Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.11.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921130020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892113002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892113002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-30
- Monat1892-11
- Jahr1892
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8288 Lrrrit erklärt, an die Spitze eines Venen Labinets »u treten Die bisherigen Minister, anher Landet, Ribvl und Ricard, werden im Amte verbleiben, — Aus eine Anfrage erklärte Brisson, daß er unter keinen Umständen daran denk», »in radikales Eabinet zu gründe». Er sei nur gewillt, mit einem gemäßigt republikanischen Ministerium zu regieren. Sollte es ihm nicht ge lingen, eff» solches zu bilden, so würde er allerdings überhaupt davon a^njn. ES wird befürchtet, Laß die Krise noch 8 bis 10 Tage in Anspruch nimmt. Pari-, 30. November. (Telegramm.) Brisson hat bisher noch keine Schritte zur Bildung eines EabinetS gethau. Derselbe gedenkt erst im Lause des heutigen Vormittags Untertmnd- lungen mit Len etwa in Betracht kommenden Persönlichkeiten ein zuleiten. Die Morgenblätter bestätigen, daß Brisson sich bemühen wolle, sich der Mitwirkung des zurückgetretene» Ministeriums »nd besonders Ri bot S und Frehcinet S zu sichern. Mehrere Blatter wollen ferner wissen, daß Brisson nach der Bildung des neuen EabinetS selbst zurücktrelen und die Prasidentschast Bourgeois an bieten werde. Die „Nowoje Wremja" läßt sich aus Paris telcgrapbiren» der Deputiere Delahay« bade in der parlamentarischen Unter suchungS-Commission auch gegen eine „große russische Zeitung" den Vorwurf erhoben, daß sie in der Pa na ina- Angelgenheit 500 000 Franken erhalten habe. AuS einem Artikel deS „Matio" folgert die „Nowoje Wremja", daß die „Moskauer Zeitung" darunter gemeint sei, und sie äußert sich sehr zornig darüber. „In letzter Zeit", so bemerkt das Petersburger Blatt, „würde derartiges Zeug, welches in Rußland natürlich kein Mensch glaube, in Menge in Paris verbreitet, und der Zweck sei offenbar, in der französischen Bevölkerung feindliches Mißtrauen gegen Rußland und alles Russische zu erwecke». Karton, und die „Moskauer Zeitung" seien allerdings stets thätig gewesen für eine französisch russische Annäherung, das sei jedoch stets aus uneigennützigen Gründen geschehen." Gegen die „Uneigen nützigkeit" Katkow'S in politischen Dingen erhoben sich bald nach dem Tode desselben in Rußland selbst sehr gewichtige Bedenken. Es wird jetzt Näheres über den Inhalt der Note bekannt, die neuerdings der russische Botschafter in Konstantinopel, Nelidow, an die türkische Regierung wegen der Bezahlung rückständiger Entschädigungs- Felder aus dem Kriege von l877 gerichtet hat. Nach dem Hinweise, daß die Psorte im Ganzen nur hunderttausend türkische Pfund abgezahlt, seit dem Frühjahr l889 aber gar nichts mehr gezahlt hat, sagt Nelidow, dies könne nicht länger angeben; die Interessen der russischen Staats angehörigen litten, ihre Forderungen würden dringender und die kaiserliche Botschaft wäre gezwungen, sic gegen die Pforte energisch geltend zu machen, um ss mehr, da die Angelegenheit für die Psorte eine unbestreitbare Verpflichtung, eine zu er füllende internationale Pflicht bilde. Andererseits könne die ottomanische Regierung der Zahlung nickt länger durch Hin weise auf die mißliche Lage ihrer Finanzen und die Ver armung ihrer wirtbscbasllichen Hilfsmittel auSweichen. Die osficiöscn Auslassungen der Presse, sowie andere Stimnien wetteiferten mit einander in dem Bestreben, die außerordent liche Wiederbelebung der wirthschaftlichcnKräfte der Türkei zu feiern. Ueberdies würden weil be trächtlichere Summen als die den russischen Staatsange hörigen zukommenden beständig für neues Kriegs material verausgabt. Nelidow dringt schließlich aus prompte endgiltige Regelung der Schuld. — Die „Times" erfährt, die Note habe mit ihrem fühlbaren Sar- kaSmnS in türkischen Regierungskrcisen überaus unangenehm berührt. Der Mißerfolg der jüngsten Unterhandlungen für eine neue türkische Anleihe habe der Pforte die direkten Mittel zur Befriedigung des russischen Anspruches genommen; cS werde jedoch geplant, für diesen Zweck die der türkischen Regierung von der Tabakmonopolgesellschaft gezahlte JahreSrente zu verpsänden. Man hoffe, die Feindseligkeit Rußlands gegen das Tabakmonopol, das es bislang beanstandete, weil es angeblich armenisch-russische Tabak- sabrikanten schädige, zu entwaffnen. Unverkennbar ist der Hoho, der aus der Note spricht, der deutlich zeigt, daß es sich gar nicht um die rückständigen Ent- fchadigungSgelder bandelt und daß Rußland nur einen Druck auf die Pforte ausüben will. Die geplanten Befestigungen am Bosporus, der Bau der strategischen Bahnen in Macedonien gegen die bulgarische Grenze und am Aegäischen Meere sollen vereitelt oder mindestens verzögert werden, und schließlich gilt die Pression auch den Handelsvertragsverbandlungen mit den geforderten Zugeständnissen in der Meercngenfrage. In den Händen russischer Staatsangehöriger befinden sich schon längst keine Entschädigungsbons. Bald nach dem Kriege verkauften sie diese mit der Hälste Nachlaß an griechische und armenische Bankier« in Galata, und in deren (lassen sind die Bons zu suchen. Die Stambuler Bankier- sind jedoch zum über wiegenden Theile türkische Unterthanen. UebrigcnS unterliegt eS keinem Zweifel, daß die Pforte die Mittel zur Begleichung der Forderungen finden wird, da die Summe keineswegs sehr bedeutend ist. Deutsches Reich. SS. Berlin, 29. November. Die Stichwahl im Wahl kreise ArnSwalde-Friedeberg ist auf den 5. December anberaumt. Die Kürze der für weitere Agitation gelassenen Zeit kommt jedenfalls den im ersten Wahlgange fo erfolg reich gewesenen Antisemiten zu Gute. Noch mehr erhöhen sich ihre Chancen durch eine Auslassung der „Kreuzzeitung*, welche meint, daß die Eonscrvativen im Wahlkreise die Selbst überwindung sehr weit treiben müßten, wenn sie sich ent schließen wurden, für den Freisinnig-n Drawe zu stimmen. Das Blatt glaubt nicht, daß cs dahin kommen würde, selbst wenn die conservative Parteileitung eine entsprechende Parole auSgedcn würde. Das ist deutlich. Im klebrigen benutzt die „Kreuzzcilung" den Anlaß, die Aenderung de« conservative», Parteiprogramms im antisemitischen Sinne zu empfehlen. Daß eS damit und schon mit der Partei selbst im Augenblick kritisch steht, räumt sie ei» und sie gicbt den einer Programmänderung abgeneigten Parteigenossen zu bedenken, daß in Berlin der Antisemitismus nur die Brücke gebildet habe, auf welcher der Ucbergang von der liberalen (!) Partei zur conservativcn sich vollzogen habe. Ter Antisemitismus wird also als Vorfrucht des EonservativiSmuS empfohlen. Viele Eouservalive wird die „Kreuzzeitung" allerdings kaum überzeugen, denn in Wahr heit würde von dem EonservatismuS in weiteren Berliuer Kreisen nichts übrig bleiben, wenn man den Antisemitismus abzöge. Andererseits bat sich doch gerate in Arnswalde gezeigt, daß der Antisemitismus eine „Brücke" ist, auf der man sich von der conservativen Partei gerade so gut ent er neu kann, wie von der deutschfreisinnigen. * Berlin, 29. November. Der evangelische Ober kirchenrath bat betreffs des Gebrauchs und der Werth- chätzung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses olgendcS Rundschreiben erlassen: Berlin, den LS. November 1892. Infolge der Berathung, welche wir am 16. November d. I. mit de» Herren General- Superintendeuten unteres Amtsbezirk« in Beziehung aus die Ausrechtdaltung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses gepflogen haben, nehmen wir Veranlassung, Ew. Hochwürden das Nachfolgende zu erkennen zu geben: Mir der Gesammtbeit der Herren General-Superintendenten beklagen wir, Laß durch die Auslastungen des Professors O. Harnack Hierselbst in feiner im August d. I. veröffent lichten Antwort an Studirende der Theologie über die Werthschätzung und den kirchlichen Gebrauch des Apostoli kums sowohl bei vielen evangelischen Geistlichen, als auch in weiten Kreisen des evangelische» Volkes eine tiefe Beunruhigung hervorgerusen ist. Diele Beunruhigung ist in ihrem innerste» Grunde daraus zurückzusühre», daß man durch die Aeußerungen jener Kundgebung über das Apostolische Glaubensbekenntniß den Vollbesrand de» Christenglaubens, insbesenderc auch die zum Grund bestand gehörige Lehre von der Menschwerdung des Sohnes Gottes für gefährdet erachtet. Angesichts dieser Befürchtungen verehren wir es als eine besonders gnadenreiche Führung GolteS, daß in mittelst die erhebende Bekenntnißthat Sr. Mas. des Kaisers und Königs und der evangelischen Fürsten Deutsch lands zu Wittenberg am 31. Oktober d. I., in welcher auch Las Festhalten am Glauben an den Mensch gewordenen Gottessohn, als dem gemeinsamen Bande der christlichen Kirche, zu schlichtem, aber bestimmtem Ausdruck gebracht ist, in den weitesten Kreisen und Schichten des evangelischen Volkes lauten Wiederhol! gesunden hat. Insofern die Beunruhigung nach dem Zeugnisse der Herren Generalsuperintendenten wesentlich auch dem Umstande zuzuschreibcn ist, daß in der Kundgebung die Austastung des Verfassers über den Satz: „„Empfangen vom heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Mapia"", alS eine durch die theologische Forschung allzeitig recipirte Lehrmeinung dargestellt ist, während die Gemeinde dar,» ein thcurcs und unantastbares Heiligthum ihres Glaubens erblickt, bedarf cs hier nur der Hinweisung, daß nach dem Unheil zahlreicher hervor ragender Vertreter der theologischen Wissenschaft, insbesondere auch hochangejehener Mitglieder der theologischen Fakultät in Berlin, die in jenen Sätzen bekannte Thatjache vor un- besangener wissenschaftlicher Forschung noch immer die Probe der Wahrheit besteht. Mit den Herren General-Superintendenten stimmen wir überein, daß das ehr würdige, in seinem Grundstock bis in die ältesten Zeiten der Kirche, ja bis nahe an das apostolische Jahrhundert heran- reichende apostolische Symbol, in seiner kurzen Fassung ein beredtes Zeugniß von den großen Thaten Gottes, nach seiner Gliederung ein bedeutsames Muster für die katechetische Unterweisung, nach seiner Bewährung in der Gemeinde die unerschöpfliche Quelle der Er bauung für Jung und Alt. der Kirche um so weniger ent- behrlich ist, als es nach seinem Inhalte Las Einheitsband der gesummte» Christenheit aus Erden bildet. Eine Entfernung aus dem gottesdienstlichen Gebrauche oder auch nur eine Freigebung an dir Willkür der Einzelgemeinde würde dos Rechtsdewußtsein der landeskirlichen Gemeinde verletzen, dem Cultus ein hohes Kleinod, der Gemeinde einen Höhepunkt der Sammlung und Anbetung rauben. Unseres Amtes wird es sein, innerhalb der evangelischen Kirche unseres Amtsbezirkes dafür Sorge zu tragen, daß an dem Bekenntmß- stande unserer Kirche, welcher neben den übrigen Grundwahrheiten des in dem Apostolischen Bekenntnisse in symbolische Form gebrachten Christenglaubens auch das Bekenntniß an die Menschwerdung Gottes in Christo begreift, mit innerer Treue iestgchalten wird, wie es nicht minder unsere Amts- und GewissenSpflicht erheischt, die in Be treff des liturgischen Gebrauches des Apostolikums bestehende kirch liche Ordnung, wie bisher, so auch serner, aufrecht zu halten. Daß wir bei aller evangelischen Weitberzigkeit (?) und entfernt davon, aus dem Bekenntniß oder aus jedem Einzelstück desselben ein starres Lehrgesetz zu machen, doch etwaige agitatorische Versuche, das Apostolikum aus seiner Stellung zu verdrängen, bei unseren Geistliche» nicht dulden werden, darüber ersuchen wir Ew. Hochwürden, in den kirchlichen Kreisen, insbesondere auch in der Geistlichkeit Ihres Amtsbezirks bei sich bietender Gelegenheit keinen Zweifel zu lassen. Tie schwere Verantwortlichkeit, welche Len Herren General-Super, intendcnten, als de» Führern und Leitern der Geistlichkeit ihres Amtsbezirks, auch in den gegenwärtigen Wirrsalen obliegt, würdigen wir in ihrem ganzen Ernst: ober wir getrösten uns der Zuversicht, daß es Ihnen, wie Ihren Herren Amtsbrüdcrn gelingen wird, der Auffassung zu wehren, als könne auch derjenige, welcher in einer den Grundwahrheiten des gemeinsamen Christen- glaubens widersprechenden Glaubensüberzeugung steht, aufrichtigei» Herz««» Diener am Wort kn der»vange- lischen Kirche sein. Der Umstand, daß eia Mißverständniß bierüber hat entstehen können, erhöht die Pflicht der Herren Generalsuperintendenten, deu die Ordination zum geistlichen Amt« Begehrenden mit seelsorgerischer Treue ernste Selbst. Prüfung in Beziehung aus die Stellung zu den Blaubenswahr- Heiken der evangelischen Kirche zur Gewistenspflicht zu machen und das ganze Schwergewicht der mit dem Lrdinationsgelübde zu über nehmenden Pflichten für Zeit und Ewigkeit vor Augen zu führen. Dringend legen wir auch Ew. Hochwürden treuer Fürsorge ans Herz, das geistliche Amt in dem Dienst zu stärken, daß die ,n dem Bekenntniß nicdergelegten, ihrer lebendigen Verwerthung harrenden Heils- und Glaubensichätze, je länger, je mehr, in den Gemeinden Geist und Leben werden und also die Kirche, wie aus dem Grunde des apostolischen Glaubens, so in der Kraft der Apostel sich baue, zum Heil der Welt und zur Ehre des dreieinigen Gottes! Evangelischer Ober-Kirchenrath. Barkdausen. An die Herren General-Superintendenten des diesseitigen Amts bereichs. Das Verlangen der „Kreuzzeitungs"-Leute, daß der Oberkirchcnratb die Stuvirenden der evangelischen Theologie aufsordern sollte, die Vorlesungen Harnack's und seiner Gesinnungsgenossen nicht weiter zu kören, ist, wie man siebt, unerfüllt geblieben, dafür werden mit „evangelischer Weit- Herzigkeit" von den Kanzeln alle jungen Theologen aus geschlossen, die etwa Harnack'S Ansichten zuneigen sollten. Nach einem schon vor dieser Veröffentlichung gefaßten Be schluß werden Vertrauensmänner der kirchlich-liberalen Partei „zur Besprechung einer Verwahrung gegen die mißbräuch liche Agitation, welche mit dem apostolischen Glaubens bekenntniß getrieben wird", beute bier in Berlin zusammen treten. Die Besprechung werten die Herren Kammergcrichts- rath Schroeder und Prediger Schmeidler einlriten. — Der Kaiser wird am 2. December, Nachmittags etwa um 4 Uhr, zum Besuch und zur Tbeilnahme an der am nächsten Tage stattfindenden Jagd in Dresden bezw. in Strehlen eintreffen. — Im „Berliner Tageblatt" war zu lesen: „Es ist in der Thal kaum glaublich, was der Fürst (Bismarck) unternommen hat, um den Beweis seiner Unentbehrlichkeit zu er bringen. Offen und im Geheimen, in der Presse und in Privat- kreisen, in Berlin und an vielen anderen Stellen, auch im Auslande sind Ränke gesponnen worden. Sollten dieselben einmal aufgedeckt werden, so wird man erst würdigen, wie unerschöpflich die Geduld der Regierung, wie groß die Dankbarkeit des Kaisers gegen den Rathqeber seines Großvaters ist." Dazu bemerken die „Hambg. Nachr.": „Danach kann es nur dringend erwünscht sein, daß das „Berl. Tgbl." die Aufdeckung der „Machinationen" des Fürsten Bismarck möglichst bald vornimmt. Warum denn mit diesen Geschichten hinter dem Berge halten? Es empfiehlt sich doch, die verheißenen Schändlichkeiten ans Tageslicht zu bringen, anstatt sie dunkel an- zudcuten. Mittelst allgemeiner Umschreibung en bloe läßt sich aller- dings viel leichter lügen als mit Behauptung einzelner unwahrer Thatsachen." Dasselbe Blatt schreibt über den angeblichen Interviewer Le Roux: „Man liest in den Blättern von einem französischen Interviewer Le Roux, der in einem Pariser Blatte „Journal" eine Unterredung mit dem Fürsten Bismarck publicirt haben soll. Ter Bericht beruht durchweg aus Erfindung. Le Roux ist allerdings in Varzin gewesen, hat aberden Fürsten überhaupt nicht gesehen, sein Aufenthalt hat im Ganzen nur etwa zehn Minuten gedauert. Es scheint sich um einen zweiten Abranvi zu handeln, dessen Irrfahrt nach Schönhausen vor zwei Jabren von sich reden machte." — In diesen Tagen sind, wie die „Post" meldet, die Bevoll mächtigten des Landgrafen von Hessen in Berlin eingetroffen, um mit den betreffenden Rüthen des Ministeriums des königlichen Hauses die Ehepakten für den Bruder des Landgrafen, den Prinzen Friedrich Karl von Hessen, und für die Prinzefsin Margarethe zu vereinbaren. — Von Seiten eines Mitgliedes der in Brüssel tagenden internationalen Münzconferenz, des in Münz- und Währungsfragen mehrfach kervorgetretenen Herrn Allard, ist den übrigen Eonserenzmitgliedern eine die Ent wickelung der WäkruiigSrerhältnisse in graphischer Dar stellung veranschaulichende Druckschrift zugestellt worden, in welcher folgende auf Deutschland bezügliche Bemerkung ent halten ist: „1888. Deutschland Tod zweier Kaiser. Die Rcichsbank weigert sich, ohne Weiteres (cvursmmvot) in Gold zu zahlen." Diese thatsächlich unrichtige Angabe ist von dem deutschen Delegirte». dem Reicksbank-Director Hartung, auf das Bestimmteste sofort in der zweiten Sitzung der Con- ferenz am 26. d. M. zurückgewiesen worden. Die „Nordd. AUg. Zeitung" fügt dieser Meldung bei: „Es ist zu hoffen, daß mit dieser bestimmten, bündigen Erklärung das von gewissen Seiten geflissentlich verbreitete Gerücht, als babe die Reicksbank zeitweise Schwierigkeiten gemacht, ihre Noten in Gold einzulösen, nun ein für alle Male in das Gebiet der Märchen verwiesen worden ist." — Die Arbeiten im Reichs Versicheruugsamt an der nach 8- 77 des Unsallversicherungsgesetzcö von, 6. Juli 1884 dem Reichstage vorzulegenben Nachiveisung über die Rechnungs ergebnisse der Berufsgenossenschasten für 1891 sind soweit gefördert, daß die Nachweisung demnächst der deutschen Volksvertretung wird unterbreitet werden können. Ter Um fang dieser Nachweisungen hat in den 7 Jahren, in welchen die Berufsgenossenschasten in Function sind, beträchtlich zu genommen. — In der gestrigen Sitzung der Steuerreformcommission kündigte Finanzminister Miguel einen ausführlichen Vor trag über die preußischen und deutschen Finanzen für eine der nächsten Sitzungen der Commission an. — Im Wahlkreise Araswaldt-Frkebtberg ist ble Stich wahl zwischen dem freisinnigen Candidaten Drawe und dem Antisemiten Ahlivarüt aus heu 5. December (nächsten Montag) aa- beraumt. — Tie „Nat.-Lib. Corr." schreibt heute: „ES wird wohl keiner besondere» Aufforderung an unsere Parteigenossen im ReickStagswahlkrei« Arnswalde bedürfen, bei der am 5. December bevorstehenden Stichwahl vollzählig für den deutschfreisinnigen Candidaten, Herrn Drawe, zu stimmen und »ach Kräften dem Reichstag die Entwürdi gung durch die Wahl Ahlwardt's ersparen zu helfen." — Der Meldung gegenüber, daß dir polnische ReichStags- fraction Herrn von Koscielski nicht wieder in den Vorstand gewählt, noch in den Senioren-Convent deiegirt bade, wird der „Köln. Ztg." gcjchrieben, daß das jüngste Aktenstück dieser Körper schaft die Unterschrift des Herrn v. Koscielski trägt. — Der Ausschuß der Stad tverordneten-Ve rsamm- lung für die Vorbereitung der Wahl deS zweiten Bürger meisters beschloß mil l l gegen 2 Stimmen den Rechtsanwalt Kirschner in BreSlau für dieses Amt vorzuschlagen. — Die Haussuchungen nach anarchistischen Schriften werden von der Polizei mit ungeschwächtem Eifer orlgesitzt; es soll der Polizei recht interessantes Material in die Hände gefallen sein. <5 Reitze, 29. November. (Privattelegramm.) Wegen Verunglückenö der sieben Soldaten beim GcsechtS- chwlmmcn wurde Major Heinrich zu einjähriger Festungshaft verurtheilt. * Bückeburg, 29. November. Fürst Adolf Georgvon Schaumburg-Lippe, der mit dem genesenden Prinzen Herrmann noch in, Jagdschlösse Steyerlma weilt, ist dort an gastrischem Fieber mit Schüttelfrost und Erbrechen erkrankt. Das beule Mittag auSgcgebene ärztliche Bulletin besagt, der Fürst halte eine unruhige fast schlaflose Nacht, hatte Schmerzen in, Unterleib und Nierengegend. Gestern war die Temperatur 39 Grad, beute 39,4 Grad, der Kräftezustand ist herab- gemindert und die Nahrungsaufnahme gering. (Wiederholt.) /X Goslar, 29. November. Bei der Wahlmänuerersatzwahl im Landtagswahlkreis Goslar (für den verstorbenen Mackensen) sind sämmtliche Candidaten der natioualliberalea Partei gewählt worden. * AuS Baden, 28. November. Auf seinem Schlöffe Mahlberg in Baden ist vor einigen Tagen im Alter von fast 78 Jahren der frühere langjährige badische Gesandte in Berlin, Wirklicher Geheimer Rath Hans Freiherr v. Türckheim zu Alsdorf, ver schieden. Er wurde iin März 1864 zum ersten Male als Gesandter beim preußischen Hose accreditirt und kehrte nach der kurzen Unter brechung, die 1866 der Krieg hervorgerusen hatte, wieder nach Berlin zurück, um hier bis zu seinem Uebertritt in den Ruhestand 1885 sei» Amt z» bekleiden. Von 1871 an war er auch badischer Bevoll- mächtigter zum Bundesrathe. Sein Nachfolger wurde Freiherr Marschall von Bieberstein, der 1890 zum Staatssecretair des Aus- wäriigen Amtes ernannt wurde. Freiherr v. Türckheim war auch mehrfach Mitglied der badischen Ersten Kammer. * Karlsruhr, 28. November. Der Versuch der klerikalen Presse, mit der sog. Emser Depeschenfälschung die Schuld an dem Kriege von 1870 auf Deutschland bezw. auf den Fürsten BiSmarck zu wälzen, bat in dem weil über wiegenden besonneneren Tbeil der Bevölkerung Widerwillen und Beschämung hervorgerusen. Eine solche Preisgebung der Wahrheit und der Interessen dcö Vaterlandes wäre in e,nem anderen Lande undenkbar. Man dankt eS daber dem Reichs kanzler v. Caprivi. daß er mit unwiderleglichen Nachweisen diesem Treiben ein Ende machte. In einigen badisch liberalen Versammlungen der letzten Tage ist man mit wohl- begründeter Entrüstung jenen Ausschreitungen der OvpositionS- presse cntgegengetreten. — Neben dem katholischen Volks verein wird nun auch der Bildung katholischer Arbeiter vereine von der Centrumsagitation ein wachsames Auge zugewendet. So wurde, dem „Schw. M." zufolge, in Ober häuser, bei Waghäusel eine festere Organisation für »oth- wendig erachtet, weil das „Fehlen eiueS geistlichen Präses" sich mißlich fühlbar machte. * Ttratzbnrg, 28. November. Zufolge GouvernementS- befebls von gestern ziehen von jetzt an alle Posten inner halb der Stadtumwallung, sofern dieselben nicht Gesang nisse und Arrestanstalten zu bewachen haben, ohne scharfe Patronen auf Wache. — Wie man sieht, hat die Inter pellation des Abgeordneten Petri schnell den erwünschten Ersolg gehabt. Hoffentlich findet das Vorgehen des Straß burger Gouvernements allgemein Nachahmung. Was in Slraßburg möglich ist, muß auch im übrigen Deutschland durchführbar sein — eS kommt nur daraus an, daß man sich entschließt, mit einem eingewurzelten Dorurtheil zu brechen. Oesterreich-Ungarn. * Wik», 20. November. In der heutigen Sitzung des GemeinderathS erklärte der Bürgermeister bezüglich deS Fernbleibens der Antisemiten, er habe dieselben an die mit ibrein Mandat verbundenen Pflichten erinnert, weitere Mittel ständen ihm nicht zu Verfügung. Die Erklärung wurde von dem Gemeinderaty zur Kenntniß genommen. * Wie», 29. November. Das Abgeordnetenhaus nahm heute das Budgetcapilel „Reichsrath" unverändert an und bewilligte in namentlicher Abstimmung mit 197 gegen 67 Stimmen das Er fordern iß für den Neubau eines Delegation-Hauses in Pest. — Im weiteren Verlaufe der Budget-Debatte, welche sich fast ausschließlich zu einem Wortgefecht zwischen I)r. Kronawetter einerseits und den Antisemiten andererseits zuspitzte und wiederholte Ordnuogs- ruse des Präsidenten nach beiden Setten veranlaßte, machte der Teresa hörte nur aus allen Mittheilungen heraus, daß sie sich in einer schwierigen, fast aussichtslosen Lage befinde. Noch zahlte ihr der Director die Gage, obschon er sie nickt mehr auftretcn ließ; dock das empfand sie als eine De- mütbigung; auch war die contractliche Frist bald abgelaufen. Die Briefe hatte Lothar ärgerlich auf den Tisck geworfen. „Alles Maculatur, wie die Werke unserer Classiker. welche die nächste Zeit bald rinstampsen wird. Goetbe sagte einmal von sich und Schiller: das deutsche Volk sollte sich freuen, daß eS zwei solche Kerle babe! Nun, wenn diese Kerle jetzt austauckten — kein Feuilleton würde von ihnen Notiz nehmen, keine Bühne ihre Stücke geben. Ja, wenn die Bauern von Dom Rcmi dock wenigstens im Dialekt sprächen, da könnten sie jetzt noch auf die Hoftheater kommen. Wir verlangen einmal Lebenswahrbeil." Teresa saß tief in Gedanken versunken: sie hörte nicht auf die Plaudereien Lotbar'S, dessen Gcdankenflüge immer von dem Nächsten abirrten, was ihn beschäftigte und be schäftigen sollte. „Du bist wohl anderer Ansicht. Teresa? Es ist nicht leicht, mit den Wurzeln auSzureißen, was uns von Jugend aus eingepflanzt worden ist . . doch nein, eS ist wahr . . Du hast Deine Sorgen! Es ist fatal, sehr fatal! Ich selbst bin zetzt ganz odnc Mittel — dock mein neuer Roman wird Alles ms Gleiche bringen. Es ist traurig, daß wir nicht schreiben dürfen, waS uns der Geist eingiebt . . Alle« muß gedämpft, gemildert werten: die Censur sitzt uns immer im Nacken. Hier sehen wir den Feuilletoriredacteur, der den Kopf schüttelt, dort den Leiter des Familienblattcs, der auS der Haut fährt, dort den Buchverleger, der die Hände ringt — schreckliche Bisionen! Doch da- könnte noch Alle- bingeben, aber sie schicken nnS das Manuscript zurück Darum wird jeder Ge danke, der kaum aus dem Tintenfaß geschlüpft ist, zurecht gestutzt, seiner zündenden Kraft beraubt. Und waS nutzte eS uns, wenn wir Pulver genug hätten, die Erde gegen den Mond zu sprengen, um mit dem Dichter der „Räuber" zu sprechen, der mit neunzehn Jahren den Höbepunct seine- Schaffen- erreicht und nachher nicht« Gescheidtcs mehr ge schrieben bat — was nützt es uns? Da« Pulver muffen wir selbst dumpf und feucht machen — sonst wird eS uns vom Staate confiscirt. Du hörst wohl nicht, Teresa?" (Fortsetzung folgt.) Literatur. Romeo und Julia am Prcgel. Novelle von Rudolf von Gottschall, Leipzig, Carl Reißner. — Der tragische Conflict dieser ineisterbast erzählten Novelle entspringt den politiichen Wirren der vierziger Jahre, deren Schilderung hier um so größere Beachtung verdient, als sie der Autor zum großen Theil mit erlebt und die bedeutungsvollen politischen Reden selbst mit angehört hat. Das tresslich wiedergegebene Lokalkolorit, wie die Benutzung der aus fälligsten Provinzialismen vervollständigen die Anschaulichkeit des interessanten Zeit- und Sittenbildes. Bei dem Ausbau der Hand lung kommt der Gedankenreichttmm des geistvollen Erzählers ebenso zur Geltung, wie die Lustige Poesie des seinfübligen Dichters. In der Figurenzeichnilng ist eine bedeutende Contrastwirkung erzielt; die einzelnen Cbaraklere heben sich scharf von einander ab, und sie alle sind bedeutungsvoll für daS Schicksal des unglücklichen Liebespaare«, welches das Hauptinteresse des Lesers auf sich lenkt. Unsere Novellen literatur hat mit diesem Werke zweifellos eine schätzenswertbe Bereicherung erfahren. — In demselben Verlage erschien noch „NiiiKinll", Novelle von Jda Boy-Ed. Auch diese Novelle ist sehr hübsch erzählt. Die Handlung läuft darauf hinaus, daß rin junger Ehemann sich von seiner ersten Frau scheiden läßt, weil die Ehe kinderlos bleibt. Eine spätere Neuvermählung bringt zwar seinem Wunsche Erfüllung, ohne ihn deswegen aber vollkommen zu befriedigen. Es ist dies sehr eingehend und folgerichtig motivirt und besonders der Schluß von erschütternder Wirkung. Beide Werke sind von der Verlagshandlung sehr geschmackvoll ausgestattet. — Bei Gebrüder Poetel, Berlin, erschienen nachstehend genannte Werke: „TirStniidk kommt", Erzählung vonGeorg Bormann (Preis 4 ^l). „Ntderall llassrldk", Novellen von Villamaria (Preis 4 ^l), und „Das neue Buch", Märchen und Skizzen von Adalbert Meinhardt (Preis 3 ^l). — Die Bormann'lche Er zählung zeichnet sich durch Las sinnig erwählte Grundmottv und die schlichte und dabei zu Herzen gehende Durchführung auS. Der Leser erfährt hier das Schicksal einer Ehe zwilchen zwei grundverschieden angelegten Naturen, einem derben, gesühlsrauhen Förster und einer zarten, reich begnadeten Künstlerin. Ein Conslict zwischen Beiden scheint unvermeidlich: der energische Mann jeldst nährt ihn noch eher, als daß er ihn zu dämpfen strebt; prinvolles Getrenntsein martert Beide, doch endlich knüpft ihre- Kindes Hand den zerrissenen Faden wieder an und sie gehen geläutert aus der Prüfung hervor. Schlichte Natürlichkeit des Empfindens und voefievoU» Lebensanjchauung sind die reizvollen Merkzeichen dieser sreundlich anmuthenden Erzählung. — Die Novellen-Sammlung „Ucbcrall Saffeldc" von Villamaria trägt an der Spitze ein sehr wettichmerzliches Motto: Für treues Erinnern — Gleichgiltigkeit und Vergessen. Für selbstlose, opser- freudige Lieb« — Verroth und Untreue. Statt des Rechte» — Willkür. So war es und so wird es sein: überall dasselbe. Das klingt sehr trostlos, und die Novellen der Sammlung sind auch alle auf diesen Grundton gestimmt, zum Glück ist aber die Ausführung eine so „niedliche", daß der Gesaminteindruck nicht allzu erschütternd ist. Der Leser braucht sich nicht in die Untiefen menschlicher Unvollkommenheit zu versenken, sondern darf an der Oberfläche bleiven, und da ists zeitweise auch ganz nett. Einzelne der Novellen lesen sich recht gut, so „Das Bild der Ersten", „Die Gäste des Prälaten" und ins besondere „Der Roman eines Storches". Die beabsichtigte Tragik in „Zwei Schwestern" verpufft an den siebzehn Jahren der Heldin. Sie jammert wegen einer unglücklichen Liebe, „daß ihr Leben zu Ende, denn ihr Herz sei todt" — aber wer glaubt'- dem Backfisch? Außerdem enthält die Sammlung noch „Erinne rungen", „Schön Gerda" und „Bor Onkels Geheim- schrank". Tie Märchen und Skizzen in der Sammlung „Ta» blaue Buch von Adalbert Meinhardt biete» nichts Hervor ragendes. Sie sind ganz hübsch erdacht und anSgesührt, aber doch ohne den Schmelz der Märchenpoesie und auch ohne deren phan tastischen Reiz. Das Talent der gern gelesenen Schriftstellerin be währt« sich aus anderen Gebieten mehr. Schließlich wollen wir unsere Leser noch darauf aufmerksam machen, daß der A Hartleben'sche Verlag, Wien, jetzt den 28. Band von P. K. Rosegger'« ausaewählten Schriften herausgegeben hat. Derselbe ist betitelt „Allerlei Menschliche»" und enthält Skizzen aus dem Alltagsleben und allerlei Bettachtungen über menschliche Schwächen und Vorzüge, aber auch über mancherlei Göttliches. Adam und Christus, das sind die Pole dieses Buches. Zwischen ihnen liegt allerlei Menschliches, einander ergänzend oder widerstreitend — nach unten oder »ach oben strebend. Der Inhalt des Buches ist ein sehr reichhaltiger und kann von ihm gelten: „Wer Vieles bringt, wird Manchem Etwas bringen." il-e. Der WüsttUprinj. Eulturgeschichtliche Erzählung aus der Blüthezeit Alt-Egyptens von Paul Oskar Höcker. Berlin. Verlag von H. Srüg e r. Preis 4,80 . Der Verfasser hat es verstanden, die neuesten Forschungen aus dem Gebiete der alt- egyptischen Lulturgeschichte — Männern, wie Er man, EberS, Lauth, Lepsins. Woenig u. a. folgend — in anschaulicher Weise zu verwkrthen.".. So lautet ein Satz in der Barbe,nerkung zu diesem reich illustrirten, vornehm ausgesiatteien Buche. Das nennen wir anständig und ehrlich und können nur wünschen. Laß recht viele Roman- und Jugendschriftsteller ebenso verfahren möchten, wie der Autor; denn wie wir häufig zu beobachten Gelegenheit baden, plündern nicht wenige di« für ihre Zwecke geeigneten historischen und ethnographischen Forschung-werte in unverschämtester Weise, ohne die Quellen nur anzadeuten, aus denen sie ihre Weisheit schöpften. — Der Verfasser entrvllt uns aus Grund eingehender kulturhistorischer Studien in seiner roman haften Erzählung «in sehr anziehendes, plastisches, buntfarbiges Bild aus der Zeit der Ramessiden. Die bedeutendsten Momente des hochent- wickelten socialen Lebens, daS unter Ramses III. (um 1200 v. Ehr.) seinen Höhepunkt erreichte, finden wir hier geschickt zusnnimen- getragen und mit einander verbunden. Der Leser gewinnt am Faden der Erzählung nicht nur einen Einblick in die Sitten und Gebräuche des alten Nilvolkes, er lernt nicht nur die Einrichtungen der Tempel, der Häuser, der Schulen, der Gräber in der Todlen- stadt Theben, die Kainpsesweis» der Truppen und ihre Waffen, die Nachen der Fischer und Schiffer, das Schreibgerät- der Schüler, die Tracht und hunderterlei Geräthe und Dingt des damaligen Prosanlcbens und Verkehrs kennen, er vermag sich auch an malerisch gezeichneten Scenen aus dem Volksleben beraus, als da sind Auszüge, Arbeiterrevolten, Beisetzungs-Seremonien, Damengrsellschasten, Bilder ans dem Lager- leben u. f. w., in die Zeit Ramses IN. zu versetzen, in dessen letzte Regierungsjahre unsere Erzählung fällt. Die Fabel derselben ist gut ersuaden und sehr geschickt logisch und spannend zn End« geführt. Die Cdaraktrre sind scharf gezeichnet und die Schilderung theil- hoch dramatisch, theils sehr sinnig, rührend und duftig poetisch. — Da der Verfasser bei Einfügung der kulturhistorischen Momente gewissenhaft versahrrn ist, müssen wir umso mehr bedauern, daß er nicht noch einen Schritt weitergeganaen und bei seinen Vorstudien die »xacten Forschungen auf dem historischen Gebiete berücksichtigt hat. Er würde alsdann erfabren haben, daß mit dem in der Er zählung als „Wüstenprinz" Affnr auftreteuden fingirtea Sodne Ramses HI. daS Geschlecht der Ramessiden keineswegs ausstarb. Auf der Rückwand des zweiten Hofes im Tempel znMedioet-H ab u findet sich eine Liste, welche die 10 Söhne Ramses III. nennt. Einer dieser Söhne (Ramses IV.) wurde im 32. Regierungsjahr« de« Königs zum Thronfolger ernannt. Die Gattin Ramses lll. führt aus den Denkmälern den Hauptnamen „Isis Hest". Erst mit Ramses XIII., um 1160 v. Ehr., erlosch dir thebanische Dynastie und Priester- köniae nahmen vom Throne Besitz. Die Herrschaft der rgyptisch- lybischen Könige beginnt viel später und zwar um 950 v. Lhr. Doch olle diese Ausstellungen vermögen den guten Eindruck nicht zu verwischen, den das Buch bei dem Referenten hinterlaffen hat. Das kulturhistorische Lolorit der Erzählung ist ei» so getreue« und sarbensrisches und die Erzählung selbst so flott und spannend, daß wir sie nicht nur als gediegenes Weihnachtsgeschenk für die reifere Jugend, sondern auch jedem gebildeten Leser als interessante, be lehrende Lektüre besten- empfehlen können. Franz Woenig
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder