Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.12.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921212019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892121201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892121201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-12
- Monat1892-12
- Jahr1892
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Abo««emei»tSpreiS G der Hauptrxpeditioa oder den i» Stadt» bezirk und de» Vororten errichteten AuS- „abkstellen abgeholt: vierteljährlich ^14.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus -6 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^l S.—. Dtrecte täglich» «reuzbaiidleudung tu» Au-Iaad: monatlich L—- Die Morgen-Ausgab» erscheint täglich'/,7 Uhr, die Abeud-Auegabe Wochentag- 5 Uhr. Nedartion und LrveLitiou: Äohannesgaffe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geüssart von früh 8 bi- Abend» 7 Uhr. Filialen: vtt» ««„»'» kortim. «Alfret Hahv). Universität-itrab« 1, . . . Laut« Lösche. Katharinenstr. 14, pari, und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. JnsertiorrSpreiS Die 6gespaltme Petitzeile 20 Pfg." Reklamen unter demRedactionsstrich (4ge« spaltea) 50^, vor den Familtennachrichte» (6 gespalten) 40 »L- Lcöhere Schrtste» laut u»jer«n PreiS- verzeichuib- Tabellarischer und Zisferujatz uach höherem Tarif. vrtra-Vellage» (gesalzt), nur mit de» Morgen.Au-gabe, ohne Poslbesärderuug ^4 60.—, mit Poslbesördrruug ^l 70.—. Ännalnneschluß für Zuserate: tzlbeud'Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Margen.Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eia« halbe Stunde früher. Laserat» Pud stet» au die Srtzetzttisa zu richten. Bruck and Verlag von E. Pol» in Leipzig. .H «33. Montaß den 12. December 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Der Preis für den in den städtischen Gasanstalten erzeugten Koks beträgt vom Montag, den 12. d. M,, an frei Gasanstalt I und frei Gasanstalt II: für den Hektoliter Lteiiikohlen-Grotzkoks 1 » » » rrrkleinertcn LteinkodleiikokS, sogcnaniitrn MeidingcrkokS 1 . 05 » » » » Steinkohlen-Perlkoks — - 60 « » » » Braunkvhlen-Koks — - 55 - » » » Steinkohlenkoks-Grus — « 25 - Der Preis bei der Abnahme größerer Mengen wird besonders vereinbart. Die Marken zur Koks- und Grus-Entnahme sind gegen Baar- zahlung, soweit die Borräthe an Koks rc. reichen, in den Geschäfts stellen der Gasanstalten zu erhalten. Wir bemerken hierzu, das; der Perlkoks und der Braunkohlcnkoks nur in kleinen Mengen gewonnen wird, so daß die Borräthe immer nur sehr geringe und meistens sogar erschöpft sind. Zur größeren Bequemlichkeit des Publicums liefern die Gas anstalten den Koks auch in Leipzig frei ins Haus. Die Kosten hierfür betragen bei jeder Sorte 15 für den Hektoliter. Die Lieferung geschieht dann in plombirtcn Säcken. Etwaige Bestellungen wolle inan entweder mündlich oder durch die Post m den Geschäftsstellen der Gasanstalten oder in der Rechnungs- und Casjenverwaltung der Gasanstalten, Knrprinzstraße 14, machen. Ferner haben wir folgende Koks-Niederlagen errichten lassen. In Leipzig, Aleranverstratze IS, bei Herrn Pani Kern, i. Fa. F. W. Schwarze. » » Arntztstraste 18, bei Herrn K. Schmidt. - - Vrantzvortverkstratze 15, bei Herrn C. F. Böhmer. - » » 41, bei Herrn Karl Kluge. » » - 52, bei Herrn Alb. Dobritzsch. - » Btirgstrnstc 20, bei Herrn M. Suhl. - - Lavitzstraßc 2, bei Herrn W. Hclbig. . . -8, bei Herrn F. A. Günther. - » Eutriyscher Ltratzr 10, bei Herrn Albert Thieme. » - Kochstratzc 13, bei Herrn Ernst Wols. - - körnerstras-e 28, bei Herrn E. F. Haferkorn. - » » 84, bei Herrn E. Schüller. - - » 40, bei Herrn Karl Elbe. - - - 50, bei Herrn Julius Schladitz. - - vöhniger Strotze 0, bei Herrn Fr. Rick. Härting. - - - 14, beihrn.GeorgCarlAng.Schröder. « - Moltkeftratze 21, bet Herrn Oscar George. - « - 38. bei Herrn E. Morgenstern. - » - 80, bei Herrn E. Kietz. leterSsteinwr« 21, bei Herrn A. Damm, lanstädter Ttetinveg 2o, bei Herrn Karl Kappel. » « Rojcnthalgassc 10, bei Herrn F. A. Hammer. - - Tido»irnstratzr 5, bei Hrn. Karlkleine,Fr.Üiohr'SNachf. - - Eteinstratze 85, bei Herrn I. Franze. - - Südplay 8, bei Herren Bernhard Franz L Co. - - Südstraye 24. bei Herrn Cali Fischer. - - - 70, bei Herrn H. Lorenz. - - Windmühlcnwcg, bei Herrn Fr. Schnurbusch. - » - 23, bei Herrn G. Mitdank. - » Zrttzer Strasse 17, bei Herrn I. G. Steinborn. - L.-Eo«ncwty, Au« Bahnhof, bei Herrn Franz Burghousen. - - Hrrmannstratzc 20, bet Herrn Louis Köcke. - L -Eutritzsch, Gasthof zum Anker, bei Herrn Karl Trompler. - - Turnrrstrahe 3, bei Herrn G. Gröber. - L.-Lindenau, Kaiser Wilhelmstr. 10, bei Hrn. Robert Rößner. - L.-Neureudniy, Mühlwrg 12, bei Herrn Gustav Walther. - L.-Nr»stavt, Ällerstratze 72, bei Herrn Ferd. Grabau. - - Sammclbahnhof, bei Herrn Albert Reimann. - L.-Plagwitz, Gtrisftratzr, bei Herren Beruh. Franz L Co. - - - bei Herrn Rudolph Heinrich Nachf, « - Rontienftrahe 17, bet Herrn Fritz Bärwolf. - L.-Neudniy, Wilhclmstratze I I, bei Herrn E Bautze. » L.-Thonberg, Kirchstratzc 7. bei Herrn Aug. Becker. - - Reitzcnhainerrtr.22,beiHerrnH.E.Schlichting. - - - 88, bei Herrn Emil Jahr. - L.-Volkmarödorf. Eisenbahnstr. 113, bei Herrn M. Mäkler. - Tötitz. Bahnhof L.-Oo»ncl»itz, bei Herrn D Schmidt. - IKautzsch, Am Bahnhof, bei Herrn Wilh. Sicker. Auch an dielen Stellen, an welchen der Koks ebenfalls in plombtrten Säcken gehalten wird, kann, soweit die Borräthe reichen, die Entnahme der sämmtlichen Üokssorteu zu den oben bezeichneten Preisen geschehen. Leipzig, am 10. December 1892. De» Raths Deputation ,u den Gasanstalten. Bekanntmachung. Ms Abladeplätze für Schnee und Eis sind für den gegen wattigen Winter die nachverzeichneten Plätze bestimmt worden und ist deren Benutzung jederzeit allen Leipziger Einwohnern gestattet. 1) Parzelle Skr. 2786 der Stadtflur, gelegen recht- vom Fahr- wcge nach dem Berliner Güterbahnhofe; 2) die zu dem Gute Thonberg gehörige Parzelle Nr. ^ "neu der Flur Thonberg, gelegen am Windmühlenwege; 3) die Abtheiluiigen 1, 2, 3, 4, 6 des Eilenburgcr Rodelandes, gelegen zu beiden Seiten des Weges von der Heiligen Brücke nach der ehemaligen Rathsziegelei: 4) Abtheilunq 2 und 3d der Ranstädter Viehweide, gelegen rechts am Leutzscher Wege, hinter dem Perlitz'schen Zimmerplatz; 5) Parzelle Nr. 388 von Reudnitz, gelegen an dem von Anger- Crottendorf nach Stötteritz führenden CommunicationSwege vor der Verbindungsbahn; 6) die Schaafwiese in der Flur Lindenau, gelegen am Schutt- abladeplatz daselbst; 7) Abtheilung X der Gohliser Mühlwiese, gelegen am GohIIser Wehr im Roscnthal, gegenüber dem Kaiserparke. Die vorgedachtcn Plätze find durch Placottafein bezeichnet. Das Abwerfen von Schnee und Eis aus den Grundstücken auf Straßen und öffentliche Plätze ist ebenso, wie die Ablagerung oes- selben auf Privatareal, welches unmittelbar an den öffentlichen Ver kehrsraum angreazt, bei 15 Strafe für jeden Zuwiderhandlung-- fall verboten. Leipzig, am 8. December 1892. ^ Der Aath -er Stadt Leipzig. IX. 20857. vr. Georgi. Stahl. Bekanntmachung. ^ Am 21. November d. I«. ist im hiesigen Theater-Reftanrant nn schwarzer Tuchrock mit schwarzem Futter, auf dem Aufhängsel die Firma „N. ttoeulce Tiinr-n" tragend gefunden. Der Eigenlhümer wird aufgesordert, sich zu den Acten 9 HI o 2852/SL zu meiden. Halle a. S., den 8. December 1892. Der Erst» Staatsanwalt. Holzauktion. Dienstag, den 13. December d. I., sollen von Vormittags 9 Uhr an aus dem Mittclwaldschlage in Abth. la des Burgaucr Forstreviers, zwischen den Böhlitz-Ehrenberger Wiesen und der Fluthrinne ca. 180 starke Abraumhaufen und - 250 starte Langhausen unter den im Termin öffentlich aushängenden Bedingungen und gegen die übliche Anzahlung an de» Meistbietenden verlaust werden. Znsammeiitunft: am früheren alten Forsthause bei Böhlitz- Ehrenberg. Leipzig, am 5. December 1892. Des Raths Forstdcpiitation. Holzauktion. Freitag, den 16. December d. I., sollen von Vormittags 9 Uhr an aus dem Mittelwaldschlage in Abth. In des Burgaucr Forstreviers, zwischen den Böhlitz-Ehrenberger Wiesen und der Fiuthrinne 49 Rmtr. Sicheu-Nutzscheite I. und II. Ll. Brennschette, unter den im Termine öffentlich anshüngenden Bedingungen und gegen die übliche Anzahlung an den Meistbietenden vertäust werde». Zusammenkunft: Am früheren alten Forsthause bei Böhlitz- Ehrenbcrg. Leipzig, am 5. December 1892. Des RathS Forstdepntation. 269 - Eichen- 11 - Buchen- 2 « Eschen- 22 - Rügern- und 25 - Linden- Politische Tagesschau. * Leipzig, 11. December. Im Reichstage, der gestern die erste Berathung der Mititairvorlage begonnen bat, gab der Abg. v Huenc i»> Namen des CentrumS die bedeutungsvolle Erklärung ab, daß für diese Partei die Vorlage in ihrem vollen Umfange unannehmbar sei und daß das Ccntrum nur die Kosten für die Durchführung der zweijährigen Dienstzeit innerhalb der bisherigen Präsenzziffer zu bewilligen bereit sei. DaS Haus lachte allerdings bei dieser Erklärung und gab dadurch zu verstehen, daß eS dem Ccntrum noch eine größere Opfer- fähigkcit zutraue, sofern auch die Negierung dem Centrum gegenüber sich opfersähig zeige. Aber cs scheint doch, als ob Herr von Huene und feine Freunde nachgerade die Hoffnung aus Gegenconcessioncn aufgegeben und daher genau die Grenze sestgcftcllt hätten, bis zu der sie den militairischcn Forderungen der Regierung gegenüber gehen wollen. Vis genau zu derselben Grenze zu gehen, hat Herr Eugen Richter mit seinen Freunden sich entschlossen, und da die Auslassungen des Abg. v. KomierswSki darauf schließen lassen, daß die Polen sich nach dem Centrum richten werden, wahrend die Conservativen, als deren Wortführer der Abg. v. Manteufsel auftrat, die dreijährige Dienstzeit wenigstens principiell aufrecht erhalten wissen wolle», so ist nicht abzusehen, wie eine Mehrheit sich bilden soll, die für mekr als die Durch führung der zweijährigen Dienstzeit innerhalb der bisherigen Präsenzziffer zu haben ist. Daß der Reichskanzler Graf Capriv, vorläufig noch auf seiner ganzen Forderung bestand, ist begreiflich. Ob er auch mit Geringerem sich begnügen zu dürfen meint, wird wahrscheinlich erst bei der dritten Lesung sich Herausstellen. — Auf der Tagesordnung der morgen statt findenden Sitzung sicht u. A. die von der nationalliberalen Fraction unterstützte Interpellation Buhl: „Die in dem soeben beendeten Proceß Ahlwardt vernommenen Sach verständigen haben sich zwar schon entschieden für die gute Qualität unserer neuen Jnsantrriebewafsnung ausgesprochen. Nichtsdestoweniger scheint es wünschcnswerlh, wenn von höchster autoritativer Stelle ans eine Bestätigung zur Bekräftigung dieses Urtheils erfolgt. Die Unterzeichneten richten deshalb an den Herr» Reichskanzler die Anfrage: ob derselbe bereit ist, dem Reichslage in diesem Betreff eine Mittheilung zu machen." Die man hört, wird der Reichs kanzler die Interpellation sofort beantworten, jedenfalls in einem, die vielfach bcrvorgetretenen Befürchtungen zerstreuenden Sinne. Eine Besprechung wird sich voraussichtlich an die Interpellation nicht anknüpfen. Der angekündigte An trag auf Einstellung des Ver fahrens gegen den Reichstagsabgeordneten Abl- wardt ist im Reichstag bis jetzt noch nicht cingcbracht worden, soll aber unmittelbar bevorstehen. Der Anträg wird Wohl zunächst der GeschäftSordnungScomnüssion überwiesen werden. An der Annahme mit großer Mehrheit ist nicht zu zweifeln, da andernfalls ein Bruch mit dem bisher stets be folgten Grundsatz, solche Anträge ohne Rücksicht auf die Person oder Parteistellung einfach zu genehmigen, vorlicgen würde und leicht die Axt an die ganze Einrichtung der parlamentarischen Immunität gelegt sein könnte. Auch auf freisinniger Seite, wo man gewiß keine Sympathie für Ahlwardt empfindet und anfangs nickt ab geneigt schien, dem Parteihaß ein Opfer durch PreiSgcbung eines bisher stets als höchst werthvoll gepriesenen Princips zu bringen, haben sich doch mehr nnd mehr Bedenken gegen ein solche« Vorgehen gezeigt. Man neigt hier jetzt zur Ver schleppung der Sache, indem da« Votum des Reichstag« erst nach dem 21. Februar, dem Tag des Ablaufs der gegenwärtig von Ahlwardt verbüßten Strafhaft, abgegeben werden soll. Es ist aber sehr zweifelhaft, ob dieses Verfahren die Zu stimmung des Reichstags finden wird. Von einer Aushebung der Strafhaft, die Ahlwardt gegenwärtig abbüßt, und seinem Eintritt in den Reichstag vor Ablauf derselben kann natürlich keine Rede sein. Die in dem ReichStagswahlkreise Kanfbeuren im bayerischen Schwaben vollzogene Ersatzwahl für die Ccntruuisleuchte vr. Orterer hat zu recht merkwürdigen, we. auch nicht unerwarteten Ergebnissen geführt. Der Wahlkreis war von 1871—74 demokratisch, seitdem un unterbrochen ultramontan vertreten. Er ist nur zu 2,8 Proc. evangelisch. Bei den Wahlen von 1890 siegte der Ccntrumö- candidat mit I0 57V gegen 4l10 nationalliberalr und 59l socialdemokratische Stimmen. Ganz ähnliche Zahlen wiesen auch die Wahlen von 1887 und 1884 ans. Es war sonach hier stets eine ziemlich ansehnliche liberale Minderheit vorhanden, wenn auch die Herrschaft des CentrumS kaum ernstlich be stritten wurde. Diesmal kam nun ein neuer Factor in die Wahibewegung, indem auch hier wieder, durch seine Erfolge in Kelheim crmuthigt, der wildultramontane vr. Sigl gegen den Centrumscandidaten Zintb austrat. Dazu kam ein von allen Liberalen unterstützter nationalliberaler Candidat, Wagner, und ein Socialbemokrat Z i t t. Gegen das Centrum soll auch hier wieder, wie in Kelheim, die Abneigung gegen die Mititairvorlage, die Verstimmung über die neuen Sonntagsvorschristen, auch das „Klebegesetz", gewirkt haben, vr. Sigl hat auch hier wieder ansehnliche Erfolge erzielt, der „Thurm des CentrumS" in einem der festesten Wahlkreise einen neuen Riß erlitten. Da nach der letzten u»S zugegangenen Nachricht bisher für Zinth 6039, für Sigl 2613, für Wagner 2553 »nd für Zitt 784 Stimmen gezählt sind und ans 25 Bezirken die Nachrichten noch fehlen, so ist eS wenigsten« nickt unmöglich, daß Sigl in die Stich wahl kommt, an der die Liberalen sich schwerlich betheiligen dürften. Wie der Telegraph bereits aus Wien gemeldet, ist Minister Graf Kuenburg nunmehr definitiv von seinem Posten zurückgetreten und in aller Huld und Gnade von seinem Kaiser entlassen worden, der den charaktervollen Mann nach einer ersprießlichen Thätigkcit von nicht einmal ganz einem Jahre nur sebr ungern ziehen sah. Das beste Lob kommt aus dem Munde des Gegners, weshalb wir über die Demission Kuenburg's wörtlich bringen, was die „Narodni Listy" hierüber veröffentlichen. „Als ein Mitglied seiner Partei", schreibt das jungczechische Blatt, „trat Graf Kuenburg in bas Cabinet, als solches wirkte er und als solches scheitet er auch auS demselben. Als er vom Linzer LandeSgerichtc weg in den Rath der Krone berufen wurde, erklärte er seinen politischen Freunden, er werde ihnen unter allen Umständen treu bleiben, sich stets als Ver treter ihrer Partei betrachten und um seine Demission nach- suchcn, sobald cs zu einem Conflicte zwischen der Linken und der Regierung kvmmen würde. Dieses Versprechen bat Graf Kuenburg als ein ehrenhafter Charakter und Ebrenmann erfüllt. Ter Kampf, in welchem wir uns gegenüber der Vereinigten Linken befinden, hindert uns nicht, gestehen, oaß Graf Kuenburg sich keineswegs krampshast an seine hohe Würde geklammert, sondern dieselbe ohne Zaudern nicdergelegt hat, und daß er bei seinem Vorsatze auch dann verharrte, als von einflußreicher Seite auf ibn ein gewirkt wurde, daß er in seiner Stellung verbleibe." Die Frage „Was nun?" schwebt auf Aller Munde, aber Niemand weiß die richtige Antwort. Gerüchtweise verlautet, cS seien Symptome vorhanden, die trotz de« Ausscheidens des Grafen Kuenburg auö dem Cabinetc auf bevorstehende An näherungsversuche der Negierung an die Linke schließen ließen. Tie Möglichkeit neuerlicher Cons'crenzen soll nicht in Abrede gestellt werden, einen Zweck könnten sie aber nur dann haben, wenn Gras Taaffe den festen Willen hätte, die Grundsätze des von der Linken ausgestellten Programms der Bildung einer festen Mehrheit zu atoprire». Hat er diesen Willen nicht — und eS ist nach dem Vorgefallenen kaum denkbar, daß er ihn haben könnte —, dann würden neuerliche Be ratbungen genau so ergebnißlos werden wie die früheren. Die gegenseitige Erbitterung würde dadurch höchstens gesteigert. Einer stürmischen Forderung der öffentlichen Meinung in Frankreich ist nunmehr, wie ker Telegraph bereits gemeldet hat, Genüge geschehen, vie Leiche Reinach'S ist der Gruft in Beauvais entnommen und im Gemeindehause geöffnet worden. DaS Ergcbniß der ärztlichen Untersuchung des Gehirns und der Eingeweide, die nach Paris geschafft wurden, wird erst in drei Wochen veröffentlicht werten, aber die gestern in Beauvais vorgenommene Amtshandlung bat dock wenigstens insofern ein unmittelbar beruhigendes Ergebniß geliefert, als sie daS thörichte Gerücht, Reinach sei gar nickt lodt, sondern geflüchtet, zum Verstummen brachte. Der Sarg Reinach'S enthielt thatsächlich dessen Leiche, die, wie in der heute vorliegenden ausführlicheren Meldung ausdrücklich be tont wird, gut erhalten ,st. Der allgemeine VerleumdungS- unfug hätte kaum einen so schlimmen Umsang gewinnen können, wenn der frühere Justizminister Ricard über sich gebracht hätte, womit sein Nachfolger und Parteigenosse seine AmtSwirksamkeit eröffnet hat, und wenn er nicht durch Zurück nahme seiner wenige Stunden vorher ertheiltcn Zusage, die Leiche Reinach'S ausgraben zu lassen, dem einmal rege ge wordenen Verdacht neue Nahrung zugeführt hätte. In Spanien ist die Bildung des neuen CabinetS noch nicht soweit gediehen, wie am Sonnabend gemeldet wurde. Aber Sagasta ist mit der Ausgabe der Neubildung betraut und bereits an der Arbeit. An der großen Versammlung der liberalen Partei, welche vor einigen Tagen in Madrid statt- sand, haben nicht weniger als 165 Senatoren und Abgeordnete theilgenommen. Sagasta hielt in derselben eine zündende Rede, in welcher er sagte: „Tiefe Regierung (daS Ministerium CanovaS) kann und darf nicht länger forlbestcben. Ihre Existenz ist eine unmittelbare Gefahr für den Frieden der Nation." AuS dem Geiste, welcher die Versanimlung erfüllte, möchte man auf feste und dauernde Einigkeit unter den spanischen Liberalen schließen, aber die Erfabrung lehrt, daß man in dieser Beziehung sehr vorsichtig sein muß. Des neuen Cabinets harrt eine schwere Aufgabe, welche der „Imperial" mit den inhaltsschweren Worten bezeichnet: „Es handelt sich darum, Spanien vor dem Staatsbankerott zu retten." Rußland gefällt sich neuesten» in der Rolle de« mah nenden Gläubigers. Nachdem eS der Pforte das Messer an die Brust gesetzt, werden sogenaNnte Schulden in Bul garien eincassirt, und der deutsche Consul ist cS, der die be treffende Note überreichen mußte. Wir haben bei einer früheren Gelegenheit bereits einmal darauf hingewiesen, daß cS für das deutsche Reich unwürdig ist, den Büttel Rußlands zu machen» russische Interessen und russische Unterthanen in Bulgarien zu vertreten. Dies mochte zu einer Zeit am Platze sein, wo noch von der thurmhohen Freundschaft zwischen Berlin und Petersburg wenigstens geredet werden konnte; seitdem die Entfremdung zwischen beiden Mächten die Nordpolkälte erreicht hat, fällt sogar ein schiefes Licht auf Deutschland, wenn sein Vertreter in Sofia russischer Exccutor ist. Es residirt ja dort auch ein französischer Consul, der sich gewiß ein Vergnügen daraus macken wird, die Last von den Schultern seines deutschen College» zu nehmen, und in Paris würde man sicherlich der „Brudernation" gern gefällig sein. Im Uebrigen wird die neueste russische Note der bulgarischen Regierung keine Ver legenheiten bereiten. Man wird in Sofia das Geld um gebend anweisen, obwohl eS im Grunde genommen ein merk würdiger NechtStilel ist, unter dem Rußland Bezahlung heischt. Weil die Truppen des Zaren zu russischen Zwecken in dem Fürstenlhum gekauft und doppelte Gehalte aus seine Kosten bezogen kabcn, soll das bulgarische Volk an den Zaren einen nachträglichen Tribut entrichten. Dabei ist es That- sache, daß die russischen Machthaber in Bulgarien sich reich lich für all DaS bezahlt gemacht haben, was sie dem Lande an Diensten geleistet. Indessen ist es ja immerhin ein Fort schritt, daß man an der Newa die heutige „Usurpatoren- Regierung" in Bulgarien wenigstens insoweit als legitim anerkennt, um von ,hr Geld aus Rechnung des bulgarische« Volkes anzunehmen. Deutsches Reich. js Berlin, 11. December. In letzter Heit sind vielfach Klagen darüber zu vernehmen gewesen, daß BetriebSunter- nebmer wegen der Uebertretung polizeilicher Vor schriften seitens jugendlicher Arbeiter zu Polizei- strascn verurtheilt sind, ohne daß dieselben von diesen Ueber tretungen etwa« gewußt, geschweige denn sie veranlaßt hätten. Diese Klagen hörte man vor dem JnSlebentreten der neuesten Gewerbcordnungsnovelle noch häufiger. Durch die letztere sollte ihnen aber abgeholfen werden und könnte es auch, wenn die Unternehmer größerer Betriebe, welche solche Uebcrtrctungen unmöglich selbst verhüten können, überall von der ihnen durch die neue Fassung des Abs. 1 des H. 151 ge währten Bcsugniß Gebrauch machen Durch diese Fassung ist nämlich die Verantwortlichkeit deS Unternehmers für den Fall beschränkt worden, daß er eine an sich geeignete Person mit der Leitung oder Beaufsichtigung deS Betriebes oder eines Theiles desselben beauftragt. Dieser ist dann für solche Uebertretungen haftbar und kann eS auch sein, weil ibm die Ueberwachung der Arbeiter möglich ist. Der Gewerbe-Unternehmer kann, wenn er eine solche Person an gestellt hat, nur dann bestraft werden, wenn er bei der Aus wahl derselben fahrlässig zu Werke gegangen ist oder wenn er die Uebertretung wissentlich geschehen ließ. Er würde also beispielsweise bestraft werden können, wenn derselbe Beauf tragte wiederholt einer Uebertretung fchuldig befunden wurde, da hieraus auf den Mangel an Sorgfalt in der Auswahl oder in der Beaufsichtigung des letzteren geschlossen werden muß. Im Uebrigen aber würde die Strafe denjenigen treffen, der thatsächlich solche Uebertretungen polizeilicher Vorschriften auch zu verhindern im Stande ist. lü Bcrltn, 1l. December. Die Untersuchung gegen die verhafteten Anarchisten Leimert und Genossen wird in aller Stille weiter geführt; viesclbe ist dem Landrichter vr. Schulz aus Leipzig, dem Untersuchungsrichter im letzten HochverralbSproceß, übertragen worden. — In letzterZeit haben außerordentlich zahlreiche Haussuchungen und Ver haftungen staltgcfunden; es wurden davon Socialdemo kraten, Unabhängige und Anarchisten betroffen. Der „Socialist" fordert die unabhängigen Socialisten an allen Orten auf, für die im Kampfe gefallenen Opfer Gelder zu sammeln. — Die Socialdemokraten schauen sich schon wieder nach neuen Recruten um. Zunächst haben sie die Bureau gehilfen ins Auge gefaßt, die sie fachvereinsmäßig orga- nisiren wollen, wobei sie aber einen ganz entschiedenen Rem- fall erleben werden. Die Privatschrciber, die in den Bureaux der Rechtsanwälte, Notare, Gerichtsvollzieher, in technischen Bkreaux, bei Versicherungsgesellschaften und an zahlreichen anderen Stellen beschäftigt sind, bilden zwar eine stattliche Armee nnd die Besoldung eines großen ProcenlsatzeS läßt sehr viel zu wünschen übrig, dennoch ist es unmöglich, auch nur einen nennenSwerthen Bruchtheil der Burean- arbciter für eine Organisation zu interessiren. Denn einerseits ist der Bildungsgrad der Privatschreiber ein zu verschiedener und andererseits werden auf den resp. Posten zu verschiedene Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt. Wir finden unter den Schreibern schiffbrüchige Existenzen aller Art, darunter nicht selten studirtc Herren, ferner Leute mit Gymnasialbildung, endlich aber auch bloße „Klippschüler", Gemeindeschüler, und die letzte Kategorie bildet die große Mehrheit. Die tüchtigen Arbeitskräfte rücken nicht selten schon in sehr jugendlichem Alter in gut besoldete Bureau- vorstehcrposten auf. — Der Fachverein der Musik- instrnmcntcnarbeiter, der einen großen Verband für ganz Deutschland batte ins Leben rufen wollen, ist schlafen gegangen, seine Mitglieder haben sich jetzt der Zahlstelle des Deutschen Tischlerverbandes angeschlossen. Die Musikinstru mentenarbeiter oder Clavierarbeiter sind zum allergrößten Tbeil Tischler, aber, da sie in der Jnstrumentcnbranche einen höheren Lohn erzielen, mochten sie sich bisher mit den ungün stiger gestellten Tischlern nicht vermischen. — Der Deutsche Maurervrrband batte im Sommer einen Mitglieder bestand von 10 097 (bei 13 515 Listenmitgliedern). Die Mit glieder vertheilten sich auf 156 Städte und Orte Deutschlands. Tie Gesammteinnahmen beliefen sick auf 3l 849 -F, die Ge- sammtauSgaben auf 10 949 darunter 553 ^ für Rechts schutz und Unterstützungen, 5923 für da- Fachorgan, 6824 Kosten der Centralverwaltung und 4l24 ^ Kosten der Filialvcrwaltungen. Bei der Bank wurden vom Uever- schnß 15 500 -6 belegt, so daß dort zur Zeit 41000-6 devo- nirt sind. Da diese Summe während der stillen Wintersaison »othwendiger Weise angegriffen werden muß, so würde eS für einen etwaigen Lohnkampf im nächsten Frühjahr mit dem Pulver ziemlich schlecht bestellt sein.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite