02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.12.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921209025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892120902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892120902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-09
- Monat1892-12
- Jahr1892
-
-
-
8544
-
8545
-
8546
-
8547
-
8548
-
8549
-
8550
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
AbonnementSpretS kn der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen a b g e h o l t: vierteljährlich 4.50. bei zweimaliger täglicher Zustellung ins HauS 5.50. Durch die Post bezöge» für Deutschland und Oesterreich: vierteljäbrlich 6.—. Tirecte tägliche Kreuzbandseiiduna ins Ausland: monatlich ^4 S.—. Die Morgen-Ausgabe erscheint täglich '/.7 Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. Redaktion und Expedition: IohainikSgnssc 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen gevisnet von früh 8 bis AbeuLS 7 Uhr. Filialen: vtt« «lemm'S eortim. <«lfre» Hahn). Universitätsüraße 1, Louis Lösche. S-tharinenstr. 14. part. und SönigSplah ?. Abend-Ausgabe. Anzeiger. LkWN für Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. JnsertionSpretS Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dem RedactionSstrich (4ge spalten) 50»z. vor den Familiennachrichtr» (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis;. Tabellarischer und Zisserasatz nach höherem Tarif. Sxtra-Veilngcn (gesalzt), nnr mit der Morgen-Ausgabe, olnic PostbesSrderunz 00.—, mit Postbejörderung Xl 70.—. Ännahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Sonn- und Festtags früh V,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Inserate sind stets an die Expkditt«« zu richten. Druck nnd Verlag von E. P olz in Leipzig. MeitaH den 9. Decembcr 1892. 8K. Jahrgang Politische Tagesschall. * Leipzig. 9. Tcccmbcr. Deutschland darf seit gestern als abermals um eine Partei bereichert angesehen werden, denn der conscrvalive Parteitag, der in Berlin abgeballen wurde, bat den Be weis geliefert, daß von einer einigen Partei der deutschen Konservativen nicht mehr die Rede sein kann. Tic Vertreter derjenigen Gruppe, die an dem alten Programm sesthält, darunter die Herren Ackermann, Graf TouglaS, v. Helldorsi, Graf Kleist-Echmenzin, Ubden, Graf Holstein und Hartman», waren überhaupt nicht erschienen, da sie nicht vergebens gegen den Strom anzukämpscn versuchen mochten, der seil der Wahl Ahlwardt's noch mächtiger in der großen Masse der Partei geworden ist. Aber die von ihnen eingesendcte Erklärung beweist, daß sie nicht ge willt sind," tick ebenfalls von diesem Strome mit fortrcißen zu lassen. Die „Parteircformer" waren also unter sich und konnten den neuen Programmentwurf durchberathen, obnc auf principielle Opposition zu stoßen. Die Debatte drehte sich begreiflicherweise fast ausschließlick um die Iuden- frage, oder vielmehr darum, ob das Gros der Partei sich für den sckärscren oder den gemäßigteren Antisemitismus erklären solle. TaS Ergebnis; war die Annahme des Pro- grammentwursS mit der einzige» Acndcrnng, daß der Satz, der sich gegen die antisemitischen AuSsckreitungen erklärte, fast einstimmig gestrichen wurde. Das soll nun Wohl nicht heißen, man billige alle AuSsckreitungen; aber in dem man davon Abstand nahm, eine Mißbilligung auszusprcchcn, legte man das Unheil darüber, wo die Ausschreitung beginnt, aus der Hand der Partei und ihrerLeitung in dieHand des Einzelnen, der immer wird behaupten können, baß er seine Handlung nicht für eine Ausschreitung halte. Der praktische Erfolg dieser Weitherzigkeil gegen den Antisemitismus wird jeden falls in dcni Hcrandrängcn antisemitischer Elemente zu den Neu- oder Rcformconservativen liegen. Aber ein solcher Erfolg birgt auch die Gefahr einer neuen Spaltung in sich, wie sic bereits im antisemitischen Lager herrscht. Vor läufig ist, wie gesagt, eine Spaltung der dcutschconservativcn Partei i» zwei Thcile als Thalsache zu betrachten. Wann diese Spaltung auch äußerlich fick vollzieht, ist glcichgiitig. Praktisch wird sie schon in dsr näckslen Zeit in die Erscheinung treten, wenn der Reichstag und das preußiscke Abgeordnetenhaus mit den verschiedenen Fragen sich zu beschäftigen baden werden, die mit der Wahl Ahlwardt's und dem Ahlwardt - Proceß zusammenhängen. Tie Neu- Conservativcn, die unter den sächsischen Eonservativen die wenigsten Freunde zu haben scheinen, werden bei dieser Ge legenheit nickt nur mit ihren alten Parteigenossen scharf zu- sammengeralhen, sondern auch mit der Regierung in Differenzen kommen, die leicht eine vollständige Verschiebung unserer ganzen parlamentarischen Verhältnisse zur Folge haben können. Der Deisallösturm der sich gestern bei der Erklärung des Herrn v. Waldvw crbob, auch er habe für Ahlwardt gestimmt, liefert dem Grafen Eulenburg den Be weis, daß er für seine ernste Mißbilligung des Eintretens des Fricdeberger Landraths für die Wahl Ahlwardt's den Beifall der Ncuconservativen nicht findet nnd daß seine Hoff nung, mit der er den Posten dcö preußischen Minister präsidenten übernahm, die Hoffnung nämlich, auf die Con- servativen sich stützen zu können, gestern zu Grabe getragen worden ist. Ein einmüthigeS Vorgehen des Ce nt rums gegenüber der Militairvorlage wird nach allen aus der Partei hervordringenden Andeutungen für ausgeschlossen gehalten. Die Stimmung der demokratisch veranlagten Elemente, insbesondere aus Süddcutschland, und andererseits der regierungsfreundlicher gesinnten Richtung, welche die Führung in der Partei besitzt, weist einen zu scharfen Gegensatz auf, als daß cS gelingen könnte, eine mittlere Linie des Ausgleichs n finden. Der mächtige Einfluß Windthorst's wird bei olchcn kritischen Entscheidungen in der Partei schmerzlich ver mißt, und auch ihm war cs nicht immer gelungen, die aus- FeuiUetsn. Dämmerungen. Roman in drei Büchern von Rudolf von Gottschall. Ü8s Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Als sich alle in ihre Gemächer zurückgezogen hatten, da endlich konnte Marie ihrem gepreßten Herren Lust machen; sie warf sich schluchzend mit verhülltem Angesicht aus ihr Sopha. Während der langen Gespräche hatte sie theilnahmloS dagesesscn. TaS Gefühl eines dumpfen Druckes hatte so be wältigend ans ihrer Seele gelegen, daß sie oft zu erliegen sürcktete, daß sie gern aus der lastenden Schwüle binaus- gestürmt wäre ins Freie. Immer sab sie vor sich den funkelnden Rubin mit seinem Feuer, das wie Höllengluth ihr ins Herz brannte — sein gespenstiges Leuchten machte sie be klommen. Und dieser Angst zu cntflieben, die sic auch im einsame» Gemach nickt bezwingen konnte, eilte sic hinaus in den herbstlichen Park, den ein heftiger Ostwind schüttelte, so daß ein bunter Blätterregen herniedcrrasckelte. Ucber den Mond bin jagte das Gewölk . . . seine volle Scheibe bald verdeckend, bald wieder frcilassend — und so wirbelten die Schatten aus den Wegen nnd Waldwicsen durcheinander. Es war der Wandernden zu Mnthe, als ob Himmel und Erde ihr ein schreckliches Wort zuflüstcrten: ein Wort, das ibr das Blut in den Adern erstarren machte, das Wort: „Verkauft!" Und warum hörte sie dies Wort jetzt zum ersten Male, warum war es ihr nicht ins Ohr geklungen an ihrem Vcr- lobungStage? Da empfand sie mehr den großen Scknierz einer schönen geknickten Lcbensboffnung, einer geopferten Liebe ; aber dies Opfer brachte sic ja rer Rettung der Eltern, gehorsam dem Gebote der Pflicht nnd mit vollem Vertrauen auf dir Ehrenhaftigkeit des Mannes, rem sie ihre Hand einander strebenden Richtungen in Militairfragen auSzugleichcn, viel weniger seinen Nachfolgern von so viel geringerem Einfluß und geringeren Fädigkeiten. Wie sich diese Gegensätze in der Cenlrumspartci weiter entwickeln, davon hängt zum großen Tbeil da» Schicksal des Mililairgesetzes ab. Lüstern nach großen Conslictcn und Krisen, die eine Reickslagsanflösung im Gefolge haben tönnlen, ist das Ecntrum offenbar gegenwärtig nicht, und man glaubt, daß die Mehrheit der Partei, insbesondere die meisten norddeutschen Mitglieder, eine Verständigung zu fördern suchen werden, so weit cs nnr immer die Rücksicht aus die Stimmung der Wähler gestattet. Zwischen der übcrwiegenten Anschauung der Fraction und den schroff ablehnenden Äcußcrunge» in Volksversammlungen und in rer Presse soll doch ein hcmertenS- wcrther Unterschied bestehen. Noch in einem Tbeil der Auflage der Morgennummer konnten wir über den Verlaus der gestrigen Sitzung der französischen Teputirtenkammer berichten, in welcher das neue Ministerium Ribot sich der Kammer verstellte und sein Programm entwickelte. Der Abg. Hubbard richtete nämlich die Anfrage a» die Regierung, ob die Re gierung die Acten über die Panama-Angelegenheit der Unter suchungs-Commission mittheilcn werde. Der Iustizministcr Bourgeois antwortete, er habe die Obduction der Leiche des Baron Rcinach für Sonnabend angeordnet »nd werde gewisse Aetcnstücke der Commission mittbcilen, er hoffe, die Eom- mission werde seine Erklärungen verstehen. Brissen wünschte zwar ein Einvernehmen zwischen der Eommission nnd der Regierung, machte jedoch Vorbehalte in Betreff einer nur theilweisen Mittheilung der Acten. Eine von Hubbard cinge- brachtc Tagesordnung, worin die Mittheilung aller bezüglichen Actenstücke verlangt wird, wurde mit 308 gegen 230 Stimmen abgelcbnt; eine von Felix Faure beantragte Tagesordnung, welcher die Regierung zugestimmt batte, wurde angenommen. Ferner beschloß die Kammer mit 432 gegen 89 Stimmen die Dringlichkeit sür einen von dem Deputirten Ramel (Rechte) gestellten "Antrag, durch welchen die Inhaber von Schuld verschreibungen der Panama-Gesellschaft ermächtigt werden, ein Sqndicat zu bilden, um Diejenigen gerichtlich zu verfolgen, welche Eigenlhum der Panama-Gesellschaft veruntreut haben. Was nun den Eindruck anlangt, den diese Vorgänge hervor gebracht haben, so tritt in den Pariser parlamentarischen Kreise» vorherrschend die Meinung zu Tage, daß die gestrige Kammer sitzung die politische Lage nickt merklich geklärt habe. Nachdem die Regierung der Panama UntersuchnngS- commission ihre Unterstützung in Aussicht gestellt habe, sei es für die Kammer schwer gewesen, ibr nickt entgcgcnzutommen. Die Regierung werde heute durch die UntersuchungScommission vernommen werden. Der Iustizminister Bourgeois werde aufgcfordert werden, sich über seine Absichten in einer mehr bindenden Form zu äußern. Sollten seine Erklärungen von der Eommission für ungenügend erachtet werden, so würde die letztere ihm gegenüber voraussichtlich das gleiche Ver fahren anwcnden, durch welches sie den Rücktritt von Ricard herbeigeführt habe. Wir haben von jeher die eben so falschen als gehässigen Behauptungen der Pariser Presse zurückgewicscn, wonach die an derKüste vonDahomey ansässigen deutschen Kaufleute dem KLnig Beh anzijn Waffen und anderes Kriegsmaterial geliefert und dadurch, außer einer Verletzung der Brüsseler Convention, ein Verbrechen an der Eivilisation begangen hätten. Wir wiesen darauf hin, daß die in der Hafenstadt Weidah etablirtcn französischen Kans- leute ganz wie die deutschen und englischen dem König Waffen und Munition verkauft haben, so lange zwischen Frankreich und Dahvmey friedliche Beziehungen bestanden. Wir konnten solches mit der Thatsache belegen, der in einem französischen Consular-Berichte mitgetheilt war, aus welchem erhellte, daß die in Frage kommenden Marseillcr Häuser seit langen Jahren den Königen von Dahomey namentlich das Schießpulver lieferten. Die Marseillcr Herren reichte. Und jetzt . . . dies Vertrauen war erschüttert und darum jener unheimliche Unkenrus, der ihr ganzes Leben zu vergiften drohte: „verkauft!" Als sie in der Nähe des Kiosks angekommcn war, hörte sie auf den Parkwcgen den Husschlag eines galoppirenden Pferdes, und Roß und Reiter brachen wie ein gejagter Zwanzigcnder durchs Gezweig und Vuschwerk, daß die Acste knickend und knirschend brachen. Wer hatte sich so auf ver botenem Wege verirrt? Marie ward unheimlich zu Muthe. . . sie drückte die Hand auss Herz und spähte durch eine Lücke des Buschwerkes auf die Parkmiese, auf welcher die Schatten von Roß und Reiter, die sie von dort aus nicht erkennen konnte, wie sturmgcjagtcs Gewölk vorüberschwankten. Dock auch die Schatten verloren sich ... da braust cs plötzlick hinter ibr . . . sie schmiegt sich in die Büsche. Vor dem Geräusch scheut boch aufbäumcnd der Rappe, doch der Reiter wird seiner Herr: „Marie!" tönt die Stimme des Grafen Febrentbal . . . „Was! . . zur nächtigen Stunde! Willst Du mit mir hinaus noch einmal in die Nacht sprengen? Komm auss Pferd zu mir . . . oder — graul Liebchen auch vor Tobten?" „Ja, mir graut vor ihnen", versetzte Marie mit einem Tone, der den Grafen fremdartig gemahnte. Er sprang vom Pferde, führte es am Zügel, während er Marie den anderen Arm reichte. „Komm, erzähle mir, was Dich in die herbstliche Nackt knnausgejagl! Da ist der Kiosk; dort sind wir vor dem Sturm geschützt und können ungestört plaudern." Er band sein Pferd an den Ast einer Platane und führte Maria in den Kiosk. Auch hier wechselten Licht und Schatten je nach dein Wolkcntan; um de» Mond. DaS unheimliche Gefickt der Frau Abrabam grinste dem Mädchen aus allen dunkel» Winkeln entgegen. „Du hast inick erschreckt", sagte Marie, „wir wußten nichts von Deiner Znrückknnft. und warum rasest Tu durch den Park, wo keine Reitwege sind?" „Es ist der nächste Weg — mein Blut ist heut' in Er haben zwar mit großer Entrüstung gegen diese angeblichen Lagen und Vcrlänmdungcn protestirt und auf das Vestimm- teste versickert, daß sie „niemals und zu keiner Zeit" irgend welches Kricgsmalcrial an den König von Dahomen verkauft hätten. Nu» ist in diesen Tagen in Bordeaux der dort eben von Tahomch cingclroffcne Major in der Fremdenlegion, Battrau, welcher in dem Treffen bei Kanna schwer ver wundet worden, von einem Redacteur des „Gaulois" interviewt worden und hat demselben unter Anderem Folgendes erzählt: „Ich habe in den Pariser Journalen gelesen, daß man von Deutschen nnd Belgiern spricht, welche zu Gefangenen gemacht seien nnd die General DobdS habe erschießen lassen: ich habe davon nichts gehört. Was ich weiß, das ist, daß die Dahomeyer mit Winchestcr-Repetirgcwehrcn bewaffnet sind und daß ihre Kanonen wieihrPn lver von französischen Häusern bezogen waren. Wir haben Pulverkisten erbeutet, welche die französische Staatsmarkc trugen." (In Frankreich ist die Pulverfabrikation wie Tabak und Streich hölzer Slaatsmonopol.) Es wird sich nun zeigen, ob die Marseillcr Herren es wagen werden, betreffs der Aussage des Majors Battrau ihre Versicherungen zu erneuern. Wie der Arbeiter gegen Seinesgleichen verfährt, wenn er einmal die Rolle des "Arbeitgebers zu spielen hat, das bekundet ein höchst charakteristischer Vorfall, der sich in diesen Tagen an der Pariser Arbeitsbörse abgespielt hat. In der kjoursv cku 'l'ravnjl, der Hochburg der Pariser Socialdemokratie, hat unter anderen Vereinen auch der Eovperativ- und Eonsumverein ,.l.a Aloisonnousv", auf deutsch „Schnitterin", seinen Sitz. Er ist auf Actie» gegründet, die nur in den Händen von "Arbeitern und Handwerkern bleiben. Die Beamten der Gesellschaft werden aus den VcreinS- mitgliedern gewählt, verlieren aber durch ihre Anstellung das Reckt, bei der Verwaltung und in Len General versammlungen mitzuredcn und mitzustiminen. Neuerdings haben sie sich gegen diese Einschränkung ihrer Rechte erhoben. Sie wollen der Gesellschaft gegenüber nicht in Abhängigkeit bleiben, wie der Arbeiter oder Beamte vom bürgerlichen Brod- lierrn. Da ihre Ansprüche nickt auf gütlichem Wege befriedigt wurden, bildeten sie ein Syndicak und drohten »nt "Ausstank. Die Verwaltung ließ sich dies aber nicht gefallen, sic schritt mit einer Schncidigkeit ein, welche von bürgerlichen Arbeit gebern selber kaum angcwcndcl worden wäre. Tic drei An- sliftcr des Syndicats, zwei Buchhalter und ein Waaren vertheiler, wurden ohne Weiteres abgcsctzt. Siebzig andere Vcrcinsmilglicder, die als Küfer für die Gesellschaft arbeite», protestirten hiergegen. Sofort wurden auch diese aus dem Brode gejagt. Der Fachverein der Eonsumvercinsbcamtcn appellirte nun an die Generalversammlung der imiwo". Doch auch da kam er übel an. Der Wortsührer der Verwaltung donnerte die Beamten mit einer zornigen Rebe nieder, welche den allgemeinen Beifall der Aetienairc fand: „Ihr wollt u»S in Ungclegcnhcitcn bringen?" ries er. „Ihr habt gar kein Reckt, Euch so auszuführcn. Mit Eurem Shndieat macht Ihr jede Berwaltnng unmöglich. Ihr lehnt Euch gegen die Verwaltung, vas heißt gegen das Wohl von unö Allen, auf ..." — Die Beamten verlasen nun zwar ihre schriftlich aufgesetzte Beschwerden, aber sie santcn dabei keine Zuhörer. Die Actwnaire zogen sich aus dem Saale zurück und überließen die unglücklichen Genossen ihrem Schicksal. In der italienischen Teputirtenkammer entspann sich am Mittwoch, wie wir schon meldeten, aus Anlaß der Bcrathung des Voranschlags für das Auswärtige "Amt eine umfangreiche Erörterung über die Bündn iß Politik, ein geleitet durch eine Rede des "Abgeordneten Luciscro, der den streng friedlichen Charakter des Dreibundes hcr- vorhob, vas Vertrauen in den unverminderten Fort bestand der gegenseitigen Zuneigung der verbündeten Völker aussprach, und insbesondere betonte, daß die Bünbnißpolilit keine wirthschastliche Schädigung Italiens mit sich gebracht habe. Ein anderer Abgeordneter, Barzilai, rcgung, ick muß austobcn — und wie ich über Gräben und Hecken hinweggesetzt, so wollte ick auch noch das letzte Hinkcrniß nehmen, das Stacket, welches seitwärts den Part abzäunt und vom zweiten Hofe mit den Ställen trennt, mit gewaltigem Satze überspringen; doch ich wiederhole meine Frage: was führt Dich zu so später Stunde in den Park?" „Auch mein Blut ist in Wallung", erwiedcrtc Marie; „doch ein Sturmesritt ans Deinem Rappen würde cS nicht beruhigen." „Müßige Träumereien", versetzte der Graf, „ein tapferes Hürdenrennen verscheucht solche Grillen." „Betäubung ist nickt Beruhigung ... eine innere Unruhe trieb mich Kilians in die Sturmesnackt — da könnt' ich mich heimischer fühlen; da war Alles ein hastiges Wehen und Wallen nnd Wogen, die Wolken droben, die Schalten drunten, die aufgepcitschtcn Wellen des Teiches, die knarrenden "Acste, die ancinanderschlagcnden Wipfel, "Alles von Sturnicskand zerwühlt, gebeugt nnd doch an den Boden gefesselt — wie das arme Herz, an dem cs zuckend reißt und das doch mit den krampshaftesten Schlägen nicht herauskan» aus seinem Gesängniß." „Was ist Dir, Marie?" sagte der Graf, „leg' Dein Haupt an meine Brust, mein Kind! Da bist Du geborgen nnd für immer!" „Nein, nein", sagte Marie abwlkrcnd. Ter Gras aber war zärtlicher und feuriger als je und aus Furcht vor einem seiner Zornesausbriiche ließ sie cs sich gefallen, daß er sie an sich drückte, während in ihrem Herzen sich etwas trotzig Feindseliges regte. „Sieb, ick war beule ans meinem Schlosse . . . cS soll an die Märchenschlösser des BaycrnkönigS, an seine st.in.'rncn Phantasien erinnern. Ein Gobelinzimmcr kabe ick Dir macken lassen, auch ein < liambro xlriva niit Spiegeln, die unersättlich in der Wiedergabe Deines Bildes schwelgen werte», mit goldenen Sliickverzicrungc», mit einem siamin von lupff la/nli, ein Schlafgemack von purpurnem Gruiid- ton mit Gold — »och haben die Maler die Fresken des bemerkte, der Minister Brin habe eS, unter Vermeidung ge wisser Ucbertrcibungen, die ein früherer Minister begangen, verstanden, dem Dreibund den wahren Charakter zu geben. "Ans riese verschiedene» Darlegungen hat der italienische Minister des Acußcrn, Brin, gestern in einer längeren Rede geantwortet, über die jetzt folgende ausführlichere tele graphische Meldung vvrliegt: Gegenüber den gestrigen Ausführungen Lucisero's, welcher die Fragen betreffs der Allianzen Italiens und der Politik der Regierung aufgeworfen batte, erklärte der Minister des Auswärtigen, Brin» es scheine, das; der Redner eine "Verminderung der Intimität an- denten wollte, welche ursprünglich die Beziehungen der Verbündeten charaktcrisirte. Derartige Besorgnisse quälten niir Diejenigen, welche den Clmrakler der im Einverstündniß mit Len Verbündeten befolgten Polilck inis,kennen wollten. Die verbündeten Mächte, von der Politik des Friedens inspirirt, hätten den festen gemeinsamen Vorsatz, A lies a uszubieten.Zwistig leiten auszugleichen resp.zu ver meiden und derart den Frieden zu gewährleiste». Dieser Richtschnur folgend, fühle sich Italien sicher, sich stets im Einklänge mit seinen Verbündeten zu befinden und ihrer Politik die wirksamsie nnd erwünschteste Unterstützung zu leihen. Bezüglich der Anwesen- heit nur eines deutschen Kriegsschiffes bei der Coiumbus- Fcier in Genua erinnerte der Minister daran, daß Frankreich den Autos; dieser Feier benützt habe, um den König von Italien in Erwiderung der dem Präsidenten der französischen Republik in Toulon von der italienischen Marine dargcbrachlen Huldigung zu begrüßen. Tie Ankunst des französischen Geschwaders in Genua habe daher einen besonderen Charakter gehabt, und, »in diese» zu erhalten, bätten die Regierungen, nach vorherigem Eliiverständnist, die Ent sendung ihrer kriegsschisse geregelt. Dieses Einversländniß ohne kleinliche Rivalität habe mächtig dazu bcigctragen, der großen, für Italien ehrenhaften Kundgebung den Charakter eines politischen Ereignisses von hoher friedlicher Trag weite zu gebe». Niemand mehr als die Verbündete» Italiens hätten sich bceisert, ihre Genugthuung hierüber auszusprechcn. Diejenigen irrten daber, welche eine exclusive unsreundliche Politik ienens Italiens für wünschenswertst hielten, vielmehr werde jcde-S Symptom einer Besserung der Beziehungen zu allen Mächten von Italien wie von dessen Verbündeten mit Genugthuuiig ausgenvinmcn und als ein Erfolg der ge meinsamen Politik betrachtet. Somit sei es natürlich, daß die loyale, spontane, seit langen Jahren ausdauernd befolgte Politik Italiens Früchte zu tragen beginne, daß das Mißtraue» schwinde und die Zweideutigkeiten seltener würden. Aber nicht die Politik habe sich geändert, sonder» die natürlichen, durch evidente Thatsache» hervorgerusciien Uebcrzcugungcn hätten hervorzutreten begonnen. Für ebenso unbegründet erklärte Brin die Annahme Barzitai's, daß die italienische Politik in der Ver gangenheit von inmder friedlichen Ideen beseelt gewesen sei als gegenwärtig. Sowohl der Rath Lucisero's, aus die Politik der früheren Zeiten ziirückzukommen, als die Aufforderung Barzitai's, diesen Rnlhschiägen zu widerstehen, setzten eine Äenderung der Politik voraus, welche nicht vorhanden sei. Italien müsse Alles aui'bictc», um mitzmvirkcn, daß die gegenwärtige Sach lage immer mehr befestigt werde. (Wiederholter lebhafter Beifall.) In Deutschland hat man allen Anlaß, mit dieser Erklärung nnd mit der Thatsache zufrieden zu sein, daß die große Mehrheit der italienischen Kammer diese Erklärung billigte. Damit wird freilich die Sorge noch nicht gehoben, daß in Italien eine ganz andere Auffassung über das Vcrhältniß Italiens zum Dreibunde und insbesondere zu Deutschland Platz greift, wenn unsere innere deutsche Politik in Bahne» lenkt, auf die uns Italien nicht folgen kann. Schon gestern haben wir dargethan, in welchem Grade Rußland cs unliebsam empfindet, daß Bulgarien in die Reihe der Sckwarzcn-Mecr-Mächte einAetreten und in Folge dessen in den Stand gesetzt ist, Kriegsschiffe durch die Dardanellen ihren Weg nehmen zu lassen. Die Frage, wie viel es solche Mächte gicbt, beschäftigt in ausgedehnter Weise die russische Presse. Das Aufwerfcn der russischen Forderungen in der Mecrengcnfrage hat in den rumänischen Blätter» zu Erörterungen darüber geführt, daß auch Rumänien durch den Austausch der Tobrudscka gegen Bcssarabieu eine lange Küsteiilinic am Schwarzen Meere er halten, daß die Rechte, welche die Türkei früher besessen, sür diesen Theil auf Rumänien übergegangcn seien und es daher berechtigt sei, von der Pforte gleiche Begünstigungen wie Rußland in Bezug auf die Mecrcngenpassagc zu Treppenhauses nicht vollendet, und cs sind Maler von hervorragendem Rang." „Welcher Glanz", sagte Marie, „was soll daS mir? Und Tn tadelst meinen Vater, wenn er Schloß Hrlmcrshciin geschmackvoll und möglichst prächtig cinzurichtcn sucht?" „Er ist ein Schuldenmacker und Verschwender — bas bin ich nickt! Ich darf mir gestatten, was bei ihm ein Ver brechen ist gegen die Seinen. Und geh' ick über das reckte Maß l'inans. Marie — maßlos ist meine Liebe zu Dir und alle Welt soll'S erkenne»! Ja, Marie, ick habe Dein Em- psindcn geschont; ich gönnte der lindlicken Neigung, die Du sür einen andern hegtest, Zeit zu verblühen ... ich beherrschte meine Leidenschaft; doch jetzt hat die Stunde geschlagen, wo sic zu Worte kommen darf. Hörst Du draußen meinen Rappen wiehern? Es war ein Vorzeichen der alten Deutschen bei einer Königswahl, so wähle mich jetzt zu Deinem Herzcnskönig." Marie entzog sich seiner Umarmung; sic sprang auf vom Rnndsitz; cs war ihr ans einmal zu Mutbe, als müsse sie gewaltsam diese Liebe abschiitteln, die ihr aufgezwunge» worden, zu der sie ihr Herz nicht zwingen konnte — jetzt nicht mehr, »ach der letzten Enthüllung eines vergangenen Frevels. Ter Graf beherrschte sich noch: „Marie.. . vor der Welt bast Tu mich schon gewählt, da bcdarfö keiner neuen Wahl, ich verlange sie nur sür mei» Her; Und Du zögerst?" Marie preßte die Hand auss Her; — und schwieg. „Sich, ick bin der ältere Mann, doch mein junges Weib werd' ich aus Händen tragen. Dafür verlang' ick ibrc Liebe, ihre heiße innige Liebe. Was nützt mir daS todtc Recht, das Du mir gegeben? Es ist ja ein Hob» auf ein glühend Empfinden. "Alle Deine Wünsche will ich erfüllen, alle Schätze Dir zu Füße» legen — doch mir mußt Du gehören mit Leib und Seele!" „Ich kann'S nicht ... ick kann'S nickt!" rief Marie. „Ilm Deine Hand Hab' ick geworben, jetzt wert,' ich um Deine Liebe." (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht