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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.12.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921201016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892120101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892120101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-01
- Monat1892-12
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E» der tzauptexpedition oder den tm Siadb» deztrk und den Vororten errichtete» Aus gabestellen «bgeholt: viertel jährlich ^14.50^ bei jweimaliger täglicher Zustellung in« Hau« ^ LüO. Durch dt« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Dirert» tägliche Kreuzbandseuduag t»s Auttand: monatlich Ni Sc—. Die Morgen^luägabe erscheint täglich'/,7 Uhr, die Abend-AuSgnbe Wochrulog« 5 Uhr. Nedaclion,«> LrveLitioa: Johauue»«afse 8. DieTrpeditiou ist Wochentag« unnnterbroche» geSKlet voa früh 8 bi« AbeuüS 7 Uhr. FUialeu: vtt» Ae«»'» «»rtt». («lsre» -Oh»), Ulliversitätsltrab« 1, Lallt« Lisch-. Katharineustr. 14, pari, «ud König-Platz D , ^ ^ ' , Morgen-A tMgcr JttsertkonSpreiS M, - - Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeWstsverkehr. Gröber» Schrist» laut unser«» vazeichllib. TsÄllarischer u^> Z »ach höherem Tarif. »rtra-veila^» (grsaltt,. «ae mlt de, Morg«»Au«gahe, oha« Postbrsörderuuz Ni SL—, m«t Pofib^ösderun, Ni 70.—. - ^«alfweschUlß^fir Inserate, Nb»»d.Autgade: Vormittag» iS Uhr. Morg,».«u«g»be:chrachmtttag» chllhr ^ Sonn, und Festtag« früh ^ klhr. vs^de» Filiale, und Annahmestelle» je rill« balße k tu»b« früher. n»fer«t» stll» stets all ^i» Wrstehttioa , h» richte». Dr»ck»d Verlag vov G. P,l« 1» Leipzig. 813. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Die Stücke 41 und 42 des diesjährigen ReichsgesetzblattcS sind bei uns ringegollgen und werden bis zum LA. Terembrr diese» Jahre« aus dem Rathhausjaale zur Einsichtnahme öffentlich aus- hangen. Dieselbe» enthalten: Rr. L053. Bekanntmachung, betreffend die VerkehrS-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands, Vom 15. No- veinber 1882. Rr. 2053. Bekanntmachung, betreffend die Vereinbarung er- leichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands einerseits und Oesterreichs und Ungarns andererseits rücksichtlich der. bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Gegenstände, in Gemäßheit des 8- 1 letzter Absatz der Ausführungs-Bestimmungen »um internationalen Uebereinkommen über oeu Eisen, bahnfrachtverkehr. Vom 1b. November 1892. Nr. 2054. Verordnung, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes für das süd- westafrikanijch« Schutzgebiet. Vom 8. November 1892. Nr. 2055. Bekanntmachung, betreffend die Gestattung des Feilbietens von Bier im Umherziehen. Voni 7. November 1892. Leipzig, de» 26. November 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. Or. Georgs. Krumbiegel. Verdingung ; . 22 Stück Doppelfenster aus Kics>«Stz«lz sollen bis 2V. Te- tembrr 1892 beschafft werden. Bedi»gu»eu cinzusehen Baracke ä, Stube 23. Angebote versiegelt abzugebe» Dis 5. December 1892 an vommando 1V. (Sünigl Lachs.) Jnsanterie-Regiment Rr. IZ4. Donnerstag den 1. Deaember 1892. > — ' 86. Jahrganz Bekanntmachung. Herr Stadtrath Finanzrath vr. für. Earl Herrmann Bernhard Fischer ist heute al- besoldeter Stadirath der Stadt Leipzig von Neuem, mithin aus Lebeaszeit, verpjiichtet und in sein Amt ein. gewiesen worden. Leipzig, den 30. November 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Größe!. Bekanntmachung, die «n» 1. December 1892 vorznuchmendr Viehzählung brtr. Nach Beschluß des Buudcsrathes vom 7. Juli d. I. hat eine Erhebung der Viehhaltung nach dem Stande vom 1. December 1892 stattzufinden und soll diese Ausnahme von Haus zu Haus erfolgen. Die Ausnahme erfolgt mittelst gedruckter Formulare, von denen jedem Hausbesitzer eines zugestcllt wird und für deren Ausfüllung nach Anleitung der ausgedruckten Vorschriften der Letzter» zu sorgen verpflichtet ist. Auch in denjenigen Hausgrnndstücken, in denen notorisch keine der in Frage kommenden Thiergattungen gehalten werden, soll ein Erbebungssormular behändigt werden. In solchem Falle hat der Besitzer ein „Vacat" oder „werden nicht gehalten" in die Spalten des Formulars zu setzen. Mit der Durchführung dieser Zählung haben wir unter statistisches Amt beanstragt, welches die beir. Listen bis zum 23. November austragc» und vom 5. December ab wieder einholen lassen wird. Sollte bis zum 2b. November in einem Grundstück eine Liste noch nicht abgegeben worden lein, so ist eine solche ungesäumt bei Vermeidung einer Strafe bis zu 20 Nl bei unserem statistische» Amte — Kupfergäßchen l, II., — zu verlangen. Leipzig, de» 12. November 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. 8t.-1.1575/92. vr. Georgi. vr. Hasse. Bekanntmachung. Von dem Unterzeichneten Armenamte sollen Freitag, dcu 2. December 1892» Varmittag« von 9 Uhr an tm hiesigen Stadthause verschiedene Gegenstände, als: Möbel, Betten, Wäsche, Kleidungsstücke, Haus-, Küchen und WirthschaftSgeräthe u. A. m. öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 30. November 1892. Das Armen-Amt. Hentschel. ArtuS. Bekanntmachung. In Gemäßheit der Verordnung der Königlichen Ministerien des Cultus und öffentlichen Unlerricht» und der Justiz vom lO. Februar 1870 wird hierdurch zur allgemeinen Kennlniß gebracht, daß der «irchcnvarftand der rvomarkirchei,gemeinde aus folgenden Mitgliedern besieht: vr. lüeol. O. Pank, Superintendent und Pfarrer zu St. Dhomä, vr. iur. Grg. O. FreieSlebcn, Reichsgerichtsrath, P. Otto Brückwald, Hosbaumeisler und Architekt, Via. tbsol. er vr. pl>. Hrm. Ferd. van Erlegern, 1. Dia> konuS zu St. Thomä und Divisions-Prediger, Karl Albert Eugenia»», Tischlermeister. Theod. O. Hering. Glaserineijler, vr. pH. Frz. Em. Junginan», Professor und Rector an der Thomasschule, Heinr. Otto keilbrra. Kausmann, Karl Frdr. Eduard Mangncr, Lehrer an der V. Bürgerschule, Karl Felir Scharsfcr. Kausmann, vr. pK. Willem Smitt, Schnldirecto,,, vr. zur. vt rlieol. Rudolf Sohin. Geheimer Hosrath und Professor an der Universität, Icke. tdsol. «t vr. pH. L. E. Luppe, Archidiakouus zu St. Thomä, Franz Weise, Uhrmacher, Ludw. Wenzel, Direktor der Leipziger Kammgarnspinnerei, Heinr. Gust. Zwriniger, Kansmann. Leipzig, am 28. November 1892. Der Ktrchenvorstan» zu St. Thomä. v. Pank. Spartasse in der parochie Lchönefeld zu Lripzig-Rrudniiz. «renzstratze Rr. 2. Wegen Zinsenberechnung und Abschluß der Eonlcn werden Sparbücher in »er Zeit vom 19. bis 91. Detember 1892 nicht erpebirt. Für Ein. lind Rückzahlungen ist der 17. December der letzte Eipeditionstag in diesem Jahre. Bom 2. Januar 1899 ab werten wieder täglich früh von 8 bis 1 Uhr Spareinlagen angenommen und Rückzahlungen geleistet. Leipzig-Reudnitz, 22. November 1892. Kaveri I-lederl, Director. Die Krisis in Frankreich. * Krisen an allen Ecken und Enden der Welt — so kann man ausrufen beim Lesen der Nachrichten aus Berlin, Wien, Vcst, Nom und zur Abwechselung wieder einmal aus Paris. Ueberraschen kann es Niemand, daß das Cabinet Loubet den Weg so vieler Vorgänger gegangen ist; daß eS aber in der Tchialiimstutb deS PanamacanaleS nntergegaugcn, das gehört zu jenen Ueberraschlmgcn, an denen Frankreich mit jedem Jakre reicher wird. Seit dem 18. Oktober d. I., an welchem Tage die Herbsiscssion der französischen Deputirtenkammer begann, war daS Ministerium Loubet wie mit allen Hunden gehetzt. An esichlS der im nächsten Herbst stattsindenden allgemeinen Lahlcn hatten fast alle Parteien de- Hauses das Bestreben, daS farblose und schwache Cadinet zu verdrängen und ein Ministerium eigener Richtung an daS Linder zu bringen Fast kein Sitzungstag verging ohne Zwischenfall, und An fragen und Interpellationen bildeten die ständige Tagesord nung dieser Saison. Mcbr aiS einen barten Strauß hatte Herr Loubet mit den vereinigten Monarchisten, Boulangis und Radicalen auSzusechten, und überraschender Weise ist er bis in die neuesteZeit auS allen diesen parlamentarischen Kämpfen iegreich hervorgeaangen, so daß eö fast den Anschein batte, al» ollte daS Ministerium vom 28. Februar d. I., d allgemein nur eine sehr kurze Lebensdauer voraussagte, doch noch daS Neujahr überdauern und möglicherweise sogar die neuen Wähle» leiten. Der 28. November hat djrse An nahme als hinfällig erwiesen; aber das Eabintt Loubet ist nicht gestürzt worden, sondern cS hat sich selbst umgebracht, cS hat einen Selbstmord begangen. Die Führer der Opposition, denen e- sicher sehr unangenehm sein müßte, im gegenwärtigen Augenblick der größten Unord nung und Verwirrung, wo der Panamaskandal gleich einem Damoklesschwert über allen Parteien schwebt, zur Ucbernahine bekleidet, hier oder dort Anstoß erregt. Für uns Deutsche ist e- von besonderem Interesse, daß die Ministerien des Auswärtigen und deS Krieges nicht in Hände falle», die bei uns bereits Anstoß erregt haben und aus einen neuen bin- arbeilen. Revanckelnstig ist AUeS, was in Frankreich mit einiger Aussicht auf Erfolg nach einem Ministerposten streben kan,.; nur daS Maß vv» Vorsicht, das mit dieser Lust sich paart, ist verschieden. Lebte der Geist Boulanger'S in dem neuen französischen Cabinct wieder auf — z. B. in dem General TodtS —, so würde Graf Caprivi die neue Mili- tairvorlage viel leichter durchdrücken, als wenn Herr Freycinet daS Portefeuille deS Krieges behält. Deutsches Reich. 8?. Berlin, 30. November. In einer angesehenen Wochen schrift bat sich ein zweifellos nationalgesinnter Mann über daS Wesen der nalionatliberaten Partei scbr abfällig nnd über ihre Zukunft sehr pessimistisch ausgelassen. Ter Verfasser hat unlerlaffen, diejenigen anderen Parteien anzuführcn, die sich nicht gleich der natioiiallibcralcn in dem gegenwärtigen Stadium der deutschen Eniwickelnng in einem kritischen Zustande befinden, und cS ist vielleicht die beste Widerlegung seiner Ausführungen, daß ein der nationaliibcralen Partei jedenfalls nicht als notorischer Gegner gegenüberstchender Publicist sich so äußern darf, wie eS gc schehen, ohne einer terroristischen Be- und Mißhandlung zu verfallen. An anderen Stellen wäre ein sclbstgcnügsaincS Pkarisäertbum Wohl sofort mit einem Anathema bei der Hand gewesen Der Artikelschreiber unterzieht die nationalliberalc Partei isolirt seiner Betrachtung ohne Rücksicht ans die Verhält nisse und insbesondere auf die ankeren Parteien. Die Darstellung wird dadurch eine unbrauchbar einseitige, worüber hier aber nicht gerichtet werden soll. Nur ein Punct sei berührt. Wer immer über den Nationalliberalismus zu Gericht sitzt, bat einige tiefsinnige Worte über die „ Cnltur kämpf er" dieser Partei, ikre „ungeschichtliche Anschauung" der katholischen Kirche. DaS ist herkömmlich, und der Publicist, mit dem wir eS zu thun haben, hat sich denn auch nicht entgehen lasten, von einer vermeintlich höheren Warte die bekannte vornehme Gleichgiltigkeit gegen den UltramontanismuS zu äußer». nnd ihren Sohn in seiner Neigung nur noch bestärke. Nun verbietet aber die griechisch-katholische Kirche die Ebc zwischen Geschwisterkindern und die Zarin nnd die Königin von Griechenland sind Geschwister. Man bat war seit Alters her Ausnahmen gemacht, aber die Volks timme bat diese Eben anstößig gesunden. AiS Großfürst >anl, Bruder de» Kaisers, mit der ältesten Tochter des lönigS von Griechenland sich vermählte und die junge Groß- ürstin im Wochenbett starb, glaubte daS Volk in Hella« darin die Fügung Gottes zu erkennen, da beide Gatten zu nahe mit einander verwandt waren. — In Hofkreisen erzählt man sich, der Kaiser werde am 10. Januar der Hochzeit des Thronfolger« von Rumänien in Sigmaringen beiwohne». — Der Kaiser hat beim Empfang deS Reichstags- Präsidiums bekanntlich die „Erwartung" ausgedrückt, daß das Reicköseuch enge setz bald vorgeiegt werden könne. Wie die „M. N. N." aus parlamentarischen Kreisen erfahren, hat das Präsidium bei diesen Worten den Eindruck gehabt, alö ob die Schwierigkeiten, die der Vorlegung deS genannten Gesetze- entgcgenstandcn, nicht ausschließlich in der Materie elbcr ihren Grund haben, daß vielmehr zugleich gewisse Bedenken von Bundesstaaten zu überwinden seien. Die Thronrede batte bekanntlich das NcichSseuchenaesetz nicht erwähnt. Da die Vorarbeiten zu einem solchen Gesetze längst im Gange sind und in bewährten Händen liegen, so würde cS immcrbi» angemessen gewesen sein, den betreffenden Gesetzentwurf anznkündigen, wofern nur die verbündeten Regierungen bereits einig darüber gewesen wären, ein Reichs- cuchengcsctz zu machen. Dies scheint aber leider bis jetzt nicht der Fall zu sein. — Nach neuerer Festsetzung des Scnioren-ConvcntS wird der „Frkf. Ztg." zufolge die Militaircommission, wenn Mir ' ' ' . ^ . der Regierung berufen zu werden, boten Alle« auf, um dem Lrlbstverstänklich kennt er einen UltramochaniSmuS überhaupt CoiiseilspräsikentenLoubeljiind kemIustnniinistcrRicard golden. ff'nbcrn nur eine katbolisck-e Kirche. ..un ließe sich Brocken für den Rückzug zu bauen. Sogar eiu^VertrauenS. "c.chwc„eu. da« schon vor der Reformation, zu einer Votum wurde beantragt, üm der Regierung die Möglichkeit u verschaffen, au« der Sackgasse, in welche sie durch die ngeschicklichkeit Ricard's gcrathcn war, herauszukon»»«:. Es war jedoch Alles vergeblich, und als sogar von radicaler Seite die Hand entgcgengestrcckt wurde, um dem strauchelnde» Ministerium wieder auf die Beine z» helfen, da erklärte der Conseilspräsident mit einer Starrköpfigkeit, die man sonst a» ihm nicht zu beobachten Gelegenheit batte, daß das Ministerium nur die einfache Tagesordnung amichme und alles Andere bestimmt zurückweise. Es konnte in diesem Augenblick kein Zweifel mehr sein: Herr Loubel und seine College» waren der ununterbrochenen parlamentarischen Scharmützel müde, und die Gelegenheit, aus einer überaus verwickelten und un erfreulichen Lage herauSznkommcn, in die sie nicht ohne ihr Zutkun geralhen waren, schien so günstig, daß der Minister präsident um jeden Preis gestürzt sein wollte. Die Hinterlassenschaft, welche das nächste Cabinet von Loubel und Genossen überkommt, ist keine angenehme und die Situation der neuen Minister ist kcincswergS bcneidcnS- wcrtb. Nach den neuesten Nachrichten erscheint eS als ziem lich sicher, daß Herr Brisson, der Präsident der Panama- Untcrsuchungs - Commission, an die Spitze dcö Mini steriums treten wird. Brisson war schon einmal Cbef deS französischen CabinetS und zwar vom 0. April l885 bis zum 7. Januar 1880. Brisson ist seinem politischen Charakter nach conscrvaliver Republikaner, und er hat auch schon wissen lasten, daß, wenn er noch die CabinclS- bildung durchzuführen sich entschließt, er kein radicalcs Cabinct bilde» wird. Welche anderen Minister in daS neue Cabinct eintrcten werden, ist noch unbestimmt. Man spricht von Ribol und Freycinet, die in dem gestürzten Cabinct die Ministerien des Aeußcrcn und des Krieges be kleideten. Von Bedeutung wird eß sein, ob auch der frühere Minister dcö Innern, ConslanS, ein Amt in der neuen Regierung findet Wie heule die Dinge in Frankreich liegen, so ist die Ernennung eines energische» Ministers des Innern in hohem Grade wünschenSwcrth. Das Cabinct Loubet hat durch sein Zander» und seine Schwäche die Partei der socialen Revolution in außerordentlicher Weise keck und stark werden lasten. Noch niemals zuvor bat der anarchistische Schrecken sich so über daS ganze Land verbreitet, wie wäbrend der Herrschaft des Ministeriums Loubet. In Paris folgten die anarchistischen Verbrechen mit einer Schnellig keit auseinander, daß darüber in der ganzen Welt ein Schrei deS Entsetzens sich erhob. Kein Wunder, wenn im fran zösischen Vürgcrthum ganz allgemein das Verlangen nach einer energische» Hand vorhanden ist, die niit den Herren Anarchisten und Socialistcn nicht viel Federlesen- macht. Ein solcher energischer Mann würde nach Dem, waö er früher geleistet, Herr EonstanS sein. Wir sind überzeug», daß ibm bei träftigcm Vorgehen gegen die geschworenen Fcinre de« Staates und der Gesellschaft auch die Unterstützung der Monarchisten nicht fehlen würde, und das neue Cabinet könnte alStann der Radicalen in der Deputirtenkammer, die nur 120 Kopse zählen, gegen etwa 400 gemäßigte Republikaner unk Monarchisten, sich leicht erwehren. Leider ist Herr Constans eine zu intriguante Natur, um ein begehreuSwerlbcr College zu sein. Man wird nun abzuwarten haben, wie die Dinge weiter verlausen, welche- Cabinct schließlich aus der gegenwärtigen Krisis hervorgehen wird. Waö die CabinelSbildung be sonders schwierig macht, ist die Tbatsache, daß kein anderes Land so viele Ministerien verbraucht bat wir Frankreich seil dem Bestehen der gegenwärtigen republikanischen RegierunaSsorm ES sind in Folge besten nicht all»» viele hervorragende Männer mehr vorhanden, die, ohne da« sie schon früher Dem oder Jenem sich verhaßt gemacht haben, in die Regierung eintrcten können. ES liegt in der Natur der meiijchlichrn Dinge begründet, daß Derjenige, der ein öffentliches Amt Zeit also, da Deutschland ein anderes christliches Glaubens bekcnntniß als das katholische nicht kannte, ein Gegensatz zwischen dem kirchlichen Bcdürfniß und der römischen Mackitpolltik vor handen gewesen ist. Es genügt aber, sich an die neueste Zeit zu halten und an den Liberalismus in den süddeutschen Staaten » erinnern, der unter Führern und Massen zahllose gläubige .Katholiken zählt, die aber dem politischen Illtramontaiiismus noch mißtrauischer gegcnüberstehcn, als die liberale evangelische Bevölkerung. Sic sind sich bewusst, daß sie eine ungeheure Gesabr sür Nationalität und Cnltur vor sich haben »nd daß die „Ucberspannthcitcn" der Hchkapläne, mit denen angeblich die Nalionalliberalcn die geschichtlich gewordene katholische Kirche verwechseln, am meisten Aussicht haben, brutale Wirk lichtest zu werden, wenn die Hctzkapläne schweigen, wie cS gegenwärtig der Fall ist. Eö sind z. B. nicht Hctzkapläne, cs ,st der katholische Episkopat in Bayern, der, wenn auch nicht förmlich, den in dem bevorzugten klerikalen Verlag Bayerns erschienenen Ta sch enkalend er für Gymnasiasten appro Hirt bat, auS dem im „Leipz. Tagebt." bereits eine Reihe von Proben mitgetbeilt sind und in dem neben anderen Un gebeucrlichkcilen Folgendes zu lesen ist: „Lessing war ein schamloser literarischer Dieb, der an Unverfrorenheit seines Gleichen in der Literaturgeschichte aller Länder und Völker sucht und — nickst findet. ... In „Emilia Galotti" und „Nathan dem Weisen" ist auch nicht ein einziger Satz dem Gehirn dcö „unsterblichen" Lcssing entsprungen. . . . Lcssing litt an einer gewissen Diebstahlswuth. . . . Goetkc ist ciil niedriger Menjch . . . . u. s. w." Siebt etwa der Umstand daß jungen Leute» derartige Bücher i» die Hand gedrückt werden, im Widerspruch mit der „geschichtlich gewordenen katholischen Kirche" nnd ist die Bekämpfung solcher nn deutschen Einflüsse nicht die selbstverständliche Aufgabe einer Partei, die sich eine nationale nennt'? Wer Deutschland predigt, die Feinde von Vernunft nnd Wissenschaft gewähren zu lassen oder nicht tragisch zu nehmen, der predigt ihm, sich seiner allergrößten Kraft zu eistäußcrn. lll Berlin. 90. November. Im Vorort Nixdor haben sich die zahlreichen Webermeister und Gesellen jetzt dem Textilarbeiter-Verband angcschlosse», in der Hoff liuiiI, dadurch vielleicht Vvrtbcile sür sich herauSschlagcn zu können. Tie Webermeister arbeiten anöschließlich für hiesige Großhandlungen, deren eö 2'» gicbt. Mit den Inhabern der selbe» baden nun die Webermeister RixtorsS conferirt, um eine Preiserhöhung für die Webereifabrikate her- bcizuführcn. Es wurde von den Fabrüanten nnd Händlern anerkannt, dc.ß die Preise zu niedrig und die Löhne der Ge selten ausbesscrungöbedürstig seien. Um jedoch Abhilfe schaffen zu können, sei cS nothwcndiH, daß gleichzeitig in allen Webereien die Preise erhöht würden, sowie daß in ankeren Wcderorlen nickt billiger gearbeitet würde. In Concurrcn; ständen Treuen i. V. und einige oberbayeriscke Wedcrorte Die Großhändler crllärtcn sich schließlich bereit, den Weber meistern in ihren Forderungen cntgegenzukommcn, sobald sestgcslellt sei. daß von Liesen Orten die gleiche Arbeit nicht billiger geliefert werte. I'. Berlin, 30. November. (Telegramm.) Die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" versucht heute, die Behauptung der „Hamburger Nachrichten", Kaiser Wilhelm!, sei nicht bereit gewesen, unler Umständen auf die dreijährig Dienstzeit zu verzichten, als unrichtig nachzuweisen und führt zu diesem Zwecke den tj. 12 des vom Frankfurter Parlament 1848 genehmigten Entwurfs zu einem Gesetze über die Wehrversassung an. — Die „Post" schreibt: In hiesigen diplomatischen Kreisen finden die Mittbcilungen der „Politischen Correspondcnz" über den Großfürsten Tbron folger von Rußland und seinem Wunsche, sich mit der Prinzessin Marie von Griechenland zu verloben viel Veacktnng. Man erzäblt sich, daß die Kaiseri von Rußland eine eifrige Fördnerin dieses Plane- sei ie aus 28 Mitgliedern zusammengeseyt wird, als dritte Acht- dzwanziger-Eommission in dieser Session, bestehen aus Conservativcn und Freiconservativen, 9 Centrumsmit- gliedcrn, 1 Polen, 3 Nationalliberalen, 6 Freisinnigen und Cocialdemokraten. Die VolkSpartci ist hierbei den Frei innigen zugezählt. ezüalich der Stellung deS Fürsten Bismarck zur Militair-Vorlage schrieb die „Köln. VolkS-Ztg.": „Neuerdings geben die „Hamburger Nachrichten" zu, daß Fürst BiSmarct um die Vcrdy'schen Pläne gewußt habe, aber die Sache wird so dargestellt, als ob die Einzelheiten der Vorlage nur im Kriegs- und Finanzministerium bekannt gewesen seien, während sein Interesse i» der Hauptsache auf die finanzielle Tragweite beschränkt .blieben sei. Es liegt indessen auf her Hand, daß bei der Stellung NS früheren Reichskanzlers kein Kriegsminister es gewagt hoben würde, a» die Ausarbeitung eines so großen Planes heranzugehen, ohne dessen grundsätzliches Cinverständniß." Dazu bemerken die „Hamb. Nachr.": „Das klerikale Kölner Blatt thut sehr unbekannt mit den Ver hältnisse», die damals der Entlassung des Fürsten Bismarck vorauf, gingen; es sollte ans den vielen seitdem ersolgten Veröffentlichungen wissen, wie die Stellung des Kanzlers den Minister» und gerade gegenüber dem Kriegsminjstrr war. Daß General von Vcrdy gegen dringendes Abrathc» des Kanzlers zum Minister ernannt wurde, ist längst bekannt, und schon diese Thatsache genügt, um die haltlose Eombination über die damalige Allmacht des Minister präsidenten richtig zu stellen." Wie sich aus einer Mittbcilung des Finanzministers in der Stcucrcommission ergab, sind die Erwägungen über die beabsichtigte Vorlage wegen der Erhöhung derBolkS- sckullebrer-Besoldungen nnd sonstiger besserer Dotation der Volksschule noch nicht abgeschlossen. — In der gestrigen Nachmittagssitzung der Steuer- coin Mission kündigte, dem „Hambg. Corr." zufolge, Finaiizminister Miguel einen Gesetzentwurf an, wonach die Zinsen des au« den Ueberschüssen der Einkommensteuer zu bildenden Fonds zur Erleichterung der Sch ul lasten für bedürsligc Gemeinden und zur Aufbesserung der Minimal- gehälter der Lehrer verwendet werden sollen. — In der „Deutschen Revue" wird die Veröffentlichung von Briesen auS dem Nachlaß LaSkcr'S jetzt abgeschlossen. Mittheilungcn von politischer Bedeutung sind dem neuesten Hefte nicht mehr zu entnehmen, wohl aber das nachfolgende Schreiben des GroßberzogS von Baden an LaSker, weil es bezeichnend für da« einfache Wesen des Großherzogs ist. Er schreibt an den damaligen nationalliberalen Parteiführer: Werthgcschäyler Herr I Ich hoffe von Ihnen nicht sür unbescheiden erachtet zu werden dafür, daß ich, ohne mit Ihnen persönlich bekannt zu sein, die Bitte an Sie richte, mir ein Stündchen Unterredung zu schenken. Die großen vaterländischen Interessen sind es, die meine Bitte wohl in Ihren Augen rechtfertigen werden. Sollten Sie meiner Bitte entsprechen können und wollen, so bitte ich Sie, morgen Vormittag halb zwölf Uhr zu mir kommen zu wollen. Ihr ergebener (gez.) Friedrich, Gr. v. Baden. Berlin, Niederländisches Palais, 2. April 1877. — Für den 30. November ist, wie bereits gemeldet, der Gcncral-Synodalrath der evangelischen Landeskirche nach Berlin cinberusen. Derselbe soll über die folgenden Fragen gutachtlich sich äußern: „Was ist seitens der evangelilchcn Kirche zu thun, um die neue Gesetzgebung über die Sonntagsruhe für die Heiligung des Sonntags in den Gemeinden fruchtbar zu machen?" nnd „Entspricht es dem Interesse der Kirche, der in geistlichen Kreisen vielsach gewünschten Veränderung im Besoldungswesen der Geistlichen durch Beseitigung deS Psründeniystems und Nor« mirung des Pfarrgeholts nach dem Tienstalter näher zu treten?" * Liegnttz. 29. November. Ter Oberkirchenrath beschloß, von einer DiSciplinaruntcrsuchung gegen Pastor Ziegler aen seines Vortrages über den historischen EhristuS ab- >ehen. 61era, 30. November. Der Erbprinz von Reuß j. L-, weicher, wie wir telegraphisch meldeten, die Landesregierung in Stellvertretung übernommen bat, ist am 10. November 1858 ge- boren. Den größten Tbeil seiner Kindheit verlebte er aus Schloß Öfterstem. Die erste Schulbildung empfing er durch einen Geroer Elementarlebrcr, an dessen Stelle nach drei Jahren ein Philologe trat. Im Jahr« 1872 kam Pnuz Heinrich aus das Gymnasium zu Wernigerode, welches er aber bereit» zum Wintersemester 1874 wieder verließ, um in die Obertertia des Nicoloi-Gvmnasium» zu Leipzig einzutretcn. Diese- verließ er bei Schluß des Sommer- semcstcrS.l 876 als Obersecundaner. verbrachte alsdann ein Jahr im Pensionat Sillig zu Vevey (Schweiz! und kehrte von hier nach Deutsch land ans das Pitzlbum'sche Gymnasium zuDresden zurück, an welchem er 1879 die Maturitätsprüfung mit dem Prädieat „gut" iu allen Fächern ablegte. Sein» Universilättstudtcn hat unser Erbprinz in Boa» we§ zu,
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