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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.12.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921220020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892122002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892122002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-20
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In. 130.— 0.57 5865 ÄS uleld« »I»ie«r»mw> « ü. v«rL»llN. , llekerauxeu: ll-llLib»» cks„ der. »» 4- 0^5 — er.Vvowill«', L»IiI»» IIS l«> >u>l»wpl»r voll lpl«r ^lldlLll' Abounementsprels Ikter Hauptexpedition oder den im Stadk« Ilczirk und den Vororten errichteten AuS. Ikideltellen abgeholn vurtetinhrtich^ll.SO, In, zweimaliger täglicher Zuiiellung in» IMS ö.ütt. Durch die Post bezogen sur Ilkutjchland und Oesterreich: viertel,chrlich >6 6.—. Directe tägliche Kreuzbandjeudung iuS Ausland: monatlich ^ 9.— j !>'e Morgen-AuSgabe erscheint täglich'/.? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags 5 Ühr. Re-artion und Lrpe-itiou: LohaniieSgaffe 8. iLie Expedition ist Wochentags unnnterbroche» ' geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. - —»0—0» ' - Filialen: jttt« Klemm's Lortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraste 1, LoniS Lösche. s salharinenstr. 14, part. und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. JnsertionsPreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Neclameo unter demRedactionSstrich (4ge« spalten) bO<^, vor den gamtliennachrichte» (bgespatlen) 40/^. Größere Schriften laut unser«» Preis- verjeichuiß. Tabellarischer und Zisserusatz »ach höherem Tarif- Srtra-Beilagen (gesalzt), nur mit bei Morgen - Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, m»t Postbesürderuug 70.—. Ilnnahmkschluß sör Znferater Abeud-BuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4Uhr. Sonn» und Festtag- früh '/,S Uhr. Lei de» Filialen und Annahmestelle» je eta- halbe Stunde früher. Luserate sind stets an die Srpedttt-« zu richten. Druck and Verlag von E. Polz ta Leipzig. Dienstag den 20. Dccembcr 1892. 88. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Litbertwolkwitz. Rcsta »ratio ns-B er Pachtung. DaS im Eigenthu», der Gemeinde Liebertwolkwitz befindliche Acstaurations-tstr»»astück „Zum Moiiaichcnhügel" hier be- absichtigen wir vom 1. April 1803 ab aus eine Reihe von Jahren anderweit zu verpachten. In dem genannten Grundstück befindet sich eine gröstcrc Eaiumluug vo» tKri»»ci»»gs;eichc» a» Sic Pütkcischlacht bei Leipzig, für deren Besichtigung der Pächter ein Ginlruisgew ron den Besuchern zu erheben berechtigt sein soll. Cautivnssätjige Bewerber wollen sich wegen des Näheren baldigst an den Unterzeichneten Gemeindcvorstand wenden, im Uebrige» aber ihre Pacht-Angebote bis längstens den 1i». Januar 1803 anher emreichen. Liebertwolkwitz, am 16. Deccmber 1892. Trr Gciiikinderath. Dyck, Gcm.-Borst. politische Logesschau. * Leipzig, 20. December. Die politische Situation, wie sie sich während der jetzigen Bertagung des Reichstags darstellt, legt einen Vergleich mit der in den Weihnachtsserien des Jahres 1886,87 herrschenden Bewegung nahe. Auch damals war der Reichstag dicht vor einer großen kritischen Entscheidung über die Militairvorlagc in die Ferien gegangen; cs handelte sich um das sogenannte Septennatsgesctz, welches bei Eintritt der Vertagung die erste Lesung in der Eommission beendigt batte. Es berrschle damals genau dieselbe Unsicherheit und Spannung über den Ausgang der großen Streitfrage, den damals Niemand sicher vvrhersehen konnte. Die Entscheidung kam dann rascher, als irgend Jemand erwartet hatte. Das Gesetz scheiterte; am 14. Januar 1887 wurde der Reichstag aufgelöst und am 21. Februar fanden die Neuwahlen statt, welche eine ansehnliche conservativ-nationalliberale Mehrheit wiederberstellten. Aeußerlich manche ähnliche und doch inner lich so verschiedenartige Züge weist die gegenwärtige Situation auf. Die schicksalsschwere Entscheidung über eine große Heeresfrage steht auch jetzt nabe bevor und Biele sind der Meinung, auch neue Reickstagswahlen würden wir um dieselbe Zeit wie vor 6 Jabren erleben. Aber wie anders als damals ist die Stimmung im Lande heute! Damals konnte die Regierung darauf bauen, eine mächtige VolkSströinung hinter sich zu haben, durch die sie den Widerstand des Reichstages brechen konnte. Heute ist nn Reichstag die Stimmung einer Verständigung noch eher geneigt a>s in der Masse der Wähler, und die radicalsten Parteien allein blicken mit hochgespannten Hoff nungen aus neue Wahlen, deren Mitielpnnct die vorgescklagene Heeresreform wäre. In trüber Resignation oder unverhehltem Mißmuth stehen diejenigen Schichten unseres Volkes da, auf die sonst bei allen militairischcn Anforderungen in erster Linie gerechnet wurde. Sie sind eS auch jetzt noch, in denen das Streben nach einer Verständigung am meisten Befürwortung findet, aber mit dem alten Vertrauen und Muth geschieht cs nicht mebr. Tie Lasten sind eben zu gewaltig, als daß sic dem Volke, zumal bei der jetzigen Gedrücktheit aller wirthschaftlichcn Verhältnisse, noch aufgebürdet werden könnten, und cs ist auch sonst zu vielerlei seitdem geschehen. Die Regierung ist von dem Vorwurf nicht frcizusprechen, sich in einer bedauer lichen Unkenntnis; oder vielleicht auch bewußter Mißachtung der öffentlichen Meinung befunden zu haben, als sic mit so ungeheueren Forderungen hervorlrat. Sie könnte auch heute noch cinlenkcn und eine friedliche Wendung herbeiführcn, wenn sie daraus verzichtete, Unmögliches zu verlangen. Wird sie es thun? Diese Frage wird sich in den nächsten Wochen mancher Patriot mit ernsten Besorgnissen verlegen. Die Rede, welche am letzten Sonnabend der König der Belgier, Leopold II., bei Gelegenheit der Einreihung seines Neffen, des Prinzen Albert, in die belgische Armee gehalten hat, verdient ihres vortrefflichen Inhaltes willen in weiteren Kreisen bekannt zu werden. „Gerade heule vor 27 Jahren", so begann rer König seine Ansprache, „habe ich rinn ersten Male als conslitutionelles Staatsoberhaupt die Truppenschau abgehalten. Ich freue mich, daß dieser Tag heute durch den Eintritt meines Neffen in die Armee bezeichnet wird. Ich bin erfreut, ihn Ihnen zuzusübren. Er ist ein schöner Grenadier; seine Gefühle stimmen mit den Ihrigen überein; er weiß, daß die Ofsiciere besitzen müssen die Liebe zur "Arbeit, die Gewissenhaftigkeit in der Pflicht, eine unbegrenzte Hingebung an die nationale Unabhängigkeit. Die Armee ist eine große Institution; bei uns ist sie doppelt wichtig. Wir müssen sie in den Stand setze», unsere Pflichten gegen uns selbst und auch unsere internationalen Pflichten zu erfüllen. Seit 27 Jahren habe ich mich oft an die Ofsiciere gewendet; ich habe ihnen die verschiedensten Missionen anvertraut, und sie haben sie alle gut erfüllt. Ich will nur ein einziges Beispiel erwähnen, aber es ist hervorragend. Sehen Sic, was in Afrika vorgeht. Der junge Eongostaat hat die wunderbaren Fortschritte gemacht, von denen wir Zeuge sind. Wem verdanken wir es'? Den Ossicieren, welche die wahren Gründer des CongostaateS sind. Dank ihrer Entschlossenheit, ihrer Uneigcnnützigkeit, Hin gebung und unbegrenzten Entsagung haben sie unerhörte Er gebnisse erreicht. Nichts bat sie zurückgeschreckt, weder die Schwierigkeiten, noch die Krankheiten, selbst nickt der Tod. Die Ofsiciere haben in Afrika eine schöne Seite in die Ge schichte geschrieben, und die Art, mit welcher sie sich der großen Sache der Civilisation gewidmet haben, beweist, daß sie cS versieben werden, sich einer noch heiligeren Sache zu opfern, der Nationalvertbcidigung. Das Vaterland kann zu solchen Männern Vertrauen haben . . . Ich freue mich, daß die heutige Feier mir Gelegenheit giebt, den Ausdruck der Gefühle zu wieder holen, welche ich für die ganze Armee, für ihre Ofsiciere, Unlerofsiciere, Gefreiten und Soldaten hege, denn ich kenne den Eifer, welcher in den unteren Chargen herrscht, den guten Willen, welchen inan in ihnen daransetzt, sich der Ehess würdig zu zeigen." „Und Du, inein lieber Neffe", so schloß der König seine Rede, „hast soeben die erhabenen Farben, welche das Sinnbild des Vaterlandes sind, berührt. Erinnere Dich der Fabne, so lange Dein Herz schlägt! Mögen alle Deiner Generation dieselben Gefühle bewahren! Wir Alten aber, wir wollen in Vaterlandsliebe mit den Jungen für das Wohl und den Dienst Belgiens wcttcisern!" Auö Paris wird in Betreff des Panamascandalö auch heute in der Hauptsache nur gemeldet, daß die Regierung darauf ausgehe, in den Kreisen der gravirten Ab geordnete» und Senatoren weitere Verhaltungen vor nehmen zu lassen, und daß sie hierzu die Zeit der Wechnachts- fericn benutzen werde. Dem „Figaro" zufolge sind bei der gestrigen Haussuchung im Bureau der Banque franco-egyp- ticnne sichere Anzeichen von Bestechung mehrerer Parla mentsmitglieder in die Hand des Untersuchungsrichters gelangt, darunter Papiere des Verstorbenen LevyCrcmieux, der als Agent der Panamagesellschaft thätig war. Die Vertheidiger der verhafteten Verwaltungsräthe der Panamagesellschaft überreichten dem Eassationshof eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Anklage der Bestechung öffentlicher Beaniten unter der Begründung, daß Parlaments mitglieder keine Beamten seien und wegen ihrer Abstimmung überhaupt nicht zur Verantwortung gezogen werden könnten. „Tcmps", „Journal des Dvbats" und mehrere andere Blätter er klären, der EassationSbof werde wahrscheinlich der Beschwerde Folge geben. — Ter „Gaulois" sucht durch Einzelheiten zu beweisen, daß Freycinet allerdings vertraute persönliche Beziebuugen zu Herz Unterbalten habe. Herz, der in London ist, leugnet übrigens einem Ausfrager gegenüber, daß er mit der Bestechung von Parlamentariern das Geringste zu tbun habe; die zwei Millionen, die er bekommen, seien eine Teil zahlung auf persönliche Schulden Baron Reinach's an ihn gewesen. Als Verfasser der Angriffe der „Libre Parole" gegen Emanuel Arene hat sich der ehemalige Polizei- präsect Andrieux genannt. Andrieux scheint die Präscciur mit ganzen Wagenladungen „kleiner Papierchcn" verlassen zu haben Offenbar hat er Drumont's Feldzüge mit dem »öthigen Kriegsvorrath genährt. „Evöncment" versichert, der Herzog von Latremoille habe „kleine Papierchcn" zur Panamafache im Betrage von zwei Millionen ausgekauft, die Baron Hirsch vorgeschossen habe; ihre Verwendung soll in der Wahlbewegung erfolgen. — Die Franzosen sind übrigens voller Gift über Cornelius Herz, der aus die Frage, was er thun würde, wenn er aus der Liste der Ehrenlegion ge strichen würde, geringschätzig erwiderte: „DaS ist nur höchst gleichgiltig!" Mit großem Mißbehagen ist in England von dem Be schlüsse der vor Kurzem in Berlin versammelt gewesenen Vertreter Nordatlanlischer Dampfergesellschaften Kenntniß genommen worben, im nächsten Jahre die Beförderung von Zwischendeckspassagieren nach de» Vereinigten Staaten ganz einzustellen. Da der Hauptstrom der Auswanderer jabranS jahrein sich in die Zwischendecks der von den deutschen, belgischen und holländischen Häfen nach Nordamerika verkehrenden Dampfer ergießt, so liegt es auf der Hand, daß der Wegfall dieser Reisegelegenheit zu einem Aufstau der auswanderungsbcflisscnen Massen am eng lischen Gestade des Atlantic führen muß, und daß mit sozusagen mathematischer Gewißheit prophezeit werden darf, England werde die nächste Etappe sein, wo die auf dem Zuge nach Westen begriffenen Schaaren ihren Wander stab ruben lassen. In England hat man an beschästigungs losen Händen gerade genug, als daß man dieselben noch durch Zufluß von Außen so vermcbrt sehen möchte. Ueberhanpt ist der fremde Arbeiter, so trefflich er sich in früheren Jahren und in geringer Anzahl bewährt und der öffentlichen Meinung Achtung abzuringe» verstanden haben mag, doch neuerdings durch das Ueberkandnehmen des russisch jüdischen Elements, das auf englischem Boden gerade seine wenigst sym patkischen Seiten herauskehrt, in argen Verruf gekommen, dergestalt, daß jeder englische Aroeiter in dem vom AnSlande einwandernden Kameraden nicht mehr in erster Linie den Berufs- und Schicksalsgenossen, sondern beinahe einen persönlichen Feind, jedenfalls aber den ohne Gnade und Barmherzigkeit zu bekämpfenden Hcrabdrückcr des heimischen ,.8tanckiirck ot' Uko" erblickt. Mit einem Wort, vie von den Nord-atlantischen Dainpfcrgesellschaften in Berlin be schlossene Aufhebung der Zwischcndecköpassage nach Amerika erfüllt England mit der Sorge vor einer noch nicht dagewesenen Ucbcrschweinmung durch Arbeitskräfte, für welche dort absolut nicht die geringste Verwendung vor handen ist. Nachdem diese Erkenntniß einmal theoretisch sormulirt ist, zögert man auch nicht, ihre praktischen Eon sequenzen zu ziehen. Bereits wird in den Blättern und in Arbeiterversammlungen die drohende Perspective ein gehend erörtert, wobei der Schlußrefrain allemal auf die Forderung des Erlasses eines allgemeinen Ver botes gegen mittellose Einwanderer hinauskommt, ganz nach dem Muster der nordamerikaniscken Paupergesetze Zn dem manchcsterlichen Wirlbschastsprogramm der Gladstoncaner paßt ein solches Verbot zwar wie die Faust anss Auge, indcß bat auf englischem Boden noch niemals eine theoretische Lehrmeinung, wo sie den Lebensinteressen der Gcsammtkcit zuwidcrlief, aus bloßem doktrinären Eigensinn Recht behalten. Und so wird auch die jetzige Regierung, wenn die von dem Wegfall der Aus wanderer-Zwischendeckspassage von contincntalen Häsen nach Amerika befürchteten Folgen für England in Erfüllung zu gehen anfangen, ohne jedes tbeoretische Bedenken solche Maß regeln treffen, welche das Wohl des eigenen Landes erheischt, leichviel ob die manchesterliche Rechtgläubigkeit darob in die 'rüche geht. In den Londoner colonialen Kreisen »st nach dem Zusammenbruch der britisch-ostafrikanischen Gesellschaft des Herrn Mackinnon nunmebr das Telegraphenproject des Herrn Cecil RhodeS der Mittelpuncl des augenblicklichen Interesses. Man weiß in England recht Wohl, daß der Premierminister der Capcolonie fetzt nur nach London kam, um einen letzten Versuch zu machen, seine verlorene Sache zu retten. In dem Augenblick, wo als das Facit seiner ver- chlten Speculation in Malabele- und Maschona-Land der politische Verzicht England» auf Swasiland, das einfach an das zähe Transvaal ausgeliesert werden mußte, bekannt gemacht wird, versucht Herr RhodeS dem für coloniale Unternehmungen zugänglichen eng lischen Publicum das bereits gemeldete Projekt einer Telcgraphenlinie von Eapstadt über die centralasrikanischen Seen bis zum Nil und Kairo aufzuhalsen, um auf diese Weise neue Mittel für seine verkrachte Ehartercompagnie zu erbalten. Man weiß, daß hinter Herrn RhodeS, so wenigstens wird uns von sonst gut unterrichteter Seite ge meldet, Herr von Rothschild steht, und auf die Emission und deren Hintermänner kommt Alles an. So viel man bis jetzt hört, sollen auch die großen deutschen Banken durch die Gcldmacht der Rothschilds zum Theil wenigstens für dieses phantastische Project ge wonnen sein, und auf diese Weise könnte man eS sehr leicht erleben, daß die gleichen deutschen Geldinstitute, die für viel bescheidenere und klarere vaterländische coloniale Pläne bisher nicht zu haben waren, für dieses englische Project Mittel hergcben würden. Auch in Frankreich machen die Rothschilds in dieser Sache für Cecil RhodeS Propaganda. In England selbst ist cs den ernsthaften Eolonialpolitikern sehr wohl bekannt, daß der weitere Bestand der Stellung von Rhodcs als Premierminister in Capstadt, und namentlich als Leiter der in Matabele-Land arbeitenden Chartercompagnie, in letzter Stunde nur noch gehalten werden konnte durch dir Herausgabe von Swasiland an die burische Republik Transvaal. Während man nun in England weiß, daß alle Berichte über die vielen Unzen Gold, die in Matabele und Masckona angeblich gesunden werden, jeder reellen Grundlage entbehren, und während in Südafrika selbst die Buren über diese erste maßgebende Niederlage Englands, die in der Herausgabe von Swasiland liegt, triumpbiren, versuchen die Rothschilds die großen Geldinstitute in Paris, Berlin und Amsterdam zu neuen Opfern für den Ebrgeiz de« Herrn RhodeS willig zu mqchen. Bei uns weiß >eder Afrikaner, daß die geplante Telcgraphenlinie ein undurchführbares Phantom ist. Wir erlangen nickt zu oft authentische und ungeschminkte Berichte über die inneren russischen Zustände und cs ist daher um so werthvoller, wenn einmal von cowpetenter Seite ein objectiveö, auf Wahrheit gegründetes Urtheil über Land und Leute nn großen Zarenreiche zu unserer Kenntniß gelangt. Ein derartiges Urtheil liegt gegenwärtig vor auS der Feder des bekannten russischen kaiserlichen Leibarztes Botkin über die Zustände zu Ende der siebenziger Jahre im kaiserlichen Hauptquartier zu Plewna. Botkin gedenkt hierbei namentlich des im Hauptquartier mit verweilenden deutschenMilitairbevollmächtigten, Generals von Werder, und schreibt u. A. Folgendes: „In Folge des langen Stilllagers hat die Demoralisation in der Armee einen großen Umfang angenommen. Der Zar bat, wie ich gestehen muß, bisher Alles keldenmütbig ertragen, auch Miljustin zählt zu den Kräftigen. Ein Mann aber, vordem Niemand die geringste Klage über diese bösen fünf Monate gehört, ein Mann, der nicht einmal den Gesichtsausdruck ver ändert bat, der die furchtbarste Hitze, Nässe oder Kälte gleich ruhig erträgt und die ganze Zeit über im Felde bleibt — das ist Werder! Alles Uebrige befindet sich im Zustande FeuiUetsi». Dämmerungen. Rvmon in drei Büchern von Rudolf von Gottschall. 67j Nachdruck »erboten. (Fortsetzuna.) Ein unvergeßliches Unglück . . . eine Thräne im Auge Mariens zeigte, wie ihr diese Worte in's Herz schnitten. Gekörten sic nickt zusammen . . . wie grausam. Las; das Schicksal sie trennte! Welches Genügen, welche Freude empfand sie in seiner Nähe . . . »br war'S zu Muthc, als wäre sie geborgen von allen Schlägen des Schicksals ... und das war dock der schwerste Schlag, daß diese Znflucht- slälte ihres Herzens, ihrer Träume, eine geächtete war, zu der sie nickt slüchlcn durste. War doch dies Zusammensein selbst ein Frevel; aber ebne ibr Wissen und Wollen hatten sie sich hier gefunden, und so groß war das stille Glück dieser Begegnung, daß jene quälenden Anklagen dcr Untreue sich gar nickt hervorwagen durften; sie regten sich nur leise, wie unter Blumen versteckte Schlänglcin. Suseltc batte mehrmals durch die Hecke gelugt und war dann kopfschüttelnd zum Schimmel znrückgckehrt. „Sie sitzen ja da wie in einer Anstandsstunde, und doch ist diese Begegnung sündhaft genug. Ein wenig Sodom und Gomorrba bab' ick ihnen cinbcizen wollen; dock vom Feuer ist nichts zu merken, desto mebr von den Salzsäulen." Die Beiden waren indcß bei aller Zurückhaltung so in Gespräche versunken, welche die Erinnerungen an vergangene Zeilen wackriescn, daß sic gar nickt merkten, wie die Sonne Iikcn mit rötberen Strahlen die in allen Farben schimmern den Baumgruppen und Büsche färbte, sich glübrvtb im Westen neigte und aus der andern Seite die sich allmälig füllende Scheibe des Mondes emporstieg. Da hielt es Susette dock für nöthig, als Mahnerin einzuschreiten; denn auch der Cckimmel wurde schon ungeduldig, schlug aus zur Rechten und Linken: eS schien, als ob ihn eine verspätete Bremse peinigte. Susette begann Langeweile zu empfinden; sie trat daher ans dem Gebüsch hervor und mahnte mit einer zierlichen Verneigung zum Ausbruch; denn im Dunkeln wisse sie den Weg nicht zu finden. Enrico erschrak fast bei dieser Mahnung. „Wir haben Gäste bei unS, Frau Locca und Nora — ich mache mich arger Vorsäumniß schuldig. So leben Sie denn wohl, Marie! Wir scheiden reicher um eine schöne Erinnerung — und einen tieferen Schmerz. Ob wir die kleine llnbcilstifterin hier bestrafen oder belohnen sollen — das überlass' ich Ihrer Entscheidung." Unter dem leichten Scherz verbarg er schmerzliche Auf regung. Noch ein Händedruck und bald trabte Enrico auf dem Waldwege von dannen, der Esse von Buderode zu. „Es ist unverantwortlich, Susette! Du weißt nicht, was Du gethan hast", versetzte Marie jetzt, als sie mit der Be gleiterin den Bergbang berunterschritt, „Du hast mein Leben wieder mit sieberischcr Unruhe erfüllt; Du hast den Schmer; dcr alten Wunde grausam erneuert. Und wer giebt Dir das Recht, meine Vorsehung spielen zu wollen?" Susette wandelte während dieser Worte, ein Liedlein trällernd, neben Marie dabin und schien aus ihre gestrengen Reden kein sonderliches Gewicht zu legen. „Lieber Gott", sagte sie dann, „was ist denn da weiter? Man soll die Menschen glücklich machen, soviel man'S ver» mag, wenn man auch zur Belohnung dafür einige Schelle erhalt. Nicht Ihretwegen dab' ick's gethan; ich weiß ja, daß Ihnen eine Begegnung mit Enrico keine Freude macht, daß es Ihnen ganz gleichgiltig ist, ob Enrico oder mein Basilio neben Ihnen auf dcr Bank gesessen ... ich babe eS Ihnen auch angesehen, welche Langeweile Sie empfanden. Ich tbat'S nur des Herrn Enrico wegen, der Sie ja noch immer liebt, wie ich von Basilio weiß, und einem solchen liebenswürdigen schönen jungen Manne tbut nian gern einen Gefallen ... wenn man auch nur das Zusehen hat und seinem Schimmel Gesellschaft leiste» muß!" Bon deS Mädchens keckem Spott fühlte sich Marie ver letzt, doch sie erwiderte nichts; sie wollte die gebobene Stimmung, welche die schöne Stunde in ihr bervorgerufen, nicht stören. Tie Sonne ging hinter einem Portal von Gluthwolken unter unv goß einen rothen Schimmer über die Laubkronen und warf sprühende Funken hinter das dichte Unterholz und berührte mit ihrem Goldfinger die Eichen- und Buchcn- slämine, daß sie gestreift wurden mit glübendem Schein. .. dann ward's dunkel in den Thälcrn, doch über den Höhen lag die träumerische Helle des Abendö. Noch einen Blick empor zum Breiten Stein ... war cs eine Aubentäuschung oder stand dort oben nickt eine schneeweiße Gestalt, um welche das Abendlicht einen ver klärenden Schein wob? Sie wagte nicht wieder hinzuseben; aber ihr war's, als ob die Blicke des geisterhaften Wesens auf ihr ruhten, starr, unbeweglich, als ob sie sich ihr in's Herz bohrten .. . angst voll beschleunigte sie die Schritte, und das Angstgefühl ver ließ sie erst wieder, als sie der Weg von der offenen Wiese in den tiefen Wald zurückgeführt und die hohen Fichte» mit ihrem dunklen zum Boden herabhängenden Nadelwerk ihr den Rücken deckten. Oben aber stand Nora, im weißwollenen Kleid, eine weiße Kapuze norncnhaft Ubers Haupt gezogen. Ein un widerstehlicher ZuH batte sie angetrieben, den Breiten Stein zu besuchen; die stimme ibres Genius hatte sie dorthin ge wiesen ... und sie war wie mit krampfhafter Hast seinem Winke gefolgt, batte die Kapuze über das Haupt gezogen und war auf den näheren Fußwegen, die sie wohl kannte, durch den Wald geeilt, als gälte eS ein drohendes Unheil zu verhüten. Hier und dort begegnete ihr einer der Gutsleulc von Buderode, und sie waren erstaunt, das vornehme Mädchen, das mit feierlicher Langsamkeit dahinzuwandeln pflegte und das zuweilen zu später Stunde geisterhaft wie mit einem auf dieser Erde nicht heimischen Schritt durch den Garte» spukte, jetzt so athemlos dura- dir Büsche basten zu sehen. Und nicht ganz verdeckten die Büsche den breiteren Fahr- und Reitweg. Nickst weit vom Breiten Stein sab sie Enrico, dem Pferde die Sporen in die Seite drückend, heim wärts reiten, und als sie oben am Felsensitze angekommen, konnte sie aus den abwärts führenden Pfaden Marie und Susette entdecken. Wie ein beängstigendes Traumbild sah sie die beiden an- mutbigen Mädchengestalten den Waldrand entlang und dann über die offene Lichtung gleiten. Keinen Blick verwandte sie von ibnen, bis sie im Dickicht des den Fuß des Berge- um gürtenden Walkes verschwunden waren. Ein Traumbild ... ein quälendes Traumbild; aber sie sah cs ja nicht zum ersten Male. Ter Reiter, der vom Breiten Stein gefprengt kam, die Mädchen, die sich in'S Walrdunkel flüchteten . . . das waren ibr ja bekannte Bilder, die auS dein tiefsten Grunde ihrer Seele wieder auf- tanchtcn. Es war ein geheimnißvoller Geisterhauch, dcr solche Schatten des Erdenlcbcns zusammen- und wieder auseinanderwebte. Enrico und Marie hatten sich gesehen, gesprochen, wiedcrgesunden ... es war ein doppelter Treu bruch; es that ihr weh im innersten Herzen, aber . . . sie grollte nickt! Eingezcichnet war ihr Schicksal im Buche ihres Lebens, das ihr Genius dictirt hatte es war ein trauriges Schicksal, dock unwandelbar stand fest, was über sie verhängt war. Der Verkebr mit den unsichtbaren Mächten erhob sic bock über das alltägliche Leben: aber er verursachte ihr zugleich die Pein, daß sie dem Irdischen ent fremdet wurde, während sie »hin dock wieder angehörte mit allen ihren Sinnen, mit dem warmen Pulsschlag ihres Lebens. Die Liebe zu Enrico batte diesen Zwiespalt gelöst; sie bauchte ihr jenes Feuer der Erde ein, welches im Saft der Traube glicht und sie reifen läßt zu süßem Rausche. Der Erdgeist regte sich in ihrem Busen und sic empfand ein namenloses Glück: die Geister verschwanden ibr nicht; doch auS verklärtem Gewölk floß dcr Lichtschein der Himmlischen in ihre Seele. Als er sie aus den Flammen trug, als sie an seiner Brust lag... da versank Alles um sic ... ein unnennbares Gefühl erfüllte sie ... cS war wie eine Wiedergeburt des Leibes und der Seele. Alles in ihr war Frohlocken und Entzücken; er hatte sie den Flammen entrissen, nur um sie in andere Flammen zu stürzen, deren Gluth sie nicht Versehrte, sondern nur bcraufchte, als ob auS ibr alle entzückenden Würzen der Erde ihre Arome sprühten, und bei diesem Flammentod ging ihr ganzes Wesen auf in dem des Geliebten. Und jetzt ... er liebte ja die Andere ... und locker ge worden war das Band, das sie an den Bräutigam knüpfte! Ihre Ahnungen in jener Nackt halte die Erzäblung Enrico'4 von der Tbat des Grasen und seiner Verhaftung bestätigt.
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