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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921130017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892113001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892113001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-30
- Monat1892-11
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A-o»«eme«tSprer- D» her Ha»ptrrp«dt11o« oder den k» Stadt bezirk und den Vororten errichteten Au«« gabestelle» abgeholt: viertel,s-rllch ^14.50, bei zweimaliger täglicher Zu stet lang in» Han« >l S SV. Lurch dt» Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich >l S.—. Direct» «ägliche lkreuzdandjendu», i»S Ausland: monatlich ^l v.^ DieMorgen-Aasgad« erscheint täglich V,7Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentag» ü Uhr. LeLaction un- Lrpt-itio«: Jshannrsgaffe 8. Morgen-Ausgabe. JusertiouSpreiA Die 6 gespaltene Petitzeile 80 Psg) Reklamen unter dem Redacttonsstrich (4 ge» spalten) SO^j, vor Len gamtliennachrtchte» <6 gespalten) 40 >4- Größere Schrtsten laut «nler« PrelS- derzeichntß. Tabellarischer und Ztsserusa» «ach höherem Tarts. Extra-Veikaaen (gefalzt), aur mit bei Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderunz SV.—, mit Postbrsörderung ^l 70.—^ Ännahmeschluß für Inserate: Dir Expedition ist Wochentag« unnnterbkoche« geösfuet »o« früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Vita Klemm's Sortim. «Alfrrd -ahni» Anzeiger. Marge »-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn» und Festtags früh V,9 Uhr. Lei de« Filialen und Annadmestelle» je «tas halbe Stund« früher. Inserat« sind stets an die Erpeditla» zu richten. L-niS Lösche, katharioeiflr. 14, pari, mll» K0»1-Splatz 7. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. Druck a«d Verlag von E. Pol» ia Leipzig. KU. Mittwoch» den 30. November 1892. 8K. Jahrgang W Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachiing. Die nächste RrujaßrSmrffc beginnt mit dem 8. Januar 1898 und endigt mit dem IS. Januar 1893. Eine sogenannte Vorwoche, d. h. eine Frist zum Ausvacken der Maaren und zur Eröffnung der Meßlocale vor Beginn der eigent lichen Messe, hat die NeujahrSmesse nicht. Jede frühere Eröffnung, sowie jedes längere Offenbalten der Meßlvcale in den Häusern, ebenso das derzeitige Anspncke» an den Ständen und in den Buden wird außer der sosorttgrn Schlirßnna jedesmal, selbst bet der ersten Zuwiderhandlung, mit einer Geldstrafe dt» zu 75 ^l oder entsprechender Haft geahndet werden. Leipzig, den 4. November 1892. Der Math hrr Stadt Leipzig. De. Grorgi.Morche. Lekanntinachung. Di« Metzßörse für die Leder-Industrie in nächster Neu- jahrsmessr wird Montag, den S. Januar 1893, Rachmittaa» von S—4 Uhr im Saal« der „Neuen Vörie" hier abgehaltea werden. Leipzig, de« 4. November 1892. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Morche. Bekanntmachung. Die Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 21. bis 27. November 1892 im Argandbrenner bet ISO Litern stündlichem Consnm das 18,7 fache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von SO Millimeter Flammenhöhe. Das specifisch« Gewicht stellt sich im Mittel aus 0,447. Leipzig, am 28. November 1892. Le» NathS Deputation z« den Gasonftalten. Außerordentliche Generalversammlung der OrtSkrankeneasse für Leipzig »ind Umgegend Freitag, de» 9. Lerember 1892, Abends 8 Uhr im blauen Saal« de» Krystall-PalasreS, Letpzt'» Wintergartenstraße 17/19. .Tagesordnung: i-.'atuten -Berathung. Theilnehmer an der Versammlung sind die Herren Vertreter der Mitglieder und der Arbeitgeber. Nur die jedem Mitglied» der Generalversammlung zugehende Eintrittskarte berechtigt zur Theilnahme an der Generalversammlung. Diejenigen «errcn Vertreter, weiche bis zum 7. Decembcr o. eine Eintrittskarte nicht erhalten haben, werden ersucht, diese tm Bureau zu reclamiren. Leipzig, am 29. November 1892. Ter Vorstand der Lrtskraukrnraffe für Leipzig und Umgegend. Albert Brockhau», . . Vorsitzender. G. Lekanntmachung. Nachdem dir Ergäuzungswahl am 82. November d. I. ordnungs mäßig stattgefnndeil hät, so wird hierdurch rur öffentlime» Kenntnis, gebracht, daß der Kirchenvorstand dör AndrcaSgcmeinde von heute ab aus folgenden Mitgliedern besteht: 1) Pfarrer Vr. pkil. AleriS Schumann, Vorsitzender, 2) Maschloensabrikanr Iah. Arldtnaud Fikenstcher, 3) LandgtrichtSdirector Walter Sic»sei, 4) LandgerichtSdirector Mar Halldaucr, 5) Baumeister Richard hosmonit, 6) Kaufmann Eduard Otto Ütttei. 7) Direttor Vruno Maximilian Sauer» 8) Ciseleur LoniL Scheele. 9) Schuldirectvr Nudoli Schmi-t, 10) Diakonus Heinrich Teichgrüder, 11) Bankier Alwin vieweger, 12) AmtSgerichts-Actuar Attron Ferd. Wolf, 13) Kaufmann Hermann Zschefzschtngck. Leipzig, de» 23. November 1892. Der Kirchenvorstand der Andreasgemeinde. Vr. pull. Schumann, v. Patriotismus und Parteiegoismus. L Die große Masse der Dcutschsreisinnigen im Reiche ist zweifellos mit unS der Ansicht, daß daS Einbringen einer Militairvorlage, wie die dem Reichstag zugegangcne, ein bc- klagenswertheS Ereigniß und ein schwerer Fehler ist, wenn nicht noch nachträglich dieses Einbringen als eine unabweis bare Nothwendigkcit nachgewiesen wird. Dort wie hier denkt man an die schweren Opfer, die dem Lande «„gesonnen werden» und an die ungünstigen Wirkungen, welche eine der artige Zumuthung auf die Empfindungen der Bevölkerung gegenüber dem Nationalstaat auSüben muß, kenn dieser Zu- niulbung nicht eine unanfechtbare Begründung folgt. Ganz ander» jedoch stehen der Berliner Führer der deutschsrei sinnigen Gesammtpartei und demgemäß die seinem Winke ge horsamen Unterofficiere im Lande zur Militairvorlage. Für sie ist auch diese- Unternehmen der Regierung nichts weiter als ei«e erwünschte Gelegenheit zu parteipolitischen Geschäften. Ganz natürlich, daß diesen Politikern Leute, die in einer brennenden Frage im Wesentlichen mit ihnen übereinslimmen, nicht als Mitstreiter, sondern im Lichte unbequemer Eon- currenlen erscheinen. Ist die Militairvorlage unpopulär, und sie ist eS in bohcm Grade, so liegt eß im Interesse des Partei führers, daß möglichst viele Parteien ihr zustimmen, denn nicht um die Abwendung der Lasten de» Gesetzes bandelt sich cS für ihn, sondern um da» RenommSe de» Deuischsreisinii« und der verbündrten Volkspartei, eS allein unter de» bürger lichen Parteien bekämpft zu haben. Einstweilen, da brr eigent liche Kamps noch nicht begonnen, wird im Berliner Auftrag versichert: wir werden dir Einzigen sein. Weiß man doch, daß der erste Eindruck sich nur schwer verwischen labt. Der Natur der Dinge nach sind eS in erster Reihe die National- liberalen, auf deren Kosten der Rubin des Deutschfreisinns gemehrt »erden soll — dem Eentrum nabe zu treten, gestaltet da» bekannte HoSvoVaren-Verhältniß nicht —, und da die Nationalliberalen unfreundlich genug sind, da» geeignete BrweiSmatenal nicht zu liefern, so wird »« von de» deutsch- freistani-e« Feder« — ersonnen. Der nationalliberale Verein i» Schmalkalden soll daS Vertrauen zu der Fraktion ausgesprochen haben, „daß dieselbe aegen oder eventuell für die Vorlage stimmen werde." Zwei Berliner deutschfreisinnigeOrganc,darunter selbstverständlich die „Freis.Ztg.", stellten hierauf dieNationalliberalen iiiiAllgemeinen und die ^ckmalkaldener insbesondere nackGebübr an den Pranger. Sie mußten sich zwar späterhin dahin berichtigen, daß der nationalliberale Verein in Schmalkalden gar nicbtS zur Militair-Vorlaze beschlossen und auch den angeführten Satz auS dem einfachen Grunde nicht „mit schweigender Zu stimmung" entgegengenommen hat, weit er gar nicht aus gesprochen wurde; aber genau, wie Herr Richter auch »ach der jüngsten Kanzlerredc den Franzosen die Existenz eines Widerspruch- zwischen der Einser KönigS-Depcscke und der Bismarck Depesche versickerte, genau so läßt er — da ihm persönlich der Handel dock zu unsauber ist — in Provinz blättern „darthun", daß der Vorsitzende des nationalliberalen Vereins in Schmalkalden in der That im Anschluß an einen Vortrag über die Militair-Vorlage den angeführte» Satz ausgesprochen habe. Es verlohnt sich natürlich nicht der Müde, ein zweites Mal zu berichtigen, waö dcutschfreisinnige Blätter an un wahren Thatsacken über politische Gegner Vorbringen. Ilm so weniger, als der deiilschfreisiittiige NeichStagsabaeordncte Hinze in einer Versammlung zu Golba den Cchmalkalvener Rednern vollständig gerecht geworden ist. Von Interesse aber, weil kennzeichnend für die deutschsrcisinnige Eigenart, ist die Kritik, die ein Gothaer Parteiblatt Richterscher Observanz an der Auslassung eines Schmalkaldener Redners über die Militairvorlage übt. Der Rativnalliberale soll »ach einem Bericht gesagt haben: „ES stehen der Militairvorlage die allerschwersten Bedenken ent- gegen und ist an eine Bewilligung ist nicht z» denken. Sollte aber von der Regierung tiipp und klar »achgewicsen werden, daß z. B. der Dreibund versage re., dann sei es nationale Pflicht, genau z» prüfen und alle diejenigen Vorsichtsmaßregeln gutzuheißen, die uns vor einem verlorene» Feldzug schützen könne»." Der Sinn der Worte des Redners ist im Wesentlichen richtig und nur insofern ungeschickt wiedergcgeben, als aus geführt war: Nur wen» von der Regierung klipp und klar u. s. w. nachgewicsen wird. DaS deiltschfreisinnige Gothaer Blatt findet, daß hier, wie auch in den Aus lassungen Maqnardsen'S in München, das „Hinterpförtchen für die unveränderte Annahme der Vorlage angclweil geöffnet sei und die Nationalliberalen nichts Anderes im Sinn haben, alS ein devotes Ja zu stammeln". Nur schade, daß der Schmalkaldner Redner, wie auch Vr. v. Maguardsen nicht« gesagt haben, was nicht von teutschfreisinnigcr Seite wiederholt anSgesprochen ist. Co z. B. schrieb baö „Berliner Tageblatt" vom 24. Oktober liujus mini, nachdem eS die Unannebmbarkcit der Vorlage — unter den be kannten politischen Verhältnissen — betont: „Freilich, wenn sich heute Graf Caprivi in die Lage verseht jähe, vor den Reichstag zu treten und zu sagen: „Meine Herren! Wir sind rings von Feinden bedrängt. Der Dreibund, aus den wir uns bisher verließen, ist nur ein Schemen, aus Italien und seine Mitwirkung in einem großen Ikriege ist nickt zu rechnen, Oesterreich-Ungarn hat sich als unverlaßiich erwiesen u. s. iv. — wenn es denkbar wäre, das Gras Eaprivi im Reichstage oder seinen Ausschüssen eine derartige Sprache sichren könnte, dann läge die vaterländische Pflicht vor, alle Krasie, die körperlichen wie die geldlichen, »nzuspornen, um daS deutsche Reich vor einer furcht baren Katastrophe zu schirmen." Hier also ist von dcutschfreisinniger Seite nicht nur daS Recht, sondern die Pflicht ausgesprochen, die Gründe der Negierung abzuwarte», bei dem nationalliberalen Schmal- lalder Redner aber (die dortige Versammlung wurde lange vor Eröffnung deS Reichstages abgehalten) findet das Gothaer Vlatt einen solchen Vorbehalt „komisch und charakteristisch" I Und während die deutschfreisinnige Erklärung, daß, falls mit dem Dreibund nicht mehr zu rechnen wäre, die Militairvorlage mit andern Augen ange sehen würde, ohne Erwiderung hingeuommcn worden ist, wird die gleiche, in der Form sogar weniger entschiedene Erklärung, von nationalliberaler Seile abgegeben, als volks- verräthcrisch gebrandmarkt. Dieselbe Verurtheilung vor dem linkösreisinnigen Richterstuble erfährt vr. von Maquardscn, weil er in München gewagt, da» Vertrauen zu den Ab geordneten zu erbitten, daß sie den richtigen Weg suchen und finden werden. Dasselbe Vertrauen fordert aber auch das freisinnige „Berliner Tageblatt", welches sogar so weit geht, sich eventuell mit Aufklärungen der Re gierung in den nichtöffentlichen EvinuiifsivnSsltzungen zu begnügen. lieber diesen crasscn Widerspruch ein Wert zu verlieren, wäre Zeitverschwendung. Es ist allerdings möglich, daß die Thüringer Leistung nicht nur bestellt worden ist, um die Nationalliberalen zu discreditiren, sondern um von Weitem her den Rechtesreifinnigen einen Vorgeschmack von dem zu geben, was ihrer wartet, falls sie zum Zweck der Herbei führung der zweijährigen Dienstzeit weiter, als Herrn Richter beliebt, zu gehen beabsichtigten. DaS „Gothaische Tageblatt" erörtert übrigens, was nebenher bemerkt sei, auch die Beziehungen de» Deutschsreisinnt zum NationallibcraliSmuS, mit dem, als einem „Eadaver", man sich trotz RUtliscenen nicht verbünden werde. Nun, zu solchen „Eadavern" sind die Nationalliberalen allerdings noch nicht gesunken, um sich von Herrn Richter und seinen Trabanten eine Prüfung ver bieten zu lasten, die selbst freisinnige Blätter sich Vorbehalten und die eine patriotische Pflicht jedes Deutschen ist. Glaubt Herr Richter die besten Geschäfte zu macken, wenn er dieser Pflicht sich cntscklägt, so möge er in die Arme der Social demokratie sich wersen und mit ibr ans den Stimmensang gehen. Die Nationalliberalen werden prüfen, auch wenn sie damit für sich keine Geschäfte machen. Deutsches Reich. 6. II. Verltn, 29. November. Die Sorialdemokraten entwickeln einen überaus regen Eifer für die G«werbe- grricht Swablen; dir Versammlungen jagen sich; mit Flug blättern, in denen die „Genossen" aus die Bedeutung dieser Wahlen aufmerksam gemacht werden, wurde gestern Berlin überschüttet Seltsamer Weise ist die Eintragung in die Wählerliste immer noch eine spärliche, aber da» will insofern nichts sagen, als erfabrungsmäßig die Massen erst in den letzten Tagen zu erscheinen pflegen. Die 210 Stimmen auS dem Stande der Arbeitnehmer sind den Socialdeinokratcn leider so gm wie gewiß; rühmend verdient eS ja anerkannt zu werde», daß die Hirsch-Duncker'schcii Gewerkvcrcine mehr wie je ans dem Posten sind; aber allein sind sie nicht im Stande, die Social- dcmokraten zu schlagen, und die anderen Arbeitergruppen scheinen für diese bochbcdeutsame Wahl absolut kein Interesse zu haben. Leiter läßt sich dasselbe von weiten Kreisen der Arbeitgeber sagen, so daß also die Möglichkeit sehr nahe gerückt ist, daß die Socialdcmokralcn auch Hier, wenigstens in cinzcluen Gruppe», als Sieger hervorgehen. Wir werden dann ein in der Majorität anö Soeialdcmvkratcn bestehendes Ge- werbegericht haben. Berlin hat ja in dieser Beziehung schon Vorgänger gehabt (Hamburg, Bremen», aber daS ist nur ein schwacher Trost. In den letzten Tagen sind nun zwar die liberalen Bczirksvcreine und die EoniitöS für die Eomnin.ialwahlbczirke ans dem Plane erschienen, um den Sorialdemokraten das Terrain, soweit davon die Arbeitgeber berührt werden, streitig zu macken; aber eö ist kein richtiger Zug ,n der Eolonne, was freilich bei dcni Hader unter den OrdnungSpartcicn und bei der maßlosen Verhetzung von Seilen der Radiralen von Links und von Rechts nicht be fremden kann. O! Berlin, 29. November, lieber den socialdcmo- kra'ischen Parteitag hat der ,,Vorwärts" in seinen letzten Nnmmern eine Serie von Leitartikeln gebracht, die alle reichlich mit den bekannten svcialdemokratifchcn Phrasen gespickt sind, und in denen die Partei als einig, geschloffen und so groß und mächtig dargcstellt wird, daß ihr bald die ganze Welt geboren werde. Und doch muß da« Blatt gleich zeitig große Lckwächen und Mängel zugcstehcn. Höchst läckerlick und ansschncidcrisch ist u. A. die Behauptung, keine andere Partei könne ihre gesanimte Partcithäligkcit an daS Tageslicht ziehen und der freiesten, rückhaltlosesten Kritik überliefern, und wenn eine Partei dies wagte, so würde sie ihren Parteitag nicht um 2 t Stunden überleben I Als Gründe bezeichnet der „Vorwärts": Die Eifersüchteleien der Führer, die Ratb »»d Programmlosigkeit und dasStrcbcrtbum. Ja, alle diese Dinge sind doch gerade bei der Socialdemokratie in bcrvo'-ragcndcni Maße zu sinvcu. In der Sonntags Nummer gießt ^as Blatt eine wesentliche Schwächt selbst zu, „den Mangel an geschütten Kräften für den geistigen Kampf und für die Verwaltung", — obwohl sich die socialvemokratische Partei so oft mit der großen Zahl ihrer Anhänger, die sich aus eine Million belaufe, brüstet. — Bei nochmaliger eingehender Durchsicht der Verhandlungen des letzten Parteitages finden wir in erster Linie, daß die Un einigkeit eine Tbatsache ist. Die Unabhängigen find heule noch Socialdemolraten und wandeln ,»> großen Ganzen den alte» Weg, aber auch außer ihnen gicbt es noch Tausende von Unzufriedene», die Viele« mißbilligen und nur selten noch ein Opfer bringen. Der holländische Delegirlc van Kol eonstatirte offen diese Uneinigkeit, zn der er leider keine Stellung nehmen dürfe. Er erzählte aber, daß er gekommen sei, sich ein Urtheil zn bilden und dann dem Eenlralrath Hollands Bericht zu erstatten. Die Un einigkeit innerhalb der deutschen Socialdemokratie hat ja auch ihre Kreise in Holland sowie in Dänemark, England, Oester reich und der Schweiz gezogen, und die oppositionellen Dclegirten zum nächstjährigen internationalen Eongreß werden schon dafür sorgen, daß cö zu einer Schlacht zwischen Len feindlichen Brüdern kommt. Im Bericht des Parteivorstandes wurde betont, daß man endlich von den Viel- und Zäbl- Eanbidatnren abgekommen sei. Nun, von den Zähl- Eandidaturen hat man auch in der jüngsten Zeit noch keinen Abstand genommen, wohl aber einigermaßen von Len Viel- Eandidalurc». Wäre letzteres nicht geschehen, dann würde Anglist Bebel mit der Zeit alleiniger Eandidat in sämmt- IicheN Reichstagswahlkreisen geworden sein: auf 50 Ean- didalurcn hatte er eS schon in einer Wahlperiode ge bracht. Muß da nicht Personen - Eultu« entstehen, wenn die Arbeiter an einem abgelegenen kleinen Orte nur von einem einzigen Socialdemolraten, Namens August Bebel, sprechen hören, und nebenbei vielleicht noch von einem tobten, der Lasialle geheißen'? Herr Bebel hat ja auch nichts da gegen, daß er auf Pseifenköpsen, Schnupftabakdosen, Nadeln, Ziindholzichachteln und anderen Krimskrams verewigt wirk. Ein klares, leicht verständliches Programm fehlt der Partei bei ihrer heutigen Verschwommenheit, deshalb musste» Kautsky und Echönlank eine „Erklärung" dazu, eine Auslegung schreiben. Aber auch das nutzte nichts, denn diese 'Aus legung ist, wie selbst ans dem Parteitage betont wurde, weder populair geschrieben, noch vom sveialdrmokratischcn Staudpnncte ans unanfechtbar. Bezüglich derLandagitation berufen sich die Socialkemvtratcn ans ihre Erfolge in Thüringen, geben aber zu, daß sic anderswo noch nichts erreicht hätte». Da« wird auch noch sehr lange so bleiben, denn was sollen die Bauern und Knechte mit alte», abgelegten Nummern tcS „Vorwärts", deS „Teltvw-BeeSkowcr VvlkSblatt" nno deS sogenannten Witzblattes „Wahrer Jacob" macken'? Ter Dclegirte für den Sprcmborger Kreis meinte, man müsse die Religion der Landleute schonen. Ja, das allein genügt nicht, denn gerade die Landleute, die Wenden in der preußischen Ober» und Niederlausitz, hängen mit seltener Zähigkeit an ihrem Eigenthum, ihrer Scholle fest. Der Wenre ist der sässigste Mensch von der Welt, ein Paar Morgen Land und eine Hütte fesseln ihn für immer a» een Ort. Hat er in Berlin oder Potsdam bei der Garde seiner Militairpflickt genügt, so eilt er an den heimathlicken Herd zurück und führt seinen „Schatz" heim. Die ReickStags- abg «ordneten seien, so bemerkte der Parteisccretair Fischer, lauter „kleine Geschäftsleute, Nedacteurc und Brrwaltungsbeamte". Nun, dasselbe konnte man auch von den Drlegirten sagen. Würden einmal lauter Arbeiter in den Parteitag gewählt, bann würde der „arme, notbleidendr Proletarier" Liebknecht eine ganz andere Kritik erleben. Bebel meinte, Liebknecht müsse NcpräsentationSgclker haben, Dobsien- Bromberg erwiderte karans, dann könnten auch dir Agitatoren NepräsentationSgelder beanspruchen. Liebknecht selbst bestritt übrigen«, daß er Repräsentation-gelber brauche, und daS ist auch richtig. Die geistige Impotenz der socialdemo- kratischen Parteileitung zeigte sich in dem Geständniß Lieb knecht«. baßste tüchtige Redakteur« für den „Vorwärts" nicht anftreibcn könnten, odersolltedaS an etwas Anderem liegen'? Unlogisch erscheint nnS die Erklärung Bebel'S, cS gäbe wohl Staa tSsocia listen, aber keinen Staatssociali Sinus. Hätte aber Bebel Recht, dann enthielte der letzte Satz in der betreffenden Resolution, welcher lautet: „Socialdemokratie und StaatssocialisiiinS sind unversöhnliche Gegensätze", einen Unsinn. Bebel ist auch nicht der Verfasser der angenommenen Resolution Licbknecht-Vvllinar über den StaatSsocialiSmuS, dieselbe ist vielmehr nach einem Vorschläge des „Parteitheo- relikerS" Earl Kaulöky in der „Neuen Zeit" entworfen worden. Die Annahme der Resolutionen gegen die Genossen schaften, den Boncott und die Cvntrolinarkcn wird der Socialdemokratie sicher keine neue Truppe» aus den Gewcrksckaftskreiscn zusührcn und noch weniger werden diese Resolutionen in gegebenen Fällen befolgt werden. Und schließlich, der Beschluß über die Stellungnahme bei Stichwablen ist nichts Anderes, als eine Annäherung an die deutschfreisinnige Partei, eine Schwenkung nach rechts. V. Berlin, 2!>. November. (Telegramm.) Der Kaiser ist nach den hier eingegaiigenen Nachrichten mit den Herren seiner Begleitung gestern Abend wohlbehalten in Pleß eingctrosscn, woselbst demselben ein festlicher Empfang bereitet worden ist. Der Kriegerverein, sowie die Feuerwehr bildeten aus dem Webe vom Bahnhof nach dem Schlöffe Spalier. Um 8 Uhr fand daselbst eine Tafel zn 22 Gedecken statt. Heute Vormittag bat eine Jagd auf einen Auerochsen, auf Roth- und Danimild und Canen stattgefnnden. Morgen Abend wird der Kaiser von Pleß nach Berlin znrückkchrcu und voraussichtlich am Donners tag früh hier eintrcffcn. --- Berlin, 29. November. (Telegramm.) Heute Nachmittag 2 Uhr fand die Beerdigung deS früheren Polizeipräsidenten von Madai von der Halle der Iernsa- lcmerkirche auS statt. Der Kaiser hatte ein Beileidstelegramm gesendet, die Kaiserin Friedrich einen kostbaren Kranz. Blumenspenden sandten ferner da» Berliner und Frankfurter Polizeipräsidium, die Schutzmannschaft, Fruerwehr, das Frankfurter und Homburger OssiciereorpS, sowie anderer Regimenter. Unter den Leittragenden befanden sich Minister präsident Graf zu Enlenburg, Polizeipräsident von Richt- hefen, sowie verschiedene Deputationen. Hosprediger Frömmelt hielt die Gedächtnißrede. * Berlin, 29 November. (Telegramm) In dem beute vor der 2. St ras: „.inner deS hiesigen königlichen Landgericht« l begonnenen Prvcesse gegen Ablwardt, welcher wegen verschiedener in seiner Broschüre „Neue Enthüllungen, Inden- flinlcn" enthaltenen Aenßerungen unter Anklage gestellt ist, wurde einem Vcrtagungsantrage des VcrthcidigerS von dem Gerichtskofe keine Folge gegeben. Der Gerichtshof trat vielmehr in die materielle Verhandlung ein. — Dem hiesigen Magistrat ist auf seine Glückwunsch- Adresse an die Kaiserin Friedrich folgendes Antwort schreiben zngegangcn: „Mil aufrichtiger Freude habe Ich die Zuschrift empfangen, mit Melcher der Magistrat der Sladt Berlin Mich zu Meinem dies- jährigen Geburtstage beglückwünscht. Je lebhafteren Antheil Ich an Allem nehme, was das Wohlergehen und daS fortschreitende Ge- dciheu der Hauptstadt betrifft, »in jo dankbarer empfinde Ich den warmen Ausdruck anhüngiicher Gesinnung, mit Melcher der Magistrat seine Glückwünsche zur Verlobung Meiner jüngsten Tochter und zu der Geburt einer Enkelin verbindet. Berlin, Lea 24. November 1892. gez. Victoria, Kaiserin und Königin Friedrich." An Len Magistrat zu Berlin. — Tie von der Eolonialabkhoilunz dem Reichstag ein- gereichten Etats unserer Colo nie» baden durch beigegebcne Erläntcrnngen besonderen Werth erhalten. Die Ab geordneten können sich daran« ein Bild der dortigen Verhält nisse verschaffen, da die Erläntcrnngen sich über die gesammten Zustände in klarer Weise auSlaffen, die von jeder Schön färberei sich fernzuhalten suchen und nur darauf anSgehen, die Dinge so zu schildern, wie sie in Wirklichkeit sind. Man kann in verschiedenen Einzelheiten von den dargelegten Auffassungen abweichen und doch anerkennen, daß die Eolonialabtheilnnz daS redlichste Streben zeigt und daß, wenn sich auch noch sehr viele Schwierigkeiten bieten, an manchen Pnncten doch auch schon ganz Erhebliches geleistet worden ist. Neckt befriedigend lassen sich die Verhältnisse an in Kamerun und Togo, und selbst frei sinnige Blätter, wie die „Vossischc Zeitung", müssen fick zu dem Zugesläiidniß bequemen, daß wir in ihnen recht auSsjchtS volle Eelonicn erworben haben. Am eingehendsten ist der Bericht über Deutsch-Ostafrika, und man wird nicht sebl- gehen, wenn man in ihm da« Ergebniß der Studien sicht, die der Leiter der Eolonialabtheilung, l)r. Kayser, bei seiner Reise nach jener Eolonie gemacht bat. Gerade hier sind uns die größten Schwierigkeiten enlgegengetreten, und wenn durch sic die Entwickelung wesentlich gehemmt worden ist, so finden wir doch auch hier schöne Ansätze zu künftigen Erfolgen, nur muß man den Muth nicht sinken lassen, sondern mit Ruhe und Umsicht Weiterarbeiten. — DaS Befinden de» Herzog« von Ratibor, der außer an Lungenentzündung auch noch an einer rheumatischen Wirbelassection erkrankt ist, Hot sich nicht gebessert. Wie der „A. R. C." aus Wien initgetheilt wird, ist Prosefior Nothnagel an daS Krankenbett de- Herzogs nach Räuden in Schlesien berufen worden. — Bekanntlich sind neuerdings der sächsische Kriegsminister Edler von der Planitz, der bayerische Kriegsminister Ritter von Safferling und der württembergische Staatsminister deS Kriegswesen« Freiberr Schott von Scholtenstein zu Bevollmächtigten zum BundeSrelh von ihren Monarchen er nannt worden. In parlamentarischen Kreisen bringt man diesen ungewöbnlichen Hergang mit den Ausstreuungen in Verbindung, die einige Gegner der Militairvorlage über die Stellung deS König« von Sachsen und der beiden süddeutschen Herrscher zu der Vorlage in ihrer jetzigen Gestalt wahrbeitS- widrig zu verbreiten gesucht haben. Die „Köln. Ztg." bemerkt hierzu: „Den Königen von Sachsen und Württemberg wie dem Prinz- regenten vo» Bahern liegt offenbar daran, solchen Ausstreuungen, sali- sie tm Reichstag wiederholt werden sollten, nachdrücklich ent- gegenziitreten. Am meisten dazu berufen sind selbstverständlich di« ltriegsminister, die ta erster Linie an der Ausarbeitung der Militatr- vorlag« belheiligt waren, «ad da sie bisher noch nicht Mitglied«
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