überwältigen, der in seinen eigene» Zügen vor ihm austaucht und den Reichstag ab- madnt? Seine gestrige Rede giebt auf diese Frage noch keine Antwort. Und das ist sicher, daß in der Debatte die Redner aller Parteien ihn mit seinen eigenen Worten zu schlagen suchen werden, und die Aufgabe, sich selbst be kämpfen und widerlegen zu sollen, erfordert noch größere Geschicklichkeit als die Aufgabe, schmählich, aber ungerecht Ver- leumdete rcinzuwaschen. Daß da« Letztere gestern geschehen ist, ist immerbin ein unschätzbarer Gewinn. Die Luft ist reiner, und deshalb leben wir beute mit größerem Vertrauen als noch gestern früh der Zukunft und der weiteren Entwickelung des) parla mentarischen Kampfes entgegen, iu dem Graf Caprivi gestern daS erst« Wort gesprochen hat. Deutsches Reich. 8. Greiz, 24. November. Der königlich preußische Gesandte Graf Dönhoff überreichte dem Fürsten von Rcuß ältere Linie die Insignien de« Schwarzen Adler-Ordens. Der Fürst von Rcuß ältere Linie verlieh dem Gesandten daS Ehrenkreuz I. Classe. Bei der Galatafel brachte der Fürst ein Hoch auf den Kaiser anS. — Der Fürst hat sich nach Berlin begeben, um dem Kaiser für die Verleihung des höchsten preußischen Orden- seinen Dank auSzusprechcn. EI Berlin, 24. November. Der letzte HochverrathS- proceß wird nächstens daS erwartete Nachspiel erhalten. Der Buchbinder Bickel, der seiner Zeit sich mit in Untersuchungs haft befunden, und die in der Strafanstalt zu Halle sitzenden Hochvcrräther Artelt und Radau sind jetzt wegen Theil- nahme an einer geheimen Berbindung angeklagt. 27 Zeugen sollen geladen werden. — Die anarchistische „Arbeiterzeitung", die am 1l. November, dem Tage der Einrichtung der Chicago» Anarchisten, hier erschien, aber sofort confiScirt wurde, konnte nicht fortgesetzt werden, da eS einerseits an Mitteln fehlte, andererseits die Unternebmer verhaftet wurden. DaS Amtsgericht 1 bat jetzt die Beschlagnahme deS Blattes bestätigt und die Untersuchung einaeleitct. Beim Herausgeber, Vergolder Lanmert, soll eine Liste mit Adressen »nd bei dem Anarchistenfiihrer Herrmann sollen balbverkoblte Schriftstücke im Ofen aufgefuiidtn worden sein. Bis jetzt sind in Berlin und außerhalb 18 Personen in Untersuchungshaft ge nommen worden. — Bon socialbemokratischer Seite ist die Auf nahme einer Ar bei tSlofen-Statistik in ganz Deutschland geplant. Eine solche Statistik aufzilncbmcn. ist bereit« fest be schlossen in Berlin, BrcSlau, Köln a. Rh., Dresden, Fürth und Mannheim. In Hamburg erfolgte die statistische Ausnahme bereits Mitte October, doch ist das Material noch nicht be arbeitet. Dort wurde die Statistik zu dem bestimmten Zweck ausgenommen, den hamburgische» Staat zur Inangriffnahme von Staatsarbeiten zu veranlassen. Die General-Eom- mission der Gewerkschaften Deutschlands hat nun zu der Frage der Arbeitslosen-Statistik Stellung genommen. Ihre Meinung geht dahin, wenn die Statistik einen Werth und Erfolg haben solle, dauu genüge keineswegs eine ein malige Aufnahme, dieselbe müsse vielmehr in bestimmten Perioden wiederholt werden. Ehe jedoch in ganz Deutschland statistische Ausnahmen vorgenoinmen würden, solle man die Ergebnisse in den oben genannten Städten abwartcn. Die Gencral-Eominission nimmt an, daß die Kosten pro Tausend Einwohner sich auf 4 ^ stellen wurden, und giebt folgende Directive: Es sollen an einem bestimmten lLagc Frage- karten in den Häusern vcrtbeilt werden, mit folgendem Inhalt: l) Wohnung'? 2) Vor- und Zuname'? 3) Alter? 4) Ledig oder vcrheirathct? 5) Art der letzten Be schäftigung? 6) Seit wann arbeitslos? 7) Bei wein zuletzt in Arbeit gewesen? 8) Ist die Arbeitslosigkeit durch Krankheit verursacht? 9) Trägt die Frau im Allgemeinen durch ihren Erwerb z»»> Unterhalt der Familie bei? lO) Hat sie hierzu Gelegenheit? l l) Name der Kinder unter 11 Jahren? Alter? Art der Beschäftigung? Jetzt beschäftigt? 12) Andere zu unterstützende Personen (Eltern, Verwandte)? — Bei den Kindern soll besonders festgestellt werden, oo sie schon im Aller von 7 bis 14 Jahren zum Unterhalt der Familie durch ZcitungS- und BrodauStraaeii »nd dergleichen beitragen müsse». Die Genrral-Ecmmisston schlägt die Bildung eine- EentralcomitvS vor, das die Stadt in eine entsprechende Anzahl Bezirke einzutheilen habe, wobei die für die Reichstag-' oder Stadtverordneten-Wablen ge gebene Abgrenzung der Bezirke benutzt werden könnte. Für jeden Bezirk sei ein Vertrauensmann zu ernennen, welcher die Anzahl der Wohnungen und die Zahl der Arbeiterfamilien in seinem Bezirk scstzustellcn habe, damit da» EentralcomitS wisse, welche Anzahl von Flugblättern und Karten e« auS- zugeben und wieviel Zähler eS zu stellen habe. Tie Aus gabe der Karten müsse an einem Taae und die Abholung der selben innerhalb einer Woche erfolgen. Als geeignetste Aufnahine- zeit empfiehlt die General-Commission diejenige »ach erfolgter Aufnahme der Inventur, die dritte Woche im Januar. Die aus- gesülltcn Karten seien dann an den Vertrauensmann des Bezirks und von diesem an das Centralcomitä abruliescrn, daS die Karten zunächst nach Berufen ordne. Sodann habe die technische Bearveitung des Materials zu erfolgen. Hierzu bemerkt die Generat-Eommission wörtlich Folgendes: „Eine Bearbeitung des Material- in den einzelnen Gewerkschaften hat sich in Hamburg als durchaus unzweckmäßig erwiesen. Trotz der Einheitlichkeit de» Schemas für die Zusaminenstellung halten doch die meisten Gewerkjchasten die Zusammenstellung nach ihrer Auffassung gemacht. Dies erfordert entweder eine vollständig« Umarbeitung seitens des EenIralcoinitsS. erschwert dir Zusammen- siellung des GesaiiiintbildeS oder beeinträchtigt dieses. Ferner wird inan in daS Ceiitraleoniits auch die »nt der Sache am besten ver trauten Genossen wählen, die bald bei der Verarbeitung des Stoffel die nötbige Fähigkeit erlangen und so die Fertigstellung beschleunige« werden." Eine zuverlässige Arbeit-losen-Statistik dürste sich kaum Herstellen lassen, am allerwenigsten aber werden da- die socialdcmokratischen Arbeiter, die sich so gern als Staat im Staate constituiren möchten, fertig bringen, das haben schon ihre bisherigen mehr als mangelhaften GewerkschastSstatistiken bewiesen. Berlin, 24. November. (Telegramm.) Der „RcichS- anzeiger" schreibt: Der Kaiser hat eine gute Nacht gehabt und befindet sich auf dem Wege der Besserung. — In einem Leitartikel, der die Opportunität der Erhöhung der Bicrstcuer darzuthun versucht, erklärt heute die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" unter Anderm: Sollte, wie der dem Bundesrathe vorliegende Antrag in Aussicht nimmt, aus dem Wege einer Verdoppelung der Braustcuer versucht werden, einen wesentlichen Theil der Kosten der HeercS- verstärkung aus die Bierstcucr abzuwälzen, so würde dies voraussichtlich zur Folge haben, daß der Gewinn am Aus schank von Bier sich herabmindern, der Auöschankbetricb überhaupt ein concentrirterer werden und sich mehr dem süddeutschen nähern würde. Hierin eine Schädigung be rechtigter Berufs- und wirklicher ErwerbSintercsscn erkennen zu wollen, möchte schwer angehen. Eher möchte sich das Hcrabgehen der Zahl und ein verminderter Wettkampf in der Herstellung luxuriöser BicrauSschankstellen al» der Anfang eine- GesundungSprocesseS darstellen. V. Berlin, 24. November. (Telegramm.) In der beu- tigen Sitzung de» BundeSratbs wurden die Gesetzentwürfe der Abänderung der Brausteuer, der Branntweinsteuer und deS ReichSstempelabgaben-GesetzeS, ferner der Gesetzentwurf über die Begründung der Revision in bürgerlichen RechtS- streitigkeiten, sowie der Handelsvertrag mit Egypten den zu ständigen Ausschüssen zur Vorberathung überwiesen. — Die kaiserliche Familie wird Anfang December ihren Wohnsitz vom Neuen Palais wieder nach dem Berliner Schlöffe verlegen. — Nach den Ansätzen, welche im NeichShauölialtSetat für 1893/94 enthalten sind, wird beabsichtigt, im nächsten Jabr an UebungS Mannschaften im preußische» u. s. w. Militair- Eontingent 0850 Unterofficiere und 7000 Gemeine aus 50 Tage, 9086 Gemeine auf 49 Tage, 300 Unterofficiere »nd 1580 Ge meine auf 42 Tage, 70 Unterofficiere und l590 Gemeine aus 28 Tage, 200 Unterofficiere und 1315 Gemeine aus 20 Tage, 442 Unter ofsicierr und 3360 Gemeine auf l6 Tage, 14 502 Unterossiciere und 126 875 Gemeine auf 14 Tage, sowie 200 Gemeint auf 12 Tage einzuziehen. Von den Ersatzreservisten werden danach 12 500 Mann auf 10 Wochen, 10 500 Mann auf 6 Wochen und 9500 Mann auf 4 Wochen zu Uebungen eingestellt werden. — Der Termin sür den Zusammentritt de« Allgemeinen con- servativeu Parteitages ist auf Len 8. December festgesetzt. Die Versammlung wird im großen Saale der Tivoli-Brauerei slatl- finden und Vormittags 11 Uhr ihren Ansang nehmen. * Königsberg iPr., 24. November. Die LandtagS- Ersatzwabl sür den Wahlkreis OrtelSdurg ist auf den 15. December anberaumt. * Ltolp, 22. November. In der Generalversammlung de» Dauernbundes vom Sonnabend wurde der Bauern hofsbesitzer Schulz-Horst an Stelle des bisherigen Abgeordneten Majors v. Below-Saleskc als Candidat sür die Wahl eines Landtagsabgeordneten aufgestellt. * BrcSlau, 23. November. Graf Herbert Bismarck ist, dem „Oberschl. Nnz." zufolge, zum Besuch beim Grasen Henckel- DonnerSmarck auf Schloß Neudeck, Kreis Tarnowitz, etngetroffen. -8- Halle a. T., 24. November. Im Restaurant zum „küble» Brunnen" fand gestern Nachmittag eine Versamm lung der Arbeitslosen statt, in welcher Restaurateur Hof- mcistcr über die gegenwärtige traurige Lage der Arbeits losen sprach. Die Ursachen der Krise lägen in unserm beutigen Wirthschastssystem, statt einer Abnabme derselben sei eine Verschärfung zu erwarten. Die Aussichten sür den jetzt schon seinen Einzug hallenden Winter seien höchst trauriger Art und eS könnte nicht Wunder nehmen, wenn mancher ckr- liche Arbeiter, um für die Seinen Brod zu schaffen, auf den Weg des Verbrechens geführt werde. Im Anschluß an de» Bortrag wurde der tz. 715 der Eivilproceßordnung zur Verlesung gebracht, welcher die unpfändbaren Gegenstände bezeichnet. Ferner wurden Formulare zur Verkeilung ge bracht, welche als Gesuch um Steuererlaß beim Magistrat dienen sollen. In der folgenden DiScussion ging eS ziemlich lebhaft der; bedauert wurde, daß von nothwcndigcn städtischen Wegebauten noch nichts verlaute und daß aus denseloen in diesem Winter wohl nichts werden würde. tk. Rudolstadt, 23. November. Ter Landtag bat »ine Ge werbesteuervorlage angenommen, für welche das neue preußische Geietz, das eine gerechtere Vertheilung der Steuerlast berbeizusuhren bestimmt ist, als Muster genommen wurde. In der Verhandlung wird mltgetheW, daß die Zahl der fabrikmäßigen Anlagen sm Fllrstenthum seit >879 bi» >891 von 90 mit 3518 Arbeitern auf 146 mit 5958 Arbeitern gestiegen ist. 8. Zeulenroda. Bei der Wahl von 7 Gemeinderothsmltgliedern bat die socialdeinokrolische Partei »ine Niederlage erlitten; sämmtlich« Landidoten der konservativen Partei wurden gewählt. * Frankfurt aM., 23. November. Bei den beutigen Stadtvervrdnetenwahlen siegten die verbündeten Nationalliberalcn und Freisinnigen in drei Be- »WWW»»»
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