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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.12.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921222022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892122202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892122202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-22
- Monat1892-12
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Woraus man diese eigentlich gründet, ist uns nicht recht ersichtlich. Die Ersatzwahlen, die in jüngster Zeit schon unter der Einwirkung der Militairvorlage startgefunden, z. B. die in Löwenberg und Arnswalde, haben den Freisinnigen bittere Ent täuschungen bereitet. Wir fürchten, auch allgemeine Wahlen unter den gegenwärtigen Umständen würden den Wind weit mehr in die Segel der Socialdemokraten, der Antisemiten und der Particularisten vom Schlag des vr. Sigl blasen, als in die freisinnige». Es ist anzuerkennen, daß für die Militairvorlage aus dem Volke heraus nirgends zustimmende Kundgebungen größeren Umfangs sich erhoben haben. Die doch unleugbar für zahllose Dienstpflichtige höchst werthvolle persönliche Erleichterung durch eine gesicherte zweijährige Dienstzeit, die alte stets mit höchstem Nachdruck vertretene Forderung jedes liberalen, namentlich fortschrittlichen Pro gramms, ist platt ins Wasser gefallen, von den Freisinnigen selbst auf einmal höchst geringschätzig behandelt, von den Befür wortern der Militairreform nicht mit genügendem Nachdruck und Geschick betont worden. Ein einziger Pfennig auf Bier oder Branntwein hat die Gemüther mehr in Erregung gesetzt, als die Erleichterung in persönlichen Heereslasten und der Grund- . satz der Gerechtigkeit in der Bertheilung derselben Berständniß und Beifall gefunden hat. Aber andererseits: Was hat die seit Wochen geschürte Agitation gegen die Militairvorlage schließlich für Erfolge aufzuweiscn? Mühsam kamen die üblichen socialdemokrätischen und freisinnigen Wählerversamm lungen zu Stande, in denen das ganz eintönige, von Berlin aus angeordnete Lied gepfiffen und die bis zum Ueberdruß gehörteResolution beschlossen wurde. Andächtig lauschten ultra montane Versammlungen den stets von Neuem abgegebenen Versicherungen, daß man etwas Bestimmtes heute noch nicht sagen könne. Bon einer tieferen ursprünglichen und natur wüchsigen Bewegung war da auch nichts zu merken. Das Volk steht dieser Frage kühler gegenüber, als die politischen Macher glauben. Wir sind darum auch beute noch der Mei nung, der Boden im Volk und seiner Vertretung für eine Verständigung sei vorhanden und eS sei unverantwortlich von den Lenkern unseres Reichs, eine folgenschwere Krisis herauf zubeschwören, zu der eine zwingende Nothwendigkeit nicht ge geben ist. An anderer Stelle theilen wir einen ausführlichen tele graphischen Bericht der „Voss. Ztg." über die über alle Maßen stürmische Sitzung der französischen Deputirten- kammer am Dienstag mit. Nach der Sitzung herrschte in Paris bis spät in die Nacht hinein eine unbeschreibliche Aufregung auf den Boulevards und in den Clubs. Seit dcm Sturze Thiers hat niemals eine so hochgradige Auf regung bestanden. An der Abendbörse sank die Rente um ein Beträchtliches. Der Pessimismus der Mittelparteicn ist geradezu hoffnungslos. Die äußerste Linke und die Rechte fordern die Auslösung des Parlaments. Den Mitthcilungen eines Mit gliedes der Panama-Untersuchungscommission zufolge sind im Nach lasse des Baron Reinach hundert Checktalons vorge sunden worden, auf denen die Namen von fünfzehn Parlamen tariern verzeichnet waren. Da die Talons nickt datirt sind, so läßt sich nicht feststcllen, ob dieselben mit der Panama-Angelegen heit Zusammenhängen. Wie der „Intransigeant" nach Auf zeichnungen von Andrieux mittheilt, beträgt die Gesa mm t- zahl der bestochenen Parlamentarier 104. Die bis herige Untersuchung stellte fest, daß folgende Parlamentarier folgende Beträge erhalten haben: Marineministcr Barbe 550 000, Finanzministcr Rouvier 90 000, Justizminister Thevenet 25000, Proust 20000, Handelsminister Roche 20 000, Arönc 20 000, Senator Beral 40 000, Senator DevöS 25 000, außerdem 20 000 für sein neugegründetes, aber mit dcm Panamakrach eingegangencS Blatt „Nouvelle Presse", Senator Grövy 20 000, Senator Renaull 25 000 Francs. Diese Ziffern betreffen lediglich Checks des Hauses Thierrc. Der Gesammtbctrag der CbcckS Arton'S und Reinach's ist noch unbekannt. Brisson's Blatt „Siecle" erklärt, der Panamaskandal ebne bereits dem dritten Kaiserreich den Boden. — Der Generalprocurator Tanon batte gestern Vormittag eine lange Berathung mit dcm Justizminister Bourgeois. Er erklärte dabei, die neuen Forderungen aus Auslieferung weiterer Abgeordneter wegen der Enthüllungen im Panamaskandal seien zweifellos auf ConstanS zurückzufübren, der sich an seinen früheren College«, die ihn im Stiche ließen, räche. ConstanS ver schaffte sich von OueSnay de Beaurepaire alle den Panamaskandal betreffenden Actenstücke, ließ diese in mehreren Exemplaren pbotoarapbiren und sendete je eins der Exemplare an den Abgeordnete» Delahaye und an den früheren Polizeipräfecten Andrieux. Rouvier erklärte mehreren Berichterstattern gegenüber, er erkenne in dem ganzen Skandal die Hand von ConstanS, und fügte hinzu, Constans habe l889 dieKosten der allgemeinen Wahlen gleichfalls großen- theils aus Panamageldern bestritten. „Matin" und „Intran sigeant" beschuldigen Clemenceau, von Baron Reinach ein Trinkgeld von 500 000 Frcs., von Cornelius Herz ein solches von 200 000 Frcs. erhalten zu haben. Die Erregung im Publicum über alle diese Vorgänge ist gewaltig. Aus den Boulevards reißt man sich die Extra-AuSgaben der Zeitungen auS der Hand. Vor dem Palais Bourbon' sammelte sich gestern ein Volkshaufen, der die cintretenden Abgeordneten mit dem Rufe empfing: „Nieder mit den Dieben!" Das Journal „Bouche de ser" will wissen, der Marquis de Morös lasse gegenwärtig die Dokumente des Reinach'schen Agenten Arton, betreffend die Panama-Angelegenheit, pholo- graphircn; er habe dieselben für ein rcactionaircs Syndicat um zwei Millionen Francs erworben. — Dem „New-Heralb" zufolge ist in London ein französischer Polizei- commissar angekommen, der die Instruction hat, Cornelius Herz auf das Strengste zu beobachten und gleichzeitig bei der englischen Regierung Schritte wegen Auslieferung deS Herz zu unternehmen. Zur Zeit soll die Regierung gegen die Auslieferung sein, da, bevor eine solche überhaupt erfolgen könne, die Schuld Herz' außer jedem Zweifel gestellt sein müsse. — Das neueste Telegramm von heute lautet: * Paris, 22. December. Der Generalprocurator conferirte gestern bis zu später Stunde mit dem Justizminister Bourgeois. Das Gerücht erhält sich, dass auch gegen die Boulangisieu Naquet, Saint Martin, Laguerre und Laur gerichtlich vorgegangcn werden soll. In welcher Weise die Spanier noch immer von reli giöser Unduldsamkeit erfüllt sind, das hat der Wider stand der durch die Geistlichkeit aufgestachelten Menge gegen die Eröffnung einer protestantischen Kirche in Madrid vor wenigen Tagen gezeigt. Der liberale Minister- Präsident batte in dieser Angelegenheit keinen leichten Stand. Der Nuntius sowohl als der Bischof von Madrid boten Alles auf, um die Einweihung des protestantischen Gottes hauses zu verhindern. Viele Damen ans der Aristokratie richteten an Sagasta mit Tausenden von Unterschriften versehene Petitionen gegen die Eröffnung der Kirche. Die carlistischen und klerikalen Blätter, der„Siglo Futuro", „Correo Espanol", die „Union Catolica" und andere kracken in einen wahren Proteststurm aus. Die Regierung antwortete jedoch, der Eiacnthümer der Kirche. der ein Fremder sei, und die spanischen Protestanten hätten alle Formalitäten erfüllt, cs sei deSbalb unmöglich, ihnen die Ausübung ihrer durch die Verfassung gewährleisteten Rechte zu verbieten. Um jedoch bei der Eröffnung der Kirche etwaige Kundgebungen hintanzuhalten, wurden umfassende polizeiliche Maßregeln ge troffen. Der englische Botschafter hatte übrigens der Re gierung gegenüber die Hoffnung ausgedrückt, die Behörden würden einen britischen Unterthan — ein solcher ist der Eigcn- thümer des Kirchenbaues — nicht in der Ausübung seiner Rechte behindern, weil er sonst als Botschafter sich genöthigt sehen würde, gemäß der von seiner Regierung erhaltenen In structionen eine ossicielle Beschwerde einzureichen. Auf diese kräftige Intervention hin sielen die letzten Bedenken und die Kirche wurde eingeweiht. In verschiedenen Zeitungen konnte man neuerdings lesen, daß wegen der nunmehr perfect gewordenen bulga rischen Versa ssungs - Aenderung ein Meinungs austausch zwischen den Dreibundmäcktcn und England statt- aefunden habe und man zu dcm Ergebniß gelangt sei, diese Frage als eine innere Angelegenheit Bulgariens zu betracktcn. Diese Anschauung wird ohne Zweifel auch rn Berlin getbeilt. Allerdings dürfte die Verfassungsänderung in punetn religioni» wegen des Eindrucks, de» dies in Ruß land machen muß, als nicht ganz unbedenklich angesehen werden. Zu einckn GedankcnauStanfch in einer der deutschen Regierung so fern liegenden Frage lag indessen kein Grund vor, und ein solcher hat auch nicht stattgefunden. Nach den letzten aus den Vereinigten Staaten ein gelaufenen telegraphischen Meldungen scheinen einflußreicke Kreise im gegenwärtigen Congreß zu Washington allen Ernstes darauf auszugcben, der Einwanderung in die Union in dessen letzter Session noch ein Ende zu setzen und damit der Tbätigkeit deS Congresses einen ganz eigenartigen Abschluß zu geben. Das gemeinsame Comits beider Häuser ernannte ein Untcrcomito mit der Aufgabe, eine Vorlage wegen der Aufhebung der Einwanderung vorzubereiten. Dieses llntcr- coniilo dürfte nach der jetzigen Sachlage sehr wahrsckcinlich zu dcm Beschlüsse gelangen, daß es nothwendig sei, Maßregeln zu ergreifen, um eine Einschleppung der Ckolera zu ver hüten. Daß diese Begründung nur ein fadenscheiniger Vor wand wäre, bedarf keiner weiteren Ausführung; cs ist der Nativismus, welcher vor dem Ablauf der republikanischen Regierungsperiode sich wieder breit zu machen beginnt und dabei von republikanischer Seite gefördert wird. Allerdings besitzt das Repräsentantenhaus eine demokratische Mehrheit und das Ergebniß der Bewegung steht daher noch keineswegs unumstößlick fest. Die Handelskammer von New-Aork sprach sich zu Gunsten der Annahme eines nationalen Ouaranlaine- Gcsetzes ans. Gegenwärtig sind es noch die Einzelstaaten, welche in Ouarantaine-Sachen selbstständig verfügen. Viel wird bei dem Auslrag dieser für die alte Welt sehr be deutungsvollen Angelegenheit auf die mehr oder weniger energische Haltung der europäischen Mächte zu dieser Frage ankommen. In Amerika pflegt bekanntlich die Rechtspflege bei Ab- urtheilung begangener Verbrechen ein sehr rasches Tempo einzuhalten, und es befremdet daher die Meldung nicht im Geringsten, daß in Ho nieste ad (Pennsylvanicn) der Proceß wegen der scheußlichen Vergiftung von Arbeitern, welche sich geweigert hatten, den Gcwerkvereincn bcizutrclcn, am letzten Montag bereits seinen Anfang genommen hat. Der Proceß richtet sich gegen Robert Beatty, welcher angeklagt ist, das Gift zur Tödtung der Nicktgewerkvercinler der Carnegie'schcn Fabrik beschafft zu haben. Der Mitange klagte Koch Patrick Gallagher war nicht im GerichtS- saal. Ein Mann, Namens Davidson, welcher früher Koch war, bezeugte, daß er am 25. August eine Be rathung mit Gallagher und Beatty hatte, bei welcher auch der Districts-Vorsitzcnke Dempsey zugegen war. Das Er gebniß war, daß die Vergiftung der Nicktgewerkvercinler be schlossen wurde. Der Zeuge sagte aus: Beatty sagte, man solle Krotonöl anwenden. Ich sagte: „Nein, es ist gefähr lich." Dempsey bemerkte daraus, er wisse ein Pulver, welches bessere Dienste verrichte. Er habe das Pulver schon einmal in Chicago gebraucht und habe einen Ausstand in vier Tagen zu Ende gebracht. Es sei nicht gefährlich. Dempsey fügte hinzu, er werde uns fünfzig Dollars für Unkosten garantiren. Wir erhielten an dem Tage keine Pulver, gingen aber zusammen fort und sprachen noch über die Sache. Der Zeuge erzählte ferner, daß er von den versprochenen 50 Dollars nur 14 Dollars erhalten habe. Detective Fort sagte aus: „Ich kenne Beatty, Gal lagher und Davidsohn. Ich habe einer Unterhaltung zwischen den Dreien zugehört. Beatty machte Mittheilungen über ein Pulver und dessen Ingredienzen. Gallagher meinte, der AuSstand würde gewonnen werden, wenn Dempsey daheim wäre. Beatty glaubte es nicht. Ich habe Gallagher sagen köre», daß Tom Brady zuerst Krotonöl in Vorschlag gebracht habe." — Die neueste Meldung aus Pittsburg von heute lautet übrigens sehr ernst. Unter den dem Gewerkverein nicht angehörenden Arbeitern der Carnegie'schen Werke in Homestead sind wieder 3 Todesfälle infolge Vergiftung vorgckommen. Ueberhaupt sind von den 4000 Arbeitern aller Werte bisher 2000 erkrankt und 32 unter Symptomen der Vergiftung gestorben. Nach weiter eingegangenen Be richten sollen auch in den Strafkolonien zu Helena (Ar kansas) Massenvergiftungen vorgekommen sein. Die dortigen Arbeiter, welche die Sträflinge, die Jndustriearbeit verrichten, als unberechtigte Concurrenten ansehen, haben anscheinend in die Speisen der Sträflinge Arsenik mischen lassen. Ein Aufseher ist bereits gestorben, 18 Personen sind gefährlich erkrankt. Deutsches Reich. * Berlin, 21. December. Der Erklärung der „Berliner Polit. Nachr." gegenüber, daß der kürzlich mitgetheilte an gebliche Brief F. Krupp's an den Kaiser Napoleon III. nicht aus dem Jahre 1868, wie behauptet worden war» sondern aus dcm Jahre I8»8 stamme, in welchem die Be ziehungen zwischen Preußen und Frankreich noch der freund lichsten Art waren, war in einigen Blättern darauf hin gewiesen worden, daß in dem französischen Werke ..I/^IIemsgue anx Tuileilos" jener Brief mit dem Datum 29. April 18V8 abgedruckt sei. Darauf erklären heute die „Berk Polit. Nachr.": „Angesichts der Verwirrung, welche durch die mit dem angeblich Krupp'schen Briese an den Kaiser Napoleon vorgenommene Datums- ander ung angerichtet worden ist, wie auch unter Berücksichtigung des lebhaften Interesses, welches überall im deutschen Volke der ersten vaterländftchen Jndustriefirnia entgegengebracht wird, erscheint die völlige authentische Klarstellung des Sachverhalts geboten. Der in Rede stehende Briefwechsel zwischen der Pariser Firma Krupp und dem Kaiser Napoleon hat nachstehenden Wortlaut. Herr Heinrich Haag schrieb als Vertreter der Pariser Firma an den Kaiser Napoleon: „Paris, Io 29. Xvril 1858. 8iro! Lneouraxs par l'iotsrot que sto sa kauteur Votro Knjvets >» prouvs pour uo »ftnp!« imlnstr>ol et los rSsuItat» boureux äs «es otiorts et «Io »es saeritiees inouis, j'oso st« nouveau m'approcder ä Illlo avvo la priero «io vouloir stnixnor st'acevptor I'atlas oi-joiot gui reprssento une colleetion sto sto»»!»» <lo stiver» objocts oxsoits» stau» nies usines. sto nie livro a I'espSranoo guo surtout los quatrs sternisre» pnrxes gui reprssentont los eanons oo aeier tonstu gus j'ai exscutss pour los stivers haut» ssouvvrnowent« sto I'Luropv, pourraiont attirer un instant l'attvotion äo Votro ilajestS ot oxcuseront mou austace. ^voo Io plus grauste astmriation, jo suis sto Votro Llajestö Io plus bumblo ot Io plus stSvoud sorvitour plus protoost respoot, avoo la. pp. prisst. Krupp lloinr. Haas» tadrieaot st'aeior tonstu 4 Kssen 12 ruo sto I'kekiquivr." Napoleon ließ sich durch folgende Zeilen bedanken: „Palais sto» Tuilorios, lo 21. Kai 1858. Kovsieur! I/Lmporeur a reyu avev bvaucoup st'intSret l'atla, guo vuu» I.ui av«/. astrvssd. 8a Kajostö a stonnS borstro sto von» romvreior sto lv lwi avoir eommuniguS ot äo vous tairo connaitro gu'LUo stösirv vivement l'extensioo ot Io suceSs st'uno inckustrio Felirlletsn. Dämmerungen. Roman in drei Büchern von Rudolf von Gottschall. 69) Nachdruck »erboten. (Fortsetzung.) Der Doctor sah sie mit forschenden Blicken an. „Und ist's nur das allein, Fräulein Teresa?" Die Sängerin umging die Antwort aus diese Frage. „Ich habe eines dieser Engagements der armen Käthe Blau verschafft. Bankier Seiter hat sie verlassen . . . und sic ist sehr unglücklich. Sie ist an den größten Luxus ge wöhnt und kann sich in eine bescheidene Lage nicht finden. Cie machte zu große Ansprüche und eines schönen Tages war'ö » Ende mit der Freundschaft. Auch der Director hat ihr ge- ündigt; daS Publicum fand keinen rechten Gefallen mehr an dem „blauen Wunder", an der blitzenden Keckheit der Augen mit dcm schmollenden Zug um die Mundwinkel. Dort Earneval. hier Leichenfeier. Nun, sie ist untergebracht, die Aermste!" „Lassen wir Kätbe Blau . . Sie sollen mir antworten, Teresa. Ist's nur Ihr Stolz, was Sie verhindert, jene Engagements anzunehmen?" Nach kurzem Zögern erwiderte das Mädchen: „Nein, Herr Doctor! Ich bin Ihnen die Wahrheit schuldig. Ich würde hier bleiben, wenn ich von Wasser und Brod leben müßte, so lang ein Anderer . . „Sie meinen Lothar, meinen Bruder?" „Ja, er ist hier gebunden, er findet anderwärts kein llnterkommcn; über die Annahme seines Romans „Dynamit" bat sich der Verlagsbuchhändler noch immer nicht entschieden. Er findet ihn sehr spannend; er sieht ein, daß er das größte Ausseben erregen wird; aber er fürchtet das Einschreiten der Behörden. E« ist Genie darin . . man schlürft das Wert herunter wie einen Feuertrank. So war der junge Schiller, der junge Goetbc . . aber der Boden der Gesellschaft ist, wie er sagt, seitdem mehr unterhöblt, zerklüfteter, vulkanischer ge worden. Und seine gewaltigen Erschütterungen und die große Katastrophe . . das Alles findet sich in dem Roman wieder, mit jenen Flammcnzügen geschildert, mit denen nur er von allen Lebenden zu schildern vermag." „Eine gelehrige Schülerin", versetzte Oswald lächelnd, „wie kann sich meine sanfte Teresa für diese Ausgeburten einer erhitzten Phantasie begeistern? Das Genie hat seine Flegel jahre; dock cs giebt auch Flegeljahre ohne Genie . . und Manche bleiben zeitlebens darin stecken. Er wird seinen „Dynamit" nicht loswerden, denn das ist ein zu gefährlicher Sprengstoff; er sprengt heutigen Tages nickt nur die Verleger, sondern auch die Corrcctoren und die Maschinenmeister mit in die Lust, wenn der reckte Staatsanwalt darüber kommt. Wann haben Sic meinen Bruder das letzce Mal gesprochen?" Teresa zögerte mit der Antwort. „Es ist schon längere Zeit her; wir sind zuletzt ein wenig uneins geworden . . und ich trage die Schuld." „Sie, mein Kind?" „Ja, ich zeigte eine Untugend, die ich selbst bisher nicht an mir kannte. Ich war eifersüchtig . ." „Eifersüchtig. . und warum?" „Wegen seines längeren Aufenthaltes in HelmerSheim. Der Artikel über das Schloß und die Merkwürdigkeiten desselben stand längst in der Zeitung . . und er blieb immer noch dort. Da kam eines TagcS Kätbe Blau zu mir . . sie ist von der Sckule her bekannt mit Fräulein Susette, der Gesell schafterin der Baronin, und Käthe erzählte mir allerlei schlimme Dinge, die sie vom Fräulein erfahren. Lothar mache der Baronin den Hof.. und zwar in sehr ausfälliger Weise.. nnd diese sei ganz Feuer und Flamme für den Gast! Und das verstell' ich leider nur zu sehr!" „Und da kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Ihnen und Lothar?" „O, Sie mögen mich schelten . . ich war aufgeregt, gereizt; ich machte ihm Vorwürfe. Er aber pochte auf das Vorrecht des Genies. Wenn es nicht empfänglich sei für den Zauber der Schönheit im Leben, wie könne die Welt empfänglich sein für den Zauber tcr Schönheit in seinen Werken. Und wie klein kam ist« mir vor neben ibm." „Mit Unrecht, mein Kind! Wer aus Stelzen läuft, ist deshalb nicht groß." „Sie denken zu gering von der Bedeutung Ihres Bruders! Bei jener Zusammenkunft sagte er mir dann, er wolle sein Leben sich nicht durch Eifersüchteleien verbittern lassen. So kleinliche Seelen paßten nicht zu ihm . . und er schied im Zorn und ist seitdem nickt wieder gekommen." Der Doctor stand ans und ging im Zimmer auf und ab. „Was Sie da von Hclmersbeim erfahren haben, ist die Wahrheit. Mein Bruder ist ein Treuloser!" „DaS wolle Gott nicht", rief Teresa aus, erblassend und die Hand aufs Herz gedrückt. „Die arme Motte, die um das flackernde Licht eines solchen Genies gaukelt, muß sich die Flügel versengen. Glauben Sie mir, er wird von Tag zu Tag lauer werden und dann auö Ihrem Leben verschwinden, als hätte ihn die Erde ein- geschlnckt." „Doch, das ist ja unmöglich", rief Teresa, indem sie ver zweifelt die Hände rang. „Sie lieben ihn noch immer mit der gleichen Leidenschaft?" „Ick liebe ihn und er muß mir geboren, muß!" „Reißen Sie viese thörichte Leidenschaft aus Ihrem Herzen! Glauben Sie mir, dem eigenen Bruder, er ist solcher Liebe nicht Werth!" „Ich liebe ihn und ich kann, ich darf ja keinen Andern mehr lieben." „Es werden sich noch genug Bewerber finden." „Doch sie verlangen eine makellose Vergangenheit. Sie haben ein Recht darauf! Und hält' ich die Leideuschaft mit allen Wurzeln ausgerissen: was davon übrig bleibt, genügt, um mein Leben zu zerstören." „Gewiß ... auch der entwurzelte Giftbaum strömt noch aus Blättern und Blüthen den Athem des Todes auS; aber ... es giebt Gegenmittel ..." „Es giebt keine, Doctor ... lassen Cie sich'S erzählen. Sie sind der Einzige, mit dem ich darüber sprecken kann. Es kam ein Bewerber, der schon längere Zeit mir zugethan, ein vornehmer Bewerber, der nickt blos nck um meine Nei gung dcmülitc, der um meine Hand ankielt ... ein junger, liebcnSwürdiacr Herr ..." Da bemächtigte sich deS ruhigen Toctors eine gewisse Erregung. „Nennen Sie mir den Namen dieses Herrn ... ich bitte darum." „Herr Lieutenant von Schollen." „Ach, der Raufbold, der sich mit dem Grafen Fehrenthal duellirt hat?" „Es geschah um meinetwillen; doch, ich bitte dringend uni Ihre Verschwiegenheit." „Um Ihretwillen?" rief der Doctor aufstehend und mit dcm AcSculapstock aufstoßcnd ... „Das ist aufdringlich ... was misckt er sich in Ihre Angelegenheiten? Und heirathen wollte er Sie ... ei, ei, das sieht ja ganz ernsthaft aus. Ein Officier ... da wird er doch zuerst den Dienst quittircn müssen." „Er hat es schon gethan." „Und das erfahr' ich Alles erst jetzt? Ist das Ihr Ver trauen, Ihre Freundschaft?" „Er mußte den Abschied nehmen, weil er durch die Folgen deS Duells dienstuntauglich geworden." „Das trifft sich ja gut; nun ist er frei und kann hei rathen ... und ist doch nicht um der Heirath willen ab gegangen." Nicht ohne Verwunderung sah daS Mädchen auf den Arzt, den sie nie so erregt gesehen. „Ich glaubte, meine Freunde müßten auch die ihrigen sein/ „Gewiß . .. ohne Frage... aber man niuß sich die Herren doch etwas näher ansehen." „Sic werden keinen Makel an ihm entdecken; er ist ein Ritter ohne Furcht und Tadel." „So soll er sich nicht seinen Stammbaum verderben und die Ahnentafel seines Geschlechtes verpfuschen .. . Nun, und sein Antrag'?" „Sie können noch fragen? Ich babc ihn zurückgewiesen, obschon in ibm die höchste Auszeichnung lag, die mir armem Mädchen bisher zutheil geworden .. . nickt weil Schollen von vornehmer Herkunst und ein junger schöner Cavalier ist, sondern weil er mir die Hand fürs Leben reichen wollte, weil er an mick glaubte." Der Toctor atbmete erleichtert auf. „Sic wiesen mit Recht ein Opfer zurück, das dem armen jungen Mann sehr viel gekostet hätte."
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