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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.12.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921208010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892120801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892120801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-08
- Monat1892-12
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Wir bringen hiermit die betreff- der Benutzung der öffentlichen Eisbahn am Frankfurter Thore geltenden Bestimmungen zur öffent lichen Kenntniß: 1) Die Bahn ist errichtet für Kinder unbemittelter Eltern und darf nur von Kindern im schulpflichtigen Alter benutzt werden. 2) Erwachsenen ist das Betreten derselben »ur zu dem Zwecke gestattet, ihre Kinder das Schlitlschuhlausen zu lehren. 3) Die Bahn darf nur zur Tageszeit benutzt werden, mit ein- brechcnder Dunkelheit ist dieselbe aus das vom Aufseher ge gebene Zeichen sofort von allen Schlittschuhsahrern z» verlassen. 4) Den Anordnungen des mit der Aussichlssührung über diese Bahn beaustraglen Herrn Brunnnenbauer Vrnst Schröder ist unweigerlich Folge zu leisten. Leipzig, den 7. December 1892. Ter Rath der Stadt Leipzig. ld 5476. Or. Georgi. Morche. Lekailntmaltiung. Es wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß der Beginn der in 8- 3 unter u) der Marktordnung für die Stadt Leipzig vom 22. April 1891 für das Einbringen von Marktgut in die Stände und für den («rotzhandei bestimmten Marktzcit von Freitag, den 9. d. M., ab versuchsweise bis zum 31. März k. I. für die Tage Dienstag, Donnerstag und Sonnabend auf 8 Uhr Morgens, für die übrigen Tage Montag, Mut woch und Freitag auf 6 Uhr Morgens anderweit festgesetzt worden ist. Die Zeit für den Beginn des Kleinhandels bleibt unverändert. Leipzig, am 6. December 1892. In. 5084 Der Rath der Stadt Leipzig. 1825. vr. Georgi. Lindner. Holzauktion. TienStag. den 13. Trrrmber d. I., sollen von Vormittags 9 Uhr an auf dem Mittelwaldschlage in Abth. In des Vurgauer Forstreviers, zwischen den Böhlitz-Ehrenberger Wiesen und der Fluth rinne ca. 180 starke Abranmhanfen und - 250 starke Langhansen unter den im Termin öffentlich aushängenden Bedingungen und gegen die übliche Anzahlung an den Meistbietenden verlaust werden. Zusammenkunft: am früheren alten Forsthause bei Böhlitz- Ehrenberg. Leipzig, am 5. December 1892. Des Rath» Forstdeputation. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 34. October dieses Jahres, die am 3. Februar l829 in Rossau geborene Christiane Concordia getr. leb. Vründrl geb. Schubert betreffend. Leipzig, den 3. December 1892. Der Ralh der Stadt Leipzig. Armrnamt, Abth. lllb. X. R. Illb. 1321. Hentschel. Möller. Lparcaffe in der parochie Schönefeld zn Leipzig-Reudnitz, Ärenzstratzc Rr. 2. Wegen Zinsenbercchnung und Abschluß der Conten werden Sparbücher in der Zeit vom 19. bis 81. Lrrcmbcr 1892 nicht expedirt. Für Ein- und Rückzahlungen ist der 17. December der letzte Expeditionstag in diesem Jahre. Vom 2. Januar 1893 ab werden wieder täglich früh von 8 bis 1 Uhr Spareinlagen angenommen und Rückzahlungen geleistet. Leipzig-Reudnitz, 22. November 1892 Kotiert I.ledert, Tirector. Zur deutschen Heeresvorlage. ii. * Unser militairisch er Herr Mitarbeiter bringt beute seine orientirendc Darlegung über das Wesen und den Zweck der Militairvorlage zum Abschluß. Sie lautet: Neben der zahlenmäßigen Uebermachk hat vor Allem auch die Kriegs tüchtig seit unserer Armee in den Jahren 1870/7l zu den Erfolgen beigctragen, die Deutschland zu seiner Machtstellung cmporgehobcn hatten. Diese Kriegs Nichtigkeit beruht aus der guten Schulung und Aus bildung unserer Mannschaften, die sich aus den bohen Culturstaudpunct unseres Bolkes und auf das ihm durch diesen eingeimpfte ausgeprägte Pflichtgefühl gründet. Der Deutsche ist kein geborener Soldat, die militairischen Eigen schaften muß sich derselbe daher erst während seiner Dienstzeit aneignen. Die Hcercsvorlage plant, um einen Ausgleich zwischen unserer Minderstärke und der bedeutenden Uebermachk unserer Gegner herbeizuführen, eine bedeutende Erhöhung des Präsenz st andeS. Gleichzeitig ist dieEinführung der zwei jährigen Dien st zeit ins Auge gefaßt. Diese schon allein würde, um auf unferer jetzigen Stärke zu bleiben, die jähr liche Einstellung einer gegen die bisherige uni die Hälfte er höhten Recrutenquote bedingen. Um diese gewaltige Ziffer, die hierdurch im Vereine mit der Erhöhung des Präsenz- staiideS sich als Recrutenquote in Zukunft darslellt. zu schulen und in abgekürzter Zeit zu kriegStüchtigen Soldaten aus zubilden, bedarf es einer Vermehrung des Ausbildung« Personals. Nur durch eine solche wäre cs bei der ver kürzten Dienstzeit zu ermögliche», das deutsche Heer auch in Bezug auf seinen inneren Werth auf dem Standpuncte seiner bisherigen Tüchtigkeit zu erbalten. Aus diesem Grunde ist die Erweiterung der CadcttencorpS, der Unter ossiciersckulen und der Unterofsiciervorschulei durch die Vorlage ins Auge gefaßt, ferner wird, um der Truppe tüchtige Unteroisiciere z» erhalten, die Erhöhung der Eapitulantenlöhnung und die Einsührunc eines Handgeldes in der Vorlage befürwortet Ta der Unterosficiermangel in den letzten Jahren sich vermindert hat, so ist die Annahme um so mehr gerecht- sertigt, ein genügendes UnterofsicierSmatcrial zu erbalten als durch die in der Vorlage geplante Ncuaufstellung von Triippeneinbriteu die BesördcrungSmöalichkeit fick immer besser gestalte». D,e UntcrossicierSsrage ist im Großen und Ganzen eine Geldfrage. Ist durch eine genügende Bc- ablung der Unterossicicre während der Dienstzeit und durch ^ürsorge für deren Zukunft die Existenz derselben gesichert. so wird die Nachfrage nach guten Unterofsicieren auch einem genügenden Angebote begegnen. Eine weitere Folge der verkürzten Dienstzeit ist die Noth- wendigkeit einer inlensivern Ausbildung der Mannschaften. Es muß sowohl für die Infanterie wie für die Artillerie eine Erhöhung der Schieß- und Uebungsmunition gewährt werden. Das Anwachsen des Beurlaubtenstandes »edingt weiter eine Erhöhung der Mittel für Lie Ucbungen derselben. Man begegnet vielfach der Ansicht, daß der Officier- rsatz, der schon bisher ein schwieriger gewesen ist, noch größere Schwierigkeiten bieten werde. Dem ist cntgegen- uballen, daß gerade in de» letzten Jahren der Zudrang >unger Leute zur Ossicierslausbabn ein ganz bedeutender ge worden ist, was daraus erhellt, daß beinabe bei allen Truppcnthcilcn, insbesondere der Infanterie und der Artillerie, die etatmäßigen Seconkelieutenäntsstcllen voll besetzt sind. Die Rang- und Quarlierlislen derjenigen Eontingentsheere. welche Fähnriche mit aussührcn, beweisen durch die Zahl derselben, daß trotz der großen Anforderungen, welche die meisten Regiments - Commandcure an die Vorbildung ihres Osficier - Ersatzes stellen, sich kein Mangel bemerkbar macht. Bei den berittene» Truppen ist der Zudrang ein ge ringerer, weil der Officier bei diesen, schon der Pserbe- beschaffung wegen, eines höheren Zuschusses bedarf. Die durch Erhöhung des Recrutcnconlingents sich ergebende Verstärkung des Präsenzstandes soll sowokl zu St and er Höhungen bei den vorhandenen Truppen- tbeilen, wie zur Neuschaffung solcher verwendet werden. Es soll die Kopfstärke der Bataillone mit niedrigem Etat auf 600 Mann gebracht werden, in der Hauptsache, um da mit Stellen zu gewinnen für Capitulanten, durch die das AnsbildungSpersonül zu vermehren ist. An Neuaufstellung ist geplant die von 173 Infanterie-Bataillonen als IV. Ba taillone zu je 2 Compagnien für die schon bestehenden Jnsanterie-Negimenter, die eines Cavallerie-Regiment« zu 3 EScadrons und die Errichtung von 9 Reserve-Stamm- escadronS, die Ausstellung von 20 Abtheilung-stäben und 60 Batterien der fahrenden Feldartillerie, sowie ein Ab- theilungtstab »nv 3 Bauerien für die Feldartillcrie-Schietz chule; weiter die Ausstellung der Stäbe sür 2 Futzarlillerie Inspektionen, 3 Ncgimenlssläbe, 6 Bataillone und 1 Compagnie Fußartillcrie, sowie 1 Batailloiisstab und 1 Compagnie für die Fußartillerie-Schießschule; ferner 3 Regimenls-Comman deure, 3 Bataillone, dann ein Bataillonsstab und 3 Com pagnien an Pionieren; weiter 1 Negimentsstab, 2 Bataillon« 'tqbc und 9 Compagnien an Eisenbahntruvpen, und endlich l Compagnie und 17 Bespaimungs - Abteilungen der Traintruppe. Die IV. Bataillone, deren Compagnien genau dieselbe Ausbildung wie die übrigen Compagnien erhallen, sollen die gleichzeitig mit den übrigen Recrulen cinzusteUcnven Nach- ersatzrecruten ausbilden und damit gewissermaßen für die drei Feldbataiüone als Reservoir sür einen in der Aus bildung mit den Mannschaften der Truppe stets aus gleicher Sluse siebenden Ersatz bei eintretendem Abgang bienen. Hierdurch wird die Truppe von der nachträglichen Ausbildung einzelner Leute befreit. Weiter liegt den IV. Bataillonen die Listcnfübrung und Verpflegung der Abcommandirten und die Ausbildung zu kürzerer Dienstzeit Eingezogener ob. Der Stand der Feldcompagnien wird dadurch ein stabiler; endlich solle» die IV. Bataillone die Rahmen sowohl für die Uebungsformationen der Reservisten und Landwehrleute, wie auch im Kriegsfälle die Stämme bilden für einen Thcil der dann zur Aufstellung gelangenden Neuformalionen. Die Vermehrung der Feldartillerie dient zu einer endlich gleichförmigen Formation der deutschen Feldarlillerie, die bisher selbst bei den Grenzcorps noch empfindliche Lücken zeigte. Ferner zur Bildung von Reservebatterien, denen ein den IV. Bataillonen bei der Infanterie ähnlicher Dienst obliegt. Die Stamm-EScadronS der Cavallerie sollen im Kriegsfälle die Rahmen sür die Bildung von Reserve- Cavallerie-Ncgimentern abgebcn, im Frieden aber soll ihnen die Abrichtung der Remonte-Pserdc obliegen. Die geplante Verstärkung des deutschen RcichSheercS bc ziffert sich also auf 316 Compagnien Infanterie, 12 EScadrone» Cavallerie, 63 Batterien Feldartillcrie, 26 Compagnien Festungs-Artillerie, 16 Compagnien Pioniere, 9 Compagnie» Eisenbahntruppcn und 1 Compagnie und 17 Bespaimungs Abtheilungcn beim Train. WaS schließlich die nothwendige Verjüngung de Armee betrifft, so folgt die Vorlage, mit der Absicht, eine solche auch in der deutschen Armee cintreten z» lassen, nur dem durch Frankreich wie Rußland gegebenen Beispiele. Die Verjüngung der Arinee ist die selbstverständliche Folge der Einsukrnng einer zweijährigen Dienstzeit. Die Starke der Massenheere findet ibre Grenze in der Bewegung« sähigkeit und i» der Verpflegsmöalichkeit derselben. Die Stärkezisfern dieser Heere »rüsten sich in dem durch diese beiden Faclorcn gegebenen Rahme» halten; sind zur Füllunc dieser Rahmen genügend jüngere Leute vorhanden, so bedar cS nickt des ZrirückgreifeirS auf ältere JabreSclassen. Frankreich und Rußland werden vermöge ihrer stärleren JabreSclassen ein sich auf circa eine Million beziffernde- Operation-Heer, wenn ibre Jahreöclassen durchfchnrillich — den rrsahrungSmäßigen Abgang abgerechnet — 170 000 Mann stark sind, au« Mannschaften im Alter zwischen 20 und 28 Jahren, demnach meist »nverbeiratheten Leuten, bilde» können. Deutschland, dessen jährliche EinstcllungSquote eine viel geringere ist, wird, um dieselbe Ziffer zu erreichen, einige JabreSclassen mehr mobil machen niuffcn. Abgesehen davon, daß hierdurch der Nationalwohlstand geschädigt wird, mkem eine größere Anzahl verheiralbeter Männer ihrem bäuSliche» Herde, ihrem Berufe und der Füglichkeit der Ernährung ihrer Familie enlzogen werden, sind die jüngeren Jahrgänge deshalb militairisch von höherem Werthe, weil sie erst kürzere Zeit dem militairischen Dienste entfremdet, mithin mehr in der Uebung und den Strapazen eines Feldzuges gewachsen sei» werden als ältere. Die Spannkraft dcS Jünglings, der leichtere Sinn desselben macht diesen geeigneter zum Feldkriege. Tie Reise, die Steligkeil und größere Nuhe, die da» Aller mit sich bringt, weisen dem Manne naturgemäß seine Rolle im Verlhribigungskriege zu. Wenn nun, wie bisher, eine große Anzahl, etwa '/» der jährlich zur Gestellung kommenden Leute, nur deshalb wirk lich nicht zur Einstellung gelangte, weil der Bedarf durch solche Leute gedeckt war, die eine niedere LooSnummer ge zogen hatten, so lag hierin eine große Ungerechtigkeit. Viele Tausende wurden biSber weiter zur Ersatz-Reserve bestimmt, weil der Bedarf gedeckt war und man deshalb selbst die ge ringfügigsten körperlichen Fehler als Besrciungsgrnnd vom wirklichen Dienst bei der Fahne gellen lassen mußte. Dies kam namentlich in solchen Aushebungsbezirkcn vor, die eine dichtere Bevölkerung haben. Hier wurde» Leute der Ersatzreserve überwiesen, die in ländliche» Ersatzbezirken, wo weniger Ge stellungspflichtige zur Vorstellung kamen, unbedingt genommen wurden. Die Grundsätze der allgemeinen Wehrpflicht er- stibren hierdurch eine dem Gefühle sür Gerechtigkeit wider strebende Durchlöcherung. Eine Vergrößerung der Recruten- ziffer wird einen doppelten Vortheil haben, den, daß die Lasten der allgemeinen Wehrpflicht eine gleichmäßigere Vcrtbeilung erfahren, »nd den, daß sür jeden eingestellten jungen Mann im Kriegsfälle ein älterer zu Hause bleiben kann. Schon hierdurch bildet sich die Verjüngung der Arinee von selbst heraus. Deutsches Reich. ks. Berlin, 7. December. Die Wahl Ahlwardt's zum NeichStagsabgeordneten für Arnswalde-Friedeberg ist zur Thalsache geworden. Man muß sich mit ihr absinden, — zunächst aus eine Zeit von höchstens zwei Jahren; bleibt aber die Zerfahrenheit deü ParleiwcsenS auf der einen, die Beunruhigung des Volkes durch den „neuen CurS" aus der anderen Seile, so bleibt auch für Ahlwardt und Genossen die Möglichkeit bestehen, sich Sitz und Stimme im Reichstag zu erwerben. ^u„ck ckii bsnu vertäut! Wa« die Wahl vom Montag betrifft, so war sie durch das Eingreifen des landräthlichen Führers der Conservalivcn zu Gunsten Aht- wardt'S bereits in der vorigen Woche so gut wie entschieden. Der Friebeberger Herr Lanbrath hat m der Presse in Folge iein-r Befürwortung der Adlwardt'scken Canditauir manches U.,'a»geneh ne zu höre« bekommen. Aber da« wird ihn schwerlich besonder« ansechlen. Eine andere Frage ist es. was demnächst von feinen Vorgesetzten Behörden bei ihm einlrifft, und damit ist denn die Aufmerksamkeit aus de» neuen preußischen Minister des Innern, Grasen zu Eulenburg, hingelenkt. Als er in den siebziger Jabren desselben Amtes waltete, hat er cs als „Wahtminlster" zu hohem Ansehen gebracht. Seine Art, auf die Wahlen einzuwirken, war bimmelwcit entfernt von der seines Nachfolgers Pultkamer, ie war vorsichtiger, feiner, verborgener, dafür aber mch so viel wirlsamer. Daß er aus die Ersatzwahlen eil August dieses Jahres irgend wie Einfluß versucht batte, läßt sich nicht amiehmen. Die Wahlen in Sagan und Herford halte noch Herr Hcrfurth anberaumt, sie fielen in die ersten Wochen des Eulenburg'schen Ministeriums, und damals mag cs wohl sür letzteres wichtigere Sorgen gegeben haben, als die schon im vollen Gange befindlichen beiden Wahlen. Dagegen wäre reichlich Zeit gewesen, dem Reichstag die Vermehrung um einen Laiibralh zu ersparen, die Ende September in Löwcnberg erfolgte; ebenso hätte sich gegen die antisemitische llcberrumpelung des Arnöwalder Kreises einigermaßen Vorkehrung treffen lassen. Es ist nicht nur nicht geschehe», sondern es ist sogar den La»d- räthen in beide» Fällen ein so weiter Spielraum gelassen worden, daß heule alle Bande gelöst erscheine», die das pclitiscke VerwalluiigSbeaintcnlhum bisher zu einer gewissen Zurückhaltung nölhiglcn, wo bestimmte Wünsche der Regierung ausgesprochen waren oder dock vermuthet werden durften. Tie Herren Landräthc, im Osten wenigsten«, verfahren just so, als wühlen sie, daß die Regierung Wünsche betreffs der Wahlergebnisse überhaupt nicht hegt. Dann hätte allerdings der Graf Eulenburg der neunziger Jahre den der siebziger Jahre gründlich deSavouirt. Es fragt sich nur, ob da« angesichts der neuesten Er lebiiisse völlig das Richtige gewesen. Vom liberalen Standpuncte aus soll man gewiß nicht wünschen, daß die Regierung sür bestimmte Parteien sich engagirt und die untergebenen politischen Beamten auf bestimmte politische Bahnen verpflichtet. Aber darum hatte es sich auch nicht gebandelt, denn der Antisemitismus ist keine Partei, sondern eine Gäbrung, die nicht nur das Parteiwescn, sondern geradezu die gesellschaftlichen Ordnungen zu zersetzen droht, so gut wie die Socialdemvkratie. J.u StaatSinteresse mußte es liegen, daß hier die Regierung sich nicht „zu alt" fühlte, „um ohne Wunsch zu sein", und die Herren Land- rätbe mußten zur reckten Zeit erfahren, daß derartigen Gährungeu gegenüber Reckt und Gesetz zu vertheidigen seien. Das Uebrige konnte Jedem srcistehen, auch dem politischen Verwaltungsbeamten, soweit er die schuldige Rücksicht an seine besonders verantwortliche Stellung nickt dabei verletzte. Daß eben diese Stellung ihn besonders berufen mache zur Verteidigung von Recht und Gesetz, mußte er jedoch von oben her vernehmen, und es bleibt überaus bedauerlich, daß ihm dies nicht zur Kenntniß gebracht wurde. DaS Rcicho- interesse bat mit dieser Wahl jedenfalls eine neue, schwere Schädigung erlitten. Wir sind die Letzten, die daö Schwanken und die vielfach so folgenschwere Unentschlossenheit des gegenwärtigen Kanzlers zu entschuldigen denken. Aber man würde unbillig verfahren, wenn man darüber hinweggehcn wollte, daß er im Jahre 1890 einem Reichstag gegenubergcstellt wurde, mit dem zu regieren auch für den stärkeren Geist eine« wirklichen Staatsmannes un möglich erscheinen mußte. Sollte das nicht noch schlimmer werden, so mußte zum Mindesten verhütet werden, daß die unmittelbar zersetzenden Elemente noch vermehrt würben. Daß es nickt verhütet wurde, trifft als drückender Vorwurf zunächst natürlich die Wählerschaft, die einen Ahlwardt zum Manne ihres Vertrauens erkor. Allein der Vorwurf gleitet von ihr auch hinüber auf jene Stelle, von der aus man bi« dahin doch gewöhnt war, die Grenzen der Ordnung und das allgemeine Bedürsniß starker staatlicher Entwickelungen mit Entschieden heit verthridigt zu sehen. — In dem Landstädtcken Reetz im Kreise Arnswalde hat der freisinnige Candikat am 23. November ?t Stimmen erbaltem am 5. December bei der Stichwabl nur noch 49. Die Stimmen für Ahlwardt vermehrten sich von 325 auf 438. Dieser eine Fall beweist, wie schwach auch die freisinnige Organisation in jenen Gegenden ist, sonst konnten doch unmöglich Wähler, die zuerst freisinnig gestimmt batten, zum Antisemiten überlaufen. sü Berlin, 7. December. Für die Demokraten ist hier kein Boden, weSbald sic nie werden auf eigenen Füßen stehen können. Nachdem die beiden Führer der demokratischen Gruppe, Kaufmann Schicgnitz und Schriftsteller Ledcbour, derselben untreu geworden (Erster« ist Deutschsreisinniger, Letzterer Socialdemokrat geworden), hörte man Jahre lang von einer demokratischen Bewegung nicht- mehr. Vorgestern trat wieder der „Demokratische Verein Berlin" öffentlich auf, und zwar in einem der Concordia-Festsäle. Wir zählten ein- chlicßlich der Berichterstatter etwa 30 Anwesende. Es sollte ein Communal-Wahlverein gegründet werden, doch warteten wir die Berhandlungcn nicht ab. — Den Beschluß dcS jüngsten socialdcmokratischen Parteitages betreffs der Maifeier stickt Bebel i» einer in der „Neuen Zeit" veröffentlichten Erklärung zu rechtfertigen; er schreibt: „Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, daß, wenn nicht die Rücksicht ans de» Brüsseler Beschluß, am 1. Mai die Feier zu be gehen, die Majorität veranlahle, ihr Solidaritätsgesühl zu bethätigen, die erdrückende Mehrheit sich sür den ersten Sonntag ausgesprochen hätte. In Zürich durste aber dieser Vorschlag seitens der Deutschen gemacht werden . . . Selten ist ein so einmüthiger Beschluß (Ver- wersung der Arbeitsniederlegung am 1. Mai) ohne jede Pression gesaßl worden und das giebt demselben eine besondere Bedeutung. Wir wissen, daß hierüber ein harter Kampf entbrennt, aber di» Deutschen werden ihren Man» stehen." Bebel behauptet also, die Delegirten hätten am liebsten jeg liche Feier des 1. Mai, auch die Abrndfeier, abaeschafft, wen« sie sich nicht vor den Vorwürfen »nd der Verachtung der ausländischen Socialisten gefürchtet hätten. Diese halten sich konsequent an die in Paris und Brüssel gefaßten inter nationalen Beschlüsse, die deutschen Socialistenführer aber respectiren weder letztere, noch ihre eigenen Congrcßbeschlüssc, die sie sehr oft verletzt, resp. nicht auSgesührt haben. Hätten die Deutschen schon in Paris gegen die Maifeier Stellung genommen, dann würden sie den Beifall aller die Ruhe und den Frieden Liebenden gefunden habe». )-( Berlin, 7.Deccmber. (Telegramm.) Die „National- Zeitung" sagt heute mit Bezug auf den Landrath von Bornstedt, der den Wahlaufruf für Ablwardt unterzeichnet hat, Weiler: „Geschieht nicht« zur Sühne des Vorgangs, so würde man annelnnen müssen, daß das preußische Staatsministerium die Einsetzung der amtlichen Autorität auch für den scanvalösesten Unfug billigt." Im Anschluß hieran sagt der „ReichSanzeiger'ft der Minister des Inner» habe dem Landrath des Friedeberger Kreise« wegen der Unterzeichnung eines Wahlausruss sür den Rector Ahlwardt seine ernste Mißbilligung zu erkennen gegeben. — Berlin, 7. December. (Telegramm.) Der „Nord deutschen AUgcm. Zeitung" zusolge ist der Cultusminister mit dem Kriegs minister in Perbindung getreten, um zu bewirke», daß die Heranziehung der Docenten der Uni versitäten und technischen Hochschulen zu militai rischen Dienstleistungen Ihunlichst in den Ferien monaten März, April, August »nv September stattfinde. Der Krieg-minister hat die obersten Wassenbehörden ersucht, diese Wünsche i» gleicher Weise zu berücksichtigen, wie dies sür die Studircndc» bereit- angeordnet sei. r-; Berlin, 7. December. (Telegramm.) Die Besserung in Miqucl'S Befinden hält an; doch wird er heule noch nicht in der Steuer-Eommissio» erscheinen. — Der „National- Zcitung" wird mitgetheilt, daß die Meldung der „Börsen- Zeilung"^ die deutschen Delegirten aus der Brüsseler Münz-Conferenz hätten andere Instructionen er halten, unrichtig sei und daß nach Anpassung an den maß gebenden Stellen die Delegirten vollständig nn Sinne der Währungsinteressen des Reichs gehandelt haben. — Der Bundesrath hat in seiner gestrigen Sitzung den Antrag der Ncichsregierung über die Branntweinbesteuerung im Sinne der Anregung des Abgeordneten von Frege im Reichstage abgeändert und zwar, wie die „Freist Ztg." erfährt, bauptsächlich aus Antrag der bayerischen Regierung. Demgemäß soll die Differenz nicht, wie die Regierung wollte, um ein Viertel verkürzt werden. Die Mehreinnahme soll vielmehr erzielt werden durch höhere Belastung der Con- sumenten. Der Normalsteucrsatz wirb von 70 aus 75 per Hektoliter erhöht, infolge dessen bleibt bei der Erhöhung des Steuersatzes für da- Contingcnt von 2 Millionen Hekto liter von 50 auf 55 die bisherige Differenz zwischen dem Normalstcuersatze und dem Contingenlsatz, also von 20 ^ per Hektoliter unverändert. — Ueberraschende Ausschlüffe über die zersetzenden Ele mente innerkalb der socialdemokratischen Partei giebt ein Artikel Bcbcl'S über den socialdemokratischen Parteitag, den die „Neue Zeit" veröffentlicht. Natürlich wird in ihr zunächst mit Genuglhuung sestgestellt, daß die Hoffnungen der Bourgeoisie aus Spaltungen im socialdemokratischen Lager wieder einmal zu Schanden geworden seien. Aber die dann folgenden Bemerkungen können diesen Hoffnungen nur neue Nahrung zusührcn; jedenfalls beweisen sie, daß die Klagen über das rasch anwachsendc Drohnenthum im social- demokratischen Lager nicht ganz des thatsächlichen Untergründe- entbehren. Oder was heißt cS anders, wenn der Altmeister de- SocialiSmuS von der Socialdemokratie, wie sie ist, folgendes erbauliche Bild entwirft? „Die Zahl der Hstslenzen, man kann sie mit dem Sammelnamen „katiltnarische" bezeichnen, die ohne jede« Bersländniß für das wahre Wesen und die Ziele der Partei sich a» sie herandrängen und aus Ehrensiellen und Posten rechnen, ist wett größer, als man außerhalb de« Kreises der Wissenden ahnt. Dazu kommen alle Jene, die von dem Drange ihre« Herzens getrieben, einem gewissen Idealismus folgend, sich der Partei anschtießen, ober über den Charakter der Partei vollkommen im Unklaren sind, mit Borliebe Halbheiten und kleine Maßregeln propagirrn, jede Loncession durch da« BergrüßerungsglaS sehen und in Folge der idnen in der Siegel innewohnenden höheren formalen Bildung einen verhängnißvollen Einfluß ausüben. Ter un wissendste und tiefstehendste Arbeiler, der zur Partei tritt, ist in Folge seiner Classenstellung unendlich leichter zum klarsehendstenl?) Socialdemokraten zu erziehen als solche Elemente, die in dl« Partei «wirkten in der Ueberzeuguna, daß sie die Parte! von ihrem falschen Wege abzubrtngen und ans den wahren Standpunct zu heben hätten. Diesen als Kretht und Pletht bezeichnetea Elementen La« Etadrwgeu tu dir Partei möglichst zu erschwer«».
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