gelegentlich zog sie ein Kinderkleidchen mit heran. Sie wußte sich ihr Leben zu gestalten. So führte sie sich mal alleine vor. Der Pfleger war nicht in der Nähe. Da hat sie sich auf den Holzboden gesetzt, den Rüssel und die Vorder beine hochgehoben, ganz, wie sie das bei der sonstigen Vorführung zu tun hatte. Sie war allerdings recht lange nicht dazu aufgefordert worden. Vielleicht fand sie es an der Zeit, den Gästen etwas zu bieten. Bei ihrer Rückkehr traf sie neue Hausgenossen an: die Elefantenmutter Benga mit ihrem Kind, vorerst kurz Baby genannt. So bringt der neue Sommer auch ein neues Abschiednehmen. Auf dem Wege zum Bahnhof kehrt Tilly plötzlich um und rennt zurück, dem Dickhäuterhaus zu, von wo aus schrille Trompetenstöße hinterhergeklungen waren. In Chemnitz kamen wir dann schließlich bei Schneegestöber an. Der Elefantenvater Meißner will zum Kaffeetrinken gehen, und Martin wird zum Wächter an den Futtersack gestellt, entschlummert jedoch sanft und tief. Der Pfleger kommt zurück: Da ist der Futtersack bei Tilly, die Bemmen gefressen, die Thermosflasche zerschlagen, und so war Fräulein Elefant mit ihrem Frühstück gerade bei den Filzschuhen angekommen. Sie umärmelt ihren Meißner-August mit dem Rüssel, zieht ihn an sich und rumpelt ihm etwas ins Ohr; irgendeine heimliche Vertraulichkeit, die weiter niemand etwas angeht als die beiden (vielleicht darüber, daß sie von den anderen, besonders ihrem Liebling Baby, fortgemußt hat und daß August keine Groschen mehr mit ihr verdient). Als nun nach Monaten die Kleine ihre „Tante“ wiedersieht, da ist auch dort die Freude groß, da rennt sie vor Erregung raus und rein, dann folgt eine gründ liche Berüsselung, und Baby sucht gleich mal bei Tilly zwischen den Hinter und Vorderbeinen herum, als ob es dort etwas gäbe. Es war schon seltsam, wie letztere die Elefantenkinder um sich scharte. Sie hat nie selbst geboren, aber wo nur ein solcher kleiner Plüschkopf sicht- oder hörbar wurde, war sie zur Stelle. Als einst die Tierhandlung von Hagenbeck uns solchen kleinen Kerl für kurze Tage unterstellte und der sich schreiend nun von seiner alten Pflege mutter trennen mußte, nahm sie sich seiner sorglich an. Sie bohrte ihren Rüssel in sein Ohr und schien die rechten Tröstungen zu finden. Der kleine Dicksack muffelte nun stillvergnügt vom Morgen bis zum Abend. Doch Mutter Benga machte ihr das Leben schwer. Sie schien mit Babys Nei gung nicht ganz einverstanden. Die Spannung zwischen beiden Weibchen wuchs von Tag zu Tag und wurde schließlich ganz bedrohlich. So fiel Frau Benga Tilly plötzlich böse an, sprang sie fast an und hat sie arg verletzt.