4. KAPITEL Ordinarius der erneuerten Bruderunität Hermhut wurde im Jahre 1727 zu dem Ort, von dem weltweite und dauernde Kraftwirkungen ausgehen sollten. Der Weg dahin war aber durch schwerste Erschütterungen gekennzeichnet, die in diesem schicksalsträchtigen Jahr seine Einwohner völlig durch* einanderwirbelten. Was an Empörung, an heftigem Widerspruch gegen die ganze Zeitstimmung und das damalige Christen* und Kirchentum zum Ausdruck kommen konnte, machte sich hier Bahn, brach wie eine Sturmflut über die Einwohner des kleinen Ortes herein, drohte alles wegzuschwemmen und nur leere Stätten der Verwüstung zurückzulassen. Mitten darin stand Zinzendorf und wehrte sich, zuerst fast allein. Alles schien verloren. Da erfaßte eine elementare Buß* bewegung die Gemüter Alt=Herrnhuts, Gewissensängste kamen über sie. Den Stürmen folgte die große Erweckung mit all den aufwühlenden seelischen Begleiterscheinungen, die von jeher bei Erweckungen zu beobachten sind. Um diesen Sturm und Drang, um das große Aufwachen, um die nachfolgende Bußbewegung zu verstehen, muß uns zuvor ein Stück Kirchengeschichte jener Zeit vertraut sein. Die Erweckung, die jene beispielhafte Einmütigkeit, Zeugenfreudigkeit und Opfer* Willigkeit in Alt=Hermhut auslöste, verzankte Menschen zu einer „Heldengeneration" zusammenschweißte, hob sich gegen einen dunklen Hintergrund ab. Die kritischen Geister, die hier wach geworden waren, stammten aus der gefährlichen kirchenfeind* liehen Bewegung, die damals in Deutschland, wenn auch nur in zahllosen Kleinstzirkeln, aber doch mit großer Ausstrahlungs* kraft, Fuß gefaßt hatte. Der Einfluß dieser oppositionellen Grup* pen wirkte bis nach Hermhut. Es fehlte nur noch ein leidenschaft* licher Apostel der gegen die Kirche eingestellten Stimmen in Hermhut selbst, um eine längst schwelende Kritik zum offnen Feuerbrand werden zu lassen. Und diese irrlichtende Gestalt fand ihren Weg nach Hermhut! Der junge Reichsgraf lockte Ungezählte herbei. Seine Liebe zu allen Verfolgten, die auf ihre Weise doch Christus lieben und